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England, 1816: Sir Waldo Hawkridge genießt sein Junggesellendasein in vollen Zügen - er ist in der feinen Gesellschaft ein gern gesehener Gast und wird für seine Eleganz, Sportlichkeit und Wohltätigkeit bewundert und geschätzt. Aber bisher ist es keiner Dame gelungen, sein Herz zu erobern. Als er einen Landgut in Yorkshire erbt, beschließt Sir Waldo zusammen mit seinem Neffen dorthin zu reisen. Die Ankunft der beiden Gentlemen stürzt die Damenwelt in helle Aufruhr. Allen voran die bildschöne und kokette Tiffany, die von ihrer Gouvernante Miss Ancilla nur schwer im Zaum zu halten ist. Wird sie das Herz des begehrten Junggesellen erobern?
"Junggesellentage" (Im Original: "The Nonesuch") verzaubert mit einem unvergleichlichen Helden und detaillierten historischen Details.
"Georgette Heyer ist eine wundervolle Autorin, die beeindruckende Figuren, witzige Dialoge und fabelhafte Intrigen erschafft. Wer die Bücher von Jane Austen liebt, wird auch von Georgette Heyer begeistert sein." Night Owl Romance
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Seitenzahl: 484
Cover
Über dieses Buch
Über die Autorin
Titel
Impressum
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
England, 1816: Sir Waldo Hawkridge genießt sein Junggesellendasein in vollen Zügen – er ist in der feinen Gesellschaft ein gern gesehener Gast und wird für seine Eleganz, Sportlichkeit und Wohltätigkeit bewundert und geschätzt. Aber bisher ist es keiner Dame gelungen, sein Herz zu erobern. Als er einen Landgut in Yorkshire erbt, beschließt Sir Waldo zusammen mit seinem Neffen dorthin zu reisen. Die Ankunft der beiden Gentlemen stürzt die Damenwelt in helle Aufruhr. Allen voran die bildschöne und kokette Tiffany, die von ihrer Gouvernante Miss Ancilla nur schwer im Zaum zu halten ist. Wird sie das Herz des begehrten Junggesellen erobern?
Georgette Heyer, geboren am 16. August 1902, schrieb mit siebzehn Jahren ihren ersten Roman, der zwei Jahre später veröffentlicht wurde. Seit dieser Zeit hat sie eine lange Reihe charmant unterhaltender Bücher verfasst, die weit über die Grenzen Englands hinaus Widerhall fanden. Sie starb am 5. Juli 1974 in London.
Georgette Heyer
Junggesellentage
Aus dem Englischen von Anette Richter
beHEARTBEAT
Digitale Erstausgabe
»be« – Das eBook-Imprint der Bastei Lübbe AG
Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln
Copyright © Georgette Heyer, 1962
Die Originalausgabe THE NONESUCH erschien 1962 bei William Heinemann.
Copyright der deutschen Erstausgabe: © Paul Zsolnay Verlag GmbH, Hamburg/Wien, 1974.
Lektorat/Projektmanagement: Kathrin Kummer
Covergestaltung: Guter Punkt, München unter Verwendung von Motiven © Richard Jenkins Photography
eBook-Erstellung: 3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 978-3-7517-0305-5
www.lesejury.de
Ein amüsiertes Lächeln funkelte im Auge des Unvergleichlichen, als er die Mienen seiner versammelten Verwandten musterte; aber seine Stimme war ganz ernst, ein wenig entschuldigend. »Leider ist es wahr, Ma'am«, wandte er sich an seine Tante Sophia, »ich bin der Erbe.«
Da Lady Lindeth' entrüstete Frage rein rhetorisch war, überraschte die männlich-offene Antwort niemanden. Sie alle wussten, dass Cousin Joseph Calver sein Vermögen Waldo hinterlassen hatte; wenn Lady Lindeth ihn zu einer Erklärung zwang, handelte sie aufgrund einer plötzlichen Eingebung und erwartete nicht, dass er leugnen würde. Sie erwartete auch nicht wirklich, dass Waldo auf sein Erbe zugunsten ihres eigenen Kindes verzichten werde.
Natürlich meinte sie, dass es keinen würdigeren Erben für Cousin Josephs Vermögen gäbe als Julian, und sie hatte alles versucht, ihm die adelige Halbwaise nahezubringen. Als Julian noch ein anmutiges Kind in Nankinghose und gekräuseltem Spitzenhemd war, nahm sie die Strapazen einer schrecklichen Woche in Harrogate auf sich und versuchte dreimal erfolglos, in Broom Hall vorgelassen zu werden. Dreimal unternahm sie die Reise von Harrogate, den kleinen, gefügigen, aber gelangweilten Knaben an ihrer Seite. Zweimal musste sie sich vom Butler ihres Cousins sagen lassen, dass der gnädige Herr sich nicht in der Gemütsverfassung befinde, Besuche zu empfangen, und einmal gar, dass der gnädige Herr dankbar wäre, wenn sie ihn nicht belästigte. Er wolle weder sie noch ihren Sohn, noch irgendjemand anders sehen. Erkundigungen ergaben nur, dass der einzige Besucher, der vorgelassen wurde, der Arzt war.
Die Meinung der Nachbarn war geteilt. Während die Wohlgesinnten meinten, eine in der Jugend erlittene Enttäuschung wäre die Ursache seiner Härte, meinten die anderen, er sei bloß ein Geizhals, den es um jeden Heller leidtue, den er ausgeben müsse. Lady Lindeth teilte die Meinung der Letzteren, als sie das verwahrloste Gebäude von Broom Hall sah. Doch musste die Abgewiesene den Eindruck gewinnen, dass Cousin Joseph kein armer Mann war. Broom Hall war, wenngleich es in Stil und Größe nicht an den Besitz des jungen Lord Lindeth in den Midlands heranreichte, ein respektabler Wohnsitz mit ungefähr dreißig Schlafzimmern. Er stand zwar nicht in einem Park, aber die ihn umgebenden Grundstücke schienen sehr ausgedehnt zu sein. Nach Lady Lindeth' glaubwürdigen Informationen gehörte der größte Teil der Umgebung zu dem Landsitz. Als sie Harrogate verließ, war sie sehr geneigt zu glauben, dass Cousin Josephs Vermögen größer war, als sie ursprünglich vermutet hatte. Sie neidete es ihm nicht. Aber sie würde sich für eine unnatürliche Mutter gehalten haben, hätte sie nicht den Versuch gemacht, es ihrem Sohn zu sichern. Deshalb schluckte sie ihren Unmut über die erlittene Behandlung hinunter und unterließ es in den folgenden Jahren nie, Joseph kleine Weihnachtsgeschenke und regelmäßige Briefe zu senden. Sie erkundigte sich nach seiner Gesundheit und vergaß nie, ihm von Julians Tugenden, seiner Schönheit und seinen Schulerfolgen zu berichten.
Und nach alldem hinterließ er Waldo sein ganzes Vermögen! Waldo, der weder der älteste seiner Verwandten war, noch seinen Namen trug!
Der älteste der drei Cousins, die sich in Myladys Salon versammelt hatten, war George Wingham, der Sohn ihrer ältesten Schwester. Er war ein würdiger, wenn auch nüchterner Herr, der ihrem Herzen nicht besonders nahestand. Aber sie dachte, sie könnte die Sache leichter ertragen, wenn Cousin Joseph ihn zu seinem Erben gemacht hätte. Gab ihm der Vorrang seines Alters nicht ein Anrecht auf das Erbe?
Natürlich nicht so viel Anrecht wie Laurence Calver. Lady Lindeth empfand Missfallen und Verachtung gegen den jüngsten ihrer Neffen, aber sie wollte gerecht sein und ertrug den Gedanken, dass er ein großes Vermögen erben könnte (das er bald verschwenden würde), mit Gleichmut.
Aber dass Cousin Joseph die Ansprüche Georges und Laurences und ihres geliebten Julian einfach überging und Waldo Hawkridge zu seinem Erben machte, war einfach unerträglich! Hätte sie zu Nervenkrämpfen geneigt, wäre sie ihnen sicher erlegen, als sie die Nachricht vernahm. So aber war sie bloß eine Minute lang sprachlos. Als sie die Sprache wiedergewann, stieß sie nur ein Wort heraus: »Waldo!« Aber ihre Stimme zitterte so sehr von Hass, dass Julian, der die Nachricht brachte, erstaunt sagte: »Aber, Mama, du magst doch Waldo!«
Das war zwar zutreffend, aber nebensächlich, wie sie ihrem Sohn erklärte. Sie empfand tatsächlich große Zuneigung für Waldo, aber weder diese noch die Dankbarkeit, die sie für sein oft bewiesenes Wohlwollen gegenüber Julian empfand, konnten sie hindern, bei dem Gedanken an sein enormes Vermögen ein Unbehagen zu empfinden. Und bei der Nachricht, dass dieses Vermögen noch um das Erbe Cousin Josephs vergrößert werde, verwandelte sich ihre Zuneigung für einige Minuten in Abscheu.
Nun sagte sie verdrießlich: »Ich kann nicht begreifen, was den unangenehmen alten Mann dazu bewogen hat, dich zu seinem Erben zu machen!«
»Es ist auch nicht zu begreifen«, sagte Sir Waldo freundlich.
»Ich glaube nicht, dass du ihn je gesehen hast!«
»Niemals!«
»Ich muss sagen«, meinte George, »das ist eine sonderbare Sache. Man sollte meinen – nun, wie immer es ist, keiner von uns hatte den geringsten Anspruch, und es war das gute Recht des alten Knaben, seinen Erben selbst zu bestimmen.«
Laurence Calver, der lässig in einer Sofaecke lehnte und missgelaunt mit seinem zierlichen Monokel spielte, sodass es hin und her baumelte, schnellte hoch und sagte böse: »Du hattest keinen Anspruch, oder Waldo oder Lindeth! Aber ich bin ein Calver! Ich halte das für verdammenswert!«
»Schon möglich«, sagte seine Tante scharf, »aber ich muss dich bitten, in meiner Gegenwart deine Worte besser zu wählen.«
Er wurde rot, murmelte eine Entschuldigung, aber die Rüge verringerte nicht seinen Zorn. Er brach in ein unzusammenhängendes Lamento aus, verbreitete sich stotternd in weit hergeholten, wirklichen und eingebildeten Beweisen schlechter Behandlung und Bosheiten, die er von Joseph Calver erfahren hatte, und verdächtigte Waldo Hawkridge der Falschheit.
George Wingham unterbrach die peinliche Stille, die diesem Ausbruch folgte.
Laurences hässliche Kritik an Sir Waldo brachte Lord Lindeth' Augen zum Funkeln, doch er biss die Lippen zusammen. Laurence war immer eifersüchtig auf Waldo gewesen, das wusste jeder; es war amüsant, seine Versuche zu beobachten, Waldo in den Schatten zu stellen. Er war einige Jahre jünger als Waldo, und die Natur hatte ihm keinen der Vorzüge gewährt, mit denen sie den Unvergleichlichen überschüttete. Er zeichnete sich in keiner der Sportarten aus, die Waldo seinen Spitznamen gegeben hatten. Seit Kurzem spielte er den Dandy, gab die sportliche Kleidung der Korinthier auf und folgte den Modetorheiten, die unter den jungen Gecken üblich waren. Julian, der drei Jahre jünger war als er, fand, dass Laurence in solcher Verkleidung lächerlich wirke. Instinktiv blickte er zu Waldo hinüber. Für ihn war Sir Waldo eine Persönlichkeit, mit der gesehen zu werden eine Ehre bedeutete, der große Cousin, der ihn reiten, kutschieren, schießen, fischen und boxen gelehrt hatte, ein Born der Weisheit und die sicherste Zuflucht. Waldo hatte ihm sogar sein Geheimnis verraten, die gestärkte Halsbinde geschmackvoll zu legen – nicht nach dem mathematisch ausgerichteten oder orientalischen Muster, sondern nach einer nur ihm eigenen Fasson, die so unaufdringlich war, wie sie erlesen wirkte.
Laurence täte gut daran, den ruhigen Geschmack von Waldos Kleidung nachzuahmen, dachte Julian, ohne zu bedenken, dass die einfachen, engen Jacken, die Waldo so wunderbar passten, nur von Männern mit blendender Figur vorteilhaft getragen werden konnten. Weniger Glückliche, die sich modisch kleiden wollten, mussten eine mehr fließende Fasson wählen, mit Einlagen, um abfallende Schultern zu verkleiden, und riesigen, zurückgebogenen Rockaufschlägen, um die schmale Brust breiter erscheinen zu lassen.
Er blickte wieder auf Laurence, die Lippen weniger gekräuselt als fest zusammengepresst, um jede Erwiderung zu unterdrücken; er wusste, Waldo hätte es nicht gerne gehört.
Mit der Ungerechtigkeit des Schicksals hadernd, redete Laurence sich immer mehr in Hitze und wurde immer ausführlicher in seinen Anschuldigungen. Ein Fremder, der ihm zugehört hätte, musste meinen, dass Waldos Reichtum auf seine Kosten ging.
Julian dachte unwillig: Gewiss, Waldo hat ihn immer schäbig behandelt. Ob es aber Waldo nun passte oder nicht, er konnte sich das nicht mehr ruhig anhören. Doch noch ehe er sprechen konnte, hatte sich George eingemischt und sagte streng: »Nimm dich in acht! Wenn jemand Grund hat, Waldo dankbar zu sein, dann bist du es, du junger Grünschnabel!«
»Oh, George, sei kein Narr!«, bat Sir Waldo.
Der Einwurf wurde gleichmütig überhört, und George blickte Laurence ernst ins Gesicht. »Wer hat deine Schulden in Oxford bezahlt? Wer hat dich aus dem Schuldturm ausgelöst? Wer hat dich – noch keinen Monat her – aus den Klauen der Advokaten gerettet? Ich weiß, wie man mit dir in dieser Spielhölle in Pall Mall verfahren ist! Nein, ich weiß das alles nicht von Waldo, du brauchst ihn nicht so böse anzusehen! Die Sharps hatten dich fest in der Zange, nicht wahr? Herrgott, war das ein Fressen für die! Du bist der geborene Meckerer!«
»Das ist genug!«, unterbrach Waldo.
»Jawohl, mehr als genug!«, sagte George aufrührerisch.
»Sag mir, Laurie«, fragte Waldo, den Einwurf überhörend, »brauchst du ein Haus in Yorkshire?«
»Nein, aber wozu brauchst du es? Du hast Manifold – du hast das Haus in der Stadt – du hast den Besitz in Leicestershire – und – und – du bist nicht einmal ein Calver!«
»Was, zum Teufel, hat das damit zu tun?«, warf George ein. »Was haben die Calvers mit Manifold zu tun – oder mit dem Haus in der Charles Street – oder –«
»George, wenn du jetzt nicht den Mund hältst, werden wir zwei uns noch in die Haare geraten!«
»Schon gut«, brummte George. »Aber wenn dieses klapprige Gestell so spricht, als sollte Manifold ihm gehören, wo es doch – seit der Himmel weiß wann – in eurer Familie ist ...!«
»Er sagt nichts dergleichen. Er glaubt nur, dass ihm Broom Hall zustehe. Aber sag, Laurie, was würdest du damit tun, wenn es dir gehörte? Ich kenne es nicht, aber ich habe gehört, dass es ein kleiner Landsitz ist, der vom Pachtzins verschiedener Farmen und Häuser erhalten wird. Möchtest du dich als Landwirt niederlassen?«
»Nein!«, sagte Laurence ärgerlich. »Hätte der falsche Geizhals es mir vermacht, ich hätte es verkauft – was du zweifellos auch tun wirst. Als ob du nicht ohnedies in Geld schwimmen würdest!«
»Ja, du würdest es verkaufen und das Geld in sechs Monaten verschwenden. Nun, ich habe eine bessere Verwendung dafür.« Das Lächeln kehrte in sein Gesicht zurück und er sagte versöhnlich: »Tröstet es dich, wenn ich dir sage, dass es meinen Reichtum nicht vermehren wird? Ich versichere dir, dass das Gegenteil der Fall sein wird.«
Mr. Wingham warf dem Sprecher einen misstrauischen Blick zu, und Lady Lindeth rief zweifelnd: »Was, du willst mir einreden, der widerliche Alte hätte sonst kein nettes Vermögen gehabt?«
»Übertreib bloß nicht!«, sagte Laurence; seine nicht unhübschen Züge waren durch ein Grinsen entstellt.
»Obwohl ich Ihnen, Ma'am, noch nicht sagen kann, was er besessen hat, habe ich keinen Grund anzunehmen, dass er mich zum Erben von mehr als dem Ertrag gemacht hat, den sein Gut abwirft. Und da Sie und George mir oft den jammervollen Zustand des Gutes beschrieben haben, kann ich mir vorstellen, dass die Instandsetzung den Ertrag und ein gutes Stück Geld darüber hinaus erfordern wird.«
»Hast du die Absicht, das zu tun?«, fragte Julian neugierig, »willst du es instand setzen?«
»Vielleicht. Ich kann das noch nicht sagen, ehe ich es gesehen habe.«
»Natürlich nicht – Waldo, du weißt, ich brauche es nicht. Aber was, zum Teufel, willst du damit machen?« Er lächelte, schwieg und sagte dann boshaft: »Ich schwöre, dass ich es weiß, aber ich werde George nichts verraten – Ehrenwort eines Lindeth!«
»Mir verraten?«, sagte George mit einem verächtlichen Schnauben. »Hältst mich wohl für einen jungen Dummkopf? Natürlich braucht er es für ein neues Waisenhaus!«
»Ein Waisenhaus?!« Laurence sprang auf die Füße und blickte Sir Waldo mit zusammengekniffenen, blitzenden Augen an. »Das ist es also? Was mein Eigentum sein sollte, wird an das Gesindel aus den Slums vergeudet? Du brauchst es nicht selbst, aber du machst lieber einen Haufen von schmutzigen, unnützen Bälgern zu Nutznießern als deine eigenen Freunde und Verwandten!«
»Ich glaube nicht, dass du dich um irgendwelche meiner Freunde und Verwandten sorgst – aber du hast recht.«
»Du – du – bei Gott, mir wird übel!«, sagte Laurence, vor Wut zitternd.
»Gut, dann geh!«, empfahl Julian, so rot, wie Laurence blass war. »Du bist ja nur gekommen, um herumzuschnüffeln, und das ist dir gelungen, und wenn du glaubst, Waldo unter meinem Dach beleidigen zu können, dann irrst du dich!«
»Beruhige dich, Speichellecker, ich gehe schon! Mach dir keine Mühe, mich hinunterzubegleiten!«, rief er Julian zu, und zu Lady Lindeth gewendet: »Ma'am, Ihr gehorsamster Diener!«
»Komödiant«, murmelte George, als die Tür hinter dem wütenden Dandy krachend ins Schloss fiel; und mit einem Grinsen, das seine eher ernste Erscheinung erhellte, fügte er hinzu: »Gut gemacht, mein Junge! Du und dein Dach! Versuche einmal, mir zu sagen, ich wäre gekommen, um herumzuschnüffeln – pass auf, was ich dir dann tue!«
Julian lachte entspannt: »Das hast du auch, aber bei dir ist es etwas anderes. Du missgönnst Waldo das Vermögen Cousin Josephs so wenig wie ich.«
»Nein, aber ich missgönne es dieser verdammten Brut!«, sagte George freiheraus. Er war ein vermögender Mann, aber auch Vater einer großen und hoffnungsvollen Familie, und obgleich er jede Andeutung, es falle ihm schwer, für seine Kinder zu sorgen, mit Entrüstung zurückgewiesen hätte, hatte er doch seit Jahren nicht an das geheimnisvolle Vermögen seines ihm unbekannten, fernen Cousins Joseph denken können, ohne im Geheimen zu wünschen, dass es eine nützliche Vermehrung seines eigenen bilden würde. Er war weder unfreundlich noch geizig. Er spendete angemessen für wohltätige Zwecke, aber er fand, dass Waldo übertrieb. Daran war natürlich zum Teil seine Erziehung schuld: Sein Vater, der verstorbene Sir Thurstan Hawkridge, war ein bedeutender Philanthrop gewesen, aber George konnte sich nicht erinnern, dass er jemals so weit gegangen wäre, Findelkinder und verwahrloste Kinder von Galgenvögeln – deren es in jeder Stadt genug gibt – erziehen zu lassen und ihnen zu helfen.
Er hob die Augen, sah Waldos Blick auf sich ruhen und glaubte, darin eine Frage zu lesen.
»Nein, ich brauche Broom Hall nicht, und ich werde meine Zeit nicht damit verschwenden, dir zu raten, auf deine Fürsorge für ein Pack von Armen zu verzichten, die es dir niemals danken, noch – darauf kannst du dich verlassen – je die ehrsamen Bürger werden, wie du dir vorstellst. Aber wissen möchte ich doch, was den alten Geizhals veranlasst hat, gerade dir sein Geld zu hinterlassen.«
Sir Waldo hätte ihn aufklären können; aber er hielt es für taktvoller, nicht auszuplaudern, dass er im Testament seines exzentrischen Verwandten als »das einzige Mitglied meiner Familie, das mich nicht mehr beachtete als ich ihn«, bezeichnet worden war.
»Nun, ich für mein Teil halte es für sehr unbefriedigend und keineswegs für das, was unser armer Cousin Joseph sich gewünscht hätte«, sagte Lady Lindeth.
»Ist das wirklich deine Absicht, Waldo?«, fragte Julian.
»Ich glaube, ja, vorausgesetzt, dass ich den Platz geeignet finde. Vielleicht ist er es nicht – und auf jeden Fall möchte ich nicht, dass die Sache verbreitet wird. Also bitte, halte den Mund, junger Mann!«
»Immer diese Ungerechtigkeiten! Ich habe nichts über deine schreckliche Brut verbreitet, es war George! – Waldo, wenn du die Absicht hast, nordwärts zu fahren, darf ich mitkommen?«
»Warum nicht? Wenn du willst, aber du wirst es sehr langweilig finden. Es steht viel Arbeit bevor. Mit dem Rechtsanwalt von Cousin Joseph sind Dinge zu erledigen, die mich in Leeds sehr beschäftigen werden. Ehe ich mich entscheide, was mit Broom Hall geschehen soll, muss ich noch vieles in Ordnung bringen. Langweilige Arbeit, das! Und noch dazu jetzt, in der Saison!«
»Das stört mich am wenigsten! Ich finde es zum Sterben langweilig, von einer überfüllten Party zur anderen zu gehen, Leuten, die ich am liebsten nie wiedersehen möchte, Nettigkeiten sagen zu müssen, auf dem Jahrmarkt der Eitelkeit angeben zu müssen –«
»Du weißt, dass du sehr verwöhnt bist, Julian«, unterbrach George ernst.
»Nein, das bin ich nicht. Ich ging nie gerne zu einer Party, und ich werde es nie tun. Jedenfalls nicht zu diesen geschmacklosen, herausgeputzten Partys. Ich liebe das Landleben. – Sag, Waldo, gibt es Gelegenheit zum Fischen in der Gegend von Broom Hall?«Er fing den fragenden Blick auf, den Sir Waldo auf Lady Lindeth richtete, und fügte hinzu: »Oh, Mama, bitte, du hast doch nichts dagegen?«
»Nein«, antwortete sie. »Tu, was dir gefällt – obwohl es bedauerlich wäre, wenn du gerade jetzt die Stadt verließest. Die Avesburys geben einen Galaempfang – immerhin, wenn du es vorziehst, mit Waldo nach Yorkshire zu reisen, ist es mir recht.«
Es war eine gute Portion Zögern in ihrer Stimme, was wenigstens einer der Anwesenden bemerkte und schätzte. Sie war eine hingebungsvolle, aber keineswegs närrische Mutter. Doch während sie einerseits darauf versessen war, ihren Sohn in der guten Gesellschaft zu sehen und (wenn möglich) eine vorteilhafte Heirat für ihn zu arrangieren, war sie andererseits zu klug, ihn gegen seine Neigungen zu beeinflussen oder seiner Ergebenheit für Cousin Waldo den geringsten Widerstand entgegenzusetzen. Es gereichte ihr zur Ehre, dass sie fast von Anbeginn ihrer Witwenschaft entschlossen war, Julian nie an ihre Schürzenbänder zu heften; und obwohl sie sich strikt an diesen Entschluss hielt, kamen ihr oft Zweifel, denn sie fürchtete, dass ihm seine sanfte Gemütsart zum Verderben werden könnte. Er war ein hübscher Junge, von der Natur reich bedacht, und es bestand die Gefahr, dass er wie Laurence durch Schmeicheleien in schlechte Gesellschaft gebracht werden könnte, was zu einem unglücklichen Ende führen müsste. Bei Waldo war er nicht nur geborgen, sondern hatte das Glück, von diesem in seine Kreise eingeführt zu werden, das heißt, Männern von erstem Rang und untadeligem Charakter vorgestellt zu werden. Dass die meisten dieser Herren gefährlichen und (nach ihrer Meinung) rohen Sportarten zugetan waren, wollte sie nicht in die Waagschale werfen. Ihr war es unverständlich, dass ein Mann auf der Jagd oder bei einem Wagenrennen seinen Kragen riskieren wollte, oder dass er die kleinste Genugtuung dabei empfinden konnte, einen gezielten Schlag ins Gesicht eines harmlosen Bekannten zu führen, wie es in Jacksons Boxing Saloon geschah. Sie akzeptierte derartige Betätigungen in der Erkenntnis, dass eine Frau sie nicht beurteilen könne und dass ihr nichts fernerlag, als ihren Sohn unter denen zu finden, die rohen Sport ablehnen. Wie oft hatte sie Qualen der Eifersucht erlitten, wenn sie sah, wie schon das Heben einer Augenbraue Waldos Julian dazu brachte, einen jugendlichen Unsinn aufzugeben, den abzuwenden sie sich umsonst bemüht hatte. Auch das war ein Grund, Waldo dankbar zu sein. Seine Ansichten mochten nicht die ihrigen sein, sie mochte Julians Ergebenheit ablehnen; aber da sie wusste, dass sein Einfluss auf ihren Liebling so stark war, schob sie alle mütterliche Besorgnis beiseite.
Ihre Augen trafen sich, und sie sah sein verständnisvolles Lächeln.
»Ich werde ihn behüten, Ma'am.«
Es ärgerte sie, dass er, ohne in ihr Vertrauen gezogen worden zu sein, ihren Ehrgeiz kannte, Julian in den gesellschaftlichen Erfolg, zu dem ihn Geburt, Aussehen und Vermögen berechtigten, hineinwachsen zu sehen.
»Er ist erwachsen und, wie ich glaube, vernünftig genug, auf sich selbst achtzugeben«, sagte sie schroff. »Du musst eine sonderbare Vorstellung von mir haben, mein lieber Waldo, wenn du glaubst, er müsse mich für irgendetwas um Erlaubnis bitten.«
Ein Lächeln um die Mundwinkel, murmelte er: »Meine einzige Vorstellung von Ihnen, Ma'am, ist, dass Sie eine Frau von hohem Verstand sind.«
Julians Aufmerksamkeit war durch eine Frage Mr. Winghams abgelenkt worden. Nun, da Waldo nicht mehr mit seiner Mutter flüsterte, fragte er fröhlich: »Habt ihr Geheimnisse? Wann willst du nach Yorkshire reisen?«
»Ich habe mich noch nicht auf ein bestimmtes Datum festgelegt – nächste Woche, wahrscheinlich. Ich reise natürlich mit der Postkutsche.«
Der Ausdruck der Enttäuschung in Julians Gesicht war so komisch, dass sogar seine beunruhigte Mutter lächeln musste. Er rief aus: »Oh nein, du wirst doch nicht in der stickigen Postkutsche – Ach, du schwindelst mich an, nicht wahr? Waldo, du bist – du bist ein –«
»Gimpelfänger!«, ergänzte George mit breitem Lachen.
Julian ging fröhlich darauf ein: »Ja, und ein ganz abgefeimter dazu! Karriol oder Phaeton, Waldo?«
»Ich wüsste nicht, wie wir mit dem einen oder anderen fahren können, wenn ich an der Great North Road keine Pferde eingestellt habe«, erklärte Waldo.
Aber Julian wollte sich nicht ein zweites Mal foppen lassen. Er erwiderte, dass sie, wenn sein Cousin die Ausgaben scheue, seine Pferde vorauszuschicken, entweder Pferde mieten oder jeweils so kurze Strecken zurücklegen würden, die von einem Gespann bewältigt werden könnten.
»Mir gefällt der junge Lindeth«, sagte George, als sie bald darauf in Richtung Bond Street gingen. »Ein feiner Junge, er hat nichts Verschlagenes an sich. Aber Laurence –! Mein Wort, Waldo, ich staune, dass du das erträgst. Nun, ich habe ihn immer für mehr oberflächlich als dumm gehalten, aber nachdem ich heute seine Unverschämtheiten gehört habe, halte ich ihn für das größte Rindvieh, das ich je im Leben gesehen habe. Wenn es jemanden gibt, den anzugreifen nur ein Narr wagen würde, dann bist du es. Guter Gott! Wo wäre er denn, wenn du ihn fallen ließest? Streite nicht ab, dass er dich schon ein kleines Vermögen gekostet hat – ich bin nicht blöd! Dass du nicht in Wut geraten bist und ihm gesagt hast, er habe den letzten Groschen von dir bekommen, werde ich nie verstehen!«
»Das kann ich dir sagen«, erwiderte Waldo ruhig. »Ich bin nicht in Wut geraten, denn dann hätte ich ihm genau das gesagt.«
George war so überrascht, dass er innehielt. »Du hättest, Waldo, du hättest ihm das wirklich gesagt?«
»Nein, wahrscheinlich nicht. Aber der heutige Auftritt zeigt, dass Laurie glaubt, ich könnte es sagen. Jetzt weißt du, warum ich nicht die leiseste Absicht hatte, meine Ruhe zu verlieren. Wie lange willst du hier noch wie ein Stock stehen? Die Leute schauen dich schon an! Erwache aus deiner Trance, George!«
So ermahnt, hielt Mr. Wingham wieder Schritt mit seinem großen Cousin und sagte ernst: »Ich habe mich nie im Leben mehr gefreut! Gib nicht nach! Verdammt will ich sein, wenn ich nicht lieber zusehe, wie du dein Geld an die Rotznasen verschwendest, statt an diese halbe Portion.«
»Oh, George!«, rief Sir Waldo, »du übertreibst!«
»Nein, das tu ich nicht!«, sagte George trotzig. »Wenn ich an die Dinge denke, die er heute gesagt hat, und an die Dankbarkeit, die er dir schuldet –«
»Er schuldet mir nichts!«
»Was?«, keuchte George und blieb wieder stehen. Die Hand seines Cousins fasste seinen Arm und trieb ihn vorwärts.
»Bitte, George, fang nicht wieder damit an!«, sagte Sir Waldo streng. »Ich habe mich sehr schlecht gegen Laurie benommen. Wenn du es auch nicht weißt, ich weiß es.«
»Nun, ich weiß es wirklich nicht. Seit er in Harrow war, hast du Geld an ihn verschwendet! Du hast lange nicht so viel für Julian getan!«
»Oh, ich habe für Julian nichts getan, als ihm heimlich eine Guinea wöchentlich zu schicken, solange er ein Schuljunge war«, sagte Sir Waldo lachend.
»Das weiß ich. Natürlich kannst du sagen, er hätte nichts gebraucht, aber –«
»Ich werde nichts dergleichen sagen. Ich hätte nicht mehr für ihn getan, wie immer seine Verhältnisse gewesen wären. Als er nach Harrow ging, war ich nicht mehr ein solcher Angeber wie zurzeit, da Laurie ein Junge war.« Er hielt inne, runzelte ein wenig die Stirn und sagte abrupt: »Weißt du, George, als mein Vater starb, war ich zu jung für die Erbschaft.«
»Nun, ich muss gestehen, wir alle dachten so – meinten, du wirst es mit Mädchen durchbringen – aber das hast du nie getan und –«
»Ich habe Schlimmeres getan, ich habe Laurie ruiniert!«
»Jetzt hör auf, Waldo«, protestierte George, und nach einem Moment des Besinnens: »Du meinst, du hast ihn ermutigt, sich auf dich zu verlassen. Ich glaube, das hast du wirklich getan – und der Teufel soll mich holen, wenn ich weiß, warum – du hast ihn doch nie gemocht?«
»Nein! Aber als ich – wie hat er es doch genannt – ›in Geld geschwommen bin‹, und mein Onkel hatte nicht viel mehr als sein Auskommen – übrigens war er derselbe Geizhals wie unser Cousin Joseph und hielt Laurie verteufelt knapp –, schien es mir hartherzig, Laurence nicht zu helfen.«
»Ich verstehe«, sagte George gedehnt. »Und da du einmal begonnen hast, ihm unter die Arme zu greifen, konntest du nicht mehr aufhören.«
»Ich hätte es tun können, aber ich habe es nicht getan. Schließlich und endlich – was hat es für mich bedeutet?! Als ich vernünftig genug war, zu verstehen, was es für ihn bedeutet hat, war das Unglück schon geschehen.«
George dachte angestrengt nach. »Ja, wahrscheinlich. Ich kann nur sagen: Wenn du glaubst, einen Fehler gemacht zu haben, sähe es dir nicht ähnlich, jetzt zu sagen: Schwimm oder geh unter! Außerdem glaube ich nicht, dass du das tätest.«
»Nein, ich fürchtete, er würde es auch nicht glauben. Er scheint es aber doch geglaubt zu haben, was mich hoffen lässt, dass das Unglück noch gutgemacht werden kann.«
George konnte nur skeptisch lachen. »Er wird schon, ehe die Woche um ist, in irgendeiner Klemme sitzen. Dann erzähl mir nicht, dass du ihn herausgezogen hast! Er ist kein solcher Dummkopf, dass er nicht wüsste, du wirst dich nicht rächen.«
»Nein, aber ich zahlte seine Spielschulden nur gegen das Versprechen, dass es nicht mehr vorkommen werde.«
»Sein Versprechen! Guter Gott! Waldo, du verlässt dich doch nicht darauf?«
»Oh ja. Laurie wird sein Wort nicht brechen. Du hast heute seinen Zorn gesehen, weil ich ihm das Wort abgenommen hatte.«
»Spieler bleibt Spieler!«
»Mein lieber George, Laurie ist nicht mehr Spieler, als ich es bin«, erwiderte Sir Waldo belustigt. »Sein einziger Wunsch ist, etwas auf dieser Welt darzustellen. Glaub mir, ich kenne ihn besser, als du ihn kennst – und zieh die Stirn nicht in Falten!« Er zog seine Hand durch den Arm seines Cousins und fasste ihn mit leichtem Druck. »Sag mir lieber etwas anderes, alter Knabe: Willst du Broom Hall? Wenn du – du brauchst nicht gleich die Wände hochzugehen! Ich hoffe – du weißt – ich muss bloß –«
»Ich will es nicht!«, unterbrach George mit unnötiger Heftigkeit. »Ich sagte nur, es sei sonderbar, dass Cousin Joseph sein Gut dir hinterlassen hat – übrigens, Tante hat es auch nie gemocht.«
»Das verstehe ich. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Lindeth Broom Hall braucht.«
»Bei Gott nicht! So wenig wie ich es brauche. Der Junge hat sicher nie auch nur einen Gedanken daran verschwendet. Weißt du, Waldo, ich glaube fest, dass er alle ihre Hoffnungen durchkreuzen wird. Seit er Oxford verlassen hat, versucht sie, ihn in die elegante Welt – und in eine passende Heirat hineinzudrängen. Er aber, wenn er nicht gerade zu einer vornehmen Party geladen ist – was tut er? Er bittet dich, ihn in die Einöde von Yorkshire mitzunehmen! Glaub mir, ich hatte Mühe, mein Lachen zu verbeißen, als ich ihr Gesicht sah, wie Julian sagte, die Saison wäre todlangweilig. Sollte mich wundern, wenn sie es nicht verhindert, dass er dich begleitet.«
»Sie wird nicht einmal den Versuch machen. Sie liebt ihn zu sehr, um ihn auf einen Weg zu stoßen, den er nicht gehen will – und sie ist auch viel zu klug. Arme Tante Lindeth, sie tut mir wirklich leid! Sie musste alle ihre Anstrengungen aufgeben, ihren Gatten zu einem Mann von Welt zu machen, denn nichts hasste er mehr; und jetzt zu entdecken, dass Julian, der alles mitbrächte, um als Star der ›tonangebenden Jugend‹ zu strahlen, das Ganze so langweilig findet wie sein Vater, ist bitter.«
»Das gefällt mir ja an ihm«, erklärte George. »Um die Wahrheit zu sagen, ich habe immer vorausgesehen, dass er versuchen wird, in deine Fußstapfen zu treten. Nun, wenn er es will, nimm ihn nächste Woche mit und gib acht, dass er nichts anstellt – außer, du willst die Augen ausgekratzt bekommen.«
»Keineswegs! Stellst du dir am Ende vor, dass er sich an ein Milchmädchen heranmachen wird? Oder sonst einen Wirbel erzeugen wird? George, du erschreckst mich!«
»Nein, nein«, kicherte George. »Das wirst schon du besorgen! Nun, ich will nicht sagen, dass du die Leutchen dort durcheinanderbringen wirst. Aber, Herrgott, welches Getue wird das werden, wenn sie erfahren, dass der Unvergleichliche sich in ihrer Mitte aufhält!«
»Um Himmels willen, George!«, sagte Sir Waldo und zog plötzlich seinen Arm aus dem seines Cousins. »Sprich nicht so viel Unsinn! Wäre ich ein Spieler, würde ich jede Wette eingehen, dass niemand in Oversett jemals von mir gehört hat.«
Keine dieser Voraussagen traf ein, aber Wingham kam der Wahrheit näher als Sir Waldo.
Broom Hall gehörte zu einer Pfarre, deren Zentrum das Dorf Oversett war, Leeds näher als Harrogate gelegen, und nicht mehr als zwanzig Meilen von York entfernt. Obwohl die Mehrheit von Reverend John Chartleys Pfarrkindern nichts von Sir Waldo wusste und einige ältere Herren – wie der Gutsbesitzer Mickleby – wenig Interesse an irgendwelchen Mitgliedern der Korinthier hatten, gab es doch viel Aufregung unter den Damen und den jüngeren Herren. Keiner zählte zu Sir Waldos Bekannten; aber einige Damen, die dann und wann ein paar Wochen in London verbrachten, waren im Park oder in der Oper auf den tonangebenden jungen Gentleman aufmerksam gemacht worden. Und jeder junge Peitschenknaller, der auf seine leichte Hand und sein Wenden stolz war, schwankte zwischen dem Wunsch zu sehen, wie Sir Waldo die Sache handhabte, und der Angst, dass ein solcher Könner die Anstrengungen seiner Bewunderer, seine Kunst nachzuahmen, mit Verachtung betrachten könnte.
Der Erste, der die Neuigkeit hörte, war der Rektor, und es war seine Tochter, die sie nach Staples, dem bedeutendsten Haus in der Nachbarschaft, brachte. Die Nachricht fand geteilte Aufnahme.
Mrs. Underhill, die von Sir Waldo nicht mehr wusste als des Rektors ungebildetstes Pfarrkind, entnahm der Ehrfurcht in Miss Chartleys Gesicht, dass die Nachricht bedeutungsvoll war, und sagte mit sanfter Stimme: »Sieh mal an!« Miss Charlotte, ein lebhaftes Mädchen von fünfzehn, blickte Hilfe suchend auf Miss Trent. Sie vergötterte ihre junge Lehrerin und sah in ihr eine Autorität in allen zur Sprache kommenden Dingen. Und Mrs. Underhills Nichte, Miss Theophania Wield, heftete ihre großen, plötzlich aufleuchtenden Augen auf Miss Chartley und stieß atemlos hervor: »Ist das wahr? Er kommt nach Broom Hall? Oh, Patience, du foppst uns, ich weiß, dass du uns foppst!«
Obwohl die Nachricht Miss Trent veranlasst hatte, von ihrer Stickerei aufzuschauen und ihre Brauen sich in plötzlicher Überraschung hoben, verlor sie kein Wort und nahm die Arbeit wieder auf. Aber Mr. Courtenay Underhill, der hereinschlenderte, um die Gäste seiner Mama zu begrüßen, rief in lebhaftestem Erstaunen: »Sir Waldo Hawkridge? Der Erbe des alten Calver? Guter Gott! Mama, hörst du? Sir Waldo Hawkridge!«
»Ja, mein Lieber. Nun, ich hoffe, er findet alles nach seinem Geschmack. Obwohl es erstaunlich wäre, nach dem, wie Mr. Calver alles verkommen ließ. Ich kann mich im Moment nicht an ihn erinnern, ich habe Namen nie behalten können, obwohl ich mir diesen so komischen hätte merken sollen.«
»Er wird der Unvergleichliche genannt«, sagte Mr. Courtenay ehrfürchtig.
»So nennt man ihn, Lieber? Sicher ein Spitzname. Glaube mir, er wurde ihm aus irgendeinem albernen Grund gegeben, so wie dein Großvater deine arme Tante Jane –«
»Oh!«, unterbrach ihre Nichte ungeduldig diese Reminiszenzen, »als würde jemand nur um eines dummen Witzes wegen so genannt! Es bedeutet – es bedeutet Vollkommenheit, nicht wahr, Ancilla?«
Miss Trent zog einen Faden aus der Strähne und antwortete mit ihrer kühlen, wohlklingenden Stimme: »Ein Vorbild, gewiss!«
»Unsinn! Es bedeutet: der Schneidigste unter den Schneidigen!«, konstatierte Courtenay. »Besonders mit Ross und Wagen – man sagt, dass er auch ein schneidiger Jagdreiter ist. Gregory Ash sagt, dass als Reiter oder Fahrer kein Mann ein Pferd so lenken kann wie der Unvergleichliche. Also, wenn er hierbleibt, werde ich nicht mit dem Braunen fahren, den ich vom alten Skeeby bekommen habe, darauf könnt ihr euch verlassen! Mama, Mr. Badgworth hat einen hübschen Braunen, den er verkaufen möchte; guter Läufer – gute Kopfhaltung, gerade das Richtige!«
»Pah! Darum kümmert sich doch niemand!«, warf Miss Wield verächtlich ein. »Sir Waldo ist tonangebend in der herrschenden Mode und von erlesenster Eleganz, außerdem sieht er gut aus und ist wahnsinnig reich!«
»Elegant! Sieht gut aus!«, äffte Courtenay sie spöttisch nach. »Was du schon davon verstehst!«
»Sehr viel! Als ich bei meinem Onkel am Portland Place war –«
»Ja, da wart ihr natürlich Busenfreunde! Papperlapapp! Ich glaube nicht, dass du ihn je auch nur gesehen hast!«
»Ich habe! Ständig! – nun, einige Male! Und er ist gut aussehend und elegant! Ancilla, das stimmt doch?«
Miss Chartley, ein sanftes Mädchen mit guten Manieren, ergriff die Gelegenheit, in den Streit, den sie heraufziehen sah, einzugreifen. Zu Miss Trent gewandt, sagte sie mit ihrer weichen, schüchternen Stimme: »Ich nehme an, Sie wissen mehr über Sir Waldo als jeder von uns, denn Sie lebten in London, nicht wahr? Vielleicht sind Sie ihm sogar begegnet?«
»Nein, wirklich nicht«, erwiderte Miss Trent. »Ich kann mich nicht erinnern, ihn je gesehen zu haben, und weiß nicht mehr über ihn als alle anderen.« Und mit dem Schimmer eines Lächelns fügte sie hinzu: »Seine Gesellschaft stand hoch über der meinen.«
»Ich glaube aber, Sie haben seine Bekanntschaft nicht gesucht«, sagte Charlotte. »Ich würde sie sicher nicht suchen. Ich hasse Beaus! Und wenn er zu uns kommt und hochnäsig ist, dann hoffe ich, dass er bald wieder geht!«
»Ich nehme an, er wird bald wieder gehen«, sagte Miss Trent, während sie ihre Nadel einfädelte.
»Ja, das sagt auch Papa«, stimmte ihr Miss Chartley bei. »Er nimmt an, Sir Waldo sei nur hier, um mit den Advokaten ins Reine zu kommen und vielleicht Broom Hall zu verkaufen. Er kann doch nicht hier leben wollen? Papa sagt, er habe ein schönes Haus in Gloucestershire, das seit Generationen in seiner Familie ist. Und da er so vornehm und modisch ist, muss er doch unser Dorf sehr öde finden, glaube ich – obwohl wir doch ganz nahe von Harrogate sind.«
»Harrogate!«, sagte Courtenay verächtlich. »Das wird ihn nicht fesseln. In Broom Hall wird er nicht länger als eine Woche bleiben, wette ich. Schließlich hält ihn hier nichts.«
»Nichts?«, sagte seine Cousine mit einem aufreizenden Lächeln in ihrem hübschen Gesicht.
»Nichts!«, stellte er fest, durch ihre widerliche Selbstzufriedenheit aufgebracht. »Und wenn du glaubst, er muss dich nur ansehen, um sich in dich zu verlieben, schätzt du die Dinge falsch ein. Ich wette, er ist mit Dutzenden Mädchen befreundet, die viel hübscher sind als du!«
»Gewiss nicht!«, sagte sie und fügte einfach hinzu: »Das gibt es nicht!«
»Unabsichtlich protestierte Miss Chartley: »Oh, Tiffany, wie sprichst du?! Entschuldige, aber so solltest du wirklich –«
»Es ist absolut wahr!«, wendete Miss Wield ein. »Ich habe mein Gesicht nicht gemacht, warum soll ich nicht sagen, dass es schön ist? Sagt es doch jeder!«
Der junge Mr. Underhill widersprach, aber Miss Chartley war still. Selbst ein so bescheidenes Mädchen wie sie war über solche Selbstverherrlichung entsetzt; aber sie musste zugeben, dass Tiffany Wield das schönste Mädchen war, das sie je gesehen hatte, oder das sie sich vorstellen konnte. Alles an ihr war Perfektion. Nicht der voreingenommenste Kritiker hätte sagen können, dass sie leider zu groß – oder zu klein sei, oder dass die Nase ihre Schönheit beeinträchtige, oder dass sie im Profil nicht ganz so schön sei. Sie ist schön, wie immer man sie betrachtet, dachte Miss Chartley. Selbst ihre schwarzen Locken über den geschwungenen Brauen ringelten sich natürlich. Wohl waren es die tiefblauen Augen hinter langen schwarzen Wimpern, die die Aufmerksamkeit zuerst erregten; aber schon der zweite Blick fiel auf eine kleine, gerade Nase, bezaubernd geformte Lippen und einen Teint, der an reife Pfirsiche erinnerte. Sie war erst siebzehn Jahre alt, aber ihre Figur wurde weder von Babyfett noch von unangenehmen Kanten entstellt. Und sobald sie den Mund öffnete, zeigte sie eine gleichmäßige Perlenreihe von Zähnen.
Ehe Tiffany nach Staples, wo sie ihre Kindheit verbracht hatte, zurückgekehrt war, galt Patience Chartley als das hübscheste Mädchen im ganzen Umkreis; nun war sie von Tiffany vollkommen ausgestochen worden. Patience war im Glauben erzogen, dass Schönheit nicht wichtig sei; aber wenn ihr Vater, derselbe, der sie in diesem Sinne erzogen hatte, sagte, es bereite ihm Vergnügen, Tiffanys liebliches Gesicht zu sehen, musste man Patiences wehmütige Gefühle verzeihen. Denn Patience dachte oft, wenn sie sich, ihr weiches braunes Haar vor dem Spiegel bürstend, betrachtete, dass niemand sie ein zweites Mal ansehen würde, wenn Tiffany anwesend war. Sie nahm ihre Minderwertigkeit sanft hin und war so frei von jeder Eifersucht, dass sie wünschte, Tiffany würde nicht in einer solchen Art sprechen, die sicherlich ihre Anbeter abschrecken musste.
Mrs. Underhill, die offensichtlich diese Anschauung teilte, sagte mit freundlicher Stimme, die mehr eine Bitte als einen Tadel enthielt: »Nun, Tiffany-Herzchen, du solltest nicht so sprechen. Was würden die Leute denken, wenn sie dich hörten? Es ist nicht schicklich – das wird dir auch Miss Trent sagen.«
»Das kümmert mich wenig!«
»Nun, das zeigt, welch dumme Gans du bist!«, fiel Charlotte ein, eine Lanze für ihr Idol brechend. »Miss Trent ist viel vornehmer als du oder irgendeine von uns und –«
»Danke, Charlotte, jetzt ist es genug!«
»Es ist doch wahr!«, rebellierte Charlotte zaghaft.
Ohne auf sie zu achten, sagte Miss Trent zu Mrs. Underhill: »Nein, Ma'am, weder schicklich noch klug.«
»Warum?«, wollte Tiffany wissen.
Miss Trent sah sie gedankenvoll an: »Weißt du, es ist sonderbar, aber ich habe oft bemerkt, dass du immer, wenn du mit deiner Schönheit prahlst, ein Stückchen davon verlierst. Das kommt wohl von einer Veränderung in deinem Gesichtsausdruck.«
Erschrocken lief Tiffany zu dem verzierten Spiegel, der über dem Kamin hing. »Ist das wahr?«, fragte sie naiv. »Sehe ich wirklich anders aus, Ancilla?«
»Ja, entschieden«, erwiderte Miss Trent; sie zögerte nicht einen Augenblick zu lügen. »Übrigens, wenn eine Frau sich selbst bewundert, werden die Leute verstimmt und sie wird bald erfahren müssen, dass man ihr weniger Komplimente zollt als den anderen Mädchen in ihrem Bekanntenkreis. Und nichts ist doch angenehmer als ein hübsch vorgebrachtes Kompliment.«
»Das ist wahr!«, rief Tiffany sehr beeindruckt. Sie brach in Lachen aus und flog quer durch das Zimmer, um Miss Trent kurz zu umarmen. »Ich liebe Sie schrecklich, Sie Scheusal! Wenn Sie noch so ekelhaft sind, sind Sie doch niemals böse. Ich werde mich nicht mehr bewundern. Bitte um Verzeihung, wenn ich dafür in das Gegenteil verfalle! Oh, Patience, bist du ganz sicher, dass Sir Waldo kommen wird?«
»Ja, Wedmore sagte zu Papa, dass er von Mr. Calvers Advokaten den Auftrag bekommen habe, nächste Woche alles für Sir Waldo bereitzuhalten. Auch, dass er noch einen Herrn und mehrere Diener mitbringen wird. Die armen Wedmores! Papa versucht sie zu beruhigen, aber sie zittern vor allem, was kommen wird. Es scheint, dass Mr. Smith ihnen erzählt hat, wie reich und großartig Sir Waldo ist, und nun haben sie Angst, dass er mehr Komfort verlangen wird, als sie ihm bieten können.«
»Also das«, unterbrach plötzlich Mrs. Underhill, »erinnert mich an etwas, das ich gerne wissen möchte, meine Liebe. Als meine Matlock es mir sagte, wollte ich es nicht glauben, aber sie hat es ja von Mrs. Wedmore selbst. Ist es wahr, dass Mr. Calver ihnen nichts hinterließ als zwanzig Pfund und seine goldene Uhr?«
Patience nickte gedankenvoll. »Ja, Ma'am, das ist leider wahr. Ich weiß, man sollte von einem Toten nicht schlecht sprechen, aber man kann sich des Gefühls nicht erwehren, dass es falsch und undankbar war – nach so vielen Jahren treuer Dienste!«
»Nun, was mich betrifft, ich habe nie eingesehen und ich werde nie einsehen, welchen Unterschied es macht, ob jemand tot oder lebendig ist«, sagte Mrs. Underhill. »Er war ein hässlicher, unangenehmer Geizkragen und, verlass dich drauf, das bleibt er. Auch noch im Himmel! Mir darfst du nicht erzählen, dass man von jemandem, der diese Welt verlassen hat, nur respektvoll sprechen soll, meine Liebe.«
Patience musste lachen, aber sie sagte: »Nun, aber vielleicht sollte man nicht urteilen, ohne die Umstände zu kennen. Ich gestehe, meine Mama fühlt wie sie, aber Papa sagt, wir können nicht wissen, was der Grund von Mr. Calvers Geiz war, und dass wir ihn eher bemitleiden sollten. Er war sicher sehr unglücklich.«
»Nun, dein Vater, ein Reverend, muss etwas Christliches sagen«, erwiderte Mrs. Underhill einsichtsvoll. »Mein Mitleid wendet sich den Wedmores zu. Hätten sie nur einen Funken Verstand gehabt, sie hätten ihn schon vor Jahren verlassen, statt zu glauben, er würde sie versorgen. Dass er es nicht tun würde – was immer er ihnen versprochen hat –, war leicht zu erraten. Wie sollen sie in ihrem Alter einen neuen Posten finden? Kannst du mir das sagen?«
Miss Chartley konnte es nicht sagen. Sie seufzte nur und schüttelte den Kopf. Das gab Tiffany Gelegenheit, das Thema auf ein anderes – ihrer Meinung nach viel wichtigeres – Gebiet zu lenken. Sie fragte ihre Tante, wann sie Sir Waldo nach seiner Ankunft zu besuchen gedenke.
Mrs. Underhill war aus einfachem Elternhaus. Trotz bestem Willen, sich wie eine grande dame zu bewegen, konnte sie sich auf den verwickelten Pfaden des gesellschaftlichen Lebens nur schwer zurechtfinden. Doch über einiges wusste sie Bescheid. »Um Himmels willen, Tiffany, was noch! Es ist nicht meine Sache, einem Herrn Besuche zu machen. Wenn dein Onkel noch lebte, dann wäre es seine Sache gewesen – wenn er es für richtig gehalten hätte, was er bestimmt nicht getan hätte, ebenso wenig wie ich es für richtig halte; was für einen Sinn hätte es, eine Karte bei Sir Waldo abzugeben, wenn er doch nicht die Absicht hat, in Broom Hall zu bleiben?«
Tiffany beachtete die Begründung ihrer Tante nicht. »Dann muss Courtenay hingehen!«
Aber zu ihrem großen Unmut weigerte Courtenay sich, so etwas zu tun. Bescheidenheit war nicht seine auffallendste Eigenschaft, noch waren seine Manieren, im eigenen Heim, durch Takt ausgezeichnet; aber die Zumutung, dass er, der Neunzehnjährige, die Frechheit haben sollte, sich Sir Waldo aufzudrängen, erschreckte ihn so, dass er erbleichte. Er sagte zu seiner Cousine, sie sei wohl verrückt, ihn für so unverschämt zu halten.
Die Hartnäckigkeit, mit der Miss Wield den darauffolgenden Streit führte, und der Strom zorniger Tränen, mit denen er endete, bereiteten Mrs. Underhill Unbehagen. Später gestand sie Miss Trent, sie hoffe, Sir Waldo werde sie nicht alle durcheinanderbringen. »Ich weiß wirklich nicht, warum jemand so viel Aufhebens mit ihm machen sollte. Nun gebärdet sich Tiffany ganz verrückt, weil Courtenay findet, dass es nicht seine Sache wäre, diesen Besuch zu machen. Nun, meine Liebe, ich muss gestehen, das beunruhigt mich. Sie wissen doch, wie sie ist!«
Ob Miss Trent das wusste! Diesem Wissen verdankte sie es, dass sie die launenhafte Schöne bisher erfolgreicher als jemand anderer im Zaum hatte halten können.
Miss Wield war das einzige überlebende Kind von Mrs. Underhills Bruder. Ihre Eltern waren tot. Der verstorbene Mr. Wield war ein Wollhändler von bedeutendem Vermögen gewesen, der nach allgemeiner Meinung über seinen sozialen Standard geheiratet hatte. Aber wenn er damit gesellschaftliche Ambitionen verbunden hatte, musste er enttäuscht werden, denn Mrs. Wields Brüder zeigten wenig Neigung, ihn mit mehr als gleichgültiger Höflichkeit zu behandeln, und seine Frau selbst war zu scheu und zu krank, um die gesellschaftliche Leiter höher zu erklimmen. Sie starb, als Tiffany noch ein kleines Kind war, und der Witwer war mit Freuden einverstanden, als seine Schwester ihm anbot, Tiffany mit ihrem eigenen Sohn aufzuziehen. Mr. Underhill, der sich mittlerweile mit einem ansehnlichen Vermögen vom Handel zurückgezogen hatte, kaufte Staples. Seine herrschaftlichen Manieren und sportlichen Ambitionen sicherten ihm bald die Aufnahme in die höchsten Kreise der Nachbarschaft. Das lauwarme Angebot seines Schwagers, Tiffany in seinen Londoner Haushalt aufzunehmen, wies Mr. Wield zurück und überließ sie lieber der Obsorge seiner Schwester. Nebenbei dachte er, dass Tiffany und der um zwei Jahre ältere Courtenay vielleicht ein Paar werden könnten. Entgegen aller Erwartung heiratete er nicht wieder. Auch überlebte er Mr. Underhill um nicht mehr als ein Jahr. Er starb, als Tiffany vierzehn war. Das Vermögen, dessen alleinige Erbin sie wurde, übernahm ein Verwalter, und ihre beiden Onkel mütterlicherseits wurden zu Vormündern bestimmt. Der jüngere dieser beiden Herren wurde anstelle des verstorbenen Mr. Underhill bestellt.
Mrs. Underhill war natürlich über diese Verfügung sehr beleidigt. Wie ihr Bruder freute sie sich auf eine Heirat zwischen Tiffany und ihrem Sohn. Mr. Underhill hatte seine Familie in auskömmlichen Verhältnissen zurückgelassen, und niemand hätte ihr nachsagen können, dass sie sich vom Gelde blenden ließ. Aber genauso, wie es Lady Lindeth nach dem Vermögen ihres Cousin Calver gelüstete, ersehnte sie Tiffanys erhebliches Vermögen für Courtenay. Sie sagte, als sie Mr. Wields Testament sah, sie wisse genau, wie alles kommen werde; man denke an ihre Worte: Diese Burfords würden das Kind im Handumdrehen an sich reißen. Und sie hatte recht. Der Junggeselle Mr. James Burford machte natürlich keinen Versuch, die Verantwortung für seine Nichte zu übernehmen, aber Mr. Henry Burford, ein Bankier, der in großem Stil am Portland Place wohnte, beeilte sich, Tiffany aus Staples zu holen, um sie ins Schulzimmer seiner Töchter zu setzen. Die Erbin eines bedeutenden Vermögens war natürlich etwas anderes als das mutterlose Kind, das Mr. Burford erwartet hatte. Neben zwei Töchtern hatte er noch drei Söhne.
Obwohl Mrs. Underhill eine bequeme Frau war, hätte sie sich vielleicht aufgerafft, um den Besitz der Erbin zu kämpfen, wenn sie imstande gewesen wäre, ein Gefühl der Erleichterung zu unterdrücken, als sie das unreife Mädchen, das die derberen Familienmitglieder als wahres Ungeziefer bezeichneten, loswurde. Weder sie noch eine Reihe von Gouvernanten konnten Tiffany zügeln; sie war mit vierzehn ebenso halsstarrig, wie sie furchtlos war. Ihre Streiche erregten in der Umgebung Ärgernis und ihrer Tante Herzklopfen, sie brachte Courtenay und die kleine Charlotte in haarsträubende Situationen. Drei ihrer Gouvernanten verließen mit Nervenzusammenbrüchen das Haus. Obwohl damals schon bildhübsch, konnte sie im Handumdrehen von einem gewinnenden, anschmiegsamen Kind zu einer wahren Megäre werden. Mrs. Underhill gab deshalb protestlos nach und meinte, Mrs. Burford wisse nicht, was sie tue.
Mrs. Burford brauchte nicht lange, um das herauszufinden. Sie meinte – wohl mit Berechtigung –, dass Tiffany durch Nachgiebigkeit verdorben worden war und es keinen anderen Ausweg gäbe, als sie in eine Schule zu schicken. Tiffany wurde also nach Bath in Miss Climpings Pensionat geschickt, um gezähmt und von einem Windfang in eine vollendete junge Dame verwandelt zu werden.
Unglückseligerweise besuchten Miss Climpings Schule auch eine Anzahl von Tagesschülerinnen, mit denen Tiffany sofort Freundschaft schloss. Es wurde ihr auch gestattet, diese zu besuchen, und sobald sie das Tor des Pensionats hinter sich geschlossen hatte, vergrößerte sich ihr Bekanntenkreis bedeutend.
Erst als ein Billett von einem verliebten Jüngling an Tiffany in Miss Climpings Hand fiel, das von einem gefälligen Diener in das Haus geschmuggelt worden war, begriff die ahnungslose Dame, dass die häufigen Besuche bei Schulfreundinnen weit weniger wünschenswerte Ausgänge verbergen. Hatte sich am Ende ein noch nicht sechzehnjähriges Mädchen auf eine heimliche Liebesaffäre eingelassen? Tiffany war eine begehrenswerte Schülerin, deren Vermögensverwalter jede Extrazahlung auf der Rechnung beglichen, ohne mit der Wimper zu zucken. Wäre nicht ein besonderer Umstand eingetreten, hätte Miss Climping trotzdem von Mr. Burford verlangt, die Aufwieglerin, die den Ruf ihrer Schule zu verderben drohte, sofort zu entfernen. Dieser Umstand war die Ankunft von Ancilla Trent, die selbst einmal diese Schule besucht hatte und nun die Aufgaben einer Lehrerin übernahm. Tiffany, der die ewigen Vorwürfe und Moralpredigten von Miss Climpings Vogelscheuchen, wie sie sie nannte, schon auf die Nerven gingen, fasste sofort Zuneigung zu der jungen Lehrerin. Diese war nur um acht Jahre älter als sie selbst, und Tiffany entging das schelmische Blinken in ihren leuchtenden grauen Augen nicht. Sie fand auch bald heraus, dass Ancilla aus guter Familie kam und gewöhnt war, sich in fraglos vornehmen Kreisen zu bewegen, mochten ihre Verhältnisse auch dürftig sein. Sie bemerkte auch – mit Ehrfurcht – eine gewisse Eleganz in Ancillas einfachen Kleidern. Nach und nach befolgte sie kleine Ratschläge außerhalb des Unterrichts, die Ancilla gelegentlich fallen ließ. Es gehörte nicht zu Ancillas Pflichten, die älteren Schülerinnen zu ermahnen, und sie tat es auch nicht. Sie schätzte den Humor in manchen groben Streichen, aber es gelang ihr, der Erbin begreiflich zu machen, dass sie vielleicht doch ein wenig kindisch waren. Als Tiffany ihr einmal ihren Entschluss mitteilte, in den hohen Adel heiraten zu wollen, stimmte Ancilla diesem lobenswerten Ehrgeiz nicht nur zu, sondern ging mit erfreulicher Begeisterung darauf ein, um in verschiedenen Gesprächen Pläne zu entwickeln. Da diese nur der Vorbereitung der künftigen Adeligen auf ihren hohen Status galten, war Tiffany verleitet, auch in den Unterrichtsstunden gutes Benehmen zu bewahren, Musik zu üben und gelegentlich ein Buch zu lesen. Als sie die Schule verließ, war sie kein Wildfang mehr, hatte gute Manieren und ein wenig Bildung.
Aber es wurde immer schwerer, mit ihr umzugehen, und sie war weit davon entfernt, sich den Plänen ihrer Tante Burford unterzuordnen. Mrs. Burford, die gerade dabei war, ihre älteste Tochter in die Gesellschaft einzuführen, sagte, Tiffany sei noch zu jung, um auszugehen. Wohl erlaubte sie ihr, dann und wann eine kleine Party zu besuchen oder an einer Vergnügungsfahrt teilzunehmen, doch müsse sie sich noch als Schulmädchen betrachten. Sie dürfe Konzerte und Tanzstunden unter der Aufsicht der Gouvernante ihrer Töchter besuchen, aber sie müsse einen Teil ihrer Zeit darauf verwenden, ihr Französisch zu verbessern und das Harfenspiel zu erlernen.
Aber Mrs. Burford kannte Tiffany nicht. Diese dachte nicht daran, sich zu fügen. So kam es, dass nach drei Monaten Mrs. Burford ihrem Gatten erklärte: Wenn er nicht in entsetzliche Skandale verwickelt werden und seine geliebte Gattin vorzeitig ins Grab sinken sehen wolle, möge er so freundlich sein, seine Nichte nach Yorkshire zurückzuschicken. Diese habe keine Ahnung, was sich schicke: Als man sie schlafend im Bett vermutete, schlich sie aus dem Haus, um einen Maskenball in Vauxhall Gardens mit einem vernarrten Jüngling zu besuchen, den sie – der Himmel weiß wo – kennengelernt hatte. Sie zerstöre alle Chancen ihrer Cousine Bella, eine vorteilhafte Verbindung anzuknüpfen. Sobald ein möglicher Freier Tiffany erblicke, sehe er keine andere mehr an. Was eine Heirat zwischen ihr und Jack oder William betreffe, sähe sie, selbst wenn sie sich nicht ablehnend gezeigt hatte (was allerdings keineswegs zutraf), lieber ihre Söhne als Bettler, als sie mit einem so entsetzlichen Mädchen zu verheiraten.
Mr. Burford hatte nichts dagegen, das unliebsame Mündel loszuwerden, aber er war ein gewissenhafter Mann und fand es unrichtig, Tiffany der Obhut von Mrs. Underhill zu überlassen, die sich schon einmal unfähig gezeigt hatte, Tiffany in Zucht zu halten. Da hatte Mrs. Burford die Idee, Miss Climping brieflich zu bitten, ihnen freundlicherweise einen Rat zu geben.
Miss Climping hatte Ancilla Trent sehr ins Herz geschlossen und gewahrte nun eine Möglichkeit, deren Aufstieg zu fördern. Sie riet Mr. Burford, Miss Trent dafür zu gewinnen, die Stelle einer Erzieherin bei Mrs. Underhill zu übernehmen. Die hervorragende Lehrerin (zweifellos kenne Mr. Burford ihren Onkel, General Sir Mordaunt Trent) habe sich dadurch ausgezeichnet, die einzige Person zu sein, die einen schwachen Einfluss auf Miss Wield ausüben konnte.
So wurde Ancilla Hausgenossin in Staples und in überraschend kurzer Zeit die intimste Vertraute von Mrs. Underhill.
Mrs. Underhill hatte noch nie eine der Gouvernanten in ihr Vertrauen gezogen. Sie war eine gutmütige Person, aber sie wollte ihre Würde bewahren, und aus Angst, ihre Herkunft zu verraten, hatte sie sich gegen ihre Untergebenen so steife Umgangsformen angewöhnt, als entstammte sie den höchsten Kreisen. Sie war so entzückt, Tiffany zurückzubekommen, dass sie keine Einwendung gegen den Vorbehalt machte, Miss Trent als Begleiterin mit aufzunehmen. Doch im Inneren bedauerte sie es und nahm sich vor, Miss Trent – wie viele Generäle in ihrer Familie auch sein mochten – klarzumachen, dass alle Versuche, in Staples den Ton anzugeben, nicht geduldet werden würden. Da aber Miss Trent, die nichts Derartiges beabsichtigt hatte, sie mit freundlicher Ehrerbietung behandelte – die ihr vonseiten ihrer Kinder nicht oft widerfuhr –, verschwand Mrs. Underhills unterdrückter Hochmut in der ersten Woche. Es dauerte nicht lange, und sie sagte ihren Bekannten, sie könnten nicht ermessen, welche Wohltat die geschmähte Gouvernante war.
Ihr gegenüber entwickelte sie nun ihre These folgendermaßen: »Tiffany ist letzten Endes noch ein Kind, aber mit welchem Gesicht! Und die Dinge, die man über die eleganten Dandys in der Stadt erfährt – nun, das erfüllt mich mit Besorgnis, ich kann es nicht leugnen!«
»Ich glaube, das ist nicht nötig, Ma'am, wirklich nicht«, antwortete Miss Trent. »Sie mag ihm schöne Augen machen – eigentlich bin ich sicher, dass sie es tun wird –, nur um zu zeigen, dass sie jeden Mann auf die Knie zwingen kann, und vielleicht wird er mit ihr flirten – vielleicht. Aber dass sie Schaden nehmen könnte – nein, wirklich, Sie haben keinen Grund, besorgt zu sein. Bedenken Sie doch, Ma'am, sie ist kein kleines Hausmädchen, das niemanden hat, der hinter ihr steht, um sie zu beschützen!«
»Nein«, sagte Mrs. Underhill zögernd. »Das ist schon richtig, aber wenn er sie heiraten möchte, stellen Sie sich das vor!«
»Wenn er solche Absichten haben sollte«, sagte Miss Trent mit lachenden Augen, »müssten wir sie daran erinnern, dass er nicht zum Hochadel gehört.«
Mrs. Underhill lachte zwar, aber sie seufzte und meinte, dass sie von Herzen wünsche, Sir Waldo käme nicht nach Broom Hall.
Dieser Wunsch wurde einige Tage später vom Gutsherrn wiederholt, der Miss Trent sagte, er wünsche den Unvergleichlichen nach Jericho. Er hatte sie auf dem Weg vom Dorf nach Staples auf der Straße eingeholt und stieg freundlich von seinem Arbeitsgaul, um mit ihr den schmalen Weg hinunterzugehen. Viele hielten ihn für einen Mann, der ständig Unruhe verbreitete; abgesehen davon, dass er reizbar war und von schroffen Manieren, hatte er eine verwirrende Art, die Menschen unter buschigen Brauen anzusehen. In seiner Gegenwart wurde Mrs. Underhill immer ein wenig aufgeregt, aber Miss Trent hatte keine nervöse Natur. Sie begegnete seinem stechenden Blick ruhig und beantwortete die auf sie zuschießenden Fragen ohne Zögern oder Stottern, wodurch sie seine seltene Hochschätzung gewann. Er sagte von ihr, sie sei eine vernünftige Person, ohne falsche Sentimentalität. Er wollte, er könnte dasselbe von anderen sagen.
Als Miss Trent nun mit einem sanften Lächeln antwortete, sagte er in drohendem Ton: »Sagen Sie mir nicht, dass Sie über diesen Modefex in Verzückung geraten!«
Sie musste lachen. »Nein, wie sollte ich? Ich bin über das Alter hinaus, in dem man in Verzückung gerät.«
»Unsinn! Sie kleines Mädchen!«, brummte er.
»Sechsundzwanzig!«
»Das hab ich mir gedacht! Hätte nichts zu sagen, wenn Sie fünfundsechzig wären! Sehen Sie sich meine Frau an! Stirbt vor Entzücken, weil dieser lächerliche Kerl in unser Dorf kommen wird. Will ihm zu Ehren eine Party geben – ich bitte Sie! Keine Hausmannskost – oh nein! Sollte mich nicht wundern, wenn sie auf ihren Einladungskarten eine Schildkrötensuppe ankündigt, und einen Walzerball, um das Dinner stilvoll zu beenden! Lachen Sie nur! Ich tadle Sie nicht! Werde lachen, wenn der Kerl mit Bedauern ablehnt – was er tun wird, soweit ich die Stadtpflanzen kenne! Werde bei ihm vorsprechen, natürlich, muss ja freundlich sein, obwohl ich ihn lieber nicht beachten möchte.«
»Machen Sie sich nichts draus«, sagte Miss Trent ermutigend. »Er ist sicher in einer Woche wieder abgereist, und in so kurzer Zeit kann er doch nicht Herzen brechen, nicht wahr?«
»Herzen brechen? Oh, Sie denken an die Mädchen? Die kümmern mich wenig. Unsere Jungens sind es! Verdammt soll ich sein, wenn mir ein Bond-Street-Tagedieb nicht lieber wäre; dem würden sie nicht so verrückt nachlaufen. Das Schlimme ist, dass es sich um einen der ersten Korinthier handelt – habe gesehen, was die bei den grünen Jungen anrichten können.«
Ihr Gesicht wurde ernst. »Ja, Sir, auch ich habe es gesehen – in meiner eigenen Familie –, aber das war in London. Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier, in dieser ruhigen Gegend, ein noch so dummer Junge auf eine schiefe Bahn geraten könnte.«
»Das fürchte ich auch nicht«, sagte er ungeduldig, »nur dass sie sich den Hals brechen in dem Versuch, den kostbaren Unvergleichlichen zu übertrumpfen. Würden Sie glauben, dass selbst mein schneckenlangsamer Arthur meinen Phaeton zuschanden gefahren hat in dem Versuch, durch das westliche Tor zu biegen. Keine Kontrolle – kein Augenmaß! Und der Junge von Banningham! Reitet den plumpen Grauen treppaufwärts in Brent Lodge – und euer Courtenay jagt ein Eichhörnchen auf der Straße nach Harrogate! Schweigen wir darüber! Es ist nichts geschehen, und er bekam seine Schelte vom alten Adcock – denn es waren die Räder seines Wagens, die der Dummkopf fast streifte. Ein Zoll hat gefehlt. ›Eine Elle ist zu wenig für dich‹, sagte ihm Adcock. Sie werden es aber nicht weitererzählen?!«
Sie beruhigte ihn. Als sie das Haupttor von Staples erreichten, verabschiedete er sich und meinte grimmig, während er sich in den Sattel schwang, zum Glück sei Joseph Calver nicht mitten in der Jagdsaison verschieden, wo jeder Grünschnabel, der sich auf seines Vaters Konto weiß geränderte Stiefel gekauft hatte, mit seinem Pferd an eine Hürde prallte und nach Hause gebracht werden musste.