Kämpfer - Quintett - Peter Faszbender - E-Book

Kämpfer - Quintett E-Book

Peter Faszbender

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Beschreibung

In dem packenden letzten Band der Crimedy Trilogie hat Sarah Molony, nunmehr Kriminalbeamtin außer Dienst, ihren Wohnsitz in den malerischen Gefilden Irlands, im Land ihrer Altvorderen. Dort hat sie nicht nur ihre eigene Whiskeybrennerei, die Laochra Destillerie, ins Leben gerufen, sondern auch eine scheinbare Ruhe gefunden. Doch die Schatten der Vergangenheit holen sie ein, als die skrupellose Mafia-Familie Kraknikow, getrieben von Rache, Sarah und ihren ehemaligen Kollegen ein Ende bereiten will. Ein dramatisches Ereignis in Deutschland, in Form eines hinterhältigen Sprengstoffanschlags, zwingt die Zollbeamten Richenza Ottilie Schmitzlein Ithana und Arian Wichter zur Flucht nach Irland zu Sarah. Im Wettlauf gegen die Zeit verfolgen nicht nur sie die Spur der Gefahr, sondern auch Sarahs Bruder Paul ist auf dem Weg, mit allen ihm verfügbaren Geheimdienstmitteln seine Schwester zu schützen. Währenddessen hat sich der ehemalige Reporter und Verschwörungstheoretiker Karl Sturm aus einer geschlossenen Anstalt befreit und auf der Suche nach der Bundeslade und dem Heiligen Gral nach Irland begeben. Mit Michail Kraknikows Schergen, die in Richtung grüne Insel entsandt wurden, zeichnet sich ein gewaltiger Showdown ab und dieser scheint unausweichlich an Sarahs Laochra Destillerie seine Bühne zu finden. Tauchen Sie ein in ein fesselndes Netz aus Intrigen, Geheimnissen und unerwarteten Allianzen. Der dritte Band verspricht nicht nur die atemberaubende Kulisse Irlands, sondern auch eine explosive Mischung aus Spannung, Humor und einem mitreißenden Showdown. Willkommen zu einem Finale, das die Verbindung von Krimi und Comedy nicht scheut, vielmehr gekonnt vereint.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Vorspann

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Kapitel 67

Kapitel 68

Kapitel 69

Kapitel 70

Kapitel 71

Kapitel 72

Kapitel 73

Kapitel 74

Kapitel 75

Kapitel 76

Kapitel 77

Kapitel 78

Kapitel 79

Kapitel 80

Kapitel 81

Kapitel 82

Kapitel 83

Kapitel 84

Kapitel 85

Epilog

Vorwort

Die Reise, die einst mit einer Kurzgeschichte über Kriminaloberkommissarin Sarah Molony begann, findet nun ihren würdigen Abschluss im dritten Band der Crimedy-Trilogie. Die anhaltende Faszination, die Sarah Molony und ihre Mitstreiter sowie Antagonisten über Jahre hinweg auf mich ausübten, war nicht nur eine Quelle der Begeisterung, sondern auch der ständigen Inspiration. Ohne sie wären die Geschichten nicht das, was sie heute sind – lebendig, dynamisch und voller unerwarteter Wendungen. Den Einfluss ihrer Mitstreiterinnen und Mitstreiter, und vor allem der Gegnerinnen und Gegner, sollte man dabei nicht unterschätzen, denn ohne sie wäre Sarah nicht so herausgefordert in ihrem Dienst und ihrem Leben.

Ist dies ein Moment der Trauer oder der Freude? Vielleicht beides. Ein Kapitel schließt sich, doch gleichzeitig öffnet sich eine Tür zu neuen Ideen, Projekten und Taten. Dieses Vorwort markiert nicht das Ende meines literarischen Schaffens, sondern den Auftakt zu neuen Abenteuern, neuen Welten, neuen Entwicklungen und neuen Herausforderungen. Keine Zeit also für Trauer oder trübe Gedanken, sondern ein mutiger Aufbruch in weitere unbekannte Gefilde der Kunst, Kultur und Kreativität.

Die Crimedy-Welt bleibt auch im Abschlussband spannend, unterhaltsam, humorig und schräg – eine Mischung, die Sie, liebe Leserinnen und Leser, hoffentlich genauso in ihren Bann zieht wie zuvor. In diesem turbulenten Finale der Reihe treffen nicht nur altbekannte Gesichter wie Sarah Molony, Richenza-Ottilie Schmitzlein-Ithana, Paul Molony, Arian Wichter und die Familie Kraknikow aufeinander, sondern auch zahlreiche weitere Pro- und Antagonisten, die das Geschehen mit ihren eigenen Facetten bereichern.

Es bleibt mir nur, Ihnen viel Vergnügen mit diesem abschließenden Teil der Trilogie zu wünschen. Mögen die Seiten für Sie voller Spannung sein und die Charaktere Ihnen so lebendig wie eh und je erscheinen.

Köln, im April 2024

Peter Faszbender

Vorspann

In einer faszinierenden Verkettung des Lebensschicksals hat Sarah Molony, nach vorzeitiger Beendigung ihrer Dienstzeit als Kriminalkommissarin in Deutschland, ihren lang gehegten Lebenstraum in der malerischen Kulisse Irlands mit der Gründung der Laochra Destillerie verwirklicht. Dieser erfüllende Moment scheint wie eine wohltuende Fügung des Universums, besonders aus Sarahs sehr subjektiver Sicht. Im Kontrast dazu würden eher objektive Beobachter einen Blick auf die beteiligten Geheimdienste werfen – insbesondere auch auf die Dienststelle ihres Bruders Paul –, die großzügig darüber hinwegsahen, welche Rolle Sarah in der Auseinandersetzung mit der mafiösen Oligarchenfamilie Kraknikow spielte – vor allem in ihren Absprachen mit Sergej, dem jüngsten Spross dieser kriminellen Dynastie.

In diesem komplexen Geflecht von Verwicklungen und Intrigen entschied sich Sarah schließlich dazu, das Zwangsteam, in dem sie mit der Zollbeamtin Richenza-Ottilie Schmitzlein-Ithana agierte, hinter sich zu lassen. Fortan widmeten sich Schmitzlein-Ithana und ihr aus der Psychiatrie entlassener Kollege Arian Wichter weiter der Verbrechensbekämpfung, mit Schwerpunkt auf der organisierten Kriminalität. Wichter, der zuvor mit Karl Sturm, dem ehemaligen Reporter und Verschwörungstheoretiker, im Untergrund in der heimatlichen Provinz Münzstadt nach dem Heiligen Gral und der Bundeslade suchte, geriet dabei immer wieder in Konflikte mit anderen Akteuren im endlosen Kampf gegen das organisierte Verbrechen – insbesondere mit Sarahs Bruder Paul, der alles daransetzte, die beiden Männer aus dem Verkehr zu ziehen.

Arian zeigte Einsicht und fand zurück in seinen Dienst, während Karl Sturm in eine geschlossene Anstalt verbracht wurde, um sicherzustellen, dass er fortan niemandem mehr in die Quere kommen kann – zumindest in der Theorie.

Kapitel 1

»Lasse davon ab, es ist des Teufels!« Zollamtfrau Richenza-Ottilie Schmitzlein-Ithana versucht, ihrem Kollegen Arian Wichter eine Flasche Whiskey zu entreißen.

Er stolpert einige Schritte zurück. »Weiche von mir, Weib. Kümmere dich um Herd, Kinder, Küche und die Wäsche. Das hier«, Arian hält krampfhaft seine Flasche in die Höhe, »ist die Sache des Herrn im Hause. Nichts, was irgendein Weib etwas anzugehen hat.«

Schmitzlein-Ithana wirft sich schwerfällig auf die Knie. »Liebster Freund, denke doch an die Familie, die Zukunft, dein Seelenheil!«

»Ähm«, stottert Arian. »Ja, ähm, Weib …«

Schmitzlein-Ithana erhebt sich mühsam. »Das darf doch nicht wahr sein! Arian, du hast schon wieder deinen Text vergessen. Wie sollen wir so die Jugend vor den Gefahren des Teufels Alkohol warnen?«

Arian stellt die Requisiten ab. »Mit so einem altertümlichen Text holt man heutzutage niemanden mehr hinter dem Ofen hervor, erst recht keine Jugendlichen. Auslachen werden die uns, sonst nichts.«

»Wenn du alles besser weißt, dann schreib du doch den Text für unser Aufklärungsstück.«

Arian dreht ihr den Rücken zu. »Pah, so weit kommt es noch, dass ich für einen Verein von Antialkoholikern Bühnentexte schreibe. Nachher sorge ich noch dafür, dass es nichts Vernünftiges mehr zu trinken gibt in der Welt.«

»Du überschätzt deine Schreibkünste maßlos, allein wegen dir wird niemand in Deutschland oder sonst wo die Prohibition einführen.« Schmitzlein-Ithana lacht schallend. »Manchmal denke ich, du hättest doch noch etwas in der Landesklinik bleiben sollen …«

»Von deinen trockenen Mitstreitern will ja anscheinend keiner bei dem Unfug hier mitmachen.« Wichter stürzt von der Bühne des Gemeindesaals. »Dafür bin ich gut genug, und niemand redet von der Klinik. Doch wenn der Dame etwas gegen den Strich geht, dann bin ich wieder der Irre, der Verrückte.«

Er setzt sich auf eine Bank im Auditorium. »Mach doch deinen Scheiß hier allein. Wenn du alle Rollen selber spielst, bist du sicher zufrieden mit dem Stück und der Inszenierung.« Er verschränkt die Arme und starrt auf die Bühne. »Na, dann lass doch mal sehen.«

Schmitzlein-Ithana vergräbt die Hände tief in die Taschen ihres regenbogenfarbenen Overalls. »Ich mache hier ganz bestimmt nicht die Witzfigur für einen schauspielerisch unbegabten Querulanten.«

Wichter springt auf und schreit: »Querulant? Ich? – Wer ist denn gegen alles und jeden? Wem kann man denn nie etwas recht machen? Wer weiß denn immer alles besser?«

Lächelnd schaut sie auf ihn herab. »Wenn man es besser weiß und im Recht ist, ist das kein Querulantentum. Freu dich lieber und sei glücklich, dass du von meinem Wissen und meinen Erfahrungen profitieren kannst.«

Er gähnt, schaut mit gelangweiltem Gesicht auf sein Smartphone – und schreckt hoch. »Shit! Wir haben den Termin mit dem neuen Informanten verpasst, wir müssten schon seit einer Viertelstunde im Büro sein.« Er schaut nervös um sich und hastet zu seinem Rucksack.

Schmitzlein-Ithana schüttelt den Kopf. »Jetzt musst du hier auch kein Drama mehr aufführen, jedenfalls nicht so ein Laienspiel.«

»Aber wir haben doch … wir müssen doch … es ist doch wichtig …«

Sie schaut ihn mitleidig an. »Sogar im Job versagt er beim Text. – Aber alles kein Problem, ruf Lucas an, er soll übernehmen.«

Wichter drückt hektisch auf seinem Smartphone herum. »Hallo, Lucas! Arian hier, du musst … Was? Was für eine blöde Frage, natürlich lebe ich. – Ja sicher, die auch noch. Ist irgendwas mit dir? Was ist denn da für ein Lärm bei dir? – Wieso denn das? Explosion? Wo? – Nein!«

Wichter lässt sich kreidebleich auf einen Stuhl fallen. Die beleibte Frau müht sich von der Bühne herunter und eilt zu ihm. »Hatte Lucas einen Unfall? – Sag doch was!«

»Wir … kommen … gleich … vorbei«, stottert er in das Smartphone, legt es weg und schließt die Augen.

Sie schüttelt ihn. »Arian, rede! Sag mir doch endlich, was los ist!«

Er atmet tief, öffnet die Lider und schaut sie an. »Ein Anschlag!«

»Auf wen?«

»Auf uns …«, murmelt er.

»Auf uns?« Schmitzlein-Ithana schaut ihn fragend an. »Wie meinst du das?«

»Auf unser Büro im Polizeipräsidium, es wurde in die Luft gesprengt. Die ganze Etage brennt, anscheinend sind noch weitere Gebäudeteile betroffen.«

Sie lässt sich neben Wichter nieder. »Eine Falle, das mit dem neuen Informanten war eine abgekartete Sache. Ich habe es gleich gesagt: Der Kerl ist mir nicht geheuer. Wir hätten auf mein Bauchgefühl hören sollen!«

»Ja, ja, ja, ja. Du hast es wieder gewusst, als Einzige, und der dumme Rest der Menschheit hat nicht auf dich gehört«, nörgelt Wichter.

»Der Anschlag galt nicht nur uns, Arian, alle beschlagnahmten Unterlagen und Datenträger von diesem windigen Unternehmen waren in unserem Büro.« Schmitzlein-Ithana wischt sich den Schweiß von der Stirn.

»Dann haben wir dort in ein Wespennest gestochen, Richenza, die wollten alles vernichten, die Beweise – und uns gleich mit.« Er atmet schwer und tief.

Schmitzlein-Ithana starrt grübelnd zur Decke. »Wir sollten jetzt nicht direkt ins Amt fahren, die Attentäter könnten noch in der Nähe sein. Lass uns fürs Erste einen sicheren Ort suchen, und dann sehen wir weiter.«

Kapitel 2

Ein lebhafter, kräftiger und beständiger Wind vom Atlantik weht über die karge Karstlandschaft des Hochplateaus an der Steilküste und durch die langen roten Locken von Sarah Molony. Sie füllt ihr Whiskeyglas großzügig auf und stellt die Flasche zurück in den Picknickkorb. Sarah schaut über die weite Ebene und genießt das Schattenspiel der eilig vorbeiziehenden Wolken, die immer wieder ein wenig Abkühlung von den Strahlen der gleißenden Sonne bringen.

Geübt begutachtet sie die Reinheit der Whiskeyfarbe. Sie schwenkt das Glas und betrachtet die Schlieren, mit denen das Destillat wieder zum Boden des Tumblers hinunterstrebt. Behutsam schnuppert sie am Glas, sanft lässt sie den Whiskey auf die Zunge laufen und die Aromen im gesamten Mundraum wirken. Sie verharrt einige Momente fast regungslos, um dann einen kräftigen Schluck des edlen Brandes zu nehmen, den sie eine angemessene Zeit nachwirken lässt. Von einem Sodabrot schneidet sie zwei dicke Scheiben ab und belegt sie mit Cheddar-Käse, ein Guinness rundet die Mahlzeit ab. So gesättigt legt sie sich lang gestreckt auf die Picknickdecke, schließt die Augen und dämmert sichtlich zufrieden in das Reich der Träume.

Ein lauter und lauter werdendes Surren reißt Sarah aus dem Schlaf. Sie schlägt die Augen auf und entdeckt eine Drohne, die über ihr kreist. Schnell ist sie auf den Beinen, zieht ihre Pistole aus dem Korb, sondiert die Umgebung. Sie marschiert auf einen dunklen Wagen zu, der einige hundert Meter entfernt steht. Die Drohne kreist langsam und dicht über ihrem Kopf, ein gezielter Schuss lässt das Fluggerät in seine Einzelteile zerfallen und abstürzen. Zwei schwarz gekleidete Männer springen in das Auto und jagen davon.

Sarah zieht ihr Smartphone aus der Jackentasche und klickt einen Kontakt an. »Paul, hier treiben sich irgendwelche Kerle herum, die mich anscheinend mit einer Drohne ausspionieren wollten. Gehören diese Leute zu dir? – Nein? – Was? – Oh Gott, nicht die schon wieder. – Okay, okay, ich pass auf mich auf.«

Sie drückt das Gespräch weg und schlendert mit gefurchtem Gesicht und gesenktem Kopf zurück zu ihrem Picknickplatz.

Kapitel 3

Paul parkt vor einem in die Jahre gekommenen, schlichten Bürogebäude im Gewerbegebiet. Ein Haustechniker schraubt gerade das unscheinbare Schild der »EVAHSS« ab, der »Europäischen Verwaltungs-Agentur zur Harmonisierung von Sicherheits-Strukturen«.

An der Eingangsschleuse autorisiert sich Paul mit einem elektronischen Schlüssel. Die Innentür passiert er nach einem Iris-Scan. Ein Security-Mitarbeiter empfängt Paul und führt ihn in ein offen stehendes Büro, in dem Etienne Fabre zwischen aufgetürmten Umzugskartons Akten sortiert.

»Hallo, Etienne.«

Fabre dreht sich überrascht um. »Paul, das wäre aber nicht nötig gewesen, dass Sie den letzten Tag der Agentur mit mir verbringen. Sie haben doch sicherlich woanders Wichtigeres zu tun.« Er lacht freundlich. »Trotzdem schön, Sie zu sehen, mein Lieber. Leider kann ich Ihnen keinen Kaffee anbieten, alles bereits verpackt.« Fabre deutet auf die Sitzecke und geht vor. »Aber einen Platz für einen Plausch gibt es wenigstens noch.«

Paul setzt sich zu ihm. »Nach einem Plausch ist mir heute nicht.« Er lässt den Kopf sinken. »Meine Schwester Sarah hat sich gemeldet, sie wird beobachtet oder besser gesagt überwacht. Da die Kraknikows wieder aktiv sind, vermute ich mal, das kommt aus dieser Ecke.«

Fabre lächelt gequält. »Die politischen Freunde unserer Gegner haben mal wieder Oberwasser und lassen es sich nicht nehmen, kräftig in das europäische Räderwerk einzugreifen. Wir firmieren um, wie schon so oft, und in ein paar Tagen oder Wochen sind wir in alter Kraft und Stärke zurück. Also, Kopf hoch.«

Er schlägt Paul freundschaftlich auf die Schulter. Der entgegnet erregt: »Wir müssen sie sofort schützen, ein paar Tage oder gar Wochen dürfen wir in diesem Fall nicht ungenutzt verstreichen lassen.«

»Wir haben keine eigenen Kräfte, wie Sie ja wissen.« Fabre hebt entschuldigend die Arme. »Leider ist da im Moment nichts zu machen, jedenfalls von unserer Seite nicht. Da müssen wir uns auf die Erfahrung der ehemaligen Kriminalbeamtin und auch auf die örtlichen Behörden verlassen und das Beste hoffen …«

»Auf irische Dorfpolizisten verlassen?«, stöhnt Paul. »Das ist nicht die Liga, in der wir spielen, genauso wenig wie unsere Gegner.«

»Diese Polizisten kennen die Gegend bestens und sicher auch alle, die dort wohnen und arbeiten. Fremde fallen schnell auf, ein paar Tage lang muss das als Sicherheit für Ihre Schwester genügen. Und vergessen Sie nicht unsere Kontakte, in Irland gibt es nicht nur Dorfpolizisten. An der einen oder anderen Stelle können wir schon noch intervenieren. Wir haben denen auch oft und unbürokratisch geholfen.«

Paul verzieht das Gesicht und atmet tief. »Und was ist mit den Leuten, die im Moment für mich im Einsatz sind?«

»Die Mittel für unser neues Institut sind zwar theoretisch freigegeben, wir müssen aber noch einige Formalitäten erledigen und diverse Legitimationen abwarten, bis die Anweisung ausgeführt wird. Das dauert noch etwas. Diese Art von Menschen, die wir in der Regel beschäftigen, arbeitet gegen Bares, was grundsätzlich kein Nachteil ist, aber im Moment, unter den gegebenen Umständen halt schwierig.«

Paul erhebt sich langsam. »Etienne, spricht etwas dagegen, wenn ich für ein paar Tage nach Irland fliege?«

»Das ist eine gute Idee, lieber Paul. Kümmern Sie sich um die Familie und natürlich auch um die Kraknikows – wenn es sich nicht verhindern lässt.«

»Wieso können die hier wieder so aktiv sein? Die geltenden Sanktionen sind doch dafür gedacht, gerade solche Figuren aus dem Spiel zu nehmen.«

Fabre steht auf und macht einige Schritte durch den Raum. »Nun, Michail Kraknikow hat sich seiner Wurzeln erinnert und ist nun Staatsbürger der Mongolei. Damit müssen wir erst mal leben, wir stehen aber schon mit den dortigen Kollegen in Kontakt.« Er ergreift Pauls Hand und schüttelt sie kräftig.

»Machen Sie es gut, mein Lieber, und viel Erfolg. Ich werde versuchen, Sie mit allem, was mir und uns möglich ist, zu unterstützen!«

»Danke, Etienne! Ich melde mich, wenn ich vor Ort bin.«

Kapitel 4

Das Schiff verringert seine Fahrt merklich und gleitet fast lautlos in den Hafen, die Besatzung bereitet sich aufs Anlegen vor. Auch die Passagiere machen sich bereit und warten darauf, zu ihren Fahrzeugen gelassen zu werden.

Als das Schaukeln in ein sanftes Wiegen übergeht und nach kurzer Zeit der Motor des Lasters angelassen wird, schiebt Karl Sturm vorsichtig das Kabel seiner Endoskopkamera unter der Lkw-Plane hindurch und sieht, wie der Wagen langsam die Fähre verlässt. Mit seinem Kampfmesser trennt er behutsam die Plane auf, packt seinen Rucksack, springt an der nächsten roten Ampel ab und sprintet in den nahe gelegenen Park. Hinter Sträuchern verborgen zieht er seinen Laptop aus dem Rucksack und lässt sich seinen Standort auf einer digitalen Karte anzeigen. Er durchstöbert einige Dateien und gibt eine Adresse in den Routenplaner ein. »Ein sehr langer Weg«, murmelt er. Das Programm listet die verschiedenen Routen auf, im Pkw und mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Sturm studiert seine Reisemöglichkeiten und entscheidet sich. Dann packt er seinen Esbit-Kocher aus, wärmt eine Dose Ravioli auf und verschlingt sie gierig. Er lehnt sich gegen einen Baum, holt einen Flachmann aus einer der vielen Taschen seiner Kampfhose und gönnt sich einen kräftigen Schluck. Langsam fallen ihm die Augenlider zu, er dämmert weg.

Dicke Regentropfen lassen Sturm erwachen. Hastig kramt er seinen Poncho hervor und zieht ihn über. Seine Ausrüstung packt er eiligst in den Rucksack und marschiert gemächlich los. Die Kapuze seines Hoodies tief in das Gesicht gezogen, erkundet er vorsichtig die Stadt. Er vermeidet die Haupt- und Einkaufsstraßen, macht um öffentliche Gebäude und Einrichtungen einen Bogen und versucht jeder Kameraüberwachung aus dem Weg zu gehen. An einer einsamen, abgelegenen Tankstelle bemerkt er, wie jemand sein Fahrrad abstellt und in den Shop hastet. Sturm späht die Überwachungskameras aus, zieht sich die Kapuze noch tiefer in das Gesicht und spurtet zum Rad. Ohne zu zögern, springt er auf, radelt los und verschwindet im dichten Dunst der Regenschauer.

Kapitel 5

Die beiden Männer drängen durch die Horden von Touristen und finden in einer hinteren Ecke des Pubs noch einen kleinen Tisch. Irische Musiker übertönen das babylonische Stimmengewirr – sie ziehen fast alle Aufmerksamkeit auf sich. Nur die zwei neu angekommenen Herren zeigen kein Interesse an Irish Folk.

»Michail …«

»Nicht diesen Namen, Keavan, nenn mich Jagun Ganzorig. Ich … wir alle müssen im Moment noch etwas vorsichtiger agieren.« Michail Kraknikow gibt der Bedienung ein Zeichen.

»Selbstverständlich Mich…, ähm, Jagun«, stottert Keavan.

Kraknikow sieht sich um. »Auffälliger ging es wohl nicht …«

Keavan lächelt. »Im Temple-Bar-Viertel in Dublin sind so viele Fremde und Touristen unterwegs, da fällt man nicht auf.«

Michail Kraknikow bestellt Bier, dazu Wodka und wendet sich wieder seinem Gegenüber zu. »Nun gut, Keavan, reden wir vom Geschäft. Was macht diese Molony?«

»Wie angewiesen wurde sie überwacht. Sie arbeitet fast die ganze Zeit in der Destillerie, oft bis spät in die Nacht. Sie ist auch schon mal in der näheren Umgebung unterwegs, zu Fuß oder mit dem Wagen.« Er hebt entschuldigend die Arme. »Sonst gibt es nichts. – Mitarbeiter hat sie nicht viele, wir können sie beseitigen, ganz einfach …«

Kraknikow packt ihn am Hemdkragen und zieht ihn dicht zu sich. »Nicht schon wieder! Ihr tut nur das, was ich beauftrage, keinerlei Eigenmächtigkeiten. So etwas dulde ich auf keinen Fall.« Als die Kellnerin kommt und die Getränke abstellen will, lässt er von ihm ab.

Keavan richtet seine Kleidung. »Mein Mann in Münzstadt war ein wenig übermotiviert und hat etwas zu groß gedacht.«

»Übermotiviert?« Michail Kraknikow stürzt den Wodka hinunter. »Eine Behörde in die Luft zu sprengen, ist einfach dumm. Damit wird nicht nur der gesamte Sicherheitsapparat aufgeschreckt, sondern auch die Öffentlichkeit, und das weltweit. Alles, was wir überhaupt nicht gebrauchen können. – Wenn die beiden Zolldeppen wenigstens tot wären, aber nicht einmal das …«

Keavan nippt kurz an seinem Bier. »Wie gesagt, der Mann wollte zeigen, was er kann, und da sind ihm die Pferde durchgegangen. Ich werde mir den Kerl vorknöpfen, damit so etwas nie wieder vorkommt. Darauf können Sie sich verlassen.«

Kraknikow lacht auf. »Das wurde schon erledigt, jetzt wird er bestimmt keine Fehler mehr machen. Nie mehr.« Er starrt sein Gegenüber grinsend an.

»Soll das heißen, Sie haben … er ist …«

»Das heißt, Versager, Wichtigtuer und Profilneurotiker werden eliminiert. Denk daran, wenn du für mich im Einsatz bist.«

»Sicher, sicher, Micha… – Jagun. Alles wird bis ins Kleinste so ausführt wie gewünscht.«

»Gut, Keavan, wir werden sehen. Passt weiter auf, was diese Molony so treibt. Unauffällig, möchte ich noch einmal betonen. Wenn irgendetwas passiert, meldet ihr euch umgehend, keine Eigeninitiativen. Kann ich mich darauf verlassen?«

»Natürlich, Jagun.«

»Es kann durchaus sein, dass sich Geheimdienste oder Sonderkommandos einfinden. Mit denen ist nicht gut Kirschen essen, wir müssen verdammt vorsichtig sein.« Michail Kraknikow rafft sich langsam hoch. »Kümmere dich noch um die Rechnung hier, ich muss wieder zum Flughafen.«

Am Nachbartisch legt Karl Sturm seine Zeitung nieder. »Wie immer bin ich auf der richtigen Spur«, murmelt er. »Und wieder sind es dieselben alten Feinde. – Das Spiel geht also weiter.«

Kapitel 6

»Jetzt hör doch mal auf, hier so herumzuhampeln, Arian. Das macht einen ja ganz kirre.« Schmitzlein-Ithana zieht ihre Schlafmaske hoch. »Die Fahrt ist anstrengend genug, da würde ich gerne relativ ausgeschlafen ankommen.« Sie richtet ihr Nackenhörnchen penibel aus.

Wichter streckt sich gequält. »Das würde ich auch gerne, wenn ich etwas mehr Platz hätte.«

»Die Sitze hier im Bus sind alle gleich, gleich viel Platz für jeden.«

»Die Menschen sind aber nicht alle gleich«, stöhnt Wichter.

Schmitzlein-Ithana stutzt. »Was hat das mit den Sitzen zu tun?«

»Es ist schon ein Unterschied, ob ein normaler Mensch den vorgesehenen Raum nutzt.« Er zögert einen Moment. »Oder ob jemand in die Nutzfläche von dem anderen hineinquillt.«

Ihr Gesicht verzieht sich. »Und in welche deiner Kategorien gehöre ich?«

»Nun ja.« Wichter betrachtet Schmitzlein-Ithana einen Moment. »Die allgemein geltenden Normmaße für Reisebusse sind das jedenfalls nicht.«

»Norm«, ätzt sie. »Menschen sind nicht genormt, Menschen sind individuell. Wenn das hier nicht passt, liegt es am Bus, nicht an mir.«

Wichter räkelt sich. »Mit dem Flugzeug wären wir schon längst in Irland. Das ist doch eine Wahnsinnsidee, mit dem Bus quer durch Europa zu gondeln.« Er versucht vergeblich, eine angenehme Sitzposition zu finden. »Und ich soll verrückt sein …«

»Das hier ist sicherer, Arian. Wer ein Bürogebäude in die Luft sprengt, der macht auch vor einem Flugzeug nicht halt.«

»Aha, aber vor einem Bus!?«, erwidert Wichter spitz.

»Im Bus reist man inkognito, Fluglisten sind personalisiert und überwachbar«, erklärt Schmitzlein-Ithana. »Ich rette dir hier nur das Leben, alter Nörgelfritze. Ein kleines Danke wäre eventuell mal angebracht.«

»Noch sind wir nicht da, wir haben noch nicht mal Deutschland verlassen. Aber danke, dass du mich noch nicht ganz zerquetscht hast. Vielen Dank dafür.« Wichter schaut aus dem Fenster und mäkelt weiter: »Bus fahren, als wären wir in den Siebzigern. – Macht doch heute keiner mehr. – Verrückte Alte!«

»Es reicht, Arian, ich habe mir das Gemaule jetzt lang genug angehört. Das ist keine Vergnügungstour und auch keine Genussreise, es ist also an der Zeit für dich, endlich die Klappe zu halten. Zumindest wenn du die Chance wahren willst, gesund und in einem Stück anzukommen. Und vor allem, tu nicht so, als hättest du irgendeine Ahnung von den Siebzigern. Da warst du noch lange nicht da, und gedacht hat an dich damals auch noch niemand.«

Wichter schaut weiter die Landschaft an. »Dann hätte ich ja gleich zu Hause bleiben können, da hätte ich es die letzten Stunden wenigstens bequem gehabt. Vielleicht geben diese kriminellen Attentäter sich ja mit dir zufrieden, und ich kann friedlich und anständig weiterleben.«

Schmitzlein-Ithana zieht die Schlafmaske wieder über die Augen. »In acht Stunden sind wir in Paris, bis dahin will ich keinen Mucks mehr von dir hören.«

»Acht Stunden, für weniger als die Hälfte der Strecke. Wenn hier jemand irre ist, dann die«, murmelt Wichter.

Kapitel 7

Sarah hält mit ihrem alten Volvo-Kombi vor der kleinen Polizeistation in Ballygrange, holt einen großen Karton aus dem Wagen und marschiert in das Gebäude.

»Hallo, Barry.«

Der Polizist schaut erstaunt auf die bepackte Frau. »Hallo, Sarah, bringst du uns ein paar Flaschen von deiner Laochra Destillerie?«

»Pah! – Das könnte euch so passen.«

»Hättest dich nur kurz melden müssen, wir wären sofort gekommen, um den Whiskey abzuholen.« Der Polizist lacht. »Sogar mit Blaulicht.«

»Glaub ich gerne, Jungs, aber ich habe hier eine andere Art von Lieferung, Arbeit für euch.« Sie stellt den Karton ab und öffnet ihn.

Barry schaut verdutzt auf die sehr in Mitleidenschaft gezogenen Drohnenteile. »Was hast du denn damit angestellt?«

»Das ist hier nicht die Frage, mein Lieber. Sondern: Was wollte das Ding von mir?«

Der Polizist schaut sich die Teile an. »Da ist keine Identifikationsnummer drauf.«

»Man kann halt nicht alles im Leben haben, Barry.«

»Auf einer Drohne muss aber eine Identifikationsnummer sein. Hast du einen Führerschein für das Ding?«

»Ich?« Sie stutzt. »Nein!«

»Dafür braucht man aber einen Führerschein, du kannst das Teil nicht einfach so fliegen lassen.«

»Ich fliege das Ding nicht«, presst Sarah heraus.

Barry legt die Einzelteile des Fluggeräts wieder in den Karton. »Wenn du das Teil fliegen lassen willst, brauchst du dafür einen Führerschein, und die Drohne braucht grundsätzlich eine Identifikationsnummer.«

»Glaubst du wirklich, ich würde das Ding hierherbringen, wenn es mir gehören würde?«

»Wenn du wüsstest, Sarah, was hier tagaus tagein alles passiert und was für Leute mit irgendwelchen wirren Sachen hier aufschlagen.«

Sie schaut sich um, sieht die schäbige, verstaubte Einrichtung, die Spinnweben. »Kann es sein, dass du unter Halluzinationen leidest? Das Einzige, was hier hereinkommt, sind Spinnen und Fliegen.«

Barry verzieht das Gesicht und richtet sich auf. »Selbst wenn, für die Drohne brauchst du trotzdem einen Führerschein. – Und natürlich eine Identifikationsnummer.«

»Also, mein Lieber, das Ding gehört mir nicht und ich benutze es auch nicht.«

»Was machst du dann damit?«, fragt der Polizist erstaunt.

Sarah seufzt. »Noch mal.« Sie zeigt auf den Karton. »Das da, nicht mir. Capice?«

Barry schaut sie verstört an. »Capice?«

»Die Drohne gehört mir nicht, hast du das verstanden?«

»Ja, ich bin ja nicht blöd.«

Sarah reibt sich die Schläfen. »Gut, das lassen wir mal so stehen. – Mich hat jemand mit dem Teil beobachtet und ich möchte, dass die Polizei sich der Sache annimmt, die Leute ausfindig macht und der gerechten Strafe zuführt.«