Katharinas besondere Seelenreise - Jens de Jonge - E-Book

Katharinas besondere Seelenreise E-Book

Jens de Jonge

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Beschreibung

Katharina litt seit ihrer Geburt an einem seltenen Gendefekt. Unser Leben war geprägt von vielen Herausforderungen, die unsere Familie manchmal auf eine harte Probe stellten. Wir meisterten gemeinsam Höhen und Tiefen. Nach kurzer Krankheit verstarb Katharina am 23.04.2023, leider viel zu früh, an einer Blutvergiftung. In tiefer Dankbarkeit erinnert dieses Buch an unsere geliebte Tochter und erzählt unsere Geschichte. Schmerz, Kummer und Hoffnung sowie bedingungslose Liebe begleiteten Katharina und uns in elf wundervollen Jahren. Wie fühlte Katharina, was ging möglicherweise in ihr vor und welche Rolle spielten Glaube und Spiritualität auf unserem Weg?

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Schwangerschaft und Geburt

Kleines wunderschönes Mädchen

Ein Tag stellt alles auf den Kopf

Unsere ersten gemeinsamen Jahre

Burnout und eine neue Aufgabe

Jonathan war immer für mich da

Kindergarten und Epilepsie

Jonathan weiß immer Rat

Ein neuer Lebensabschnitt in neuer Umgebung

Jonathan begleitet mich überall hin

Eine Katastrophe nach der anderen

Jonathan und sein grenzenloses Wissen

Hurra, hurra die Schule beginnt

Tschüss Orfiril

Jonathan mir geht’s nicht gut

Und dann kam Corona

Jonathans Hilfe in schweren Zeiten

Schlechter geht es wohl kaum

Ich hoffe es wird mal irgendwann besser, Jonathan

Eine neue Diagnose stellt vieles auf den Kopf

Das Ende oder noch ein Anfang

Wohin der Weg uns auch führt

Gewichtszunahme und kleine Schwierigkeiten

Geburtstag, Weihnachten und Jonathan

Corona hält Einzug

Jonathan, Corona ist nicht schön

Gemeinsame Monate des Glücks

Der Albtraum begann

Jonathan, da passiert etwas mit mir

Die schlimmste Zeit unseres Lebens

Jonathan zeigt mir seine Welt

Tage und Wochen der Verzweiflung

Eine enorme Welle der Anteilnahme

Der langsame Weg zur letzten Reise

Der Weg wird zu steil

Kathi, ich hole dich nachhause

Die Zeit steht still

Der letzte Abschied

Unser schwerster Gang

Mama und Papa spüren mich auf andere Weise

Text zur Trauerfeier

Vorwort

Katharina war unsere kleine Tochter, die seit Ihrer Geburt an einem sehr seltenen Gendefekt litt. In einem Buch aus dem Jahre 2013, das die ersten zwei Jahre Ihres Lebens erzählt, versuchte ich, das Leben mit Ihren Augen zu sehen.

Katharina verstarb leider am 23.04.2023 an einer Blutvergiftung im Alter von nur 11 Jahren. Dieses Buch ist ihr gewidmet.

Heute möchte ich von den Jahren mit Katharina erzählen und was wir alles erleben durften. Wir sind sehr glücklich, diese gemeinsamen Jahre mit Katharina verbracht zu haben. Katharina hat uns sehr verändert und dafür sind wir ihr für alle Zeit dankbar.

Viel zu früh ist Katharina von uns gegangen und hat doch viele Herzen berührt. Es war nicht immer leicht und es gab so manchen Kampf, den wir gemeinsam und für Kathi ausgetragen haben. Wir sind stolz und dankbar, dass wir Katharina auf Ihrer Reise durch das Leben auf der Erde begleiten durften und ihre Eltern sein konnten.

In diesem Buch erzählen wir unsere Geschichte und führen auch in Teilen die Sichtweise von Katharina aus dem ersten Buch, in dem sie von ihrem Engel Jonathan begleitet wurde, weiter.

Im Andenken an Katharina Aurelia Penelope de Jonge

* 26.08.2011 +23.04.2023

Schwangerschaft und Geburt

Ein Mädchen, das war immer unser großer Traum. Nachdem wir bereits drei gesunde Jungs hatten, ist das ja auch nicht abwegig. Bei jeder Schwangerschaft dachten wir, dass es doch jetzt mal soweit sein könnte. Doch das Ultraschall zeigte immer wieder deutlich, dass es kein Mädchen war, was da im Bauch heranwuchs. Dies änderte sich an einem grauen Tag im Januar. Es war kalt draußen und ich war gerade im Hof, als Claudia das Fenster öffnete und mich mit einem erschrockenen Gesicht ansah. Sie überraschte mich mit der Botschaft, dass ein gerade durchgeführter Schwangerschaftstest positiv ausgefallen war. Im ersten Moment lief mir ein Schauer über den Rücken. Wie konnte das denn passieren? Unsere Familienplanung war eigentlich bereits abgeschlossen. Die Jungs waren mittlerweile in einem Alter, dass man mit Schulanfang und Kindergarten mal wieder Zeit für sich gehabt hätte. Im Job lief es bei mir auch gerade ganz gut und Claudia hatte auch erst vor ein paar Monaten wieder angefangen zu arbeiten. Wir wohnten in einem Haus zur Miete, das für uns genau die richtige Größe hatte und für Nachwuchs waren wir da so gar nicht eingerichtet. Der anfängliche Schreck verflog und ich schaute Claudia durch das geöffnete Fenster an. Sie stand vor mir und ihr Gesichtsausdruck verriet, dass sie wohl auf eine Reaktion von mir wartete. Ich haderte mit mir, weil mein Verstand etwas dachte, was mein Herz nicht so spürte. Wie hätte sie wohl reagiert, wenn ich ihr gesagt hätte, dass wir doch kein Kind mehr wollten und unser Leben gerade begann, sich neu zu orientieren. Aber das war es ja auch gar nicht das, was ich fühlte. Tief in mir drin wusste ich, dass wir dieses kleine ungeborene Leben doch beide wollten. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und sagte ihr, dass wir das schon schaffen werden. Wenn Gott uns ein weiteres Mitglied unserer Familie schenkte, dann sollten wir dieses Geschenk dankbar annehmen. Innerlich war da aber trotzdem immer diese Frage, wie das überhaupt geschehen konnte? Nun ja, man weiß natürlich, wie so etwas biologisch geht, aber dies war in den letzten Monaten eher die Ausnahme. Manchmal scherzten wir und sprachen von der unbefleckten Empfängnis. Doch alles Grübeln brachte uns jetzt nicht voran. Wir mussten und wollten uns der neuen Situation stellen.

Claudia war in der Pflege tätig und musste direkt aufhören, zu arbeiten. Zu groß war das Risiko, dass dem ungeborenen Baby etwas passieren könnte. Jetzt galt es also, die Familie wieder als Alleinverdiener zu versorgen. Ich kniete mich noch mehr in die Arbeit und war dafür aber noch weniger zuhause als vorher ohnehin schon. Zu alldem kam, dass die Spannungen zwischen Claudia und mir stärker wurden. Streit war schon fast an der Tagesordnung. Meine Kinder sah ich an manchen Tagen überhaupt nicht. Morgens ging ich früh aus dem Haus und kam abends spät zurück und habe meistens dann auch noch weitergearbeitet. Das war mein Tagesablauf. Ein Wunder, dass Claudia sich noch nicht getrennt hatte.

Die Schwangerschaft war nicht gerade das, was man sich als werdende Mama wünschen würde. Zugegeben, die Gewichtszunahme, die vielen Frauen in diesen neun Monaten ja immer wieder zu schaffen macht, war kein Thema. Man sah es Claudia eigentlich gar nicht richtig an, dass sie ein Kind in sich trug. Doch dann folgte die allerschönste Nachricht, mit der wir überhaupt nicht gerechnet hatten. Es wurde ein Mädchen. Es war unglaublich und überwältigend. Claudia wollte es gar nicht glauben und sie kaufte deshalb auch noch überhaupt keine Babysachen. Es wäre einfach zu schön gewesen, wenn es diesmal wahr sein sollte. Leider gab es nach den ersten fünf Monaten ernste Komplikationen. Sie bekam vorzeitige Wehen und damit war überhaupt nicht zu spaßen. Mit dieser Tatsache war plötzlich auch der gesamte Schwangerschaftsverlauf in eine klare Bahn gelenkt worden. Claudia musste viel liegen und dufte viele Dinge nun von heute auf morgen nicht mehr erledigen. Der Haushalt, das Einkaufen und die Versorgung der Jungs mussten neu organisiert werden. Ohne Hilfe durch einen Pflegedienst hätten wir das damals sicherlich nicht geschafft.

Eines nachts, es war etwa um zwei Uhr früh, wachte Claudia mit wahnsinnigem Herzrasen auf. Sie war verunsichert und hatte große Angst, woher das kam. Wir mussten den Notarzt rufen, weil es einfach nicht besser wurde. Mit dem Rettungswagen wurde sie umgehend in die Entbindungsklinik gefahren, aus der sie nur einige Tage zuvor mit den vorzeitigen Wehen behandelt und entlassen wurde. Zahlreiche Untersuchungen führten zu dem Ergebnis, dass ihr hoher Blutdruck und das Herzrasen unbedingt behandelt werden mussten. Nein, diese Schwangerschaft war alles andere als traumhaft. Ich kann nicht sagen, wie oft wir diese Gedanken hatten, ob es wirklich richtig war, die Schwangerschaft durchzuziehen und das Baby zu bekommen. Ja, es gab diese Gedanken, aber wir sprachen nie offen darüber. Die Tage, Wochen und Monate vergingen und außer Liegen und zur Toilette gehen, durfte Claudia nicht viel machen. Wenn ich auch beruflich bedingt nicht viel Zeit für Claudia hatte, begleitete ich sie so oft ich konnte zu den Untersuchungen beim Frauenarzt. Es war ein so ergreifendes Gefühl, den kleinen Herzschlag zu sehen und beim CTG auch zu hören. Ein unbeschreibliches Gefühl, das man kaum in Worte fassen konnte.

Wir mussten aber jetzt doch mal langsam Babysachen kaufen, denn wir hatten schon den achten Monat und noch nicht mal einen Kinderwagen. Wenn es wirklich ein Mädchen werden sollte, dann sollten natürlich auch die Sachen in rosa und pink sein. Die Gewissheit kam dann tatsächlich vom Frauenarzt und selbst ein Laie konnte es deutlich erkennen, dass es nun wirklich ein Mädchen war. Über den Namen hatten wir schon seit einiger Zeit nachgedacht. Wir hatten sowohl eine Auswahl für einen Jungen als auch für ein Mädchen. Wir entschieden uns nun, da wir ja wussten, dass wir unsere Tochter bald im Arm halten würden, für Katharina Aurelia Penelope. Unsere Kinder hatten bisher alle drei Vornamen und so sollte es auch bei Katharina sein. Wir wollten mit dieser Tradition nicht brechen.

Die Zeit verging rasend schnell und dann war er endlich da. Der große Tag, an dem unsere kleine Tochter das Licht der Welt erblickte.

Dieser ganz besondere Tag, auf den Katharina von ihrem Schutzengel Jonathan schon die ganze Zeit vorbereitet wurde. Jonathan war ihr Engel, der schon an ihrer Seite war, als sie noch ein kleiner Stern im Himmel war. Er erklärte ihr, dass sie etwas Besonderes sein würde, was aber zu diesem Zeitpunkt noch niemand in unserer Familie wusste. Nur Katharinas Seelenplan wusste, wie ihr Leben auf unserer Erde ablaufen würde. Wir erkannten erst viel später, welche Bedeutung dieser Gedanke an den Seelenplan für uns noch haben würde und wie überzeugt wir eines Tages davon sein würden.

Es war Freitag, der 26.08.2011 und wir machten uns schon früh auf den Weg in die Entbindungsklinik. Katharina sollte per Kaiserschnitt geboren werden, denn obwohl die letzte Geburt schon viele Jahre zurücklag, wollte der Frauenarzt kein Risiko eingehen. Erst recht nicht nach den letzten Monaten der Schwangerschaft.

Der Tag war warm und sonnig und wir waren schon schrecklich aufgeregt. Ich war ganz besonders aufgeregt, da ich bisher bei keiner Geburt meiner Kinder die ganze Zeit dabei war. Diesmal sollte es anders sein. Das schwor ich mir und komme was wolle, ich wollte nicht von Claudias Seite weichen.

In letzter Zeit sprachen wir viel über unsere wachsende Familie und entschieden uns, dass nun endgültig die Familienplanung komplett abgeschlossen sein sollte. Durch eine Sterilisation nach dem Kaiserschnitt sollte es unwiederbringlich keine erneute Schwangerschaft mehr geben.

Je weiter wir Richtung Krankenhaus fuhren und je näher wir dem Termin kamen, desto panischer wurde ich. Meine Gedanken waren kaum noch zu sortieren. Wie konnte Claudia da so entspannt sein? Im Krankenhaus selbst lief ich im Zimmer, in dem wir warteten, ständig auf und ab. Ich schaute alle paar Minuten auf die Uhr und wollte einfach nur endlich, dass es losging. Die Krankenschwester kam und holte uns ab. Claudia wurde schon früh für die Operation vorbereitet und war noch immer sehr entspannt. Es sah vielleicht auch nur so aus. Da war ich mir gar nicht so sicher. Der Weg in den Operationssaal war nun nicht weniger Nerven aufreibend als die Fahrt ins Krankenhaus am Morgen. Ich zählte Meter, nein Zentimeter, um nicht an den bevorstehenden Kaiserschnitt denken zu müssen. Wie würde es sich wohl anfühlen, wenn ich meine Tochter gleich im Arm halten würde? Ob ich es hinbekommen würde, die Nabelschnur durchzuschneiden? Gleich würde ich es wissen, denn das ließ ich mir nicht mehr nehmen.

Während ich mich umzog und in der Umkleidekabine wartete, wurde Claudia bereits nebenan für den Kaiserschnitt vorbereitet. Nach ein paar Minuten wurde ich abgeholt und durfte zu Claudia in den Operationssaal. Aufgeregt und kreidebleich nahm ich neben ihr auf einem kleinen Hocker Platz.

Nun saß ich da und konnte mich kaum noch bewegen vor Aufregung. Mein Blick biss sich auf Claudias Augen fest. Bloß nicht nach links und rechts schauen, dachte ich. Was würde jetzt wohl in dem kleinen Mädchen vorgehen, dass gleich zum ersten Mal das Licht dieser Welt erblicken sollte? Meine Gedanken konnte ich nicht zu Ende denken, als ich von einem Schrei wieder in die Realität zurückgeholt wurde. Da war sie, unsere kleine wunderschöne Tochter. Ein großer Schritt, oder besser gesagt Schnitt, stand noch aus. Ich wollte unbedingt die Nabelschnur durchtrennen. Dies war ein sehr bewegender Moment, den man wirklich erlebt haben sollte als werdender Papa. Claudia durfte Katharina auch kurz sehen, bevor sie zu einer ersten Untersuchung mitgenommen wurde. Es ging alles so schnell und wir konnten es noch gar nicht richtig begreifen, dass wir nun endlich unser kleines Mädchen hatten, das wir uns schon so lange wünschten. Unser Leben, unsere Familie und unsere Liebe schienen damit vollkommen und perfekt.

Ich genoss nun die Zeit, die ich alleine mit unserem Mädchen im Kreißsaal verbringen durfte, bis Claudia nach der Operation zu uns kam. Wir kuschelten und ich nahm dieses wundervolle Gefühl ganz tief in mir auf. Es war so ein vertrautes und liebevolles Gefühl. Kein anderes Gefühl konnte man damit vergleichen.

Sein eigenes Kind nach neun Monaten im Arm zu halten war nicht zu beschreiben. Bei allen meinen Kindern spürte ich diese Liebe und auch dieses Mal war es wieder phänomenal. Ich war total überwältigt. Claudia kam einige Zeit später aus dem Operationssaal und war sehr müde. Es ging ihr aber sonst gut und sie hatte alles gut überstanden. Ich legte Katharina in ihren Arm und man sah das unglaubliche Glücksgefühl in Claudias Augen. Die ersten Untersuchungen im Krankenhaus verliefen ohne Auffälligkeiten. Das Herz war gesund, die Entwicklung normal und auch Größe und Gewicht waren nicht zu beanstanden. Mit ihren 49 Zentimetern und 2.950 Gramm gehörte unsere kleine Katharina nicht zu den größten und schwersten Kindern, aber das war zweitrangig.

Ich nahm mir natürlich Urlaub und besuchte Claudia und Katharina mit den Jungs täglich im Krankenhaus. Wir wollten so oft es ging bei den beiden sein, denn auch ihre Brüder waren ganz vernarrt in ihre kleine Schwester. Auch wenn man es ja schon von den anderen Kindern kannte, war es trotzdem wieder ein wundervolles Gefühl, dieses neue kleine Wunder zu sehen und in den ersten Tagen im Leben zu begleiten.

Der Aufenthalt im Krankenhaus war insgesamt so, wie man es eben kannte mit einem Neugeborenen. Und so ging die Woche, bis Claudia mit Katharina entlassen wurde, ganz schnell vorüber. Wir konnte es alle gar nicht erwarten, die beiden endlich zuhause zu haben.

Kleines wunderschönes Mädchen

Der Empfang zuhause war sehr herzlich und unsere Söhne hatten zusammen ein Plakat gebastelt, um Katharina in unserem Haus willkommen zu heißen. Niemand ahnte zu diesem Zeitpunkt, dass uns noch ein ganz besonderes Leben mit Kathi bevorstehen sollte. Der Alltag schlich sich schnell ein und die Brüder gingen in den Kindergarten und die Schule. Claudia kümmerte sich um Katharina, während ich von morgens bis spät abends auf der Arbeit war. Familienleben sah so nun wirklich nicht aus und dennoch arrangierten wir uns irgendwie mit dieser Art von Zusammenleben. Das Haus, in dem wir damals zur Miete wohnten, wurde allmählich zu eng und die Vermieterin wollte zusätzlich die Miete in einem enormen Ausmaß erhöhen. Das ging so alles nicht weiter. Wir suchten und suchten, fanden aber kein geeignetes Haus für sechs Personen, das auch noch bezahlbar war. Für Claudia war der Tagesablauf genauso, wie man es sich für eine Mutter von vier Kindern vorstellte, die im Schul-, Kindergarten- und Säuglingsalter waren. Aufstehen, Kinder fertig machen, in den Kindergarten und zur Schule bringen, Baby versorgen, Haushalt machen, Essen kochen, Kinder abholen, Spielpatz oder zuhause spielen, Abendessen, Kinder versorgen und ins Bett bringen – der Tag war gelaufen. Und wo war ich? Ich war die meiste Zeit nicht da, denn ich musst arbeiten. Von früh bis spät war ich unterwegs, ohne dass ich von zuhause viel mitbekommen hatte.

Ich sah unsere Kinder, wenn überhaupt, nur abends kurz beim zu Bett gehen. Man könnte sagen, dass ich damals ein richtiger Workaholic war, der nur an seine Arbeit dachte. Kein schönes Leben für meine Familie. Aber das hatte ich zu dieser Zeit noch nicht erkannt. Niemals hätte ich daran gedacht, dass ich es mit der Arbeit übertreiben könnte. Es war für mich klar, dass ich so viel arbeiten musste, um die Familie versorgen zu können. Freizeit oder Urlaube kannte ich kaum. Und so bekam ich auch die Entwicklung meiner Kinder nicht so mit, wie ich es mir gewünscht hätte. Katharina wurde größer und entwickelte sich für mich in einem normalen Rahmen. Ich bemerkte überhaupt nicht, dass etwas mit ihr nicht stimmen könnte. Sie war zwar noch etwas zierlich und passte der Länge nach auf meinen Unterarm, aber das machte mir alles keine Sorgen.

Zu den regelmäßigen Untersuchungen beim Kinderarzt ging Claudia mit Katharina immer alleine. Jede einzelne Vorsorgeuntersuchung in den ersten Lebensmonaten war normal und unauffällig. Im Alter von drei Monaten sprach Claudia mich dann das erste Mal an und erzählte mir, dass der Kopfumfang von Katharina nicht wirklich gewachsen war innerhalb der letzten beiden Untersuchungen. Moment, dachte ich. Der Kopf soll nicht gewachsen sein. Das hatte ich ja gar nicht bemerkt. Und was sollte das nun bedeuten? Nicht nur die Kopfgröße machte ihr Sorgen, sondern die Kopfkontrolle war ebenfalls nicht so, wie man es von einem Baby in diesem Alter kannte. Und wir hatten ja nun wirklich bei drei Söhnen schon einen guten Vergleich, was Kinder in einem gewissen Alter können müssten und was nicht. Ich widersprach Claudia und meinte nur, dass das bei Katharina einfach ein bisschen anders wäre. Sie war ja auch ein Mädchen und da brauchte es vielleicht alles etwas länger. Möglicherweise war das bei Mädchen einfach so. Richtig zufrieden war Claudia mit meiner Reaktion natürlich nicht, aber sie glaubte mir wohl in diesem Augenblick, denn wir sprachen einige Zeit nicht mehr über dieses Thema. Wie schon die letzten Jahre gab es für mich nur meine Arbeit. Gespräche zwischen Claudia und mir waren zu einer absoluten Seltenheit geworden. Genau genommen lebten wir einfach nur nebeneinander her. Sie kannte das von mir überhaupt nicht anders., aber für mich war es absolute Normalität. Die Tage verstrichen und in den darauffolgenden Wochen gab es nicht viel Neues. Es plätscherte alles so vor sich hin. Aber Claudia bemerkte immer wieder, dass die Entwicklung von Katharina nicht normal verlief. Sie ging wiederholt zum Kinderarzt, da sie sich schon ernste Sorgen machte. Der damalige Kinderarzt schrieb bei einer Routineuntersuchung Mikrozephalie für einen zu kleinen Kopf in das Vorsorgeheft.

Unsere Gefühle waren ein reines Durcheinander, obwohl wir noch gar nicht begriffen, was dieser Eintrag für eine enorme Veränderung bedeuten sollte. Da war dieses wunderschöne Mädchen, auf das wir uns so gefreut hatten und dann diese Angst, Gedanken und Gefühle, die einen ständig durchfuhren. Ich konnte es nicht einordnen. Wir fühlten uns hilflos und wussten nicht, was noch kommen würde.

Wie schlimm musste das für Claudia gewesen sein? Ich bekam Vieles ja gar nicht mit. Immer, wenn Claudia mich darauf ansprach, antwortete ich nur, dass es halt ein bisschen länger dauerte bei Kathi. Diese Antwort gehörte zwischenzeitlich schon zu meinen Standardantworten, wenn es um Katharinas Entwicklung ging.

In dieser Situation gab es keine Frage, denn die Entwicklung, besonders die körperliche, sollte gefördert werden. Wir begannen mit Katharina Krankengymnastik zu machen. Bei der Art der Therapie wurde uns Vojta empfohlen. Das wäre für Kinder in diesem Alter bevorzugt angewendet, sagte man uns. Wir hatten keine Ahnung, was das hieß und mussten uns überraschen lassen. Es handelte sich um eine Form der Krankengymnastik für Kinder, bei der man die Kinder in Bauch-, Seiten- oder Rückenlage bringen musste und dabei Druck auf bestimmte Körperzonen ausüben musste.

Gerade bei kleinen Kindern ist diese Form der Krankengymnastik aber auch für die Eltern eine sehr anspruchsvolle Sache. Die Kinder mögen das überhaupt nicht und Katharina war da genauso. Sie schrie und fand das gar nicht toll. Aber es musste ja sein und so zogen wir die Behandlungen auch durch. Zweimal pro Woche waren wir bei einer Therapeutin in der Kinderklinik und täglich machten wir die Übungen zuhause. Die Ursache für das alles war aber noch lange nicht geklärt und unser Kinderarzt überwies uns an einen Radiologen, der herausfinden sollte, warum Katharinas Kopfumfang nicht gewachsen und warum Ihre Entwicklung verzögert war. Eine Untersuchung in einem MRT, bei der die Strukturen im Kopf detailliert dargestellt werden konnten, sollte Aufschluss darüber geben, wieso das alles so war bei Katharina.

Ich nahm mir Urlaub an diesem Tag, um mit Katharina zur Untersuchung gehen zu können. Meine Aufregung war enorm, aber ich versuchte mir für Katharina nichts anmerken zu lassen. Sie sollte nicht spüren, wie es mir ging. Ich nahm sie aus dem Kinderwagen und trug sie in den Untersuchungsraum, in dem bereits ein Anästhesist wartete. Diese Untersuchung konnte nur durchgeführt werden, wenn Katharina schlief, weil sie sich absolut nicht bewegen durfte. Sie wurde in einen tiefen Schlaf gelegt und ich verlies erst das Zimmer, als sie eingeschlafen war. Nun hieß es warten, warten und nochmal warten. Es kam mir vor, als hätte ich stundenlang dort gesessen und gewartet. Dabei waren es nur dreißig Minuten. Ich saß da und hoffte, dass man nichts finden würde. Gleichzeitig dachte ich aber auch, dass wir eine Erklärung haben würden, falls etwas gefunden wurde. Es war eine seltsame Situation, denn ich wusste nicht, was mir lieber gewesen wäre.

Die Untersuchung war beendet und das Arztgespräch sollte auch direkt im Anschluss folgen. Plötzlich waren wieder die Gedanken präsent, was ich nun lieber hätte hören wollen. Wäre es uns lieber gewesen, dass sie nichts gefunden hatten? Oder wollte ich, dass sie etwas gefunden hatten? Doch nun war es egal, denn da war sie nun, die Antwort, die wir doch lieber gar nicht hätten hören wollen. Der Radiologie erklärte uns die vor uns dargestellten Bilder auf einem großen Bildschirm. Er zeigte auf bestimmte Stellen auf den Bildern und beschrieb uns, dass ihr Kleinhirn deutlich zu klein und der Hirnstamm schmächtig war. Es handelte sich zweifelsohne also um eine Fehlentwicklung ihres Gehirns. Es war unfassbar und überhaupt nicht greifbar, was dies nun bedeuten würde. Das war es überhaupt nicht, was wir hören wollten. Und es war auch nichts, was es nun für uns Eltern leicht erschienen machte. Aber was sollten wir denn jetzt mit dieser neuen Information anfangen? Das mussten wir erst einmal sacken lassen und wir fuhren nachhause. Wir sprachen nicht miteinander. Jeder machte dies mit sich selbst aus. Für mich änderte sich jedoch erst einmal wenig. Ich ging weiter zur Arbeit und lenkte mich dadurch auch relativ gut ab. In einer Lebenssituation, in der wir uns gegenseitig gebraucht hätten, ließ ich Claudia im Stich. Es war für mich auch gleichzeitig eine Art Flucht. Eine Flucht vor der Wahrheit und eine Flucht vor dem, was uns möglicherweise in den nächsten Jahren noch bevorstehen würde. Diese Diagnose bedeutete eine Veränderung unseres bisherigen Lebens. Soweit konnte und wollte ich jedoch nicht denken.

Ein Anruf von Claudia auf meinem Handy brachte schließlich dann auch mich zum Umdenken. Sie weinte, wie ich sie in der Vergangenheit kaum hatte weinen hören. Bei einem erneuten Termin beim Kinderarzt sprach er sie darauf an, ob wir nicht für Katharina einen Schwerbehindertenausweis beantragen wollten. Das hätte viele Vorteile und wäre ja gar nicht so schlimm, wie es sich anhörte. Das musste für sie ein ganz großer Schock gewesen sein. Eine Behinderung bei unserem Mädchen?

Wie konnte das denn sein? Sie war doch vor ein paar Monaten noch ein gesundes kleines Mädchen, das wir im Arm hielten. Ich war zum Zeitpunkt des Anrufs noch auf der Arbeit und es war schon ein großer Zufall, dass Claudia mich direkt ans Telefon bekam. Meistens saß ich in irgendwelchen Besprechungen und oft ging auch nur die Mailbox ran, wenn Claudia angerufen hatte. Doch an diesem Tag erreichte sie mich direkt und ich hörte ihr Weinen und Schluchzen ganz deutlich. Sie sprach immer wieder von Behinderung und Entwicklungsverzögerung. Das waren Dinge, mit denen ich mich vorher noch nie beschäftigt hatte.

Was bedeutete das genau, was der Kinderarzt sagte? Wir konnten es an diesem Tag weder richtig fassen noch begreifen und es war für Claudia vermutlich viel schwerer damit umzugehen, als für mich in dieser Situation. Ich hatte es einfach nicht an mich herangelassen. Für mich waren das bisher nur Worte ohne Beweise. Ich wollte mich gar nicht damit auseinandersetzen, sondern machte einfach weiter, wie ich es bisher immer getan habe. Ich wollte einfach nicht daran denken. Ich hoffte, dass es alles nur eine Phase war. Wer konnte schon wissen, welche einschneidende Richtungsänderung in unserem Leben noch kommen sollte. Gleichzeitig mit der Empfehlung, des Kinderarztes, einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen, sollten wir uns und beim Sozialpädiatrischen Zentrum anmelden und uns um Hilfsmittel für Katharina kümmern. Schlussendlich überwies uns der Kinderarzt zusätzlich auch direkt an die Humangenetik in Heidelberg, um die Ursache für Katharinas mittlerweile offensichtliches Problem zu finden.

Es war keine Zeit mehr fürs Aufschieben. Nun ging es um neue Aufgaben und Herausforderungen. Doch Moment mal. Was passierte da gerade in unserem Leben? Krankengymnastik, Untersuchungen, und Hilfsmittel. Was war das für ein schlechter Film, der da gerade um uns herum ablief? So hatten wir das doch alles gar nicht geplant. Es sollte perfekt sein. Wir beide, mit unseren vier Kindern als große Familie und einem kleinen Häuschen. So stellten wir uns das vor. Alle sollten doch gesund sein. Warum passierte das jetzt alles? Hatten wir etwas falsch gemacht? War das nur ein böser Albtraum oder doch harte Realität?

Wir befanden uns wieder mitten in einem immer wiederkehrenden Gedankenkreis. Ausflüchte gab es nun keine mehr und wir mussten uns dem stellen, was vor uns lag. Wir vereinbarten einen Termin in der Humangenetik in Heidelberg und im Sozialpädiatrischen Zentrum. Unser süßes Mädchen war doch noch so klein und zierlich und dennoch sollten wir Hilfsmittel beantragen. Ein Therapiestuhl war sehr wichtig, dass sie besser sitzen konnte. Ein spezieller Reha-Buggy und ein Kindersitz für das Auto waren für den Transport von Katharina alternativlos. Es musste ein ganz spezieller Kindersitz sein, der den Kopf gut halten konnte. Dieses hübsche kleine Kind war noch nicht einmal ein Jahr alt und wir mussten uns schon um solche Dinge kümmern. Alles passierte parallel zu meiner Arbeit und der Versorgung der Kinder durch Claudia zuhause. Daneben waren da noch die vielen Sorgen und Ängste vor dem, was noch vor uns liegen und wie unsere Zukunft aussehen würde. Der Termin in der Humangenetik war gekommen. Zu Beginn fanden ausführliche Gespräche statt und es wurde eine lange Familienanamnese erstellt. Alle Personen aus unseren Familien wurden über mehrere Generationen zurück betrachtet und alle Anomalien oder Krankheiten notiert. Es las sich fast wie ein Tagebuch unseres Stammbaums. Besonders schlimm war an diesem Tag die Blutabnahme für die genetische Untersuchung. Bei Kindern in Katharinas damaligem Alter konnte man am Kopf am besten Blut abnehmen. Und unser kleines Mädchen meisterte dies mit Bravour. Sie war so unglaublich tapfer.

Die Professorin hatte schon während unseres Termins einen Verdacht, was die Ursache für Katharinas Auffälligkeiten sein könnte. Sie vermutete anhand der MRT-Bilder, die wir ihr mitgebracht hatten, eine Veränderung im sogenannten CASK-Gen. Wir hatten so etwas noch nie gehört und konnten uns überhaupt nicht vorstellen, was dies bedeuten würde. Natürlich kannten wir verschiedene Krankheiten, die mit einer Behinderung einhergehen konnten, aber CASK? Wir mussten aber erst noch abwarten, bis das Ergebnis der Blutuntersuchung vorlag. Die Untersuchung wurde in Hamburg durchgeführt und konnte eine ganze Weile dauern. Woche für Woche verging, ohne dass wir eine Information aus Heidelberg bekamen. Wir fingen an, uns über diesen Gendefekt zu informieren, so gut man das eben konnte. Diese genetische Besonderheit wurde erstmals 2008 in der Literatur beschrieben und somit gab es auch nicht gerade viele Informationen dazu. Das, was wir uns mühsam aus englischen Beiträgen übersetzen konnten, war nicht sehr aufbauend. Es gab nur englische Fachberichte sowie einzelne Texte zu diesem Gendefekt und diese waren sehr schwer zu lesen und auch nicht gut zu verstehen. Im Ergebnis führten alle beschriebenen bekannten Fallbeispiele, damals ungefähr fünfzig weltweit, zu keinem klaren Krankheitsverlauf. Es gab unterschiedliche Ausprägungen die uns mehr verunsicherten als halfen. Jetzt hatten wir möglicherweise eine Ursache gefunden aber wussten immer noch nicht genau, wie es weiter gehen würde. Epilepsie, Einschränkungen beim Gehen, Schwerhörigkeit bis hin zu Taubheit und Sehstörungen oder gar Blindheit waren nur einige Beispiele von dem, was wir lesen konnten. Für uns brach eine Welt zusammen, obwohl wir noch nicht einmal eine gesicherte Diagnose hatten. Die Angst war allgegenwärtig und kaum auszuhalten.

An manchen Tagen sprachen wir miteinander oder schwiegen uns einfach nur an. Wir schauten uns an und ohne ein Wort zu sagen wussten wir, was der andere dachte. Ein Leben wir vorher würde es nicht mehr geben können. Selbst dann, wenn sich die Diagnose nicht bestätigen sollte, würde man etwas anderes finden. Es war nicht mehr die Frage nach dem ob sondern nur noch nach dem wie und wann. Wir wussten, dass es eine Diagnose geben würde und wenn nicht jetzt dann in ein paar Jahren. Wie diese auch immer sein würde, war egal. Doch welche Auswirkungen hätte diese Diagnose auf das Leben von Katharina und unserer Familie? Würde Katharina alleine gehen können? Würde Sie normal essen können? Könnte Sie hören und sehen? Was würde es bedeuten, wenn sie tatsächlich Epilepsie bekommen würde? Wir hatten sehr große Angst vor dem Unbekannten. Es gab aber auch keinen Ausweg. Der Weg, den wir nun gemeinsam zu gehen hatten, war vorgegeben. Doch vorher war erst einmal der 26.08.2012. Es war der erste Geburtstag von Katharina, unserem Mäuschen, wie wir sie liebevoll nannten. Wir feierten ihn mit der Familie und es gab einen leckeren Kuchen. Es sollte ein wunderbarer Geburtstag werden und die schlimmen Gedanken wollten wir an diesem Tag weit von uns wegschieben.

Ein Tag stellt alles auf den Kopf

Katharinas erster Geburtstag lag nun einen Monat zurück. Ich hatte mir an diesem Tag Urlaub genommen und war zuhause. Wir standen morgens früh auf und frühstückten alle zusammen. Die Kinder gingen in die Schule und in den Kindergarten. Am späten Vormittag bekamen wir Besuch und verbrachten die nächsten Stunden gemeinsamen bei uns zuhause. Es war ein schöner Tag im September und die Sonne schien. Der Herbst stand vor der Tür und man konnte schon sehen, wie die Blätter an den Bäumen anfingen, sich gelb zu färben. Niemand ahnte, dass dieser Tag ein entscheidender Wendepunkt in unserem Leben bedeuten sollte, der unsere Familie in eine völlig neue Richtung katapultierte. Die vergangenen Monate waren eine enorme Kraftanstrengung und auch mental wurde vieles auf eine harte Probe gestellt. Es standen zudem noch ganz wichtige Ergebnisse aus den Untersuchungen, die in Heidelberg veranlasst wurden, aus. Wir versuchten so wenig wie möglich an dieses Thema zu denken, um nicht irre dabei zu werden. Deshalb war uns auch jeder Besuch willkommen, der uns ablenkte. Claudia war gerade im Wohnzimmer bei unserem Besuch, der Katharina auf dem Arm hatte, als das Telefon klingelte.

Im Display sah ich eine Nummer aus Heidelberg und mein Herz begann zu rasen. Noch bevor ich Claudia etwas sagte, ahnte ich bereits, was dieser Anruf bedeuten könnte. Ich schaute zu Claudia und noch während des Klingelns des Telefons, sagte ich nur das Wort „Heidelberg“ zu ihr. Ich nahm das Gespräch entgegen und es war tatsächlich die Ärztin aus der Humangenetik. Mein Puls wurde noch schneller und ich spürte meinen Herzschlag im gesamten Körper. Meine Kehle wurde enger. Ich hatte das Gefühl, nur ganz schwer atmen zu können. Doch ich musste irgendwie dieses Gespräch führen. Wer sonst außer Claudia und ich hätten dies tun können, doch das wollte ich Claudia nicht zumuten, nach alldem, was sie schon alleine durchmachen musste bei den vielen Arztbesuchen. Sie stand wie versteinert mitten im Wohnzimmer vor mir während ich bereits der Ärztin am Telefon zuhörte.

Sie teilte mir mit, dass sie Ergebnisse der Blutuntersuchung aus Hamburg nun vorliegen würden. Sie fragte, ob wir es gleich wissen oder bei einem persönlichen Gespräch in Heidelberg darüber sprechen wollten. Natürlich wollten wir es gleich wissen. Wir hätten diese Unwissenheit jetzt keinen Tag länger ausgehalten. Zu wissen, dass es etwas gab, was wir aber noch nicht erfahren hatten, wäre wohl wie eine extra Strafe gewesen. Das wollten wir nicht noch länger abwarten müssen. Also teilte ich der Ärztin mit, dass wir es doch auch gleich besprechen könnten, wenn wir jetzt sowieso schon telefonierten. Und dann war er da, dieser eine Satz. Ich hörte diesen einen Satz, der sich von diesem Moment an fest in meiner Seele und meinem Herzen eingebrannt hatte. Sie sagte mit neutraler Stimme: „Es hat sich bestätigt, dass es eine Mutation im CASK-Gen ist“. Ich schaute zu Claudia und sagte den Teil des Satzes, der wohl am relevantesten war: „…es hat sich also bestätigt“. Welch ein Schmerz musste uns wohl beide in dieser Sekunde durchfahren haben. Unsere Blicke trafen sich nur kurz, bevor Claudia zu unserem Besuch ging und ihr Katharina aus dem Arm nahm. Sie umarmte Katharina mit aller Liebe, die eine Mutter wohl in diesem Moment noch intensiver spürte. Und sie begann zu weinen. Sie weinte und schaute Katharina an. Was dachte sie wohl in diesem Moment?

Wir vereinbarten einen persönlichen Termin in Heidelberg, bei dem wir noch einmal detaillierter über diese Diagnose sprechen wollten und ich beendete das Telefonat. Dieser Tag, an dem wir am Telefon die Bestätigung erhalten hatten, wurde zu einer tiefen Wunde auf unserem Herzen. Da ist ganz urplötzlich diese Hilflosigkeit, dieser Wunsch, dass es ein Irrtum sein sollte und die Gewissheit, dass es leider die ungeschönte Wahrheit war. Und wir beteten, dass es nicht wahr sein sollte. Wir hofften, dass es einen Fehler bei der Auswertung gab. Nachdem ich das Telefon aus der Hand legte, lief ich zu Claudia und Katharina und nahm beide in den Arm. Unser Besuch war auch etwas mitgenommen von dieser Nachricht. Doch das zählte in diesem Moment alles nicht.

Es zählte nur dieses kleine Mädchen und meine Frau. Meine eigenen Ängste waren gerade jetzt gar nicht so präsent. Ich sah meine Tochter und wusste, dass es nun anders werden würde. Dass wir nun eine Diagnose hatten und dass alles das, was wir in den letzten Wochen gelesen hatten, nun zu unserem täglichen Leben dazugehören könnte, realisierten wir noch gar nicht. Und natürlich waren da ja auch noch unsere Söhne. Was sollten wir ihnen denn sagen und wie würden sie wohl damit umgehen? Wir mussten es ihnen sagen, aber wann und vor allem wie? Sie waren noch in der Schule und im Kindergarten und mussten bald abgeholt werden. Das übernahm ich an diesem Tag. Claudia konnte und wollte nicht vor die Tür. Der Schmerz über die Bestätigung der Diagnose saß einfach zu tief. Das musste sie erst einmal verdauen. Wir wandelten in einem totalen Gefühlschaos. Einerseits waren wir in gewisser Weise erleichtert, dass wir nun eine Diagnose hatten und andererseits waren da wieder diese vielen Ängste und Herausforderungen, die uns bevorstanden. Ab heute begann ein neues Leben für unsere Familie. Der Glaube war für Claudia schon immer eine sehr große Stütze im Leben. Bei mir war das etwas anders, denn leider glaubte ich seit meiner Zeit als Jugendlicher und durch ein einschneidendes Erlebnis nicht mehr so sehr an Gott. Als ich vierzehn Jahre alt war, bekam mein Vater aus heiterem Himmel eine Hirnblutung und brach eines Abends im Wohnzimmer zusammen. Dieses Erlebnis stellte damals schon meinen Glauben an Gott auf eine harte Probe.

Claudia hingegen fand im Glauben und im Gebet oft Trost in schweren Zeiten und auch dieses Mal war es nicht leicht, den Sinn in dieser Diagnose zu verstehen. Während ich Alexander vom Kindergarten und Manuel von der Schule abholte, kreisten meine Gedanken immer um diesen Anruf. Was für ein Gott war das, der einem hilflosen Kind eine solche Bürde auferlegt? Wieso stellte Gott uns als Familie auf eine solch harte Probe? Was hatten wir getan, dass wir so bestraft wurden? Selbstverständlich blieben die Antworten auf diese Fragen aus. Ich kann gar nicht sagen, wie oft mir diese Fragen durch den Kopf schossen. Immer und immer wieder. Es war egal, ob ich morgens aufgestanden oder abends zu Bett gegangen war. Die Fragen kamen ohne Vorwarnung. Auch Claudia kämpfte mit ihren Gedanken und besonders mit ihren Gefühlen. Der Traum vom kleinen Mädchen, mit der sie Kleidchen kaufen, Puppen spielen oder später zum Friseur gehen wollte, er zerplatzte wie eine Seifenblase auf dem harten Steinboden. Es war ein Aufschlag, wie aus einem freien Fall aus vielen Kilometern Höhe. Der Schmerz war unerträglich und trotzdem versuchte Claudia, es sich nicht so sehr anmerken zu lassen, wie es in ihr aussah. Die Jungs brauchten uns als Eltern ja auch und natürlich auch Katharina. Es war immer ein seltsames Gefühl, wenn wir Kathi so anschauten und danach die Jungs. Wir mussten mit allen sprechen, denn sie sollten wissen, was mit ihrer Schwester war.

Am Abend, ein paar Tage nach der Diagnose, tagte unser Familienrat am Küchentisch. Wir nahmen uns fest vor, die Jungs so schonend wie möglich über die neue Situation aufzuklären. Im Alter von damals vierzehn, sieben und fünf Jahren war es wichtig, ihnen keine Angst zu machen. Auch wenn Julian als ältester wohl am ehesten verstehen würde, was wir zu sagen hatten, machten wir uns insgesamt viele Gedanken vor dem Gespräch. Die Angst davor, wie die Jungs reagieren würden, war sehr groß. Wir hatten ja aber auch selbst noch nicht alle Antworten, was es noch schwerer für uns machte. Aber das half überhaupt nichts und wir stellten uns dieser Situation. Claudia begann das Gespräch mit sehr ruhiger und doch zittriger Stimme. Sie sagte nur wenige Worte und dass wir den Kindern etwas über Katharina mitteilen mussten. Da ergriff Alexander als jüngster das Wort und meinte „Mama, ihr müsst uns gar nichts sagen. Wir wissen schon, dass mit Kathis Köpfchen etwas nicht stimmt“, Dies war ein Satz, der uns fast erstarren ließ. Scheinbar waren unsere Gespräche aus den letzten Tagen und vermutlich auch aus den letzten Wochen nicht ganz so ungehört geblieben, wie wir es uns gewünscht hätten. Wir wollten ja niemanden verunsichern. Doch nun war es passiert und die Jungs wussten vermutlich schon einige Zeit, dass etwas nicht in Ordnung war mit ihrer Schwester. Was aber genau das Problem war und was das bedeutete, mussten wir an diesem Abend gemeinsam unseren Kindern sagen. Katharina war dabei die ganze Zeit auf Claudias Schoß und jeder von uns schaute abwechselnd zu ihr hinüber. Sie war so ein liebes Mädchen.

Unser Gespräch mit den Kindern dauerte insgesamt etwa eine halbe Stunde und wir versuchten, die Fragen von jedem einzelnen so gut es eben ging, zu beantworten. Diese Antworten zerrissen uns zeitweilig selbst innerlich. Doch wir sind Eltern und es war wichtig, gerade in diesem Moment auch für unsere Kinder da zu sein und unsere eigenen Ängste und Sorgen zurückzustellen. Am Ende des Gesprächs ging jeder der Brüder einzeln zu Katharina, gab ihr einen Kuss und sagte ihr gute Nacht. Nun war es an der Zeit, Zähne zu putzen und ins Bett zu gehen. Am nächsten Tag war wieder Schule und Kindergarten und wir mussten früh aufstehen. Natürlich musste ich auch wieder arbeiten. Der Alltag ging gnadenlos weite und dies egal, wie sehr die Diagnose im Herz schmerzte und die Sorgen uns innerlich aufrieben.

Claudia bracht die Jungs ins Bett. Um ihnen eine gute Nacht zu wünschen, setzte sie sich auf Manuels Bett. Noch bevor sie etwas sagen konnte, schaute Manuel sie an und sagte „Mama, ihr braucht euch keine Sorgen machen. Wenn ihr irgendwann einmal nicht mehr könnte, kümmern wir uns schon um Katharina.“ Wie sehr muss dieser Satz in diesem besonderen Moment bei Claudia durch den ganzen Körper gegangen sein. Sie war sprachlos und antwortete ihm nur, dass er sich darüber keine Gedanken machen müsse. Es zerriss ihr innerlich das Mutterherz. Weinend kam sie die Treppe hinunter und erzählte mir davon.

Der neue Tag kam und wir gingen wieder unseren alltäglichen Aufgaben nach. Manuel hatte von Beginn an eine besondere Beziehung zu Katharina. Er war nun sieben Jahre alt. Claudia saß an einem Mittag bei herbstlichem Wetter mit Katharina auf dem Sofa und Manuel schaute Kathi lange traurig an. Auf die Frage, warum er so traurig war antwortete er „es tut mir so leid mit Katharina. Ich hatte mir so gewünscht, dass ich mit ihr mit Puppen hätte spielen können.“ Er wollte sie so gerne halten und Claudia gab sie ihm auf seinen Schoß. Ganz fest hielt er sie im Arm und man konnten die Liebe zwischen den beiden sehen und spüren.

Unsere ersten gemeinsamen Jahre

Beruflich war ich immer viel im Auto unterwegs und hatte dementsprechend viel Zeit zum Nachdenken. Die Fahrten zu den Kundenterminen dauerten meistens unterschiedlich lange. In der Regel telefonierte ich viel mit Kunden, da ja auch diese Zeit im Auto minutiös genutzt werden musste. Doch jetzt war es ganz anders. Ich grübelte und dachte viel darüber nach, wie wir nun mit der ganzen Situation umgehen sollten. Ich versuchte, dies alles mit mir selbst auszumachen und sprach nicht viel mit Claudia über das alles und über unsere Gefühle. Da war wieder diese Flucht, die ich schon einmal versuchte und die nicht klappte.

Unsere Beziehung war zu dieser Zeit sehr angespannt und eigentlich konnten wir uns ja auch gar nicht erklären, wie das mit Katharina überhaupt passieren konnte. Manche Tage sahen wir uns kaum und wenn, diskutierten wir viel über meine Arbeit oder die fehlende Zeit für meine Familie. Insgesamt war alles nicht sehr harmonisch. Und jetzt kam auch noch eine solche neue Herausforderung hinzu. In vielen Momenten kam mir der Gedanke, dass dies der Genickbruch für unsere Ehe sein könnte.

Wir waren nun schon zehn Jahre zusammen und davon neun Jahre verheiratet. Es gab schon einige turbulente Zeiten zwischen uns, was wohl in jeder Ehe hin und wieder so war. Wir waren ja auch noch recht jung, als wir damals geheiratet hatten.

Claudia war zum Zeitpunkt unserer Trauung 26 und ich 23 Jahre alt. In diesem Alter gehen andere noch Party machen und denken nicht mal ans heiraten. Julian war damals vier, als ich Claudia kennenlernte.

Wir trafen uns nach einem ersten zaghaften Kennenlernen nach einiger Zeit fast täglich und schon nach ein paar Monaten wusste ich, dass ich mit dieser Frau mein Leben verbringen wollte. Ich entschloss mich, ihr einen Antrag zu machen und sie zu fragen, ob sie meine Frau werden wollte. Der Antrag verlief eher ruhig und ohne viel Tamtam. Ich kochte etwas Leckeres und nach dem Essen kniete ich mich vor sie und fragte sie die Frage aller Fragen. Sie schaute mich ganz verwundert an.

Oh je, dachte ich in diesem Moment. Es war einer dieser Momente in meinem Leben, die ich niemals vergessen werde. Ihr Gesichtsausdruck war einfach unbeschreiblich. Wenn ich doch nur in sie hätte hineinschauen können. Ich erwartete eigentlich ich ein klares Nein von ihr. Aber ich lag falsch. Sie begann zu lächeln und meinte doch tatsächlich, ich sei verrückt. Das erlösende Ja folgte direkt im Anschluss. Unsere standesamtliche Trauung fand am 13.06.2003 und unsere kirchliche Hochzeit am 12.07.2003 statt.

Zwei Jahre nach unserer Hochzeit wurde unser gemeinsames Glück nahezu perfekt, denn unser erster gemeinsamer Sohn Manuel erblickte das Licht der Welt. Er war ein absolutes Wunschkind. Und es ist fast schon unglaublich, weil Claudia damals gar keine Kinder mehr wollte.

Sie sagte kurz nach unserem Kennenlernen, dass sie keine Kinder mehr wollte und wenn ich selbst noch Kinder bekommen wollte, sie die falsche Frau für mich wäre.

Nun gut, das hatte sich ja dann 2005 erübrigt. Manuel war ein wunderschöner Junge. Etwas moppelig, aber traumhaft schön. Die Geburt per Kaiserschnitt war nicht geplant und auch nicht so wirklich was für mich. Eine spontane Geburt war durch Komplikationen nicht mehr möglich und trotzdem wollte ich unbedingt dabei sein. Leider musste ich aber wieder raus aus dem Operationssaal, bevor es richtig losging.

Ich spürte ein weiches Gefühl in meinen Beinen und mir ging es gar nicht mehr so gut, als ich neben Claudia saß. Bevor ich auf dem Boden liegen würde, sollte ich besser draußen warten. Erst als Manuel dann da war, konnte ich wieder rein.

Alexander wurde weitere zwei Jahre später geboren. Er war ebenfalls ein Wunschkind und wir waren unendlich dankbar, dass wir wieder ein gesundes Kind bekamen. Diesmal blieb ich direkt von Anfang an draußen und versuchte erst gar nicht, beim Kaiserschnitt dabei zu sein. Das war vermutlich auch besser, aber für Claudia war ich damals keine große Hilfe. Der Wunsch, ein Mädchen zu bekommen, blieb auch diesmal unerfüllt. Aber das war unwichtig, denn die Gesundheit unserer Kinder war doch immer das Wichtigste für uns auf dieser Welt.

Nach der Geburt von Manuel und Alexander, meinem Jobwechsel und zuletzt Katharinas Geburt, schlief unsere Beziehung und Ehe allmählich immer mehr ein. Gemeinsame Unternehmungen blieben auf der Strecke und gehörten der Seltenheit an. Manchmal ging Claudia mit allen Kindern alleine zum Spielplatz oder ich unternahm etwas alleine mit den Kindern. Die neue Situation brachte nun auch neues Konfliktpotential. Dass wir nicht miteinander sprachen, machte es natürlich schlimmer. Ich flüchtete mich immer mehr in meine Arbeit. Auch die Diagnose von Katharina konnte ich während der Zeit auf der Arbeit einigermaßen verdrängen.

Ich machte zwar weiter die Krankengymnastik mit Katharina, aber hatte sonst wenig Anteil am Familienleben. Es war immer der gleiche Trott. Morgens früh raus aus dem Bett und aus dem Haus, Claudia versorgte die Kinder, ich kam spät abends nach Hause, sah mit viel Glück noch die Jungs, arbeitete noch etwas und ging schlafen. Jeden Tag gab es immer wieder den gleichen Ablauf.

Was mein Verhalten wohl in meiner Familie ausgelöst hatte, war für mich in dieser Zeit nebensächlich. Mein Egoismus prägte unser Leben. Dass dies falsch war, sollte ich einige Zeit später jedoch mit einem harten Schlag erfahren. Vielleicht wäre manch anderer in die Kirche gegangen, um zu beten oder um dort Gott um Unterstützung zu bitten. Doch das war ja nicht meine Welt. Ich glaubte nicht an all das, was mit höherer Fügung oder Sinn des Lebens zu tun hatte. Ich lebte im hier und jetzt und außer meiner Arbeit gab es da nicht viel drumherum.

Mein Glaube litt zu sehr seit der Sache, die vor vielen Jahren mit meinem Vater passierte und ich hatte Gott bisher dafür auch nie um Verzeihung gebeten, dass ich mich von ihm abwandte. Generell konnte ich mit allem, was spirituell oder religiös war, nicht viel anfangen. Claudia war da vollkommen anders. Sie hatte so eine Gabe und wenn sie mir von ihren Erlebnissen oder Träumen erzählte, war das für mich meistens total befremdlich.

Ich glaubte ihr zwar, dass sie solche Dinge geträumt oder erlebt hatte, aber hätte niemals damit gerechnet, dass ich bald schon selbst davon überzeugt werden würden.

Schon kurz nach unserem Kennenlernen erzählte Claudia mir immer mal wieder von seltsamen Träumen und Erlebnissen, die sie hatte. Oftmals war es eine Art Vorahnung oder Botschaft, ohne dass sie es selbst zu diesem Zeitpunkt so einordnen konnte. So berichtete sie mir von ihrem Uropa, der ihr, ein paar Jahre bevor wir uns kennenlernten, im Traum erschienen war und ihr sagte, dass sie den Parkplatz direkt bei der Wohnung, den sie so dringend benötigte, bekommen würde. Sie wohnte zu diesem Zeitpunkt in einer kleinen Mietswohnung mit Julian und es gab nur eine begrenzte Anzahl von vermieteten Parkplätzen am Haus. Lange Zeit versuchte Claudia, einen davon zu bekommen, um mit Julian näher am Haus zu sein, und ihn nicht immer so weit mit dem Maxi-Cosi tragen zu müssen. Am nächsten Tag nach diesem Traum bekam sie einen Anruf, dass sie den Parkplatz erhalten hätte.

Ein anderes Erlebnis trat ein paar Jahr Jahre nach unserem Kennenlernen auf. Eines Morgens erzählte sie mir, sie hätte unsere Nachbarin im Traum gesehen und sie hätte mit ihr gesprochen. Damals wohnten wir in unserer ersten gemeinsamen Wohnung und Alexander und Katharina waren noch nicht geboren. Die Nachbarin sagte mit ängstlicher Stimme im Traum zu ihr, so wolle noch nicht sterben und klammerte sich richtig an ihr fest. Claudia wachte auf und war davon sehr erschrocken. Es war ja nicht so, dass ich ihr nicht glaubte, dass sie das geträumt hatte, aber so richtig komisch wurde es erst, als sie den Sohn der Nachbarin am Nachmittag traf und er ihr erzählte, dass seine Mutter in der vergangenen Nacht verstorben war. Sie war genau zu der Uhrzeit gestorben, als Claudia aus dem Traum aufgewacht war. Was sollte das denn für ein Zufall gewesen sein? Aber auch hier kam bei mir noch keine Veränderung meiner Denkweise auf.