Katrin Köhler - Dämonenfluch in Hammerburg - Christine Stutz - E-Book

Katrin Köhler - Dämonenfluch in Hammerburg E-Book

Christine Stutz

5,0

Beschreibung

Katrin hat es geschafft! Sie konnte mit dem verdienten Geld ihr Dorf verlassen und sich in der Hammerburg den Traum vom eigenen Geschäft erfüllen. Mit Nicole und Momo verbindet sie noch immer eine tiefe Freundschaft. Nur dem Ritter Gunther von Lünen ,dem Mann der sie einfach in der armseligen Hütte zurückgelassen hatte, geht sie aus dem Weg. Sie will von dem eingebildeten Mann nichts mehr wissen. Damals war sie unter seinem Stand? Heute ignoriert sie ihn und lässt sich von Gunthers Rittern den Hof machen. Sehr zum Ärger von Gunther. Doch dann träumt Katrin wieder schwer. Kleine Jungen werden entführt und bestialisch ermordet. Und dass mitten in der Hammerburg. Doch niemand scheint etwas von den Morden zu wissen. Oder wissen zu wollen! Es bleibt Katrin nichts anderes übrig, als sich mit ihren Träumen an Gunther von Lünen zu wenden. Denn die Morde müssen aufgeklärt werden, damit Katrin endlich wieder gut schlafen kann.

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Katrin Köhler- Dämonenfluch in Hammerburg

Katrin KöhlerProlog1 Kapitel2 Kapitel3 Kapitel4 Kapitel5 Kapitel6 Kapitel7 Kapitel8 Kapitel9 KapitelEpilogImpressum

Katrin Köhler

Dämonenfluch

In der

Hammerburg

Prolog

Prolog

Katrin warf sich unruhig hin und her. Sie sah es wieder. Sie wollte es nicht, doch sie konnte dem Traum nicht entfliehen. So sehr sie es auch versuchte. So wie damals, so wie immer. Sie hatte wieder diese grausamen Träume. Diese armen Jungen, die kleinen Kinder. Katrin liefen die Tränen über das Gesicht. Diese brutalen Dämonen.

Diesmal war es ein Junge, etwa 12 Jahre alt. Er wurde gewaltsam in einen großen, hell erleuchteten Raum gezerrt. Der Junge schrie qualvoll. Er bat um Gnade, doch umsonst. Die zwölf Männer lachten nur dreckig. Dann riss man dem Jungen die Kleidung vom Körper. Zwölf Männer mit grausamen Tiermasken versammelten sich um das nackte Kind und umrundeten es, begutachteten es genau. Dann nickten sie zufrieden. Einer der Männer flößte dem Kind einen bitteren Saft ein. Katrin konnte den bitteren Geschmack geradezu schmecken. Der Saft machte das Kind schläfrig und starr. Jetzt legte ein anderer Mann dem Kind einen Strick um den Hals und man zog den armen Jungen in die Höhe. Während der Junge qualvoll erstickte, schnitt man ihm die Adern auf und fing das Blut in große Schalen. Während der tote Junge über ihnen hing, wurden die Schalen herum gereicht. Katrin würgte angewidert und übergab sich. Sie konnte das warme Blut schmecken.

Katrin erwachte schreiend.

aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa

Verwirrt sah sie sich um. Sie war nicht mehr ihrem kleinen Dorf in Marschacht. Sie lag in ihrem bequemen Bett in der Hammerburg. Unter ihr, in den großen Räumen, war ihr gut gehendes Geschäft. Sie hatte keine Sorgen mehr. Katrin ließ sich zurückfallen. Sie hatte ihr altes Leben doch weit hinter sich gelassen. Trotzdem hatte sie wieder diese Träume. Die Träume verfolgten sie auch hier.

aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa

Gunther konnte sie lachen hören. Eindeutig. Es war Katrins Stimme. Die dunkle Stimme hätte er überall erkannt. Gerade war er Heim gekehrt und auf dem Weg zu seiner Schwester. Doch jetzt stockte er und lauschte. „Das ist wirklich möglich? Ich meine, eine Frau kann sich so verrenken?“ hörte er Katrin, wie immer neugierig, fragen. Ihre Neugierde kannte Gunther zu Genüge. Und seine Schwester war eine gute Lehrerin. „Ja, aber es erfordert Übung“ antwortete Nicole lachend.

Er stand hinter der Tür, die zu Nicoles Salon führte und lauschte der dunklen, rauchigen Stimme. Allein das Hören dieser Stimme ließ Gunther wieder hart werden. Er war sofort erregt. Wieder musste er zurückdenken. Zurückdenken an das Frühjahr. Damals hatte er Katrin kennen gelernt. Damals ging ein Mörder in einem kleinen Dorf an der Elbe umher.

Katrin war verdammt gewesen und sollte in der Elbe ertränkt werden. Den Flussgöttern geopfert, um die Götter zu besänftigen. Damals hatte er sie in letzter Sekunde gerettet. Für Geld war sie seine Geliebte geworden. Schon damals war ihm klargeworden, wie schön, klug und stolz die junge Frau war. Und doch hatte er sie von sich gestoßen, weil sie als einfache Magd nicht in seine vornehme Welt gepasst hatte. Keine Dame, die sein Haus repräsentieren konnte. Für ihn war sie eine Prostituierte wie jede andere gewesen. Er war gegangen, hatte ihr einen Beutel Münzen für ihre Dienste zurückgelassen und war fest entschlossen gewesen, sie zu vergessen. So wie die duzenden von Frauen, an deren Namen er sich nicht mehr erinnerte. Doch diese Katrin war anders. Sie hatte sich in seinen Gedanken gefressen, sich dort festgesetzt. Bei Tag und bei Nacht. Gunther schalt sich wieder einen Narren. Sie hätte ihm gehören können, doch sein verdammter Stolz hatte dies nicht zugelassen. Er war ein reicher Ritter aus der Hammerburg. Sie war damals eine sehr niedrige Magd gewesen, die weder lesen noch schreiben konnte.

Doch Katrin hatte es ihm bewiesen. Sie hatte seine Münzen gut angelegt. Innerhalb von nur sieben Monaten hatte sie ein gutgehendes Stoffgeschäft eröffnet. Katrin hatte von seiner Schwester Nicole lesen, schreiben und rechnen gelernt!

„Also, dass hier, dass könnte mir gefallen“ sagte Katrin. Wieder hörte er Katrin lachen. „Das macht auch riesig Spaß. Momo und ich lieben es,“ antwortete Nicole ebenfalls lachend.

Gunther fluchte. Er musste sich ablenken. Katrins Stimme machte ihn wollüstig. Er sollte von der Tür weggehen und seine gegenwärtige Gespielin aufsuchen. Vielleicht brachte ihn die Frau auf andere Gedanken. Er hatte diese Frau ausgesucht, weil sie rote Haare hatte. Rot, wie die Haare von Katrin. Doch da endete die Ähnlichkeit der Frauen auch schon. Keine Frau war wie Katrin. Gunther fluchte. Er wandte sich ab und verließ hastig das Haus.

1 Kapitel

1 Kapitel

„Du hattest heute Besuch?“ fragte Gunther beiläufig seine Schwester Nicole beim Abendmahl. Nicole nickte fröhlich. Sie nahm das frische Brot von Momo, ihrem Mann und lächelte. „Das weißt du doch genau. Du hast Katrin doch gehen sehen. Du hättest sie ruhig grüßen können. Das hätte sie bestimmt gefreut.“ sagte Nicole dann schmunzelnd. Gunther nickte. „Und wie geht der jungen Magd?“ fragte er so belanglos, wie möglich. Doch seine Schwester durchschaute ihn, so wie immer. „Gut, sehr gut. Katrins Geschäft läuft einmalig gut. Ist auch kein Wunder, bei ihrer Klugheit.“ Berichte sie. „Sie hat mich übrigens nach dem Rezept für die Salbe gefragt. Ich versprach ihr, die nächste Menge zusammen mit ihr anzurühren. Dann muss sie nicht jedes Mal mich darum bitten.“ Sagte Nicole trocken. Sie lachte laut, auch Momo grinste, als ihr Bruder sich an seinem Bier verschluckte und es über den Tisch spuckte.

„Du willst ihr das Rezept geben? Was will die junge Magd mit der Salbe!“ donnerte Gunther wütend. Er musste sich unbedingt beruhigen. „Sagte sie nicht, sie will nur noch ihrem zukünftigen Ehemann beiwohnen?“ fragte er dann etwas leiser.

„Das war nur ein Scherz, Bruder“ sagte Nicole, doch ihr wissendes Lächeln ärgerte Gunther noch mehr. „Allerdings deutete Katrin heute an, dass es ihr schon fehlen würde. Es hat ihr sehr gefallen, was du mit ihr gemacht hast. Verrate mich aber nicht. Katrin ist meine erste Freundin, bei der ich Momo nicht verstecken muss“ sagte Nicole streng. Jetzt glitt ein Lächeln über Gunthers Lippen. Die Magd vermisste also seine Stöße? Nun, sie war ja sehr leidenschaftlich, dass wusste er. Sie hatte sich nie geziert, ganz im Gegenteil. Immer hatte sie, begierig und neugierig auf Neues, mitgemacht.

„Na, vielleicht heiratet sie ja bald. Was ist denn mit diesem Ritter, der um Katrin wirbt. Wenn sie ihn erhört, dann hat sie keine Not mehr. Außerdem wird der Mann von Katrins Erfahrung profitieren.“ sagte jetzt Momo und grinste wieder, als er seinen Schwager beobachte. Wieder schoss Gunthers Kopf hoch. „ Wieso Hochzeit? Welcher Ritter wirbt um Katrin!“ wollte er umgehend wissen.

„Einer deiner Gilde, Bruder. Ulbrich, glaube ich, ist der Name. Katrin ist nicht abgeneigt, dem Mann gegenüber. Er erinnert sie an dich, sagte Katrin neulich.“ sagte Momo und tat, als müsse er nachdenken. „Stimmt, Ulbrich war der Name. Er macht Katrin heftig den Hof.“ tat auch Nicole jetzt nachdenkend. Wieder schmunzelte sie. „Aber, dass soll heute nicht unser Problem sein. Sag, Bruder. Wie läuft es bei dir. Brauchst du wieder Salbe? Deine neue Favoritin soll ja eine ausgesprochene Schönheit sein“ sagte Nicole jetzt schmunzelnd. Gunther grunzte nur. „Ich habe sie heute ausgezahlt. Schönheit ist nichts, ohne innere Leidenschaft. Was bringt mir eine schöne Frau, wenn sie steif wie ein Brett, alles über sich ergehen lässt“ sagte Gunther wütend. „Du weißt, wie sehr ich Leidenschaft bei einer Frau schätze.“ Schimpfte Gunther.

Wieder gingen seine Gedanken zu Katrin. Wie leidenschaftlich sie gewesen war. Schon damals, als er sie defloriert hatte. Das hatte er sich so schwierig vorgestellt damals, doch Katrin hatte es ihm so leicht gemacht. Ihre Leidenschaft, ihre Freiheit, mit dem Beischlaf umzugehen, kannte er sonst nur von seiner Schwester und deren Mann. Die beiden lebten ihre Liebe voll aus. Ohne Rücksicht, was andere dachten.

„Hallo, Gunther! Ich spreche mit dir! Hörst du nicht zu?“ fragte Nicole jetzt verärgert. Doch dann schmunzelte sie, sie ahnte, woran ihr Bruder gerade gedacht hatte.

„Entschuldige, bitte. Ich bin ganz Ohr“ sagte Gunther leise. Er stocherte in seinem Essen. Ihm war der Appetit vergangen. Sein Gildenbruder machte Katrin also den Hof. Wenn sie ihn erhörte, ihn heirate, wäre sie eine ehrbare Frau der Gesellschaft. Gunther schluckte. Das war es ja, was Katrin sich gewünscht hatte, dachte er. Die Frau wusste genau, was sie wollte, das Gunther und fuhr sich durch die Haare.

Wieder gingen seine Gedanken zurück zum Frühjahr. Ein leises Seufzen entrann ihm. Hätte er Katrin damals mitgenommen, hätte sie diesen Ulbrich nie getroffen, dachte er finster. Dann würde sie in seinem Haus leben. Nur für seine Bedürfnisse da sein. Doch jetzt war es zu spät. Jetzt würde Katrin sein Angebot nie mehr annehmen. „Ich bin müde. Ich gehe schlafen“ sagte Gunther schlecht gelaunt.

Aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa

Gunther saß an seinem Schreibtisch und las den langatmigen Abschlussbericht des Vatikans. Man hatte Gunther von Lünens Untersuchungen und die Beweise bestätigt. Man beglückwünschte ihn zu der neuen Heldentat. Gunther von Lünen hatte die Monster von Marschacht zur Strecke gebracht. Der Pastor und dessen Schwester würden nie wieder wehrlose Mädchen bestialisch ermorden. So viele unschuldige Opfer, dachte Gunther wieder.

Eine Urkunde belobigte ihn und wies ihm eine stolze Summe aus.

Das Lob gehörte ebenso Katrin, dachte Gunther. Nur dank ihres zweiten Gesichtes hatte er die beiden Mörder fassen können. Einen Teil des Lohngeldes müsste er ihr zukommen lassen, dachte er. Wieder Mal war er bei Katrin gelandet mit seinen Gedanken. Eigentlich wie immer seit dem Frühjahr. Gestern Abend war er durch die Gasse geritten, in der Katrin zusammen mit ihrer Freundin Tina Obrich, den Stoffladen führte. Katrin hatte wieder vor dem Geschäft gestanden und sich angeregt mit Ritter Ulbrich unterhalten. Beide hatten ihn freundlich gegrüßt, als er an ihnen vorbeigeritten war. Doch keiner hatte ihn weiter beachtet. So. als kannten sie ihn nicht. Katrin war intensiv im Gespräch mit Ulbrich gewesen. Wie schön sie wieder ausgesehen hatte. So elegant. Er hatte ihren lieblichen Duft bis zu sich herauf riechen können. Verärgert war er weiter geritten.

Ritter Ulbrich machte Katrin also tatsächlich den Hof, dachte er bitter. Hoffentlich erhörte Katrin den Mann nicht. Ulbrich hatte keinen guten Ruf unter der „Damenwelt“, in der die Edelmänner sich ihre Geliebten wählten. Er galt als brutal und fügte den Damen oft große Schmerzen zu, nur um seine Befriedigung zu finden. Doch würde er Katrin warnen, könnte sie ihm Eifersucht vorwerfen, dachte er wütend. Vielleicht sollte er mit Nicole darüber reden, überlegte Gunther nun besorgt.

Jetzt klopfte es verhalten an seiner Tür. Verwundert hob Gunther seinen Kopf. Wer würde ihn hier stören? Jeder wusste, wie sehr er das hasste. Wenn er seine Unterlagen sortierte, wollte er allein sein. Gunther hasste Papierkram. Er tat es heute nur, um sich von der Magd abzulenken. Er wollte nicht daran denken, was sie vielleicht mit Ulbrich trieb. Wie sich das Bett mit dem groben Mann teilte. Wieder wurde geklopft. Harsch rief Gunther Herein. Ein junger Bote steckte verlegen seinen Kopf zur Tür herein.

„Eine Nachricht für euch Herr. Ich soll sie persönlich abgeben“ sagte der junge Mann nervös, fast stotternd vor Angst. Gunther nickte ungehalten. Er mochte keine ängstlichen Menschen. Vor allem ängstliche Männer. „Von wem ist die Nachricht!“ fragte er verärgert. Warum hatte man den Boten überhaupt vorgelassen, dachte er unwirsch. Hier im Haus kannte doch jeder seine Gewohnheiten. Niemand störte Gunther von Lünen!

„Von der schönen Lady, die das elegante Stoffgeschäft am Kanal führt“ sagte der Bote nun hastig, fast haspelnd. Er wunderte sich, dass die Laune des harten Ritters plötzlich umschlug. Der Ritter griff in seine Tasche und förderte eine Münze hervor, die er dem Boten zu warf. Überrascht fing der junge Mann sie auf. Er war doch schon von der Lady für seinen Dienst bezahlt worden! Er reichte dem Ritter die Nachricht und ging schnell davon. Bevor der Ritter seinen Irrtum bemerkte und das Geld wiederhaben wollte.

Gut gelaunt, fast fröhlich, setzte sich Gunther wieder. Eine Nachricht von Katrin. Ob sie ihn um Beischlaf bat? Hatte die Frau solch große Sehnsucht nach seinem Schwert? Hatte sie seine Leidenschaft ebenso vermisst, wie er ihre? Er hob die Nachricht an seine Nase. Er roch nach Katrin. Frische Kräuter und Gras. Er liebte ihren Geruch. Augenblicklich regte sich sein Schwert.

Gespannt öffnete er das Papier.

„Geehrter Herr“

Es freut mich, euch bei so guter körperlicher Gesundheit zu sehen. Ich möchte mich noch einmal für die Chance bedanken, die ihr mir ermöglicht habt, und der wundervollen neuen Welt, in die ihr mich eingeführt habt.

Doch deshalb schreibe ich euch heute nicht. Denn das ist Vergangenheit. Vergangenheit über die, wir Betroffenen, schweigen sollten.

Es ist ein anderes Problem, das mich bewegt hat, euch zu bitten, mich so schnell als möglich, aufzusuchen.

Es sind meine Träume. Mein zweites Gesicht, wie ihr es nanntet. Ich dachte, ich hätte meine Träume hinter mir gelassen, als ich mein Dorf verließ und hier ein neues Leben anfing. Doch jetzt habe ich neue, noch schrecklichere Träume. Wieder geht es um etwas ähnliches, wie dass, was wir im letzten Frühjahr erlebt haben. Ich möchte nicht ins Detail gehen. Doch ich vertraue euch, wie sonst keinem Menschen auf der Welt. Das wisst ihr. Mit wem sollte ich darüber sprechen, wenn nicht mit euch? Bitte besucht mich, so schnell es euch möglich ist. Eure Schwester ist mir eine liebe Freundin geworden. Ich habe ihr nichts über meine Träume erzählt. Denn sie sind wirklich schrecklich. Ich möchte Nicole nicht unnötig ängstigen. Bitte, schweigt bei ihr darüber. Ich denke noch mit Schauern an ihre Entführung im letzten Frühjahr.

Katrin Köhler

Gunther las die Nachricht dreimal. Jedes Mal staunte er mehr, über die gerade, grazile Schrift. Die Magd musste Tage, Wochen, damit verbracht haben, zu üben. Er erinnerte sich, dass die Magd bei ihrer ersten Begegnung nicht einmal lesen konnte. Oder wusste, wieviel Finger sie an den Händen hatte. Was für eine kluge Frau, dachte er stolz. Er legte die Nachricht beiseite und lehnte sich zurück. Wieder erinnerte er sich zurück an das Frühjahr. Wie er in das kleine, unscheinbare Dorf geritten war, gerade noch rechtzeitig, um Katrin von dem wütenden Emil zu retten. Der Mann hatte Katrin für den Tod seiner Tochter verantwortlich gemacht und wollte sie den Flussgöttern opfern. Alle hatten zugesehen, selbst ihr eigener Vater, keiner hatte ihr geholfen. Ihr Vater, Gunther hatte da seine ganz eigene Theorie. Schon damals, als er Katrin das erste Mal gesehen hatte. Dunkelrote Haare, grüne Augen, so untypisch für das kleine Hinterwäldler- Dorf. Dort, wo alle Menschen blond und blauäugig waren. Er schüttelte sich. Er würde den Bericht vom Vatikan als Grund nehmen, um Katrin aufzusuchen. Er wollte sie vom Lob des Papstes unterrichten. Immerhin gebührte ihr ein großer Teil davon.

Und er würde sie endlich wiedersehen und sprechen. Seit er sie damals in der Hütte zurückgelassen hatte, war sie ihm stets ausgewichen. Wie sie geschrieben hatte. Ihre gegenseitige Anziehungskraft, ihre Leidenschaft war magisch. Katrin wollte weder ihm noch sich in Versuchung bringen. Wenn sie ihm jetzt bat, sie zu besuchen, musste es wirklich wichtig sein.

aaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa

Gunther hatte die Gasse halb durchquert, als er Katrin lachen hörte. Dunkel, rauchig. Sie stand also wieder vor ihrem Geschäft, dachte er grimmig. Er fluchte, als ihm umgehend unzüchtige Gedanken kamen. Wie hatte ihm dieses Lachen gefehlt. Hatte sie nicht immer so verführerisch gelacht, wenn er sich entblößt hatte und sie seine Größe bewundert hatte? Er erinnerte sich plötzlich, wie er ihr beim ersten Beisammensein, damit Angst eingejagt hatte. Er hatte ihr damals die Augen verbunden und sie hatte sich vertrauensvoll in seine Arme begeben. „Reiß dich Zusammen, Kerl“ fluchte Gunther. Er stieg von seinem Pferd und führte es den restlichen Weg zum Geschäft. Er musste sich etwas beruhigen, bevor er auf die Magd traf. „Sie will nicht meinen Körper. Sie will nur mit mir reden“ flüsterte er sich immer wieder selbst zu.

Dann sah er sie. Sie trug ein dunkelgraues, leicht ausgeschnittenes Kleid, das ihre Figur perfekt betonte. Die Farbe des Kleides schmeichelte ihrer Haarfarbe und ließ ihre Augen strahlen. Er konnte verstehen, dass sein Gilden-Bruder und Kamerad, Ulbrich nervös vor Katrin stand. Jetzt verstand er, es wäre ungebührlich, sich mit dem Ritter im Geschäft zu unterhalten. Der Mann war unverheiratet und machte Katrin den Hof. Das wusste man in der Gesellschaft. Es könnte zu vernichtendem Gerede führen, würde sie sich im geschlossenen Räumen mit ihm treffen. Jetzt lachte Katrin erneut auf. „Herr Ulbrich. Zügelt eure Gedanken. Sie sind, so fürchte ich, sehr unkeusch. Ich, als einsame Witwe, kann so etwas durchaus einschätzen“ hörte er ihre Stimme nun dunkel, leicht verführerisch, sagen. „Bedenkt, ich bin immer noch in Trauer um meinen Mann.“ Setzte Katrin hinzu. Jetzt beugte sich Ulbrich über Katrins Hand und hauchte einen Kuss darauf. Augenblicklich stellten sich die kleinen Härchen auf Gunthers Arm auf. „Madam Köhler. Eure Fähigkeiten, Gedanken zu lesen, müsste ich eigentlich der Obrigkeit melden“ sagte Ulbrich nun lächelnd. „Damit ich als Hexe auf dem Scheiterhaufen verbrannt werde?“ fragte Katrin kokett zurück. Gunther knurrte verärgert. Wann hatte die kleine Magd dieses Spiel gelernt? Hatte sie auch darin Unterricht von seiner Schwester erhalten, dachte er. „Ihr wäret die schönste Hexe, die hier je verbrannt wurde.“ Sagte Ulbrich galant. Widerlich schleimend, dachte Gunther wütend. Er räusperte sich verhalten und beide Menschen vor ihm schreckten auf. Katrin glücklich lächelnd, Ulbrich verärgert.

„Hast du dich in der Gasse geirrt, Freund?“ fragte Ulbrich Gunther unwirsch. Er hatte das kurze Aufleuchten in Katrins Augen wohl gesehen. Bei seinem Erscheinen hatten ihre wunderschön grünen Augen, nie so geleuchtet, dachte er finster. Was wollte dieser Frauenheld hier nur.

„Der Ritter kommt bestimmt, um das Geburtstagsgeschenk für seine Schwester Nicole abzuholen, Ritter Ulbrich“ sagte Katrin schnell. „Lady Nicole hat in drei Tagen Geburtstag. Ihr wurdet doch, ebenso wie ich, zum großen Maskenball eingeladen.“ Setzte sie charmant hinzu. Der Ritter nickte, wandte sich jedoch kurz zu Gunther. „Dieser Vogel steckt so gut wie in meinem Netz, Freund! Du kennst die Regeln der Vogelfänger?“ erinnerte er Gunther leise flüsternd.

„Das Netz wurde noch nicht zugezogen. Noch kann der Vogel seine Flügel ausbreiten“ flüsterte Gunther amüsiert zurück. Ulbrich war tatsächlich eifersüchtig, dachte er plötzlich gutgelaunt. Sein Freund war also noch nicht an sein Ziel gekommen, bei Katrin, gut so. Die Frau hatte also, wie immer, einen gesunden Menschenverstand bewiesen.

„Eure Bestellung ist fertig. Geht doch schon mal ins Geschäft, Ritter Gunther von Lünen. Tina Obrich ist dort. Sie wird euch das fertige Kleid gerne zeigen.“ Sagte Katrin und tat, als hätte sie die Worte der Ritter nicht gehört. Dann wandte sie sich entschuldigend an Ulbrich. „Die Arbeit ruft, Herr. Ritter Gunther hat ein neues Kleid für seine Schwester in Auftrag gegeben. Ich werde ihm jetzt ins Geschäft folgen. Ich kann meine schöne Freundin nicht mit einem Mann allein lassen. Wir sehen uns ja bereits in drei Tagen auf dem Fest wieder“ sagte Katrin galant. Gunther staunte, wie schnell Katrin die Umgangsformen einer Bürgerin gelernt hatte. Die Frau war wirklich ein Wunder, dachte er wieder.

Er sah durch das kleine Schaufenster, wie Ritter Ulbrich schimpfend davonritt. Kein Wunder, Gunther hatte ihm schon mehr Frauen genommen. Und auch Katrin würde er ihm nicht lassen, das schwor sich Gunther in diesem Moment. Katrin hatte wesentlich besseres verdient.