Katzenglück im Doppelpack - Marianne Finze - E-Book

Katzenglück im Doppelpack E-Book

Marianne Finze

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Beschreibung

Im vorliegenden Buch geht es, wie könnte es anders sein, wieder um die samtpfotigen Mitbewohner der Autorin. In ihrem ersten Buch mit dem Titel 'Pfote aufs Herz : ohne Katze geht hier nichts' mussten wir uns mit dem Ende des Buches auch von Kater Pooky trennen. Er hatte einen Termin hoch oben auf seiner Wolke 7. Der Abschied von ihm fiel seiner Menschenfrau unsagbar schwer, und damit sah es fast so aus, als würde sie fortan ein Leben ohne Katze führen. Einen Trennungsschmerz von einer weiteren Katze wollte sie sich nicht zumuten. Doch sie hatte die Rechnung ohne diese samtpfotigen Herzensbrecher gemacht, denn wenn sie sich einmal in unser Leben geschlichen haben, werden wir sie nicht mehr los. Und so dauerte es nicht lange, bis zwei neue Plüschlöwen Herz und Haus der Autorin im Sturm eroberten. Wie wohl alle Katzen, hatten es auch ihre beiden neuen pelzigen Mitbewohner faustdick hinter den Ohren. Dass so ein pelziger Doppelpack wesentlich mehr Leben ins Haus bringt als ein einzelner Vertreter dieser Spezies, blieb den beiden Menschen, nicht lange verborgen. Wie sehr sich die Zweibeiner doch täuschten, als sie dachten, dass sie bereits alles, was man mit Katzen erleben kann, erfahren haben. Sie mussten lernen, dass da noch eine ganze Menge mehr geht. Die beiden neuen vierbeinigen Mitbewohner bewiesen ihnen, dass in einer Katzen-Mensch-Familie immer die Katzen das Sagen haben. Der Mensch ist ihnen nur Untertan, ob er will oder nicht.

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Die Autorin Marianne Finze, in Mecklenburg geboren und aufgewachsen, studierte nach dem Abitur Bibliothekswesen und machte damit ihre Liebe zu Büchern zum Beruf. Doch neben Büchern gehörten auch Tiere schon immer zu ihrem Leben. Dabei haben es ihr Katzen ganz besonders angetan.

Loriot sagte einst: „Ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos“. Für die Autorin sind es die Katzen, ohne die sie sich ihr Leben nicht vorstellen kann. Mit zweien von ihnen, Kater Hannibal und Kater Pooky, verbindet sie viele aufregende, lustige, ja nahezu abenteuerliche Erlebnisse. Diese beiden Herzensbrecher auf vier Beinen haben sie auch dazu inspiriert, die gemeinsamen kleinen Abenteuer aufzuschreiben. Und so entstand das erste Buch um ihre tierischen Lebensbegleiter - „Pfote aufs Herz : ohne Katze geht hier nichts“.

Doch Hannibal und Pooky waren nicht die einzigen Plüschlöwen, mit denen die Autorin einen Teil ihres Lebens verbrachte. Der vorliegende Band „Katzenglück im Doppelpack : ohne Katze geht hier wirklich nichts“ lässt uns an dem teilhaben, was sie mit Katze Gini und Kater Tilli erlebt hat. Auch diese beiden Katzen haben es faustdick hinter den Ohren. Die zahlreichen Geschichten um die pelzigen Mitbewohner der Autorin dürften eindeutig beweisen, dass in einer Katzen-Mensch-Familie immer die Katzen das Sagen haben. Der Mensch ist ihnen nur Untertan, ob er will oder nicht.

Die Autorin lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Katzen nur wenige Kilometer von der Ostseeküste entfernt. An der Küste hat sie fast ihr ganzes bisheriges Leben verbracht. Sie gehört zu ihrem Leben dazu wie Bücher und natürlich wie Katzen.

Eine weitere Leidenschaft ist ihr kleiner Garten, in dem sie nicht nur in der Erde buddelt. Gern betrachtet sie dieses kleine Stück Natur auch durch ihre Kamera und hält mit ihr die vielen kleinen und großen Wunder des Lebens fest. Doch auch außerhalb ihres grünen Gartenparadieses ist sie gern in der Natur unterwegs.

Gewidmet meiner Familie und all den Tieren, mit denen ich mein Leben bisher teilen durfte.

Inhaltsverzeichnis

Ohne Katze geht hier wirklich nichts

Der kleine Riese

Die Qual der Namensgebung

Ist die Katze gesund, freut sich der Mensch

Heilende Pfoten

Die Katze muss sich nur zu helfen wissen

Wie man das Personal fit hält

Wenn der Wurm im Wurm ist

Was der eine nicht will, mag der andere

Tütenspaß

Trocken durch den Tag

Das Teefips-Spiel

Der Baumplünderer

Fang den Fisch

Kater in Aufregung

Eine Hängematte aus Porzellan

Leinen los und auf ins Abenteuer

Hoch hinaus

Alles begann mit einem Vogel

Wir gucken ja nur

Die stolze Jägerin

Entkatzen muss sein

Da liegt was in der Luft

Und wieder wird das Messer gewetzt

Der freche Weihnachtsgast

Das Hausboot

Tilli, der Jäger

Die schwarze Maus

Die nasse Ratte

Das Geheimnis ist gelüftet

Maus auf Maus

Der unfreiwillige Gast

Ostereier mit Schneemützen und ein neues Menschlein

Der neue Hochsitz

Kakteen für die Amsel

Wenn das Körbchen zu klein wird

Das Weihnachtsgeschenk

Winter ohne Ende

Tierrettungsdienst

Wenn die Katze Reizwäsche trägt

Das Messer ist weg

Land unter

Fliegenfänger auf vier Beinen

Wir machen Yoga

Sesselkämpfe

Die graue Jacke

Ein neuer Lebensabschnitt für Mensch und Tier

Danksagung

Und noch etwas zum guten Schluss

In jedem Ende liegt ein neuer Anfang.

Miguel de Unamuno

Ohne Katze geht hier wirklich nichts

An einem Tag im August des Jahres 2003 - einem Tag voller Leben, mit spätsommerlichem Blumenduft, dem Geschwätz der Schwalben auf unserem Dach und dem gemütlichen Summen der von Blüte zu Blüte schwebenden Insekten in unserem Garten – geschah etwas, was wir einem Tag, der geradezu nach Leben schrie, nicht zugetraut hätten. Er nahm uns unseren Kater Pooky. Dreizehn erlebnisreiche Jahre hatten wir mit ihm verbracht und auf einmal sollten wir uns für immer von ihm verabschieden? Viel zu früh, wie es uns schien. Es war ein entsetzlich schwerer Abschied vom Leben für ihn, und für uns war es kaum zu ertragen, nur hilflos zuschauen zu können. Nie werde ich diese letzten Stunden mit Pooky vergessen. Die Hilflosigkeit schnitt tiefe Wunden in mein Inneres. Der Schmerz saß so tief, dass ich mir nicht vorstellen konnte, jemals wieder eine Katze in mein Leben zu lassen. Mit einem neuen pelzigen Mitbewohner wäre irgendwann ein weiterer Abschied verbunden. Diesen Schmerz wollte ich mir nicht noch einmal antun. Zu sehr hatte ich mit Pooky mitleiden müssen.

Man sagt oft: Die Zeit heilt alle Wunden. Ob das ebenso für ein wundes Herz gilt? Ich wage das zu bezweifeln. Aber selbst wenn, eine Narbe bleibt immer zurück – auch im Herzen. Sicher, der Schmerz mag mit der Zeit abnehmen, nicht mehr so arg spürbar sein. Allmählich sehen wir die Welt vielleicht sogar wieder mit anderen Augen. Und etwas, das wir uns fest vorgenommen hatten, kommt noch einmal auf den Prüfstand, denn unser Leben muss weitergehen. Und das spürte irgendwann auch ich.

Je mehr Zeit verging, umso mehr wurde mir klar, dass ich gegen die Leere, die durch den Tod unseres Katers in mir entstanden war, etwas unternehmen musste. Vielleicht würde, auch wenn ich das an Pookys Todestag ausgeschlossen hatte, eine andere Katze gegen meinen Verlustschmerz helfen. Immer öfter ging mir eine solche Option durch den Kopf.

Eines Tages fiel mein Blick beim Zeitungsstudium auf eine Annonce mit drei Katzenkindern, die ihren Menschen fürs Leben suchten. Die Kätzchen waren ein Mix aus Perser- und Norwegischer Waldkatze. Ich fragte mich, wie sie wohl aussehen mochten. Mein Mann schlug nach einem Blick auf die Anzeige vor, die Züchterin anzurufen und mit ihr einen Termin zum Anschauen der Kätzchen auszumachen. Danach würden wir weitersehen.

Bevor ich es mir noch einmal anders überlegen würde, griff ich zum Telefon und wählte die Nummer aus der Anzeige.

Wir durften die Kätzchen noch am selben Nachmittag besuchen. Die Ähnlichkeit mit Pooky war verblüffend. Als ich die kleinen Flauschbälle betrachtete, wusste ich, dass wir nicht ohne eines der Kätzchen wieder fortgehen würden. Es war Liebe auf den ersten Blick.

Das Kleinste der drei eroberte mein Herz im Sturm. Meinem Mann erging es nicht anders. Aber nicht nur wir Menschen hatten unsere Wahl getroffen, auch das winzige Katzenmädchen. Es war sofort auf uns zugegangen und hatte ohne Scheu mit uns gespielt. Wie selbstverständlich ließ es sich dann auch von uns mitnehmen. Es war, als hätten wir uns schon lange miteinander verabredet und jetzt endlich zueinander gefunden.

Wir glaubten fast, die Katzenmutti hatte ihm gesagt, dass es an der Zeit war, in ein neues Zuhause umzuziehen. Wenn demnächst ein Mensch käme, der ihm gefiel, sollte es ihn das deutlich spüren lassen. Und genau diesem Rat war das kleine graue Wuschelwesen gefolgt.

Eine halbe Stunde nach unserem Ausflug zu der Katzenfamilie saß ich mit einer Handvoll Glück auf vier Beinen in unserem Wohnzimmer und lächelte das kleine Fellbündel versonnen an. Wie hatte ich nur denken können, dass für mich ein Leben ohne Katze möglich wäre? Von diesem Tag an wusste ich es besser. Eine Katze gehörte in mein Leben wie die Luft zum Atmen. Ohne sie ging es wohl tatsächlich nicht.

Der kleine Riese

Mein Mann und ich waren uns darüber einig, wenn wir uns erneut auf eine Katze einlassen würden, dann gleich auf einen Doppelpack. Da wir nach wie vor im Berufsleben standen, wäre ein neuer vierbeiniger Mitbewohner tagsüber lange Zeit allein. Langeweile würde für ihn damit vorprogrammiert sein. Doch ein Spielgefährte könnte das Problem lösen.

Bei meinem Zeitungsstudium war mir neben der Anzeige mit den Katzenmädels eine weitere Annonce aufgefallen. Eine Familie auf der Insel Rügen suchte für drei kleine Maine-Coon-Kater ein neues Zuhause. Mit ihrem Alter von zwölf Wochen könnte einer der drei ein passender Spielgefährte für unser Katzenmädchen sein.

Zwei Tage nach dem Einzug der kleinen Plüschlöwin bei uns unternahmen wir erneut einen Ausflug zwecks Katzenbesichtigung. Die Fahrt durch eine vom Herbst bereits bunt angehauchte Landschaft erschien uns durch das diffus flimmernde Licht fast ein wenig unwirklich. Auf den Feldern links und rechts der Straße schritten zahlreiche Kraniche dahin, grasten Schwäne und Gänse. Wir erlebten ein buntes Schauspiel nach dem anderen. Die farbigen Herbstbilder verwandelten unseren Ausflug nebenher in ein bezauberndes Naturerlebnis. Die Zeit verging dadurch fast wie im Fluge.

Bald schon lag der Rügendamm vor uns, das einstige Nadelöhr zur Insel. Nach seinem Überqueren erreichten wir wenig später unser Tagesziel. Ein bisschen aufgeregt hielten wir vor dem Haus, in dem die drei kleinen Kater auf uns warteten. Wir hatten noch nicht einmal den Klingelknopf gedrückt, als sich bereits die Tür für uns öffnete. Wir wurden herzlich begrüßt und ins Haus gebeten.

Und dann standen wir vor den Plüschwesen und staunten über die Größe der Jungs. Die zwölf Wochen alten Kätzchen hatte ich mir wesentlich kleiner vorgestellt. Mir war zwar bekannt, dass Maine-Coon-Katzen mit zu den größten ihrer Art überhaupt gehören. Dass der Unterschied zu anderen Rassen in diesem zarten Alter bereits so enorm war, hatte ich nicht erwartet. Das waren schon eher kleine Löwen. Doch trotz der Größe gefielen sie uns sehr.

Da einer der drei Kater bereits in ein neues Zuhause umgezogen war, konnten wir nur noch zwischen zwei Plüschlöwen wählen. Dass einer der beiden mit uns reisen würde, stand für uns fest. Wir entschieden uns recht schnell für den Größeren und Lebhafteren. Der Kleinere war eher zurückhaltend und uns gegenüber sogar ein wenig misstrauisch. Sein großer Bruder aber zeigte sich ebenso spiel- und kontaktfreudig wie unser Katzenmädchen daheim. Das sollte unserer Ansicht nach passen.

Nur wegen des Größenunterschiedes kamen mir noch einmal Bedenken. Würde dieser kräftig gebaute und schwergewichtige Plüschlöwe unser Minikätzchen daheim nicht beim Spiel erdrücken? Doch dem Charme des samtenen Riesen konnte ich mich beim besten Willen nicht entziehen. Unserem Katzenmädchen würde es sicher nicht anders ergehen.

Obwohl wir der Rügener Familie mehrmals versicherten, dass der Kater es gut bei uns haben und sogar eine Spielgefährtin auf ihn warten würde, blickten uns beim Abschied drei traurige Augenpaare hinterher. Der Kater war der Familie trotz der wenigen Wochen, in denen er bei ihnen gelebt hatte, ans Herz gewachsen. Und nun verließ ihr Ziehkind sie für immer. Ich verstand ihren Abschiedsschmerz. Mir wäre es an ihrer Stelle nicht anders ergangen. Aber noch schwerer wäre ihnen wohl der Abschied vom kleineren Bruder gefallen. Während wir mit den Katzen spielten, hatte ich ein leises Flüstern vernommen: „Hoffentlich nehmen sie nicht den Kleinen.“

Die Worte bestätigten mich nur noch in unserer Wahl. Der Kleine war ja nun auch bei ihnen geblieben.

Als ich einige Tage später mit der Familie telefonierte, wohnte der kleine Bruder noch immer bei ihnen. Vielleicht durfte er am Ende sogar auf Lebenszeit bleiben.

Nachdem wir uns endlich verabschiedet hatten, ging es für uns samt der neuen pelzigen Fracht wieder auf die lange Reise in Richtung Heimat. Wir waren kaum losgefahren, als unser Fahrgast auch schon anfing zu jammern. Fehlten ihm bereits jetzt seine Geschwister, seine Katzeneltern und seine menschliche Familie? Ob es die ganze lange Fahrt über so weitergehen würde? Das konnte noch eine nervenaufreibende Reise werden.

Aber je länger wir unterwegs waren, umso leiser wurde das Maunzen, bis es auf einmal versiegte. War der arme Kerl jetzt vor lauter Erschöpfung eingeschlafen? Oder war ihm nur wegen der Dauermaunzerei die Stimme versagt? Ich drehte mich zur Rücksitzbank um, auf der der Korb mit dem Kater stand, und stellte beruhigt fest, dass der Plüschlöwe tief und fest schlief. Wie wohltuend diese Ruhe auf einmal war. Ich atmete entspannt aus.

Unser Reisegefährte öffnete die Augen erst wieder, als die Rüttelbewegung des Autos abrupt endete. Wir hatten unser Ziel erreicht, wir waren wieder zuhause.

Wir hatten die Haustür kaum geöffnet, als unser Katzenmädchen auch schon angesprungen kam. Wie froh war es, endlich wieder Gesellschaft zu haben! Den ganzen Tag allein zu sein, hatte ein Kätzchen, das von einem Tag auf den anderen ohne Geschwister war, auf eine harte Geduldsprobe gestellt. Doch mit der Einsamkeit war es jetzt vorbei. Wir hatten einen Spielgefährten mitgebracht.

***

Na endlich sind sie wieder da, die beiden Menschen. Ich habe schon so auf sie gewartet. Erst haben sie mich hierhergeholt und dann sind sie gleich wieder verschwunden. Ich hatte nicht einmal ein Geschwisterchen zum Spielen, mit dem ich mir die Zeit vertreiben konnte. Es war soooo langweilig.

Aber was nur haben die Menschen in dem Korb mitgebracht? In dem habe ich doch gerade noch gesessen, als sie mich hergeholt haben. Riecht das etwa nach einer anderen Katze? Oder täuscht das? Ob ich mich ein bisschen näher herantrauen kann? Bestimmt. Was soll schon passieren? Das Türchen ist ja zu.

Mau! Was war denn das eben? Hat der Korb etwa gefaucht? Wie hab‘ ich mich erschrocken! Abstand halten ist wohl doch besser. Na, und jetzt sowieso, wo die Menschenfrau gerade dabei ist, das Türchen vom fauchenden Korb zu öffnen. Fremde Krallen mag ich nicht spüren, nur weil ich meine Nase zu weit vorgereckt habe.

Nun ist die Tür weit auf, aber nichts passiert, rein gar nichts. Kein Mucks ist zu hören. Wie spannend das ist. Trotzdem ist es wohl besser, Abstand zu halten.

***

Der Kater ließ sich Zeit. Außer einem leisen Fauchen gegenüber der sich ihm nähernden kleinen Plüschlöwin gab es keine weitere Reaktion. Es dauerte eine Ewigkeit, bis endlich vorsichtig ein Kopf aus der Türöffnung lugte. Ihm folgte erst eine Pfote, dann schoben sich, wie im Zeitlupentempo, die anderen Pfoten aus dem Transportkorb. Die Nase prüfte laufend die Luft auf feindliche Düfte. Doch die leckeren Gerüche, die von der Küche her aus den frisch gefüllten Futternäpfen zu ihm hinüberwaberten, verfehlten nicht ihre Wirkung. Einen Moment lang schnupperte der Kater noch sichernd um sich, dann steuerte er zielsicher auf die Teller mit dem appetitlich duftenden Inhalt zu. Seine ehemalige Familie hatte ihm nur eine Notverpflegung mit auf die Reise gegeben. Zunächst hatte er die Notreserve vor lauter Aufregung nicht beachtet, sie dann aber irgendwann aus lauter Frust doch gefressen. Ordentlich gesättigt hatten ihn die wenigen Leckerlis aber nicht. Nach all dem Stress brauchte selbst der stärkste Kater endlich etwas Pfotenfestes in seinem Magen. Wohlig schmatzend fraß er den Futternapf leer.

Dann war der Napf bis auf den letzten Krümel blankgeputzt. Es war an der Zeit, endlich seine neue Umgebung zu erkunden. Der Kater, der sich eben noch übervorsichtig verhalten hatte, machte sich selbstbewusst zu einem Rundgang durch unser Haus auf den Weg. Erstaunlich unaufgeregt wanderte er von einem Zimmer ins nächste.

Unser Katzenmädchen, das den Kater genauso aufmerksam beobachtet hatte wie wir Menschen, heftete sich sofort an seine flauschigen Fersen. Der Kater setzte stur seine Hausbesichtigung fort. Dem kleinen grauen Schatten, der ihn auf Schritt und Tritt verfolgte, schenkte er keinen Blick. Er hatte Wichtigeres zu tun. Er musste erkunden, wo er auf einmal gelandet war.

Diese Nichtachtung gefiel der kleinen grauen Katze überhaupt nicht. Das musste sich sofort ändern. Als der Kater, der sie nach wie vor nicht wahrzunehmen schien, zur Badbesichtigung ansetzte, schnitt sie ihm entschlossen den Weg ab. Mit aufgeplustertem Fell und dickem Bürstenschwanz baute sie sich quer vor ihm auf. Die kleine Katze hatte sich auf einmal in eine große Löwin verwandelt. Amüsiert beobachteten wir das Schauspiel zwischen den beiden Plüschlö-wen. Die Körpersprache der kleinen Katzendame sprach Bände:

***

„Was bist Du nur für ein Flegel? Warum tust Du so, als wäre ich gar nicht da? Das geht ja gar nicht. Und guck mich nicht so erstaunt an, als würde ich Dir erst jetzt auffallen!“

„Wie? Was? Ich hab‘ Dich kleine graue Maus wirklich jetzt erst gesehen. Was willst Du von mir? Lass mich erst einmal in Ruhe gucken, wo ich hier gelandet bin.“

„Was gibt es da viel zu gucken? Du siehst doch, das ist ein schönes großes Zuhause mit viel Platz zum Spielen für zwei Katzen wie uns. Gucken kannst Du später immer noch. Ich zeig‘ Dir alles. Komm, lass uns erst einmal spielen! Ich leide schon unter Entzugserscheinungen. Ich war heute nämlich den ganzen Tag allein. Keiner hat auch nur eine Sekunde mit mir gespielt.“

***

Wenn das nicht mehr als deutliche Worte an den Neuzugang waren. Ich bewunderte den Mut der kleinen Katze, war sie doch fast nur halb so groß wie der Kater. Meine Bedenken, sie würde sich durch seine stattliche Größe beeindrucken lassen, lösten sich nach ihrer gekonnten Vorstellung in Luft auf. Unser Katzenmädchen strotzte nur so vor Selbstbewusstsein.

Wie hätte der kleine Riese einer solchen Einladung zum Spiel widerstehen können? Er wollte sich auch gar nicht länger sträuben. Seine Zurückhaltung vom Anfang war bald verschwunden. Wie zwei, die sich schon immer kannten, tobten die beiden Katzenkinder noch am selben Abend wild durch unser Haus. So stürmisch, dass ich erneut befürchtete, der fast doppelt so große und schwere Kater würde das winzige Katzenmädchen gleich erdrücken. Doch die kleine Plüschlöwin ließ sich nicht einschüchtern. Sie hielt der Größe und dem Gewicht des Katers eine gehörige Portion an Schnelligkeit und Pfiffigkeit entgegen. Manchmal meinte ich fast, sie laut lachen zu hören, wenn sie dem Kater wieder einmal geschickt entwischt war.

Die Qual der Namensgebung

Unser Katzenmädchen war mit einem Rundumsorglospaket zu uns gekommen. Es war geimpft und entwurmt, selbst einen Namen hatte es. Für seine Katzenmutti muss es der siebte Wurf gewesen sein. Wie es in Züchterkreisen üblich ist, trugen die drei Katzenbabys alle einen Namen mit dem siebten Buchstaben aus dem Alphabet, dem „G“.

Unsere kleine Plüschlöwin hatte nach diesem Schema den Namen Georgina erhalten. Ob der Winzling damit einverstanden war, sei dahingestellt. Befragt worden war er sicher nicht. Warum auch sollte man eine Katze nach ihrem Namenswunsch befragen? Selbst wir Menschen können keinen entsprechenden Wunsch äußern. Auch wir sind bei der Namensgebung auf den Geschmack unserer Eltern angewiesen. Einspruch ist nicht möglich, zumal einem ein paar Tage nach der Geburt noch die Worte fehlen. Und ob eine so winzige Katze schon in der Lage ist, entsprechend laut zu maunzen, das ist ebenso fraglich. So oder so – keine Chance auf Gegenwehr.

Doch lange gaben wir uns mit diesem eher sperrigen Namen nicht ab. Schon bald nannten wir das kleine graue Wuschelwesen nur noch Gini. Die Kurzform klang melodischer und freundlicher als das lange Georgina. Ob unsere kleine Katzendame ebenso empfand? Hatte ich nicht sogar gelesen, dass Katzen gut auf ein „I“ am Ende ihres Namens reagieren? Dann passte das doch perfekt!

Schwieriger gestaltete sich die Namenssuche für unseren kleinen Riesen. Er war als „der Große“ zu uns gekommen. Sein Bruder hieß bei der Rü-gener Familie entsprechend „der Kleine“. Ob die damaligen Menschen der beiden Vierbeiner befürchtet hatten, sich nicht mehr von den Katzenkindern trennen zu können, wenn sie ihnen erst einen richtigen Namen gegeben hatten? Ein Name baut doch immer eine gewisse Art von Bindung auf. So betrachtet war es sicher besser, die Kater nur nach ihrer Größe zu benennen.

Die Frage war nun, ob unser neuer Hausgenosse bei uns „der Große“ bleiben sollte. Aber hatte er nicht Besseres verdient als diese schlichte Größenangabe? Dass er kräftig zu mauzen verstand, hatten wir auf der Fahrt zu uns nach Hause erlebt. Seinen Wunschnamen würde er uns wohl trotzdem nicht maunzen können, es sei denn, wir würden ihn Mauz nennen. Doch war das nicht zu einfach? Ein paar mehr Gedanken sollten wir uns wohl doch um seinen Namen machen.

Katers Eltern waren von adliger Herkunft. Sie konnten sogar auf einen Stammbaum zurückblicken. Ob ihr Sohn nun auch auf einen entsprechend edlen Namen bestehen würde? Wir könnten uns natürlich bei der Namenswahl auch an diese Wurfregel aus Züchterkreisen halten. Ein Name mit dem Anfangsbuchstaben „A“ sollte uns doch wohl einfallen. Aber wenn man dann einen Namen sucht, ist man auf einmal ratlos. Wir waren ein gutes Beispiel dafür. Wir grübelten und grübelten und kamen zu keinem Ergebnis. So blieb unser neuer Mitbewohner noch eine Zeitlang namenlos. Irgendwann würde sich schon ein Name finden. Und genauso war es dann auch.

Eines Tages spukte mir wieder einmal unser verschollener Kater Hannibal, der Vorgänger von Kater Pooky, durch den Kopf. Und da hatte ich eine Eingebung.

Von Hannibal, dem bekannten Feldherrn aus der Geschichte, war ich auf einmal bei Attila, dem Hunnenkönig, gelandet. Und genau das war er, der Name für unseren neuen vierbeinigen Mitbewohner. Auch hier kam es, wie es kommen musste. Aus Attila wurde bald Tilli. Und schon passte es wieder mit der katzenohrenfreundlichen Endung „I“ beim Namen.

Ist die Katze gesund, freut sich der Mensch

Die Namensgebung für den Kater war endlich erledigt. Was noch fehlte, war ein Termin bei unserer Tierärztin, Tilli musste entwurmt und geimpft werden.

Ich habe in meinem Leben schon viele Tierarztbesuche mit unseren Vierbeinern hinter mich gebracht. Inzwischen neige ich zu der Annahme, dass dem armen Patienten mit der ersten Impfung auch die Furcht vor dem nächsten Tierarztbesuch eingeimpft wird. Und nicht nur die Furcht, sondern auch die Vorahnung, dass es und wann es in die Tierarztpraxis geht. Die Katzen versteckten sich bereits, wenn ich nur daran dachte, dass ich mit ihnen wieder einmal zum alljährlichen Gesundheitscheck muss. Und dann das Geschrei, das sie jedes Mal im Auto veranstalteten, als würde gleich ihre letzte Stunde schlagen. Oder war ihnen allen nur die Autofahrt unheimlich? Doch andererseits hatte sich Tillis Gemaunze beispielsweise auf der Fahrt von der Insel Rügen zu uns nach Hause im Vergleich zu seinem Geschrei bei den Fahrten zum Tierarzt nur wie ein leises Flüstern angehört. Es muss also doch am Tierarzt und nicht am Auto liegen.

Die Panik der Katzen übertrug sich jedes Mal nicht nur auf mich, auch die bis eben vielleicht noch ruhige Zweitkatze ließ sich nur zu gern von dem Geschrei anstecken. Mir brach jedes Mal schon lange vor Fahrtantritt der Angstschweiß aus.

Doch mit Tillis absolviertem Tierarztbesuch konnte ich erst einmal aufatmen. Sein Gemaunze hatte sich dieses Mal noch in Grenzen gehalten. Und an den nächsten Termin wollte ich lieber noch nicht denken.

Ein Entwurmungsmittel für Tilli hatte mir die Tierärztin mitgegeben. Dazu war zum Glück für Katz und Mensch kein erneuter Praxisbesuch notwendig. Das Entwurmen würde ich locker hinbekommen. Ich hatte ja ausreichend Erfahrung mit Katzen, bildete ich mir jedenfalls ein.

Wie ich mich in diesem Punkt doch irrte!

Heilende Pfoten

Die beiden neuen Vierbeiner hielten uns vom ersten Tag ihres Einzugs an ständig in Atem. Doch genau das hatte mein wundes Herz gebraucht. Wanderten meine Gedanken wieder einmal zu Pookys letztem Tag, lenkten mich die Katzenkinder mit ihrem munteren Spiel schnell von meinen düsteren Gedanken ab. Mit Ginis und Tillis Hilfe schloss sich langsam das schwarze Loch, das Pookys Tod in meinem Inneren gerissen hatte. Es schmerzte nicht mehr so heftig, wenn dieser Tag wieder vor mir erschien. Die schönen Erinnerungen an Pooky traten mehr und mehr in den Vordergrund. Sie ließen mich sogar schmunzeln, wenn er wieder einmal meine Gedanken beherrschte.

Dass Gini und Tilli inzwischen in ihrem neuen Zuhause bei uns angekommen waren, zeigten sie uns jeden Tag, wenn wir von der Arbeit heimkehrten, mit ihrer stürmischen Begrüßung. Nichts hätte uns besser beweisen können, dass ihnen ihr Leben mit uns gefiel. Wir waren ihre neue Familie. Wenn sie nicht gerade miteinander spielten, wichen sie kaum von unserer Seite. Sie wollten überall dabei sein. Ohne sie ging nichts mehr in dieser neuen Katzen-Mensch-Familie. Davon waren die beiden fest überzeugt. Doch wir Menschen sahen es nicht anders. Wir brauchten die beiden Plüschlöwen, um endlich wieder rundum glücklich zu sein. Sie waren zu einem festen Bestandteil unseres Lebens geworden.

Dass wir mit den beiden Katzenkindern eine gute Wahl getroffen hatten, bewiesen sie uns jeden Tag. Die beiden waren zu einem wahren Traumteam zusammengewachsen. Schon lange befürchtete ich nicht mehr, dass Tilli seine kleine Spielgefährtin beim Herumtollen erdrücken würde. Gini war einerseits so flink unterwegs, dass der Kater oft gar nicht so schnell hinterherkam. Andererseits erwies sich der wesentlich größere Tilli als vorsichtiger und feinfühliger Spielkamerad. Quiekte Gini doch einmal, weil sich das Spiel zu heftig entwickelt hatte, ließ er sofort von ihr ab.

Unsere Hoffnung, dass sich die Katzen gut verstehen würden, hatte sich erfüllt.

Die Katze muss sich nur zu helfen wissen

Gewöhnlich bereite ich das Futter für unsere Katzen auf der Arbeitsfläche in der Küche vor. Zum Leidwesen von Gini und Tilli wurde die so lecker duftende Mahlzeit weit oberhalb ihrer Augenhöhe auf die Futterteller gefüllt. Wie gern hätten sie dabei zugeschaut.

Wie jeden Tag holte ich das Futter für unsere Plüschlöwen auch an diesem Morgen aus dem Hauswirtschaftsraum und stellte es auf die Arbeitsfläche in der Küche. Schnell griff ich noch nach den beiden Futtertellern vor dem Küchenschrank. Unsere pelzigen Feinschmecker hatten am Vorabend wieder einmal ein Anstandshäppchen zurückgelassen. Schade drum, doch die trockenen Überbleibsel würden sie nicht mehr anrühren. Ich schüttete den Futterrest fort, spülte die Teller ab und beugte mich zum Geschirrtuch hinüber, um es vom Haken zu nehmen.

Auf einmal durchfuhr mich am rechten Bein ein stechender Schmerz. Ich kam vor Schreck fast aus dem Gleichgewicht. Und dann sauste der Schmerz hinauf an meinem Bein bis hoch zur Hüfte. Fast hätte ich den Teller fallengelassen, den ich zum Abtrocknen in der Hand hielt. Doch dann, so schnell, wie der Schmerz gekommen war, verließ er mich wieder. Er hüpfte mit einem fröhlichen Mau auf den Katzenlippen von meiner Hüfte hinüber auf die Arbeitsfläche und schaute mich stolz an. Der pieksende Schmerz, hervorgerufen von Katzenkrallen, hatte einen Namen. Er hieß Gini.

***

Na, wie hab‘ ich das gemacht? Staunst Du nicht darüber, was ich schon alles kann?

***