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»Die zornige Stimme der Internierten« – Süddeutsche Zeitung
Der kurdisch-iranische Journalist Behrouz Boochani wurde Anfang 2013 auf der berüchtigten Abschiebeinsel Manus Island in einem von Australien betriebenen Auffanglager als staatenloser Flüchtling interniert. Bald wurde er als Sprecher der unter unfassbaren Zuständen festgehaltenen »Boatpeople« erneut zur Zielscheibe von Repression und Erniedrigung. Die bewegende Geschichte seiner Flucht und seiner über sechs Jahre andauernden Inhaftierung hat er über Monate hinweg als Kurznachrichtengewitter an seinen Übersetzer geschrieben. Satz für Satz. Auf einem Handy.
»Woher bin ich gekommen? Aus dem Land der Flüsse, dem Land der Wasserfälle, dem Land der uralten Gesänge, dem Land der Berge [...]. Die Leute rannten in die Berge, um den Kriegsflugzeugen zu entkommen, und sie fanden Asyl in ihren Walnusswäldern [...]. Haben Kurden noch irgendwelche anderen Freunde, außer den Bergen?«
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Seitenzahl: 552
Zum Buch
Der kurdische Journalist Behrouz Boochani musste aus dem Iran fliehen und wurde Anfang 2013 auf der berüchtigten Abschiebeinsel Manus Island in einem von Australien betriebenen Auffanglager als staatenloser Flüchtling interniert. Bald wurde er als Sprecher der unter unfassbaren Zuständen festgehaltenen »Boatpeople« erneut zur Zielscheibe von Repression und Erniedrigung. Die bewegende Geschichte seiner Flucht und seiner über sechs Jahre andauernden Inhaftierung hat er über Monate hinweg als Kurznachrichten an seinen Übersetzer geschrieben. Satz für Satz. Auf einem Handy.
»Woher bin ich gekommen? Aus dem Land der Flüsse, dem Land der Wasserfälle, dem Land der uralten Gesänge, dem Land der Berge […]. Die Leute rannten in die Berge, um den Kriegsflugzeugen zu entkommen, und sie fanden Asyl in ihren Walnusswäldern […]. Haben Kurden noch irgendwelche anderen Freunde, außer den Bergen?«
Zum Autor
BEHROUZ BOOCHANI, geboren 1983, ist ein kurdisch-iranischer Journalist, Autor und Filmemacher. Bis zu seiner Flucht vor der Verfolgung durch die iranischen Sicherheitsbehörden im Jahr 2012 war er in Teheran Chefredakteur eines liberalen Magazins für Politik und Kultur. Für »Kein Freund außer den Bergen« erhielt er Anfang 2019 den wichtigsten Literaturpreis Australiens. Trotz der teils massiven Einschränkungen erscheinen seine Texte regelmäßig in zahlreichen Zeitungen und Nachrichtenportalen, darunter The Guardian, Huffington Post, Financial Times und Sydney Morning Herald. Außerdem ist er Preisträger zahlreicher Menschenrechts-, Journalismus- und Aktivismuspreise, u. a. des »Anna-Politkowskaja-Awards for Journalism 2018«. Seit November 2019 ist er in Freiheit. Nach über sechs Jahren illegaler Haft auf Manus Island.
Behrouz Boochanimit Omid Tofighian
KEIN FREUND AUSSER DEN BERGEN
Nachrichten aus dem Niemandsland
Aus dem Englischenvon Manfred Allié und Gabriele Kempf-AlliéMit einem Vorwort von Richard Flanagan
Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »No Friend but the Mountains. Writing from Manus Prison« im Verlag Picador Australia, Sydney.Die Namen einiger Personen in diesem Buch sind geändert, um ihre Persönlichkeitsrechte zu schützen.
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Deutsche Erstausgabe März 2020
Copyright der Originalausgabe © 2018 by Behrouz Boochani
Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2020 by btb Verlag
in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Umschlaggestaltung: semper smile, München, nach einem Entwurf von Picador Australia
Umschlagmotiv: © Jonas Gratzer
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-25408-7V001
www.btb-verlag.de
www.facebook.com/btbverlag
Vorwort
1 Unter Mondlicht / Die Farbe der Beklemmung
2 Berge und Wellen / Kastanien und Tod / Jener Fluss … dieses Meer
3 Das Floß des Fegefeuers / Monde werden von furchtbaren Wahrheiten künden
4 Die Kriegsschiff-Meditationen / Unsere Golshifteh ist wirklich eine Schönheit
5 Eine Weihnachtsgeschichte / Ein staatenloser Rohingyajunge, der in die Verbannung muss
6 Die fahrenden Qawliya treten auf / Schleiereulen schauen zu
7 Der greise Generator / Der Premierminister und seine Töchter
8 Anstehen als Folter: Das Prinzip Manus / Die glückliche Kuh
9 Vatertag / Der märchenhafte Mangobaum und der sanfte Riese
10 Grillengezirp, Rituale der Grausamkeit / Eine mythische Topographie des Gefängnisses Manus
11 Blumen wie Kamillenblüten / Ansteckung: Das Gefängnis-Manus-Syndrom
12 Im Zwielicht / Die Farben des Krieges
Die Geschichte des Übersetzers: Ein Fenster auf die Berge
Reflexionen von Omid Tofighian
Ein rechtlicher Hinweis
Für Janet Galbraith /Die ein Vogel ist
Kein Freund außer den Bergen ist ein Buch, das mit vollem Recht seinen Platz neben den großen Kerkerbüchern der Weltliteratur einnehmen kann, Werken wie Oscar Wildes De Profundis, Antonio Gramscis Gefängnishefte, Ray Parkins Into the Smother, Wole Soyinkas Der Mann ist tot und Martin Luther Kings »Brief aus dem Gefängnis von Birmingham«.
Allein schon, dass es dieses Buch gibt, ist ein Wunder. Ein junger kurdischer Dichter, Behrouz Boochani, hat es in persischer Sprache geschrieben, in Zeiten größter Bedrängnis, unter Folter und Leid, mit außerordentlichem Mut und unglaublicher Beharrlichkeit. Er schrieb es nicht auf Papier oder am Computer, sondern tippte es mit seinen beiden Daumen auf dem Telefon und schmuggelte es in Tausenden von SMS-Nachrichten aus dem Internierungslager auf der Insel Manus.
Wenn wir die Leistung von Behrouz Boochani würdigen wollen, sollten wir als Erstes an die Schwierigkeiten denken, unter denen der Text entstand, Umstände, unter denen es dieses Buch eigentlich gar nicht geben könnte. Die australische Regierung hat alles getan, um den Asylsuchenden alles Menschliche zu nehmen. Ihre Namen, ihre Geschichten werden uns vorenthalten. In den Lagern auf Nauru und Manus sind sie grausam eingesperrt wie in einem Zoo. Systematisch nimmt man ihrem Leben jeden Sinn.
Bei diesen Gefangenen handelte es sich durchweg um Leute, die ohne Anklage eingekerkert waren, ohne Verhandlung und ohne Urteil. Es ist ein ausgesprochen kafkaeskes Schicksal, das sehr oft die grausamste aller Wirkungen zeitigt – genau diejenige, auf die ihre australischen Kerkermeister es anlegen –, nämlich die Zerstörung aller Hoffnung.
So wurde der Ruf nach Freiheit zu verkohltem Fleisch, als der 23-jährige Omid Masoumali seinen Leib anzündete. Und die Schreie von Hosan Yasin, als auch sie sich verbrannte, 21 Jahre alt.
Das ist aus unserem Land, Australien, geworden.
Vergebliches Flehen einer Frau, auf Nauru vergewaltigt.
Ein Mädchen, das sich die Lippen zunähte.
Ein Flüchtlingskind, das sich ein Herz in die Hand ritzte und nicht wusste, warum.
Auch Behrouz Boochani begehrte auf, doch er wählte eine andere Form. Denn das eine, was seine Kerkermeister bei Behrouz Boochani nicht zerstören konnten, war sein Glaube an die Sprache: ihre Schönheit, ihre Notwendigkeit, ihre Möglichkeiten und ihre befreiende Kraft.
Und so machte Behrouz Boochani als Gefangener eine der erstaunlichsten Karrieren, die man in der australischen Presse je gesehen hat: Er berichtete über die Geschehnisse auf der Insel Manus in Gestalt von Tweets, SMS, Handyvideos, Telefonanrufen und E-Mails. Damit trotzte er der australischen Regierung, die alles tat, um zu verhindern, dass die Gefangenen ihre Geschichten erzählten, und immer wieder Journalisten den Zugang zu den Inseln Manus und Nauru verweigerte; ja, die nicht davor zurückschreckte, den drakonischen Paragrafen 42 des Grenzschutzgesetzes (Australian Border Force Act) zu verabschieden, der bis zu zwei Jahre Gefängnisstrafe für Ärzte oder Sozialarbeiter vorsah, die öffentlich von Prügeln, Kindesmissbrauch, Vergewaltigung und Sadismus sprachen.
Am Ende las die ganze Welt seine Worte, man hörte sie jenseits der Meere, sie übertönten das schrille Geschrei der Legionen bezahlter Propagandisten. Mit nur der Wahrheit als Kampfgefährten und einem Telefon in der Hand öffnete ein einzelner eingesperrter Flüchtling der ganzen Welt die Augen und machte das unglaubliche Verbrechen der Australier bekannt.
Behrouz Boochani hat nun ein eigentümliches und aufrüttelndes Buch geschrieben, die Chronik des Schicksals eines jungen Mannes, der fünf Jahre auf der Insel Manus als Opfer der Flüchtlingspolitik der australischen Regierung zugebracht hat – einer Politik, in der die beiden großen Parteien des Landes einander, und das in aller Öffentlichkeit, an Grausamkeit überbieten.
Die Lektüre dieses Buches ist nicht leicht. Wir Australier halten uns für anständige, freundliche, großzügige Leute, Fairness steht hoch im Kurs. Keine von diesen guten Eigenschaften ist in Boochanis Bericht zu finden, denn dort geht es um Hunger, Elend, Prügel, Selbstmord und Mord.
Seine Beschreibungen der australischen Schergen auf Manus erinnerte mich schmerzlich an die Erzählungen meines Vaters über die Grausamkeiten der Kommandeure in den japanischen Kriegsgefangenenlagern, unter denen er und seine Mitgefangenen so schwer zu leiden hatten.
Wie tief sind wir gefallen, wenn wir es nun sind, die solche Verbrechen begehen?
Am Ende dieses Berichts bleibt eine Rechnung offen. Jemand muss die Verantwortung für diese Verbrechen übernehmen. Denn wenn nicht, dann können wir aus der Geschichte eines mit Gewissheit lernen: Die Ungerechtigkeiten von Manus und Nauru werden sich wiederholen, in größerem, weiterem, unendlich tragischerem Maßstab in ganz Australien.
Es gibt Verantwortliche, und sie sind es – und nicht die Unschuldigen, deren Leid uns dieses Buch mit so verstörender Klarheit vor Augen führt –, die im Gefängnis sitzen sollten.
Aber dieses Buch ist etwas Bedeutenderes als einfach nur ein J’accuse. Es ist ein großer Sieg, errungen von einem jungen Dichter, der uns allen vor Augen geführt hat, welche Wirkung Worte auch heute noch haben können. Australien hat seinen Leib ins Gefängnis gesteckt, aber seine Seele blieb die eines freien Mannes. Heute sind seine Worte unwiderruflich die unseren, die Geschichte unseres Landes wird in Zukunft für das Schicksal dieses Mannes Rechenschaft abzulegen haben.
Ich hoffe, dass der Tag kommt, an dem ich Behrouz Boochani in Australien willkommen heißen kann, und zwar als den, als der er sich für meine Begriffe in diesem Buch erweist. Als Schriftsteller. Als großer australischer Schriftsteller.
Richard Flanagan, 2018
Es gibt eine Insel, fernab von allem, in einem verschwiegenen Ozean, und dort werden Menschen gefangen gehalten. Die Menschen haben keinen Zugang zur Welt jenseits der Insel. Sie können die Gesellschaft direkt vor den Toren des Gefängnisses nicht sehen, und noch weniger erfahren sie, was in anderen Teilen der Welt geschieht. Sie sehen nur einander und hören nur die Geschichten, die sie einander erzählen. Das ist ihre Realität: Sie sind zermürbt von ihrer Isolation, vom Eingesperrtsein, aber sie haben auch gelernt, ihr Unglück zu ertragen.
Irgendwie macht im Gefängnis die Nachricht die Runde, es gäbe eine andere Insel, auf der der Verstand frei ist, frei zu wissen und kreativ zu sein. Die Gefangenen bekommen eine Ahnung davon, wie das Leben auf der anderen Insel ist, aber sie haben nicht die Fähigkeit und nicht die Erfahrung, es wirklich zu begreifen. Die Menschen auf der anderen Insel sehen mehr: Sie sehen Dinge, die die Gefangenen nicht sehen, sie schaffen Dinge, die die Gefangenen nicht schaffen, und mit Sicherheit wissen sie Dinge, die die Gefangenen nicht wissen können. Manche unter den Gefangenen verachten die Leute auf der anderen Insel. Manche verstehen die Leute dort einfach nicht oder versuchen sie schlechtzumachen. Manchen ist die andere Gesellschaft gleichgültig. Manche von den Gefangenen empfinden Mitleid mit ihnen, weil sie fest davon überzeugt sind, dass ihre eigene Lage sich bessern wird und am Ende sie die größere Freiheit haben werden.
Die eine Insel ist das genaue Gegenteil der anderen. Die eine Insel tötet die Visionen, die Kreativität, das Wissen – sie steckt die Gedanken ins Gefängnis. Die andere Insel nährt die Visionen, die Kreativität, das Wissen – sie ist ein Land, in dem der Verstand frei ist.
Die erste Insel ist der Siedlerkoloniestaat Australien, und die Gefangenen sind die Siedler.
Auf der zweiten Insel liegt das Gefängnis Manus, und das Wissen ist das der dort gefangen gehaltenen Flüchtlinge.
Unter Mondlicht /Die Route unbekannt /Der Himmel die Farbe größter Beklemmung.
Zwei Lastwagen mit verängstigten, unruhigen Menschen auf dem gewundenen Weg durch ein Felslabyrinth. Sie fahren in vollem Tempo, rundum Dschungel, aus dem Auspuff ein furchterregendes Fauchen. Die Seiten der Fahrzeuge sind mit schwarzem Tuch verhüllt, das Einzige, was wir sehen, sind die Sterne über uns. Frauen und Männer sitzen dicht gedrängt, ihre Kinder auf dem Schoß … Wir blicken hinauf zum Himmel, die Farbe größter Beklemmung. Von Zeit zu Zeit verändert jemand ein klein wenig seine Position auf der hölzernen Ladefläche, damit das Blut in den müden Muskeln wieder fließt. Wir sind erschöpft vom Sitzen, aber trotzdem müssen wir unsere Kräfte schonen, für den Rest der Reise.
Sechs Stunden lang habe ich gesessen, ohne mich zu rühren, mit dem Rücken an die Holzwand der Pritsche gelehnt, einem alten Trottel zugehört, der sich über die Schleuser beschwerte, ein steter Strom Schimpfwörter aus seinem zahnlosen Mund. Drei Monate sind wir hungrig und elend durch Indonesien geirrt, doch immerhin hat es uns dies hier beschert, die Straße durch den Dschungel, an deren Ende der Ozean liegt.
In einer Ecke der Pritsche, gleich an der Luke, ist eine improvisierte Trennwand aus Tuch errichtet; ein Sichtschutz, damit die Kinder in leere Wasserflaschen pinkeln können. Keiner achtet darauf, wenn ein paar hochmütige Männer hinter den Schirm gehen und die Flaschen mit Urin über Bord werfen. Keine von den Frauen rührt sich. Bestimmt müssen auch sie austreten, aber vielleicht gefällt ihnen die Vorstellung nicht, hinter dem Tuch ihre Blase zu entleeren.
Viele Frauen halten ihre Kinder im Arm, in Gedanken bei dem gefährlichen Weg übers Meer. Die Kinder hüpfen auf den Schößen, erschrecken bei jedem Schlagloch und den Buckeln der Straße. Selbst die ganz jungen spüren die Gefahr. Man hört es am Tonfall ihrer Schreie.
Das Dröhnen des Lastwagens /Das Diktat des Auspuffs /Furcht und Beklemmung /Der Fahrer befiehlt uns: Bleibt sitzen.
Ein dünner Mann mit dunklem, wettergegerbtem Gesicht steht nahe der Luke, gebietet regelmäßig mit Gesten Schweigen. Doch die Luft auf der Ladefläche ist erfüllt vom Weinen der Kinder, den Lauten der Übung, die sie trösten wollen, von dem furchteinflößenden Dröhnen des Auspuffs, wie ein Schrei.
Der Schatten der Furcht über uns schärft unsere Sinne. Manchmal ragen Äste so weit über die Straße, dass sie den Himmel verdecken, dann ist er wieder zu sehen; es wechselt schnell bei unserem Tempo. Ich kann nicht genau sagen, welche Route wir nehmen, aber ich nehme an, dass das Boot, das uns nach Australien bringen soll, an einer entlegenen Ecke der indonesischen Südküste liegen wird, irgendwo bei Jakarta.
—
In den drei Monaten, die ich in der Kalibata City von Jakarta und auf der Insel Kendari war, hörte ich immer wieder von untergegangenen Booten. Aber man denkt immer, diese Art Unglück stößt nur den anderen zu – nicht leicht, sich vorzustellen, dass man selbst dem Tod ins Auge blicken muss.
Den eigenen Tod stellt man sich anders als den anderer Leute vor. Ich kann ihn mir überhaupt nicht vorstellen. Kann es sein, dass diese zwei Lastwagen auf ihrer rasenden Fahrt Richtung Ozean Kuriere des Todes sind?
Nein /
Nicht solange Kinder an Bord sind /
Unmöglich /
Wir sollen im Meer ertrinken? /
Mein Tod wird anders, da bin ich mir sicher /
Die Umstände werden friedlicher sein.
Andere Boote kommen mir in den Sinn, die in letzter Zeit am Grunde des Meeres gelandet sind.
Meine Furcht wird größer /
Gab es denn auf diesen Booten nicht auch kleine Kinder? /
Waren die, die ertranken, nicht genau wie ich?
Augenblicke wie diese wecken eine Art metaphysischer Kraft in uns und vertreiben aus unseren Gedanken den Tod. Nein, das darf nicht sein, dass ich dermaßen schnell vor dem Tod kapituliere. Es ist mir vorbestimmt, in ferner Zukunft zu sterben, und nicht durch Ertrinken oder ein Schicksal ähnlicher Art. Ein ganz bestimmter Tod ist mir vorbestimmt, und ich wähle ihn selbst. Ich komme zu dem Schluss, dass mein Tod eine Sache des Willens sein muss – ich nehme es mir vor, schreibe es tief in meine Seele ein.
Der Tod muss eine Sache des Willens sein.
Nein, ich will nicht sterben /
So leicht gebe ich mein Leben nicht her /
Der Tod ist unausweichlich, das wissen wir /
Einfach nur ein Bestandteil des Lebens /
Aber ich will vor dem Tod nicht kapitulieren /
Schon gar nicht so weit fort von zuhaus /
Ich will nicht dort draußen sterben, umgeben von Wasser /
Und nichts als Wasser.
Ich hatte mir immer vorgestellt, dass ich an dem Ort sterben würde, an dem ich geboren war, an dem ich aufgewachsen war und mein ganzes bisheriges Leben verbracht hatte. Unmöglich, sich vorzustellen, dass man Tausende von Kilometern entfernt von da stirbt, wo man seine Wurzeln hat. Was für ein schrecklicher, elender Tod, die schiere Ungerechtigkeit; eine Ungerechtigkeit, die mir die reine Willkür scheint. Natürlich will ich mir da nicht vorstellen, dass es mir so ergeht.
—
Ein junger Mann und seine Freundin Azadeh1 fahren im vorderen Wagen. Bei ihnen sitzt unser gemeinsamer Bekannter, der Junge mit den blauen Augen. Alle drei quält der Gedanke an das Leben, das sie im Iran zurücklassen mussten. Als die Lastwagen uns von unserem Quartier abholen kamen, warfen die beiden Männer ihr Gepäck wie Soldaten hinten auf die Ladefläche und kletterten auf die Pritsche. In den drei Monaten, die wir in Indonesien verbracht haben, waren sie uns anderen Flüchtlingen immer einen Schritt voraus gewesen. Ob es darum ging, ein Hotelzimmer zu finden, etwas zu essen oder um die Fahrt zum Flughafen, immer erwies sich dieser Eifer ironischerweise als Nachteil. Einmal, als wir nach Kendari fliegen mussten, fuhren sie schon vor allen anderen zum Flughafen. Doch bei ihrer Ankunft konfiszierten die dortigen Beamten ihre Pässe, und sie konnten nicht mit nach Kendari; tagelang mussten sie durch die Straßen von Jakarta irren, in den Sträßchen und Gassen um Essen betteln.
Jetzt sind sie wieder ganz vorn, schnell wie der Blitz, an der Spitze des Rudels, die Nase im scharfen Wind. Mit dröhnendem Auspuff suchen sich die beiden Lastwagen ihren Weg zum Ozean. Ich weiß, der Junge mit den blauen Augen trägt eine Furcht in seinem Herzen, noch aus der Zeit in Kurdistan. In Kalibata City, in der Zeit, die wir dort in der Hochhaussiedlung zubringen mussten, saßen wir abends auf den winzigen Balkonen, rauchten und redeten über unsere Vorstellungen von der bevorstehenden Reise. Er gestand uns, dass er sich vor dem Meer fürchtete; der reißende Fluss Seimare in der Provinz Ilam2 hatte seinen älteren Bruder verschlungen.
… An einem heißen Sommertag seiner Kindheit begleitet der Junge mit den blauen Augen seinen älteren Bruder zu den Fischnetzen, die sie am Abend zuvor im tiefsten Teil des Flusses ausgelegt haben. Sein Bruder taucht tief hinab; wie ein schwerer Stein, den man ins Wasser wirft, sinkt sein Leib in die Tiefe. Eine unerwartete Welle bekommt ihn zu fassen, und Augenblicke später ist nur noch seine Hand zu sehen, dem Jungen mit den blauen Augen hilfesuchend entgegengestreckt. Der Junge mit den blauen Augen ist noch klein, er schafft es nicht, die Hand seines Bruders zu ergreifen. Er kann nur weinen; er weint und weint, stundenlang, hofft, dass sein Bruder wieder auftaucht. Aber er ist fort. Zwei Tage später holen sie vom Fluss seinen Leichnam zurück, beschwören ihn nach alter Sitte mit einer Trommel, der Dohol. Der Klang der Dohol bewegt den Fluss dazu, den Toten freizugeben – eine musikalische Beziehung zwischen Tod und Natur …
Auf der ganzen Reise schleppt der Junge mit den blauen Augen diese erdrückende Erinnerung mit sich umher. Er hat schreckliche Angst vor dem Wasser. Trotzdem ist er am heutigen Tag dabei, als es in rasender Fahrt dem Ozean entgegengeht, zu einer Überfahrt von erschreckenden Dimensionen. Eine ominöse Fahrt im Schatten dieses alten, entsetzlichen Schreckens …
Die Lastwagen hasten voran durch den dichten Dschungel, zerreißen die Stille der Nacht. Alle sitzen schon seit Stunden auf der hölzernen Pritsche, die Erschöpfung steht auf jedem Gesicht. Ein oder zwei Leute mussten sich übergeben; sie haben alles, was sie zu sich genommen hatten, in Plastikbehälter gespuckt.
In einer anderen Ecke der Ladefläche sitzt ein Paar aus Sri Lanka mit seinem Kind, ein Säugling noch. Die meisten sind Iraner, Kurden, Irakis, und man sieht ihnen an, wie fasziniert sie davon sind, dass auch eine sri-lankische Familie mitfährt. Die Frau ist außerordentlich schön, mit dunklen Augen. Sie hält ihr Baby im Arm, von Zeit zu Zeit stillt sie es. Ihr Partner sorgt für sie; er macht es ihnen so bequem, wie er kann. Sie soll wissen, dass er da ist, ihre Stütze. Auf der ganzen Fahrt müht sich der Mann, ihr Mut zu machen, massiert ihr die Schultern, hält sie fest, wenn der Lastwagen seine Sprünge über die holprige Straße macht. Aber man merkt, dass die Sorge der Frau ganz ihrem kleinen Kind gilt.
Das Bild dort in der Ecke /
Ist Liebe /
Wunderbar und rein.
Aber sie ist bleich, einmal übergibt sie sich in ein Gefäß, das ihr Mann ihr holt. Über die Vergangenheit dieser beiden weiß ich nichts. Vielleicht war es etwas an ihrer Liebe, was sie hinaus in diese entsetzliche Nacht getrieben hat? Aber fest steht: Ihre Liebe war stärker als alles – das zeigt sich an ihrer Sorge um dieses Kind. Doch ohne Zweifel haben in ihren Herzen und Gedanken die Ereignisse, die sie zur Flucht aus der Heimat trieben, ihre Spuren hinterlassen.
Auf den Lastwagen gibt es Kinder jeglichen Alters. Kinder schon an der Schwelle zum Erwachsenenleben. Ganze Familien. Ein lauter, lästiger, vollkommen rücksichtsloser Mann, Kurde, zwingt auf der ganzen Fahrt alle anderen, seinen Zigarettenrauch einzuatmen. Begleitet wird er von einer abgehärmten Frau, einem erwachsenen Sohn sowie einem zweiten, jüngeren, einem kleinen Teufel. Dieser Junge hat die Gesichtszüge seiner Mutter und den Charakter seines Vaters. Mit seinem Lärm fällt er der ganzen Besatzung zur Last; für ihn ist das alles ein großer Spaß, und er stört alle anderen mit seiner ungeduldigen und ungestümen Art. Selbst dem Schleuser geht er auf die Nerven, und er brüllt ihn an. Wenn der Junge groß wird, denke ich, wird er noch hundertmal rücksichtsloser sein als sein Vater.
Die Lastwagen verlangsamen ihr Tempo; offenbar lassen wir den Dschungel jetzt hinter uns und sind an der Küste angekommen. Der Schleuser fuchtelt wild mit den Armen – alle sollen still sein.
Das Fahrzeug hält.
Alle verstummen . . . kein einziger Laut.
Selbst der lästige kleine Teufel begreift, dass er jetzt still sein muss. Unsere Furcht ist berechtigt; wir dürfen uns nicht von der Polizei erwischen lassen. In vielen Fällen sind Reisende noch direkt am Ufer verhaftet worden, nur Augenblicke bevor sie an Bord hätten gehen können.
Alle sind mucksmäuschenstill. Das sri-lankische Baby drückt sich an die Mutterbrust, ohne einen Laut – trinkt nicht, aber es schaut mit großen Augen. Das kleinste Geräusch, ein Weinen könnte jetzt alles verderben. Drei Monate heimatlos und hungrig durch Jakarta und Kendari geirrt. Alles kommt darauf an, dass kein Laut fällt.
In dieser letzten Phase.
Am Strand.
—
Ich habe zu diesem Zeitpunkt vierzig Tage hinter mir, die ich halb verhungert im Keller eines kleinen Hotels in Kendari saß. Kendari ist seit jeher ein Ziel für Flüchtlinge gewesen, es ist ein Umschlagplatz, ein Ort, an dem es leicht ist, eine Möglichkeit zur Weiterreise zu finden. Aber als ich schließlich in Kendari ankam, war der Ort bereits öde und leer wie ein Friedhof.
Alles dort wird mittlerweile dermaßen von der Polizei überwacht, dass ich mich in einem Hotelkeller verstecken musste. Ich hatte kein Geld mehr, Hunger forderte seinen Tribut von Körper und Seele. Ich wachte früh am Morgen auf, verschlang eine Scheibe Toast und ein Stück Käse, trank eine brühheiße Tasse Tee mit viel Zucker. Das war alles, was ich an Nahrung hatte – es musste für den ganzen Tag und die folgende Nacht reichen. Die Polizeipatrouillen ließen auf ihrer Suche nach uns keinen Winkel der Stadt aus; nicht eine einzige Sekunde lang konnte ich mich entspannen. Alle, die sie aufgriffen, steckten sie ins Gefängnis, und ein paar Tage später wurden sie deportiert. Schon die Vorstellung ist eine Qual. Brächte man mich an den Ort zurück, von dem ich aufgebrochen bin, wäre es für mich das Todesurteil.
Trotzdem nutzte ich an meinen letzten Tagen in Kendari nach dem Frühstück meine Chance, aus dem Hotel herauszukommen. Ich war überzeugt, dass in den schwülwarmen Stunden vor Sonnenaufgang die ganze Stadt schlief und auf dem stets gleichen Pfad in den Dschungel keine Gefahr bestand, dass ich einem neugierigen Polizisten in die Arme lief.
Ich überquerte ein kurzes Stück Asphaltstraße – bebte am ganzen Körper vor Furcht – und kam in einen stillen Wald, ganz mit einem Holzzaun umgeben. Wahrscheinlich war es ein Privatgrundstück, ich tat etwas Verbotenes, aber keiner vertrieb mich. Dort, umgeben von einer großen Kokosnussplantage, stand ein wunderschönes Haus. Jedes Mal begegnete mir ein kleiner Mann mit einer ganzen Schar neugieriger, schwanzwedelnder Hunde. Er lächelte mir zu und winkte mir freundlich. Dieses Lächeln nahm ich als Ermutigung, auf dem Feldweg tiefer in die Plantage hineinzugehen, und ich fühlte mich sicher.
Am Wegrand war ein großer Baum umgestürzt, neben einem gefluteten Reisfeld. Ich setzte mich auf den Stamm, zündete mir eine Zigarette an und studierte die Umgebung, was mir die wirren Gedanken und den Hunger vertrieb. Wenn ich die Zigarette zu Ende geraucht hatte, ging allmählich die Sonne auf, und ich kehrte auf demselben Weg durch den Dschungel zum Hotel zurück. Der kleine Mann winkte mir noch einmal zu, wieder mit seinem freundlichen Lächeln. Die hohen Kokospalmen beiderseits dieses Pfades und das winzige grüne Reisfeld am Ende, die schönen Momente, die ich dort verbrachte, all das kommt mir heute in meiner Erinnerung wie das Paradies vor.
Mein Leben in diesen drei Monaten bestand fast ganz aus Angst, Anspannung, Hunger und Einsamkeit – aber auch aus den kurzen Stunden dort auf dem Baumstamm in der Seligkeit dieser Plantage. Diese drei flüchtigen Monate sind nun zu ihrem Höhepunkt gekommen, in diesem lähmenden Augenblick, in dem ein einziger Kinderschrei uns alle wieder an den Anfang unserer Reise zurückwerfen könnte.
—
Der Lastwagen fährt noch ein paar Meter die stille Küste entlang, dann verstummt der Motor. Der Wagen rollt lautlos weiter, pirscht sich an den Strand heran wie ein Jäger, dann bleibt er stehen, alles ist still. Meine Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Das alles könnte immer noch mit einem einzigen Schlag vorbei sein.
Den Rucksack halte ich an meine Brust gedrückt, ich bin zum Sprung von der Pritsche bereit, bereit für eine Verfolgungsjagd, eine Flucht an diesem dunklen und unvertrauten Strand. Ich darf nicht ins Gefängnis kommen, nicht einmal wenn die Polizei uns stellt. Ich weiß, was andere versprengte Reisende über ihre Erfahrungen erzählen, ich habe es die letzten Monate gehört. Die Polizei schießt nie … Wenn sie dich zum Stehenbleiben auffordern, musst du laufen, so schnell du kannst. Nicht stillstehen … Meine Schuhe sind fest geschnürt.
Der Wagen bewegt sich wieder, diesmal ein etwas größeres Stück. Noch ein weiterer Anlauf, dann sind wir am Ozean angelangt. Ich bin aufgeregt wie ein Kind, ich halte es nicht aus. Ich warte, dass der dunkle, wettergegerbte Mann uns absteigen lässt. Aber er spricht mit dem Fahrer und gibt uns nur mit einer Handbewegung zu verstehen, dass wir still sein sollen. Der kleine Teufel kichert frech vor sich hin. Er ist vermutlich der Einzige, der keine Angst hat – für ihn ist das alles nur ein spannendes Spiel.
Die beiden Ceylonesen haben einander den Arm um die Taille gelegt. Es ist ein Bild, das Mut macht, wie sie da sitzen, die Köpfe aneinandergeschmiegt.
Ein tröstliches Gefühl /
Zwei Körper vereint; Arme, Taillen und Köpfe /
Ganz miteinander vereint /
Zum Zeichen der Gemeinschaft /
Der Gemeinschaft im Widerstand /
So widerstehen sie der Angst.
Mit einem weiteren Schrei – lauter diesmal – fährt der Lastwagen neu an, dann hält er nach noch nicht einmal hundert Metern. Der Motor schreit – der Lastwagen ist ein Jäger, er setzt alles daran, seine Beute zu fangen, und jetzt stößt er einen Freudenschrei aus, jetzt wo er sie packt.
Der Schleuser mit der wettergegerbten Haut gibt das Kommando zum Absteigen. Ich bin ganz am Vorderende der Pritsche, zusammen mit dem zahnlosen Trottel, und wir lassen uns nicht von den zögernden Frauen und Kindern aufhalten – wir springen seitwärts herunter. Jetzt beginnt das Stimmengewirr wieder, das Lärmen der Männer und Frauen und die Schreie der Kinder zerreißen die Stille des Strands.
Die Gesichter der Schleuser sehen wir nicht, denn sie gehen vor uns her und geben uns Zeichen, mit denen sie uns ans Wasser lenken. Sie brüllen uns an, wir sollen den Mund halten. Wir sind ein Trupp Diebe in der Nacht, wir wollen nichts als so schnell es nur geht auf der anderen Seite sein.
Der Junge mit den blauen Augen und der Freund des Jungen mit den blauen Augen sind – wie immer – allen anderen voraus. Sie warten am Ufer, die Rucksäcke neben sich. Die Schleuser drängen uns. Draußen auf dem Ozean tosen die Wellen, ein Klang, der alles andere übertönt. Das erste Mal seit meiner Ankunft in Indonesien, dass ich das Meer sehe, nach drei schrecklichen Monaten der Flughäfen und der Küstenstädte.
Wir sind angelangt am Ozean /
Die irrwitzigen Wellen am Strand branden an, ziehn sich zurück /
In alle Ewigkeit, wie es scheint /
Ein winziges Boot ein paar Meter vom Ufer /
Keine Zeit zu verlieren /
Wir müssen los, wir steigen ein.
1 Der iranische weibliche Vorname Azadeh stammt aus der gleichen Wurzel wie das persische Wort für Freiheit – āzādi.
2 Ilam oder Elam ist eine der einunddreißig Provinzen des Iran, im Westen des Landes an der Grenze zum Irak, Teil der Region Kurdistan.
Wenn Menschen sich um Platz streiten /
Riecht es immer nach Gewalt, nach Blutvergießen /
Selbst wenn es nur um ein Fleckchen so groß wie ein Menschenleib geht /
Auf einem kleinen Boot /
Und nur für einen Zeitraum von zwei Tagen.
Auf der Brücke herrscht ein schreckliches Gewimmel. Männer streiten sich um die Sitzplätze wie im Fieber. Der zahnlose Trottel und der Pinguin haben sich neben dem Sitz des Bootsführers ausgestreckt und noch Platz für einen gelassen. Ich stelle meinen Rucksack zwischen ihren erschöpften Leibern ab und nehme ihn zum Anlehnen. Stunden habe ich auf dem harten Holzboden der Lastwagenpritsche gesessen, da ist es eine Erleichterung, dass mein schmerzender Rücken es ein klein wenig weicher hat.
Die jungen Männer haben alle Sitzplätze gefunden, nach einem Gerangel, dessen Sinn ich nicht verstehe. Sie haben sämtlichen Boden der Schlafquartiere in Beschlag genommen, und die Familien müssen sich nun das Hinterende des Boots teilen.
Der Freund des Jungen mit den blauen Augen lässt sich neben seiner Freundin Azadeh nieder, an einer Stelle, die womöglich die schlechteste im ganzen Boot ist. Obwohl er als Erster an Bord war, muss er sich jetzt in einen engen Winkel bei den Familien drücken. Die Erklärung ist, dass er nicht will, dass Azadeh im Schlafquartier von all den jungen Männern beäugt wird. Der Junge mit den blauen Augen hat den besten Platz bekommen, direkt neben dem Kapitän auf einem alten Stück Schaumstoff, dem Rest eines Sitzkissens.
Die jungen Männer im Schlafquartier fluchen, sie scheuchen ein paar Familien fort, auch sie müssen zu den anderen ins Heck. Selbst das sri-lankische Paar wird aus der Kabine vertrieben – und durch diese Bosheit der anderen haben sie am Ende überhaupt keinen Platz mehr für sich. Eine ganze Weile stehen sie einfach nur da, mit ihrem Baby, sehen sich nach einer Stelle am Bootsende um, und die anderen starren sie gnadenlos an.
Ich sehe, dass es dort hinten kaum noch Platz zum Sitzen gibt. Sämtliche Frauen werden von den Männern angebrüllt; es ist so feige, so unwürdig. Überall ist es nass und unbequem, ich verstehe nicht, was sie mit dem Gebrüll, ihrer Gehässigkeit, bezwecken wollen. Die Familie aus Sri Lanka ist der Verlierer bei all diesem Hin und Her.
Mitten im Durcheinander, während die Frauen und Kinder noch damit beschäftigt sind, sich an ihren harten und unwirtlichen Plätzen einzurichten, legt das Boot ab; vorsichtig setzt es zu einem leichten Galopp an, eine hochträchtige Stute auf der schwarzen Prärie des Meers.
Unsere Fahrt nach Australien hat begonnen.
Mein Platz ist gar nicht so schlecht. Ich nehme den Rucksack als Kopfkissen. Der Bootsführer ist nur einen Schritt von mir entfernt. Ich kann seinen Kompass sehen, die Richtung, in die wir fahren – Süden –, auch die Meilen, die wir zurücklegen, und das gibt mir ein falsches Gefühl der Sicherheit.
Das Boot gleitet langsam und ruhig über flache Wellen, das Ufer schwindet in der Ferne. Die Aufregung hat sich gelegt, an Bord ist es still. Alles, was man hört, ist der Rhythmus der Wellen, wie sie an den Bug des Bootes schlagen. Am Dach über dem Kopf des Käptns hängt eine trübe Lampe, in deren Schummerlicht ich Dutzende erschöpfter Menschen ausmachen kann, schlafend, einer neben dem anderen ausgestreckt. Die lange Fahrt durch den Dschungel, das ewige Ruckeln des Lastwagens hat alle erschöpft, sie liegen in langen Reihen da. Müde Gesichter überall.
Die Dimensionen eines Bootes /
Unvertraute Wellen /
Wellen eines fremden Ozeans.
—
Der Himmel wirkt schon heller. Ein goldener Schimmer, Sonnenlicht, erscheint am fernen Horizont. Der Helfer des Kapitäns huscht zum Maschinenraum und zurück, ein paar andere sind schon auf den Beinen.
Ich sehe den Freund des Jungen mit den blauen Augen ganz am Ende des Boots sitzen. Wie auf einem Porträtbild, der Stolz der Jugend. Azadeh hat den Kopf auf seinen Schoß gebettet, er blickt hinaus auf die Wellen und auf all die erschöpften Gesichter ringsum. Ein junger Bursche mit Pferdeschwanz sitzt an einer Art Fensteröffnung in einem der Schlafräume. Seine Frau schläft direkt neben ihm. Er beobachtet den Freund des Jungen mit den blauen Augen, der sich mit beiden Händen an der Reling festhält. Der Junge mit den blauen Augen selbst steht neben dem Käpt’n, isst einen roten Apfel; er hat eine ganze Tüte davon. Ein junger Mann – ein stämmiger, muskulöser Bursche – im Heck ist aufgewacht. Frau und Kind haben beide den Kopf auf seinen kräftigen Arm gelegt.
Aber diese Männer sind die Einzigen, deren Körper dem Schlaf widerstehen. Anscheinend hat der Schlaf keine Macht über sie. Selbst der zahnlose Trottel, der sonst ununterbrochen Unsinn plappert, ist verstummt, fest eingeschlafen, mit dem Kopf auf dem Bauch des Pinguins. Der Pinguin hat seine Entenfüße noch breiter gespreizt als sonst. Die athletischen jungen Männer, die beim Einsteigen am lautesten und gehässigsten die Frauen und Kinder angebrüllt haben, liegen jetzt nur reglos da, in tiefem Schlaf. Auch die Kurdenfamilie schläft. Sogar der Satansbraten von Sohn hat keine Kraft mehr. Wie ein Toter liegt er da, und selbst sein Gesicht ist nun ein Bild kindlicher Unschuld.
Das ist ein Schlaf, der mehr ist als gewöhnlicher Schlaf /
Er macht bewusstlos /
Bleiche Gesichter /
Speichel sickert aus dem Mund.
Meine Augen sind schwer vor Müdigkeit, doch Neugier, Abenteuer oder auch Furcht halten mich immer wach. Ich bin von Natur aus wach und unternehmungslustig, da finde ich keine Ruhe. Es hält mich nicht mehr an diesem Fleck. Ich verlasse die Brücke und wandere eine Weile zwischen den reglosen Leibern umher, von einem Bootsende zum anderen. Ein einziges Durcheinander. Verschlungene Leiber überall. Selbst die üblichen Grenzen zwischen Familien sind gefallen. Männer liegen in den Armen einer fremden Frau, Kinder auf Brüsten und Bäuchen Fremder. Offenbar haben sie schon wieder vergessen, wie sie einander angebrüllt und gekränkt haben, eine Rangordnung nach Geschlecht geschaffen, denn jetzt ist alle Ordnung aufgehoben. Die Herrschaft der Wellen löst alle alten Grenzen des Anstands auf. Selbst die junge ceylonesische Familie, unter allen an Bord wohl die mit der engsten Bindung, hält nicht mehr zusammen. Der Mann liegt in den Armen des Mannes neben ihm, seine Frau hat den Kopf auf den Bizeps eines anderen gelegt, das Kind ist auf den Schenkeln einer fremden Frau eingeschlafen.
Inzwischen ist es hell, und ich sehe, dass das Boot binnen der wenigen Stunden schon ein großes Stück vorangekommen ist – aus dem kleinen Golf herausgekommen –, und das Ufer ist nicht mehr zu sehen. Nur dann und wann ein Schiff oder ein Fischerboot auf der Zuflucht der See. Wir müssen noch in indonesischen Gewässern sein, noch in Küstennähe. Aber die Wellen werden größer und stärker, das Boot wird kräftig geschüttelt. Der Käpt’n manövriert geschickt durch die Wellen – sein Gesicht ist dunkel und sonnenverbrannt, immer eine Zigarette zwischen den Lippen –, bleibt stets auf dem flachen Meer zwischen den sich türmenden Wassern. Immer noch ist sein Helfer zwischen Maschinenraum und Brücke unterwegs. Das Haar dieses Mannes wird schon grau, aber ohne weiteres nimmt er die Befehle des jungen Bootsführers entgegen und setzt sie eifrig im Maschinenraum um.
Je weiter wir uns von der Küste entfernen, hinaus aufs offene Meer, desto angriffslustiger werden die Wellen. Und plötzlich geht der kleine Motor auf der Backbordseite aus, der, der Wasser aus dem Maschinenraum pumpt. Der schlimmste denkbare Vorfall für ein einsames Boot dort draußen, mit all den schlafenden Menschen an Bord. Sofort macht sich der Helfer des Kapitäns an dem verstummten Motor zu schaffen, zieht immer wieder die Anlasserschnur, so abrupt und so kräftig, wie seine Muskeln es fertigbringen. Aber der Motor stöhnt jedes Mal nur und geht wieder aus.
Damit ist alles vorbei. Ich höre, wie der Kapitän vorschlägt umzukehren. Ein entsetzlicher Gedanke, zurück an die Küste, wo die Heimatlosigkeit, die Furcht vor dem Verhungern lauern. Die Vorstellung, in die Fänge der korrupten indonesischen Polizei zu geraten, die mich zurück an den Ort deportieren würde, von dem ich geflohen bin, erfüllt mich mit Panik. Der Junge mit den blauen Augen, der neben dem Kapitän steht, brüllt ihn an: Wir können nicht umkehren – es gibt keine andere Wahl, wir müssen weiter.
Auch der junge Mann mit dem Pferdeschwanz wendet sich gegen den Kapitän. »Hier gibt es nur eins: Kurs halten und weiterfahren, um jeden Preis!« Der Käpt’n hat das Steuer fest in der Hand, aber mit der anderen macht er eine Geste, als schneide er sich den Hals durch – in dem Fall seien wir alle verloren. Jung wie er ist, ist er doch schon auf vielen Meeren gefahren. Er versucht uns zu erklären, wie viel wir riskieren, wenn wir weiterfahren wollen. Aber er bringt keinen Einzigen auf seine Seite, auch mit all seiner Erfahrung nicht.
Die Entscheidung fällt /
Das Abenteuer geht weiter /
Es kann keine Umkehr geben /
Nur eine Möglichkeit bleibt /
Nur der Weg vorwärts /
Voran /
Vorwärts in die Weite des Ozeans.
Diejenigen von uns, die schon wach sind, müssen jetzt die Arbeit der kleinen Pumpe übernehmen; wir müssen das Wasser ausschöpfen. Das Boot ist leck, es wird ein Kampf mit dem Wasser, das durch ein Loch im Schiffsrumpf eindringt. Der Helfer des Kapitäns gibt uns zwei kleine Eimer und kehrt dann in den Maschinenraum zurück. Der Junge mit den blauen Augen stellt sich an die Treppe nach unten, ich nehme Aufstellung am Dollbord, so entsteht eine Eimerkette aus dreien. Der Helfer füllt einen Eimer und reicht ihn dem Jungen mit den blauen Augen. Der reicht den Eimer mir. Wir legen ein flottes Tempo vor, und das, obwohl die Wellen rings um uns her immer höher schlagen.
Wasser dringt durch das Leck, wir schöpfen einen Eimervoll, reichen ihn weiter, leeren ihn aus. Ich gieße den einen aus, schon wird der zweite gereicht. Der Helfer des Kapitäns legt ein solches Tempo vor, dass ich bald erschöpft bin. Ich sehe nichts mehr außer Eimern mit Wasser, die gebräunten Arme, die die Eimer reichen, das junge, verängstigte Gesicht des Jungen mit den blauen Augen.
Wellenberge türmen sich auf, stürzen zusammen.
Wir kommen nicht dagegen an; Wasser füllt den Maschinenraum immer weiter – schon halb voll –, wir hätten nie zulassen dürfen, dass es so hoch steigt. Der Freund des Jungen mit den blauen Augen und der junge Mann mit dem Pferdeschwanz machen sich auf der anderen Bootsseite an der defekten Pumpe zu schaffen. Sie zerren am Treibriemen, füllen Öl nach.
Und dieser zähe Kampf ums Überleben nimmt seinen Lauf, während alle anderen an Bord fest schlafen. Wir gießen unsere Eimer aus, in die brüllenden Wellen. Mit jedem Ausleeren wächst die Hoffnung, unsere Stimmung steigt. Aber unsere Tapferkeit hängt vom Wasserstand ab.
Auf der anderen Bootsseite, da, wo der Freund des Jungen mit den blauen Augen steht, springt die Wasserpumpe ein paarmal an, aber jedes Mal geht sie wieder aus. Der Freund des Jungen mit den blauen Augen und die anderen nehmen die Pumpe auseinander, setzen sie wieder zusammen, mehrmals hintereinander. Mit all ihrer Konzentration sind sie bei den Körperteilen dieses kleinen, garstigen Geschöpfs. Jeder Laut, den die Pumpe von sich gibt, macht Mut. Jedes Mal wenn sie abstirbt, bekommt der hässliche Klang der Wellen, wie sie gnadenlos gegen die Bootswand klatschen, wieder die Oberhand.
All ihre Mühen enden schließlich in einem schrillen metallischen Kreischen, dann ist die Pumpe tot. Von dieser Schrottpumpe ist nichts mehr zu erhoffen, das wissen wir jetzt. Jetzt ist die Front unseres ungleichen Krieges wieder allein der Ozean, unser Kampf ums Überleben konzentriert sich auf einen einzigen Fleck: das Loch im Bootsrumpf, das mit jeder Sekunde größer wird.
Doch als ich hinsehe, sehe ich, dass der Wasserstand mit jedem Eimer voll abnimmt. Wir langen am Boden des Maschinenraums an. Das Blatt hat sich gewendet, und ich spüre wieder Kraft in mir: Wir können sämtliches Wasser zurück in den Ozean gießen. Am Mittag des folgenden Tages werden wir unser Ziel erreichen – daran glauben wir nun wieder fest. Jetzt, wo das Wasser im Maschinenraum ausgeschöpft ist, kann ich mich ausruhen, ein paar Schritte gehen im Chaos des Boots. Ich möchte die anderen wecken. Ihnen klarmachen, wie knapp wir gerade dem Tode entronnen sind.
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Überall auf Deck liegen die Leute, einer über dem anderen, in unerschütterlichem Schlaf. Ein paar von den stämmigen jungen Burschen haben ihre Schlafplätze verlassen und stehen über die Kante des Boots gebeugt. Ihre Gesichter sind knallrot von der Sonne, und als ich näher komme, sehe ich, dass gelbes Erbrochenes und Meerwasser darüberströmen. Ich packe sie an den Schultern, rüttle sie, brülle ihnen ins Ohr, bis sie begreifen, die Sache mit den Wellen und die tödliche Gefahr, in der wir waren. Aber sie stöhnen nur, Schaum steht ihnen vor dem Mund. Sie sind so schwach und entkräftet, nicht einmal einen ganzen Satz bringen sie heraus. Keine Spur mehr von den arroganten, aufsässigen Jungen, die beim Aufbruch die Frauen und Kinder drangsaliert hatten. In dem Zustand, in dem sie jetzt sind, werden ihre Muskeln uns keine Hilfe sein.
Die Familien haben sich jetzt alle am Ende des Bootes zusammengedrängt. Ich sehe, dass die beiden aus Sri Lanka ihr Baby wieder in Besitz genommen haben. Bei zwei anderen Eltern zerre ich die Arme von der Brust eines Kindes, das sie beinahe ersticken, so, dass sie jetzt stattdessen auf den dürren Beinen des Kindes ruhen. Der Zusammenhalt einer Familie ist heilig, den will ich nicht stören, solange sie noch so fest schlafen, aber ich will auch nicht, dass das Kind unter den Gliedmaßen der Eltern erstickt. In dem Augenblick geht mir auf, wie eng das Kind mit Mutter und Vater verbunden ist, die verschränkten Arme der beiden sind seine Zuflucht. Ich gebe diesem Bild einen Platz in einem Winkel meines gequälten Verstands, damit ich es später wieder hervorholen kann.
Das Unglück hat unser Boot bereits gezeichnet, aber noch stampft es in gleichmäßigem Tempo voran, wie ein Lied, seine Melodie im Einklang mit den Höhen und Tiefen der Wellen.
Eine Karawane erschöpfter Leiber /
Gekrümmt und reglos im Schlaf /
In der Weite und Leere des Ozeans /
Gepeitscht von gigantischen Wellen /
Ich rieche das Aroma des Todes.
Ich spüre zugleich mit dem Schrecken die Macht des Willens in meinem mageren Leib, meinen müden Muskeln. Ich sollte zum Maschinenraum zurückkehren.
Das Wasser ist wieder eingedrungen und steigt zusehends höher. Der Helfer des Kapitäns ist allein, füllt die Eimer mit Wasser, kommt die kleine Treppe herauf, schleudert das Wasser mit aller Macht zurück in den Ozean. Manchmal landet etwas davon auch im Boot und verteilt sich zwischen denen, die dort liegen. Der Freund des Jungen mit den blauen Augen und die anderen sitzen alle wieder an ihrem alten Platz – sie sehen ratloser denn je aus. Wir sind müde, erschöpft, aber ich glaube, wir spüren auch Solidarität, das Gefühl einer gemeinsamen Sache. Wir müssen die Willenskraft finden, wach zu bleiben und zu kämpfen. Schlaf bedeutet Tod. Ich mache mich wieder ans Wasserschöpfen. Nicht die Zeit, um einfach nur dazusitzen.
Ich verschlinge einen der Äpfel des Jungen mit den blauen Augen in wenigen großen Bissen und stelle mich an die Treppe. Der Junge mit den blauen Augen und ich haben jetzt die Plätze getauscht, aber der Unterschied kommt meinen müden Muskeln nicht groß vor. Es spielt keine Rolle, ob ich an der Treppe stehe oder am Bootsrand; alles kommt nur darauf an, die Eimer zu füllen und auszugießen, sie vom einen zum anderen zu reichen. Der Helfer des Kapitäns füllt einen Eimer und reicht ihn mir. Ich bekomme einen leeren Eimer vom Jungen mit den blauen Augen und reiche ihn hinunter in den Maschinenraum. Rhythmus und Tempo, die richtige Geschwindigkeit – die Handbewegungen an den dünnen Henkeln der Eimer. Ein ganzer Tag im Kampf gegen ein Leck, das immer größer wird.
Ganz gleich wie viel wir schöpfen, der Wasserstand sinkt kaum. Es reicht jetzt bis in Taillenhöhe. Der Freund des Jungen mit den blauen Augen und die anderen nehmen sich wieder die Pumpe vor, obwohl wir alle wissen, dass da nichts mehr zu machen ist. Wir sind wie Leute, die aus großer Höhe fallen, wir greifen nach allem. Wenn es ums Überleben geht, stellt sich der Glaube an Wunder ein. Alle werden fromm. Und es wäre ein Wunder, wenn noch einmal das Dröhnen dieser Wasserpumpe erklänge.
Der stämmige, muskulöse Bursche legt sich ins Zeug, zerrt mit all seiner Kraft am Anlasser – nichts geschieht, absolut nichts. Die Wasserpumpe ist tot, sie regt sich ebenso wenig wie all die Leiber an Bord.
Schaurige Wellen schlagen von allen Seiten nach uns und machen einen schrecklichen Lärm. Es fehlt nicht mehr viel, dann werden sie unser armes Boot zerschmettern – inzwischen sind sie doppelt so hoch wie vorhin. Das Boot schwankt so stark, dass der Helfer des Kapitäns nicht mehr zielen kann – Wasser landet auf unseren Köpfen, statt dass es über die Bordwand geht. Die See setzt uns von allen Seiten her zu, und im Maschinenraum steigt sie höher und höher. Der Helfer des Kapitäns gibt ein immer schnelleres Tempo vor, er schindet uns alle bis zur Erschöpfung, wir können den Rhythmus nicht halten. Wir lassen Eimer fallen, passen nicht mehr auf … und durch diese kurzen Unachtsamkeiten fallen wir zurück.
Unablässig reißt der Käpt’n das Steuer nach rechts und nach links – er gibt dem Freund des Jungen mit den blauen Augen Zeichen, seinen Helfer zu holen. Er geht zur Brücke, offenbar hat er einen neuen Befehl erhalten. Dieser hagere, erfahrene Seemann hat stundenlang unermüdlich gearbeitet. Er hinterlässt eine riesige Lücke in unserer Kette, eine quälende Unruhe, eine namenlose Furcht. Schon Augenblicke später – so kommt es mir vor – nutzt das Wasser seine Chance und steigt schneller denn je die Wände des Maschinenraums hoch, die Wellen attackieren den Schiffsleib mit neuer Wut. Der Freund des Jungen mit den blauen Augen stellt sich an den Platz des Helfers des Kapitäns im Maschinenraum, aber er kann es an Kraft nicht mit ihm aufnehmen, er hält die Abgase des Motors nicht aus, die so dick in dem Raum stehen, dass einem die Tränen laufen. Der stämmige, muskulöse Bursche löst ihn im Maschinenraum ab, der junge Mann mit dem Pferdeschwanz übernimmt meinen Platz an der Treppe. Die Männer werden ausgetauscht, die Kette schöpft weiter.
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Ich schaue mich nach dem ceylonesischen Baby um; das Bild des Kleinen vor Augen arbeite ich mich vor zum Heck. Ich steige über reglose Leiber, aus offenen Mündern sabbern sie. Ich komme bei den Familien an, suche nach den dreien aus Sri Lanka.
Die Lippen des Babys sind schwarz und geschwollen. Es liegt an der Brust seiner Mutter, atmet aber jetzt gleichmäßiger als zuvor. Wie viel Sicherheit es einem Menschen gibt, dieses Band zwischen Mutter und Kind. Plötzlich kommt der zahnlose Trottel zu sich, stürzt an die Bordwand. Er bricht alles aus, was er im Magen hat, bis nur noch beißende gelbe Galle kommt. Jetzt steht einer von den arroganten jungen Männern auf, starrt die tosenden Wellen an, dann pinkelt er auf den Berg Erbrochenes und auf seine Kumpel nebenan. Ein Gesicht wie ein Besessener, wie jemand, dem etwas so Entsetzliches widerfahren ist, dass er den Verstand verloren hat. Der Schrecken der See hat ihn hypnotisiert. Er merkt gar nicht mehr, wohin er pinkelt.
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Das Wasser mischt sich mit Benzin aus dem Maschinenraum. Der Helfer des Kapitäns ist tief eingetaucht mit Lumpen und einem Stück Holz, er sucht nach dem Leck im Bootsboden und will es verschließen. Dabei können wir ihm nicht helfen, wir können nur zusehen, wie verzweifelt er kämpft; bange Zuschauer bei der Arbeit. Das Wasser reicht ihm bis zu den Rippen, wieder taucht er ein mit Pflock und Lappen, sein Gesicht mit jedem Auftauchen schwärzer. Während der ganzen Zeit hat er kaum ein Wort gesprochen; aber in seinen Zügen steht die Kraft eines Kriegers, dessen Heldentaten kein Geschichtsbuch verzeichnen wird. Die hervorstehenden Adern an Armen, Waden, Schienbeinen sind eine Botschaft an Männer, Frauen und das Meer. Sie überziehen seinen knochigen Körper wie ein Netz. Sein hageres, faltiges Gesicht scheint vom Meer gemeißelt, dem gnadenlosen Ansturm der Wellen. Seine Beweglichkeit, sein gespenstisches Schweigen geben mir den Gedanken ein, dass er schon seit vielen, vielen Jahren ohne Furcht ist, dass das Spiel mit dem Tod in finsteren Sturmnächten seine Art ist, sich die Zeit zu vertreiben; für ihn ist all das eine Selbstverständlichkeit.
Kopfschüttelnd erscheint der zahnlose Trottel an der Luke zum Maschinenraum – der Schock ist ihm anzusehen. Offenbar hat er noch nicht die Orientierung wiedergefunden, nach langem, tiefem Schlaf; was hier vorgeht, geht über seine Begriffe. Der junge Mann, der seine Kumpel bepinkelt hat, scheint immer noch an einer Art Krampf zu leiden, äußerlich wie innerlich. Ich nehme an, auch er versucht erst noch zu begreifen, was mit uns und dem morschen Boot gerade geschieht. Und trotz all dem beunruhigen die Vorgänge im Maschinenraum den Kapitän anscheinend nicht im Geringsten. Er reißt das Steuer in die eine, in die andere Richtung, seine Zigarette brennt weiter. Er hat eine solche Gewalt über Wellen und Boot, dass seine Gegenwart auch im Maschinenraum zu spüren ist, selbst noch mit dem verfluchten Loch. Eine namenlose Macht verbindet ihn, seinen Helfer, das Boot und das Meer.
Weiterhin müht der Helfer sich ab, taucht in das benzinverseuchte Wasser. Wenn er das Leck verstopfen könnte, ließe sich vielleicht noch verhindern, dass Boot und Passagiere in den Wirbel der Wellen hinabgerissen werden. Obwohl das Meer mit solcher Gewalt um uns tost, dass es eher scheint, als werde es das Boot einfach zerschmettern, auch mit gestopftem Leck. Manche dieser Wellen sind so stark, dass das Boot um Meter in die Höhe gehoben wird. Sie bestürmen den Bug und die Flanken, sie werfen und stoßen uns, gerade die Kinder, die nichts wiegen und nichts haben, was sie am Boden hält. Auch das Tempo nimmt zu, die Wellen wirbeln uns über das modrige Deck wie Figuren auf einem Karussell, Leiber prallen aneinander von der Wucht. Der gefährlichste Ort ist die Bootswand; jeden, der dort steht, könnte eine mächtige Welle vom Karussell schleudern. Das Boot wird zum Wellenkamm emporgehoben, dann taucht es ins Tal hinab, wo es mit einer Wucht aufprallt, die stark genug scheint, es zu zerschmettern. Wellen wie Berge greifen uns an und zerstören alles. Eine bebende Angst stellt sich ein, tief in unseren Herzen und Seelen, kurz bevor der Schwindel uns packt. Das armselige Boot kann jeden Moment kentern. Immer wieder findet es für einen kurzen Augenblick sein Gleichgewicht, nur damit die nächste mörderische Welle den Bug trifft, ohne Vorwarnung.
Der Rhythmus der Wellen, wie sie gegen den Bug schlagen, ist heftiger als zuvor. Noch schlimmer als die Erschütterung ist der schreckliche Lärm bei jedem Treffer, als schlügen diese riesigen Wellen auf Mauern aus massivem Stein.
Schließlich gelingt es dem Helfer des Kapitäns, das Loch mit Lumpen und einem Pflock zu verstopfen. Ohne ein Wort kehrt er in den Maschinenraum zurück und schöpft wieder Wasser. In rascher Folge füllt er von neuem die Eimer und reicht sie herauf. Der Junge mit den blauen Augen stellt sich wieder auf die Stufe an seinen Platz.
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Es ist Mitternacht. Stockfinster. Unablässig schlagen die mächtigen Wellen gegen den morschen Schiffsleib. Sie geben uns Gedanken ein, die halb Schrecken halb Wehklagen sind.
Vorn im Boot bricht etwas, ein Wasserschwall trifft die Familien, die dort immer noch kreuz und quer liegen. Der Stopfen im Maschinenraum gibt den Kampf gegen die Wellen auf, das Wasser steigt wieder. Mit einem Mal sind alle an Bord hellwach, sie müssen sich dem Tod stellen. Unsere Kleider sind durchnässt, unsere Gliedmaßen taub, aber wir schöpfen weiter, im Bewusstsein, dass wir alle schon binnen eines Lidschlags tot sein können.
All dieses Durcheinander /
Im mitternächtlichen Dunkel /
Sieht aus wie der Tod /
Riecht wie der Tod /
Verkörpert den Tod /
Die Rufe /
Die Schreie /
Die Flüche /
Die Stöße /
Die Laute der kleinen Kinder /
Die herzzerreißenden, schmerzlichen Laute der kleinen Kinder /
Diese Laute machen aus dem chaotischen Boot die Hölle.
Immer schneller werden die Eimer gereicht, wird Wasser ausgegossen. Mir scheint, die Frauen wehren den Tod noch tapferer ab als die Männer. Ihre Mutterinstinkte machen sie zu Wölfinnen; sie starren den Ozean nieder, zeigen ihm ihre scharfen Zähne.
In den Tiefen der Finsternis /
Die Hoffnung fast schon verloren /
Bleibt von der Hoffnung doch ein Fünklein /
Tief im Inneren /
Ein winziges Licht /
Ein kleiner Fleck nur /
Wie ein ferner Stern /
Erscheint er am Horizont in dieser finsteren Nacht.
All unsere Hoffnungen konzentrieren sich auf einen winzigen Lichtfleck in der Ferne. Gemeinsamer Wille nimmt in gemeinsamem Kampf Gestalt an, Solidarität. In welchem Verhältnis stehen sie zueinander, unser Überleben und das Erreichen dieses harmlosen hellen Flecks? Das Licht in der Ferne scheint alles entscheidend, ein Ruf zu den Waffen, ein Ruf, um unser Leben zu kämpfen.
Drinnen in den Schlafquartieren scheint Hoffnung allerdings daraus zu bestehen, dass man Hilfe aus der Höhe erfleht. Die Laute, die so entstehen, Gebete, Beschwörungen, lassen einem die Haare zu Berge stehen.
Der musikalische Klang geistlicher Gesänge schürt den Schrecken /
Die Kakophonie des frommen Flehens klingt immer nach Tod /
Die Beschwörung der Klage gebiert die Beklemmung /
Bangigkeit erfüllt die Herzen und Sinne der Reisenden /
Die höllische Harmonie heiliger Verse holt den Tag des Gerichts von den Himmeln zur Erde herab.
Diese Angst ist schlimmer als der Tod, finde ich. Als sie die Gesänge vernehmen, die gebeteten Verse, klammern die Kinder sich an ihre Mütter. Tränen, vergossen von den Seelen im Reich des Lebens nach dem Tode, das Singen, die Bittgebete dazu.
Das ceylonesische Paar scheint ängstlicher als alle anderen. Für sie sind es die Gebete von Fremden, eigenartige, bedrohliche Klänge. Das Singen mischt sich mit dem Weinen der Kinder, es ist, als stächen uns Nadeln, unser Inneres wird wund davon. Ihre unschuldigen Schreie sind lauter als all der andere sinnlose und angsteinflößende Lärm.
Der blinde Wille einer Welle schwappt über die Schlafquartiere. Der blinde Wille der frommen Menschen klammert sich in diesem letzten Augenblick an eine metaphysische Kraft oder Illusion; sie blicken dem Tod nicht ins Auge. Wie blökendes Wild suchen sie Rettung in diesen entsetzlichen Harmonien.
Der zahnlose Trottel, ein Christ auf der Flucht vor Verfolgung, bekreuzigt sich jedes Mal, wenn eine Welle das Boot trifft. Ein Chor der Kreuze und Kirchenlieder, Verse in arabischer, persischer und kurdischer Sprache und noch so vieles dazu … die Luft schwirrt von gespenstischen Gebeten.
Mir fällt wieder ein, wie widerlich der Kurde auf dem Lastwagen war – jetzt hält er seinen Sohn, diesen Teufelsbraten, im Arm und schluchzt. Teils scheint sein Schmerz den schrecklichen Wellen geschuldet, teils der Sorge um das verängstigte Kind. Ich sehe, dass in diesem Augenblick, in dem alles zu Ende gehen soll, seine Frau sich für seine Tränen schämt. Sie schaut sich um, stellt sich der Verachtung in den Blicken der anderen und stupst ihren Mann mit dem Ellenbogen an, damit er endlich aufhört, sie beide zu beschämen. Eine interessante Beobachtung, wie sie sich an die konventionellen Regeln hält, selbst jetzt in dieser lähmenden Not.
In der allgemeinen Aufregung weinen manche laut, andere still vor sich hin, ich aber bleibe stumm. Sterblichkeit ist unser Schicksal, und ich habe keine andere Wahl als es anzunehmen, es gutzuheißen. Ich könnte weinen, dem Druck der Angst nachgeben, oder ich kann die bittersüße Unausweichlichkeit akzeptieren. Der Weg des Todes und der Fluss des Lebens finden beide Ausdruck in unseren Körpern; das leere Gefäß ist der Zerstörung anheimgegeben. Ich stelle mir vor, wie ich von einem unbekannten Ort im Jenseits zurückschaue – und wiederum mich sehe. Ich sehe einen toten Leib, aber die Augen sind noch wach, sie kämpfen immer noch ums Überleben.
In dem Moment ist alles absurd /
Ich forsche in meinem Unbewussten /
Nach dem, was meiner Existenz Gestalt gab /
In den Tiefen von Verstand und Seele /
Oder am Boden /
Nach dem Glauben an einen Gott /
Oder einer metaphysischen Kraft /
Aber ich finde absolut nichts.
Ein paar Augenblicke lang nehme ich all meine Kräfte zusammen, um die tiefsten Tiefen meiner selbst zu erforschen. Etwas Göttliches zu finden. Es zu packen … vielleicht. Aber ich entdecke nichts außer mich selbst und den Eindruck einer ungeheuren Absurdität und Vergeblichkeit.
Reine Absurdität /
Vergeblichkeit /
Ein Gefühl, wie das Leben zu leben /
Der schiere Inbegriff des Lebens.
Diese Erkenntnis macht mir Mut. Und so zünde ich mir, da und auf der Stelle, eine Zigarette an, nehme ein paar Züge, sauge den Rauch tief in meine Lunge, das geschundenste Organ meines Körpers. Ich habe den Tod angenommen. Und doch stellt sich sofort die Furcht wieder ein. Das Gefühl der Vergeblichkeit und Absurdität und ein überwältigender Schrecken verschmelzen auf eine verblüffende Art und Weise. Schrecken triumphiert, die Absurdität des Lebens bemächtigt sich seiner – beides gleichzeitig. Ein Erlebnis wie kein anderes; aber diese Gefühle stellen sich ja auch zum ersten Mal bei mir ein. Ich nehme den Tod an, ich bin umgeben von diesem Wirbel aus Lärm und bedrückenden Ängsten …
Ich ertrinke im Strudel des Schlafes.
Das Gemurmel unserer verängstigten Schar /
Das Schluchzen, selbst da noch vernehmlich /
Das Schlagen der Wellen /
Die versteinerten stillen Schreie /
Das gepeinigte Greinen /
Wellen schaukeln eine Wiege und darin ein Leichnam /
Ein Reich des Todes und der Finsternis /
Meine Mutter ist da /
Sie ist allein /
Fährt sie über das Meer oder steigt sie aus den Wellen? /
Wo ist sie? /
Ich weiß es nicht /
Ich weiß nur, sie ist da /
Hier neben mir /
Sie fürchtet sich /
Sie lächelt, aber sie weint /
Vergießt Tränen von Jahren des Kummers /
Ich weiß nicht /
Warum ist meine Mutter fröhlich? /
Warum weint sie? /
Ich sah eine Hochzeitsfeier, die althergebrachten Tänze /
Ich sah Klagen, vom Tod bestimmt /
Wo kann es gewesen sein? /
Hohe Berggipfel, schneebedeckt, Eis überall, maßlose Kälte /
Ich bin da /
Ich bin ein Adler /
Ich schwebe hoch über der Berglandschaft /
Über Berge, die Berge bedecken /
Nirgendwo Meer in Sicht /
Alles ist trocken, ringsum Land /
Die Gegenwart uralter Kastanien /
Die Gegenwart meiner Mutter /
Sie ist stets gegenwärtig.
… ich bin in einem der Schlafquartiere, ich schlafe. Ich sehe mich selbst; ich schaue von einem Platz neben der Ceylonesin. Nein, ich liege in ihren Armen. In der Zimmerecke sehe ich mein Skelett sitzen, es raucht eine Zigarette. Ich bin sicher, dieser Ort ist nicht Kurdistan. Der Schauplatz ist der Ozean, das Boot zerfällt, es ist voller leerer Eimer, voller Löcher, aus denen das Wasser spritzt …
Wieder das Bild von Bergen über Bergen /
Es sind so viele Berge /
Eine ganze Folge von Bergen /
Berge innerhalb von Bergen /
Berge, so weit das Auge reicht /
Berge, in denen sich Kastanienbäume 3 verbergen /
Die Berge sind kahl /
Kein einziger Baum ist zu sehen /
Die Berge verwandeln sich in Wellen /
Verwandeln sich in widrige Wellen /
Nein, dieser Ort ist nicht Kurdistan /
Wieso ist dann meine Mutter hier? /
Wieso herrscht Krieg an diesem Ort? /
Panzer, Kolonnen von Panzern, und Hubschrauber /
Rotoren wie Schwertklingen, die Leichen /
Berge von Toten und die Klagelaute der Frauen /
Eine Kinderschaukel hängt von einem Ast des Kastanienbaums /
Mädchen tragen geblümte Kleider, Musikinstrumente in der Hand /
Es herrscht Krieg /
Musik wird gespielt, Blut vergossen /
Berge und Wellen /
Wellen und Berge /
Wo ist dieser Ort? /
Meine Mutter, warum tanzt sie?
… ich erwache in Panik. Ringsum alles finster. Das Licht in der Ferne ist näher gekommen. Es ist größer und heller. Da liege ich also in einem der Schlafquartiere. Heulen und Schreie dringen aus der Tiefe herauf. Es ist Kriegsgebiet. Der ganze Ort wird belagert von Wellen. Ich habe mich nicht von der Stelle gerührt, aber mir fällt auf, dass die Wellen bissiger, kampfesmutiger geworden sind. An jeder Stelle des Bootes bin ich gewesen. In einem einzigen Augenblick kann meine Seele das ganze Boot erforschen. Unsere Ängste sind näher gekommen. Ich werde belagert …
Eine Landschaft mit Tälern /
Täler voller Kastanienbäume /
In den tiefsten Tiefen des Tals fließt ein Fluss /
Wir sind umgeben von Wellen /
Pechschwarze Finsternis /
Ich bin ein Adler, der durch eine furchteinflößende Traumlandschaft fliegt /
Durch die Schönheit der Wellen /
In den Talgründen werden die Kastanien verschluckt /
Vom Fluss, von den Wellen /
Eine nach der anderen gleiten sie die steilen Hänge des Tals hinab /
Das wirbelnde Wasser verschlingt sie /
Der Fluss wird sie alle verschlingen, er steigt und steigt /
Der Fluss des Schreckens verschlingt die Kastanien und steigt höher und höher /
Die Hänge, die Talwände rücken näher – sie verengen das Tal /
Ich bin ein Adler hoch über dem Gipfel /
Ein Fluss unter mir folgt mir auf meinem Flug /