Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen der geistigen Entwicklung unterrichten -  - E-Book

Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen der geistigen Entwicklung unterrichten E-Book

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Beschreibung

Zwei Fragen bilden den Kern dieses Buches. Welche Bildungsinhalte und welche Kompetenzen bietet Unterricht einer lebensweltbezogenen Pädagogik, um sich in einer technisierten und globalisierten Welt weitestgehend selbstständig orientieren zu können? Und wie lassen sich (sonder-)pädagogische Konzepte für das Leben von morgen bestimmen? Der Band hat dabei vor allem den einzelnen Schüler mit seiner Zugangsweise zum Lernen im Blick. Die fachlich begründeten Unterrichtskonzepte für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung beinhalten fachorientierte und überfachliche Bildungskonzepte aus der Mathematik, der Kunst, der Technik, der Verbraucherbildung, dem globalen Lernen, der digitalen Bildung, der persönlichen Lebensstilplanung und dem elementaren Englischunterricht.

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Der Herausgeber

Prof. Dr. Eberhard Grüning lehrte und forschte am Institut für Sonderpädagogik der Europa-Universität Flensburg.

Eberhard Grüning (Hrsg.)

Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen der geistigen Entwicklung unterrichten

Konzepte für die Teilhabe in heutiger Lebenswelt

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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1. Auflage 2023

 

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

 

Print:

ISBN 978-3-17-036326-7

 

E-Book-Formate:

pdf:      ISBN 978-3-17-036327-4

epub:   ISBN 978-3-17-036328-1

Inhaltsverzeichnis

1          Schüler mit Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung – eine Einführung zum Buch

Eberhard Grüning

Teil 1:  Bewerten subjektiver Lernsituationen

2          Evaluation von Lernsituationen – Grundlage der Reflexion von Unterrichtskonzepten und pädagogischer Förderplanung

Eberhard Grüning & Gerald Matthes

3          Einzelfallforschung im Unterricht für Kinder und Jugendliche mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung

Eberhard Grüning & Isabelle von Seeler

4          Der Erwerb von Rechenkompetenzen durch die Unterstützung metakognitiven Denkens

Isabelle von Seeler

5          Aufbau von Selbstwirksamkeitserleben und prosozialem Verhalten im API-Konzept für den Kunstunterricht

Svenja Karlsson

Teil 2:  Lernen in einer technisierten und globalisierten Lebenswelt

6          Erweiterung lebenspraktischer Kompetenz durch Verbraucherbildung

Eberhard Grüning

7          Bildung für nachhaltige Entwicklung und Globales Lernen im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung

Ilona Westphal

8          Elementarer Fremdsprachenerwerb in Englisch

Eberhard Grüning

9          Förderung technischer Kreativität durch multimediale Lernmediensysteme

Andreas Hüttner, Patric Schaubrenner & Kai-Christian Tönnsen

10       Digitale Bildung im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung

Malte Kolshorn

Teil 3:  Systemische Unterstützung von Jugendlichen in der Schule zu ihren Zukunftsvorstellungen

11       Community Care in der sonderpädagogischen Schulpraxis

Eberhard Grüning

12       Individuelle Lebens(stil)planung in der Berufswahlorientierung auf der Basis des Ansatzes der Persönlichen Zukunftsplanung

Katja Gatz

Teil 4:  Anhang

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

1       Schüler mit Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung – eine Einführung zum Buch

Eberhard Grüning

Seit den ersten praktischen und wissenschaftlich fundierten Konzeptentwicklungen ist der Lebensweltbezug ein fester Bestandteil in der Bildung für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung. Lebenswelten konstruieren sich aus der subjektiven Interpretation von konditionalen Gegebenheiten. So wie der Mensch sie wahrnimmt, bestimmen sie seine Lebensqualität und tragen zu seiner Identitätsentwicklung bei (Speck, 2018). Lebenswelten sind vielschichtig und prozesshaft. Das Bedingungsgefüge der Lebenswelten ist eingebettet in die Entwicklung von Gesellschaften, die stetiger Veränderungen unterliegen. Damit konstituieren sich immer wieder neue Herausforderungen in der Bewältigung der Anforderungen aus der Lebenswelt, die Einfluss auf schulische Bildungsprozesse nehmen. Diese Herausforderungen resultieren sowohl aus gesellschaftlichen als auch aus naturbezogenen Entwicklungen, die zugleich Bildungschancen für eine lebensweltorientierte Pädagogik thematisieren und genutzt werden sollten. Die Möglichkeit der Teilhabe und Mitwirkung an diesen Prozessen zu sichern bedeutet für Menschen mit Behinderung nicht nur, »dass Barrieren und Diskriminierung abgebaut werden, sondern auch, dass sie aktive Hilfe für eine volle gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe erhalten« (Graumann, 2011, S. 30). Anliegen des Buches ist es, schulische Bildung als »aktive Hilfe zur Teilhabe« (ebd.) von Schülern mit Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung im Kontext der neueren Herausforderungen zu betrachten und Konzepte für den Unterricht zur Verfügung zu stellen.

Pädagogisches Anliegen des Buches

Wissenschaftliche Erkenntnisse und Veränderungen in den gesellschaftlichen Prozessen nahmen in der Historie gesellschaftlicher Entwicklungen Einfluss auf die Schulpädagogik. Auch das gegenwärtige Verständnis von Bildungsaufgaben und Bildungsinhalten war und ist gesellschaftlich mitbestimmt. Unterrichtliche Methoden der Erschließung dieser Inhalte durch die Schüler sind durch einen generierten Wissensstand fundiert und begründet. Zielsetzungen in der Sonderpädagogik orientieren sich gegenwärtig an den Standards des Übereinkommens über die Rechte der Menschen mit Behinderung (Übereinkommen, 2006). Diese Konvention (ebd.) wird in der deutschen Schulpädagogik bei Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung u. a. dahingehend interpretiert, verstärkte Bemühungen zu unternehmen, die Schulfachorientierung in Theorie und Praxis zu intensivieren. Die »Bedeutung einer Fächerorientierung … im Sinne eines inklusiven Denkens« (Ratz, 2010, S. 9) hebt jedoch nicht den Bildungsauftrag für Kinder und Jugendliche im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung (Sekretariat, 1998) auf, aus der Lebenswelt resultierende Herausforderungen für den Unterricht (sonder-)pädagogisch aufzugreifen, die Aneignung fach- und lebensweltbezogener Kompetenzen in den Vordergrund zu stellen (Sekretariat, 2021) und diese zugleich entwicklungsförderlich didaktisch aufzubereiten. Zudem ist anzumerken, dass der geforderte uneingeschränkte Zugang zur schulischen Bildung (UN, 2006) nicht an Schulfächern festgemacht ist. Mit den Argumentationen, vor allem die bestehenden Schulfächer für den Unterricht von Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung verstärkt zu berücksichtigen, sind Annahmen verbunden, die nur vermutet werden können: Eltern, Lehrkräfte und Lehrerbildner verbinden möglicherweise damit die Ausweitung des Zugangs zu Kulturgütern oder eine wissenschaftliche Profilstärkung der sonderpädagogische Fachrichtung, da Lehrinhalte vermeintlich umfassender an Fachwissenschaften orientiert gelehrt werden. Entgegenzusetzen wäre zur zweiten Annahme die Position Glöckels (2003): »Die Schulfächer sind aus den Wissenschaften nicht abzuleiten, weder historisch noch systematisch« (S. 165). Die Diversität der Schulfächer in den Bundesländern Deutschlands belegt diese Aussage. »Wissenschaft ist nicht … die einzige Instanz in der Entscheidung über Schulunterricht« (Glöckel, 2003, S. 166). Dabei ist anzunehmen, dass Glöckel nicht beabsichtigte, seine Aussage in den Zusammenhang mit der nach Inklusion strebenden Pädagogik für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung bringen zu wollen. Für die Umsetzung aller Bildungsaufgaben bleibt es angesichts der Lernbedarfslagen der Schüler aus fachlicher Sicht »unerlässlich, auch in der Schule an der Lebenswirklichkeit zu lernen und das Gelernte praktisch anzuwenden« (Pitsch & Thümmel, 2011, S. 118). Selbstverständlich können die Bildungsinhalte der Schulfächer auch die Lebenswirklichkeit tangieren. Ein Fachunterricht wird jedoch im § 24, Absatz 3 (Bildung) des Übereinkommens über die Rechte der Menschen mit Behinderung nicht thematisiert, jedoch die Forderung erhoben, lebenspraktische Fertigkeiten und soziale Kompetenzen erwerben zu können (Übereinkommen, 2006).

Die Autoren des vorliegenden Buches gehen diesem Anliegen nach. Es werden ausgewählte (sonder-)pädagogisch-konzeptionelle Neuorientierungen vorgestellt, die sich infolge verändernder gesellschaftlicher Rahmenbedingungen für die Schulbildung und möglicher Lebensperspektiven entwickeln. Sie sind sowohl für den fachorientierten Unterricht als auch für einen fächerübergreifenden Unterricht konzipiert.

Ein zweites Anliegen des Buches resultiert aus den Erkenntnissen zur Erforschung von (Lern-) Entwicklungsprozessen. Die Autoren der einzelnen Kapitel verknüpfen daher die präsentierten Konzepte mit Möglichkeiten der Selbstreflexion des Lehrerhandelns auf der Grundlage empirischer Vorgehensweisen. Diese Beiträge sollen als ein Angebot an Lehrkräfte verstanden werden, ihre Professionalität als Forschende im eigenen Unterricht zu entdecken, anzuwenden oder zu erweitern, um Erkenntniswege über Lern- und Sozialisationsprozesse der Schüler zu vervielfältigen. Die Ergebnisse aus diesen Analysen und Evaluationen können zur Qualitätssicherung des Unterrichts beitragen. Lehramtsstudierende entwickeln bereits im Studium der Sonderpädagogik derartige Kompetenzen zur Gestaltung von Forschungsprozessen, die vor allem mit dem Studienziel begründet werden, in der Berufspraxis Forschungsberichte reflektieren zu können. Die Autoren des Buches gehen davon aus, dass die erworbenen Ressourcen des Forschens bisher weniger mit der eigenen Schulpraxis der Lehrkräfte verknüpft werden. Es ist daher das erklärte Ziel des Buches, die Potenziale aus dem Rückgriff auf diese Ressourcen exemplarisch aufzuzeigen.

Die ausgewählten Konzepte werden in diesem Band theoretisch fundiert und praxisorientiert ausgeführt. In mehreren Kapiteln erfolgt auf der Grundlage empirischer Forschungsmethoden die Untersuchung individueller Lernprozesse bzw. ihrer Bedingungen. Dabei steht nicht ausschließlich das Lernergebnis im Interesse der Evaluation, wie es aus empirischen Untersuchungen in anderen Kontexten bekannt ist, sondern vielmehr soll die Möglichkeit aufgezeigt werden, forschungsmethodisch orientierte Verfahren dahingehend in der Schulpraxis nutzen zu können, subjektive Sichtweisen von Lehrkräften auf Lern- und Sozialprozess mittels weiterer Bewertungsverfahren zu qualifizieren, indem der Prozess des Lernens frühzeitig und zielgerichtet initiiert, unterstützt oder modifiziert wird. Im Fokus dieser Betrachtung steht dabei der einzelne Schüler (Einzelfall). So ist es ein Anliegen des Buches, die Kasuistik im Sinne der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (2006) zu gebrauchen, ohne eine für alle Schüler humane Bildung aufzugeben: »Persons with disabilities receive the support required, within the general education system, to facilitate their effective education« (United Nations, 2006, S. 15). Zentel (2018) verwies mit diesem Zitat im genannten Zusammenhang auf das Originaldokument des Übereinkommens über die Rechte der Menschen mit Behinderung und den darin enthaltenen Begriff effektive education. Die Diskussion um den Sinn der evidenzbasierten Methoden in der Forschung wird in der deutschen Pädagogik bei Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung konträr geführt und der Nutzen für die Praxis mitunter infrage gestellt. Die in diesem Buch empfohlenen Vorgehensweisen zur Kontrolle von Lernprozessen folgen dem Ziel, möglichst vielfältige Erkenntnisse für die Wirksamkeit der pädagogischen Arbeit mit Schülern gewinnen zu wollen und damit Lernen in der Schulpraxis umfassender bewerten zu können. Diesem Anliegen wird in einigen Kapiteln nachgegangen, indem zum beschriebenen Konzept ausgewählte Möglichkeiten der Reflexion aufgezeigt werden.

Alle nachfolgenden Beiträge in diesem Band orientieren sich an einer gemeinsamen äußeren Form der Dreigliedrigkeit aus Einleitung, Theoretischer Bezugsrahmen und Theorie-Praxis-Transfer, der eine kurze Kapitelzusammenfassung vorangestellt ist sowie jeweils ein Literaturverzeichnis nachgestellt wird. Um strukturell und sachbezogen eine inhaltliche Verknüpfung der Kapitel herzustellen, wird der Band nach der inhaltlichen Ausrichtung in drei Teile gegliedert: Bewerten subjektiver Lernsituationen, Lernen in einer technisierten und globalisierten Lebenswelt, Systemische Entwicklung von Perspektiven für Jugendliche. Die vorgestellten Konzepte sind explizit auf Möglichkeiten zur Sicherung von Lebensqualität und der Kompetenzsicherung und -erweiterung unter den Bedingungen des Unterrichts ausgerichtet, die sowohl in der Tradition der sonderpädagogischen Fachrichtung fachübergreifend, aber auch fachorientiert entwickelt werden.

Theoretische Rahmenbedingungen – Gesellschaftliche Entwicklungsprozesse als zu gestaltende Lebenswelt in der Pädagogik bei Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung

Für die Sonderpädagogen stellt die Kind-Umfeld-Analyse eine Informationsbasis dar, um pädagogische Konzepte wirksam zu gestalten. Sie beruht auf dem Anspruch an eine ganzheitliche begründete Sicht für die pädagogische Konzeptbildung. Dazu gehören u. a. die systemisch zu betrachtenden Wirkfaktoren des Zusammenlebens der Menschen, die durch ihr moralisches Handeln in der sozialen Gemeinschaft Ausdruck finden, aber auch mit der Priorisierung von fachwissenschaftlich begründeten oder bildungspolitisch erwünschten Lerninhalten in Gegenwart und Zukunft zu identifizieren sind.

Da es Anliegen dieses Buch ist, insbesondere die Lebenswelt der Schüler für die Pädagogik zu thematisieren, sollen Erkenntnisse und Diskussionen aus der Soziologie, die sich als eine der Bezugswissenschaften der Sonderpädagogik der empirisch theoretischen Erforschung des Sozialen widmet, thematisiert werden. Soziologische Erkenntnisse können für die schulische Bildung von Bedeutung sein. Eine aktuelle soziologisch ausdifferenzierte Gesellschaftsanalyse soll daher in einer zweckdienlichen Kurzform weiteren Ausführungen in dieser Einführung zugrunde gelegt werden. Dies kann an dieser Stelle nicht mit dem Anspruch auf Vollständigkeit geschehen. Vielmehr sollen aus der Analyse schlussfolgernd Rahmenbedingungen für pädagogisches Handeln skizziert werden. Die Zweckdienlichkeit für Lehrkräfte kann darin bestehen, Einflussfaktoren auf schulische Bildungsprozesse objektiver bewerten zu können, um sie für pädagogische Konzeptentwicklung zu berücksichtigen.

»Die spätmoderne Gesellschaft ist eine Herausforderung …« (Reckwitz, 2018, S. 429). Es lässt sich wohl kaum ein (Sonder-)Pädagoge finden, der dem Zitat mit Blick auf die alltäglichen pädagogischen Herausforderungen nicht zustimmen würde. Die Institution Schule erlebt diese Entwicklung in den westlichen Ländern in vielfältigen Ausprägungsformen. Reckwitz (2018) erfasst in seiner systemischen Analyse der Moderne gesellschaftliche Subsysteme und ihre Beziehungen zueinander. Aufgrund der Aktualität seiner Betrachtung ist es ihm möglich, über Luhmanns Systemtheorie (1984) zur Klärung sozialer und pädagogischer Prozesse hinauszugehen, die auch in der (Sonder-)Pädagogik als eine wesentliches Fundament Anerkennung findet. Reckwitz (2018) möchte jedoch beide soziologischen Theorien nicht als konkurrierend betrachtet sehen.

Für Luhmann waren soziale Systeme autopoietisch, d. h. sich selbst in neuer Form erschaffend. Luhmann (1984) beschreibt in diesem Zusammenhang die bewusste Abweichung von der Norm als einen entscheidenden Faktor dieser Reproduktion, die das jeweilige System nach Möglichkeit in sich stabil hält, um zum Gewinn für die eigene Entwicklung mit anderen Teilsystemen in den Austausch gehen zu können.

Diese Grundstrukturen stabiler Systeme und allgemeiner Verbindlichkeiten bisher gültiger Normsysteme in der Kooperation verlieren jedoch offensichtlich an Bedeutung. Es ist Ziel des Einzelnen in der Gesellschaft und paradoxes Ziel der Gesellschaft, nach Singularität zu streben. »Singularität und Singularisierung sind Querschnittsbegriffe und bezeichnen ein Querschnittsphänomen, das die gesamte Gesellschaft durchzieht« (Reckwitz, 2018, S. 12). Das Singuläre meint dabei nicht nur das menschliche Individuum in seiner Subjektrolle. Die Singularität umschreibt ebenso das herausgehobene Kulturevent, die wissenschaftliche Exzellenz von Institutionen, die Einmaligkeit jeglicher Objekte, eine Räumlichkeit (Location) u. a.m., die sich von einer sozialen Logik des Allgemeinen in der Moderne (ebd., S. 37 ff.) abwendet. Singularitäten werden durch soziale Praktiken des Wahrnehmens und Bewertens »sozial fabriziert« (ebd., S. 13). Diese Praktiken der Zuschreibung enthalten immer eine moralisch abwägende Dimension. Die Gesellschaft erkennt im Ergebnis dieser Prozesse nicht jede Singularität als attraktiv an. »Erfolg hängt von der Volarisierung des Publikums ab« (Reckwitz, 2018, S. 439). »In gesellschaftlichen Volarisierungsprozessen wird Wert zugeschrieben und Wert abgesprochen« (ebd., S. 81). »Die Entvolarisierung ist eine Entwertung, die nicht nur Dinge/Objekte, Orte und Ereignisse, sondern auch Subjekte und Kollektive betrifft« – betreffen kann, denn auch »Gegenvolarisierungen und Neujustierung der Volarisationskriterien« (ebd., S. 81) sind unter modernen Bedingungen Bestandteil dieser Prozesse. Singularität geht offensichtlich über das Besondere im Allgemeinen hinaus, da es nicht mehr nur, wie in der Zeit der Moderne, Exemplar des Allgemeinen ist (ebd., S. 14). In der gegenwärtigen Zeit der Spätmoderne erlangt diese Entwicklung eine strukturbildende Kraft u. a. in der Arbeitswelt, in den Lebensstilen und den Alltagskulturen der Menschen (ebd., S. 429). »Die Singularisierung des Sozialen gilt schließlich für jene global zu beobachtenden politischen und subpolitischen Neogemeinschaften, in denen jeweils historische, räumliche oder ethische Besonderheiten einer als gemeinsam imaginierenden Kultur gepflegt werden« (ebd., S. 10), die Themen für eine nachhaltige Bildung im globalen Interesse auf den Plan ruft, wie im vorliegenden Buch beschrieben. »Singularitäten sind das Ergebnis sozial-kultureller Prozesse der Singularisierung« (ebd., S. 51), die somit in enger Verknüpfung zur Kultur und der Teilhabe an dieser und somit zum Bildungsbegriff zu diskutieren wären.

Die Entwicklung zur Gesellschaft der Singularitäten sieht Reckwitz (2018) darin begründet, dass mit Beginn der Klassischen Moderne seit Ende des 18. Jahrhunderts normative Ideale auf der Ebene des Besonderen vom Allgemeinen produziert wurden, die bis in die Gegenwart hinein zu Ungleichheiten führten. Diese »soziale Logik des Allgemeinen« drängte in der Moderne nach »Standardisierung, Formalisierung und Generalisierung« mit dem Ziel einer »transparenten Ordnung des Sozialen« (Reckwitz, 2018, S. 28). Verschiedene Soziologen und Philosophen analysierten und theoretisierten diese Entwicklung (Honneth, 1994, Rawls, 1979, Nussbaum, 2016), in der sie letztendlich eine Krise der Anerkennung zwischen den Systemen konstatieren (Reckwitz, 2018).

Singularität ist die Folge dieser krisenhaften gesellschaftlichen Entwicklung, die sich radikal am Besonderen in diesem Allgemeinen orientiert und von allgemeinen Systemnormen, wie die der Moral oder in der Bildung, distanziert, die für die pädagogische Konzeptbildung und Bildungsorganisation zu beachten ist. Die Krise der Spätmoderne erfasst alle gesellschaftlichen Bereiche und findet u. U. sogar besonderen Ausdruck in den kulturellen Grundlagen einer Gesellschaft. Damit einher geht die Enttäuschung der Erwartung an eine leistungsgesellschaftliche Gerechtigkeitsvorstellung (Nussbaum, 2016) bis zur Entwertung gesamter Lebensstile, die nicht als positiv singulär konnotiert werden. »So stellt sich … der hohe Besonderheits- und Selbstentfaltungsanspruch des Lebens in der Kultur der Spätmoderne als ein systematischer Enttäuschungsgenerator dar, vor dessen Hintergrund sich psychische Überforderungssymptome erklären lassen« (Reckwitz 2018, S. 22). Die Kultur der Attraktivität unterläuft die bislang geforderten Gerechtigkeitsmaßstäbe der Moderne (ebd., S. 439).

Prognostisch wird mit einer Gesellschaftsentwicklung zu rechnen sein, die aus diesen Praktiken resultierend Diskriminierungsstrukturen aufweisen wird (Reckwitz, 2018). Bildung für Menschen mit Beeinträchtigungen hat auf die Teilhabe in dieser Gesellschaft vorzubereiten. Um für die Perspektive der Schüler wirksame und zukunftsorientierte Konzepte aufzustellen, ist eine Vorstellung von den zu erwartenden Bedingungen des Zusammenlebens erforderlich. Perspektivisch »egalitäre Gesellschaften, homogene Kulturen und balancierte Persönlichkeiten« zu erwarten, bezeichnet Reckwitz als »pure Nostalgie« (2018, S. 442).

Teilhabe wird, unabhängig von gesellschaftlichen Entwicklungstendenzen, gegenwärtig in der Pädagogik bei Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung als der zentrale Zielbegriff innerhalb von Unterstützungssystemen sowie mit Bezug zur Inklusion gebraucht. Die »volle gesellschaftliche Teilhabe wäre weitestgehend identisch mit Inklusion« (Niehoff, 2007, S. 339). In einer Gesellschaft, in der eine Singularität als Ideal erachtet wird, führt eine Beeinträchtigung nicht mehr zwingend zu einer Behinderung als Negativkategorie, wie sie gegenwärtig aufgefasst wird. Die Bewertung des Singulären ist an fragile Merkmale gebunden. Solange sie Einmaliges repräsentieren, kann auch Singuläres, wie wir es mitunter bei medienwirksamen Präsentationen der Artefakte von Menschen mit Beeinträchtigungen erleben, positiv konnotiert werden. Positive Bewertungen durch die Gesellschaft stehen dabei in keinem zwingend kausalen Zusammenhang mit dem schulischen Bildungserfolg. Die Gesellschaft belohnt nicht allein ein Mehr an (Fach-)Wissen, sondern für den Erfolg durch Handlungsfähigkeit auf der Grundlage der an Identität gebundenen Originalität. Vielmehr geht es um Kreativität in der Gestaltung der eigenen Lebenswelt, um Eigenständigkeit in der Lebensführung, aber auch um Empathie und soziale Handlungsfähigkeit zur Verknüpfung unterschiedlicher menschlicher Interessen.

Für Menschen mit Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung birgt dieser gesellschaftliche Prozess Gefahren einer negativen Wertzuweisung und Verunsicherung in der sozialen Orientierung. Die Sicherung der Lebensqualität könnte möglicherweise auch im zweiten Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe liegen, den Reckwitz (2018) mit der entindustrialisierten Dienstleistungsgesellschaft charakterisiert. Diese Sicht beruht auf der Annahme, dass weniger die bloße Teilhabe an elementarisierter fachwissenschaftlicher Bildung entwicklungsförderlicher sein muss als eine singulär ausgerichtete Bildung unter lernförderlichen Schulbedingungen. Sollte die gesellschaftliche Entwicklung in die von Reckwitz (2018) umrissene Richtung voranschreiten, rückt neben der Grund- und Allgemeinbildung für Schüler ihre Spezialbildung in den Mittelpunkt, die auf das singuläre Potenzial zielt. Das Erkennen der Bedarfslagen im Prozess der Evaluation von Lernsituationen, Instrumente der Beteiligung an der Auswahl und Gestaltung von Bildungsgehalten mit künstlerischen, technischen, digitalen oder fremdsprachlichen Interessen für die eigene Lebensstilgestaltung oder die berufliche Zukunft sind u. a. Themen dieses Buches. Die Grundbildung im Unterricht sollte dabei, stärker als sie es aktuell vermag, die Förderung sozialer Kompetenzen im Umgang mit Singulärem, dem Allgemeinem und dem Besonderen sowie ethische Grundlagen des (Be-)Wertens enthalten. Schubart, Gruhne, und Zylla (2017) konstatieren, dass Schüler aktuell unterscheiden können, ob sie sich im Wertesystem von Schule oder im außerschulischen Wertekontext bewegen. Allein die Feststellung der Autoren, dass Kinder und Jugendliche, die sich in einer intensiven Orientierungs- und Entscheidungsphase ihrer moralischen Entwicklung befinden und in verschiedenen, nicht konform gehenden Wertesystemen ihrer Lebenswelt ihr moralisches Handeln steuern müssen, kann zumindest hypothetisch als ein Potenzial ihrer Verunsicherung beschrieben werden und pädagogischen Handlungsbedarf signalisieren. Es lässt sich vermuten, dass das Ausmaß erneut vorgefundener Gefährdungen und Beeinträchtigungen in der psychischen Gesundheit im Kindes- und Jugendalter (Robert-Koch-Institut, 2018) u. a. auch auf solche Barrieren und der dabei ausbleibenden pädagogischen Unterstützung in der Orientierung zurückgeführt werden könnte. Zu dieser Unterstützung in der Orientierung zählen wir u. a. auch Bildungsprozesse, die sich auf ein schultypübergreifendes Phänomen richten: Von sozialer Anerkennung, aber auch möglichem Singularitätsstreben geprägtes Konsumverhalten ist für zahlreiche Kinder und Jugendliche alltägliche Lebenswelt im Raum Schule. Eine pädagogisch begründete und strukturierte Verbraucherbildung, wie sie in diesem Buch aufgegriffen wird, kann als ein Beitrag aufgefasst werden, Kinder und insbesondere Jugendliche mit Beeinträchtigung zu unterstützen, derartige Prozesse zu bewerten. Die Zuweisung der sonderpädagogischen Zuständigkeit für die Bildung dieser Kinder und Jugendlichen im Schulkontext ist in dem Zeitraum, der von Reckwitz analysiert wird, stetig und immens gestiegen (Statistische Veröffentlichung der KMK, 2018) und hat an anderer Stelle bereits diskutierte Auswirkungen auf die Entwicklung der Schülerschaft im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung. Schüler mit diesen Erfahrungen sind Konzepte anzubieten, die ihnen Identität verleihen und Perspektiven eröffnen. Die Bedingungslage des Einzelnen, aber auch die Reflexion der pädagogischen Angebote für den Einzelnen sollten im pädagogischen Alltag verstärkt werden. Mehr Objektivität in diesem Prozess kann über den Unterricht begleitende Einzelfallstudien erlangt werden, deren Anwendung vorgestellt wird.

Die Teilhabe aller an der inklusiven Gesellschaft der Singularitäten bedarf aus systemtheoretischer Sicht vor allem sozialer Kompetenzen des Vernetzens zwischen singulären Systemen (Individuen, Institutionen, Prozessen) und Haltungen gegenüber dem Anderen, damit die Agilität der Subsysteme erhalten bleibt, damit diese sich entwickeln können (Becker & Luhmann, 2017). Systemübergreifendes Arbeiten im Lehrerberuf wäre erforderlich. Möglichkeiten werden mit dem Community Care-Ansatz und der Persönlichen Zukunftsplanung in diesem Buch verdeutlicht. Inwiefern in einer singulären Gesellschaft die heutigen Konzepte hinreichend sind, wird sich zukünftig erweisen. Die Sozial- und insbesondere die Bildungswissenschaften sollten jedoch dieser sozialen Logik der Entwicklung vorausschauend Beachtung schenken, denn sie werden Kinder und Jugendliche auf diese Gesellschaft vorzubereiten haben und damit einen Einfluss auf zukünftige Entwicklungen nehmen.

Für die Pädagogik bei Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung kann aus der umrissenen Gesellschaftsanalyse geschlussfolgert werden, dass Bildungsinhalte für den Unterricht verfolgt werden sollten, die jedem einzelnen Schüler Möglichkeiten eröffnen, an aktuellen und zukünftigen Entwicklungen in der Gesellschaft teilzuhaben. »Singularisiert wird ein Subjekt dann, wenn seine Einzigartigkeit sozial wahrgenommen und geschätzt, wenn sie in bestimmten Techniken aktiv angestrebt und an ihr gearbeitet wird« (Reckwitz 2018, S. 59). »Als singulär können dabei sämtliche Eigenschaften und Aktivitäten des Subjektes erscheinen: seine Handlungen und kulturellen Produkte, seine Charakterzüge, sein Aussehen und andere körperliche Eigenschaften, auch seine Biografie. Sie müssen jedoch in irgendeiner Weise performt werden, um nicht bloße Idiosynkrasie zu sein, sondern als Einzigartigkeit anerkannt zu werden« (ebd., S. 60).

Zugleich sind berufliche Handlungsfelder der sonderpädagogischen Lehrkraft so zu erweitern, dass sie mit ihrem Spezialwissen und ihren Haltungen Einfluss nehmen. Schlussfolgerungen, die sich explizit aus der soziologischen Analyse für Bildungsstrukturen ergeben und implizierende Aufgaben der Bildungsorganisation beschreiben, sind nicht das Anliegen des Buches. Das vorliegende Buch stellt vielmehr ausschließlich Konzepte zu lebensweltorientierten Bildungsinhalten vor, die darum bemüht sind, Teilhabe unter den sich verändernden gesellschaftlichen Entwicklungen im Blickfeld zu behalten.

Nach der Einführung befasst sich Kapitel 2 mit Möglichkeiten der unterrichtsbegleitenden Beobachtung, die zur Klärung der Teilhabe einzelner Schüler an Lernsituationen beitragen soll. Das Kapitel eröffnet den Teil 1 Bewerten subjektiver Lernsituationen. Die Beobachtung in Lernsituationen anhand des Teilhabebogens ist darauf gerichtet, die zentrale Frage von qualitativ hochwertigem Unterricht zu beantworten: Unter welchen Bedingungen lernt dieses Kind, fühlt es sich wohl und kann es aktiv am Lerngegenstand teilhaben? Gerald Matthes und Eberhard Grüning bieten neben einem Beobachtungsschema theoretisch begründete und evaluierte Materialien zur pädagogisch-konzeptionellen Arbeit auf der Grundlage der mit dem Teilhabebogen ermittelten Beobachtungsergebnisse an. Mit der kommentierten Einzelfallbeschreibung werden die Vorgehensweisen des Konzepts für die Leser veranschaulicht.

Einzelfallstudien sind in der empirischen Forschung im und für den Unterricht im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung für die Veranschaulichung von Lernprozessen von Vorteil und anwendbar. Isabelle von Seeler und Eberhard Grüning vermitteln im Kapitel 3 Einblicke in die Theorie und Praxis der Einzelfallforschung. Das ausgewählte Fallbeispiel liefert zugleich eine Anleitung für Lehrkräfte, die Verknüpfung von Unterrichtsforschung und Unterrichtspraxis in der eigenen Klasse umzusetzen. Das Beispiel soll zudem verdeutlichen, dass Schüler selbstverständlich keine Vorbedingungen erfüllen müssen, um von diesen Vorgehensweisen zu profitieren. Diese ersten Kapitel sind auf die Annäherung an die subjektive Lernsituation gerichtet.

In den zwei nachfolgenden Kapiteln werden Konzepte für fachorientierte Kontexte angeboten. Für den Mathematikunterricht führt Isabelle von Seeler im Kapitel 4die Anwendung Kontrollierter Einzelstudien weiter aus. Der von ihr thematisierte Lerngegenstand des Mathematikunterrichts richtet sich auf den Erwerb von Rechenkompetenzen. Die Autorin stellt erstmals in der deutschsprachigen Pädagogik bei Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung ein Konzept zur kognitiven Förderung in diesem Lernbereich vor, indem sie die Fachanforderungen mit der Entwicklung von Lernstrategien verknüpft. Svenja Karlsson berichtet im Kapitel 5 über ein Konzept, das insbesondere für Schüler mit auffälligen Verhalten erstellt wurde. Sie unterbreitet ein Bildungsangebot für den Kunstunterricht, mit dem die Schüler ihr Selbstwirksamkeitserleben reflektieren sollen. Sie geht der Fragestellung nach, ob sich die Umsetzung ihres Konzepts (ActionPaintingIntervention) auf die Auswahl sozialer Verhaltensweisen auswirkt. Mittels Kontrollierter Einzelfallstudien wird sie ihre Hypothese prüfen und die Fragestellungen des Projektes beantworten.

Den zweiten Teil des Buches (Lernen in einer globalisierten und technisierten Lebenswelt) leitet Eberhard Grüning ein, indem die komplexen Anforderungen aus der Lebenswelt zum Thema eines Basiscurriculums zur Verbraucherbildung im Kapitel 6 werden. Die Verbraucherbildung thematisiert zentrale Bereiche der Lebenswelt. Mit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz (2015), Verbraucherbildung für alle Schularten vorzusehen, soll dieses Kapitel als Rahmenkonzept für den Förderschwerpunkt verstanden werden. Strukturinhalte der Verbraucherbildung werden didaktisch auf den Ebenen der Inhalts- und Handlungsdimension von Unterricht exemplifiziert. Im Kern des Konzepts steht dabei u. a. das Problemlösen, das ein wesentliches Anliegen aus dem Kapitel 4 aufgreift und Möglichkeiten der differenzierten kognitiven Förderung ableitet.

Eine Konkretisierung und Vertiefung erfährt der Beitrag 6 durch das Kapitel 7 von Ilona Westphal. Die Bildung für nachhaltige Entwicklung ist ein Kernbereich der Verbraucherbildung. Es ist zu erwarten, dass der lebensweltorientierte Lernbereich aufgrund seiner Komplexität und Aktualität zukünftig eine herausgehobene Stellung im Kanon der Bildungsinhalte einnehmen wird. Reckwitz (2018) verdeutlicht die Reichweite des Prozesses der Globalisierung, die mit globalen Kulturkämpfen verbunden sein werden (ebd., S. 20 f.). Die soziale Logik der Singularitäten hat demnach längst den globalen Süden erreicht. Grenzen zwischen globalem Norden und Süden heben sich sichtbar auf (Reckwitz, 2018). Wie kann Bildung für eine Nachhaltigkeitsentwicklung und Globales Lernen im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung konzipiert werden? Der Frage geht Ilona Westphal im Kapitel 7 nach und stellt ein inklusives Bildungsmaterial (bezev, 2015) vor, das unter Berücksichtigung der Lernvoraussetzungen von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung evaluiert und modifiziert wurde. Globale Prozesse sind mit der internationalen Geschäftssprache Englisch verknüpft. Hoch qualifizierte Bildung an allgemeinen Schulen ist in Deutschland eng mit dem Bildungsgehalt der Anglistik und Amerikanistik verbunden. Welchen Stellenwert hat diese Entwicklung für Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung? Welche pädagogisch-konzeptionellen Bildungsangebote für die Fremdsprache Englisch sollte und kann eine lebensweltorientierte Pädagogik unterbreiten? Eberhard Grüning widmet sich im Kapitel 8 diesen Fragen.

Unsere Lebenswelt wird durch technische Systeme bestimmt. Andreas Hüttner, Patric Schaubrenner und Kai-Christian Tönnsen veranschaulichen im Kapitel 9, in wiefern die Fähigkeit zur technischen Kreativität gegenwärtig ein immanenter Bestandteil einer Allgemeinbildung sein muss. Sie entwickeln Ansätze und Konzepte zur Kreativitätsentfaltung mittels automatisierter Systeme im Kontext von Erkenntnissen der Kreativitätsforschung und allgemeinen Technologien. Für die Unterrichtsplanung werden kognitive, körperlich-motorische und motivational-volitive Bildungsschwerpunkte erarbeitet.

Ein spezifischer Bereich der technisierten Lebenswelt sind die digitalen Medien. Lernen mit digitalen Medien ist ein fester Bestandteil in allen Schularten geworden. Digitale Medien sind Lernmittel und zugleich Lerngegenstand. In Kapitel 10 wird Malte Kolshorn zentralen Fragen nachgehen, die sich im Zusammenhang digitaler Bildung für Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung gegenwärtig und in der nahen Zukunft stellen. Pädagogische, didaktische und diagnostische Potenziale des Bildungsbereichs werden aufgezeigt. Eine Einzelfallbetrachtung belegt Entwicklungspotenziale durch den Gebrauch digitaler Medien im Unterricht.

Der dritte Teil (Systemische Perspektiven für Jugendliche) befasst sich mit der Entwicklung von Perspektivsichten für Schülerinnen und Schüler auf der Basis von Konzepten, die eine schulisch verantwortete Begleitung und Bildung zur Verknüpfung von Teilsystemen der Lebenswelt verfolgen. Kapitel 11 leitet aus der UN-Behindertenrechtskonvention (UN, 2006) und den Herausforderungen aufgrund singulärer Gesellschaften eine Profilschärfung für das Aufgabengebiet von Sonderpädagogen ab. Als eine schulpädagogische Schlussfolgerung wird die verstärkte Notwendigkeit zu sozialer Netzwerkarbeit unterstrichen. Eberhard Grüning stellt Community Care als Handlungsmodell für die Schulpädagogik vor. Im Kapitel 12 spezifiziert Katja Gatz die Thematik. Sie entwickelt für den Unterricht in der Berufsschulstufe auf der Grundlage der Persönlichen Zukunftsplanung (Doose, 2014) und Individueller Lebensstilplanung (Niehoff, 2007) das Konzept Individuelle Lebens(stil)planung in der Berufswahlorientierung für den Unterricht. Die Beschreibung der Umsetzung des Konzepts schließt die Darlegung des differenzierten Einsatzes der didaktischen Materialien ein. Mit den Ausführungen in diesem Kapitel belegt die Autorin den Einsatz empirisch-qualitativer Forschungsmethoden in der Schulpraxis und unterbreitet Vorschläge zur partizipatorischen Gestaltung der Transitionsprozesse im Übergang von der Schule in eine berufliche Tätigkeit.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird ausschließlich die männliche Genusform für Personen in diesem Buch verwendet. Die Gleichstellung aller Geschlechter soll damit nicht unterlaufen werden. Sich stetig wiederholende Fachbegriffe werden einmalig in jedem Kapitel in der ausführlichen Schreibweise ausgewiesen. Danach wird nur noch die Kurzform verwendet.

Literatur

Baecker, D. & Luhmann, N. (2017): Niklas Luhmann: Einführung in die Systemtheorie. Heidelberg: Carl-Auer Verlag.

Doose, S. (2014): »I want my dream!« Persönliche Zukunftsplanung: neue Perspektiven und Methoden einer personenzentrierten Planung mit Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen (10., aktualisierte Auflage). Neu- Ulm: AG SPAK.

Graumann, S. (2011): Assistierte Freiheit. Von der Behindertenpolitik der Wohltätigkeit zu einer Politik der Menschenrechte. Frankfurt: Campus.

Honneth, A. (1994): Kampf um Anerkennung. Zur moralischen Grammatik sozialer Konflikte. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Luhmann, N. (1984): Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Niehoff, U. (2007): Teilhabe. In: G. Theunissen, W. Kulig, & K. Schirbort (Hrsg.), Handlexikon Geistige Behinderung (S. 339). Stuttgart: W. Kohlhammer.

Nussbaum, M. (2016): Gerechtigkeit oder das gute Lebens (9. Auflage). Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Pitsch, H.-J. & Thümmel, I. (2011): Zur Didaktik und Methodik des Unterrichts mit geistig Behinderten (4., überarbeitete und erweiterte Auflage). Oberhausen: Athena.

Ratz, C. (2011). Zur Bedeutung einer Fächerorientierung. In: C. Ratz (Hrsg.), Unterricht im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Fachorientierung und Inklusion als didaktische Herausforderung (S. 9–40). Oberhausen: Athena.

Rawls, J. (1979): Eine Theorie der Gerechtigkeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Robert-Koch-Institut (2018): Journal of Health Monitoring–KIGGS Welle 2, Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen. Berlin, https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/Journal-of-Health-Monitoring_02_2018_KiGGS-Welle2_Gesundheitsverhalten.pdf?__blob=publicationFile, Zugriff am 13.05.2019

Reckwitz, A. (2018): Die Gesellschaft der Singularitäten. Zum Strukturwandel der Moderne. Bonn: bpb.

Schubarth, W., Gruhne, C. & Zylla, B. (2017): Werte machen Schule. Lernen für eine offene Gesellschaft. Stuttgart: Verlag W. Kohlhammer.

Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (1998): Empfehlungen zum Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, https://www.kmk.org/fileadmin/…/beschluesse/1998/1998_06_20_FS_Geistige_Entwicklung.pdf, Zugriff am 01.07.2019

Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2021): Empfehlungen zur schulischen Bildung, Beratung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen im sonderpädagogischen Schwerpunkt Geistige Entwicklung. https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2….pdf, Zugriff am 19.07.2021

Speck, O. (2018): Menschen mit geistiger Behinderung. Ein Lehrbuch zur Erziehung und Bildung (13., überarbeitete Auflage), München: Ernst Reinhardt Verlag.

Statistische Veröffentlichung der KMK (2018): Sonderpädagogische Förderung an Schulen, Dokument 214. https://www.kmk.org/dokumentation-statistik/statistik/schulstatistik/sonderpaedagogischefoerderung, Zugriff am 20.07.2019

Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte der Menschen mit Behinderungen (Behindertenrechtskonvention) (www.un.org/depts/german/uebereinkommen/ar61106-dbgbl.pdf), Zugriff am 20.04.2019

Zentel, P. (2018): Evidenzbasierung in der Geistigbehindertenpädagogik – eine Annäherung aus multidisziplinärer Sicht. In: Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft zur Förderung der Forschung für Menschen mit geistiger Behinderung e. V. (DIFGB) (Hrsg.), Dokumentation der Tagung: Evidenzbasierung – Kontroverse im Kontext von Autismus-Spektrum-Störungen und Geistiger Behinderung (S. 7–27), www.DIFGB_Tagungsdokumentation_2017_Evidenzbasierung.pdf, Zugriff am 20.06.2019

Teil 1:  Bewerten subjektiver Lernsituationen

2       Evaluation von Lernsituationen – Grundlage der Reflexion von Unterrichtskonzepten und pädagogischer Förderplanung

Eberhard Grüning & Gerald Matthes

Die Beobachtung und Beschreibung der subjektiven Lernsituation, ihre psychologische Erklärung und die Ableitung pädagogischer Schlussfolgerungen sind anspruchsvolle Tätigkeiten im Handlungsfeld der Lehrkräfte für Sonderpädagogik. In diesem Beitrag stellen wir methodische Hilfestellungen vor. Der Teilhabebogen ist ein Instrument, das unabhängig von spezifischen Schülerkompetenzen, Fachbezug des Unterrichts oder Schulart für Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigung der geistigen Entwicklung (BgE) angewendet werden kann. Die Ergebnisse bilden eine Grundlage für die Entwicklung und Reflexion weiterer pädagogischer Ziele und Vorgehensweisen. Die Ausführungen bieten somit auch eine Möglichkeit, die individuelle Passung von Förderkonzepten und Unterstützungsmöglichkeiten zu reflektieren. Der Beitrag schließt mit einem Resümee zum Theorie-Praxis-Transfer für die pädagogische Arbeit mit Schülern im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung (FSGE).

2.1        Einführung

Lernen ist gut oder gelingend, wenn das Kind sich aktiv mit den Lerngegenständen auseinandersetzt, sozial integriert ist und sich zugleich wohlfühlt. Diese drei Merkmale der Lage des Individuums in einer Situation bestimmen die Qualität seiner Teilhabe (Dworschak, 2004; Heimlich, 2007). Sie repräsentieren somit wesentliche Dimensionen der individuellen Lernsituation eines Kindes im Unterricht. In diesem Beitrag entwickeln wir Vorschläge für die Evaluation subjektiv erlebter Lernsituationen sowie das Verstehen der dabei wirkenden aktuellen Einflussfaktoren und beschäftigen uns mit der Entwicklung pädagogischer Schlussfolgerungen. Die Strategie wurde formativ und summativ evaluiert. Ihre Ziele richten sich auf die Beobachtung der subjektiven Lernsituationen des Kindes, die Reflexion von Annahmen über Ursachen und Bedingungen einer mehr oder weniger guten Teilhabe und die Planung von Förderzielen und Maßnahmen. Die Arbeitsweise kann zur Unterrichtsevaluation und Entwicklung individueller Förderkonzepte angewandt werden.

2.2        Theoretischer Bezugsrahmen

2.2.1      Bewertung des Bildungserfolgs

Im Mittelpunkt der gegenwärtigen Diskussion über Unterrichtsevaluation stehen Bildungsstandards, Qualitätsmanagement, Effektivitätsziele, evidenzbasierte Praxis und Lernfortschrittsdokumentationen auf empirisch-quantitativ gesicherter Basis. Selbstverständlich ist es wichtig, Leistungsmessungen durchzuführen und auf Effizienz zu achten, nicht zuletzt, um die Lernenden möglichst objektiv über Lernerfolge zu informieren (vgl. Sekretariat, 2021). Darin sind sich die Lehrkräfte einig; doch gehen die Meinungen darüber auseinander, was Leistung sein kann und soll (Sansour, Musenberg & Riegert, 2018). Der Leistungsbegriff im Sinne Klafkis (2007) erfordert, neben dem Lernergebnis den Prozess der Auseinandersetzung und das Maß der Anstrengung zu berücksichtigen. Das wird dem pädagogischen Denken nicht mehr im notwendigen Maße zugrunde gelegt. National und international vergleichend geführte Evaluationen an allgemeinen Schulen orientieren sich überwiegend an Bildungsstandards, den schulfachbezogenen Lernergebnissen. Mit dem Postulat der Chancengleichheit wird zudem suggeriert, dass alle Schüler den maximalen Bildungserfolg erzielen könnten. Kinder und Jugendliche gleichen Alters werden als Leistungsstarke und Leistungsschwächere sichtbar gemacht, um sie bestenfalls und frühzeitig nach ihrem Leistungsprofil effektiv zu fördern. Die fast allgegenwärtige Bewertung ist präsenter Hintergrund des individuellen Lernerlebens und so auch Wirkfaktor der familiären Erziehung. Einseitig verfolgte Leistungserwartungen können diskriminierend wirken, bei ausbleibendem Erfolg demotivieren und in der sozialen Lerngruppe zu Isolation führen. Das international und national gebräuchliche Leistungsparadigma ist nicht ausreichend. Es führt zu einem »problematischen Versprechen der Leistungsgerechtigkeit« (Schäfer, 2018, S. 11). Zum Berufsbild der Pädagogen, erst recht der Sonder- bzw. Förderpädagogen, gehört, dass zumindest gleichrangig darüber nachgedacht wird, wodurch das Kind in seiner Lernsituation gestärkt wird. Mit der offenen Liste von Fähigkeiten, die im Sinne von Voraussetzungen menschwürdigen Lebens aufgestellt sind, könnte der Capability Approach (Nussbaum, 1999) eine erweiterte Sicht auf Bildungsprozesse ermöglichen, die mit den nach Gerechtigkeit strebenden Bildungsabsichten in einen Zusammenhang zu bringen sind. Die Auflistung enthält u. a. die Fähigkeit, freudvolle Erlebnisse zu haben, sowie die Fähigkeit, für andere und bezogen auf andere zu leben (Nussbaum 1999, S. 57–58). Die hier ausgedrückte ethische Grundposition erfordert, Bildungsprozesse umfassender zu bewerten, als es vergleichende Bildungsstudien und Schulfachorientierungen bisher tun. Stärker zu berücksichtigen sind das subjektiv erlebte Wohlbefinden und die Teilhabemöglichkeit in Lerngruppen. Wohlbefinden und Zugehörigkeiten sind Komponenten der Lebensqualität (Glatzer & Zapf, 1984). Folglich ist »das Konstrukt der Lebensqualität … eine wesentliche Legitimationsinstanz für Konzeptionen und von Evaluationen pädagogischen Handelns« (Grüning, 2011, S. 14). Dafür werden einfach handhabbare Beobachtungs- und Einschätzungskriterien für Lernsituationen im Unterricht benötigt.

2.2.2      Die subjektive Lernsituation

Teilprozesse der zu bewertenden subjektiven Lernsituation

Wenn in diesem Beitrag von Lernsituation die Rede ist, so meinen wir das subjektiv konstruierte Geschehen unter den jeweils aktuellen Bedingungen. Eine Lehrperson, die die subjektiven Lernsituationen ihrer Schüler berücksichtigen möchte, nimmt eine psychologische Perspektive ein. Sie will die Prozesse gleichsam kompakt begreifen, also die innere Situation des Lernenden als Ganzes erfassen. Sie erkennt die Gestalt dessen, was das Kind wahrnimmt, denkt oder fühlt und wie sich das auf sein Handeln auswirkt. Mit dem Blick auf die Position des Kindes, nicht auf die Disposition, kann die Lehrkraft angemessen reagieren, so wie im folgenden Beispiel aus dem Alltag:

Enno beendet seine Aufgabe und schaut zu Pius, der offenbar nicht vorankommt. Dann blickt er zur Lehrerin und meint fragend: »Darf ich Pius helfen?« Diese Frage überrascht die Lehrerin. Von Enno ist sie gewohnt, dass er sich immer um Pius kümmert, ihm eifrig alles zeigen und vormachen möchte, manchmal ansatzweise einfühlsam, meist aber übereifrig und laut. Nun aber hält er sich zurück!

Die Lehrerin erkennt, dass hier Neues geschieht: Enno beherrscht seinen unmittelbaren Impuls. Hält er sich zurück, weil sie das ein paarmal von ihm gefordert hat? Ist sie endlich durchgedrungen? Denkt Enno gar daran, dass Pius die Hilfe vielleicht gar nicht haben möchte? In dieser Richtung will sie ihn bestärken und deshalb antwortet sie: »Frage Pius, ob du ihm helfen sollst!«

Enno besitzt automatisierte Handlungs- und Reaktionsmuster. Welche von ihnen Wirklichkeit werden, hängt davon ab, wie er die äußeren Gegebenheiten wahrnimmt und emotional bewertet, die gestellten Aufgaben, die Äußerungen der Lehrerin, das Verhalten des Nachbarn u. a.m. Auch jetzt, in diesem Moment, sind bei Enno bestimmte Bereitschaften aktiviert. Aktuell ist er relativ ausgeglichen. Er empfindet die freundliche und ruhige Ausstrahlung der Lehrerin. Dadurch kann er daran denken, was diese sich von ihm gewünscht hatte, nämlich, dass er Pius in Ruhe lässt. Das hat die Lehrerin Enno deutlich gemacht, ohne zu glauben, Macht über dessen Gedanken und Gefühle zu besitzen.

Von solchen Fehlerwartungen hat sie sich befreit und dadurch manche Gefühle von Hilflosigkeit und Ohnmacht vermieden. Pädagogische Illusionen, sie könne bei den Kindern erreichen, was sie möchte, hätte sie nur die notwendigen äußeren Rahmenbedingungen, Power und Konsequenz, gibt es bei ihr selten. Sie hat sich vom eindimensionalen pädagogischen Kausalitätsdenken gelöst, das traditionell so fest verwurzelt scheint. Kinder realisieren die Handlungsmuster, die für sie in der Situation Sinn haben. Daher ist es so wichtig, sich in ihr subjektives Empfinden und Denken zu versetzen und zu erspüren, welche Impulse sie voranbringen könnten.

Das Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, die subjektive Lernsituation zum Ausgangspunkt für pädagogisches Handeln zu wählen. Eine output-orientierte Evaluation des Unterrichtserfolgs vernachlässigt die Betrachtung dieser Prozesse. Das gilt auch für viele Formen der Förderplanung. In Anlehnung an das wissenschaftlich fundierte und stärkenorientierte Konzept Positive Verhaltensunterstützung (Theunissen, 2014) soll Schülern die Möglichkeit gegeben werden, positive Lernerfahrungen zu gewinnen und ein wertschätzendes Selbstbild zu festigen. Der Teilhabebogen (Abb. 2.1) ist ein Schritt im Sinne dieses Konzepts: Als Funktionales Assessment dient der Teilhabebogen dem Zusammentragen von Ergebnissen, dem Erheben von Informationen und der Bildung von Annahmen über Bedingungen des Schülerverhaltens (Schubert, 2011).

In positiv erlebten Lernsituationen nimmt das Kind wahr: Da ist meine vertraute, sehr gute Lehrerin. Diese Wahrnehmung beruht auf den bisherigen Erfahrungen. Das Kind blickt auf seine Aufgabe. Es erkennt: Was ich hier tun soll, so etwas Ähnliches kenne ich oder habe ich schon gemacht. Wenn ich mich anstrenge, kann ich das. Die Lernumgebung vermittelt Ruhe und Sicherheit.

Abb. 2.1:    Positive Lernsituation (hypothetisches Beispiel)

Das Wahrgenommene wird emotional-kognitiv bewertet. Der Lernende empfindet: Hier bin ich richtig; ich bin richtig. Er bleibt in der Situation, nimmt Informationen auf und glaubt an die Möglichkeit des Erfolgs. Daraus ergibt sich Lernhandeln (Abb. 2.1, rechte Spalte).

Zu den Voraussetzungen einer positiven Lernsituation gehört eine Lernumgebung, die den individuellen Lernmöglichkeiten entspricht. Tragfähige zwischenmenschliche Beziehungsqualitäten und passende Anforderungsstrukturen entscheiden, ob der Schüler pädagogisch erreicht wird. Im positiven Fall kommt es zur Resonanz (Rosa, 2018), gleichsam wie beim Radio, das auf den entsprechenden Kanal eingestellt ist und klare Signale empfängt. Wenn Sende- und Empfangsfrequenzen nicht übereinstimmen, ist nur Rauschen zu hören. Zwar hat der Schüler keine Frequenzkanäle, aber doch Resonanzbereitschaften. Willkürliche Interventionen werden wahrscheinlich an ihnen vorbeigehen, vor allem, falls das Kind sich isoliert oder verletzt fühlt, demotiviert ist oder eine abstrakte Information nicht verstehen kann. Der Dialog zwischen Schüler und Umwelt wird gestört, Lernen erschwert. Nach Fornefeld (1991) enthält der Anruf des Kindes eine Möglichkeit zur Antwort. Dadurch kann das Kind in den Dialog mit der Umwelt treten. Im Ergebnis der Auseinandersetzung mit sich und der Umwelt ist der lernende Schüler auf diesen Dialog angewiesen. In einer positiven Lernsituation sind Sender und Empfänger auf Resonanz eingestellt: Der Schüler fühlt sich einbezogen und zugehörig; sein Lernen wird von positiven Gefühlen getragen. Bei Störungen dieser Konstellationen sprechen wir von problematischen Lernsituationen, in denen eine effiziente Bildung nicht erwartet werden kann. Je länger die Störungen andauern, je mehr Bereiche sie erfassen, umso schwerer lässt sich eine Wende erreichen. Deshalb ist die verlaufsbezogene Beobachtung und Beschreibung der Lernsituationen unerlässlich, sei es im gemeinsamen Unterricht unter inklusiven Bedingungen oder beim Lernen mit anderen Schülern, die ebenfalls sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf haben. Richtschnur ist eine subjektive Situation, für die drei Merkmale charakteristisch sind, die für Teilhabe stehen (Dworschak, 2004; Heimlich, 2007):

•  die Beschäftigung mit den Lerngegenständen,

•  die empfundene Zugehörigkeit zur Gemeinschaft und

•  das emotionale Wohlbefinden.

Es handelt sich hierbei um Dimensionen, die, wenn sie gut ausgeprägt sind, dem Anspruch gerecht werden, die menschlichen Grundfähigkeiten in Bildungsprozessen zu verfolgen (Nussbaum, 1999). Unterforderungen in der Beschäftigung mit einem Lerngegenstand, soziale Randständigkeit oder gar Ablehnung demotivieren und belasten den Schüler. Überforderungen rufen Unlust und Ausweichverhalten hervor. Im Fokus unseres Ansatzes steht die Analyse von entwicklungsförderlichen Bedingungen der Lernsituation, nicht das Erkennen von Persönlichkeitseigenschaften.

Beobachtung und Beschreibung subjektiver Lernsituationen

Für die Analyse von Lernsituationen kommen im Prinzip unterschiedliche Ebenen in Betracht, so zum Beispiel die des psychophysischen Aktivitätsniveaus, der kognitiven Tätigkeit, der emotionalen Prozesse und der sozialen Interaktionen. Wir konzentrieren uns auf die drei ausgewiesenen Beobachtungsdimensionen, die das Wesen des Lernens in der Schule ausmachen: Die erste Dimension beinhaltet die Zuwendung der Schüler zu Lerngegenständen, die ihren kognitiven Voraussetzungen entsprechen und die Kompetenzentwicklung voranbringen. Die zweite Dimension umfasst die Aktivität der Schüler als Teil einer sozialen Gruppe und ihre Möglichkeit, Kontakte zu den Gruppenmitgliedern herzustellen. Diese Dimension ergibt sich aus der Prämisse, dass der Mensch ein soziales Wesen ist, dessen Grundbedürfnisse darauf gerichtet sind, in guten sozialen Beziehungen zu leben (Bauer, 2008). Die dritte Dimension meint das emotionale Wohlbefinden in einem weiten Sinn, nämlich als Kohärenzerleben, d. h. als Ausdruck eines inneren Gleichgewichts, in dem ein mitunter beeinträchtigtes Wohlbefinden (z. B. infolge von Misserfolgs- oder Distanzierungserleben) relativ gut und vor allem eigenaktiv wiederhergestellt werden kann. Die Aufnahme und Verarbeitung derart sozial vermittelter Informationen ist emotionsabhängig. Bei einer positiven emotionalen Lage ist der Lernende bereit, Anregungen aufzunehmen und zu verarbeiten. Das ist mannigfach empirisch belegt worden, besonders nachdrücklich in der Positiven Psychologie (z. B. Auhagen, 2008; Seligman, 2012), aber auch in der Hirnforschung (z. B. Ciompi, 2005).

Mit Hilfe der folgenden Fragen kann eingeschätzt werden, unter welchen Bedingungen Lernsituationen entwicklungsförderlich sind:

•  Wobei arbeitet der Lernende gut mit und wobei nicht?

•  Unter welchen Umständen ist er sozial gut dabei und wann nicht?

•  Wann fühlt er sich wohl und ist leistungsbereit und wann nicht?

Im Ergebnis einer solchen Analyse zeigen sich die intraindividuelle Variabilität eines Schülers in verschiedenen Lernsituationen und Möglichkeiten der Entwicklung und Förderung. Weder der individuelle noch der Gruppendurchschnitt sind zur Beantwortung der drei Fragestelllungen von Interesse. Die genannten Dimensionen entsprechen der Erfassung individueller Strukturen der psychischen Grundbedürfnisse des Menschen (Matthes, 1999) und sie gehen konform mit dem Konzept der Partizipation im Sinne des Einbezogenseins, der Aktivität und des Beitragenkönnens. Deshalb bezeichnen wir diese Dimensionen zur Beobachtung und Einschätzung subjektiver Lernsituationen als Teilhabedimensionen.

2.2.3      Die Teilhabeskalen

Begründungen der Struktur

Wie in der Fotografie, so können wir auch beim Beobachten Detail- und Weitwinkelperspektiven herstellen und unterscheiden. Ein Beispiel für eine Detailaufnahme in der Beobachtung:

Die Lehrerin stellt dem Schüler in einem Lernkontext eine Aufgabe. An nonverbalen, natürlichen Ausdrucksmöglichkeiten (z. B. am Augenausdruck, Bewegungen des Schülers, Veränderungen der Körperspannung) erkennt sie, dass seine Aufmerksamkeit abgleitet. Sie bildet Annahmen über die Ursache und reagiert dementsprechend.

Solche Detailbeobachtungen sind für die Interaktion grundlegend und erfordern die bewusste Wahrnehmung von Äußerungen über alle Kommunikationskanäle. Menschen mit Beeinträchtigungen der aktiven Sprache nutzen vordergründig andere Kanäle als Menschen ohne Beeinträchtigung (Mall, 2000). Aber auch die distanzierte Draufsicht kann Wichtiges sichtbar machen. Die Teilhabeskalen dienen einer solchen Draufsicht, weniger der Detailbeobachtung. Mit ihrer Hilfe können Annahmen gebildet werden, weshalb der Schüler unter einer Bedingung aktiver werden kann als unter einer anderen. Weshalb ist der Schüler zum Beispiel bei der Beschäftigung mit dem Sortieren von Materialien viel eifriger als beim feinmotorisch anspruchsvollen Konstruieren? Weshalb spricht er im Unterricht mit einer bestimmten Lehrkraft, schweigt aber bei einer anderen? Die Teilhabeskalen gingen aus den »Prozess-Skalen für integrative und kooperative Situationen« hervor (Matthes, 2002, S. 59–77; Matthes, Salzberg-Ludwig & Nemetz, 2008; Matthes, 2018). Sie bündeln Lernbeobachtungen in den folgenden Dimensionen der Lernsituation:

•  Zuwendung zum Lerngegenstand: Beschäftigung der Schüler mit den pädagogisch angestrebten Inhalten und Handlungsgegenständen (von höchstens kurzzeitiger Zuwendung bis konzentrierte, ausdauernde Tätigkeit)

•  Soziale Kontakte: Zugehörigkeitsgefühl und Kontakte zu anderen Schülern (von fehlenden bzw. nur negativ konnotierten Kontakten bis zu angemessenen, gelingenden Kontakten)

•  Emotionales Wohlbefinden: emotionale Sicherheit und Befinden des Schülers (von Unsicherheit, Vermeidung bis Wohlbefinden, Sicherheitsgefühl).

Jede Dimension wird mittels einer Skala repräsentiert (Abb. 2.2 bis Abb. 2.4). Die Stufen 1 und 6 jeder Skala sind als Ankerwerte definiert. Abgegeben werden subjektive Einschätzungen. Diese dienen dazu, die Situationen des Schülers im Unterricht zu reflektieren und zur Diskussion zu stellen. Gütekriterien sind die pädagogische Relevanz und die Praktikabilität.

Beispiele für die Bedeutung subjektiver Ratings zu komplexen Sachverhalten gibt es auf vielen Gebieten der pädagogischen, psychologischen, soziologischen oder medizinischen Praxis. So verwendet die Schmerztherapie oft eine subjektive Einschätzung von Schmerzen mit Hilfe einer Skala, wie z. B. den EDAAP-Bogen zur Schmerzerfassung bei Jugendlichen und Erwachsenen mit Mehrfachbehinderung (Belot, 2017). Objektiv sind diese Skalen nicht, und sie sollen es auch nicht sein. Definiert sind z. B. aufsteigende Skalenpunkte von 0 (schmerzfrei) bis 10 (unerträglicher Schmerz). Was als unerträglicher Schmerz empfunden wird, ist individuell unterschiedlich und hängt unter anderem vom Allgemeinzustand oder der jeweiligen Angst vor noch größeren Schmerzen ab. Selbst- und Fremdeinschätzungen können signifikante Unterschiede aufweisen (Grüning, 2019). Dennoch sind derartige Skalen ein Instrument, mit dem die Wirkung von Therapien und Unterstützungsmaßnahmen kontrolliert werden kann. Ein direkter Vergleich unterschiedlicher Personen ist nicht möglich.

Die Teilhabeskalen können zeigen, wie sich unterschiedliche Bedingungen und Anforderungen auf das Lernen eines Schülers auswirken, zum Beispiel: Arbeitet der Schüler beim Rechnen besser mit als beim Lesen (Zuwendung zum Lerngegenstand)? Fühlt er sich in den ersten Unterrichtsstunden des Tages oder der Woche besser als in den letzten Stunden (Emotionales Wohlbefinden)? Es kann Unterschiede in Abhängigkeit vom Wochentag, von der Tagesstunde, von der unterrichtenden Lehrkraft, vom Lerngegenstand u. a.m. geben (Grüning, 2007). So aber wird erkennbar, welche Bedingungen sich positiv auf die Zuwendung zum Lerngegenstand, das Interaktionsgeschehen und die Motivation auswirken.

Aufbau des Teilhabebogens

Im oberen Teil des Bogens besteht die Möglichkeit, Ergebnisse aus der freien Beobachtung stärkenorientiert zu beschreiben. Der zweite Teil des Bogens enthält ein dreigliedriges Schema der zu evaluierenden Lernsituation. Entsprechend der Beurteilung von Lernsituationen werden situationsbezogene Urteile zu den drei Teilhabedimensionen abgegeben.

Abb. 2.2:    Teilhabeskalen

Schröder & Matthes (2002) haben nicht nur die Skalenpole, sondern auch die einzelnen Niveaustufen (1–6) definiert. Eine überarbeitete Form lautet:

•  Zuwendung zum Lerngegenstand:

–  Sporadische und kurzzeitige Zuwendung

–  Zuwendung bei besonderem Interesse, zeitlich ausgedehnter Phasen des Abgleitens

–  Phasenweise Zuwendung; oft dominieren aber inaktive oder vermeidende Verhaltensweisen

–  Neben der zusammenhängenden Beschäftigung mit den Lerngegenständen gibt es oft Schwierigkeiten beim Beginnen, Ablenkung, Ersatzhandlungen u. ä.

–  Meist zielgerichtete und befriedigende Zuwendung zu den Lerngegenständen

–  Ausdauernde, freudvoll-befriedigende und bedingungsadäquate Zuwendung zu den Lerngegenständen.

•  Soziale Kontakte:

–  Mimisch-gestischer, konkret-handelnder oder verbaler Kontakt wird nicht aufgenommen; sehr eingeschränkte Reaktionen auf Fragen, Hinweise, Wünsche

–  Sporadische verbale, mimisch-gestische oder konkret handelnde Kontakte. Nur auf Anregung hin fragt das Kind etwas, zeigt anderen etwas o. ä.

–  Etwas häufigere verbale, mimisch-gestische oder konkret handelnde Kontakte

–  Problemloses Zugehörigkeitsgefühl bei mehr passiver eigener Rolle im Gruppengeschehen, aber erkennbarem Bedarf nach sozialem Austausch. Das eher sozial passive Verhalten ruft wenige Kontaktangebote durch andere hervor

–  Gutes Zugehörigkeitsgefühl; Kontakte mit anderen Gruppenmitgliedern sind noch etwas einseitig und eingeengt

–  Reges und gelingendes Kontaktgeschehen, in das das Kind vollständig und aktiv einbezogen ist.

•  Emotionales Wohlbefinden:

–  Das Kind weint oder verschließt sich völlig

–  Relative Dominanz von Ängsten, Unsicherheit oder aggressiver Bewältigung

–  In vielen Situationen zeigen sich Einschränkungen der Sicherheit und des Wohlbefindens

–  In der Gesamtbilanz ist das Kind zufrieden, doch treten Angst und Unsicherheit in relativ vielen Situationen auf

–  Mit Ausnahme spezieller Situationen fühlt das Kind sich wichtig, kompetent und ist zufrieden

–  Das Kind fühlt sich wohl, ist aktiv und emotional weitgehend stabil.

Die Eintragungen in den Teilhabebogen können individuell oder vorzugsweise in einem kollegialen Gedankenaustausch vorgenommen werden. Anzugeben ist, für welche Situationen, für welchen Zeitraum und von wem die Einschätzungen vorgenommen werden. Das Abtragen der beobachteten Werte ist nur unter gleichzeitiger Protokollierung der Bedingungen vorzunehmen. In Teamberatungen können die Skalen auch als eine Art Vorlage für den Gedankenaustausch dienen.

In der nachfolgenden Tabelle 2.1 werden einige Fragen ausgewiesen, die eine solche Verwendung der Skalen unterstützen:

Bereits die Fragen der Tabelle 2.1 tangieren Innerpsychisches. Explizit dient der nächste Abschnitt der Annäherung an die Beweggründe und Wenn-Dann-Zusammenhängen.

Tab. 2.1:    Mögliche Fragen für Gespräche zur Auswertung der Teilhabeskalen

Erklären (Verstehen der Subjektlogik)

Das Erklären beschäftigt sich mit dem konkreten Ursachen- und Bedingungshintergrund von Missverhältnissen und Ungleichgewichten in den Lernsituationen. Vor allem ist von Interesse, wodurch sich die vermeintlich besseren Situationen auszeichnen: Welche psychischen Voraussetzungen und Zusammenhänge sind dafür wichtig? Erlebt der Schüler die Lehrkraft hier anders als sonst? Ist der Lerngegenstand stärker mit der Erlebnis- und Erfahrungswelt des Schülers verbunden? Wird das aktuelle Lernniveau besonders gut getroffen? Die Antworten führen auf direktem Weg zu Schlussfolgerungen für das Lehrerhandeln.