Kinderrechte - Rudolf von Bracken - E-Book

Kinderrechte E-Book

Rudolf von Bracken

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Beschreibung

Ohne Kenntnis der Rechtsgrundlagen ist ein erfolgreiches Tätigwerden in der Sozialen Arbeit kaum denkbar. Das Buch vermittelt Grundlagenwissen aus den Bereichen Familienrecht, Jugendhilferecht und Betreuungsrecht - wobei die Orientierung an den Rechten der Kinder stets als Leitfaden dient. Die rechtlichen Ausführungen werden dabei auf das begrenzt, was wirklich wichtig für die Arbeitsfelder der Sozialen Arbeit ist. Besondere Sorgfalt wird darauf verwendet, die rechtlichen Erläuterungen auch für Nicht-Juristen sprachlich verständlich darzustellen. Und schließlich machen viele Fallbeispiele die rechtlichen Zusammenhänge und Probleme anschaulich.

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Der Autor

Rudolf von Bracken ist Rechtsanwalt in eigener Praxis und Fachanwalt für Familienrecht. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der Umsetzung der Rechte von Kindern im Familienrecht, im Jugendhilferecht und Strafrecht sowie im Recht der sozialen Entschädigung für erlittene Straftaten. Er ist Gremiumsmitglied beim Fonds Sexueller Missbrauch, Anhörungsbeauftragter der Unabhängigen Aufarbeitungskommission und als Experte beim Forschungsprojekt »Mitreden, Mitgestalten« für die Novellierung des Jugendhilferechts im Auftrag des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) tätig. Er ist Autor mehrerer Buch- und Zeitschriftenbeiträge.

Rudolf von Bracken

Kinderrechte

Ein Handbuch für die Praxis der Sozialen Arbeit

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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1. Auflage 2021

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-037950-3

E-Book-Formate:

pdf:        ISBN 978-3-17-037951-0

epub:     ISBN 978-3-17-037952-7

mobi:     ISBN 978-3-17-037953-4

Vorwort

 

 

 

Dieses Buch ist entstanden aus einem Vorlesungsskript für die Ausbildung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern bei der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Zu vertreten war der Lehrstuhl von Prof. Dr. iur. Knut Hinrichs für ein Forschungssemester. Das Skript entstand nach dem vorgegebenen Prüfungsstoff jeweils im Nachhinein aus den Erarbeitungen mit den Studentinnen und Studenten in der Vorlesung. Es ist also ein nachträgliches Vorlesungsskript.

Aus meiner langen Fachanwaltspraxis mit dem Schwerpunkt Kinderrechte konnte ich viele in der Praxis erlebte Konstellationen einbringen und denke, dass der Praxisbezug sehr viel zur regen Teilnahme und lebhaften Diskussion beitrug.

Die Darstellung erfolgt jeweils aus der Perspektive der betroffenen Menschen gegenüber den Rechten und Pflichten, den rechtlichen Rahmungen der Verhältnisse, Situationen um die Kinder, um deren Wohl und deren Rechte es immer und entscheidend geht.

Ich möchte mit diesem Buch unter diesem Titel nicht nur die (zukünftigen) Jugendämter, sondern alle lernenden und suchenden Fachkräfte ansprechen, die in ihrem beruflichen und privaten Umfeld mit Kinderschicksalen konfrontiert sind und nach den Kinderrechten fragen und suchen. Dabei denke ich an Kindertagesstätten mit ihrer oftmals engen und bedrückenden Wahrnehmung der familiären Wirklichkeit, an Schulen, Pflegestellen und die vielen Fachkräfte und engagierten Menschen in professionellen Beratungsstellen und im weiteren persönlichen und auch politischen Umfeld.

Denn: Kinderrechte sollte man nicht zu lange suchen!

Hamburg, August 2020Rudolf von Bracken

Inhaltsverzeichnis

 

 

 

Vorwort

I       Recht, die regulierte Staatsgewalt für alle

1      Rechtsprinzipien

2      Rechtssubjekte

3      Macht und Gewalt

4      Staatsgewalten

5      Grenzen staatlicher Gewalt

6      Lernziele

II      Rechtsgarantien und ihr Schutz

1      Wie sich wehren?

2      Notwehr und Nothilfe

3      Handlungs- und Bewegungsfreiheit und Privatsphäre

4      Grundregel des Gesetzesaufbaus (Vorschau)

5      Recht – Regelungs- und Veränderungsbedarf Vorschau auf bestehende Regelungen und gültiges Recht

6      Lernziele

III    Gesetze finden und anwenden

1      Rechtsquellen

2      Aufbau der Norm

3      Beispiele Unterhalt, Verwandtschaft

4      Lernziele

IV    Gesetze im Familienrecht

1      Normanwendung, Beispiel Kindesunterhalt (Nachtrag)

2      System des Familienrechts

3      Familienrechtliche Beziehungen

4      Haftung grundsätzlich

5      Kinder, Kindschaftsrecht

6      Lernziele

V      Kindschaftsrecht und Jugendhilfe

1      Umgangsrecht

2      Kindschaftsrecht und Gewalt

3      Öffentliche und private Jugendhilfe im Achten Sozialgesetzbuch

4      Lernziele

VI    Exkurs: Sorge und Intervention

1      Fallbeispiel Kindeswohlgefährdung

2      Elterliche Sorge

3      Lernziele insbesondere für Fallbearbeitung

VII  Gerichtliche Rechtsfindung

1      Verfahren des Familiengerichts

2      Beteiligte am Verfahren

3      Verfahrensbeginn, Verfahrensverlauf, Verfahrensende

4      Besondere Beteiligte

5      Verfahrensgrundsätze

6      Lernziele

VIII Familienhoheit und Staatsaufgabe

1      Kindeswohlgefährdung

2      Exkurs und Beispiel Gewalt

3      Das Bundesverfassungsgericht

4      Hilfe vor Trennung

5      Lernziele

IX    Kindeswohlgefährdung und staatlicher Eingriff

1      Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung §§ 8a und b SGB VIII

2      Anrufung des Gerichts (§ 8a Abs. 2 SGB VIII)

3      Berufliche Schweigepflichten in und außerhalb der Jugendhilfe

4      Lernziele

X      Umgang und Jugendhilfe

1      Umgang SPEZIAL

2      Der Leistungskatalog des SGB VIII

3      Konflikte mit dem Jugendamt

4      Lernziele

XI    Verantwortungsgemeinschaft und staatlicher Elternersatz

1      Verantwortungsgemeinschaft: Aufgabenzuweisung und Verantwortungsteilung

2      Bessere Eltern? Pflegeeltern und leibliche Eltern, Jugendamt

3      Lernziele

Stichwortverzeichnis

I

Recht, die regulierte Staatsgewalt für alle

1         Rechtsprinzipien

1. Was ist Recht? Recht entsteht zunächst aus dem Rechtsetzungsakt eines befugten Gesetzgebers. Es ist eine Ableitung von Herrschaft. Herrschaft kann gewonnen sein durch Gewalt und ihre Absicherung oder im Rahmen eines verfassten Gesellschaftssystems durch Übereinstimmung hinreichend mächtiger Teile dieser Gesellschaft. In der Demokratie geht »alles Recht vom Volke aus«, Gesetze werden erlassen durch den demokratisch gewählten Gesetzgeber, hier sind es – je nach verfassungsrechtlicher Zuständigkeit – Bundestag, Bundesrat und die formale Ausfertigung durch den Bundespräsidenten.

2. Die staatliche Rechtsquelle wird ergänzt durch das Bürgerliche Gesetzbuch, welches der bürgerlichen Freiheit und den privatautonomen Entscheidungen, Verpflichtungen einzugehen, den alten lateinischen Rechtssatz »pacta sunt servanda« beigibt, also dass eingegangene Verträge einzuhalten sind. Das am 1. Januar 1900 in Kraft getretene Bürgerliche Gesetzbuch verleiht also privatautonomer Willensentscheidung, sich zu binden, die Kraft der Verbindlichkeit und bietet staatlichen Rechtsschutz für die Durchsetzung und die Entscheidung von Konflikten hierüber.

3. Das Wesen des gesetzten (normativ-staatlichen) Rechts ist also bestimmt durch die Rechtsquellen Gesetz und Vereinbarung und äußert sich in Verbindlichkeit (Gültigkeit der Regeln), Sanktionierbarkeit (Strafen, Ersatzverpflichtung) und Durchsetzbarkeit mit den Machtmitteln des Staates.

2           Rechtssubjekte

1. Das BGB regelt, wer Träger von Rechten und Pflichten sein kann. Es unterscheidet zwischen den »natürlichen Personen«, also jedem individuellen Menschen, und »juristischen Personen«, also Zusammenschlüssen von Menschen in bestimmter gemeinsamer Zweckrichtung, die sich eine Verfassung darüber geben. Die Rechtsform der juristischen Person wird vom Recht nur anerkannt, wenn diese eine selbst gegebene Verfassung, genannt Satzung, hat, nach der sich der Zweck dieser Vereinigung bestimmt und die Entscheidungswege sowie die Vertretung bei Rechtshandlungen und rechtlichen Vorgängen wie der Haftung geregelt ist. Das Gesetz bietet hierzu Rechtsformen an, wie den eingetragenen Verein (e. V.), als sogenannte ideale Vereinigung, die auf eine nicht gewerbliche Zwecksetzung bezogen und nach Möglichkeit auch gemeinnützig ist, was vom Staat mit Steuervergünstigungen für diese Einrichtung und Steueranreizen für Spenden an diese Einrichtung belohnt wird. Weiter die GmbH, Kommanditgesellschaft, offene Handelsgesellschaft, Aktiengesellschaft als auf Erwerb/Gewinn gerichtete Zusammenschlüsse.

2. Dazu gibt es noch die sogenannte BGB-Gesellschaft (oder Gesellschaft bürgerlichen Rechts, GbR), die das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt, und zwar in den §§ 705 ff. BGB. In den letzten 20 Jahren hat sich eine Verfestigung des Gesellschaftsrahmens dahingehend ergeben, dass die BGB-Gesellschaft nicht unter Nennung von allen einzelnen persönlichen Mitgliedern nur handlungsfähig ist, sondern auch unter ihrem selbst gegebenen Namen. Mit handlungsfähig ist die Rechtsgeschäftsfähigkeit gemeint in dem Sinn, eigenständig Verträge und Verpflichtungen eingehen zu können und Rechte zu haben und auszuführen, sowie diese auch rechtlich geltend zu machen oder daraus in die Pflicht (Haftung) genommen zu werden.

3           Macht und Gewalt

1. Bei den in den Sinn gekommenen Begriffen zur Definition von Recht waren auch die Begriffe Macht und Gewalt. Macht und Gewalt ist das, was zählt, um Interessen durchsetzen zu können. Gegenläufige Begriffe waren Schutz und Sicherheit.

Der freiheitliche und soziale Rechtsstaat erhebt den Anspruch auf das sogenannte Gewaltmonopol. Er verbietet den Menschen in seinem Geltungsbereich (Territorialprinzip: Bundesrepublik Deutschland) die »eigenmächtige« Ausübung von Gewalt. Ob Gewalt zur Durchsetzung eigener Interessen oder anderen Zwecken dient, ist gleich, denn natürlich ist auch Gewalt als Selbstzweck verboten. Dafür muss der Staat im Rahmen einer Art Gesellschaftsvertrag den Menschen auch gewährleisten, dass sie vom Staat geschützt werden und durch staatliche Einrichtungen zu ihrem Recht kommen und Konflikte gelöst werden.

Der Rechtsstaat beansprucht Geltung seiner Gesetze und Anspruch auf Gerechtigkeit für jeden. In diesem Rahmen hat er staatliche Einrichtungen/Behörden (Institutionen) gegründet, die diese Prinzipien als verfassungsmäßige Verpflichtungen übernommen haben. Das sind die staatlichen Organe, die Verwaltung und die Behörden.

Konflikte über Rechtsansprüche und Interessen sind nach diesem Gesellschaftsvertrag durch die verfassungsmäßig dazu berufenen Institutionen zu regeln. Jeder Mensch wird darauf verwiesen, sich an diese Regeln zu halten, bei dem Verbot der Eigenmächtigkeit und der Gewaltanwendung. Somit bietet der Staat im Rahmen seiner Gewährleistung auch die Möglichkeit der Durchsetzung rechtlicher individueller Interessen durch die staatliche Gewalt an. Das wären direkte Zwangs- und Gewaltmaßnahmen gegen Rechtsverpflichtete. Der geht regelmäßig eine gerichtliche Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des Anspruchs oder der Rechtsposition voraus, die dafür also herbeizuführen ist.

2. Es gibt zwei staatliche Institutionen, die in die Grundrechte und andere private Rechte des Menschen maximal eingreifen und dazu befugt sind.

Die Polizei als unmittelbar zuständige Behörde für die Ausübung staatlicher Gewalt (das Militär hat nach deutschem Verfassungsrecht keine Befugnisse in diesem Sinn nach innen) hat zwei Aufgaben, die in den Länder-Polizeigesetzen geregelt sind: Gefahrenabwehr und Sicherheit für Menschen und Verfolgung von Straftaten.

Mit dieser Ermächtigung kann die Polizei Personen festnehmen, in ihrer Freiheit beschränken oder ihr auch jegliche Bewegungsfreiheit nehmen, genannt Verhaftung. Jedoch regelt Art. 104 GG, dass die Befugnis der Polizei zur Freiheitsentziehung nur bis zum Folgetag nach der Verhaftung zulässig ist. Sodann tritt der Richtervorbehalt ein (Art. 104 Abs. 2 S. 1 GG). Ein Mensch kann nur mit richterlicher Entscheidung weiter in seiner Freiheit beschränkt und festgehalten werden.

3. Die andere verfassungsrechtlich befugte Behörde für Grundrechtseingriffe ist das Jugendamt. Nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 GG sind Pflege und Erziehung der Kinder »zuvörderst das Recht und die den Eltern obliegende Pflicht«. Satz 2 regelt das staatliche Wächteramt: Die staatliche Gemeinschaft überwacht die Eltern bei ihrer Verantwortungsausübung für ihre Kinder. Für diesen Aufgabenbereich sind die staatlichen Organe Jugendamt und Familiengericht berufen.

Das Jugendamt hat gesetzliche Befugnisse, die bis zur Herausnahme eines Kindes aus seiner Familie und der Trennung (Herbeiführung und Aufrechterhaltung) von seinen Eltern reichen. Diese sind für persönliche Lebensläufe von diesen Kindern regelmäßig weit mehr bedeutsam als die polizeiliche Befugnis zur vorübergehenden Festnahme und zum Festhalten bis zum nächsten Tag. Auch hier greift der Richtervorbehalt ein. Das Jugendamt kann durch das Familiengericht korrigiert werden, denn Grundrechtseingriffe sind dem Gericht vorbehalten zu überprüfen (Art. 6, 19 Abs. 4 GG).

4           Staatsgewalten

Alle staatlichen Stellen sind in der Bundesrepublik aufgeteilt auf die sogenannten drei Gewalten. Damit ist auch das Prinzip der Gewaltenteilung angesprochen, weil diese Bereiche staatlicher Tätigkeit sich auch gegenseitig aufeinander beziehen und kontrollieren.

1. Die gesetzgebende Gewalt (Legislative) ist das oberste Organ, über die Gesetze werden die Regeln der staatlichen Gemeinschaft verbindlich festgelegt. An die Gesetze sind die vollziehende Gewalt (Exekutive) und die Rechtsprechung (Judikative) gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG).

Die vollziehende Gewalt hat die Aufgabe der Ausführung der Gesetze und ist deswegen ihnen verpflichtet. Die Rechtsprechung ist in ihrer Kontroll- und Ausgleichsfunktion an die Gesetze gebunden, die sie nicht ausführt, sondern in Konfliktfällen anwendet.

2. Das Prinzip des gesetzlichen Richters kommt also zum Tragen bei der Kontrolle der ausführenden Gewalt im Konflikt mit besonders hochrangigen Grundrechten, hier sind es das Freiheitsrecht (polizeilicher Eingriff) und das Grundrecht auf Familie (Jugendamt).

Während die Polizei von sich aus eine festgehaltene Person dem Haftrichter vorführen, also die kontrollierende dritte Gewalt einschalten muss, weil sie die Aufrechterhaltung der Freiheitsentziehung (Verhaftung) für nötig hält, hat das Jugendamt – scheinbar – die Möglichkeit, ohne gerichtliche Überprüfung in das Familiengrundrecht einzugreifen, etwa ein Kind aus der Familie herauszunehmen und die Trennung aufrechtzuerhalten. Denn nach § 42 SGB VIII muss das Jugendamt nur dann, wenn die Eltern widersprechen, das Familiengericht anrufen und eine Entscheidung herbeiführen (Abs. 2, Ziff. 2).

Jedoch handelt es sich bei der Entscheidung von Eltern, nicht zu widersprechen, um einen Akt der Ausübung ihres Elternrechts. Eltern können und sollen ja auch selbst einschätzen, ob ihr Verhalten, ihr Leben, ihre Verantwortungsausübung für ihr Kind und seine Entwicklungs- und Schutzbedürfnisse gut oder schädlich sind, und können und sollen dann die gesetzlich vom Jugendamt bereitzustellenden Hilfeangebote auch annehmen.

Die Aufgabenstellung des Jugendamtes ist eine gesetzlich ausschließlich auf Hilfe ausgerichtete. Und alle Jugendhilfemaßnahmen sind, wie das Wort schon sagt, Hilfen, die Erziehungsberechtigte beantragen können.

Nur in dem Konfliktfall des notwendigen Kinderschutzes hat das Jugendamt die Aufgabe zu intervenieren und dann, wenn Eltern widersprechen, zur Klärung das für die elterlichen Zuständigkeiten des Sorgerechts ausschließlich zuständige und dafür entscheidungsmächtige Familiengericht anzurufen.

Also: Die Kontrollausübung des Familiengerichts gegenüber dem Jugendamt für und bei Grundrechtseinschränkungen (Eingriff in das Elternrecht) gilt und ist auch jederzeit und unbefristet aktivierbar, wenn Eltern sich nicht einverstanden erklären, Widerspruch erheben oder eine vollzogene Einverständniserklärung (Antrag auf Hilfe zu Erziehung) zurücknehmen.

5           Grenzen staatlicher Gewalt

1. Nachdem sich die ausführende Gewalt an die Gesetze zu halten hat, deren Ausführung ihr obliegt, und die Gerichte an das Gesetz gebunden sind, muss jede grundrechtseinschränkende gerichtliche Entscheidung gesetzlich begründet sein. Für jeden Grundrechtseingriff gilt das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, wird geprüft, ob der Eingriff geeignet, geboten und im richtigen Verhältnis zum Rechtsgut, um dessen Willen er geschieht, steht. So kann ein Rotlichtverstoß für sich niemals eine Freiheitseinschränkung rechtfertigen, weil dies außer Verhältnis stehen würde.

2. Gerichtliche Entscheidungen über Freiheitseinschränkungen, wie Eingriffe in die Familie, haben das Verhältnismäßigkeitsprinzip ganz strikt zu beachten. Die Frage von Macht und unmittelbarer Gewalt stellt sich dem Gericht, welches ausdrücklich bei der Durchsetzung von gerichtlichen Entscheidungen Vollzugsorgane ermächtigen muss, Gewalt auszuüben, sonst darf dies nicht geschehen (§ 90 FamFG). Das führt bei Herausgaben zu albtraumhaften Situationen gegenüber Kindern, wenn sie etwa aus einer Pflegefamilie herausgenommen und den leiblichen Eltern zurückzugeben sind. Insbesondere Herausgabeentscheidungen können mit gerichtlicher Gewaltermächtigung vollstreckt werden.

3. Zur Durchsetzung von Besuchsregelungen (Umgang des Kindes mit einem Elternteil, von dem es getrennt lebt) sieht das Gesetz jedoch ein absolutes Gewaltverbot vor, zur Durchsetzung von Umgang darf auch kein Gericht Gewalt gegen ein Kind erlauben/anordnen (§ 90 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Ansonsten kann und darf gerichtliche Gewaltermächtigung nur unter strenger Prüfung der Verhältnismäßigkeit und der unbedingten Erforderlichkeit zur Sicherung des Kindeswohls erfolgen (Satz 2).

6           Lernziele

  Zwei Rechtsgründe, etwas tun oder lassen zu müssen

  Personen im Sinne des Rechts, Rechtssubjekte

  Gewaltverbot, Gewaltmonopol

  Mächtige Staatsorgane

  Gerichtliche Kontrolle, Richtervorbehalt

  Gewaltenteilung, kontrollierte Staatsgewalt horizontal

  Gewaltenbeschränkung, kontrollierte Staatsgewalt vertikal

II

Rechtsgarantien und ihr Schutz

1           Wie sich wehren?

1.1         Abgrenzung und Schutz der absolut geschützten Persönlichkeits- und Privatsphäre

Die persönliche Freiheit eines jeden Menschen schützt Art. 2 GG, das ist neben der freien Entfaltung der Persönlichkeit auch und gerade der Kernbereich des Persönlichkeitsrechts, die Privatsphäre.

Art. 2 GG

(1)  Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2)  Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Die Strafgesetze und auch das Familienrecht (§ 1631 b BGB, Geschlossene Unterbringung) und das Jugendhilferecht (§ 42 SGB VIII, Inobhutnahme) sind solche Gesetze, ebenso die Polizeigesetze von Bund und Ländern (Gefahrenabwehr, Strafverfolgung).

1.2         Beispiel Hausrecht

Art. 13 GG

(1)  Die Wohnung ist unverletzlich.

(2)  Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge auch durch die in den Gesetzen vorgesehenen anderen Organe angeordnet und nur in der dort vorgeschriebenen Form durchgeführt werden.

(3)  Eingriffe und Beschränkungen dürfen im Übrigen nur zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen, auf Grund eines Gesetzes auch zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere zur Behebung der Raumnot, zur Bekämpfung von Seuchengefahr oder zum Schutze gefährdeter Jugendlicher vorgenommen werden.

Die strafrechtliche Gewährleistung der Unverletzlichkeit der Wohnung findet sich in § 123 StGB.

§ 123 StGB Hausfriedensbruch

(1)  Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2)  Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

Hier ist genau nachzuvollziehen, wie im konkreten Einzelfall die Reichweite eines Grundrechts nach Zentimetern genau bemessen ist. Jede Wohnung hat eine definierte Fläche von Quadratmetern und Quadratzentimetern, die so auch strafrechtlich geschützt ist. Wer »widerrechtlich eindringt«, also sich hineinbegibt ohne Einverständnis, macht sich genauso strafbar wie derjenige, der »ohne Befugnis darin verweilt« und »auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt«.

In diese Privatsphäre kann aufgrund des Freiheitsvorbehaltes (Unverletzlichkeit, Freiheit der Person und des Kernbereichs der Persönlichkeit in der Privatsphäre, Art. 2 Abs. 2 GG) nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden. Das Gesetz regelt den Eingriff und knüpft ihn an die Richterentscheidung (Richtervorbehalt).

2           Notwehr und Nothilfe

1. Die Polizei kann gerufen werden, wenn die nicht berechtigte Person gegen die Aufforderung des Verlassens einfach bleibt. Mag die Polizei auch einschätzen, dass das nicht so gefährlich ist, also die Gefahrenlage mit notwendigem polizeilichen Handeln verneinen, muss sie doch einschreiten zur Strafverfolgung, weil eine Straftat vorliegt. Eine weitere Grundrechts-Erwehrung sind die Möglichkeiten der Selbsthilfe gegen verbotene Eigenmacht (§ 858, § 859 BGB, Selbsthilfe des Besitzers bei Besitzstörung): Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren. Das wäre ein Hinausschieben oder auch ein Hinausstoßen.

Selbst wenn damit eine Körperverletzung einhergehen würde (Anstoßen gegen Türrahmen, blauer Fleck, Schürfung) wäre dies nicht strafbar, weil mit der ausdrücklichen gesetzlichen Erlaubnis die Tat nicht rechtswidrig wäre.

2. Notwehr und Nothilfe: Zur Abwehr eines gegenwärtigen rechtswidrigen Angriffs von sich (Notwehr) oder von einem anderen (Nothilfe) kann eine – auch schwere – Straftat geschehen, ohne dass diese strafgerichtlich verurteilt werden kann. Denn diese Handlung ist nicht rechtswidrig (§ 32 StGB).

§ 32 StGB Notwehr

(1)  Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.

(2)  Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

Davon erfasst wird aber nur die Verteidigung, die insoweit notwendig zur Abwehr des Angriffs ist. Sofern die Grenzen der Notwehr aber »aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken« überschritten werden, bleibt es aus diesem Grund straflos (Putativnotwehr).

§ 33 StGB Überschreitung der Notwehr

Überschreitet der Täter die Grenzen der Notwehr aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken, so wird er nicht bestraft.

3           Handlungs- und Bewegungsfreiheit und Privatsphäre

1. Die äußere Freiheit der Person, also die Bewegungsfreiheit, unterliegt ebenso ausdrücklich gemäß Art. 104 Abs. 2 GG der richterlichen Entscheidung, und nur ihr.

Art. 104 GG

(1)  Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2)  Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3)  Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4)  Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

2. Die Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) kann nur mit einer gerichtlichen Entscheidung (richterlicher Durchsuchungsbeschluss) konkret eingeschränkt werden.

Das gilt für alle anderen Menschen und für alle auch staatlich Bediensteten, auch wenn sie in gesetzlichem oder gerichtlichem Auftrag handeln, wenn sie nicht jeweils für die konkrete Maßnahme der Hausdurchsuchung oder der Freiheitsentziehung einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss vorweisen können, durch den sie ermächtigt sind. Also auch: Vermieter, Heizungsableser, Gerichtsvollzieher, Ex-Partner!

3. Die mächtigen Eingriffsbehörden Polizei und Jugendamt haben ihre gesetzlichen Ermächtigungen in den Polizeigesetzen des Bundes und der Länder (Gefahrenabwehr, Strafverfolgung) und in § 42 SGB VIII (Inobhutnahme, Trennung des Kindes von seinen Eltern). Wegen des damit meist verbundenen Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung und auch möglicherweise körperlichen Widerstandes mit Notwendigkeit der Anwendung unmittelbaren Zwangs oder eben Gewalt ergibt sich in solchen Fällen für die Jugendämter regelmäßig die Notwendigkeit des Hinzuziehens von Polizeikräften als der Fachbehörde für körperlichen Zwang und Gewaltanwendung.

4           Grundregel des Gesetzesaufbaus (Vorschau)

1. Die Rechtsanwendung mit der Auslegung eines gültigen Gesetzes berücksichtigt den Aufbau, die Struktur des gesetzlichen Befehls mit den beiden Bestandteilen Tatbestand und Rechtsfolge.

Der Tatbestand ist zu erkennen und dem entsprechenden Gesetz zuzuordnen mit der Feststellung, dass dieser Tatbestand in der Wirklichkeit vorliegt, eine konkrete Situation gegeben ist, eine Handlung begangen wurde oder überhaupt etwas geschehen ist. Daran knüpft das Gesetz dann die Schlussfolgerung, was für eine Rechtsfolge gelten soll. Z. B. ist der Vertrag wirksam geschlossen worden, die Verpflichtung einer Geldzahlung ist erfolgt, dann kann der Berechtigte diese Geldzahlung auch verlangen, einklagen und notfalls mit gerichtlicher bzw. Gerichtsvollzieherhilfe (Zwang!) vollstrecken.

Oder: Jemand wurde an seinem Körper verletzt, mindestens blaue Flecken, Schürfungen oder auch nur eine Backpfeife mit akuter Beeinträchtigung des körperlichen Befindens. Dann ist das eine Straftat, die (hier im Beispiel wegen relativer Geringfügigkeit) auf einen entsprechenden Strafantrag des betroffenen Menschen zur Anklage und zum Urteil geführt werden kann, mit einem staatlichen, gerichtlichen Strafausspruch einer konkret bemessenen Straffolge.

Im Strafgesetz unterliegen die darin enthaltenen Verbotsnormen hinsichtlich ihrer Strafverfolgung grundsätzlich nicht dem Belieben einzelner oder auch betroffener Personen, sondern unterstehen dem gesetzlichen Aufklärungsgebot an die dafür errichtete staatliche Behörde Staatsanwaltschaft mit der nachgeordneten Kriminalpolizei zur Ermittlung, Feststellung, Beweissicherung und Klage (Anklage!) zu dem Strafgericht.

2. Keine Strafe ohne Schuld: Das Schuldprinzip ist im Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Absatz 3 des Grundgesetzes verankert und auch in Art. 103 Absatz 2 des Grundgesetzes niedergelegt, wonach das zu bestrafende Verhalten bereits zum Handlungszeitpunkt verboten und mit Strafe bedroht gewesen sein muss. Dieser Grundsatz lässt sich unterteilen in eine objektive (Tat muss verboten sein) und eine subjektive Komponente (Tat muss persönlich vorwerfbar sein, Schuldprinzip).

Im deutschen Strafrecht ist das Schuldprinzip in § 46, Absatz 1, Satz 1 StGB explizit geregelt: »Die Schuld des Täters ist Grundlage für die Zumessung der Strafe«. Ist jemand schuldunfähig, regelt sich das in §§ 19 f. StGB; für die verminderte Schuldfähigkeit gilt § 21 StGB. Jede Strafbarkeit hängt von drei Voraussetzungen ab, die hintereinander zu prüfen sind:

1.  (objektiver) Tatbestand des Gesetzes

2.  Vorsatz, die Tat begehen zu wollen

3.  Schuld bzw. Vorwerfbarkeit.

§ 15 StGB Vorsätzliches und fahrlässiges Handeln

Strafbar ist nur vorsätzliches Handeln, wenn nicht das Gesetz fahrlässiges Handeln ausdrücklich mit Strafe bedroht.

5           Recht – Regelungs- und Veränderungsbedarf Vorschau auf bestehende Regelungen und gültiges Recht

5.1         Verbesserung des Wissens über das Recht (Rechtskundigkeit)

Zu den Grundsätzen des Rechtsstaates gehört in der Tat die Vermittlung von Rechtswissen. Denn ansonsten würde es sich gerade bei der »Rechtswissenschaft« um eine reine Herrschaftswissenschaft, um Herrschaftswissen handeln, welches den der Herrschaft Unterworfenen verborgen bleiben soll. Trotzdem ist Rechtskunde in den allgemeinen Schulausbildungen kaum geregelt und praktisch vorgesehen, die Orientierung über das Recht an sich bleibt mehr oder weniger jedem Einzelnen überlassen. Die Rechtsquellen sind sämtlich zugänglich (auch im Internet), jeder kann die geltenden Regeln für sich herausfinden und sich erläutern, sich helfen lassen bei dem Verständnis vieler nicht einfach zugänglicher Formulierungen.

5.2         Opferschutz, auch in der Öffentlichkeit

Soweit es um die mediale Berichterstattung von Strafprozessen geht, sind Opfer genauso lange wirksam und effektiv geschützt und zu schützen (von ihren Beiständen) vor der Öffentlichkeit und einem oft voyeuristischen Interesse, wie sie das wollen und wirksam einfordern. Nicht nur die unseriösen Medien sind mitunter sehr drängend, bedrängend und lassen mit psychologischen Tricks Opfer von Straftaten »freiwillig« von sich berichten und sich sogar identifizieren.

Die Rechtslage des Persönlichkeitsrechts ist aber hier als Grundrechtsschutz im Medienrecht außerordentlich klar. Kein Opfer von Straftaten, erst recht nicht von Sexualstraftaten, darf auch nur irgendwie erkennbar abgelichtet oder identifizierbar in der Öffentlichkeit präsentiert werden. Sanktioniert ist das mit hohen Strafandrohungen (§ 201 a StGB), mehr noch mit auch für große Medienkonzerne empfindlichen Schmerzensgeldansprüchen (§ 253 BGB).

Darüber hinaus hat die Rechtsprechung noch Grundsätze für den besonderen Schutz minderjähriger Kinder vor öffentlicher Zurschaustellung entwickelt.

Opferschutz im Weiteren ist die Beteiligung von Opfern an Strafverfahren. Bereits im Ermittlungsverfahren haben sie das Recht auf anwaltlichen Beistand, in den Bereichen der Sexualstraftaten ist ihnen auf Antrag (formlos, schriftlich) ein anwaltlicher Beistand zu bestellen, wenn es ein verfolgungsfähiges Delikt in diesem Bereich gibt. Ferner gibt es jetzt den Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung.

Dies dient dem Opfer als Schutz davor, dass seine Rechte vor Gericht beeinträchtigt oder verletzt werden (entwürdigende Fragen), effektiv hauptsächlich davor, dass die Schuld dem Opfer zugeschoben wird für die Straftat, für die der Täter angeklagt ist.

5.3         Mitbestimmung der Kinder

Dies ist eine fachliche, grundgesetzlich und pädagogisch gebotene Einbeziehung von Kindern (als Träger der Menschenwürde) bei Überlegungen und Entscheidungen, die sie persönlich betreffen. Kinder sind also einzubeziehen, haben ein Mitbestimmungsrecht, dabei nicht das letzte Wort, aber entsprechend ihrem Entwicklungsstand und ihren Möglichkeiten kann man eben nicht nur über sie, sondern muss auch mit ihnen reden. Die Einbeziehung bei der Jugendhilfeplanung ist nach dem SGB VIII ausdrücklich vorgesehen.

§ 8 SGB VIII Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

(1)  Kinder und Jugendliche sind entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen. Sie sind in geeigneter Weise auf ihre Rechte im Verwaltungsverfahren sowie im Verfahren vor dem Familiengericht und dem Verwaltungsgericht hinzuweisen.

(2)  Kinder und Jugendliche haben das Recht, sich in allen Angelegenheiten der Erziehung und Entwicklung an das Jugendamt zu wenden.

(3)  Kinder und Jugendliche haben Anspruch auf Beratung ohne Kenntnis des Personensorgeberechtigten, wenn die Beratung auf Grund einer Not- und Konfliktlage erforderlich ist und solange durch die Mitteilung an den Personensorgeberechtigten der Beratungszweck vereitelt würde. § 36 des Ersten Buches bleibt unberührt.

5.4         Väterrechte

Diese haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten in großen Schritten und ruckartig entwickelt, seitdem das Bundesverfassungsgericht die bis 1998 zwingende gesetzliche Regelung beanstandete, wonach bei der Ehescheidung grundsätzlich ein Elternteil (in der Regel der Vater) seine gesamte elterliche Sorge verliert und die Alleinsorge bei dem sogenannten Obhutselternteil, bei dem das Kind lebt, begründet wird.