Kindesentzug - Heidrun Budde - E-Book

Kindesentzug E-Book

Heidrun Budde

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Beschreibung

"Zwangsadoptionen" in der DDR werden emotional-kontrovers diskutiert. Analysierte Einzelfälle und der Blick in ehemalige "Vertrauliche Verschlußsachen" werden aufzeigen, dass Familien bewusst zerstört wurden, wenn das politisch nützlich war. Aufgezwungene familiäre Auseinandersetzungen, erpresste Adoptionen, ein unverschämter Besitzanspruch auf die Kinder und Indizien für vorgetäuschte Säuglingssterbefälle entlarven das geheim gehaltene "Doppelgesicht" des SED-Staates. Dieses Buch will den Opfern des DDR-Unrechts helfen und zugleich eine Diskussionsgrundlage für weitere Nachforschungen anbieten.

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Heidrun Budde

Kindesentzug

Zerstörte Familien in der DDR

© 2023 Dr. Heidrun Budde

ISBN Softcover: 978-3-347-78385-0ISBN Hardcover: 978-3-347-78386-7ISBN E-Book: 978-3-347-78387-4ISBN Großschrift: 978-3-347-78388-1

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin durch treditionGmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre schriftliche Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: E-Mail [email protected] oder tredition GmbH, Abteilung „Impres-sumservice“, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.

Inhalt

Vorwort

Gewalttaten

Alkohol und Gewalt

Gewalt gegen Frauen

Gewalt gegen Kinder

Ausmaß der Verwahrlosung?

Einzelfälle

Rechtslage zum Kindesentzug

Ein Brief aus Hamburg

Verlassenes Kind von Seeleuten

„Lautlos“ abgeholt

Ohne Menschlichkeit

„Diebstahl“ des Kindes außerhalb der Rechtsordnung

Zerstörte Familien durch geheime Vorgaben

„Staatseigentum“ Kind

Erpresste Adoptionen

Aufgezwungene Familientrennungen

Lügen, die nachwirken

Westbesuche zu DDR-Zeiten

Ausreiseantragsteller – registriert und geächtet

Vorgetäuschter Säuglingstod – ein Staatsverbrechen

Zweifelhafte Sterbeanzeigen

Ungeklärte handschriftliche Randvermerke

Zweifelhafte Babytransporte

Wo sind die Babyleichen?

Umgang mit den Eltern

Ärzte

Die Anwerbung

Die Aufträge

Überprüfung eines „Vorkommnisses“ auf der Entbindungsstation

„ergo, kein großer Verlust“

Nachwort

Literaturverzeichnis

Bücher

Aufsätze/Artikel

Gesetze/Dienstanweisungen/Ordnungen

Abkürzungsverzeichnis

Vorwort

Der Streit um die Deutungshoheit der DDR-Vergangen-heit ist noch lange nicht beendet. Die nachgeborene Gene-ration weiß wenig über diese Zeit und das Interesse an der Frage, wie es wirklich war, wächst. Das Thema der „Zwangsadoptionen“ wird dabei besonders emotional-kontrovers diskutiert und diejenigen, die diese Zeit nicht selbst miterlebt haben, fragen sich, wem sie glauben sol-len.

Eltern, denen das Sorgerecht entzogen wurde, schließen sich heute in Interessengruppen zusammen und fordern Gerechtigkeit ein. Der Wille, den Betroffenen zu helfen, ist da, nur die Möglichkeiten der Beweisführung und der Bewertung der damaligen Entscheidungen sind schwierig.

Geben die Akten, sofern sie denn überhaupt vorhanden und einsehbar sind, den tatsächlichen Hergang wieder oder wurden sie damals aus politischen Gründen zweck-mäßig zusammengestellt? Wie glaubwürdig sind Zeitzeugenaussagen und wie war das Familienleben in der DDR? Gab es Gewalt und Vernachlässigung und wenn ja, in welchem Ausmaß? Wie ist mit Vorgängen umzugehen, bei denen eine Gefährdung des Kindeswohls mit politischer Auflehnung zusammenfallen?

Dieses Buch versucht, die Komplexität dieser Fragen aufzuzeigen, ohne den Anspruch zu erheben, endgültige Antworten zu geben. Vielmehr besteht das Anliegen darin, eine Diskussionsgrundlage für weitere Nachforschungen anzubieten.

Konkrete Aktenvorgänge und der Blick in einstmals geheime Vorschriften werden aufzeigen, dass eine oberflächliche Betrachtung zu falschen Schlüssen führt. Der tatsächliche politische Wille des DDR-Staates muss mühsam aus den ehemaligen „Vertraulichen Verschlußsachen“ zusammengefügt werden. Dabei offenbart sich ein politisch zweckmäßiges „Doppelgesicht“ mit einem Ausmaß an Verlogenheit und Menschenverachtung, über das wir bis heute nur wenig wissen.

Gewalttaten

Die SED-Propaganda wollte den „kommunistischen Vorzeigemenschen“ erschaffen, der fleißig arbeitete, seine Familie umsorgte und sich für das politische System einsetzte. Abweichungen von diesem verordneten Leitbild wurden als Ausnahmen deklariert, gegen die man konsequent vorgehen und entsprechende „Erziehungsmaßnahmen“ einleiten würde. Die Medien unterstützten diese politische Vorgabe und hielten sich mit kritischen Berichten, insbesondere zur Kriminalität zurück.

Anfang der 90iger Jahre schenkte mir ein Rechtsanwalt aus Rostock, der langjährig zu DDR-Zeiten tätig war, einen ganzen Stapel von internen Heften mit dem Titel: „Informationen des Obersten Gerichts der Deutschen Demokratischen Republik“. Das Material hatte den Vermerk: „Nur für den Dienstgebrauch“. In diesen Heften wurde über schwere Straftaten berichtet, die nur ausgewählte Personen, wie dieser Rechtsanwalt, zur Kenntnis nehmen durften. Beim Lesen hat mich die aufgezeigte Brutalität entsetzt.

Um dem Leser einen eigenen Einblick in diese Vorgänge und damit in das damalige reale Leben zu ermöglichen, sollen einige aus den Heften zitiert werden.

Alkohol und Gewalt

„Oberstes Gericht 5 OSB 28/79 vom 24. Juli 1979

Der Angeklagte ist Einzelgänger. Er lebte zurückgezogen, pflegte sich wenig und vernachlässigte seine Wohnung. Gegenüber Frauen war er stark gehemmt. Im Mai 1977 fand er die damals fast 60 Jahre alte Frau betrunken und hilflos auf der Straße. Er kümmerte sich um sie, und es entwickelte sich in der Folgezeit zwischen beiden ein intimes Verhältnis, obwohl er bemerkte, daß die Frau verschmutzt war und ihre Wohnung verwahrlosen ließ. Er hoffte, sie vom übermäßigen Genuß alkoholischer Ge-tränke und übermäßigen Rauchen abzubringen. In Abständen von etwa einer Woche besuchte er Frau B. Während dieser Besuche hatte der Angeklagte bemerkt, daß die Frau, wenn sie betrunken war, oftmals hinfiel und dabei hart auf den Fußboden aufschlug. Er hatte sie danach im-mer entweder in ihr Bett gebracht oder auf einen Stuhl gesetzt. Niemals hatte er sie bewußtlos oder hilflos verlassen. Am 21. September 1978 besuchte der Angeklagte sie wieder, schenkte ihr Lebensmittel und eine kleine Flasche Rum-Verschnitt. Beide tranken etwa zu gleichen Teilen den Rum-Verschnitt. Der Angeklagte begab sich gegen 20.30 Uhr in eine Gaststätte und kaufte eine 0,35 l Flasche Goldbrand, die er Frau B. schenkte, damit sie bis zu ihrer Rentenzahlung in einigen Tagen etwas zu trinken habe. Frau B. trank jedoch den Goldbrand sofort allein aus. Darüber war der Angeklagte empört. Die stark angetrunkene Frau ging im Zimmer umher, stieß eine brennende Kerze um, fiel schließlich auf Grund ihrer Trunkenheit hin und blieb auf dem Fußboden liegen. Der Angeklagte wollte sie zu ihrem Bett führen und versuchte deshalb, sie vom Fußboden hochzuziehen. Entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit unterstützte die Frau sein Vorhaben durch eigene Anstrengungen nicht. Der Angeklagte zerrte sie auf einen Sessel, dessen rechte Armlehne durch das Gewicht der Frau abbrach. Sie stürzte auf den Fußboden und schlug dabei hart mit dem Kopf auf. Der Angeklagte machte ihr Vorhaltungen, sie erwiderte jedoch, daß es ihn nichts anginge, wie sie lebe. Als sein weiterer Versuch, die Frau zu Bett zu bringen, fehlschlug, legte er die Bettdecke unter ihren Kopf und Oberkörper. Da sie sich seinen ständigen Vorhaltungen unzugänglich zeigte, geriet er in Wut, ergriff die abgebrochene Armlehne und schlug ihr drei- bis viermal gezielt und wuchtig in das Gesicht, auf Nase, Kinn und Wange. Danach setzte er sich auf einen Stuhl. Als die Geschädigte wiederum nach Schnaps und Zigaretten verlangte, schlug er ihr vier- bis fünfmal mit der Sessellehne auf den Rücken. Dann versuchte er nochmals, sie zum Aufstehen zu bewegen. Als das misslang, setzte er sich wieder hin. Die Geschädigte wollte abermals Schnaps und Zigaretten haben und beschimpfte den Angeklagten. Daraufhin ergriff er den Sessel, hob ihn etwa einen Meter an, ließ ihn der Geschädigten auf den Bauch fallen und stieß, nach jeweils erneutem Anheben des Sessels, noch zwei- bis dreimal nach. Sein Ziel war es, die Geschädigte durch die Schläge zu einem anderen Lebenswandel zu veranlassen. Da sie danach laut schnarchte und der Angeklagte verhindern wollte, daß die Nachbarn gestört werden, legte er ihr eine Wanne auf den Kopf. Danach schlief er, auf dem Stuhl sitzend, ein. Am nächsten Morgen lag die Geschädigte noch auf der gleichen Stelle. Der Angeklagte entfernte die Wanne. Als er sich verabschiedete, antwortete sie. Der Angeklagte erkannte, daß die Verletzte ärztliche Hilfe benötigte, hoffte jedoch auf ihre eigenen Aktivitäten und auf Nachbarschaftshilfe. Als er am Abend wieder in die Wohnung kam, stellte er fest, daß die Geschädigte ihre Lage verändert hatte. Er bemerkte, daß sie atmet, und er war froh, daß sie am Leben war. Danach verließ er die Wohnung. Zwar erkannte er den lebensbedrohlichen Zustand der Geschädigten, benachrichtigte aber keinen Arzt, weil er eine Bestrafung wegen seines Vorgehens gegen sie befürchtete. Er hoffte auf Nachbarschaftshilfe, erkannte aber, daß die Geschädigte möglicherweise stirbt, wenn keine ärztliche Hilfe erfolgt. Am Morgen des 27. September 1978 suchte der Angeklagte wiederum die Wohnung der Geschädigten auf. Sie lag unverändert auf dem Fußboden. Er zog sie zu der noch am Fußboden liegenden Bettdecke, legte sie am Kopf und Oberkörper darauf und deckte sie mit Decken zu. Er entschloß sich, auch weiterhin nichts zur Abwendung des als möglich erkannten Todes der Geschädigten zu unternehmen. Am Morgen des 28. September 1978 rief er schließlich anonym das Rettungsamt an und erklärte, es solle bei Frau B. oder bei Nachbarn nachgefragt werden. Die Geschädigte war bereits am Abend zuvor tot aufgefunden worden.“

„Oberstes Gericht 5 OSB 1/88 vom 11. März 1988

Der 20jährige Angeklagte sprach in der Freizeit übermäßig dem Alkohol zu und ging ab 11. Mai 1987 keiner Arbeit mehr nach. Der Angeklagte neigt - insbesondere nach Alkoholgenuß - zu aggressiven Handlungen. Am 11. April 1987 zog der Angeklagte in die Wohnung des später Geschädigten. Da er sich an der Sauberhaltung der Wohnung nicht beteiligte, machte ihm der Geschädigte Vorwürfe. Darüber war der Angeklagte so verärgert, daß er - etwa eine Woche vor der Tat - die Tötung des Geschädigten erwog. Am 5. Juni 1987 befanden sich ab 17.00 Uhr der Angeklagte und der Geschädigte allein in der Wohnung. Beide waren angetrunken. Gegen 17.45 Uhr machte der Geschädigte dem Angeklagten gegenüber eine abwertende Bemerkung über die am 15. Januar 1974 geborene Zeugin J. Darüber geriet der Angeklagte in Wut und entschloß sich, den Geschädigten zu töten. Er holte aus dem Bad einen 800 g schweren Hammer und trat dem Geschädigten im Schlafzimmer gegenüber. Ohne ihn anzusprechen, versetzte er ihm unvermittelt einen kräftigen Schlag mit dem Hammer gegen die Stirn, wodurch der Geschädigte zu Boden fiel. Nunmehr schlug er noch weitere acht- bis neunmal auf dessen Kopf und Oberkörper ein. Anschließend drehte er den Geschädigten auf die Seite und entnahm aus der Gesäßtasche die Geldbörse und daraus einen Bargeldbetrag von 20,- Mark. Da er noch immer wütend war, zerschlug er mit dem Hammer einen dem Vermieter gehörenden Elektroboiler. Gegen 18.45 Uhr kam die Zeugin J. in die Wohnung. Als sie den Geschädigten liegen sah, fragte sie, was los sei. Daraufhin tötete der Angeklagte mit dem Hammer drei Meerschweinchen und begab sich ins Schlafzimmer, wo er nochmals mehrfach wuchtig auf den Rücken und Hinterkopf des Geschädigten einschlug. Kurz nach 19.00 Uhr verließen der Angeklagte und die Zeugin J. die Wohnung. Vor dem Haus trafen beide die Zeugin N. Ihr gegenüber äußerte der Angeklagte, daß er ein Mörder sei. Da die Zeugin das nicht glauben wollte, begaben sich alle drei wieder in die Wohnung. Der Angeklagte schloß die Haus- und Wohnungstür von innen ab und steckte die Schlüssel ein. Da er eine Anzeige seitens der Mädchen befürchtete, entschloß er sich, beide zu töten. Er holte ein Messer aus der Küche und sagte zu den Mädchen, daß es `auf einen mehr oder weniger auch nicht ankommt‘ und `wen er zuerst umbringen soll‘. Die Mädchen versprachen, nichts von dem Geschehen zu sagen, und der Angeklagte warf das Messer fort, da er sein Tötungsvorhaben aufgegeben hatte. Bei der gerichtlichen Sektion wurde mehrfache stumpfe Gewalteinwirkung auf den Kopf, den Oberkörper und den Bauch festgestellt, die zur Schädel-Hirnzertrümmerung und zu schweren Verletzungen innerer Organe geführt hatten. Der Tod trat durch die Schädel-Hirnzertrümmerung ein. Alle Verletzungen erlitt der Geschädigte zu Lebzeiten“

„Oberstes Gericht 1 OSK 5/83 vom 20. Mai 1983

Die zur Tatzeit 17jährigen Angeklagten sind miteinander bekannt. Der Angeklagte G. arbeitet als Maurer, er er-bringt zufriedenstellende Leistungen. In seinem Heimat-ort fiel er wiederholt durch Ordnungs- und Disziplin-schwierigkeiten auf. Die Angeklagten R. und F. sind Lehr-linge. Beide verletzten wiederholt die Arbeitsdisziplin, in-dem sie der Lehrausbildung unentschuldigt fernblieben. Alle drei Angeklagten neigen zu übermäßigem Alkohol-genuß. Von ihren Arbeitskollektiven wurden deshalb wiederholt mit ihnen Aussprachen geführt. In den Vormittagsstunden des 10. Mai 1982 suchten die Angeklagten mit dem später Geschädigten gleichaltrigen W. und weiteren Jugendlichen eine Klubgaststätte auf. Um die Wirkung des Alkohols zu steigern, nahm W. mehrere in Schnaps aufgelöste Schlaftabletten `Benedorm` zu sich. Insgesamt hat er an diesem Tag neun Schlaftabletten eingenommen. Als er sich negativ über die `Dorndorfer` äußerte, fühlte sich der Angeklagte G. angesprochen. Er forderte W. auf, mit auf die Toilette zu kommen und stellte ihn dort zur Rede. Auf dessen Bemerkung, ob dies alles wäre, versetzte er ihm zwei Faustschläge ins Gesicht. Inzwischen waren auch die Mitangeklagten zur Toilette gekommen. Auf Aufforderung von R. schlug F. dem W. zweimal mit der Faust ins Gesicht, erfaßte ihn dann an der Kleidung und stieß ihn weg. W., der weinte, sich aber nicht wehrte, blutete aus der Nase; außerdem war seine Lippe aufgeplatzt. Da die Jugendlichen auf Grund des Aussehens des Geschädigten keinen Alkohol mehr erhielten, begaben sie sich zunächst zur Mitropa-Gaststätte und fuhren anschließend mit dem Zug nach D. Dort wurde ihnen in mehreren Gaststätten auf Grund des Zustandes des Geschädigten der Alkoholausschank verweigert. Die Angeklagten waren deshalb verärgert. W. gab ihnen daraufhin Geld, wofür eine 0,7-Liter Flasche Korn gekauft wurde. Währenddessen fiel der Geschädigte rücklings von einem Gehwegbegrenzungsgitter, erhob sich aber sofort wieder und ging mit den Angeklagten und den übrigen Jugendlichen in Richtung Sportplatz. Unterwegs fiel er nochmals hin. In der Nähe der Sprunggrube setzten sich alle Beteiligten auf den Boden, während W. sich hinlegte. Sie tranken abwechselnd aus der Flasche. Da W. nicht in der Lage war, diese zu halten, hielt sie ihm R. zweimal an den Mund. Als der Geschädigte, am Boden liegend, nach einiger Zeit erneut etwas über die `Dorndorfer` sagte, schlug ihm der Angeklagte G. dreimal mit der Faust ins Gesicht. Anschließend zog R. den Geschädigten hoch und versetzte ihm zwei Kinnhaken. Daraufhin fiel dieser um. Nunmehr schlug ihn auch der Angeklagte F. dreimal mit der Faust ins Gesicht. Danach wurde er von allen drei Angeklagten mindestens dreimal getreten, wobei G. einmal an die Schläfe und R. ihn in den Rücken trat. R. versetzte dem Geschädigten außerdem noch einen Handkantenschlag gegen die Brust. Einige Zeit später erfaßte der Angeklagte G. mit dem Bemerken, er wolle dem Geschädigten `Benehmen beibringen`, eine in der Nähe liegende Holzlatte von 120 cm Länge, 11,5 cm Breite, 2 cm Stärke und einem Gewicht von 1,5 kg und schlug diesem damit zweimal auf den Körper und einmal auf den Kopf. Als W. zu erkennen gab, daß er wisse, wer ihn geschlagen habe, schlug G. erneut dreimal mit der Latte auf den am Boden Liegenden ein. Da der Geschädigte auf eine entsprechende Frage die Namen der Angeklagten nannte, schlug ihn der Angeklagte G. abermals mit der Latte, indem er diese mit beiden Händen hoch über den Kopf hielt. Den anderen Jugendlichen gelang es nicht, ihn davon abzuhalten. Da es zu regnen anfing, setzten sich die Angeklagten in die Wartehalle einer Bushaltestelle. Hier äußerte der Angeklagte R., daß W. niemanden mehr verraten könne. Nach geraumer Zeit lief G. abermals zu dem weiter am Boden liegenden Geschädigten und schlug erneut mehrmals mit der Latte auf diesen ein. Dieser Vorgang wiederholte sich noch einmal, obwohl G. inzwischen zur Wartehalle zurückgekehrt war und geäußert hatte, das was er jetzt gemacht hat, hätte er besser nicht getan. Schließlich schlug der Angeklagte R. vor, den Geschädigten in die Werra zu werfen. F. riet jedoch davon mit dem Bemerken ab, es sei besser, ihn im Regen liegen zu lassen, damit die Volkspolizei keine Fingerabdrücke finde. Trotz wiederholter Vorhalte der übrigen Jugendlichen unternahmen die Angeklagten nichts, um für den nunmehr reglos am Boden liegenden, an Stirn, Nase und Lippe blutenden W. ärztliche Hilfe zu holen. G. äußerte lediglich, entweder der Geschädigte `krepiere`, oder er sitze morgen in der `Kneipe` und saufe. Alle drei Angeklagten entfernten sich. Während F. nach Hause ging, setzten G. und R. ein Moped in Gang und fuhren damit abwechselnd nach B., um sich zu verstecken. Bei den Angeklagten war zur Tatzeit eine Blutalkoholkonzentration von etwa 2,0 mg/g-2,5mg/g gegeben. Der Geschädigte W. wurde mit absoluter Lebensgefahr in das Krankenhaus eingeliefert und danach in das Bezirkskrankenhaus M. überführt. Hier ist er am 6. Juli 1982 verstorben, ohne nochmals das Bewußtsein erlangt zu haben. Als Todesursache wurde ein schweres Schädelhirntrauma im Zusammenhang mit einer Lungenentzündung festgestellt. Das gerichtsmedizinische Gutachten gelangt zu der Feststellung, daß die Schläge mit dem Brett geeignet waren, die Hirnverletzung hervorzurufen, während ein Sturz als Ursache hierfür wenig wahrscheinlich ist.“

„Oberstes Gericht 5 OSB 83/87 vom 17. Dezember 1987

Der 22jährige Angeklagte erreichte das Ziel der 7. Klasse der POS, absolvierte eine Teillehre und war zuletzt als Montierer tätig. Er hat Kontaktschwierigkeiten und Min-derwertigkeitskomplexe. Um diese zu kompensieren, trank er übermäßig Alkohol, der bei ihm Imponiergehabe auslöste. Am 10. Juli 1987 begab sich der Angeklagte nach Beendigung der Spätschicht gegen 22.15 Uhr in eine Gaststätte. Er beteiligte sich am Auswürfeln von Runden, wobei er ca. zehn Glas (fünf Liter) Bier und zehn doppelte Glas Weinbrand trank. Gegen 1.45 Uhr setzte er sich an den Tisch des später Geschädigten. Der Angeklagte kann-te diesen von Kindheit an und empfand stets Abneigung gegen ihn, weil er ihm geistig unterlegen war. Als das Gespräch des Geschädigten mit dem gleichfalls am Tisch sitzenden Zeugen P. und M. auf moderne Musik kam, und der Angeklagte, bedingt durch den Alkoholgenuß, störte, wies ihn der Geschädigte mit den Worten zurecht, daß er (der Angeklagte) davon nichts verstehe. Der Angeklagte geriet darüber in Wut und verließ die Gaststätte. Seine Antipathie gegen den Geschädigten steigerte sich in Haß, und er faßte den Entschluß, ihn zu töten. Er begab sich in seine Wohnung, suchte sich aus seiner Sammlung von Jagdmessern das größte aus (Klingenlänge 14 cm) und ging zum Wohnhaus des Geschädigten. Er wartete dort am Ausgang eines Weges, weil er damit rechnete, daß der Geschädigte diesen Weg nach Hause gehen wird. Als dieser gegen 2.30 Uhr dort eintraf, stellte sich der Angeklagte ihm entgegen und versetzte dem Geschädigten zwei Messerstiche in den Bauch. Er war sich danach sicher, ihn tödlich verletzt zu haben und verließ den Tatort.“

Gewalt gegen Frauen

„Oberstes Gericht 5 OSB 52/86 vom 19. September 1986

Der 29jährige Angeklagte lebte sieben Jahre mit der am 16. November 1960 geborenen später Geschädigten M. zusammen. Aus dieser Verbindung ging das am 17. No-vember 1982 geborene Kind D. hervor. Seit Herbst 1984 kam es zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten wiederholt zu Auseinandersetzungen, in deren Verlauf er zunehmend Gewaltanwendung androhte. Da die Geschädigte arbeitsbedingt häufig außer Haus war, war der An-geklagte ihr gegenüber mißtrauisch und eifersüchtig ge-worden und trank übermäßig Alkohol. Im November 1984 beschädigte bzw. zerstörte er in der gemeinsamen Woh-nung Einrichtungsgegenstände und Bekleidung. Sowohl die Eltern des Angeklagten als auch die Mutter der Ge-schädigten waren zu der Auffassung gelangt, daß das Ver-hältnis zwischen beiden gelöst werden sollte. Da der An-geklagte sehr an der Geschädigten und dem gemeinsamen Kind hing, war dieser empfohlen worden, das Verhältnis nicht abrupt abzubrechen. Am 2. Mai 1985 wurde der An-geklagte einberufen. Diesen Umstand nutzte die Geschädigte dazu, die Trennung endgültig zu vollziehen. Sie vermied ein Zusammentreffen mit dem Angeklagten und teilte ihm am 24. Juli 1985 brieflich mit, daß sie das Verhältnis mit ihm endgültig löst. Der Angeklagte akzeptierte das nicht. Er glaubte, in einer Aussprache mit der Geschädigten alles Trennende beiseiteschieben und sie wieder an sich binden zu können. Als er im Juni 1985 Wochenendurlaub hatte und die Geschädigte nicht - wie erwartet und erbeten - in der Wohnung vorfand, zerstörte bzw. beschädigte er wiederum Einrichtungsgegenstände. Als der Angeklagte am 20. September 1985 in Urlaub fuhr, um mit der Geschädigten ein versöhnendes Gespräch zu führen, trank er bereits auf der Heimfahrt im Übermaß Alkohol. Da die Geschädigte nicht anwesend war, wurde er wütend und richtete einen Schaden von ca. 2.500 M in der Wohnung an. Er hatte erfahren, daß die Geschädigte sich mit dem Kind beim Zeugen T. aufhielt, mit dem sie bereits ein festes Verhältnis eingegangen war. Auf seine Bitte fuhr ihn der Zeuge K. mit seinem PKW dorthin. Er bat die Geschädigte, ihn in die gemeinsame Wohnung zu begleiten und über Probleme, insbesondere über die Tei-lung des Vermögens zu sprechen. Die Geschädigte er-klärte sich dazu bereit. Während der Fahrt äußerte sie mehrfach, daß sie es bei dem Zeugen T. besser hat, da dieser sie nicht schlägt. Das Gespräch in der Wohnung verlief zunächst sachlich. Als über das Fernsehgerät, das beide beanspruchten, gesprochen wurde, verschärfte sich die Situation. Mit obszönen Worten bot der Angeklagte der Geschädigten das Gerät an, wenn sie ihm dafür den Geschlechtsverkehr gestatten würde. Als sie darauf nicht reagierte, begann er sie gewaltsam zu entkleiden. Ihre Unterwäsche zog sich die Geschädigte selbst aus und duldete den Verkehr. Danach setzte sich der Streit mit Heftigkeit fort. Der Angeklagte steigerte sich in seiner Erregung insbesondere deshalb, weil er sich `abgeschoben` und gekränkt fühlte. Er ergriff ein 18 cm langes Messer und stieß es der Geschädigten viermal in die linke Brust. Die mit besonderer Wucht geführten Stiche trafen das Herz. Anschließend nahm der Angeklagte eine Strumpfhose und verknotete diese fest um den Hals der Geschädigten. Er verließ dann die Wohnung und stellte sich auf Anraten seines Stiefvaters einige Zeit später der Volkspolizei.“

„Oberstes Gericht 3 OSK 14/88 vom 16. November 1988

Am 17. März tranken der Angeklagte und der rechtskräftig verurteilte K. erheblich Alkohol. Sie kamen auf einen im Sommer erfolgten Partnerwechsel beider Eheleute zu sprechen. Dadurch angeregt, begab sich K. in das Schlaf-zimmer der Eheleute, um sich der Frau des Angeklagten sexuell zu nähern. Damit war diese nicht einverstanden. Die Geschädigte wies K., der sie am Oberschenkel be-rührte, aus dem Schlafzimmer und schloß die Tür ab. Un-ter Drohung forderte der Angeklagte sie auf, in das Wohn-zimmer zu kommen. Dort sollte sie nacheinander mit ihm und K. Geschlechtsverkehr durchführen. Dies lehnte sie ab. Der Angeklagte entkleidete seine Ehefrau, zog sie auf das Sofa, und in Anwesenheit des K. führte er mit ihr den Geschlechtsverkehr durch. Danach hinderte er seine Ehe-frau am Verlassen des Zimmers und zog sie erneut auf das Sofa, wobei er K. aufforderte, mit der Geschädigten den Geschlechtsverkehr durchzuführen. Dies tat K., nachdem er der Geschädigten gegen ihren Willen den Bademantel herunterzog und ihr mit seinem Knie die Beine auseinandergedrückt hatte. Während dieser Handlung war die Geschädigte außerstande, weitere Gegenwehr zu leisten.“

„Oberstes Gericht 5 OSK 6/81 vom 28. August 1981

Der Angeklagte war seit 1975 verheiratet. Zwischen den Eheleuten entstanden zunehmend Spannungen, die ihren Grund in sexueller Disharmonie und in Meinungsver-schiedenheiten über finanzielle Belange sowie berufliche Belastungen des Angeklagten hatten, die sich auf das Eheleben auswirkten. Am 30. August 1980 traf der Angeklagte seine Ehefrau in einem Gästezimmer der ehelichen Wohnung mit einem Feriengast an, als sich beide in unbekleidetem Zustand befanden. Er war daraufhin gewiß, daß ein Geschlechtsverkehr stattgefunden habe. In der ehelichen Auseinandersetzung darüber kündigte sie an, die Ehescheidung zu beantragen. Am 2. September 1980 ge-gen 16.45 Uhr kleidete sich die Ehefrau des Angeklagten um. Aus ihrem Verhalten