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Diese Einführung vermittelt kompakt und verständlich Grundwissen zu 2000 Jahren Kirchengeschichte. Martin H. Jung skizziert die Grundzüge der Kirchengeschichte. Er blickt auf die christliche Theologie- und Frömmigkeitsgeschichte und bezieht die Wechselbeziehungen zwischen dem Christentum und anderen Religionen ein. Sein Streifzug durch 2000 Jahre Kirchengeschichte führt den Leser/die Leserin zu Jesus und den Anfängen des Christentums, den Kirchenvätern, heiligen Orten, dem Mönchtum, den Kreuzzügen, einigen Ketzern, wichtigen Reformatoren, dem Anglikanismus, der Gegenreformation, dem Pietismus und Methodismus, Kirchenunionen und Kirchenspaltungen, charismatischen Bewegungen, der Ökumene, dem Nationalsozialismus, der Befreiungstheologie.
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Seitenzahl: 454
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Grundwissen Christentum
Herausgegeben von Markus Mühling
Martin H. Jung
Kirchengeschichte
Vandenhoeck & Ruprecht
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN 978-3-525-56851-4eISBN 978-3-647-56851-5
© 2010, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen Internet: www.v-r.de
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke.Printed in Germany.Satz: process media consult GmbHDruck & Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen
Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
Inhalt
Einleitung
Antike
Jesus, der Christus, und die Anfänge des Christentums
Die ersten Gemeinden
Die Sendung der Jünger und die Mission der Apostel
Judenchristen und Heidenchristen
Die Trennung vom Judentum
Christenverfolgungen
Die Entstehung des Neuen Testaments
Apologeten, Kirchenväter und andere Theologen
Marcionisten, Gnostiker und Manichäer
Theologie und Christologie
Bischöfe, Presbyter und Diakone – kirchliche Strukturen
Asketen, Eremiten und Styliten – alternatives Christsein
Die konstantinische Wende
Das Christentum als Staatsreligion
Heilige Orte und heilige Menschen
Theologie, Christologie und Pneumatologie
Christentum und Sklaverei
Ursachen des Erfolgs und vorläufige Bilanz
Griechische, russische und orientalische Orthodoxie
Mittelalter
Das Christentum und die Germanen
Die Entstehung des Papsttums
Das abendländische Mönchtum
Theologie als Universitätswissenschaft
Religion und Politik, Papst und Kaiser
Die Kreuzzüge
Christentum und Judentum
Christentum und Islam
Mystik
»Ketzer«: Katharer und Waldenser
»Vorreformatoren«: Wyclif und Hus
Papstschismen und Reformkonzilien
Neuzeit
Renaissance und Humanismus
Luther und Melanchthon und die Reformation in Deutschland
Zwingli und Bullinger und die Reformation in Zürich
Farel und Calvin und die Reformation in Genf
Luthertum und Calvinismus
Die Reformation in England und der Anglikanismus
Die Reformation in Polen und der Sozinianismus
Die Kirchen der Täufer
Frauen in der Kirche
Ignatius von Loyola und die Jesuiten
Das Konzil von Trient und die katholische Reform
Schmalkaldischer Krieg und Augsburger Religionsfriede
Gegenreformation und Konfessionalisierung
Barockscholastik und protestantische Orthodoxie
Teufelsglaube, Hexenverfolgung, Kometenangst
Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede
Jansenismus und romanische Mystik
Pietismus und Methodismus
Aufklärung
Mission und Kolonisation
Christentum in Nordamerika
Revolution in Frankreich
Moderne
Politische Neuordnung Europas, konfessionelle Neuordnung Deutschlands
Kirchenunionen und Kirchenspaltungen
Bibelkritik und freie Theologie
Erweckungs-, Gemeinschafts-, Heiligungs-, Heilungs- und Pfingstbewegungen
Soziale Frage, Arbeiterbewegung, Sozialismus
Gegenoffensiven der Kirchen: Caritas und Diakonie
Papalismus, Thomismus, Ultramontanismus, Kulturkampf
Das 1. Vatikankonzil
Anfänge und Fortschritte der Ökumene
Der Erste Weltkrieg 1914–1918 und die Revolutionen 1917/18
Nationalsozialismus und Kirchen
Die Kirchen nach 1945
Das 2. Vatikankonzil
Befreiungsbewegungen und Befreiungstheologie
Die Kirchen nach 1989
Epilog: Das Christentum zu Beginn des 3. Jahrtausends
Register
Personen
Orte
Sachen
Einleitung
Die Menschheit zählt inzwischen annähernd sieben Milliarden. Das Christentum ist mit zwei Milliarden Angehörigen die derzeit größte Weltreligion und blickt auf eine beinahe zweitausendjährige Geschichte zurück. Judentum, Hinduismus und Buddhismus sind noch älter, zählen aber nur fünfzehn, 840 und 377 Millionen Anhänger. Mit 1,3 Milliarden Gläubigen ist der Islam inzwischen die bedeutendste Weltreligion neben dem Christentum. Er hat eine beinahe 1400-jährige Geschichte hinter sich. In den zwei Jahrtausenden seiner Geschichte ist das Christentum nicht immer gleich und ist sich nicht immer treu geblieben. Vielmehr zeigte es sich als eine wandlungs- und facettenreiche Religion, die unter dem Einfluss von Humanismus und Aufklärung zudem früher und deutlicher als andere Religionen lernte, sich selbst geschichtlich zu sehen und kritisch zu betrachten. Die geschichtliche und kritische Betrachtung einer Religion relativiert deren Wahrheitsansprüche und erzieht so zur Toleranz. Und dies macht es sowohl innerreligiös als auch interreligiös möglich, Pluralität so zu akzeptieren, wie es in einer multikulturellen und multireligiösen Weltgesellschaft erforderlich ist.
Eine »Kirchengeschichte« stellt nicht nur die Geschichte der Kirchen dar, sondern auch die christliche Theologie- und Frömmigkeitsgeschichte sowie die Wechselbeziehungen zwischen dem Christentum und anderen Religionen sowie zwischen Christentum und Kultur. 2000 Jahre auf diese Weise zu behandeln, müsste allerdings das Werk vieler Spezialisten sein und dürfte zahlreiche Bände füllen. Im Folgenden geht es darum, Grundwissen darzulegen und dabei Entwicklungsstränge aufzuzeigen und Verbindungslinien – auch in die Gegenwart – herzustellen, und das in einer Weise, die für jeden geschichtlich und theologisch Interessierten verständlich ist, nicht nur für akademisch gebildete Theologen und Historiker. Dabei soll heiklen, strittigen, auch öffentlich diskutierten Themen nicht ausgewichen werden und der Standpunkt nicht der einer bestimmten Konfession sein. Kurz gesagt: konsequent verständlich, konsequent aktuell, konsequent ökumenisch, konsequent kritisch – so muss Kirchengeschichte heute behandelt werden und so will sie dieses Buch präsentieren.
Mitgeholfen, dass dieses Buch so wurde, haben die Theologiestudentinnen Jennifer Hoffmann und Ines Petersen, Wissenschaftliche Hilfskräfte im Hofprediger-Projekt des Interdisziplinären Instituts für Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit. Ich danke ihnen für die aufmerksame und kritische Lektüre des Manuskripts und wichtige Korrekturen sowie für die Mitarbeit an den Registern.
Osnabrück, Januar 2010
Martin H. Jung
LITERATUR (Überblickswerke zur Geschichte des Christentums): Atlas zur Kirchengeschichte. Freiburg i.Br. 2004. – Die Geschichte des Christentums. Bd. 1–14. Freiburg i.Br. 2007. – Eder, Manfred: Kirchengeschichte. Düsseldorf 2008. – Gestalten der Kirchengeschichte. Bd. 1–10. Stuttgart 22004. – Handbuch der Kirchengeschichte. Bd. 1–7. Freiburg i.Br. 1985. – Hauschild, Wolf-Dieter: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte. Bd. 1–2. Gütersloh 32007, 32005. – Moeller, Bernd: Geschichte des Christentums in Grundzügen. Göttingen 92008. – Ökumenische Kirchengeschichte. Bd. 1–3. Darmstadt 2006–2008. – Pauly, Wolfgang (Hg.): Geschichte der christlichen Theologie. Darmstadt 2008.
Antike
ca. 30 Kreuzigung Jesu
ca. 33 Bekehrung des Paulus
62 Hinrichtung des Jakobus (Bruder Jesu)
64 Brand Roms
66–73/74 Jüdischer Krieg
132–135 Bar-Kochba-Aufstand
144 Exkommunikation Marcions
177 Christenverfolgung in Lyon
249 Opferedikt des Decius
258 Tod Cyprians
304 Opferedikt Diokletians
311 Toleranzedikt des Galerius
312 Konstantin besiegt Maxentius
324 Konstantin wird Alleinherrscher
325 Synode von Nizäa
337 Tod Konstantins
380 Christentum wird Staatsreligion
381 Synode von Konstantinopel
386 Augustin wird Christ
385 Hinrichtung Priscillians
451 Synode von Chalcedon
529 Schließung der platonischen Akademie
LITERATUR (Überblickswerke zur Kirchengeschichte der Antike): Chadwick, Henry: Die Kirche in der antiken Welt. Berlin (West) 1972. – Frank, Karl Suso: Lehrbuch der Geschichte der Alten Kirche. Paderborn 32002. – Hausammann, Susanne. Alte Kirche. Bd. 1–5. Neukirchen-Vluyn 2001–2005. – Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen. Bd. 1: Alte Kirche. Neukirchen-Vluyn 92007. – Markschies, Christoph: Das antike Christentum. München 2006. – Piepenbrink, Karen: Antike und Christentum. Darmstadt 2007.
Jesus, der Christus, und die Anfänge des Christentums
Das Christentum begann mit Jesus, aber er begründete nicht das Christentum. Jesus war kein Religionsstifter, sondern ein religiös bewegter Jude Palästinas, der in einer Zeit, als die Römer sein Land beherrschten, als Heiler und Exorzist hervortrat und den Menschen predigte: »Die Zeit ist erfüllt, und das Reich Gottes ist herbeigekommen. Tut Buße und glaubt an das Evangelium!« (Mk 1,15) Wir wissen nur wenig Zuverlässiges von Jesus und haben nur wenig Authentisches von ihm. Außerhalb der biblischen Überlieferung ist sein Auftreten nur spärlich bezeugt. Unbekannt sind Jahr, Tag und Umstände seiner Geburt. Was das Neue Testament darüber und von seiner Jugend zu berichten weiß, sind später entstandene Legenden. Jesus stammte aus Nazareth in Galiläa und war der Sohn eines Zimmermanns. Vielleicht im Jahre 28 der später, sehr viel später nach ihm eingerichteten und nach ihm benannten christlichen Zeitrechnung, hatte er Kontakt mit dem Asketen und Bußprediger Johannes, einer historisch greifbaren, auch in außerchristlichen Quellen bezeugten Gestalt, und ließ sich von ihm taufen. Danach trat er zunächst in seiner Heimat, später in Jerusalem auf und scharte Anhänger und Anhängerinnen um sich. Möglicherweise erstreckte sich sein Wirken nur über ein einziges Jahr. Kurz vor einem Passahfest wurde er in Jerusalem verhaftet, verurteilt und hingerichtet. Der römische Statthalter, Pontius Pilatus, eine ebenfalls historisch greifbare Gestalt, hatte die Fäden in der Hand und trug die Verantwortung. Die Hinrichtung war vermutlich im Jahre 30 und fand, das ist sicher, in der Form der Kreuzigung statt, einer besonders schmerz- und schmachvollen Hinrichtungsart. Die Römer richteten so Schwerverbrecher, insbesondere Aufrührer, und die Juden sahen diesen Tod als Fluchtod an, denn bei Mose war zu lesen: »Ein Aufgehängter ist verflucht bei Gott« (Dtn 21,23).
Mit Jesu Tod am Kreuz schien die von ihm ausgelöste Bewegung am Ende zu sein. Die Anhänger und Anhängerinnen zerstreuten sich. Doch nach kurzer Zeit bereits machte überraschend die Botschaft die Runde: Er lebt! Er ist nicht im Tode geblieben, sondern Gott hat ihn auferweckt! Das Geschehen lässt sich nicht rekonstruieren. Die ältesten Berichte sprechen von Erscheinungen Jesu, von visionären Begegnungen mit ihm, die einigen seiner Anhänger widerfuhren: zunächst sei er Kephas (Petrus) erschienen, danach allen zwölf Jüngern gemeinsam, ferner 500 Brüdern und Schwestern und schließlich Jakobus sowie den Aposteln (1 Kor 15). Später kamen Berichte vom leeren Grab hinzu, die aber nichts bewiesen, denn für das Verschwinden eines Leichnams konnte es verschiedene Ursachen geben.
Die Erscheinungen und Visionen, wie auch immer man sie erklären mag, waren für die Anhänger Jesu ein Grund, sich erneut für ihn zu entscheiden und sich zu ihm zu bekennen. Gleichzeitig suchten diese Menschen nach Möglichkeiten, seinen Tod am Kreuz und sein Leben neu zu verstehen, und sie deuteten die Kreuzigung als notwendiges und Heil bringendes Ereignis. Jesus selbst wurde nun von immer mehr Zeitgenossen als Christus angesehen und bezeichnet. Pointiert könnte man sagen: Das Christentum entstand, indem Jesus als Christus angesehen und als Christus verehrt wurde.
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