Kleiner Bruder Ben - Lise Gast - E-Book

Kleiner Bruder Ben E-Book

Lise Gast

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Beschreibung

Der kleine Ben ist das geliebte Nesthäkchen der ganzen Familie. Aber ganz besonders von seiner Schwester Ackus. Ben ist ihre große Liebe und ihr ganzer Stolz. Sie verwöhnt ihn sehr, aber sie bringt ihm auch vieles bei, so dass Ben andere mit seinem Wissen zuweilen überrascht.Eines Tages geschieht ein schlimmer Unfall. Ben fällt von einem Pferd und wird eine Strecke am Boden mitgeschleift. Alle sind in großer Sorge. Ben muss für eine ganze Weile im Krankenhaus bleiben. Er hat eine Gehirnerschütterung und zwei Schädelbrüche erlitten. Der Arzt hat ihm strenge Bettruhe verordnet. Doch bald ist Weihnachten und alle in der Familie wünschen sich sehr, dass Ben bis zum Fest aus dem Krankenhaus entlassen wird. Denn Weihnachten ohne Ben ist für alle undenkbar. Ackus hat auch schon eine Idee, wie sie Ben dazu bringt, dass er in seinem Bettchen bleibt, damit er schnell wieder gesund wird...In KLEINER BRUDER BEN erzählt Lise Gast die Geschichte einer Familie, die mit wenig Geld, aber viel Herz, Spaß und Freude jede Situation im Leben meistert. Ein wahres Lesevergnügen!-

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Seitenzahl: 33

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Lise Gast

Kleiner Bruder Ben

Saga

Kleiner Bruder Ben

© 1968 Lise Gast

Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen

All rights reserved

ISBN: 9788711509708

1. Ebook-Auflage, 2016

Format: EPUB 3.0

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.

SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com

Damals waren wir noch sehr arm. Vier von fünf Schwestern besaßen gemeinsam einen Mantel, und der war geschenkt. Sie mußten sich mit dem Tragen auf eine gut ausgeklügelte Art abwechseln, aber es klappte fast immer. Die fünfte brauchte keinen. Sie lief in Joppe und Hosen der Brüder herum, und wir merkten erst, daß sie noch nie ein Kleid besessen hatte, als wir zu einer Konfirmation eingeladen wurden. Abgesehen vom Taufkleidchen natürlich, in dem wir alle nacheinander einmal gesteckt haben, am bisher höchsten Feiertag unseres Lebens.

Trotzdem führten wir ein lustiges Leben. Wir bewohnten unterm Dach eines alten Klostergebäudes in Westfalen drei Räume. Einer war groß und hell, ein Giebelzimmer mit breitem Fenster, die beiden anderen rechts und links winzige Schlafkämmerchen. Eine Küche haben wir uns später selbst dazu gebaut. Das war eine Zeit! Alles voll Bauschutt und Sägespäne, die großen Jungen hämmerten und klopften, und als Tür bekamen wir vom Gutsherrn eine noch wenig gebrauchte Stalltür geschenkt. Dafür aber wurde unsere Küche die gemütlichste der Welt. Großmutter saß mit dem Strickzeug dort und paßte auf die Schularbeiten der Kleinen auf – meist waren es nicht nur unsere, sondern noch etliche aus dem Dorf –, und von nebenan hämmerte Mutters Schreibmaschine. In dieser Küche haben wir nicht nur gekocht, gebacken und gewaschen, sondern auch geschneidert, gespielt, getanzt und Gäste bewirtet.

Wenn unser Lehrer zur Klavierstunde kam, gab es hinterher ein großes Kaffeetrinken in der Küche. Dabei spielten wir Zitateraten oder „Zwanzig Fragen“, und es gab großes Hallo, wenn einer von uns dem Lehrer ein Schnippchen schlagen konnte. Einmal wußte er nicht, aus welchem Gedicht die Zeilen stammen: „Ein alter Oberst erzog mich und sagte dabei: Ich lehre dich Gottesfurcht und Reiterei.“

Wir sind mit den wunderbaren Balladen Münchhausens, des letzten ritterlichen Dichters, groß geworden, weil Mutter ihn noch gekannt hat und schätzt, und können viele seiner Gedichte auswendig. Das war ein Sieg? Alles, was nit Pferden zusammenhängt, ist in unserer Familie nun einmal wichtig.

Mit einem Pferd passierte dann auch der Unfall. Es war ein schlimmer, deshalb nannten wir ihn schlicht, „den Unfall“. Kleine Unfälle kamen bei uns öfter vor, wie das in großen Familien üblich ist. Eine von uns flog vom Rad und riß sich den Oberschenkel auf, eine fuhr in ein langsam fahrendes Auto und kam mit einer geschwollenen Nase heim, daß wir sie kaum wiedererkannten. Das war Ackus. Ackus war die wildeste von uns. Eigentlich heißt sie Angelika. Aber das bedeutet „Engel“, und ein Engel ist sie nie gewesen, das klingt so ein bißchen nach Kitsch und Lockengold. Hellblond, sprühend vor Temperament, mit dunkelblauen Augen, hätte sie gut ein Junge sein können, zumal sie sportlich alle andern übertraf. Großmutter hat sie einmal beobachtet, als sie im Gutshof Fußball spielte, vier Stunden lang. Ihre Partner wechselten laufend, sie hielten ihr Tempo nicht durch. Wenn mal keiner da war, kickte sie den Ball senkrecht an der Klostermauer hoch und stoppte ihn wieder ab, pausenlos. Einmal flog er in den Hundezwinger. Keiner der gerade anwesenden Dorfjungen traute sich, ihn wieder herauszuholen. Ackus ging hinein, nahm den Ball, faßte den Hund, der natürlich mit hinauswollte, am Nackenfell und ging rückwärts, freundlich, aber streng mit ihm sprechend. Es war ein großer Schäferhund mit scharfem Gebiß; und die Hunde, die im Zwinger sein müssen, sind fast immer bissig. Großmutter sagte, sie habe noch eine Viertelstunde hinterher eine Gänsehaut gehabt.