Kleopatras Wunderlampe und das Hightech-Wissen der Pharaonen - Reinhard Habeck - E-Book

Kleopatras Wunderlampe und das Hightech-Wissen der Pharaonen E-Book

Reinhard Habeck

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Beschreibung

Und sie leuchteten doch!
Neues zu den Glühbirnen von Dendera und dem Geheimwissen der Pharaonen

Kannten die alten Ägypter Elektrizität? Besaßen ihre Priester sogar Glühlampen? Provokante Fragen, die der Mysterien-Experte Reinhard Habeck in den 1980er-Jahren, gemeinsam mit Peter Krassa und Elektroingenieur Walter Garn, populär machte.

Sichtbare Indizien liefern vor allem erstaunliche Reliefs aus der Zeit von Königin Kleopatra im Hathor-Tempel von Dendera. Sie erinnern frappant an moderne Leuchtkörper und dienten als Vorlage für die originalgetreue Rekonstruktion einer funktionstüchtigen Gasentladungslampe.

Technologien, die es eigentlich nicht geben dürfte

Die Kontroverse um das Licht der Pharaonen erhitzt bis heute die Gemüter. Von ägyptologischer Seite gibt es ein Dutzend verschiedene Deutungen, was die Objekte darstellen sollen.

Ein imaginärer Sonnenzyklus oder doch elektrische Entladungen und antikes Hightech-Wissen?

Neue brisante Studien zu »Kleopatras Wunderlampe « sowie bisher vernachlässigte Indizien und aktuelle Laborexperimente belegen eindrücklich in Wort und Bild: Die altägyptischen Tempelpriester besaßen schon vor Jahrtausenden jene Energiequelle, die in Europa erst im 19. Jahrhundert wiederentdeckt worden ist: Elektrizität!

Technische Unterstützung fand der Autor im Hochvakuum-Spezialisten Herbert K. Fuchs, der mit aktuellen Plasmaexperimenten neue Erkenntnisse liefert.

Hochtechnologie im alten Ägypten

Reinhard Habeck beleuchtet aber auch die brisante Frage, wer für den gigantischen technischen Entwicklungsschub des Pharaonenreiches verantwortlich war. Denn es war keineswegs so, dass die Region am Nil kulturell und technisch stetig ein höheres Niveau erreicht hätte. Genau das Gegenteil ist der Fall:

Die ausgefeilteste Technik stand bereits am Anfang der Geschichte des Pharaonenreiches. Im Laufe der Zeit ging das Niveau immer weiter zurück. Das ist ein zentrales Ergebnis von Reinhard Habecks 40-jähriger Forschungsarbeit.

Illustriert ist Habecks neues Buch eindrucksvoll mit aktuellem, historischem und exklusivem Bildmaterial.

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1. Auflage September 2023

Copyright © 2023 bei Kopp Verlag, Bertha-Benz-Straße 10, D-72108 Rottenburg

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Christina Neuhaus Satz und Layout: Lilly Stühle Covergestaltung: Nicole Lechner

ISBN E-Book 978-3-86445-962-7 eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

Gerne senden wir Ihnen unser Verlagsverzeichnis Kopp Verlag Bertha-Benz-Straße 10 D-72108 Rottenburg E-Mail: [email protected] Tel.: (07472) 98 06-10 Fax: (07472) 98 06-11

Unser Buchprogramm finden Sie auch im Internet unter:www.kopp-verlag.de

In Gedenken

an zwei Gefährten und Co-Autoren, die anno 1982 erstmals das

Licht für den Pharaozum Leuchten gebracht haben:

Peter Krassa (1938–2005) undDipl.-Ing. Walter Garn (1940–2010)

Ägypten ruft!

Prof. Dr. Ahmed M. Osman
Ägypten ruft!

Ägypten ist kein historisches Land, Ägypten kam zuerst, dann kam die Geschichte.

Nagib Machfus (1911–2006) Ägypt. Schriftsteller, Literaturnobelpreisträger und »Urvater« des arabischen Romans

Als Ägyptologe lernt man nie aus. Ein Leben reicht nicht, um Geschichte und Kulturen von Jahrtausenden zu kennen, zu durchschauen und zu beschreiben. Ich möchte zumindest versuchen, durch meine Arbeit und Forschung Antworten auf Fragen der Archäologie zu finden. Deshalb habe ich 1987 an der Universität in Sohag ein Studium der Ägyptologie aufgenommen, habe 2007 an den Universitäten in Tübingen und Alexandria promoviert, war Direktor der Abteilung »Rückführung von Antiquitäten« in der Antikenverwaltung in Kairo und habe viele Jahre am Giseh-Plateau, in Heliopolis und in Sakkara gearbeitet. Heute bin ich Professor an der Kairoer Misr University for Science and Technology und leite die Ausgrabungsstätte Tabet El-Gesh El-Sharkia, südlich der Stufenpyramide von König Djoser.

Im letzten Jahr ist es mir mit meinem Team geglückt, bedeutende Artefakte aus dem Neuen Reich freizulegen. Wir stießen auf das Grab einer alten Frau in einem farbenprächtigen Sarkophag sowie auf die Überreste eines Tempels, der der Himmels- und Liebesgöttin Hathor geweiht war. Die Entdeckung mit bislang 256 einzelnen königlichen Fundstücken ist deshalb außergewöhnlich, weil in der Nekropole von Sakkara üblicherweise nur Gräber und Ruinen von Mastabas und Pyramiden gefunden werden.

Ägyptologen sind in der Lage, aus den vorhandenen Spuren die Großartigkeit der ägyptischen Königreiche zu rekonstruieren – von den Anfängen der frühdynastischen Ära und dem Alten Reich bis hin zur griechischen Epoche der Ptolemäer und der erfolgten Eroberung durch die Römer. Dennoch bereitet es noch heute Schwierigkeiten, Licht in das Dunkel unserer Vergangenheit zu bringen. Die Erforschung der altägyptischen Kultur ist eine junge Wissenschaft. Einiges ist nach wie vor unverstanden. Manchmal ist man auf Vermutungen angewiesen, da greifbare Informationen für eine gesicherte Bewertung fehlen. Das betrifft nicht nur verschüttete Zeugnisse unter dem Wüstenboden. In den Schubladen vieler Museen lagern Abertausende Papyri, deren Inhalt wir nicht kennen, weil die Texte noch nicht übersetzt worden sind. Wäre bereits alles entziffert und geklärt, bräuchte es keine Forschung mehr. Mit jeder neuen Entdeckung, und sei es auch nur ein kleines Bruchstück, gewinnen wir neue Erkenntnisse, die bisherige Annahmen bestätigen oder widerlegen können. In den letzten 200 Jahren ägyptologischer Forschung haben wir viel über die altägyptische Kultur, Kunst und Schrift in Erfahrung bringen können.

Wir müssen uns aber auch ehrlich eingestehen, dass wir bis heute noch keine plausible Erklärung für viele Rätsel gefunden haben. Achtlos gehen Touristen an der Ostseite der Cheopspyramide an gewaltigen schwarzen Basaltblöcken vorbei. Es sind Steine des Fundaments vom königlichen Totentempel. Bei genauerer Betrachtung erkennt man Sägespuren und Bohrlöcher. Sie stammen nachweislich aus dem Alten Reich. Eisengeräte hat es unseres Wissens damals aber noch nicht gegeben. Die Erklärung, das Hartgestein sei mit herkömmlichen Kupferwerkzeugen bearbeitet worden, ist denkbar, aber nicht ganz überzeugend. Welche Methoden und Gerätschaften kamen damals zur Anwendung? Niemand kann es mit Sicherheit sagen. Wir wissen auch nicht, wie die 1000 Tonnen schwere Sitzstatue von Ramses II. den ursprünglichen Transportweg von Assuan nach Westtheben ins Ramesseum geschafft hat. Allein ein Ohr der Rosengranitstatue war 1 Meter lang! Heute sind nur noch zerschlagene Überreste des kolossalen Monuments am Standort vorhanden.

Nicht weniger unglaublich: Wie gelangten die beiden sitzenden Memnonkolosse an ihren heutigen Platz, ebenfalls in Westtheben? Jeder Gigant wiegt rund 720 Tonnen und wurde aus einem einzigen gewaltigen Quarzitblock gefertigt. Rechnet man die nicht mehr vorhandenen Kronen in die Größe mit ein, müssten die Statuen einst 21 Meter hoch gewesen sein. Eine Inschrift besagt, dass die Monumente aus dem Steinbruch am östlichen Nilufer bei Heliopolis stammen. Das bedeutet eine gewaltige Wegstrecke von 700 Kilometern und mehr. Nach anderer Quelle stammen die Kolosse aus Assuan. Das wäre immerhin noch eine Entfernung von etwa 200 Kilometern. Wie hat der Schwertransport in der Praxis funktioniert? Welche Technik kam zu Zeiten von König Amenophis III. im 14. Jahrhundert v. Chr. zum Einsatz?

Selbst die mächtige Cheopspyramide von Giseh, eines der bestuntersuchten Gebäude der Welt, hat noch lange nicht all ihre Geheimnisse gelüftet. Im März 2023 konnte ein internationales Forscherteam mittels Endoskop und Fotobeweis bestätigen, dass oberhalb des ursprünglichen Eingangs ein mindestens 9,50 Meter langer und über 2,10 Meter hoher Korridor existiert, den man bisher nur aufgrund der Myonen-Tomografie vermutet hatte. Ein weitaus größerer Hohlraum mit etwa 30 Metern Länge wurde im Zuge des »ScanPyramids«-Projekts über der Großen Galerie lokalisiert. Wozu diente er? Wie kann er erforscht werden? Gibt es einen noch unentdeckten Zugang? Was erwartet uns am Zielort? Eine leere Höhlung? Oder die Schatzkammer von König Cheops? Das wäre eine Weltsensation! Was wir gesichert wissen: Ganz Ägypten ist ein großartiges Freilichtmuseum, das uns mit seinen gewaltigen Hinterlassenschaften und reich geschmückten Gräbern immer wieder aufs Neue sprachlos macht und in Staunen versetzt!

Das vorliegende Buch widmet sich solchen ungelösten und staunenswerten Fällen der Ägyptologie. Autor ist der vielseitige Österreicher Reinhard Habeck. Wir kennen uns seit 2015, als wir gemeinsam für den deutschen Reiseveranstalter Kopp & Spangler eine Rundreise gestalteten, die uns nördlich von Luxor auch zum Hathor-Tempel von Dendera führte. Dort befinden sich berühmte Reliefdarstellungen aus der Zeit von Cäsar und Kleopatra, die Habeck seit Ende der 1970er-Jahre kühn als Wiedergaben »elektrischer Leuchten« interpretiert. Auch wenn ich seiner »Elektrothese« nicht folgen kann und die außergewöhnlichen Motive religiös-kultisch im Sinne ägyptologischer Sichtweise einordne, unterstütze ich sein Projekt gerne.

Der Grund ist einfach: Forschung lebt von einer freien Debattenkultur ohne Dogma und Rechthaberei. Reinhard Habeck ist kein studierter Wissenschaftler, kein Archäologe und kein Ägyptologe, aber er hat alle Eigenschaften, die einen guten Forscher auszeichnen: Neugierde, Fantasie und Wissensdurst! Ein echter Wissenschaftler wird niemals satt. Er will stets mehr wissen. Reinhard Habeck ist trotz seiner 28 Sachbücher bescheiden geblieben und immer noch »hungrig«. Er will den alten Mysterien auf den Grund gehen, hinterfragt die Geheimnisse unserer Urahnen und versucht der Wahrheit möglichst nahe zu kommen. Die Thesen des Autors sind fantastisch und umstritten. Besonders in akademischen Kreisen rufen sie Widerstand hervor.

Was ich bei der Kontroverse um Pro und Kontra an Reinhard Habeck sehr schätze: Er lässt andere Sichtweisen zu und berücksichtigt in seinen Studien auch die Argumente der Kritiker. Seiner Leserschaft bleibt es freigestellt, selbst zu beurteilen, welchen Spekulationen und Indizien mehr Glauben zu schenken ist. Man kann den Ideen des Autors folgen, sie für überzeugend halten oder als Unsinn abtun. Reinhard Habeck liefert interessante Denkanstöße, erhebt jedoch nicht den Anspruch, im alleinigen Besitz der Wahrheit zu sein. Nur wer die gewaltigen Pyramiden und Steinwunder, die farbenprächtigen Gräber und Göttertempel, die unvergleichlichen Zeugnisse und Pharaonenschätze hautnah gesehen und erlebt hat, kann lernen, Ägypten zu verstehen!

Reinhard Habeck macht genau das. Er ist kein Schriftsteller, der immerzu vor dem Schreibtisch sitzt und sein Wissen ausschließlich aus verstaubten Bibliotheken schöpft. Habeck will jene rätselhaften Relikte, über die er in seinen Büchern spannend berichtet, mit eigenen Augen sehen und überprüfen. Das macht seine Arbeit authentisch. In diesem Sinne begreife ich Kleopatras Wunderlampe als zündenden Geistesfunken, der zum Nachdenken anregt und unsere Fantasie beflügelt. Gleichzeitig ist sein Buch eine leuchtende Einladung an alle Leserinnen und Leser: He, was ist los? Liebe Leute, kommt nach Ägypten! Geht selbst auf mystische Spurensuche und entdeckt die letzten Geheimnisse der Pharaonen! Inschallah – wenn Allah will!

Prof. Dr. Ahmed Mostafa OsmanMisr University for Science and Technology Kairo-Giseh, 12. Februar 2023

Anstoß in eigener Sache

Reinhard Habeck
Anstoß in eigener Sache

Ich bin eine Idee, in Fleisch gehüllt, die aus dem Bauch des Himmels entsprang. Wie ein Falke fliege ich über das Bekannte hinaus in das Reich des Unbekannten.

Ägyptisches Totenbuch, Sammlung von Beschwörungsformeln, um 2500 v. Chr.

Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Wer meine Bücher und Studien kennt, weiß, dass ich ein Freund der Fantastik bin. Ich stöbere gerne sonderbare Dinge auf, die es gemäß strenger Lehrmeinung eigentlich gar nicht geben dürfte. Elektrische Glühlampen im alten Ägypten gehören dazu.

Mein Debüt als literarischer Hobbyarchäologe begann 1982. Damals stellte ich gemeinsam mit Peter Krassa im Sachbuch Licht für den Pharao provokante Fragen: Kannte man im Altertum bereits elektrischen Strom? Besaßen Priester – die Wissenschaftler des Pharaonenreiches – Geräte, um Elektrizität nutzbar zu machen? Der Verdacht keimte schon 1979 in mir auf und erhärtete sich dann ein Jahr später gemeinsam mit Peter Krassa direkt vor Ort im Hathor-Tempel von Dendera. Die Anlage liegt knapp 2 Autostunden entfernt nördlich von Luxor. Was es dort in der Heimstätte der Göttinnen Hathor und Isis sowie der Königin Kleopatra zu sehen gibt, verblüfft jeden aufmerksamen Besucher.

Das gilt vor allem für die Reliefdarstellungen in den Krypten und an den Tempelwänden in einer Kapelle im Parterre, die ungewöhnliche blasenförmige Gebilde zeigen. Im Inneren der Kolben winden sich Schlangen empor. Die birnenartigen Objekte werden von Priestern gehalten und ruhen in Schräglage auf Stützen mit Streben. Ägyptologen bezeichnen letztere als Djed-Pfeiler, dem altägyptischen Symbol für »Dauer und Beständigkeit«. Technologisch orientierte Betrachter vermeinen Hochspannungsisolatoren zu erkennen. Die antiken Abbilder erinnern frappierend an moderne Leuchtkörper, ähnlich unseren Glühbirnen. Blanker Zufall oder antikes Hightech-Wissen?

Peter Krassa und ich baten den international tätigen Elektrofachmann und Ingenieur Walter Garn um seine fachkundige Einschätzung. Graue Theorie war nicht seine Welt. Er wollte es immer akribisch genau und überprüft wissen: »Ich bin mir sicher, dass in diesen symbolischen Darstellungen ein technischer Kern steckt!« Garn war der erste versierte Praktiker, der getreu den altägyptischen Vorbildern zwei funktionstüchtige Modelle baute. Eines zeigt eine elektrische Entladung in einem Glaskörper. Es ist jene Rekonstruktion, die als »pharaonische Gasentladungslampe« oder kurz Garn-Lampe, Berühmtheit erlangte. 1992 folgte mit Das Lichtder Pharaonen ein neues Buch zum gleichen Thema. Es sorgte in der Debatte um das mögliche Elektrowissen der alten Ägypter für neuen Zündstoff.

Verständlicherweise rief die »Elektrothese« von Anfang an Kritiker auf den Plan. Bis heute hält eine hitzige Kontroverse dazu an. Von ägyptologischer Seite gibt es ein gutes Dutzend verschiedener Deutungen, was die Objekte in Dendera darstellen sollen. In jüngerer Zeit hat sich die Idee des »imaginären Sonnenzyklus« durchgesetzt. Demnach stehen die eigentümlichen Wandreliefs in direktem Zusammenhang mit »verschiedenen Vorstellungen des Sonnenlaufs«.

Sind mit der »Sonnenerleuchtung« wirklich alle Unklarheiten beseitigt? Übersetzungen der Dendera-Hieroglyphen liegen seit 1991 mit der Dissertation von Dr. Wolfgang Waitkus vor. Von der Elektrothese hielt der Ägyptologe schon damals nichts. Dennoch war der Fachgelehrte bereit, uns Auszüge seiner wissenschaftlichen Arbeit zur Verfügung zu stellen. Wir konnten damit in unserer Studie erstmalig die aktuellen ägyptologischen Erklärungen zu den »Glühlampen von Dendera« mitberücksichtigen. Nach offizieller Lesart kommt aus der Mittelspitze einer Lotosblüte der Schlangengott Harsomtus als »lebender Ba« hervor und »richtet sich auf seinem Schwanz auf«. Dann zeigt sich die Erscheinung »in der erhabenen Vollkommenheit ihres Ka«. Die Szene wird als »aufsteigende Sonne in Gestalt der Schlange Harsomtus« interpretiert, die sich in einer länglichen »Blase« befindet.

Interessant dabei ist, dass das Wort »Ba« übersetzt wird mit »Bewegungsseele« oder »Erscheinungsform eines Wesens«. Und von »Ka« wissen wir, dass es gleichgesetzt wird mit »Lebenskraft, Zauberkraft und Mächtigkeit«. Ist man bereit einzuräumen, dass die Gestalt der »leuchtenden Schlange« auch Sinnbild einer »elektrischen Entladung« sein kann, ergibt die elektrotechnische Deutung einen einleuchtenden Sinn!

Weitere Studien unseres »Elektro-Trios« mussten ausbleiben. Das hatte leider gravierende Gründe: Peter Krassa verstarb 2005, Walter Garn 2010. Inzwischen liegen neue Untersuchungen und Erkenntnisse vor – von ägyptologischer wie auch von technischer Seite, und selbst die experimentelle Forschung zum Thema ist nicht stehengeblieben.

Wertvolle Beiträge dazu liefert aktuell der Mechatronikspezialist Herbert K. Fuchs, der sich durch zahlreiche Patente auf dem Gebiet der Hochtechnologie und Forschung einen Namen gemacht hat. Der Experte für Hochvakuumtechnik hat das Garn-Modell in seiner oberösterreichischen Heimatstadt Gmunden restauriert, umgebaut und mit neuen Erkenntnissen wieder zum Leuchten gebracht. Seine Studien mit erweiterten Laborexperimenten verliefen vielversprechend. Die Schlüsse daraus werden im vorliegenden Buch erstmals erörtert.

Den Gesamtkontext in einer Streitfrage im Auge zu behalten, ist immer wichtig. Freilich gibt es nach Jahrzehnten neuer Erkenntnisse kompetente Kritik in Detailfragen. Dennoch halte ich es für übereilt, die These um antikes Wissen zur Kraftquelle Elektrizität in Bausch und Bogen abzulehnen. Die lange Menschheitsgeschichte hat uns gelehrt, dass es selten nur eine einzige unumstößliche Wahrheit gibt. Die Wandreliefs von Dendera erlauben durchaus abweichende Sichtweisen. Der studierte Ägyptologe, der gegenüber aufmüpfigen »Querdenkern« das Privileg genießt, die Hieroglyphen lesen zu können, deutet die Darstellungen traditionell religiös-mythologisch. Der akribische Techniker, ebenso ein Fachgelehrter auf seinem Spezialgebiet, erkennt einen technologischen Inhalt, der mit »Zufälligkeiten« allein nicht erklärbar scheint. Oder der Energetiker und Esoteriker: Er wird in den Bildern vielleicht feinstoffliche und spirituelle Energien erblicken. Fällt Ihnen etwas auf? Egal welcher Deutung man folgt, die Faktoren Licht und Energie schwingen bei der Debatte immer mit!

Mit dem vorliegenden Buch will ich nun nach 30 beziehungsweise 40 Jahren Wahrheitssuche eine Bilanz ziehen. Ich tue das mit persönlichen Erinnerungen an erlebte Abenteuer sowie mit neuen Denkanstößen anhand aktueller Fakten und Erkenntnisse. Wie bei vorangegangenen Titeln möchte ich meine Leserschaft ins alte Ägypten entführen und mitnehmen auf eine abwechslungsreiche Entdeckungsreise. Dazu lasse ich Forscher verschiedenster Fachrichtungen zu Wort kommen. Vertreter streng orthodoxer Lehren sind genauso dabei wie tollkühne Utopisten.

Denn Hand aufs Herz: Wie gesichert ist das Geschichtsbild unserer Vergangenheit? Verlief der Aufstieg unserer Zivilisation wirklich immer konstant, oder gab es vielmehr ein Auf und Ab in der Menschheitsentwicklung? War die Welt unserer Ahnen vielleicht ganz anders, als es uns die herrschende Auffassung des klugen Homo academicus lehrt? War alles womöglich fortschrittlicher und fantastischer? Sind viele Errungenschaften der Neuzeit letztlich nur Wiederentdeckungen aus einer längst verlorenen Zeit? Gehören Hightech-Wissen und die Nutzbarmachung von elektrischem Strom dazu?

Für Hochspannung ist nicht nur bei den Pharaonen gesorgt!

Viel Lesevergnügen mit anregenden Geistesblitzen wünscht

Reinhard HabeckWien, im Mai 2023

© Elvira Schwarz

Übernachtung in der Cheopspyramide: Reinhard Habeck mit Dr. Ahmed Osman im Grabräubertunnel al-Ma’mūn

Teil 1: Vernachlässigte Pharaonenschätze

Teil 1
Vernachlässigte Pharaonenschätze

»Wir kennen Ägypten nicht, wir bilden uns nur ein, es zu kennen.«

Sir Howard Carter (1874–1939) Brit. Archäologe, entdeckte 1922 das Grab des Tutanchamun

© Adobe Stock:

Erdgeschoss des Ägyptischen Museums in Kairo mit Blick auf die Doppelsitzstatue von Amenophis III. und seiner Frau Teje

Mysteriöse Museumsfunde, sonderbare Schlangensteine und Tutanchamuns E.T.-Exponate

Nachforschung in Kairo

Nachmittag, 6. Februar 2023. Mit Partnerin Elvira hebe ich in Wien himmelwärts ab. Nach dreieinhalb Stunden Flugzeit landen wir in der Millionenmetropole am Nil. Spontan haben wir uns für das vorliegende Buch zu einem letzten Recherchetrip entschlossen. Am Ausgang des Airports erwartet uns bereits gut gelaunt Dr. Ahmed M. Osman. Dem großzügigen Angebot, während unseres Aufenthaltes in seinem Haus in Giseh zu nächtigen, sind wir gerne gefolgt. Der hochgeschätzte Professor der Ägyptologie ist ein Vertreter der klassischen Archäologie. Er kennt die bewegte Geschichte seiner Heimat lückenlos. Was den gelehrten Ägypter so sympathisch macht: Berührungsängste gegenüber alternativen Denkern und Sonntagsforschern sind ihm fremd. Wir kennen und schätzen uns seit vielen Jahren, waren gemeinsam abseits touristischer Pfade unterwegs und erkundeten zur nächtlichen Geisterstunde die Kammersysteme der Cheopspyramide.

Bei unserer Ankunft zeigen sich am Horizont dunkle Regenwolken. Für Ägypten eher untypisch. Es ist recht frisch und windig bei Temperaturen um die 15 Grad. Badehose und Sonnenhut hätten daheimbleiben dürfen. Unsere Taxifahrt zum Zielort am südwestlichen Stadtrand zieht sich hin. Kairo zeigt sein altbekanntes Gesicht: Auf den Straßen ein Gewirr von Abertausenden Autos und schrottreifen Vehikeln, die in Stau und Abgasen versinken. Hier gehört das Verkehrschaos zur täglichen Ordnung. Wüstenstaub liegt ständig in der Luft, Ampeln und Zebrastreifen kennt man nicht. Hauptsache, der Fahrer besitzt eine möglichst laute Hupe und bringt viel Geduld mit. Ahmed seufzt: »Sachma ketir!« – viel Verkehr! Eines der ersten arabischen Wörter, die Gäste in Kairo zu hören bekommen.

Die vierte Pyramide von Giseh

»Was wollt ihr sehen?«, fragt unser Guide. »Natürlich das neue Grand Egyptian Museum (kurz GEM genannt), das größte archäologische Museum der Welt!« Kurze Denkpause, dann die Hiobsbotschaft: »Leider ist das große Giseh-Museum nach wie vor geschlossen.« Bei den Göttern, das darf doch wohl nicht wahr sein! Vor über 2 Jahrzehnten, genauer gesagt am 5. Januar 2002, legte der damalige Staatspräsident Hosni Mubarak den Grundstein zur »vierten Pyramide von Giseh«. Seither wird an diesem teuersten Kulturprojekt der Neuzeit gebaut: Es soll sich über 500000 Quadratmeter erstrecken. Die Hälfte nehmen überdachte Ausstellungshallen ein, in denen an die 100000 Artefakte von der Ur- bis zur griechisch-römischen Geschichte präsentiert werden. Viele Tausende davon hat die Welt nie zuvor gesehen, darunter das 16 Meter lange Totenbuch-Papyrus WaziriI, das im Mai 2022 in Sakkara entdeckt wurde. Zu den Prunkstücken des GEM zählen vor allem sämtliche der rund 5400 königlichen Grabbeigaben von Tutanchamun aus dem Tal der Könige. Rund ein Drittel von ihnen konnte im überfüllten Ägyptischen Museum am Tahrir-Platz nicht ausgestellt werden oder war noch nicht restauriert worden.

Nach etlichen Verzögerungen hatte es 2015 vollmundig geheißen, die neue Tourismusattraktion werde im Jahr 2018 teileröffnet. Seither wird der Termin jedes Jahr aufs Neue verschoben. Dann, als es endlich so weit schien, vereitelten die strengen Maßnahmen zur Covid-19-Pandemie das Vorhaben oder dienten zumindest als gute Ausrede. Ägyptenreisende wurden auf das Jahr 2022 vertröstet. Ein Datum, das sich erneut als Fata Morgana entpuppte. Ahmed lacht: »In diesem Jahr muss das Museum eröffnet werden! Garantiert!«

Wer das glaubt, schön und gut. Eine Falafel möchte ich nicht darauf verwetten. Viel zu sehen gäbe es derzeit ohnedies nicht, versichert der Ägypter, bestenfalls ist in einer »Testphase« der Zutritt zum Atrium mit der 12 Meter hohen Kolossalstatue von Ramses II. aus Assuan möglich und ein Rundgang zum Konferenzzentrum sowie den Außengärten. Die wirklichen Highlights, darunter die Goldschätze von Tutanchamun, werden erst zur offiziellen Einweihung des neuen Weltwunders zu sehen sein.

Altbewährtes im neuen Glanz

Die Dämmerung bricht herein, als wir auf der Cairo-Alexandria Desert Road am Grand Museum vorbeifahren. Der nördlich gelegene Eingangsbereich wirkt fabrikneu und einladend. Die Außenwände des Museums sind so ausgerichtet, dass großzügige Sichtachsen in Richtung der Pyramiden entstehen. Sobald wir jedoch das Ende des fast 1 Kilometer langen Palastes aus Glas-, Alabaster und Beton erreichen, offenbart sich ein düsteres Bild. Dort, wo Besucher über einen knapp 2 Kilometer langen Fußmarsch direkt zu den Pyramiden gelangen sollten, tut sich unverändert eine gewaltige Baustelle auf. Teileröffnung, ja. Eine komplette Fertigstellung in naher Zukunft jedoch scheint mir im wahrsten Sinne des Wortes noch nicht in Stein gemeißelt.

Fakt ist, sobald die Pforten des GEM geöffnet sind, wird es zur Touristenattraktion Nummer eins werden. Lohnt sich dann überhaupt noch der Besuch im alten Ägyptischen Museum? Was geschieht mit den etwa 150000 Fundstücken, die in altmodischen Holzkästen und in überfüllten Sälen und Magazinen lagern? Welche Exponate werden ihren angestammten Platz behalten dürfen? Naht womöglich das Ende des Museums am Kairoer At-Tahrir-Platz? In den letzten Jahren lockte das 1900 im neoklassizistischen Stil erbaute Meisterwerk vor allem mit Öffnungszeiten am Abend. Dieser Einladung sind meine Gefährtin und ich mehrmals gefolgt. Der Besuch ermöglichte uns ein fast menschenleeres und ungestörtes Lustwandeln zwischen den dichtgedrängten Altertümern.

Die reiche Sammlung ist eine wahre Fundgrube an geschichtlichen Unglaublichkeiten, auch wenn sich viele Schaustücke zuletzt dem Publikum verhüllt präsentierten, ins Depot gewandert sind oder direkt ins neue Museum ausgelagert wurden. Was geschieht nun mit den übrigen Beständen? Ziehen sie demnächst ebenfalls ins GEM um? Meine Sorge gilt vor allem jenen mysteriösen Artefakten, die mir bereits beim Erstbesuch als Jungspund aufgefallen waren und für Prä-Astronautik-Fans von besonderem Interesse sind. Dazu zählt die »Taube von Sakkara«, die einige Charakteristika besitzt, die dem Modell eines Segelflugzeugs gleichen. Oder die wundersame »Scheibe von Prinz Sabu«. Auch sie erinnert verblüffend an ein technisches Objekt aus unseren Tagen. Werden die kuriosen Exponate im großen Giseh-Museum einen würdigen Platz finden oder irgendwann in verstaubten Kellerarchiven vergessen sein?

© Elvira Schwarz

Februar 2023: Das neue Giseh-Museum wirkt in Teilbereichen noch unfertig

Aus dem Munde des Ägyptologen Ahmed kommen beruhigende Worte: »Das Museum wurde renoviert und bleibt geöffnet! Es sind dort viele einzigartige Stücke verblieben, die nun dank des gewonnenen Platzes umso besser ausgestellt sind, auch die Sakkara-Taube und die Sabu-Scheibe. Soweit bekannt, sollen diese Exponate im alten Gebäude verbleiben. Andere Schätze, wie die Goldmaske von Tutanchamun, sind derzeit noch ausgestellt, werden aber im Zuge der Eröffnung den Weg ins neue Museum finden.« Eine willkommene Nachricht für alle Mystery-Fans. Sie fordert geradezu dazu auf, die lieb gewonnene Wunderkammer erneut zu besichtigen.

Entweihter Pharaonenpalast

Das alte Ägyptische Museum liegt in der Innenstadt von Kairo am symbolträchtigen Maidan at-Tahrir, dem »Platz der Befreiung«. Im Februar 2011 lag hier das Zentrum der regimekritischen Bewegung gegen die totalitäre Regierung. Die Massenproteste führten zum Sturz des Machthabers Husni Mubarak. Es folgten freie Wahlen, bei denen Vertreter der Muslimbruderschaft als Sieger hervorgingen. Doch von echter Demokratie wollten die gottesfürchtigen Islamisten nichts wissen. Das Ziel der allmählichen Islamisierung der Gesellschaft stieß nicht bei allen Ägyptern auf Gegenliebe. Was nachkam, ebenso wenig: Der »Arabische Frühling« scheiterte, und der Geheimdienstchef General Abdel Fatah el-Sisi putschte sich 2013 mithilfe des Militärs an die Macht. Unter vorgehaltener Hand flüstern mir leidgeprüfte Einheimische zu, dass die Repressalien unter der jetzigen Präsidentschaft schlimmer geworden seien als unter der Vorgängerherrschaft.

Die Wirren der Revolte nutzten Plünderer ungeniert für ihre Beutezüge. Im Museum wurden Mumien und andere altägyptische Relikte zerstört oder verschwanden spurlos. Selbst die Grabbeigaben von Pharao Tutanchamun verschonten die Vandalen nicht. Direktorin Wafaa el-Saddik, die bis 2010 oberste Schatzhüterin des Museums war, machte Polizei und Sicherheitskräfte für die Untaten verantwortlich: »Das waren die Wächter des Museums, unsere eigenen Leute«, so el-Saddik. Teile der gestohlenen Kostbarkeiten von Tutanchamun tauchten später wieder auf, allerdings in stark beschädigtem Zustand, darunter eine hölzerne Statue und ein Fächer des Pharao.

Schatzsucher, Schützer und Schleichhändler

Diebstahl aus dem Museum? Eigentlich paradox. Denn als im 19. Jahrhundert der Raub von altägyptischen Grabschätzen und ihre unerlaubte Ausfuhr immer dreister wurden, beschloss die Regierung den Bau einer großen Museumsstätte, um den kulturellen Frevel zukünftig zu unterbinden. Dafür machte sich der 1821 in Boulogne-sur-Mer geborene französische Ägyptologe Auguste Mariette stark. Als Kurator des Louvre wurde er 1850 nach Ägypten entsandt, um koptische Manuskripte aufzuspüren und zu erwerben. Doch Ausgrabungen begeisterten den jungen Franzosen weitaus mehr; ihn ergriff die Abenteuerlust. Fortan entfaltete er eine emsige Grabungstätigkeit, die unter anderem zur Freilegung des Serapeums in Sakkara führte. Eigenmächtig und ohne behördliche Genehmigung fing er an zu buddeln und entdeckte tatsächlich die Begräbnisstätte der Apis-Stiere. Ihre Sarkophage haben gigantische Ausmaße, wiegen mit ihren Abdeckungen bis zu 100 Tonnen und wurden leer aufgefunden. Griechische Gelehrte hatten schon in der Antike über das unterirdische Totenreich berichtet, doch alle Bemühungen, den Eingang aufzuspüren, verliefen jahrhundertelang buchstäblich im Sand.

An der Freilegung der Hathor-Kultstätte in Dendera war Mariette ebenfalls maßgeblich beteiligt. Mit feinem Strich, nur unter schwachem Schein von Öllampen, kopierte er ab 1859 fleißig und akribisch die unbekannte Unterwelt der Tempelanlage. Unter den transkribierten Texten und Bildern sind auch jene ungewöhnlichen Reliefdarstellungen, die heute als »Glühbirnen von Dendera« für hitzige Debatten sorgen. Mariette hat seine Studien erst Jahre später, 1870, in seinem fünfbändigen Werk über Dendera veröffentlicht. Die Wälzer enthalten keine Fotos, nur Zeichnungen, sind aber Ägyptologen und alternativen Forschern noch heute eine wertvolle Quelle. Im 19. Jahrhundert steckte die Fotografie noch in den Kinderschuhen, und auch das Wissen um elektrischen Strom war Neuland. Die epochale Erfindung der Glühbirne glückte dem amerikanischen Elektroingenieur Thomas Alva Edison (1847–1931) erst 1879. Verständlich, dass Mariette in Abbildungen, die »Schlangen innerhalb blasenförmiger Gebilde« zeigen, nichts Technisches zu erblicken vermochte.

Nach der Berufung zum Direktor des ägyptischen Altertumdienstes (Service des Antiquités de l’Égypte) gründete Mariette 1863 das erste ägyptologische Museum im Kairoer Stadtteil Bulaq. Bereits nach wenigen Jahren platzte das Haus aus allen Nähten und konnte die Fülle der Exponate nicht mehr fassen. Darauf regte der Franzose den Bau einer noch größeren Ausstellungsstätte an, die über verschiedene Zwischenlager schließlich im heutigen Gebäude am belebten Tahrir-Platz gipfelte.

Die Eröffnung im Jahre 1902 hat der Begründer der ägyptischen Denkmalpflege nicht mehr miterlebt. Mariette, der für seine Verdienste mit dem Ehrentitel »Pascha« ausgezeichnet wurde, starb bereits 2 Jahrzehnte zuvor am 18. Januar 1881 in Kairo. Sein Grabmal befindet sich westseitig zum Nil im Garten des Museums. Es ist als halbkreisförmiger Marmorbau angelegt, der den Sarkophag und eine große Statue des berühmten Denkmalschützers enthält. Ein Schlingel war der Franzose trotzdem. Denn obwohl wir es seinem Engagement zu verdanken haben, dass wir heute die größten Schätze altägyptischer Kunst in Kairo bewundern können, schmuggelte Auguste Mariette fast 7000 Kunstschätze nach Paris!

Altmodische Anziehungskraft

Immer wenn mich eine Reise nach Kairo führt, gehört der Besuch des Ägyptischen Museums zum begehrten Pflichtgang. Schon unzählige Male hatte ich das Vergnügen, in dem mit Kunstschätzen überfüllten Gebäude auf Spurensuche zu gehen. Für Minimalisten muss das Ganze ein Alptraum sein. Nicht so für mich. Als ergrauter Romantiker schätze ich das altmodische Flair, brauche weder eine seelenlose Audioerklärung noch eine Videobegleitung. Lieber lasse ich mich von mysteriösen Museumsfunden überraschen, die in angestaubten Vitrinen oder im hintersten Winkel eines Saales wenig Beachtung finden. Wollte man alle Antiquitäten im Erd- und Obergeschoss in Augenschein nehmen, vom winzigen mumifizierten Mistkäfer bis zur kolossalen 7 Meter hohen Statuengruppe von Amenophis III., so bräuchte es Wochen, zumindest aber Tage. Zudem fehlt im dichten Gedränge von Tausenden Touristen zumeist auch die Muße, um sich einzelnen Schätzen genauer zu widmen.

Viele erstaunliche bis rätselhafte Funde können im Sammelsurium der Flure und Säle leicht übersehen werden. Wer glaubt, er hätte sich einen guten Überblick zu den Meisterwerken verschafft und kenne die bedeutendsten Exponate, wird beim nächsten Besuch garantiert eines Besseren belehrt. Bisher Unbekanntes kann dann unvermittelt ins Auge springen. Mit dem Wissen, dass das Ägyptische Museum mit seiner mannigfachen Vielfalt an pharaonischem Vermächtnis erhalten bleibt, bin ich erleichtert und schaulustig. Wie präsentiert sich der renovierte Wissenstempel den Liebhabern ägyptischer Kunst? Wird die Neugestaltung im Wettstreit zum großen Giseh-Museum bestehen? Welche Änderungen und Umbauten sind noch geplant? (Siehe Abb. 1 im Farbbildteil.)

Sonnenkind Ihi

Mit meiner Herzdame stehe ich an der Pforte zum frisch herausgeputzten Ägyptischen Museum. Mit dabei ist der junge Ägyptologe Mostafa Dahshor, ein Neffe unseres Gastgebers Prof. Osman. Von der Ägyptologie allein kann Mostafa nicht leben, deshalb ist er heute als erfolgreicher Reisemanager tätig und organisiert für besondere Touren die notwendigen Sondergenehmigungen. Seine Masterarbeit hat den Hathor-Tempel von Dendera zum Inhalt. Dabei gilt dem jugendlichen Gott Ihi sein bevorzugtes Interesse. »In der ägyptischen Mythologie ist die Göttin Hathor die Mutter von Ihi«, weiß Mostafa, »und der Horus von Edfu, auch als Lichtgott Hor-Behdeti verehrt, sein Vater«.

© Andreas Praefcke

Hathor-Sistrum-Kultobjekt des Ihi

Dargestellt wird Ihi meist als nackter Knabe. Mit Jugendlocke erscheint er erst in der griechisch-römischen Zeit (ab 332 v. Chr.). Auf Abbildungen aus dem Neuen Reich (1550 bis 1070 v. Chr.) ist er noch mit einem Stern oder einer Maat-Straußenfeder auf dem Kopf zu sehen. Belegt ist Ihi bereits seit dem Alten Reich. Häufig hält er in einer Hand einen sonderbaren Kultgegenstand, der Sistrum genannt wird. Er besteht aus einem Handgriff und einem hufeisenförmig gebogenen Oberteil. Lose Metallplättchen erzeugten ein Rasselgeräusch. Zwischen Griff und Hufeisen erkennt man den Kopf der Hathor. Das Sistrum war eines der wichtigsten Musikinstrumente, das bei den Kulten um Hathor und Isis verwendet wurde. Als Ursprung wird der Fetisch eines Kuhschädels angenommen, der später zu einem Sistrum umgewandelt wurde.

Ausgestattet mit diesem Klanginstrument wurde Ihi zum Gott der Musikanten. Der Jüngling agierte ebenso in der religiösen Vorstellung des Totengerichts, wo er als Richtgott für die Übeltaten des »zu lauten Schreiens und Herumtönens« zuständig war. Allmächtiger! So ein Bursche fehlt uns. Bei dem Krawall und Kriegsgetöse in aller Welt hätte Ihi heutzutage viel zu tun.

Die Geräusche des Sistrums ähneln den Zischlauten einer Königskobra. Interessant dabei ist, dass Ihi in Dendera und Edfu mit der Erscheinungsform des Harsomtus gleichgesetzt wird. »Harsomtus« wiederum ist der griechische Name für eine Gottheit, die (im Gegensatz zu Sema-taui im Mittleren Reich) erst ab dem Neuen Reich als Nebenform des Horus in Erscheinung tritt. Und er ist jene Gottheit, die auf den strittigen Wandreliefs als »erhabene Schlange im blasenförmigen Körper« dargestellt ist. Ägyptologen setzen Harsomtus mit der aufgehenden Sonne in Beziehung, dagegen erkennen Elektroingenieure wie Walter Garn im leuchtenden Harsomtus die Wiedergabe einer »elektrischen Entladung«. Mostafa Dahshor kann sich noch gut daran erinnern, dass während seiner Studentenzeit auch über die »Glühlampen von Dendera« hitzig diskutiert wurde. Wie sein berühmter Onkel will aber auch er nicht recht an antike Leuchtkörper glauben und hält die ägyptologische Lesart für die wahrscheinlichere Erklärung.

Wo sind die Relikte aus den Dendera-Krypten?

Manche Fachgelehrte der Ägyptologie mutmaßten, dass die an Glühlampen erinnernden Abbildungen lediglich »Fantasieprodukte« seien. Die ersten Übersetzungsbemühungen von Prof. Dr. Dieter Kurth aus den Anfängen der 1980er-Jahre widerlegten diese Annahme. Die Begleittexte der »Glühlampen«-Reliefs hat der Ägyptologe als »Lebender Ba, eine Schlange, die sich auf ihrem Schwanz aufgerichtet hat …« entziffert. Und an anderer Stelle: »Harsomtus in Gestalt einer Schlange verlässt den sackartigen Behälter.« Gedanken an »Leuchtkörper« kamen dem Stellvertretenden Institutsdirektor aus Hamburg zwar nicht, dennoch sind die abgebildeten »Kultgegenstände« für Kurth nicht bloß Ausgeburten der Fantasie: »… diese rundplastischen Figuren wurden wahrscheinlich in den Krypten aufbewahrt, denn sie enthalten Beischriften zu Größe und Material.«

Neuere Studien, allen voran die Übersetzungen von Prof. Dr. Wolfgang Waitkus aus dem Jahr 1991, bestätigten diese Hinweise. Was aber geschah mit den wertvollen »Kultobjekten« aus Gold und Edelsteinen? Wurden sie aus den Katakomben geraubt, zerstört, oder könnten Teile davon noch existieren? Vielleicht irgendwo versteckt in verstaubten Kellerarchiven oder privaten Kunstsammlungen? Durchaus möglich. Die Abtragung des kompletten Schutthügels rund um das Hathor-Heiligtum erstreckte sich bis ins 20. Jahrhundert. Das war die Ära der Grabräuber, die das Tempelgelände auf der Suche nach Schätzen durchwühlten. Ägyptologen verweisen auf »kultische Relikte aus den Krypten des Hathor-Tempels«, die dort »1918 am Heiligen See wiedergefunden« wurden. Sie sollen ins Ägyptische Museum nach Kairo gelangt sein. Tatsächlich gibt es dazu Inventar-Registrierungsnummern. Sie lauten: Ägyptisches Museum Kairo, Journal d’entrée 46351 bis 46383.

Bisher sind alle Bemühungen gescheitert, die verschollenen Artefakte wieder aufzutreiben. Meine Freunde aus der ägyptologischen Fachwelt wollen dennoch einen neuen Ermittlungsversuch starten. Bis dahin heißt es, sich weiter in Geduld zu üben. Spuren zur Himmelsgöttin Hathor und ihrem zentralen Heiligtum in Dendera gibt es im Museum jedenfalls zur Genüge. Einen Wink dazu bekommen wir bereits vor dem markanten Haupteingang. Mostafa deutet hinauf zur rot gefärbten Außenfassade. Wir erblicken ein Gesicht mit Kuhhörnern und Sonnenscheibe. Es ist das Haupt der göttlichen Hathor, die als Schlussstein über dem neoklassischen Torbogen angebracht ist. Menschentrauben, die in der Schlange stehend ungeduldig auf Einlass warten, schenken der »Herrin von Dendera« keine Beachtung. Wir Götterforscher deuten ihr Lächeln als gutes Omen und freuen uns über ihre Begrüßung!

Probleme mit der Narmer-Palette

Nach dem dichten Gedränge an der Pforte und den Sicherheitskontrollen betreten wir die Eingangshalle. Der erste Eindruck: Alles wirkt inzwischen etwas »luftiger«, aufgeräumter, übersichtlicher, aber immer noch recht überfüllt. Im Foyer herrscht wie gewohnt reges Treiben. Bereits in diesem Bereich der Rotonde sind einzigartige Exponate aus den Anfängen der Reichsgründung und aus vordynastischer Zeit ausgestellt.

Im Zentrum steht die über 5000 Jahre alte Narmer-Palette, eines der Prunkstücke im Museum. 64 Zentimeter ist sie hoch, gefertigt aus poliertem graugrünen Schlickstein, beidseitig meisterhaft gestaltet mit Reliefs. Entdeckt wurde das Kunstwerk Ende des 19. Jahrhunderts in Hierakonpolis (»Stadt der Falken«), 15 Kilometer nordwestlich von Edfu. In prä- und frühdynastischer Zeit war der Ort eines der wichtigsten religiösen Zentren Oberägyptens und Hauptkultstätte des Himmelsgottes Horus. Auf der Tafel ist ein früher Herrscher in siegreicher Kriegspose abgebildet, der seine Feinde unterworfen hat. Die hieroglyphische Inschrift bezeichnet ihn als König »Narmer«. Die Rückseite zeigt ihn mit gewölbter weißer Krone, dem königlichen Symbol für Oberägypten, wohingegen er auf der Vorderseite mit der »roten Krone« von Unterägypten dargestellt ist.

Mit der Vereinigung Ober- und Unterägyptens beginnt die ägyptische Geschichte der Pharaonen, die zu einer fast über 3000 Jahre andauernden Herrschaft führte und erst mit der Eroberung durch die Griechen und Römer endete. Die Pharaonen verstanden sich als direkte Abkömmlinge der mythischen Götter, die der Überlieferung nach Jahrtausende vorher vom Himmel gestiegen waren und in Ägypten herrschten. Deshalb besaß jeder ägyptische König einen persönlichen Horusnamen in Erinnerung an die göttliche Herkunft. Ganz ähnlich verhält es sich mit der pyramidenförmigen Rangfolge in der katholischen Kirche. An der Spitze steht der Pontifex, der nach seiner Wahl anstelle des Taufnamens seinen persönlichen Papstnamen annimmt und als irdischer Stellvertreter Christi das Kirchenvolk leitet. Frühere Päpste trugen bei feierlichen Anlässen eine Papstkrone. Sie wird Tiara genannt und ist eine hohe kegelförmige Kopfbedeckung mit Goldreif. Man könnte sie auch für eine Pharaonenkrone halten.

© Reinhard Habeck

Rückseite der Narmer-Palette

Mit Eigenname und Horusname war es bei den Pharaonen aber noch lange nicht getan. Sie trugen zusätzlich noch den Nebtinnamen (auch Herrinnenname genannt), den Thronnamen und den Goldnamen, also fünf Namen in jedem Fall plus Beinamen und wahrscheinlich auch Kosenamen. Mit dem ganzen Tohuwabohu hinsichtlich der Namensgebung ist auch ein Streit um die korrekte Chronologie ägyptischer Geschichte entbrannt. Von manchen Königen sind nur ihre Horusnamen bekannt. Das führt auch bei der Narmer-Palette zu wissenschaftlichen Debatten. Das Problem: Narmer wird anhand der Palette mehrheitlich als Reichseiniger Ägyptens angesehen, der namentlich zwar durch andere Funde historisch belegt ist, dessen Regentschaft jedoch in keiner heute bekannten Königslisten verzeichnet ist. Davon abgesehen hat bereits um 3100 v. Chr. ein König regiert, der Skorpion II. genannt wurde und die Weiße Krone des Südens trägt. Einige Experten wiederum setzen Skorpion II. mit Narmer gleich. Wer also war der erste Pharao? Wie weit reicht die Herrschaft der Gottkönige zurück in prädynastische Epochen?

Nach griechischen Quellen, Jahrtausende später verfasst, war König Menes (um 3000 v. Chr.) der Reichseiniger und Gründer der ersten Pharaonendynastie. Einige Gelehrte setzen Menes mit Narmer gleich. Andere vermuten, dass die Person Narmer mit König Hor-Aha identisch ist. Wiederum andere bezweifeln, dass die Palette überhaupt die Vereinigung Ägyptens darstellt. Es könnten, so wird spekuliert, auch ganz andere Geschehnisse abgebildet sein. Selbst die Frage, ob die Bilder womöglich gar kein historisches Ereignis illustrieren, sondern lediglich als »Metapher« verstanden werden sollen, steht zur Diskussion. Was bleibt, ist der Eindruck großer Unsicherheiten in der Beurteilung historischer Quellen.

Ungeheuerliches

Nicht nur der Namenswirrwarr macht stutzig. Die Palettenvorderseite zeigt zwei seltsame Kreaturen mit langen verschlungenen Hälsen und Löwenkörpern. Sie bilden eine zentrale kreisrunde Vertiefung, die, so wird angenommen, dem Anrühren von Schminke diente. Die abgebildeten Wundertiere werden als Serpopard, Schlangenhalspanther oder Schlangendrache bezeichnet, doch aus alten Texten ist kein Name für diese Mischwesen bekannt. Es ist keineswegs die einzige Darstellung dieser Art. Im Ashmolean Museum der Universität in Oxford ist das gleiche Motiv auf einer Palette aus Hierakonpolis unter der Listenangabe E 3924 ausgestellt.

Erneut streiten sich die Gelehrten über die ursächliche Bedeutung der merkwürdigen Wesen. Einige Ägyptologen halten die beiden verschlungenen Geschöpfe auf dem Narmer-Relikt für ein Symbol der Reichsvereinigung. Die gängigste These erkennt schlicht mythologische Fabelwesen. Wenn das stimmt, sie also nur Ausgeburten der Fantasie sind, warum werden die Monstren dann von zwei Männern an der kurzen Leine gehalten? Ein Fall für die Kryptozoologen? Berichte über Begegnungen mit saurierartigen Urzeitviechern reichen vom Altertum bis hinein in die Neuzeit. Wir finden sie auf zahlreichen Kunstwerken, auf römischen Mosaiken genauso wie auf Petroglyphen im Amazonas oder auf Nachlässen der Anasazi-Kultur im Südwesten der USA.

Was noch auffällt: Es muss einen alten direkten Kulturtransfer mit Mesopotamien gegeben haben. Wie sonst ist zu erklären, dass sich zeitgleich (um 3500 bis 3000 v. Chr.) im Zweistromland haargenau die gleichen Motive auf Stempelsiegeln finden? Eine wirklich überzeugende Deutung für die bizarren Bildprogramme sucht man in den Annalen der Wissenschaft vergeblich. »Schlangenhalspanther sind die Manifestationen des chthonischen Aspekts des Gottes der natürlichen Vitalität, der sich in allem Leben manifestiert, das aus der Erde hervorbricht«, lautet einer der bemühten Erklärungsversuche für das Unverstandene. (Siehe Abb. 2 im Farbbildteil.)

Die Herkunft der Himmelsgöttin Hathor

Im Gräberfeld von Tarchan, 50 Kilometer südlich von Kairo gelegen, wurden königliche Relikte aus der 0. Dynastie entdeckt, darunter Gefäße, die den eingravierten Namen Hat-Hor (beziehungsweise Hor-Hat) tragen. Ägyptologen schließen nicht aus, dass sie zum Vermächtnis eines Pharao gehören, der um 3100 v. Chr. regierte. Angesichts des derzeit spärlichen Fundmaterials sind genauere Angaben aber nicht möglich. Auffällig ist die namentliche Ähnlichkeit zur Göttin Hathor, auch wenn die Lesart umstritten ist. Ob es eine mythologische Brücke zur Himmelsgöttin gibt, ist unklar.

Was wir belegt wissen, ist, dass Hathor eine der ältesten ägyptischen Gottheiten ist, die man meist als Kuh mit sternenübersätem Leib darstellte oder als menschliches Gesicht mit Kuhohren, Hörnern und Sonnenscheibe. Sie ist eine der wenigen Gottheiten, die mit frontal zugewandtem Antlitz abgebildet wurde. Ihr Name bedeutet »Haus der Gesichter«, die in die Zukunft und zugleich in die Vergangenheit blicken konnten. Später wurde daraus »Haus des Hor«. Hor steht für den Falkengott Horus. Hathor war eng mit dem Königtum verknüpft und diente als göttliche Amme, die die zukünftigen Pharaonen beschützte. Wird Hathor als stehende oder sitzende Mutter dargestellt, die dem Pharao oder ihrem Sohn Ihi die Brust reicht, dann ist sie sehr leicht mit der Göttin Isis, die den Horusknaben stillt, zu verwechseln. Selbst Ägyptologen können die beiden Göttinnen oft nur anhand der Beischrift ihres Namens voneinander unterscheiden.

Wie wurde Hathor zur allumfassenden Muttergöttin des Himmels und der Liebe? Ihre Ursprünge verlieren sich im Nebel der Geschichte. Bereits auf der Narmer-Palette sind ihre Merkmale am oberen Rand zu entdecken: zwei Rinderköpfe in Vorderansicht mit menschlichem Gesicht. Sie flankieren beide Seiten der Tafel, wobei die Vorderseite noch ein zusätzliches Detail enthält: Auf dem Gürtel des siegreichen Königs sind vier Hathor-Säulen eingraviert. Ägyptologen nehmen an, dass nicht Hathor selbst dargestellt ist, sondern die ältere Kuhgöttin Bat, die im Alten Reich mit Hathor mythologisch verschmolz. Die kosmologische Verbindung zur »Schöpferin des Alls« (ähnlich wie bei der Göttin Nut) ist bei beiden Göttinnen gegeben.

Bat wird innerhalb der ägyptischen Mythologie als »Vergöttlichung des Kosmos« und als »Symbol der Milchstraße« angesehen – eine religiöse Vorstellung, die lange vor dem offiziellen Beginn der ersten Pharaonendynastien bestand. Historiker assoziieren den Namen Bat mit der weiblichen Form des Begriffs »Ba«, der ähnlich wie »Ka« mit einem Teilaspekt der »Seele« verbunden wird. Er kann aber auch als »Macht« oder »Gott« gelesen werden. Mit der Verehrung von Bat sind die frühesten Belege über religiöse Praktiken im alten Ägypten verbunden.

Archaischer Himmelskult

Die ältesten Spuren der kosmischen Himmelskuh reichen weiter zurück, als man gemeinhin annehmen möchte. Dazu gibt es ein interessantes Museumsstück, das in einer Vitrine nahe der Narmer-Palette ausgestellt ist. Es ist ein nur etwa 10 Zentimeter großes Schieferplättchen aus der Oase Fayum, das einen stilisierten Kuhkopf mit Sternen hervorhebt. Vor 5600 Jahren wurde es angefertigt und ist damit deutlich älter als die bekannten Aufzeichnungen zu Bat und Hathor. Der Fund wird der prädynastischen Naqada-Kultur zugeordnet, die um 4500 v. Chr. begann und 3000 v. Chr. endete.

Das Plättchen deutet auf eine Verehrung der Sterne und eine tiefe Verbundenheit mit ihnen. »Die frühesten Belege zeigen nicht die Sonne, sondern einen Stern zwischen den Hörnern der Himmelskuh«, bemerkt dazu der deutsche Religionswissenschaftler Prof. Jan Assmann. Aus der Fachliteratur erfahren wir weiter, dass »die kosmische Kuh – die All-Mutter – die Schöpferin des Universums ist. Mit dem Schütteln ihres Euters erschafft die gehörnte Mondkuh den Sternenhimmel.« In der Folge sei daraus die Milchstraße hervorgegangen, so die Mythologie.

Für die deutsche Autorin und Psychotherapeutin Dr. Doris Wolf ist die Darstellung der »Großen Göttin« als Kuhkopf kein Zufall: »Sie entspricht genau heutigen wissenschaftlichen Zeichnungen des Uterus mit Ovarien und Eileitern.« Es stimmt, vergleicht man die schematische Darstellung der inneren weiblichen Geschlechtsorgane mit der Abbildung auf dem Naqade-Plättchen, sind die Übereinstimmungen deutlich sichtbar. Das lässt auf erstaunliche medizinische Kenntnisse in der Vorzeit schließen. »Die stilisierte weibliche Figur mit den erhobenen Armen ist eines von verschiedenen Symbolen für die Himmels- und Mondgöttin, die Königin der Sterne, die ihre Kinder sind«, erklärt Wolf. Mond, Frau und Schwangerschaft sind untrennbar miteinander verbunden. Das erklärt, warum frühe Kalender auf Mondphasen und dem weiblichen Zyklus beruhen. Doris Wolf resümiert: »Die offensichtliche Verbindung des Mondes mit den Menstruationszyklen und dem weiblichen ›Mond-Blut‹, welches im Mutterschoß das ungeborene Leben nährt, machte den Mond zum primären Symbol der Muttergöttin.« Daran erinnert ebenso die Gottesmutter Maria, die in der christlichen Tradition oft auf einer Mondsichel dargestellt wird.

© Elvira Schwarz

Ur-Hathor, Uterus oder Sternenkult-Relikt?

Aus der Nachbarvitrine schlägt mich ein faustgroßes jungsteinzeitliches Köpfchen in seinen Bann. Obwohl nur grob aus Ton geformt, ist diese Rundplastik von außergewöhnlicher Ausdrucksstärke. Farbspuren zeigen, dass die Augen ursprünglich in leuchtendem Rot erstrahlten und der Rest des Gesichtes Gelb. Soweit bekannt, ist es mit etwa 6500 Jahren eines der ältesten modellierten Gesichter aus prädynastischer Zeit. 1982 hatten es Forscher des Deutschen Archäologischen Instituts in Merimde ausgegraben, 45 Kilometer nordwestlich von Kairo. Dort liegen die Spuren einer neolithischen Siedlung mit Wurzeln nach Vorderasien. Etwas seltsam muten die Skelettfunde dieser Kultur an. In den Gräbern wurden vorwiegend die Überreste von Frauen gefunden, die größer und kräftiger gebaut waren als die Menschen nachfolgender Kulturen. Ihre »Langköpfe« waren im Verhältnis zu ihrer Breite länger als man anatomisch erwarten würde. Das kleine Tonköpfchen weist Löcher auf, die vermuten lassen, dass es mit Haaren versehen und auf einen Stock aufgesetzt worden war. Wem gehörte das Zepter? Einer himmelskundigen Priesterin oder einer Urschamanin, welche die »große Mutter« verehrte? (Siehe Abb. 3 im Farbbildteil.)

Die Wunderschale des Prinzen Sabu

Ein paar Schritte vor der Narmer-Palette entfernt liegt etwas versteckt in einer Vitrine eines der attraktivsten Exponate für Prä-Astronautik-Fans: Die Scheibe des Prinzen Sabu! Ihr angestammter Standort befand sich ursprünglich in Saal 42 des Obergeschosses, in dem Funde aus der Frühzeit ausgestellt sind. Vorübergehend war dieses technisch anmutende Einzelstück verschwunden, und man spekulierte schon, es sei im Depot gelandet, um ins neue Giseh-Museum umzuziehen. Dem ist zwar nicht so, trotzdem ist das Kuriosum leicht zu übersehen. Erst als sich unser Trio um die Vitrine versammelt, nähern sich auch andere Besuchergruppen und fragen: Was zum Kuckuck ist das für ein seltsames Ding?

© Reinhard Habeck

Schematische Darstellung der Sabu-Scheibe

Die offizielle Auskunft dazu ist äußerst dürftig. In der Objektbeschreibung heißt es unschlüssig: »Dieses ungewöhnlich geformte Objekt stammt aus dem Grab von Sabu, einem hohen Beamten im Dienste der Könige der 1. Dynastie Den und Adjib. Es könnte für königliche oder religiöse Zeremonien verwendet worden sein, entweder als Teil eines Opfertabletts oder als Stütze für ein Gefäß oder einen Korb. Er könnte aus zwei Teilen bestanden haben, von denen jedoch nur einer erhalten ist. 1. Dynastie, etwa 2980–2770 v. Chr., Sakkara (Grab von Sabu), Schiefer, JE 71295.«

Weitere ägyptologische Hypothesen schließen nicht aus, dass es ebenso gut der »Sockel einer Öllampe«, ein »zeremonielles Räuchergefäß«, eine »dekorative Vase«, ein »pharaonischer Blumentopf« oder der »Stabaufsatz einer Kultkeule« sein könnte. Was also war die wirkliche Bestimmung dieser Wunderschale? Darüber zerbrach sich bereits der britische Ägyptologe Walter B. Emery (1903–1971) den Kopf. Er entdeckte das Ausnahmeartefakt 1936 am äußersten Nordzipfel des »archaischen Friedhofs« von Sakkara. Dort lag es zentral platziert im Herzen des Mastaba-Grabes 3111, der letzten Ruhestätte von Prinz Sabu. Viel wissen wir nicht über den Verstorbenen, nur dass er der Sohn des Pharao Adjib war und Verwalter einer Provinzstadt, die »Stern aus der Familie des Horus« genannt wurde.

Seine wundersame Grabbeigabe hat einen Durchmesser von 61 Zentimetern, weist eine maximale Höhe von etwas mehr als 10 Zentimetern auf und besteht aus drei symmetrisch nach innen gefalteten »Flügellappen«, die mit dem »Telleraußenrand« verbunden sind. In ihrer Mitte besitzt diese »Rundschale« eine etwa 10 Zentimeter tiefe röhrenförmige Bohrung mit zwei parallelen Rillen. Nur eine triviale Verzierung oder ein Drehverschluss? Emery notiert in seinem Grabungsbericht: »Für das seltsame Design dieses Objekts konnte bislang keine zufriedenstellende Erklärung gefunden werden«. Optisch erinnert der kreisrunde Gegenstand an ein Lenkrad mit Speichen, eine Art Rotations-Propeller oder an eine Schiffsschraube. Aber was hat ein so modern anmutender Gegenstand in einem fast 5000 Jahre alten Grab zu suchen? (Siehe Abb. 7 im Farbbildteil.)

Ungeklärte Steinbearbeitung

Lässt sich eine technologische Funktion nachweisen? Diese Frage ließ mir schon vor 20 Jahren keine Ruhe. Deshalb wandte ich mich an den Raumfahrtingenieur Josef F. Blumrich (1913–2002) und bat um seine Einschätzung. Der Österreicher wanderte 1959 in die USA aus und übernahm bei der NASA die Leitung der Abteilung »Projektkonstruktion«. In dieser Position war er für die Vorplanung der großen Antriebsstufe der Saturn-V-Mondrakete verantwortlich, die 1969 die Apollo-11-Astronauten erfolgreich zum Mond beförderte. Der Experte im Raketenbau antwortete mir brieflich am 29. August 1994: »Wie so oft sind alte Dinge doch sehr interessant anzusehen. Über dem von Ihnen gesandten Material habe ich wiederholt gesessen und auch die Anmerkung dazu gelesen. Auf den ersten Blick sieht die Schale wie etwas ›Technisches‹ aus; aber ich habe keine Ähnlichkeit mit irgendeinem tatsächlichen technischen Detail finden können.«

Nicht nur der Verwendungszweck ist ungeklärt, die exquisite Steinbearbeitung ist ebenfalls ein Mysterium. Emery fand die Grabbeigabe in mehrere Stücke zerbrochen; Grabräuber waren dem Ägyptologen zuvorgekommen. Offenbar achtlos waren die Diebe über den Gegenstand hinweggetrampelt und hatten ihn einfach liegengelassen. Für die Archäologie ein Glücksfall. Erst als mit der Restaurierung die einzelnen Puzzleteile wieder aneinandergefügt worden waren, offenbarte sich seine harmonische Formgebung und grazile Schönheit. Das Erstaunliche: Materialanalysen ergaben, dass die radialsymmetrische Konstruktion sorgfältig aus einem einzigen Schieferblock geschnitzt wurde!

Die Bearbeitung ist so formvollendet ausgeführt, dass man annehmen könnte, der Gegenstand sei gegossen worden oder bestünde aus Porzellan. Winzige Schleifspuren am Relikt verraten, dass die Oberfläche spiegelglatt poliert wurde. Wie dieses Meisterstück frühzeitlicher Steinbearbeitung entstanden ist, weiß man nicht genau, denn: Das Gestein ist zwar mit Kupferwerkzeugen, Feuerstein, Meißel, Schaber und Handbohrer leicht zu bearbeiten, aber die filigranen Elemente können bei unsachgemäßer Handhabung rasch brechen oder zersplittern. Die Herstellung der hauchdünnen »Schaufeln« setzt hochpräzises Können voraus. Kaum vorstellbar, dass der Künstler ohne vorherige Berechnung und geometrische Schablonenhilfe losgewerkelt hat. Was aber war der wahre Zweck dieser »Schale« in raffinierter propellerartiger Formgebung, die kein Fachgelehrter im Grab eines Adeligen der 1. Dynastie vermuten würde?

Technische Erklärungsversuche

Ein praktischer Gebrauch scheint angesichts des zerbrechlichen Materials eher unwahrscheinlich. Bei der Hypothese vom »Rotationskörper« würde der Mechanismus einer starken Belastung nicht lange standhalten. Das gab auch Josef F. Blumrich zu bedenken: »Schiefer oder der im Grabungsbericht erwähnte Alabaster sind beide ziemlich weiche Gesteine, die wegen ihrer raschen Abnutzung bei ernsthafter Verwendung technisch kaum brauchbar wären.«

Bliebe noch die Idee, dass das »Etwas« lediglich die steinerne Nachbildung eines technischen Gerätes ist, das ursprünglich aus Metall bestanden haben könnte. Raketenkonstrukteur Blumrich schloss diese Möglichkeit nicht aus, bedauerte aber, dass er dazu »leider keine Vergleichsmöglichkeit« besitze. Die Vermutung, dass Sabus Wunderschale »die Form eines anfänglich metallischen Objektes kopierte«, hat auch der britische Ägyptologe und Kunsthistoriker Cyril Aldred (1914–1991) in Erwägung gezogen. Wenn es jemals ein Original aus Metall gegeben hat, müsste die Vorlage noch älter gewesen sein und könnte zum Beispiel aus Kupfer bestanden haben.

Hypothesen zur möglichen technischen Anwendung gibt es viele. Einige Forscher und grenzwissenschaftliche Autoren erkennen im Rätselfund die Nachbildung einer Schiffsschraube, eine altägyptische Turbine, den mechanischen Teil eines Pumplaufrades oder ein Teslaventil für Wasserleitungen. 1993 folgte der deutsche Buchautor und Hobbyhistoriker Klaus Aschenbrenner den Spuren der »Antiliden«, die er für die erste technische Hochzivilisation hält. In der Sabu-Scheibe vermutet er ein Relikt, das bei Rotationsbetrieb im Wasser »einen Schub« erzeugt. Praktische Experimente mit einem Holzmodell im verkleinerten Maßstab 1:10 hätten das bestätigt. Jüngste Experimente mit synthetischen Kopien aus dem 3D-Drucker kommen zu ähnlichen Resultaten: In rotierende Bewegung versetzt, verdrängt die Sabu-Scheibe das Wasser und erzeugt einen starken Wirbel. Sie könnte demnach Bestandteil einer Zentrifugalpumpe gewesen sein.

Die kühnste Spekulation verknüpft die Sabu-Scheibe mit dem Antriebsaggregat von Flugmaschinen. Der amerikanische Prä-Astronautiker und Forscher Zecharia Sitchin (1920–2010) deutet die archäologische Anomalie als »Schwung- oder Flugrad in einem hoch entwickelten Design, das Energie in seinem dünnen Ringrahmen speicherte und in einem flüssigen Schmiermittel rotierte.« Schwungräder kommen in einem Spielzeugkreisel genauso zur Anwendung wie in der Fahrzeugtechnik bei Moped, Auto oder Bahn. Sie sind auch Bestandteil der Raumfahrttechnik und dienen Satelliten bei der Stabilisierung. Das Grundprinzip zur Erhaltung des Drehimpulses wurde bereits vor rund 6000 Jahren mit den ersten Schwungscheiben zum Töpfern erkannt.

Feuerschale oder fliegende UFO-Scheibe?

Im März 2018 befasste sich auch die populäre ZDF-Sendereihe Terra X mit den »Ungelösten Fällen der Archäologie«. Dabei durfte die futuristisch anmutende Sabu-Scheibe natürlich nicht fehlen. Angekündigt wurde, dass Flugzeugingenieure das Rätsel der Wunderschale endlich gelöst hätten.