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In der Therapie des Stotterns wurden lange Zeit vor allem sprachtherapeutische Übungsverfahren eingesetzt. Erst seit einigen Jahren setzt sich die Erkenntnis durch, dass die psychischen Folgesymptome wie Angst, Scham und Vermeidung nicht nur Begleiterscheinungen des Stotterns sind, sondern den Schweregrad der Störung aktiv beeinflussen und somit stärker in den Fokus der Therapie gerückt werden sollten. Das Buch greift diese Entwicklung auf und bezieht sich auf neue Forschungserkenntnisse aus den USA und Australien. Es liefert ein empirisch gestütztes, detailliertes Manual für eine verhaltenstherapeutisch orientierte Psychotherapie des Stotterns.
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Seitenzahl: 204
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1. Auflage 2014
Alle Rechte vorbehalten
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-024263-0
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-024264-7
epub: ISBN 978-3-17-024265-4
mobi: ISBN 978-3-17-024266-1
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Vorwort
1 Beschreibung der Störung Stottern
1.1 Symptome und Hauptmerkmale der Störung
1.2 Diagnosekriterien und Klassifikation
1.3 Epidemiologie, Verlauf und Komorbidität
2 Störungstheorien und Erklärungsmodelle
2.1 Prädisponierende Faktoren
2.2 Auslösende Faktoren
2.3 Aufrechterhaltende Faktoren
2.4 Stottern als körperlich bedingte, psychisch aufrechterhaltene Störung
3 Diagnostik
3.1 Exploration und Anamnese
3.2 Differenzialdiagnostik
3.3 Umgang mit komorbiden Störungen
3.4 Diagnostische Instrumente zur Erfassung des Schweregrads und der emotionalen Belastung
4 Behandlung: Überblick über Ansätze der Stottertherapie und deren Wirksamkeit
4.1 Einübung von Sprechtechniken
4.2 Ansätze zur Verbesserung der emotionalen Bewältigung des Stotterns
4.3 Besonderheiten bei der Behandlung stotternder Kinder
4.4 Veränderte akustische Rückmeldung des Sprechens
4.5 Pharmakologische Methoden
4.6 Fazit
5 Ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches Manual für die Behandlung des Stotterns
5.1 Behandlungskonzept und Rahmenbedingungen
5.2 Überblick über den Behandlungsablauf
5.3 Therapeut-Klient-Beziehung
5.4 Phase 1: Erstellung eines individuellen Störungsmodells
5.5 Phase 2: Durchführung von Verhaltensexperimenten über den Einfluss von Stottersymptomen auf die Reaktionen der Zuhörer
5.6 Phase 3: Anleitung zum Verwenden von Sprechtechniken und Evaluation von deren Wirkung auf Zuhörer in Verhaltensexperimenten
5.7 Phase 4: Kognitive Umstrukturierung und Aufmerksamkeitstraining
5.8 Phase 5: Rückfallprophylaxe und Auffrischungssitzungen
6 Anregungen zur Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten von Stotternden in Deutschland
7 Literatur
8 Anhang
8.1 Arbeitsblatt: Verhaltensanalyse
8.2 Arbeitsblatt: Liste typischer dysfunktionalen Kognitionen
8.3 Arbeitsblatt: Gedanken-Tagebuch
8.4 Arbeitsblatt: Verhaltensexperiment-Protokoll
8.5 Arbeitsblatt: Hierarchie angstauslösender Situationen
8.6 Arbeitsblatt: Protokoll der Aufmerksamkeitsübungen
9 Stichwortverzeichnis
10 Kontaktadressen
Stottern ist eine Störung, die für die Mitmenschen zumeist deutlich hörbar und sichtbar in Erscheinung tritt. Das Stocken im Sprechfluss, das Verkrampfen der Sprechmuskulatur, das beschämte Abwenden des Blickes sind Symptome, die auch die Zuhörer oft betroffen und unsicher machen. Gleichzeitig wissen die meisten Menschen nicht, welche Ursachen diese Symptome haben. Stottern erscheint ihnen kurios, ja zuweilen lächerlich. Zwar hat der Überraschungserfolg von »The King’s Speech«, einem Kinofilm über den stotternden König George VI., die Störung für eine kurze Zeit ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gebracht. Doch nach wie vor gibt es in Deutschland ein großes Defizit an Wissen über das Stottern. Anders als in den angloamerikanischen Ländern gibt es in der deutschen Wissenschaftslandschaft kaum jemanden, der sich für das Stottern interessiert. Zwar behandeln Logopäden die Störung nach bewährten fachlichen Maßstäben, diese Profession verfügt aber nicht über eine akademische Ausbildungsplattform mit einer eigenen Forschungsstruktur. In der logopädischen Ausbildung spielt Stottern trotz des gegebenen Bedarfs zudem in der Regel nur eine marginale Rolle. Die akademischen Sprachtherapeuten bemühen sich ebenfalls, eine adäquate Behandlungsqualität anzubieten, stellen aber eine zahlenmäßig so kleine Gruppe dar, dass sie keine flächendeckende Versorgung gewährleisten können. In der Forschung verfügen sie nicht über die Mittel und Strukturen, um kontrollierte empirische Studien durchzuführen. Die Psychologen und Psychotherapeuten schließlich glauben häufig irrtümlicherweise, Stottern gehe allein auf neurologisch bedingte Defizite in der Sprechmotorik zurück und falle daher nicht in ihren Zuständigkeitsbereich. Stottern spielt daher in den Ausbildungsgängen für Psychotherapie keine Rolle. In der Folge weisen niedergelassene approbierte Psychotherapeuten stotternde Klienten meist ab. Während es im internationalen Raum sogar eine eigene Zeitschrift für Redeflussstörungen gibt (das »Journal of Fluency Disorders«), kann man in Deutschland empirische Untersuchungen über das Stottern in den letzten Jahren an einer Hand abzählen. In diese Lücke hinsichtlich Versorgungsqualität und Forschungsmöglichkeiten versuchen Organisationen wie die Stotterer-Selbsthilfe (www.bvss.de) oder die Interdisziplinäre Vereinigung der Stottertherapeuten (www.ivs-online.de) zu treten, was angesichts mangelnder finanzieller Ausstattung aber nur eingeschränkt gelingen kann.
• Mit dem vorliegenden Buch setzen wir uns zum Ziel, auf die neuesten psychotherapeutischen Behandlungsmöglichkeiten des Stotterns aufmerksam zu machen und für ihre Anwendung bei stotternden Menschen zu werben. Die detaillierten Handlungsanweisungen für eine kognitiv-verhaltenstherapeutische Behandlung des Stotterns richten sich an zwei Zielgruppen:
• Wir wollen Psychologen und Psychotherapeuten Grundwissen über Stottern sowie Werkzeuge zu seiner Behandlung an die Hand geben. Dabei soll deutlich werden, dass viele Phänomene und Symptome, die mit dem Stottern in Verbindung stehen, insbesondere Emotionen der Angst, Scham und Schuld, psychotherapeutisch behandlungsbedürftig sind. Außerdem wollen wir empirische Studien über das vorgestellte Behandlungskonzept anstoßen, die auch international erst in Ansätzen vorliegen.
Gleichzeitig wollen wir Logopäden und akademische Sprachtherapeuten ansprechen, die sich für eine Einbeziehung psychotherapeutischer Methoden in der Stottertherapie interessieren. In Fortbildungen, die wir in den letzten Jahren durchgeführt haben, haben wir die Erfahrung gemacht, dass hierfür große Offenheit besteht. Die Rückmeldung der Logopäden in unseren Fortbildungen ergab, dass sie oft eigenständig die psychotherapeutische Literatur durchsuchen, auf der Suche nach Konzepten, die sie auf das Stottern übertragen können. Dieses Buch soll ihnen ein empirisch fundiertes, inhaltlich ausgearbeitetes Manual an die Hand geben, das die oft als schwierig empfundene Integration von sprachtherapeutischen und psychotherapeutischen Methoden erleichtert und auf eine fachlich fundierte Grundlage stellt.
Im Ergebnis richtet sich das Buch also an zwei unterschiedliche Zielgruppen. Das Schreiben für zwei Zielgruppen bringt es mit sich, dass man zuweilen der einen Zielgruppe fachliche Inhalte, Konzeptionen und Modellvorstellungen detailliert erläutern muss, die der anderen Zielgruppe schon hinlänglich bekannt sein mögen. Dennoch hoffen wir, dass die Art der schrittweisen Darstellung für alle Leserinnen und Leser den Nutzen des Buches erhöht. Gerade der interdisziplinäre Dialog ist es letztlich, den dieses Buch anstoßen und befeuern will: Wenn Logopäde X und Psychotherapeutin Y dasselbe Buch gelesen haben, fällt ihnen der Austausch über die gemeinsame Behandlung ihres Klienten leichter. Dann wäre unser Ziel erreicht.
Heidelberg und Dresden, im April 2014
Johannes von Tiling
Stephen Crawcour
Jürgen Hoyer
Stottern ist eine häufig auftretende Störung der Sprechflüssigkeit, die meist in der frühen Kindheit einsetzt (Bosshardt, 2008; Von Tiling, 2012). Hauptmerkmal sind häufige und auffällige Unterbrechungen des Redeflusses. Die betroffenen Personen haben dabei keine Defizite in der Sprechplanung, d. h. sie sind nicht schlechter als andere Menschen darin, bei gegebener Sprechabsicht die passenden Worte zu finden. Beeinträchtigt ist jedoch die Sprechmotorik, also die Fähigkeit, die beabsichtigten Worte in einer bestimmten Situation adäquat aussprechen zu können.
Kernsymptome
Die Unterbrechungen im Redefluss lassen sich gemäß gängiger Konventionen in drei Gruppen einteilen, die als Kernsymptome des Stotterns bezeichnet werden (Natke & Alpermann, 2010; Tab. 1.1): Repetitionen, Prolongationen und Blocks. In früheren Publikationen wurde oft unterschieden zwischen klonischem Stottern (= Repetitionen und Prolongationen) und tonischem Stottern (= Blocks); da diese Unterscheidung aber schon Annahmen über die Entstehung des Stotterns enthält und daher weniger beobachtungsnah ist, wird sie heute nicht mehr häufig verwendet.
Repetitionen
Repetitionen sind Wiederholungen von Lauten, Silben oder Wörtern. Beispiele wären etwa »Ich heiße K-K-K-Kirsten« oder »Ich bin Ka-Ka-Karina«. Im ersteren Fall hat die stotternde Person Schwierigkeiten, den Lautübergang vom K zum i zu artikulieren und setzt daher immer wieder neu beim K an. Sie schafft es dann beim vierten Versuch. Im zweiten Fall hat sie Probleme, den Übergang vom r zum i zu artikulieren und wiederholt daher immer wieder die vorherige Silbe, in der Absicht, dadurch den Übergang besser bewältigen zu können und eine sonst entstehende Sprechpause zu vermeiden. Hier ist sie beim dritten Anlauf erfolgreich. Repetitionen von Wörtern werden in ähnlicher Absicht eingesetzt (»Ich bin – ich bin – ich bin – ich bin Kirsten«). Die Anzahl der Repetitionen beträgt meist, wie in den obigen Beispielen, wenige Male. Sie kann aber auch höher sein, also etwa bei 10 oder gar 20 liegen. Die meisten Stotternden beenden aber nach mehreren erfolglosen Versuchen das Wiederholen und bemühen sich stattdessen, die Sprechabsicht auf eine andere Art und Weise umzusetzen, z. B. durch Prolongation.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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