...kommt mit nach China - Waltraut Bahm - E-Book

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Waltraut Bahm

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Beschreibung

Auf einer dreimonatigen Reise quer durch China. Privat - langsam - einfach - mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Von Shanghai nach Westen zum Himalaya. Dann nach Süden bis Hanoi, Vietnam. Shanghai, Souzhou, Hangzhou, Zhujiajiao, Nanjing, Xiaan, Wuhan, Drei-Schluchten, Chongqing, Chengdu, Qingchengshan, Emeishan. Weiter nach Kunming, Dali, Jianshui, die Reisterrassen Yuanyang und auf dem Landweg bis Hanoi, Vietnam. Hurra! Unsere Berufsleben sind beendet; es gibt noch so viel zu lernen, zu erleben.

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China, Shanghai

Terrakotta-Armee

Drei-Schluchten

China-Tempel

Sichuan-Yunnan,

Traudl Bahm

Auf einer dreimonatigen Reise quer durch China. Privat - langsam - einfach - mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Von Shanghai nach Westen zum Himalaya. Dann nach Süden bis Hanoi, Vietnam.

Shanghai, Souzhou, Hangzhou, Zhujiajiao, Nanjing, Xiaan, Wuhan, Drei-Schluchten, Chongqing, Chengdu, Qingchengshan, Emeishan. Weiter nach Kunming, Dali, Jianshui, die Reisterrassen Yuanyang und auf dem Landweg bis Hanoi, Vietnam. Hurra! Unsere Berufsleben sind beendet; es gibt noch so viel zu lernen, zu erleben.

Shanghai

Souzhou - Hangzhou - Zhujiajiao - Nanjing

Xiaan

Wuhan

Yangtse Flußfahrt von Ychang bis

Chongqing

Chengdu - Leshan - Emeishan - Qingchengshan

Kunming - Dali im Ost-Himalaya

Jianshui

Yuanyang – Xinjie Reisterrassen

Hekou - Lao Cai

Hanoi,

Vietnam

Meiner lieben kleinen Erstklässler-Enkelin Helena,

die sich mit ihren so fantasievollen Rollenspielen „Omi, du bist

jetzt die Lehrerin und musst mir Aufgaben stellen“;

„Omi, wir sind in der Pferdeschule, du musst mich anfeuern“ …

gedulden musste, während meiner

so aufregenden China-Monate.

Inhalt

Shanghai

- erste Eindrücke

Suzhou

- Venedig des Ostens

Hangzhou

- Provinz Zhejiang - Unser Professor

Nanjing

- Provinz Jiangsu

Xi`an

- Provinz Shaanxi - Beginn der Seidenstraße

Wuhan

- Provinz Hubei

Drei-Schluchten-Staudamm

Chongqing

- die größte Stadt der Welt

Chengdu

- Provinz Sichuan

Bei den Pandabären

Kunming

- Provinz Yunnan

Bamboo Tempel

Im Muslimviertel - Begegnungen

Xishan

- ein Abenteuer

Eine filmreife Szene

Dali – im Himalaya

Cangshan - Nationalpark der 4.000er

Jianshui

Konfuzius

Yuanyang

/

Xinjie

- Reispaddies

Auf dem Weg zur vietnamesischen Grenze

In Vietnam - Hanoi

Ho Chi Minh und seine Nachfahren

Auf dem Lande

Der ganz normale Alltag

Auf der Suche…

…wer ist Traudl?

Zuerst

Unsere bisherigen Reisen erlaubten das Verweilen und Stöbern in den Tiefen der Geschichte. Kein Reise-Programm zwang uns zum Weiter und Weiter, kein Vielsterne-Hotel schrieb uns vor, wann und in welcher Kluft wir zu welchem Essen zu erscheinen hatten. Unsere örtlichen Bleiben waren zwar nicht immer perfekt-bequem oder gar luxuriös, sie brachten uns aber mit vielen unbekannten, fernen Menschen zusammen.

China ist überwältigend… ist ganz, ganz anders. Die Länder Amerikas, Indien und in Fernost erlebte ich jeweils wie einen bunten Fächer - China als Koloss, als ein großes Ereignis vieltausendjähriger Geschichte, voll spürbarer Umbrüche. Die Freundlichkeit der Chinesen, die wir erlebten, ging mir nahe.

Mein Leben und Reisen mit meinem Partner Frank kennt heftige Auf und Abs. Auf dem Tiefpunkt einer Beziehugswelle Bleib-mir-doch-wo-der-Pfeffer-wächst: „Traudl, ganz unverhofft habe ich wieder Kontakt mit meinem China-Freund in Shanghai von vor 22 Jahren bekommen. Er fragt `Wann kommst du mal wieder vorbei?` Er würde uns den notwendigen Letter-of-Invitation schicken, so könnten wir in diesem Riesenreich drei Monate lang individuell reisen. Uff… ich… ich ließ mich schließlich rumkriegen, sagte mein neu aufgelegtes Golf-Programm ab und für meine Enkelin Helena musste eine andere Betreuung gefunden werden. Es wurde eine aufregend-spannende, eine rasende Reise durch gänzlich Unbekanntes. Von Höhepunkt zu Höhepunkt, innerlich wie äußerlich. So lade ich euch ein, kommt-mit-nach-China! Mit eurer Traudl.

Shanghai

Erste Eindrücke

Figuren wie schwarzhaarige Barbie Puppen, mit wippenden Kurzröckchen, in Seiden- und Gazekleidchen, vornehm und burschikos-spitzbübisch, auch in Hotpants und überhaupt Mode wie bei uns - Made in China – so kommen sie daher die jungen Mädchen, wie auf dem Laufsteg: modebewusst, modern, voller Zukunftselan und Selbstbewusstsein. Sie spiegeln das hoch moderne Architekturbild einer zukunftsorientierten Finanzmetropole wider, deren futuristische Skyscraper die Peripherie des Himmels zu bevölkern scheinen, erst in monotonen Formen, dann je mehr man sich dem Zentrum nähert, in skurrilen, wundersamen, fast märchenhaften Dach-Abschlüssen und Fassaden. In diesen Türmen treffen sich die Wirtschaft und das Kapital der ganzen Welt. Digital versteht sich. Und so geben sich auch die Menschen, wo sie gehen, stehen und sitzen, digital über ihr i-Phone oder tablet, immer mit sich und damit beschäftigt, über Botschaften, Spiele, Bildchen oder gar Filme. So wie bei uns, nur in der kompakten Menge habe ich dies bei uns noch nicht erlebt. Allerdings leben in China auch kompakte 1,3 Milliarden Menschen. Und wir laufen herum wie „Alice im Wunderland“.

Der erste Kontakt mit diesem Riesenreich war ein ganz furchtbarer. Mein Koffer war nicht auf dem Band im Flughafen. Er konnte auch nicht in Hongkong, unserer 2. Zwischenstation, gefunden werden. Mir schwante Schreckliches, unsere 1. war Zürich, zehn Stunden westwärts. Man vertröstete mich auf mehrere Tage, ich schickte China zur Hölle. Nach einer langen Nacht, gespickt mit Alpträumen, erhielten wir die Nachricht, dass das Gepäckstück aufgefunden worden wäre. Der Himmel hing nun wieder voller Geigen. Auf diese Weise machten wir gleich die enge Bekanntschaft mit dem weit verzweigten U-Bahnnetz. 16 Metrolinien durchqueren wie die Maulwürfe die unterirdischen Gänge mit riesigen Umsteige– und Einkaufsstationen, darüber erheben sich Türme, die weit in den Himmel ragen. Wie hält die Erde das aus, auf der zudem noch ca. 30 Millionen Menschen – Tendenz steigend - wohnen?

Als ich glücklich endlich meinen Koffer im Flughafen wieder in Besitz nehmen kann, kommt ein Abenteuer technischer Art auf uns zu. Eine kurze Strecke fahren wir mit der Magnet-Hochgeschwindigkeitsbahn zurück. Sie ist eine deutsche Erfindung, wurde aber aus vielen Gründen an die Chinesen mit dem gesamten Knowhow verkauft. Bei 300 km/h wird mir in jeder Kurve leicht flau im Magen. Die Stadt-Landschaften fliegen an uns vorbei und ich bin erleichtert, dass die Höchstgeschwindigkeit von 400 km/h wohl nicht beabsichtigt ist, erreicht zu werden.

Unsere Bleibe befindet sich auf dem Campus einer der berühmtesten Universitäten (Jiao Tong) des Landes, die sich immerhin 300 Jahre behaupten konnte. Umgeben von gepflegten Rasenflächen, Blumenrabatten und Platanenalleen, unterbrochen von dickbauchigen Palmen, von altehrwürdigen viktorianischen Gebäudekomplexen fühlen wir uns ringsum vor dem Verkehrsgetöse und den Menschenmassen von einer dicken Mauer beschützt. Das Überraschendste sind die leisen elektrogetriebenen Motorroller, die um uns herumhuschen – welch eine Wohltat - und auch das Straßenbild außerhalb der Mauern vervollkommnen. Warum ist das bei uns nicht möglich? Unser Hotelzimmer liegt im 5. Stockwerk und da winken viele grün-satte Baumwipfel zu uns herauf und uniforme graue Hochhauswohntürme zu uns herunter. Darüber wölbt sich mal ein wolkenverhangener, mal ein sommersonnen durchtränkter Himmel mit mal schwül-regnerischen, mal hochsommerlichen Temperaturen und das Ende September.

Aber der Zeitunterschied und die anderen Lebensumstände machen uns zu schaffen. Und so schlafen wir heute, bereits am 4. Tag mit vielen Unterbrechungen bis ein Uhr mittags und lassen das gewöhnungsbedürftige chinesische Frühstück sausen.

Auf dem Weg zum BUND, das Hindi Wort für Damm, begegnen wir dem alten Shanghai, das im frühen 19. Jahrhundert von den Kolonisatoren geprägt wurde. Der Fluss Huangpu, an dem ursprünglich ein Treidelpfad entlanglief, wurde zum Umschlagplatz für alle Frachtkähne mit Waren (vor allem Reis) aus dem Inneren des Landes. Franzosen, Engländer und Amerikaner wollten hier Handel treiben und zwangen das damalige Kaiserreich, das sich dem Westen nicht öffnen wollte zu Zugeständnissen, zu Konzessionen. Handelshäuser, mächtige Banken sowie Hotels wuchsen wie Pilze aus dem Boden. Und natürlich war dies ein Eldorado für europäische Architektur. Neoklassizismus, Jugendstil, Art-Deco feiern hier in sehr europäischer Manier ein spektakuläres, pompöses Stelldichein. Hier war der Ort des Handels, wo Vermögen gewonnen wurde und genauso auch wieder zerronnen war.

Staunend schlendern wir mit Hunderten von anderen Touristen an der zwar restaurierten, doch sichtbar verblichenen Pracht vorbei – die Lokale verlangen astronomische Preise – und steigen langsam die Treppen zum erhöhten, mit einer Mauer abgeschirmten Hochufer des Flusses empor. Und da, auf dem breiten gepflegten Damm bleiben wir sprachlos stehen. Der Fluss breitet sich tief zu unseren Füßen aus und am jenseitigen Ufer erhebt sich in futuristischer Pracht die Pudong Skyline. Die untergehende Sonne spiegelt sich in den skurrilen Glasfronten und wetteifert mit der glitzernden Wasseroberfläche des Flusses. Die kupfernen Kugeln eines konisch in den Himmel ragenden Turmes tänzeln im rotbräunlichen Licht auf den leicht gekräuselten Wellen. Von einer Biegung des Flusses bis zur anderen erstreckt sich das gigantische Wolkenkratzermeer, das neue Handels-und Finanzzentrum des modernen Shanghais, das schon heute im Morgen lebt.

Leicht benommen landen wir schließlich in einer ganz anderen Welt, in der Welt des alten, ursprünglichen Shanghais. In einer kleinen Nebenstraße stoßen wir auf vielfältigste Straßenhändler mit Gemüsen, Obst, Gewürzen. Die Luft ist geschwängert mit den unterschiedlichsten Gerüchen und mit lauten bis schrillen Tönen, die aus den niedrigen Katen, den kleinen Kneipen und originellen Lokalen entströmen. Wir wollen es wagen, trotz aller Unkenntnis, in einem dieser Lokale zu essen. Die roten Lederpolster laden dazu ein, die Stufen nach unten ins Souterrain erscheinen heimelig. Am Ende des kleinen Raumes hängt ein riesiger Flachbildschirm mit wild bewegten Bildern. Gleich springen fünf Kellner/innen auf uns zu, umringen uns, lauern auf unsere Bestellung, wir fühlen uns bedrängt, uns ist nicht wohl dabei. Schließlich zeigen wir auf Bildchen, von denen wir meinen, es könnte unser Geschmack sein. Frank findet sogar ein Bier im Kühlschrank. Der Bildschirm spuckt einen brutalen Actionfilm aus, ein Kellner gafft mit offenem Mund. Noch eine Familie mit zwei Kindern sitzt am Nebentisch und schaufelt sich mit den Stäbchen durch die Schalen. Endlich kommt das Essen: Gemüse, Fleisch und Reis. Das mangoldartige Gemüse hat mehr Strunke als Blätter, ist halbroh und geschmacklos, das Entenfleisch kommt in Scheiben, ist kalt und besteht mehr aus Knochen, gegen den Reis, mit Eigelb verfeinert, kann man nichts sagen. Das Beste ist noch das Dünnbier. Zum Bezahlen müssen wir den Kellner auffordern, sich vom Hauen und Stechen auf dem Bildschirm zu lösen. Ich denke, das war kein typisches Altstadterlebnis. Was kann man denn auch erwarten, ohne chinesische Sprache.

Die Nacht wird ständig durch schlaflose Phasen unterbrochen. Endlich kommt der Schlaf. Lautes Lachen, ungebremste englische Unterhaltungen auf dem Flur reißen mich plötzlich wieder heraus. Wütend springe ich aus dem Bett, reiße dabei den Fernseher um, stürze zur Tür und erreiche die lärmende Gruppe und bin unmissverständlich im Ton: “Be so kind and continue talking into your rooms, I would like to sleep!“ Betretenes Schweigen, ein gemurmeltes „Sorry“ und dann ist endlich Stille. So verschlafen wir wieder den ganzen nächsten Morgen.

Auf dem kleinen Balkon einer japanischen Bäckerei, der auf eine Gasse herunterschaut, trösten wir uns mit wunderbaren dunklen Brötchen, in die Walnüsse hineingebacken sind und duftendem Kaffee, nachdem ich zuvor, noch schnell, so ganz nebenbei, beim Überqueren der Kreuzung bei Grün fast überfahren werde. Unten an den Ecken der Torbögen zur Wohngasse spielen alte und junge Männer laut lachend und gestikulierend Karten. Es ist Sonntag! Kleine Kinder necken sich auf den Treppen zum Hauseingang, eine Oma belädt ihr Fahrrad kunstvoll mit einem Kinderwagen vor und über dem Lenker und ich staune: Sie fährt sicher, ohne mit der Wimper zu zucken durch das Tor auf die Hauptstraße. Zurück in der Platanenallee begreifen wir schließlich, dass wir im Quartier Francais, also in der sogenannten Französischen Konzession gelandet sind, ein Viertel, das französische Handelsleute Anfang des 19.Jahrhunderts für sich von der chinesischen Regierung ergattern, bzw. erpressen konnten. Und so drückten die Franzosen diesem Viertel ihren eleganten Stempel auf: Kleine edle Boutiquen mit ihren über den Schaufenstern geschwungenen Sonnenschutzvorrichtungen, die sich wie Augenlider darüber klappen. Aus ihnen scheinen geradewegs junge hübsche, zierliche Mädchen mit ihren Lovern herausgekommen zu sein, um Beifall heischend durch die Alle zu flanieren. Herausgeputzte Friseurläden wechseln sich ab mit kleinen Cafés mit französischen Namen. Gott Lob, ich habe ein Kleid an und meine Touristenkluft im Zimmer gelassen. Kunst-und Antiquitätenläden reihen sich an Restaurants, aber auch der Tante Emma-Laden und der preiswerte Mittagstisch finden hier noch Platz. Mitnichten, es ist ein Viertel mit Flair, an der Wohnhäuser im französischen Renaissancestil stehen und Wohlhabenheit ausstrahlen.

So ist es kein Wunder, dass Soong Ching Ling sich hier ein großes Areal für ihre Residenz ausgesucht hat – sie steht heute unter Denkmalschutz – um hier viele Staatmänner aus der ganzen Welt zu empfangen. Sie war die Witwe des Vordenkers und Begründers der 1. Republik des chinesischen Volkes Sun Yat-sen. Sie gehört zu den bedeutendsten Frauen in China und wurde Ehrenpräsidentin der Volksrepublik. Hier lebte sie von 1949 bis 1981. In eine wohlhabende christliche chinesische Familie hineingeboren (der Vater kam aus Amerika als Missionar zurück) sorgte er für eine christliche, westliche Erziehung. In Amerika promovierte sie in Rechtswissenschaften und begeisterte sich dort für die revolutionären Ideen ihres späteren Mannes, des 23 Jahre älteren Sun Yat-sen. So steigen wir mit der Begehung des Hauses tief in die Anfänge der Volksrepublik Chinas ein.

Auf dem Rückweg dreht sich plötzlich ein junger hübscher Bursche um und lacht uns an. Wir erinnern uns, er gab uns den Audioguide und erklärte uns die Bedeutung von Sun Yat-sen. Sein Englisch ist für uns ausgezeichnet. Wir fragen nach einem Weinlokal, und sofort bringt er uns zu einer Bar. Dabei stellt sich heraus, dass er schon in Berlin war und wir verabreden ein Wiedersehen. Nach einem sehr teuren Glas Weißwein, kaufen wir für ein eigenes Frühstück auf dem Zimmer ein, denn oft kommen wir erst um halb neun in den Frühstücksraum, als fast letzte; die Belegschaft fängt um Viertel vor neun an, abzuräumen, fegt um uns herum und wir sind froh, dass sie uns nicht die Stühle unterm Allerwertesten wegziehen. Ein sehr diszipliniertes Volk!

Wir staunen immer wieder über die teuren riesengroßen Autos, die sich auf den Straßen präsentieren und an ihren Seiten parken. Es ist auch Usus über den breiten Bürgersteig bis an die Gebäude, vor allem an die riesigen Scheiben der Restaurants, heranzufahren. Der Gast, der innen sitzt, schaut auf die Blech-Karosserien, die immerhin blitzeblank sind. Dennoch halten wir immer wieder den Atem an, wenn hoch beladene Radler mit geschnürten Pappelagen, noch höher geschichtet als die Karossen, sich immer wieder akrobatisch geschickt unter den dichten Verkehr mischen. Aber der Höhepunkt der Vehikel ist der elektrogetriebene Luxuswagen aus Amerika „TESLA“. Ganze Trauben von Menschen umringen ihn und obwohl er über 100 000 Euro kostet, wird er viel gekauft, versichert mir der Angestellte; ich kann hier trotz minutiöser Suche keinen Kommunismus entdecken.

Wir haben enorme Probleme mit dem Internet – web.de blockiert herausgehende Botschaften an manche Provider. So bitten wir Franks chinesischen Freund Pingao, uns zu helfen. Und so lerne ich Pingao kennen, einen äußerst charmanten, herzlichen und gut aussehenden Chinesen mit vortrefflichen Manieren. Der Versuch, hinter die Internetprobleme zu kommen, misslingt. Dafür lädt er uns zu einem wunderbaren chinesischen Essen ein mit grünem, gedämpften Gemüse, in Öl gegarten, herrlich gewürzten Auberginenschnitzen, scharfen, sehr schmackhaften dünnen Rinderscheiben und natürlich Reis, für die Männer Fisch. Und es gibt herrlich gekühlten Weißwein neben ganz reinem köstlichen Reiswein. Beschwingt bewegen wir uns am nächsten Tag zum Shanghai-Museum, das ganz in der Nähe steht. Schon alleine der Bau und das ganze Wolkenkratzerambiente drum herum ist eine Reise wert und steht den geschichtlichen Artefakten im Inneren des Museums nicht nach.

Wieder wandern wir durch breite Straßenzüge, wo sich alle Finanz-, Handels- und Konsumwelten die Hand reichen, verlassen diese und betreten Nebenstraßen, in denen lange noch mit gediegenen Villen, weit nach hinten versetzt, der Abglanz dieser nachwirkt. Aber, welch ein Erstaunen, da gibt es auch winzige Reparaturwerkstätten, die in ganz primitiver Art und Weise löten, schrauben, zusammensetzen. Hier die teure Bar neben dem kleinen Handwerkerladen, da die kleine Pizzeria, deren Pächterin perfekt englisch spricht, weil sie fünf Jahre in Neuseeland lebte, aus Heimweh zurückgekehrt ist und uns zum Rotwein einlädt, dort der hoch aufgeschossene Chinese, der in Australien studierte, hier nur heiratet und sich dort niederlassen will. Alles scheint hier zu gehen…

Suzhou

Venedig des Ostens

Für drei Tage haben wir nun die Megastadt Shanghai verlassen, um mit einem 300 km schnellen Zug westlich davon in das südliche Jangtse-Beckendelta zu fahren in einen uralten typisch chinesischen, nur 8 Millionen Einwohner-Ort zu fahren. Jetzt bin ich sicher, dass ich in China bin: Pagoden, Tempel, schmale Gassen mit Suppenküchen. Das alte kulturelle Erbe aus der Qing–Dynastie. Hier siedelten sich Literaten, Künstler, Seidenmanufakturen an und neben wunderschönen künstlichen Gärten mit Minigebirgen, Seen und Bonsaipflanzen, durchziehen die ganze Stadt hunderte von Kanälen. Ein Venedig auf Chinesisch!