Konflikte klären ist Chefsache - Barbara Kramer - E-Book

Konflikte klären ist Chefsache E-Book

Barbara Kramer

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Beschreibung

Wenn Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeiten aufeinandertreffen, kommt es über kurz oder lang zu Konflikten. Das ist unvermeidbar. Im beruflichen Kontext geht das meistens zulasten der Produktivität, denn Konflikte kosten viel Zeit, Geld und Nerven. Sie zu klären, ist Aufgabe des Chefs. Was er dafür braucht, sind vier essenzielle Konfliktklärungskompetenzen: Selbstwahrnehmung, Empathie, Kontrolle und Steuerung sowie die Fähigkeit zur Metakommunikation. Dieses Buch liefert eine praxisnahe Anleitung, um diese Kompetenzen zu erwerben oder zu stärken. Es zeigt, wie Konflikte entstehen, welche Konfliktarten es gibt und warum sie ein "notwendiges Übel" in Unternehmen sind. Durch konkrete Praxistipps, Fallbeispiele, Übungen und Leitfäden lernt der Leser, Konfliktgespräche vorzubereiten, durchzuführen und zu einem runden Abschluss zu bringen. Erprobte Modelle wie die Lebensmotiv-Analyse, das Riemann-Thomann-Kreuz oder die Verhaltenspräferenzanalyse helfen der Führungskraft, die eigene Persönlichkeit und die ihrer Mitarbeiter zu verstehen. Darüber hinaus erkennt der Leser, ob er selbst in der Lage ist, den Konflikt zu klären, oder ob er besser externe Unterstützung in Anspruch nehmen sollte. Ziel des Buches ist es, einen Beitrag zu einer Unternehmenskultur zu leisten, in der Konflikte in der Zusammenarbeit als unvermeidbar und essenziell für Fortschritt und Veränderung angesehen werden. Führungskräfte werden befähigt, alle Konfliktparteien an einen Tisch zu holen und ein gemeinsames, strukturiertes und zielführendes Gespräch zu führen. Denn: Konflikte klären ist Chefsache und eine große Chance für Unternehmen.

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Barbara Kramer / Frauke Ion

Konflikte klären

ist Chefsache

Die vier Konfliktklärungskompetenzen erfolgreicher Führungskräfte

Externe Links wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung des Buches geprüft. Auf etwaige Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt hat der Verlag keinen Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-95623-792-8

Lektorat: Anja Hilgarth, Herzogenaurach

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

Titelfoto: ESB Professional/Shutterstock

Illustrationen: Timo Würz

Autorenfoto Barbara Kramer: Ralf Bauer, Köln

Autorenfoto Frauke Ion: Nils Fasel, Köln

Satz und Layout: Lohse Design, Heppenheim | www.lohse-design.de

© 2018 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags.

www.gabal-verlag.de

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Inhalt

Vorwort

Einleitung

Warum Konflikte klären Chefsache ist

Wissenswertes zu Konflikten

Arten von Konflikten

Beziehungskonflikte

Sachkonflikte

Konfliktursachen in Unternehmen

Die vier Phasen der Teamentwicklung

Forming (Test- oder Orientierungsphase)

Storming (Konflikt-, Frustrations-oder Nahkampfphase)

Norming (Normierungs-, Akzeptanz- oder Organisationsphase)

Performing (Arbeits-, Routine- oder Verschmelzungsphase)

Konflikte stoßen Veränderungen an

Die 1. Kompetenz

„Selbstreflexion“ – sich bei sich selbst gut auskennen

Persönlichkeitsanalysen – moderne Reflexionshilfen

Das Riemann-Thomann-Kreuz: Psychologie der Konfliktentstehung

Die Nähe-Strebung

Die Distanz-Strebung

Die Dauer-Strebung

Die Wechsel-Strebung

Fragebogen zur Selbsteinschätzung

Die Verhaltenspräferenzanalyse

Verhaltenspräferenzen erkennen und in Konflikten nutzen

Die Selbst- und Fremdeinschätzung von Verhaltenspräferenzen

Das Reiss Motivation Profile® (Lebensmotivanalyse)

Die 16 Lebensmotive

Mitarbeitermotive erkennen – Konflikten vorbeugen

Das Bedürfnis, Konflikte auszutragen

Die 2. Kompetenz

„Empathie“ – die Gefühle der anderen verstehen

Menschen und ihre Emotionen

Basise motionen erkennen

Die einfachen und die schwierigen Gefühle

Wie entstehen die schwierigen Gefühle?

Der Umgang mit Gefühlen

Die Grundregel im Umgang mit schwierigen Gefühlen

Zuhören, um zu verstehen

Fazit

Die 3. Kompetenz

„Impulssteuerung“ – den Autopiloten stoppen

Der Soziale Spiegel als „Entschuldigung“

Proaktivität: Der erste Schritt zur Konfliktlösung

Fazit

Übungen zur Kontrolle und Steuerung von Gefühlen

Die 4. Kompetenz

Metakommunikation – über Konflikte reden können

Konfliktgespräche führen – menschen-, sach- und situationsgerecht

Die Phasen des Konfliktgesprächs

Konflikte moderieren – die Königsdisziplin der Gesprächsführung

Zwischen den Stühlen – der Chef als Konfliktmoderator

Moderation eines Konfliktgesprächs zwischen Mitarbeitern

Moderation durch einen externen Berater

Maßnahmen zur Konfliktprophylaxe

Regelmäßige Reflexion des eigenen Führungsstils

Teamgespräche als Konfliktprophylaxe

Kollegiale Coaching-Gruppen – Stärkung der emotionalen Führungskompetenz

Schlusswort

Über die Autorinnen

Barbara Kramer

Frauke Ion

Literaturverzeichnis

Vorwort

Wer kennt es nicht: Im Büro herrscht mal wieder dicke Luft. Man redet aneinander vorbei, macht sich gegenseitig das Leben schwer. Und obwohl sie keiner haben will, gehören Konflikte zum Arbeitsalltag, lassen sich nicht vermeiden und entstehen oftmals ganz von selbst, denn: Ungleiche Charaktere, Arbeitsweisen und Interessen treffen aufeinander und kommen sich in die Quere. Dies hat zur Folge, dass Konflikte am Arbeitsplatz, sowohl privat als auch beruflich, zu großem Stress führen können, denn sie sind meistens mit schwierigen Gefühlen verbunden. Und wer innerlich aufgewühlt ist vor Ärger, Wut, Neid oder Gekränktsein, kann sich kaum noch auf die eigentliche Arbeit konzentrieren.

Konflikte am Arbeitsplatz sind somit keine Lappalie. Die Tatsache, dass sie in Unternehmen und Wirtschaft zur Tagesordnung gehören, geben Führungskräfte oftmals nicht gerne zu. Die vorherrschende Angst, mit Sätzen wie „Sie haben wohl Ihr Team nicht im Griff“ als Führungsversager abgestempelt zu werden, hemmt viele Chefs, offen mit Konflikten umzugehen. Zu Unrecht. Wir glauben: Wenn eine Führungskraft in der Lage und gewillt ist, Konflikte in ihrem Team zu erkennen und sich dieser anzunehmen, beweist sie echte emotionale Führungsqualitäten. Meist sind nicht die Interessenunterschiede und Meinungsverschiedenheiten die eigentlichen Probleme, sondern die Art und Weise, wie mit diesen umgegangen wird. Und das kennt jeder aus seinem Leben. Wir alle haben vermutlich schon einmal erfahren, welche Dynamik ein Konflikt entwickeln und wie zerstörerisch er werden kann, wenn er nicht gesehen, geschweige denn an- oder ausgesprochen wird.

Wir wollen deshalb mit diesem Buch einen Beitrag dazu leisten,

dass Konflikte in Unternehmen eine andere Wahrnehmung erfahren – denn sie sind besser als ihr Ruf,dass Konflikte in der Zusammenarbeit als unvermeidbar und notwendig angesehen werden – unvermeidbar und essenziell für Fortschritt und Veränderung,dass genau aus diesem Grund Konflikte nicht mehr versteckt werden müssen: sei es, weil man als Chef nicht weiß, was man damit machen soll, oder aus Sorge, dass einem die Führungskompetenz abgesprochen wird,dass Führungskräfte erkennen: Sie sind zuständig. Nur sie haben die Position und die Macht, die „Streithähne“ an einen Tisch zu bringen, um die Situation zu klären und bestenfalls zu lösen,dass sich Führungskräfte somit der Konflikte annehmen, damit sie nicht im Verborgenen langsam schwelen, wachsen und eines Tages unkontrolliert eskalieren, dass die Konfliktkompetenz von Führungskräften gestärkt wird.

Unserer Erfahrung nach sollten Chefs Konfliktpotenziale möglichst schnell erkennen und bereits entstandene Konflikte gezielt angehen. Kompetent geführte Auseinandersetzungen schaffen eine Streitkultur, in der Veränderungsprozesse in Gang gesetzt werden, die letztlich zu einem verbesserten Klima und zu motivierten Mitarbeitern beitragen können. Dafür ist es hilfreich, dass Führungskräfte verstehen, was den Konflikt verursacht hat, und dass er zunächst geklärt werden muss, bevor der Fokus auf die Lösung gerichtet wird.

Teams, die produktiv sein und nicht durch schwelende Konflikte gebremst werden wollen, brauchen somit einen Konflikt-klärer – und das kann auch der eigene Chef sein. Aus einer „Adlerposition“ heraus schaut er auf das Team, erkennt, wo sich Konflikte anbahnen, und sorgt dafür, dass sie direkt geklärt werden können. Sollte es dennoch zu einer größeren Auseinandersetzung kommen, verfügt er über das nötige Handwerkszeug, um den Konflikt – gemeinsam mit den Konfliktparteien – effizient und effektiv zu klären. So weit die Theorie. In der Praxis braucht es viel Know-how und soziale Kompetenz, wenn es darum geht, Zwischenmenschliches zu erfassen, für alle Parteien annehmbar zu machen und den Konflikt nachhaltig aus der Welt zu schaffen. In Anlehnung an Daniel Golemans Faktoren emotionaler Intelligenz sind es aus unserer Sicht die folgenden vier Konfliktklärungskompetenzen, die Führungskräfte dafür brauchen:

Selbstreflexion: sich bei sich selbst gut auskennenEmpathie: die Gefühle der anderen verstehenImpulssteuerung: den inneren Autopiloten stoppenMetakommunikation: über Konflikte sprechen können

Selbstreflexion und Empathie sind zwei Seiten einer Medaille. Denn: Man erkennt nur, was man kennt. Je besser man sich bei sich selbst auskennt, um die eigenen Gefühle, Überzeugungen und Handlungsmuster weiß, umso einfacher fällt es, sich in andere hineinzuversetzen.

Zu jeder der vier Konfliktklärungskompetenzen bietet dieses Buch eine kurze theoretische Einordnung und viel Praxis in Form von Denkanstößen, Reflexionsübungen, Checklisten und Selbsteinschätzungen sowie Beispiele aus dem Konfliktklärungsalltag unserer Workshop-Teilnehmer und Coachees. All das wird Ihnen dabei helfen, Ihren Werkzeugkoffer um das Tool „Konfliktklärungskompetenz“ zu erweitern. Das Buch gibt somit Hilfe zur Selbsthilfe. Sie erkennen, wie gut Sie für die Konfliktklärung schon aufgestellt sind, welche Ihrer „Werkzeuge“ Sie bereits anwenden und welche vielleicht – obwohl vorhanden – in Vergessenheit geraten sind. Am Ende werden Sie ein Gespür dafür entwickelt haben, wann Sie als Chef einschreiten sollten und wann nur noch ein externer Berater mit entsprechender Expertise helfen kann.

Konflikte sind wichtig. Sie bringen Dinge in Bewegung und im besten Falle Menschen miteinander ins Gespräch. Nutzen Sie diese Chance. Denn:

„Ziel eines Konflikts oder einer Auseinandersetzung sollte nicht der Sieg, sondern der Fortschritt sein.“

(Joseph Joubert, französischer Moralist und Essayist)

Wir haben dieses Buch geschrieben wohl wissend, dass Konflikte klären eine sehr komplexe Angelegenheit ist und es kein allgemeingültiges Rezept dafür gibt. Dennoch sind es die genannten Kompetenzen, Methoden und Vorgehensweisen, die sich in der Praxis bewährt haben und unserer Erfahrung nach hilfreich sind.

Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen, Reflektieren und vor allem bei der erfolgreichen Umsetzung.

Barbara Kramer und Frauke Ion

Einleitung

Warum Konflikte klären Chefsache ist

Konfliktklärung ist Chefsache! Diese Aussage mag provokant klingen, aber wir sind der Meinung, dass Führungskräfte für alle Formen von Störungen in der Zusammenarbeit zuständig sind – schließlich tragen sie die Verantwortung für die Zielerreichung und ein gutes betriebswirtschaftliches Unternehmensergebnis.

Immer dann, wenn Mitarbeiter ein Verhalten zeigen, das die Zusammenarbeit erschwert, ein gutes Betriebsklima stört, die gesetzten Ziele gefährdet und dadurch dem Unternehmen betriebswirtschaftlich schadet, sollten Führungskräfte also handeln. Denn: Laut einer Konfliktkostenstudie der KPMG (zum Download unter https://www.kpmg.de/Publikationen/30558.asp) senken Konflikte die Produktivität in Unternehmen um 25 Prozent. Die Gründe dafür liegen auf der Hand: mangelnde Kommunikation, angespanntes Klima, Verlust an Lebensqualität, Machtspiele – Informationen werden nicht weitergegeben, Entscheidungen können nicht bestmöglich getroffen werden, Lösungen werden unzulänglich umgesetzt. Und da Konflikte eine Menge Aufmerksamkeit absorbieren, sind die Kreativität und das Innovationsstreben erheblich eingeschränkt. Menschen werden krank oder verlassen das Unternehmen ganz, weil sie in einem angespannten Klima nicht länger arbeiten möchten. Gerade junge Menschen der Generation Y sind dazu immer weniger bereit. Dass also ein Viertel des Umsatzes von der Kommunikationsqualität abhängt, verdeutlicht die unmittelbare betriebswirtschaftliche Relevanz, sich um Konflikte zu kümmern und einen hilfreichen Umgang mit ihnen zu finden.

Konfliktdefinition

Was ist eigentlich ein Konflikt und wie reagieren wir darauf? In Anlehnung an die Definition von Fritz Glasl ist für uns ein Konflikt eine soziale Interaktion (zwischen Menschen), in der es Unvereinbarkeiten gibt (Bedürfnisse, Werte, Ziele etc.), die mit einer emotionalen Beeinträchtigung (schwierige Gefühle) einhergehen.

Anhand der folgenden Grafik zeigen wir, welche automatischen Reaktionsmechanismen in Konflikten wirksam sind und welche Kompetenzen helfen, eine faire Konflikt- und effektive Kommunikationskultur zu schaffen.

Reaktionsweisen im Konflikt

Vereinfacht dargestellt spielt sich in uns folgendes Geschehen ab: Wenn wir ein Bedürfnis haben, das erfüllt wird – sagen wir, wir fühlen uns respektiert und verstanden –, löst das Freude, Glück und Zufriedenheit aus. Wird unser Bedürfnis nicht erfüllt, reagieren wir innerlich eher mit Frust, Ärger und Beleidigtsein. Dies geschieht in Millisekunden im Basissystem unseres Gehirns – der „neurobiologischen Heimat von Affekten und Impulsen“, wie der Neurobiologe Joachim Bauer es nennt. Unser Körper reagiert dann – individuell unterschiedlich – mit alten Handlungsmustern: Angriff, Sichtotstellen oder Flucht. Diese Erstreaktionen sind unwill­kürlich und unterliegen zunächst nicht unserem willentlichen Einfluss.

Bleiben wir in diesen Handlungsmustern gefangen, hat es zur Folge, dass wir:

laut werden,aggressiv angreifen,zynisch und sarkastisch werden,Konflikte verleugnen,uns zurückziehen und den Kontakt vermeiden,krank werden,„hintenherum“ sabotieren,uns Mobbingstrategien ausdenken usw.

Diese Automatismen sind nicht hilfreich – für keine Form von Beziehung und schon gar nicht für den Arbeitsalltag von Führungskräften. Nach der unwillkürlichen Erstreaktion braucht es somit eine willkürlich gesteuerte Entscheidung, um einen anderen, zielführenden Umgang mit der konfliktgeladenen Situation zu finden. Diese Entscheidung wird im präfrontalen Kortex unseres Gehirns getroffen. Laut Joachim Bauer ist das die neurobiologische Adresse des freien Willens, der Menschen in die Lage versetzt, ihre Aufmerksamkeit zu steuern und absichtsvoll zu fokussieren – weg von unwillkürlichen Handlungsmustern hin zur willkür­lichen Entscheidung.

Im Klartext heißt das: Führungskräfte müssen bewusst die vier Konfliktkompetenzen

Selbstreflexion, Empathie, Impulssteuerung sowie Metakommunikation

einsetzen, wenn sie langfristig erfolgreich mit Konflikten umgehen und so Geld, Zeit und Nerven sparen wollen.

Jede dieser vier Kernkompetenzen beleuchten wir in einem eigenen Kapitel.

Es gibt aber noch eine weitere Herausforderung für Führungskräfte: Ihr Werkzeugkasten ist häufig voll mit Tools, die ihnen dabei helfen, das operative Geschäft zu meistern. Davon werden nur wenige und meistens dieselben benutzt. Dies ist dem Erwartungsdruck geschuldet, dem die Führungskräfte von heute ausgesetzt sind. Sie haben häufig mehr Aufgaben auf der Agenda, als sie bewerkstelligen können: die Produktivität steigern, die Kosten kontrollieren und reduzieren, die Umsatzerwartungen erfüllen, den Markt beobachten, Kunden akquirieren und pflegen, Beschwerden managen, Strategien entwickeln und umsetzen, Innovationen anstoßen und unterstützen und „ganz nebenbei“ auch noch die Mitarbeiter führen. Und jetzt sollen diese geplagten „Alleskönner“ sich auch noch mit Konflikten bzw. der Konfliktklärung und -prävention beschäftigen? Wie passt das in einen Arbeitsalltag? Sicher gibt es schwierige Situationen, die ohne einen externen Experten nicht zu lösen sind. Aber vermutlich gibt es noch öfter Konflikte, in denen Sie als Führungskraft Ihre Führungskompetenz beweisen können: indem Sie Spannungen wahrnehmen und ansprechen, was „schiefläuft“, bevor ein Konflikt eskaliert oder sich manifestiert. Es ist deshalb ratsam, Ihre vielen Aufgaben einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und eine Inventur zu machen, um zu entscheiden, welche Aufgaben letztendlich Führungsaufgaben sind. Eine Führungskraft muss eben nicht die beste Fachkraft sein. Eine Führungskraft hat als oberste Priorität, ein Umfeld zu schaffen, in dem die Teammitglieder ihre Aufgaben bestmöglich erledigen können. Das bedeutet auch, in Situationen, in denen sich die Mitarbeiter in Konflikten, Disharmonien und /oder Unstimmigkeiten verlieren, für Klarheit und Weitsicht zu sorgen. Dazu gehört, sich für Aussprachen starkzumachen, damit das Umfeld wieder in Balance gerät, offen miteinander und nicht übereinander spricht, Vertrauen wiederaufgebaut wird und gemeinsame Ziele verfolgt werden können.

Bevor wir die vier Kernkompetenzen beschreiben, skizzieren wir im folgenden Kapitel kurz die verschiedenen Arten von Konflikten und deren Ursachen. Außerdem zeigen wir anhand des Teamentwicklungsmodells von Tuckman, dass Konflikte im Arbeitsalltag tatsächlich unvermeidbar sind.

Wissenswertes zu Konflikten

Arten von Konflikten

Wir alle haben ganz unterschiedliche Strategien, an Konflikte heranzugehen – schließlich hat jeder Mensch eine individuelle Persönlichkeit, wurde auf eine bestimmte Art und Weise erzogen und ist geprägt durch seine persönlichen Erfahrungen, die er im Laufe seines Lebens gemacht hat. Dementsprechend schwierig können (notwendige) Beziehungen zu Menschen sein, die ganz anders sind als wir.

So vielfältig wir Menschen sind, so vielfältig sind auch die Konflikte, die zwischen uns entstehen. Und sosehr wir es auch wollen – den meisten Konflikten können wir nicht entgehen. Friedemann Schulz von Thun bringt diese Tatsache so auf den Punkt: „Menschen, die miteinander zu schaffen haben, machen einander zu schaffen!“

Konflikte haben durchaus auch gute Seiten

Konflikte haben vor allem in Unternehmen einen ziemlich schlechten Ruf: Sie verbreiten eine negative Stimmung und kosten am Ende Geld. Doch Konflikte haben auch eine gute Seite: Sie sind unentbehrlich für Entwicklungsprozesse. Konflikte helfen dabei,

Unterschiede – den vermeintlichen Sand im Getriebe – zu erkennen, zu akzeptieren und konstruktiv zu nutzen,unterschiedliche Meinungen, Bedürfnisse, Sicht- und Verhaltensweisen als Wettbewerbsvorteil zu verstehen und einen Entwicklungsprozess in Gang zu setzen, der ohne den Konflikt nicht möglich wäre.

Entscheidend dafür, ob Konflikte zu Wachstum und Entwicklung führen, ist, wie sie geklärt und gelöst werden. Das offene Ansprechen erfordert Mut und ist keine einfache Angelegenheit, schafft aber die notwendige Basis, auf der weitergesprochen und eine gemeinsame Lösung gefunden werden kann. Manchmal ist es hilfreich, dass der Konflikt zuerst einmal definiert wird und einen „Namen“ bekommt, um sich klarzumachen, wo er herrührt. Es gibt unterschiedliche Arten von Konflikten:

Beziehungskonflikte (z. B. Rollenkonflikte, persönliche Angriffe, Vertrauenskonflikte, Grenzkonflikte etc.)Sachkonflikte (z. B. Bewertungskonflikte, Rechtskonflikte, Verteilungskonflikte etc.)Bedürfnis- und InteressenkonflikteInnere Konflikte

Im Folgenden werden Sie einige „Unterkategorien“ der oben genannten Konfliktarten genauer kennenlernen.

Beziehungskonflikte

Beginnen wir mit den Beziehungskonflikten. Sie bringen häufig besonders unangenehme Gefühle wie Wut, Angst, Enttäuschung oder Rache mit sich:

Grenzkonflikte

Eine Beziehung wird durch die Grenzen bestimmt, die Menschen miteinander (bewusst oder unterbewusst) definiert haben. Wenn diese Grenzen überschritten werden – beispielsweise durch eine nicht angemessene Aussage über die familiäre oder finanzielle Situation des Gegenübers –, dann kann es zu einem Grenzkonflikt kommen: Der „normale“ Fluss der Beziehung wird unterbrochen und einer der Beteiligten fühlt sich zum Beispiel gekränkt, ungerecht behandelt, übervoreilt, in seinem Freiraum beschnitten usw. Bei Grenzkonflikten geht es häufig auch um soziale Normen und die Fragen „Ist das Verhalten für mich inakzeptabel?“, „Wo ziehe ich hier meine moralischen und ethischen Grenzen?“. Grenzkonflikte finden sich auch in Situationen, in denen sich jemand beispielsweise unaufgefordert in den Verantwortungsbereich des anderen einmischt.

Persönliche Angriffe

Bei dieser Art von Auseinandersetzung geht es um Angriffe auf das Selbstwertgefühl oder die Identität, z. B.: „Du bist häufig sehr abweisend und unfreundlich und behandelst mich nicht wie die anderen Kollegen.“ In dieser Situation fühlen sich die Betroffenen in ihrer Integrität und Individualität verletzt. Sie reagieren beleidigt, angegriffen, fühlen sich vor den Kopf gestoßen, weil die Äußerung des Gegenübers nicht zum eigenen Selbstbild passt („Ich möchte immer freundlich und hilfsbereit sein und alle Kol-legen in gleicher Art und Weise behandeln“). Die Aussage (Du-Botschaft) des Kollegen wird dann als persönlicher Angriff auf das Selbstkonzept verstanden.

Vertrauenskonflikte

„Legst du mich gerade rein?“, „Bist du loyal?“, „Ist dein Lob berechnend?“- diese Fragen liegen in Vertrauenskonflikten in der Luft. Sachinformationen werden bewusst verschleiert und Appelle verdeckt formuliert. Kommt der Empfänger der „falschen“ Botschaft dem Gegenüber auf die Schliche, fühlt er sich verraten, und nicht selten entwickelt sich eine schwerwiegende Auseinandersetzung.

Rollenkonflikte

Sobald ein Mensch eine Rolle einnimmt, zum Beispiel die des Chefs, wird er unweigerlich mit unterschiedlichen Erwartungen seiner Mitarbeiter, des Vorstands oder anderer Führungskräfte konfrontiert. Der Vorstand trifft beispielweise eine Entscheidung, die den Mitarbeitern nicht gefallen wird, und fordert von der Führungskraft die Durchsetzung der Entscheidung. Diese unterschiedlichen und widersprüchlichen Erwartungen der Rollenpartner können dann einen inneren Rollenkonflikt verursachen.

Wenn ein und dieselbe Person mehrere Rollen besetzt, diese aber unvereinbar sind (ein Mitarbeiter der Personalabteilung wird zum Beispiel gleichzeitig in den Betriebsrat gewählt), kommt es zu sogenannten Inter-Rollenkonflikten.

Sachkonflikte

Kommen wir nun zu den typischen Sachkonflikten:

Bewertungskonflikte

Unter „Bewertungskonflikten“ lassen sich alle Wahrnehmungs- und Wertekonflikte verstehen, bei denen es um unterschiedliche Sicht- und Verhaltensweisen geht, ohne dass jemand sicher wissen kann, ob sie richtig oder falsch sind. Es herrscht zum Beispiel Uneinigkeit über Brauchbarkeit, Sinnhaftigkeit, Nützlichkeit, Ideen, Verantwortlichkeiten, Pläne usw. Typische Formulierungen innerhalb von Bewertungskonflikten sind: „Das sehen Sie völlig falsch“ oder „Es ist doch klar, dass …“. Jemand, der so spricht, signalisiert dem anderen, dass er mit seiner Sichtweise falschliegt. Eine handfeste Auseinandersetzung ist vorprogrammiert. Stattdessen sollten lieber Formulierungen wie „Ich glaube …“, „Mir scheint …“ oder „Meine Sicht der Dinge ist …“ genutzt werden. So wird die subjektive Bewertung der Situation deutlich.

Rechtskonflikte

Im Rechtskonflikt geht es nicht um das Rechthabenwollen (das wäre eher ein Beziehungskonflikt), sondern um die Frage „Wer ist objektiv im Recht?“. Für diesen Konflikt ist typisch, dass die Beteiligten Beweise, Gründe, Indizien und manchmal sogar Zeugen suchen, die ihre Meinung oder Aussage bestätigen.

Verteilungskonflikte

Hierunter sind ökonomische Konflikte zu verstehen, in denen es um „knappe“ Mittel geht, die nicht in ausreichender Menge zur Verfügung stehen (Finanzen, Arbeitskraft, Gegenstände). Auf diese erheben mehrere Personen Anspruch, zum Beispiel: „Ich möchte dieses Büro haben“, „Diese Marktanteile stehen unserem Unternehmen zu“, „Ich brauche den Konferenzraum heute den ganzen Tag“ usw.

Bedürfniskonflikte

Ein Bedürfniskonflikt liegt dann vor, wenn das Verhalten einer Person die Befriedigung eines Bedürfnisses einer anderen beeinträchtigt. Da Bedürfnisse sehr individuell und leicht zu begründen sind, kann man sie nur anerkennen. Geschieht dies nicht, kommt es möglicherweise zu einem Konflikt, weil sich der andere in seinen Bedürfnissen nicht ausreichend wertgeschätzt fühlt.

Interessenkonflikte