Kopf hoch und klar sehen - Judith Bolz - E-Book

Kopf hoch und klar sehen E-Book

Judith Bolz

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  • Herausgeber: tredition
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

"Nimm den Kopf hoch beim Sehen und schau in die Welt", vermittelt die Autorin Judith Bolz in ihrem Buch Kopf hoch und klar sehen. "Sieh weniger auf das Handy, sondern geh in unmittelbare Beziehung mit Dingen und Menschen, statt den Blick gebannt auf den Bildschirm zu halten." Seit 30 Jahren arbeitet Judith Bolz im Themenbereich Sehen und Sehweisen und gibt Seminare zum gesunden Sehen. Dabei beobachtet sie, dass nicht nur Erwachsene, sondern schon Kinder unter der Belastung durch die Nutzung digitaler Medien leiden. Sie stellt fest, dass der intensive Gebrauch der Medien von Kindesbeinen an, Risiken und Nebenwirkungen der kindlichen Entwicklung mit sich bringt und belegt dies mit vielen aktuellen Studien. Ihr Buch klärt über diese Risiken für die Augen, das Gehirn und die Psyche auf und hält vielfältige Lösungen bereit. Das liebevoll bebilderte Buch gibt Eltern und Pädagogen sieben Schlüssel an die Hand, Kinder beim Wachsen in digitalen Zeiten zu begleiten. Im umfangreichen Praxisteil findet der Leser viele Sehspiele und Übungen zur Stärkung der Sehkraft und des Lernvermögens von der Kita bis zur Schule.

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Seitenzahl: 172

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Judith Bolz

Kopf hoch und klar sehen

Sieben Schlüssel für Eltern, Erzieher und Lehrer,Kinder in digitalen Zeiten zu begleiten

Impressum:

© 2019 Judith Bolz

Umschlag, Illustration: Judith Bolz

Lektorat, Korrektorat u. Satz: Angelika Fleckenstein, Spotsrock

Alle Rechte an Text und Grafiken Judith Bolz

Verlag & Druck:

tredition GmbH

Halenreie 40–44

22359 Hamburg

ISBN

Paperback

978-3-7497-3115-2

Hardcover

978-3-7497-3116-9

e-Book

978-3-7497-3117-6

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Informationen zu Seminaren,Fortbildungen und EinzelberatungenVivaCreavistaJudith BolzTelefon: 02129/[email protected]

Inhaltsverzeichnis

Geleitwort

Danksagung

Vorwort

Einleitung

1. Die frühkindliche Entwicklung

1.1 Wichtige frühkindliche Reflexe

1.2 Sinnesentwicklung/Sinnesintegration von Kindern

1.3 Motorik und Sehen

1.4 Sehentwicklung von Kindern

1.5 Bindung und Kontakt

2. Digitale Medien in der Lebenswelt von Kindern

2.1 „Digital Natives“ – Nutzerverhalten

2.2 Beziehung und Kontakt

2.3 Medien und Erziehung

3. Blick der Wissenschaft auf die digitalen Medien

3.1 Das Gehirn – eine kleine Einführung

3.2 Erkenntnisse der Hirnforschung

3.3 Auswirkungen von Medien auf das Lernen

3.4 Psychologie und Medien

3.5 Medienpädagogik

3.6 Suchtgefährdung durch digitale Medien

3.7 Mediennutzung und Kurzsichtigkeit

3.8 Handynacken – Smartphone belastet Nacken

3.9 Licht und Medien

4. Praxisteil

4.1 Sicht- und Sehweisen aus der Praxis

4.2 Hinweise für visuelle Wahrnehmungsstörungen bei Kindern

4.3 Sehspiele zur Sehförderung für die Kleinen

4.4 Sehspiele für Kinder in der Kita

Sehspiel 1 – Gummibärchen-Spiel

Sehspiel 2 – Körperlockerung

Sehspiel 3 – Blinzeln wie ein Schmetterling

Sehspiel 4 – Augen so beweglich wie eine Hummel

Sehspiel 5 – Rettet die Burg Fels von Annabell

Sehspiel 6 – Forscherblatt Augenfarbe

Sehspiel 7 – Augen schweben auf Wolken

Sehspiel 8 – Bilder in den Kopf zaubern

Sehspiel 9 – Lieblingsgeschichten erzählen

Sehspiel 10 – Foto Klick

Sehspiel 11 – Bilderkino: Gruppenübung mit Kindern

4.5 Schulreife – Übungen für Schulkinder

Übung 1 – Augenbeweglichkeit für die Lesefertigkeit

Übung 2 – Freier Kopf und leichtes Lernen

Übung 3 – Ausgleichsübung für den Handynacken

Übung 4 – Sehen-Hören-Spüren

Übung 5 – Ich schaffe das – Angst vor Prüfungen auflösen

Übung 6 – Aktivierungsübungen für dein Gehirn

Übung 7 – Problemkorb – Erfolgskorb

Epilog

Literatur

Studien, Dokumentationen und Reportagen

Links

Geleitwort

Ein Buch, welches Eltern und Pädagogen die Augen öffnet und das Herz.

Es rüttelt wach und lässt uns einmal besser verstehen, welche wunderbaren Möglichkeiten wir Menschen haben, wenn wir all unsere Sinne nutzen. Wie wichtig es ist, sich immer wieder klar zu machen, dass erst die vielen tausend Erfahrungen des Kleinkindes beim Sehen, Hören, Schmecken, Tasten, Fühlen aus dem Gehirn dieses großartige Organ machen, welches flexibel und adäquat auf alle möglichen Veränderungen reagieren kann, die ein Menschenleben für uns bereit hält.

Als Eltern, Ärzte und Pädagogen können wir nicht länger darüber hinwegsehen, dass unsere Kinder in einer digitalen Welt diese Sinneserfahrungen nicht machen können, die sie für eine gesunde Entwicklung benötigen. Darum brauchen wir einen Umgang mit den Medien, und das Buch von Judith Bolz gibt uns dafür viele Hinweise.

Kopf hoch, wir brauchen aufrechte und wache Menschen, die mit offenen Augen durch die Welt gehen, wenn wir die Herausforderungen dieses Jahrhunderts meistern wollen!

Sabine Metz-Plaum

Ärztin für Klassische Homöopathie

Danksagung

Meinem Mann, Rolf Rheinschmidt, danke ich für die Unterstützung während der langen Zeit des Schreibens, für all seine Geduld und den Austausch und das Korrekturlesen aller Texte.

Ich bedanke mich bei meinem 15-jährigen Sohn, Joshua, der mich ein Stück weit zum Thema hingeführt hat und mit dem ich viele Kapitel im Buch besprechen konnte. Seine Sichtweise hat mich dabei sehr bereichert.

Mea Voß, NLP-Expertin in Bochum, unterstützte mich darin, das Buch überhaupt in Angriff zu nehmen und ein so großes Projekt zu wagen. Barbara Frei fragte mich spontan, ob sie mein Buch vorlektorieren soll, und Bettina Bennemann knöpfte sich den zweiten Teil des Buches vor. Es war eine große Erleichterung für mich, den Text an euch Profifrauen abzugeben. Euch allen danke ich sehr.

Ich danke meinem Frauennetzwerk Natali Zindel, Mara Kaufhold und all den vielen anderen, die sich mit ihrem Engagement eingesetzt haben, wenn ich in einem Schreibloch steckte und neue Inspirationen brauchte.

Mein Dank gilt auch den Kollegen aus dem Forum Ganzheitlich Sehen: Marianne Wiendl, Wolfgang Hätscher-Rosenbauer, Barbara Brugger und Uschi Ostermeier-Sitkowski. Die Zusammenarbeit, der Austausch und die gemeinsame Organisation der Symposien „Ganzheitlich Sehen“ ist mit ein Nährboden für das Buch gewesen.

Für das Geleitwort bedanke ich mich bei Sabine Metz-Plaum. Sie ist eine wunderbare Homöopathin, bei der die Gespräche so heilend wirken, dass es die kleinen Kügelchen eigentlich nicht mehr braucht.

Ein ganz herzlicher Dank geht auch an meine Lektorin Angelika Fleckenstein, die mich mit Zuversicht und Herz begleitet hat. Schon beim ersten Telefonat hatte ich das Gefühl, ein zweites Buch mit ihrer Unterstützung schreiben zu wollen, obwohl ich vorher gesagt hatte „nie wieder ein Buch schreiben“. Dieser gute Draht hat sich während ihrer Begleitung noch verstärkt. Vielen Dank für die Freude an meinem Buch, die Unterstützung und das gute Händchen beim Setzen der Bilder.

Zuletzt danke ich auch mir selbst, dass ich durchgehalten habe und trotz aller Schwierigkeiten und Unwägbarkeiten drangeblieben bin, einfach weil dieses Buch geschrieben werden musste.

Vorwort

Seit vielen Jahren bin ich als Diplompädagogin und Coach mit dem Schwerpunkt Sehen selbstständig. Während meines Pädagogikstudiums habe ich die Ausbildung zur Sehtrainerin gemacht und die Augen und das Sehen immer in meine Arbeit einbezogen.

Anlässlich der Geburt meines Sohnes 2003 habe ich mich vermehrt mit der kindlichen Sehentwicklung beschäftigt und einen Bildvortrag dazu gestaltet. Zu dieser Zeit konzipierte ich ein Seminar zum Thema „Kinder sehen spielend besser“, das ich in pädagogischen Einrichtungen durchgeführt habe. Einige Jahre später entwickelte ich mit meiner Kollegin Marianne Wiendl ein gemeinsames Seminar mit dem Titel „Sehpotentiale von Kindern fördern“, und wir bildeten Sehtrainer zu diesem Schwerpunkt fort.

Seit der Geburt meines Sohnes sind nun 15 Jahre vergangen und die digitalen Medien wie Tablet, Handy und Co sind in die Kinderzimmer eingezogen. Wo früher vor zu viel Fernsehen gewarnt wurde, steht heute eine Vielzahl digitaler Medien zur Verfügung, was die Kindererziehung vor neue Herausforderungen stellt. Als Mutter musste ich mich ebenfalls mit dem Thema auseinandersetzten und führte regelmäßig Gespräche über weniger Medienkonsum mit meinem Sohn. Ich versuchte herauszufinden, warum Kinder gerne Medien nutzen und wie wir Kinder unterstützen können, einen selbstständigen, sinnvollen und begrenzten Umgang mit den Medien zu finden und die Augen zu schonen.

Auf der 8. Kindertagung der Hypnotherapeuten mit dem Titel: „Aufwachsen im digitalen Zeitalter“ führte ich einen Workshop durch, bei dem ich aufzeigte, wie wir unsere Kinder in digitalen Zeiten visuell schützen und stärken können. Bei der Vorbereitung des Workshops wurde mir bewusst wie facettenreich das Thema ist, wie wichtig Augenkontakt für die Bindung ist und was alles wegfällt, wenn das Medium Handy zwischen Mutter und Kind geschaltet ist. Ich habe genauere Beobachtungen angestellt und gesehen, wie junge Mütter oder Väter telefonieren oder whatsappen, während das Kind mehr oder weniger isoliert im Kinderwagen sitzt. Mir fielen vermehrt die fahrbaren Babyschalen auf, die die frühkindliche Bewegungsentwicklung blockieren und eine gekrümmte Haltung verursachen. Ich beobachtete Kinder und Jugendliche, wie sie mit dem Handy vor den Augen die Straße überqueren. In Gesprächen mit Erzieher*innen, Hebammen und Ärzten wollte ich wissen, welche Herausforderungen das Handy in diesen Bereichen hervorruft. Ich merkte, es wird Zeit dem Bereich der kindlichen Sehentwicklung und dessen Förderung einen guten präventiven Platz in der digitalisierten Kindheit zu geben und in Seminaren über das noch unbekannte Thema aufzuklären.

Daraufhin fand ich Unmengen von Studien über zunehmende Kurzsichtigkeit bei Kindern und Jugendlichen und die Vermutung, dass die frühe Nahsicht auf digitale Medien Kinderaugen kurzsichtig macht. Im Rahmen einer Vorlesung zur Ergonomie habe ich Studenten darauf hingewiesen, dass Ergonomie schon in frühen Jahren beginnt, wenn die Kleinen zu früh über das Handy wischen. Ich klärte sie über die Auswirkung von Medien auf die kindliche Entwicklung und das Sehvermögen auf. Dies war den jungen Menschen nicht bewusst und machte sie sehr betroffen. Viele änderten ihr Medienverhalten danach sofort, indem sie, z. B. das Handy aus dem Schlafzimmer verbannten. Heute bilde ich Sozial- und Heilpädagog*innen, Erzieherinnen und Lehrer*innen und diesem Thema fort.

Ich wünsche mir, dass das Buch für Eltern und Pädagogen einen guten Einblick in die frühkindliche Sehentwicklung und Bindungsfähigkeit ihres Kindes gibt und neue Blickweisen und Lösungsansätze zum Thema Kinder und Medien eröffnet. Im ersten Teil meines Buches mache ich Sie mit der Theorie vertraut und im zweiten Teil gebe ich Ihnen praktische Übungen an die Hand, mit denen Sie Kinder auf dem Weg zum „Sehen mit allen Sinnen“ unterstützen und stärken können.

Einleitung

Mein Buch „Kopf hoch und klar sehen“ zeigt auf, wie sich Kinderaugen frei von Medien gut entwickeln dürfen. Ich möchte Ihnen, liebe/r Leser*in, zeigen, wie viel Ressourcen in den Augen stecken, wenn sich das Sehen frei entfalten kann. Die Augen sind der Schlüssel zu leichtem Lernen, stärken eine gute Hand-Auge-Koordination und sind damit von großer Bedeutung für die Schulreife. In den ersten Lebensjahren eines Kindes wird das Fundament gelegt für die visuelle Wahrnehmung und die visuellen Anforderungen in späteren Jahren.

Ganz besonders die Kita, aber auch die Schule sollte ein Ort sein, an dem sich Kinderaugen frei von Medien entwickeln und neugierig die Welt entdecken dürfen. Eltern, Erzieher und Lehrer können die visuelle Wahrnehmung von Kindern fördern und über Sehspiele die Augen stärken und damit Verknüpfungen und Denkprozesse im Gehirn anregen. Ich plädiere in meinem Buch für eine achtsame Begleitung der kindlichen Sehentwicklung durch Eltern, Pädagogen und Lehrer. Dafür möchte ich Ihnen Wissen über diese Entwicklung an die Hand geben. Auch die frühkindliche Bindung und Beziehung wird durch einen aufmerksamen und liebevollen Augenkontakt zu Kindern gestärkt. Das braucht Zeit und Präsenz.

Was geschieht dagegen, wenn unsere Kinder zu früh auf Handy, Tablet und Co schauen? Wie wirkt sich dies auf die Augen und die anderen Sinne aus? Die digitalen Medien verändern unser Leben immer mehr, besonders das Leben der Kinder und damit auch unser Familienleben. Zuerst nahm der PC Einzug in jeden Haushalt, dann das Internet und seit zirka zehn Jahren das Smartphone. Heute sollen schon die Grundschulen digitalisiert werden. Viele Kinder tragen das Handy wie ein Kleidungsstück am Körper und haben es so oft vor der Nase, dass sie früh kurzsichtig werden. Fast alle Erwachsenen und Kinder besitzen ein Smartphone, unabhängig von der sozialen Schicht. Kinder spielen früher und länger am Handy, und viele Eltern stellen sich die Frage, wie sie mit dem Medienkonsum der Kleinen umgehen sollten.

Mein Buch zeigt Gefahren und Risiken in Bezug auf die frühkindliche Entwicklung auf und hält Lösungen bereit, wie die Seh- und Beziehungsfähigkeit von Kindern gestärkt werden kann. Ich möchte mit meinem Buch Eltern, Erzieher und Lehrer darin unterstützen, Kinder so zu begleiten, dass sie ihre Sehkraft gut entfalten und sich selbstbestimmt in der digitalen Welt orientieren und behaupten können. Sehen kann dann als Schlüsselressource erkannt werden, die ganz besonders in der digitalen Welt gefördert werden muss. Spiel- und Lernräume für Kinder, die frei von Medien sind, unterstützen Kinder dabei ihre Sinne und Lebenskompetenzen gut auszubilden, die sie später im Umgang mit Medien brauchen. Für das Sehen an Bildschirmen brauchen wir ein gutes Zusammenspiel von beiden Augen. Und wenn Medien zu früh Einzug in die Schule halten, verlieren Kinderaugen vom vielen nah Schauen ihre Beweglichkeit. Die Augen schauen starr vor sich hin, und die Denkprozesse werden träge, sogar die Stimmung und Laune sinken. Im Zeitalter der Digitalisierung der Schulen braucht es schon hier Prävention für unsere Kinder, damit sie locker und unbeschwert lernen und ihre Fähigkeiten abrufen können.

Im theoretischen Teil meines Buches stelle ich die frühkindliche Entwicklung mit Schwerpunkt Sehen in den Fokus. Dabei zeige ich auf, wie Medien auf die frühkindliche Sehentwicklung Einfluss nehmen. Dann folgt ein Blick in die Wissenschaft, mit dem ich aufzeige, wie Hirnforscher, Medienpädagogen und Psychologen über das Thema Mediengebrauch denken. Erziehung, Beziehung und Kontakt werden dabei eine große Rolle spielen. Zum Schluss des ersten Teiles nehme ich ergonomische Gesichtspunkte für Kinder und Jugendliche am Bildschirm in den Fokus. Dabei spielt das Thema Körperhaltung und Handynacken, Kurzsichtigkeit und Lichtverhältnisse bei frühem Mediengebrauch eine wichtige Rolle. Ich habe sieben Schlüssel entwickelt, die Ihnen helfen, Kinder in digitalen Zeiten zu begleiten. Diese finden Sie im theoretischen Teil versteckt.

Im praktischen Teil des Buches führe ich Sie in Sicht- und Sehweisen aus der Praxis anhand von Fallbeispielen ein und zeige auf, wie Sie visuelle Wahrnehmungsstörungen erkennen können. Mit Sehspielen und Übungen für Kita und Schule erhalten Sie ein einfaches Handwerkszeug. Dieses können Sie nutzen, um in der Kita die Sehentwicklung von Kindern zu fördern und in der Schule digitale Pausen zur Entspannung und Regeneration der Augen einbauen zu können.

Der Praxisteil ist unterteilt in Übungen für Kinder im Kita-Alltag und Übungen in der Grundschule und in weiterführenden Schulen. Dort können Lehrer dann den digitalen Unterricht mit Übungen zur Augenentspannung und Regeneration begleiten. Ein digitaler Schulunterricht fordert mehr Pausen, in denen die Kinder ihren Körper und die Augen aktiv bewegen können. Erst dann werden Informationen im Gehirn wieder gut abgerufen und verknüpft und Lernprozesse angeregt.

1. Die frühkindliche Entwicklung

Damit Sie als Eltern oder Erzieher Ihre Kinder präventiv in der Seh- und Lernentwicklung unterstützen können, braucht es vor allem Wissen über die frühkindlichen Reflexe, die Integration der Sinne und das Zusammenspiel von Motorik und Sehen. Ich möchte Ihnen liebe/r Leser*in einen guten Leitfaden liefern, der Sie auf leichte Weise mit den Grundlagen der kindlichen Entwicklung vertraut macht. Mit diesem Vorwissen und einer gesunden Beobachtungsgabe wird es ein Abenteuer sein, unseren Kindern bei der Entwicklung zuzuschauen, hilfreiche Anregungsreize zu geben oder einfache Spielideen zu entwickeln. Auch wird schnell deutlich werden, warum Räume – frei von Medien – in dieser Zeit für unsere Kinder so wichtig sind.

1.1 Wichtige frühkindliche Reflexe

„Löcher im Entwicklungsfundament stören die weitereEntwicklung“

Sabine Pauli und Andrea Kisch

Kommt ein Kind zur Welt, kann es vorerst fast nichts. Es kann die Körpertemperatur nicht halten, lernt noch, die Muttermilch zu verdauen, kann nicht gehen, nicht sprechen, nicht scharf sehen, nicht denken, nicht rechnen und nicht lesen.

Das Gehirn ist beim Neugeborenen noch sehr unreif. Nur der Hirnstamm funktioniert ordnungsgemäß. Die Gehirnreifung findet während der gesamten Kindheit statt. Ein besonderer Grundstein wird im ersten Lebensjahr gelegt. Wenn das Kind zur Welt kommt, bringt es genetisch vorgegebene Reflexe, unwillkürliche, automatisch ablaufende Reaktionen des Körpers, mit. Schon in der Schwangerschaft und ganz besonders im ersten Lebensjahr werden die motorischen Aktivitäten des Säuglings von Reflexen bestimmt. Die frühkindlichen Reflexe reifen während der Schwangerschaft heran. Sie haben Anteil an der vorgeburtlichen Entwicklung des Kindes und bestimmen den Tonus – den Spannungszustand der Muskulatur –, die Gleichgewichtsentwicklung und neuronalen Verknüpfungen. Bei der Geburt helfen sie, den Geburtsvorgang zu unterstützen und dem Baby beim Überleben. Der Suchreflex und die Reflexkombination des Saug- und Schluckreflexes lässt das Baby schon direkt nach der Geburt die Brust der Mutter suchen und dann daran saugen. Die Reflexe laufen ohne Beteiligung des Großhirns ab und dienen der Nahrungssuche und -aufnahme sowie dem Selbstschutz. Wir können sie in den ersten Lebenswochen und -monaten eines Kindes beobachten. Die meisten Reflexe verschwinden innerhalb der ersten Lebensmonate wieder und werden von koordinierten Bewegungen abgelöst. Sie laufen im Idealfall bei allen Babys immer nach dem gleichen Muster ab. Kleinkinder verbringen viel Zeit damit, angeborene rhythmische Bewegungen durchzuführen und lernen dabei eine ganze Menge an Bewegungsmustern zu beherrschen, bevor sie bereit sind, zu krabbeln und zu laufen. Diese Reflexe werden nach und nach, während der Entwicklung des Großhirns, unterdrückt und damit integriert. Die schrittweise Aufrichtung des Kindes und die damit verbundene Kopfkontrolle löst die Reflexe ab. Im Alter von drei Jahren sollten die primitiven Reflexe vollständig integriert sein.

Der Kinderarzt prüft in regelmäßigen Vorsorge-Untersuchungen die frühkindlichen Reflexe. Er testet, ob die Reflexe nach den richtigen Bewegungsmustern ablaufen und ob sie mit zunehmender Hirnreife wieder verschwinden. So kann der Arzt erkennen, ob sich das Kind gesund entwickelt. Werden diese Reflex nicht richtig oder zu spät abgebaut, kann es zu Entwicklungsstörungen kommen, denn mithilfe der frühkindlichen Reflexe bilden Kinder Fähigkeiten aus, die sie später bei komplexen Handlungen benötigen.

Der Abbau der Reflexe und die dabei stattfindende Entwicklung der Motorik beeinflusst die Sehentwicklung des Kindes. Kinder entwickeln ihre Sehfähigkeit durch das angeborene Programm der frühkindlichen Bewegungen. Denn Bewegungsabläufe, wie z. B. das Ergreifen und in den Mund stecken von Gegenständen, das Heben und Halten des Kopfes in Bauchlage, das Robben, auf allen Vieren schaukeln und krabbeln schulen die visuellen Fähigkeiten.

Dabei lernen Kinder ihr Gleichgewicht zu entwickeln, die Fähigkeit in der Nähe und Ferne Objekte scharf zu sehen und bewegte Gegenstände zu verfolgen. All das dient der Vorübung für späteres Lesen und Schreiben in der Schule. Auch lernen sie mit den komplexen Bewegungen die räumliche Orientierung und das räumliche Sehen sowie die Fähigkeit die eigene Körpermitte zu überkreuzen und die beiden Gehirnhälften zu vernetzen.

Jeder frühkindliche Reflex erfüllt bestimmte Aufgaben zur neuronalen Gehirnentwicklung und hilft dabei, später im Leben Handlungen und Fertigkeiten zu steuern, Beziehungen zu knüpfen, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Das Baby erhält die Stimulierung des Gehirns durch die Berührung der Eltern, das Wiegen und Schaukeln sowie auch den eigenen altersgemäßen rhythmischen Eigenbewegungen, wie Robben, Wippen und Krabbeln.

Während der Eigenbewegungen des Kindes werden die frühkindlichen Reflexe nach und nach abgebaut und Sehfertigkeiten entwickelt.

Diese Phase im ersten Lebensjahr eines Kindes gleicht der Fundamentlegung eines Hauses. Beim Hausbau legen wir immer zuerst das Fundament und bauen darauf dann weitere Stockwerke auf. Die Bewegungsentwicklung mit dem Abbau der frühkindlichen Reflexe ist das Fundament, auf das später die feineren Fähigkeiten, wie Malen und Schreiben in den höheren Stockwerken angelegt wird. Ist das Fundament nicht vorhanden, können keine weiteren Stockwerke aufgebaut werden und als Folge davon schulische Fertigkeiten nur mit Mühe gelernt werden.

Zeigen Kinder Auffälligkeiten in der Motorik, der Konzentration oder beim Sehen kann es sein, dass sich bestimmte frühkindliche Reflexe nicht zurückgebildet haben. Das mag daran liegen, dass sie einzelne Entwicklungsschritte zu schnell erlebt oder übersprungen haben. Mit bestimmten Übungen können solche fehlenden Entwicklungsschritte nachgeholt werden.

Dr. Harald Blomberg, Facharzt für Psychiatrie hat ein interessantes Buch zum Thema Reflexintegration für Kinder mit dem Titel „Bewegungen, die heilen“ herausgegeben. Er stellt die Frage, was Neugeborene zu gesunden Kindern heranreifen lässt und wie wir das unterstützen können. Er betont, dass bei Neugeborenen zuerst der Hirnstamm aktiv ist. Alle anderen Hirnbereiche kommen vorerst nur in geringem Umfang zum Einsatz, denn sie müssen erst reifen. Diese Reifungsprozesse dauern die gesamte Kindheit an und geschehen nicht von selbst. Das Gehirn braucht Stimulation durch die Sinne, damit sich die Nervenzellen verzweigen können. Wichtig ist dabei die Anregung des Gleichgewichtssystems und der taktilen und kinästhetischen Sinne. Diese Stimuli initiieren und fördern die Gehirnreifung. Dabei ist das erste Lebensjahr von besonderer Bedeutung für die weitere Entwicklung.

Motorische Koordinationsprobleme, Aufmerksamkeits- und Lernprobleme sowie andere emotionale Unausgeglichenheit oder geringe Frustrationstoleranz können darauf hindeuten, dass bestimmte Reflexe nicht integriert sind. Die fehlende Stimulation der Sinne und des Gehirns im Säuglings- und Kleinkindalter lässt sich zum Glück mit einem Programm der rhythmischen Bewegungen nachholen. Dr. Harald Blomberg stellt in seinem Buch „Bewegungen, die heilen“ 15 einfache Bewegungen vor, die erstaunliche Wirkungen bei Entwicklungsstörungen haben.1

Zusammenfassung:

Der Abbau der Reflexe hilft dem Kind dabei, sich zu bewegen und beeinflusst die Sehentwicklung. Kinder entwickeln ihre Sehfähigkeit durch das angeborene Programm der frühkindlichen Bewegungen. Jeder frühkindliche Reflex erfüllt bestimmte Aufgaben zur neuronalen Gehirnentwicklung.

Schlüssel Nr. 1Frühkindliche Reflexe, Sehen und Lernen

Die Rückbildung der Reflexe ist wichtig für die Konzentration, leichtes Lernen, gute Bewegungsfähigkeiten und gutes Sehen. Bauen Sie mit am Fundament, indem Sie sich Zeit nehmen und Ihrem Kind Aufmerksamkeit geben. Das wird sich später vielfach auszahlen, denn auf einem guten Fundament lassen sich die weiteren Stockwerke gut aufbauen.

1.2 Sinnesentwicklung/Sinnesintegration von Kindern

Jede Erkenntnis beginnt mit den Sinnen.

Leonardo da Vinci

Dank unserer fünf Sinnesorgane Augen, Ohren, Nase, Zunge und der Haut sowie unserem Tastsinn erkennen wir unsere Umgebung. Wir hören, was um uns herum vor sich geht, und können mit unserem Geschmackssinn, Genießbares von Ungenießbarem unterscheiden.

Wenn z. B. morgens unser Wecker klingelt, gehen unsere fünf Sinnesorgane eins nach dem anderen wieder in vollen Betrieb. Zuerst hören wir das Läuten des Weckers, dann tasten wir nach diesem, während wir in den Tag blinzeln und die ersten Seheindrücke wahrnehmen. Im Badezimmer weckt der Duft des Duschgels das Riechorgan oder auch der Kaffeeduft, der durch das Haus zieht. Auf dem Weg zur Arbeit nehmen wir zuerst die Außentemperatur wahr und spüren unseren Tast- und Bewegungssinn. Nach und nach haben wir alle Sinne wieder beisammen.