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Erfährt der Mensch ein Update, wie es der Prothetiker Hugh Herr mit seiner Formel von den »Humans 2.0« prophezeit? Die Diskussion um die Hightech-Prothesen eines Oscar Pistorius oder um Aufsehen erregende körpernahe Medien wie die Google-Brille zeigen einen Wandel der Ideen von Körperlichkeit: Verbessernde Eingriffe in und um den Körper werden nicht länger als notwendige Kompensation von Defiziten begriffen, sondern als wünschenswerte Optimierung und Steigerung.
Werden Körper »machbar«? Karin Harrasser situiert diese aktuellen Diskurse und Praktiken des Körpers und entwirft einen anderen Blick auf sie. Wie lässt sich über Technologien, Medien und Körper aus der Perspektive von teilsouveränem Handeln und Parahumanität sprechen?
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Seitenzahl: 169
Erfährt der Mensch ein Update, wie es der Prothetiker Hugh Herr mit seiner Formel von den »Humans 2.0« prophezeit? Die Diskussion um die Hightech-Prothesen eines Oscar Pistorius oder um Aufsehen erregende körpernahe Medien wie die Google-Brille zeigen einen Wandel der Ideen von Körperlichkeit: Verbessernde Eingriffe in und um den Körper werden nicht länger als notwendige Kompensation von Defiziten begriffen, sondern als wünschenswerte Optimierung und Steigerung.
Werden Körper »machbar«? Karin Harrasser situiert diese aktuellen Diskurse und Praktiken des Körpers und entwirft einen anderen Blick auf sie. Wie lässt sich über Technologien, Medien und Körper aus der Perspektive von teilsouveränem Handeln und Parahumanität sprechen?
Karin Harrasser (Prof. Dr.) ist Professorin für Kulturwissenschaft an der Kunstuniversität Linz. In den letzten Jahren hat sie an einer Kultur- und Theoriegeschichte der Prothese gearbeitet.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
eBook transcript Verlag, Bielefeld 2013
© transcript Verlag, Bielefeld 2013
Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen.
Covergestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld
Konvertierung: Michael Rauscher, Bielefeld
ePUB-ISBN: 978-3-7328-2351-2
http://www.transcript-verlag.de
Karin Harrasser
Körper 2.0
Über die technische Erweiterbarkeit des Menschen
1.
Gegenwarten des homo protheticus
2.
Maschinenmänner: Militär, Fabrik, Lifestyle
3.
Meet the Superhumans
4.
Normalisierung oder Parahumanität
5.
Warum Medien keine Prothesen sind
6.
Brillen und andere Gläser
7.
Eine knappe Geschichte des verbesserbaren Menschen
8.
’Pataphysische Maschinen und warum wer A sagt, nicht B sagen muss
9.
Teilsouveräne statt verbesserte Körper
Literatur
Es war einmal ein Mann, der verstand allerlei Künste; er diente im Krieg und hielt sich brav und tapfer, aber als der Krieg zu Ende war, bekam er den Abschied und drei Heller Zehrgeld auf den Weg. »Wart«, sprach er, »das lasse ich mir nicht gefallen, finde ich die rechten Leute, so soll mir der König noch die Schätze des ganzen Landes herausgeben.« […] Und über eine Zeit sahen sie einen, der stand da auf einem Bein und hatte das andere abgeschnallt; und neben sich gelegt. Da sprach der Herr: »Du hast dir’s ja bequem gemacht zum Ausruhen.« »Ich bin ein Läufer«, antwortete er, »und damit ich nicht gar zu schnell springe, habe ich mir das eine Bein abgeschnallt; wenn ich mit zwei Beinen laufe, so geht’s geschwinder, als ein Vogel fliegt.«
Brüder Grimm, Sechse kommen durch die ganze Welt
Heute ist vom unvollkommenen Körper zu sagen, dass jeder selber schuld ist, wenn er ihn hat.
Elfriede Jelinek, Sportstück
In der Autobiographie des ohnbeinigen Läufers Oscar Pistorius[1] gibt es eine Szene, die lange vor seiner Karriere im Leistungssport auf die Frage zuführt, die mich hier beschäftigt: Wie sich gegenüber der potentiellen Steigerungslogik der technischen Bearbeitung des Körpers verhalten? Die Szene spielt in Oscars Kindheit. Mit elf Monaten wurden ihm beide Beine abgenommen, da er unter Fibulaaplasie litt. Die Fehlbildung besteht darin, dass die Wadenbeine und die äußere Seite der Füße fehlen. Auf Anraten der Ärzte ließen die Eltern die Amputation durchführen. Die Argumentation war, dass fehlende Gliedmaßen »einfacher« durch Prothesen zu ersetzen sind, als Fehlbildungen dauerhaft zu korrigieren. Diese Entscheidung der Eltern – es ist eine jener eigentlich nie sinnvoll zu treffenden Entscheidungen, wie sie die moderne Medizin häufig fordert – führt uns auf das schwierige Gelände zwischen Therapie und Normalisierung: Die Behandlung Pistorius’ war von vorneherein auf seine Chancen, ein möglichst »normales« Leben zu führen, ausgerichtet. Seit frühester Kindheit trug Oscar also Prothesen wie andere Kinder Schuhe oder Hosen. In seiner Autobiographie erzählt er nun davon, wie er mit seinem Bruder halsbrecherische Gokart-Fahrten auf steilen Straßen unternahm und davon, dass sein Bruder in besonders gefährlichen Situationen kurzerhand Oscars Prothese verwendete, um schnell zu bremsen. Die Eltern waren wenig erfreut über diese Eskapaden, da Oscars Prothesenverschleiß enorm war. Was hier als unschuldiger Jungen-Streich erzählt wird, führt ins Zentrum der Frage nach dem Wie-und-Wieviel technischer Körpermodifikation. Denn der medizinische Behelf ist im Spiel der Jungen bereits geworden: Das Prothesenbein ermöglicht erst die höhere Geschwindigkeit, denn es kann das Gefährt schneller abbremsen als ein organisches Bein. Und wenn es kaputt ist, wird es eben ersetzt.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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