Kunst der Gastlichkeit - Erwin Seitz - E-Book

Kunst der Gastlichkeit E-Book

Erwin Seitz

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Beschreibung

Eine Gastrosophie vom Feinsten: vom guten Essen und Trinken in Vergangenheit und Gegenwart Was ist Gastlichkeit? Von alters her ein Laboratorium des Guten und Menschlichen, ein heiteres Spiel des Gebens und Nehmens, eine Atmosphäre von Respekt, Großzügigkeit und Freundschaft. Im schönsten Falle gewinnen der Gastgeber und seine Gäste ein neues Zutrauen: zum Leben, zum anderen und zu sich selbst. Eine Betrachtung deutscher Gastlichkeit von den Urzeiten bis zum heutigen Tag gab es bislang nicht. In seinem Buch Die Verfeinerung der Deutschen hatte Erwin Seitz das Thema der Gastlichkeit bereits berührt. Mit diesem neuen Werk aber rückt er es ins Zentrum: in zweiundzwanzig Kapiteln, die auch einzeln vergnüglich zu lesen sind. Indem europäische Traditionen und frühe orientalische Einflüsse mit in den Blick geraten, bekommt das Land nördlich der Alpen in Sachen Gastlichkeit ein so eigenes wie übernationales Gesicht. Seitz erkundet die musisch-zivile Entwicklung der Deutschen und erweist sich dabei wiederum nicht nur als Kulturhistoriker, sondern auch als »Gastrosoph« reinsten Wassers, als Kenner von gutem Essen und Trinken. Entschieden serviert er Zeitgenössisches, fragt nach den Rezepten, die heute und morgen Gastlichkeit beleben. Wie etwa wird der Tisch gedeckt, wie schaut ein Menü aus, wie unterhalten sich die Leute? Kurzum: Worauf kommt es eigentlich an, wenn Gastlichkeit entzücken soll?

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Was ist Gastlichkeit ? Von alters her ein Laboratorium des Guten und Menschlichen, ein heiteres Spiel des Gebens und Nehmens, eine Atmosphäre von Respekt, Großzügigkeit und Freundschaft. Im schönsten Falle gewinnen der Gastgeber und seine Gäste ein neues Zutrauen: zum Leben, zum anderen und zu sich selbst.

 Eine Betrachtung deutscher Gastlichkeit von den Urzeiten bis zum heutigen Tag gab es bislang nicht. In seinem Buch Die Verfeinerung der Deutschen hatte Erwin Seitz das Thema der Gastlichkeit bereits berührt. Mit diesem neuen Werk aber rückt er es ins Zentrum: in zweiundzwanzig Kapiteln, die auch einzeln vergnüglich zu lesen sind.

 Indem europäische Traditionen und frühe orientalische Einflüsse mit in den Blick geraten, bekommt das Land nördlich der Alpen in Sachen Gastlichkeit ein so eigenes wie übernationales Gesicht. Seitz erkundet die musisch-zivile Entwicklung der Deutschen und erweist sich dabei wiederum nicht nur als Kulturhistoriker, sondern auch als »Gastrosoph« reinsten Wassers, als Kenner von gutem Essen und Trinken. Entschieden serviert er Zeitgenössisches, fragt nach den Rezepten, die heute und morgen Gastlichkeit beleben. Wie etwa wird der Tisch gedeckt, wie schaut ein Menü aus, wie unterhalten sich die Leute? Kurzum: Worauf kommt es eigentlich an, wenn Gastlichkeit entzücken soll?

Erwin Seitz, geboren 1958 in Wolframs-Eschenbach,Klosterschule in Plankstetten, lernte Metzger und Koch, studierte Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Berlin und Oxford und promovierte mit einer Arbeit über Goethes Autobio-graphie. Seitz war von 2002 bis 2008 Herausgeber von Cotta's kulinarischem Almanach und lebt als freier Journalist, Buchautor und Gastronomiekritiker in Berlin.

Zuletzt erschienen:

Butter, Huhn und Petersilie. Anregungen für eine bessere Küche, 2011

Erwin SeitzKunst der Gastlichkeit

22 Anregungen

eBook Insel Verlag Berlin 2015

Der vorliegende Text folgt der Erstausgabe, 2015

© der deutschen Ausgabe Insel Verlag Berlin 2015

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Satz: Satz-Offizin Hümmer GmbH, Waldbüttelbrunn

Umschlaggestaltung: hißmann, heilmann, hamburg / Simone Andjelkovic

Inhalt

An den Leser

EINLEITUNG

Erfindung der Gastlichkeit

AUS DER DEUTSCHEN GESCHICHTE UND GEGENWART

 1 Ursprüngliche Verzauberung

 2 Himmlische Festtage

 3 Mehr Glanz und Glitzer

 4 Sinn für Gemütlichkeit

 5 Muße, Kunst und warme Bäder

 6 Klösterliche Gastfreundschaft

 7 Pracht des Staatsbanketts

 8 Urbane Eleganz

 9 Verfeinerung des Bürgers

10 Erlesenes Menü

11 Liebenswürdiger Gastgeber

12 Erstes Haus am Platze

13 Arkadisches Landhaus

14 Lust der Gärten

15 Galante Seidenstoffe und Porzellan

16 Charmanter Service

17 Gedeckter Tisch

18 Kunst des Tischgesprächs

19 Hinaus ins Grüne

An den Leser

Von alters her ist Gastlichkeit ein Laboratorium des Guten und Menschlichen. Leute, die sich mehr oder minder nahe sind, lassen sich für eine Weile aufeinander ein – ein heiteres Spiel, ein Geben und Nehmen, nicht frei von Überraschungen. Unerwartete Freude mag einem der Gastraum bereiten, die Folge der Speisen und das Gespräch. Gast wie Gastgeber erleben wonnige Momente, Freimütigkeit, Geborgenheit. Jeder fühlt sich irgendwie verwandelt und kann sagen: Hier darf ich Mensch sein.

Gastlichkeit ist ein Geschenk des Gastgebers, für das sich der Gast auf irgendeine Art bedankt. Es entsteht eine Atmosphäre des gegenseitigen Wohlverhaltens; alle sollen sich als Gemeinschaft empfinden und sich miteinander einen guten Tag machen. Tatsächlich gehen bedeutende Dinge vor sich, indem der Gast mit Grundgütern des Lebens versorgt wird: Er erhält Nahrung und ein Dach über dem Kopf; er erlebt Respekt, wenn nicht Großzügigkeit und Freundschaft. Alle Beteiligten können ein neues Zutrauen gewinnen: zum Leben, zum anderen und zu sich selbst.

In frühgeschichtlicher Zeit, als noch nicht so viele Menschen unterwegs waren, fand Gastlichkeit fast nur privat oder öffentlich bei Hofe statt; sei es aus religiös gebotenem Mitgefühl für den mittellosen Fremden, sei es aus Diplomatie gegenüber einer hohen Standesperson. Im beginnenden Mittelalter gab es hierzulande kaum Schenken und Herbergen. Die Reisenden erhielten entweder in fürstlichen Pfalzen und ländlichen Herrenhöfen oder in Klöstern entsprechende Verpflegung und Unterkunft. Erst mit wachsendem Wohlstand nahm neben der mildtätigen Gastfreundschaft oder höfischen Bewirtung die gewerbliche Gastlichkeit zu und eröffnete neue Möglichkeiten.

Der Blick in die Geschichte kann die Merkmale der Gastlichkeit besser erhellen als abstrakte Definition. Was sich in ihr, der Historie, bewährt, kann so falsch nicht sein. Das Buch schildert weniger das moralische Gebot der Gastlichkeit, als vielmehr ein ästhetisches Phänomen: die Kunst der Gastlichkeit, das Können des Connaisseurs, überhaupt das Delikate und Entzückende. Das Augenmerk richtet sich nicht so sehr auf ältere Normen höfischer Bewirtung; es liegt vielmehr auf Entwicklungen, die zu bürgerlicher Gastfreundschaft führen sowie zu gewerblicher Gastronomie. Es geht nicht um eine erschöpfende Geschichte des Themas, sondern um Stichproben, die lohnend sind.

Eine Betrachtung deutscher Gastlichkeit von den Urzeiten bis heute gibt es bisher nicht, vielleicht auch deshalb, weil diese Tradition unterschätzt wird. Immerhin war in jüngerer Zeit das Motto der Fußballweltmeisterschaft in Deutschland 2006, »Die Welt zu Gast bei Freunden«, ersonnen von dem Österreicher André Heller, ein gelungener Coup. Der Begriff des Deutschen soll hier nicht allzu eng gemeint sein, sondern auch die Vor- und Frühgeschichte einbeziehen, um die allmähliche Entfaltung des Gastlichen nördlich der Alpen vor Augen zu führen und dem Land in dieser Sache eine Geschichte zu geben: Anregungen, die über die Zeit hinaus reizvoll sind.

Das Buch ist sowohl eine Kulturgeschichte – eine Erkundung der musisch-zivilen Entwicklung der Deutschen – als auch eine Gastrosophie: eine Lehre von gutem Essen und Trinken und von Geselligkeit. Eingeschlossen ist eine Hommage an Europa und an die frühen Einflüsse aus dem Vorderen Orient. Gastlichkeit ist kein Phänomen, das sich nur national erklären ließe. Dahinter steckt auch eine menschheitsgeschichtliche, anthropologische Dimension.

Die Darstellung entwischt aber auch der Geschichte und geht auf die Praxis der Gegenwart ein, schlägt Brücken von der Vergangenheit ins Heute und Morgen, schaut sich um, was im Augenblick passiert, wie der Tisch gedeckt, wie das Menü komponiert wird, wie sich die Leute unterhalten, kurzum, worauf es denn eigentlich ankommt, wenn Gastlichkeit entzücken soll.

Einleitung

Erfindung der Gastlichkeit

Seit sich die Spezies des Menschen entwickelt, rangeln zwei starke Gene in der menschlichen Brust: das eigensüchtige – und das soziale. Das erstere rührt daher, dass der Mensch seinem Ursprung nach ein wildes Tier ist, das auf die Jagd geht und Beute macht. Auch das Zusammenleben untereinander war von Strategien des Hetzens bestimmt: Konkurrenz, Gewaltbereitschaft, Überleben des Stärkeren. Steven Pinker zeichnet in seinem Buch über »Gewalt« ein solches Bild – und ein Gegenbild.

Der moderne Mensch, der Homo sapiens, wörtlich der wissende Mensch, trat vor rund zweihunderttausend Jahren auf die Bühne und erreichte seine jetzige äußere Form: den aufrechten Gang für die gute Übersicht, ein hochgebautes Gehirn für neue Denkmöglichkeiten, verbesserte Stimmbänder, die eine komplexe Sprache erlaubten, und geschickte Hände für das Handwerk. Neben dem ichbezogenen Gen festigte die Natur im Homo sapiens mehr und mehr das soziale, weil es sich immer häufiger als lebenstüchtiger erwies: mit Fähigkeiten wie Einfühlungsgabe, Selbstbeherrschung, Mäßigung, Verständigung, Verfeinerung.

Vor rund hunderttausend Jahren wanderte der Homo sapiens von Afrika über den Nahen Osten auch nach Europa aus. Die Einwanderer waren noch Steinzeitmenschen und erlebten in den nördlichen Breiten die letzte Eiszeit. An den Randzonen von Eis und Schnee gab es kurze Sommer und üppige Graslandschaften, wo man Mammuts oder Rentiere jagen konnte, auch hierzulande auf der Schwäbischen Alb. Dortige Höhlenfunde, die rund vierzigtausend Jahre alt sind, bezeugen die ersten figürlichen Kunstwerke: etwa geschnitzte Mammuts aus Mammutelfenbein, ebenso Flöteninstrumente. Man veranstaltete vermutlich frühe Feste mit Musik und Tanz. Rhythmische Klänge, vergorene Beerenfrüchte und reichliches Mammutfleisch dürften so besänftigend wie berauschend gewesen sein und das Gemeinschaftsgefühl gestärkt haben.

Überschaubare Gruppen von zwanzig bis zweihundert Menschen schlossen sich mit Hilfe gastlicher Rituale zu größeren Verbänden zusammen. Der Bau der berühmten Kultanlage von Göbekli Tepe im Osten der heutigen Türkei wurde vor rund zwölftausend Jahren von Jägern und Sammlern begonnen. Unmöglich, dass eine einzelne Sippe in der Lage gewesen wäre, diese kolossale Kultstätte auf einem Höhenkamm emporwachsen zu lassen: mit Kreisen aus meterhohen Steinpfeilern. Die Bildreliefs darauf lassen noch keine Haustiere erkennen, sondern wilde Tiere und Fabelwesen.

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