Längenkonzepte im Kindergarten - Martina Possel - E-Book

Längenkonzepte im Kindergarten E-Book

Martina Possel

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Beschreibung

Examensarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Didaktik - Mathematik, Note: 1, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Sprache: Deutsch, Abstract: Mathematische Erfolge in der Schule hängen deutlich weniger von Begabung (oder Nicht-Begabung) ab, als man üblicherweise denkt: „Die Fähigkeit, Mathematik zu verstehen und anzuwenden, ist keine naturgegebene Begabung, über die nur wenige Menschen verfügen. Auch mathematisches Talent kann sich (…) dann am besten entfalten, wenn Kinder frühzeitig Gelegenheit erhalten, thematische Lernerfahrungen zu sammeln und dabei ihre Neigungen zu erproben.“ (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, 2007, 252)Das Thema Frühförderung rückt in den letzten Jahren immer mehr in den Mittelpunkt. Grund dafür sind mehrere Studien, die zeigten, dass der Bildungsstand der deutschen Schüler und Schülerinnen sich auf einem niedrigen Niveau befindet. In allen deutschen Bundesländern wurden Erziehungs- und Bildungspläne für Kindertageseinrichtungen entworfen, um die Bildungs- und Entwicklungschancen gerade auch der Kinder zu erhöhen, die im familiären Umfeld keine optimale Unterstützung und Anleitung erhalten.Um diese Pläne wirkungsvoll in die Praxis umsetzen zu können, muss ein umfassendes Wissen über den diesbezüglichen Entwicklungsstand der Kinder vorhanden sein. Die vorliegende Arbeit soll dazu einen Beitrag leisten. Am Beispiel des Größenbereichs „Längen“ wird in zehn Einzelinterviews überprüft, wie weit bei Kindergartenkindern ein Längenkonzept bereits entwickelt ist. In Form einer Aktivität zum Thema „Körpergrößen vergleichen“ wird untersucht, wie Kinder im Kindergarten das Angebot einer Frühförderung zu einem mathematischen Thema annehmen. Das Thema „Längen“ wurde von mir ausgewählt, weil es für Kinder eine der greifbarsten Größen ist. Sie sind in ihrem Alltag oft mit unterschiedlichen Längen konfrontiert. So ist es für Kinder zum Beispiel leicht zu erkennen, dass sie größer werden. Sie wachsen aus ihrer Kleidung heraus oder kommen an einen Oberschrank, den sie bisher nicht erreichen konnten. Außerdem hat jedes Kind den Satz „Du bist aber groß geworden!“ sehr oft gehört. So gibt die Wahrnehmung ihres eigenen Wachstumsprozesses Hilfestellungen für Aktivitäten zum Messen von Längen. (vgl. Heuvel-Panhuizen & Buys, 2005, 43) Die Arbeit ist in sechs Kapitel gegliedert: Nach einleitenden Worten im ersten Kapitel folgt im zweiten eine Hinführung zur mathematischen Frühförderung im vorschulischen Bereich. Zunächst wird auf die Aktualität der Frühförderung in Deutschland eingegangen, anschließend explizit im mathematischen Bereich.

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Inhaltsverzeichnis

 

1. Einleitung

2. Mathematische Frühförderung im vorschulischen Bereich

2.1 Frühförderung allgemein

2.2 Frühförderung im Bereich Mathematik

2.3 Mathematische Bildungs- und Erziehungsziele im bayerischer Bildungs- und Erziehungsplan

3. Größenbereich „Längen“

3.1 Größen als Teil des Sachrechnens

3.2 Mathematische Grundlagen zur Größe „Längen“

3.3 Standardisierte und nicht-standardisierte Messinstrumente

4. Denkwege von Kindern bei der „Längen“-Thematik

4.1 Entwicklung des Messens von Längen nach Piaget

4.1.1 Kognitive Entwicklungstheorie

4.1.2 Entwicklung kognitiver Messfähigkeiten

4.1.3 Kritische Anmerkungen

4.2 Didaktisches Stufenmodell nach Franke

4.2.1 Behandlung von Größen allgemein

4.2.2 Behandlung von „Längen“

4.2.3 Kritische Anmerkungen

4.3 Längenkonzept nach Nührenbörger

5. Eigene Untersuchungen zum Themenbereich „Längen“ im Kindergarten

5.1 Theoretische Grundlagen

5.2 Praktische Umsetzung

5.3 Rahmenbedingungen

5.4 Erste Phase: Aktivität zum Thema „Längen“

5.4.1 Design der Aktivität

5.4.2 Auswertung

5.4.3 Kritische Anmerkungen

5.5 Zweite Phase: Befragung zum Längenkonzept

5.5.1 Methode: Das klinische Interview

5.5.2 Charaktereigenschaften der Kinder

5.5.3 Design der Befragung

5.5.4 Auswertung: Ausprägung des Längenkonzeptes

5.5.5 Kritische Anmerkungen zur Durchführung

6. Resümee

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang

8.1 Bilder

8.2 Transkripte

8.3 Zeichnungen der Lineale

8.4 Notationen der Messresultate

 

1. Einleitung

Mathematische Erfolge in der Schule hängen deutlich weniger von Begabung (oder Nicht-Begabung) ab, als man üblicherweise denkt: „Die Fähigkeit, Mathematik zu verstehen und anzuwenden, ist keine naturgegebene Begabung, über die nur wenige Menschen verfügen. Auch mathematisches Talent kann sich (…) dann am besten entfalten, wenn Kinder frühzeitig Gelegenheit erhalten, mathematische Lernerfahrungen zu sammeln und dabei ihre Neigungen zu erproben.“ (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, 2007, 252)

Das Thema Frühförderung rückt in den letzten Jahren immer mehr in den Mittelpunkt. Grund dafür sind mehrere Studien, die zeigten, dass der Bildungsstand der deutschen Schüler und Schülerinnen sich auf einem niedrigen Niveau befindet.

In allen deutschen Bundesländern wurden Erziehungs- und Bildungspläne für Kindertageseinrichtungen entworfen, um die Bildungs- und Entwicklungschancen gerade auch der Kinder zu erhöhen, die im familiären Umfeld keine optimale Unterstützung und Anleitung erhalten.

Um diese Pläne wirkungsvoll in die Praxis umsetzen zu können, muss ein umfassendes Wissen über den diesbezüglichen Entwicklungsstand der Kinder vorhanden sein. Die vorliegende Arbeit soll dazu einen Beitrag leisten.

Am Beispiel des Größenbereichs „Längen“ wird in zehn Einzelinterviews überprüft, wie weit bei Kindergartenkindern ein Längenkonzept bereits entwickelt ist. In Form einer Aktivität zum Thema „Körpergrößen vergleichen“ wird untersucht, wie Kinder im Kindergarten das Angebot einer Frühförderung zu einem mathematischen Thema annehmen.

Das Thema „Längen“ wurde von mir ausgewählt, weil es für Kinder eine der greifbarsten Größen ist. Sie sind in ihrem Alltag oft mit unterschiedlichen Längen konfrontiert. So ist es für Kinder zum Beispiel leicht zu erkennen, dass sie größer werden. Sie wachsen aus ihrer Kleidung heraus oder kommen an einen Oberschrank, den sie bisher nicht erreichen konnten. Außerdem hat jedes Kind den Satz „Du bist aber groß geworden!“ sehr oft gehört. So gibt die Wahrnehmung ihres eigenen Wachstumsprozesses Hilfestellungen für Aktivitäten zum Messen von Längen. (vgl. Heuvel-Panhuizen & Buys, 2005, 43)

Die Arbeit ist in sechs Kapitel gegliedert:

Nach einleitenden Worten im ersten Kapitel folgt im zweiten eine Hinführung zur mathematischen Frühförderung im vorschulischen Bereich. Zunächst wird auf die Aktualität der Frühförderung in Deutschland eingegangen, anschließend explizit im mathematischen Bereich. Es folgen wichtige Aspekte zur mathematischen Frühförderung aus dem bayerischen Bildungs- und Erziehungsplan.

Das dritte Kapitel gibt einen allgemeinen Überblick über Größenbereiche, die vor allem im Bereich Sachrechnen vorkommen. Es wird insbesondere auf den Größenbereich Längen sowie auf standardisierte und nicht-standardisierte Messinstrumente eingegangen.

Im vierten Kapitel wird die Entwicklung des Messens nach Piaget, das didaktische Stufenmodell zur Behandlung von Größen nach Franke und das Längenkonzept nach Nührenbörger vorgestellt. Piaget untersuchte aus entwicklungspsychologischer Sicht, wie Kinder die Fähigkeit entwickeln, Längen zu erfassen und zu vergleichen. Franke stellt in Form des didaktischen Stufenmodells dar, wie Größenbereiche mit Grundschulkindern effektiv bearbeitet werden können. Die Bausteine des Längenkonzeptes nach Nührenbörger werden verwendet, um die Ausprägung von Längenkonzepten bei Kindern im Kindergartenalter festzustellen.

Das fünfte Kapitel beinhaltet meine eigenen Untersuchungen im Kindergarten. Am Anfang des Kapitels stehen theoretische Grundlagen zum Thema „Längen im Kindergarten“. Vor der Vorstellung der zwei Untersuchungsphasen werden Informationen zur praktischen Umsetzung gegeben sowie die Rahmenbedingungen geschildert. Es folgt jeweils das Design der beiden Phasen, eine Auswertung und eine kritische Stellungnahme. Bei der zweiten Phase werden außerdem ausführlich die angewendete Methode „das klinische Interview“ und die befragten Kinder in Form einer kurzen Charakterisierung vorgestellt.

2. Mathematische Frühförderung im vorschulischen Bereich

2.1 Frühförderung allgemein

Angestoßen durch die Ergebnisse nationaler und internationaler Studien, wie zum Beispiel PISA (Programme for International Student Assessment), IGLU (Internationale Grundschul-Lese-Untersuchung) und einer Studie von Büchner & Spieß (2007) wird der Frühpädagogik zunehmend eine entscheidende Bedeutung zugesprochen. In den Studien konnte unter anderem belegt werden, dass die Wahrscheinlichkeit für Jugendliche eine weiterführende Schule besuchen zu können steigt, wenn sie für längere Zeit einen Kindergarten besuchten; auch die späteren Schulleistungen korrelieren mit der Dauer des Kindergartenbesuches. Aufgrund dieser Ergebnisse kam es zur bildungspolitischen Forderung, die Fördermöglich-keiten im vorschulischen Bereich effizienter zu gestalten. (vgl. Roux, 2008, 14f.)

Ein Inhalt des zwischenzeitlich geschaffenen Rahmenprogramms ist die Ausweitung der Bildungsangebote in Kindertagesstätten:

„Die Kindertageseinrichtungen des Elementarbereichs werden heute als unentbehrlicher Teil des öffentlichen Bildungswesens verstanden. Unter Berücksichtigung entwicklungspsychologischer Erkenntnisse sind sie mit ihrem ganzheitlichen Förderauftrag, ihrer lebensweltorientierten Arbeit und ihren guten Beteiligungsmöglichkeiten geeignete Orte für frühkindliche Bildungsprozesse. Der Schwerpunkt des Bildungsauftrags der Kindertageseinrichtungen liegt in der frühzeitigen Stärkung individueller Kompetenzen und Lerndispositionen, der Erweiterung, Unterstützung sowie Herausforderung des kindlichen Forscherdranges, in der Werteerziehung, in der Förderung, das Lernen zu lernen und in der Weltaneignung in sozialen Kontexten.“

(Kultusministerkonferenz, 2004, 2)

Auf der Grundlage der Rahmenbeschlüsse für die Förderung in Kindergärten wurden folgende Förderbereiche festgelegt:

Sprache, Schrift, Kommunikation

Personale und soziale Entwicklung, Werteerziehung/religiöse Bildung

Mathematik, Naturwissenschaften, (Informations-) Technik

Musische Bildung/Umgang mit Medien

Körper, Bewegung, Gesundheit

Natur und kulturelle Umwelten

Im Weiteren wurden diese Bereiche von den Kultusministerien der einzelnen Bundesländern spezifiziert, sodass es nun Erziehungs- und Bildungspläne in jedem Bundesland gibt, die die Aufgabe haben, „die Grundlagen für eine frühe und individuelle Förderung der Kinder zu schaffen.“ (Kultusministerkonferenz, 2004, 2)

Nach wie vor können große Unterschiede bei den fachlichen Kompetenzen von Schulanfängern festgestellt werden. So belegte 2006 eine Berliner Studie, dass ein Drittel der befragten Fünfjährigen nur bis fünf oder gar nicht zählen konnten, und vor allem Kinder aus einem bildungsfernen Umfeld wenig Zugang zu fachlichen Kompetenzen hatten. Mit der fördernden Betreuung in Kindertageseinrichtungen ist deshalb auch eine größere Chancengleichheit für alle Kinder im Anfangsunterricht verbunden. (vgl. Hellmich & Jansen, 2008, 59)

Es ist hilfreich für Schulanfänger, wenn sie bereits ein gewisses Maß an Basiskompetenzen besitzen. Sie sind dann besser auf die schulischen Anforderungen vorbereitet. Allerdings sollten Kinder mit einem umfassenderen Basiswissen oder einem größeren Interesse nicht eingeschränkt, sondern individuell gefördert werden. (vgl. Steinweg, 2008, 143f.)

2.2 Frühförderung im Bereich Mathematik

Im Bereich der Mathematik soll der Kindergarten Lernumgebungen anbieten, in welchen die Kinder in den Erfahrungsbereichen Zahl und Struktur, Raum und Form, sowie Zeit und Maße aktiv die Inhalte der Mathematik entdecken können. Neben dem Aufgreifen und Vertiefen von spontanen Aktivitäten der Kinder ist es sinnvoll, auch geplante Aktivitäten durchzuführen. Diese sollen auf den Erfahrungen der Kinder aufbauen und ohne lehrgangsartiges Lernen als individuelle Lernphasen gestaltet werden. (vgl. Steinweg, 2005, 24f.)

Unter dem Leitmotiv „Mathematik ist ein Spiel“ (Wittmann, 2004, 52) kann dies im Kindergarten eingebaut werden ohne gezielte Lernprozesse der Grundschulzeit vorwegzunehmen. Wie die allgemeine Frühförderung soll auch die mathematische Frühförderung ein Wechselspiel aller Sinne anregen. Damit können, wie nachgewiesen wurde, häufige Schwierigkeiten im Anfangsunterricht vermieden werden. (vgl. Wittmann, 2004, 52f.)

Derzeit gibt es mehrere Projekte, die sich explizit mit der Frühförderung im Kindergarten beschäftigen, wie zum Beispiel KIDZ - „Kindergarten der Zukunft in Bayern“ (Geschäftsstelle der Stiftung Bildungspakt Bayern, 2007) oder TransKiGs (vgl. Wild, 2007, 18-20; siehe ferner Homepage des Projektes: www.transkigs.de). Beide Programme haben sich darauf spezialisiert, eine Zusammenarbeit zwischen Kindertageseinrichtungen und Grundschulen herzustellen - mit praktischen Durchführungen und Auswertungen von Projekten zu Grundlagen, Zielen und Fördermöglichkeiten in den Bereichen Mathematik, Sprache und Naturwissenschaften.

Im praktischen Teil meiner Arbeit werden auch Aufgaben aus dem TransKiGs-Projekt durchgeführt.

2.3 Mathematische Bildungs- und Erziehungsziele im bayerischer Bildungs- und Erziehungsplan

Der ausführliche bayerische Bildungs- und Erziehungsplan enthält zahlreiche konkrete Anregungen zur Umsetzung in vorschulischen Einrichtungen. (vgl. Hellmich, 2008, 84)

Die mathematischen Bildungs- und Erziehungsziele (Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, 2007, 253ff.) sind aufgeteilt in drei Bereiche:

Pränumerischer Bereich

Numerischer Bereich

Sprachlicher und symbolischer Ausdruck mathematischer Inhalte

Im pränumerischen Bereich geht es um den Umgang mit mathematischen Größen, wie etwa die Einsicht über das Gleichbleiben von Größen, Vergleichen, Klassifizieren und Ordnen von Objekten bzw. Materialien und ein grundlegendes Verhältnis von Relationen (z.B. größer/kleiner, schwerer/leichter).

Im numerischen Bereich sollen Kinder die Bedeutung der Zahlen im Bezug auf Mengen, Längen, Gewichte, Zeiten oder Geld kennen lernen. Überdies wird bereits die Wichtigkeit von Größenvorstellungen, auf die in den späteren Kapiteln dieser Arbeit noch näher eingegangen wird, erwähnt. Kinder sollen neben einer realistischen und lebendigen Größenvorstellung auch ein Verständnis des Messens und des Vergleichens von Größen erwerben.

Die Verbesserung der sprachlichen Ausdrucksfähigkeit beinhaltet unter anderem die korrekte Anwendung der Begriffe „größer“ und „kleiner“. Des Weiteren sollen Kinder im Umgang mit Messinstrumenten und der Formulierung von Messergebnissen unterstützt werden.

4. Denkwege von Kindern bei der „Längen“-Thematik

 

Entwicklungspsychologen und Pädagogen beschäftigen sich damit, wie Kinder die Fähigkeit erwerben, bzw. anwenden, Längen zu erfassen und zu vergleichen. Die wichtigsten Modelle werden hier skizziert:

 

4.1 Entwicklung des Messens von Längen nach Piaget

 

Erste wissenschaftliche Einsichten zur Entwicklung des Messverständnisses von Kindern stammen von Piaget, Inhelder und Szeminska (1974). Obwohl zwischenzeitlich an den Untersuchungen und Theorien Piagets vielfach Kritik geäußert wurde, werden sie dennoch häufig auch bei aktuelleren Studien genannt, da „seine inhaltlich-deskriptiven Darstellungen der kindlichen Ansichten und Vorgehensweisen beim Messen (…) auch heutzutage im Hinblick auf eine differenziertere Analyse gewinnbringend sind.“ (Nührenbörger, 2002, 50) Piaget integriert die Entwicklung des kindlichen Messverständnisses in seine Theorie der kognitiven Entwicklung, welche im Folgenden zusammenfassend dargestellt wird.

 

4.1.1 Kognitive Entwicklungstheorie

 

Der Biologe und Erkenntnistheoretiker Piaget sieht das Kind als „Wissenschaftler“ und seine „geistige Entwicklung als strukturelle Veränderung mentaler logischer Repräsentationen, die in unterschiedlichen, inhaltlich trennbaren Bereichen parallelisiert und zeitlich synchronisiert verlaufen.“ (Nührenbörger, 2002, 51)

 

Das Kind erschließt sich die Wirklichkeit durch die aktive Auseinandersetzung mit der Umwelt, wobei äußere Geschehnisse mit dem inneren Denken des Kindes verbunden werden.

 

Das soziale Umfeld spielt bei Piaget eine eher untergeordnete Rolle. Er ist der Meinung, dass das Kind fachliche Inhalte und Fertigkeiten nicht einfach übernehmen kann (zum Beispiel von Eltern und Geschwistern), sondern sich diese immer durch geistige Aktivitäten selbst aneignen muss. Für das Unterrichtsgeschehen ergibt sich daraus, dass die Schüler und Schülerinnen nicht passiv Lehrinhalte übernehmen sollen, sondern geeignete Angebote erhalten, um sich durch geistige Aktivität Wissen selbst anzueignen. (vgl. Nührenbörger, 2002, 51ff.)

 

Piaget sieht die kognitive Entwicklung als eine immer größer werdende Leistungsfähigkeit in den folgenden kognitiven Strukturen:

 

„Abstraktion (Denkhandlungen lösen sich mehr und mehr von konkreten anschaulichen Handlungen)