Lassiter Sonder-Edition 53 - Jack Slade - E-Book

Lassiter Sonder-Edition 53 E-Book

Jack Slade

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Zwei Kerle packten Lassiter und schleiften ihn bis unter den Galgen. Sie schlangen das Ende des Stricks um seine gefesselten Fußgelenke und zogen ihn dann hoch.
Sekunden später pendelte er einen halben Meter über dem Erdboden. Drei andere Banditen schleppten Samira herbei. Sie wehrte sich verzweifelt, doch gegen die brutale Gewalt der Männer kam sie nicht an.
"Amigos!", rief Concho Culebra. "Lassiter wird sterben! Und sie", er wandte sich um und deutete auf die halbnackte Samira, "wird dabei zusehen..."

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 175

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

LASSITERS SCHÖ‍NE KOMPLIZIN

Vorschau

Impressum

LASSITERS SCHÖ‍NE KOMPLIZIN

von Jack Slade

Es war so dunkel, dass man die Hand vor den Augen nicht sehen konnte. Es regnete seit Stunden ununterbrochen, und der Mann, der durch die Nacht taumelte, war durchnässt bis auf die Haut.

Nicht nur durchnässt. Auch verwundet.

Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Er hatte die linke Hand auf die rechte Schulter gepresst, um die Wunde zu verschließen, die von der Kugel aufgerissen worden war.

Die Kugel eines Apachen hatte ihn erwischt.

Der Mann wusste nicht mehr, in welche Richtung er sich bewegte. Seine Beine machten nur noch einen Schritt nach dem anderen. Und immer wieder hämmerten seine Gedanken: Weiter! Nur nicht schlappmachen, sonst haben sie dich! Und dann nehmen sie dir deinen Skalp und noch eine ganze Menge mehr!

Apachen!

Ausgerechnet Apachen!

Mit allem hatte er gerechnet, nur nicht mit diesen roten Teufeln! Dabei waren sie doch schon seit Monaten ruhig. Seit Monaten hatte es keine Aufstände mehr gegeben. Die Indianer hatten sich seit der letzten großen Niederlage durch General Canby in ihre Reservate zurückgezogen. Ein Teil von ihnen war nach Florida deportiert worden.

Es hieß, dass wirklich keine Gefahr bestand, durch diesen Teil des Südwestens von Arizona zu reiten. Zumindest keine Gefahr mehr durch Apachen.

Doch dann waren sie plötzlich aufgetaucht.

Zum Teufel mit ihnen!

Und dabei hatte der Mann, der nun durch die Nacht taumelte, alles bis ins letzte Detail durchdacht.

Der Mann war Lassiter.

Er war noch ziemlich zuversichtlich gewesen, als er Rainbow Valley verlassen hatte. Jetzt war er ziemlich am Ende.

Er konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Und er wusste, dass er so gut wie erledigt war, wenn er dem Verlangen aus seinem Inneren nachgab und sich einfach fallen ließ und liegenblieb.

Wie schlimm doch Müdigkeit sein konnte! Sie konnte einen Mann mehr fertigmachen als eine Verwundung.

Über zwanzig Stunden war er nun schon unterwegs. Die letzten sechs Stunden zu Fuß.

Das Pferd hatten ihm die Apachen unter dem Hintern weggeschossen.

Ein Glück, dass es so schnell dunkel geworden war. Das war seine Rettung gewesen. Die pechschwarze Dunkelheit und der wolkenbruchartige Regen, der plötzlich eingesetzt hatte. Es war der in diesem Landstrich übliche Frühjahrsregen. Innerhalb weniger Stunden füllten sich die ausgetrockneten Arroyos mit Wasser und wurden zu reißenden Strömen, die gleichzeitig Leben brachten und Leben vernichteten.

Lassiters Glieder waren schwer wie Blei.

In ihm war das unbändige Verlangen, sich einfach fallen zu lassen und die Augen zu schließen. Schlafen, viele Stunden schlafen.

Aber das war ein Luxus, den er sich in seiner augenblicklichen Situation nicht erlauben durfte.

Er musste weiter. Zu viel stand auf dem Spiel. Nicht nur für ihn, sondern auch für andere.

Verdammte Apachen!

Sie hatten ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wenn er nicht so viel Glück gehabt hätte, wäre er jetzt schon am Ende seines Trails angelangt.

Plötzlich hörte er durch das Rauschen des Regens und das auf- und abschwellende Fauchen des Windes ein noch lauteres Geräusch.

Er blieb stehen. Horchte nach vorne.

Nicht weit von ihm entfernt schossen die gurgelnden Wasser eines Flusses dahin. Es war ein gleichmäßiges Brausen, das den Wind und den rauschenden Regen übertönte.

Ein Wüstenfluss, der innerhalb kurzer Zeit entstanden war, und von dem morgen schon nichts mehr zu sehen sein würde, weil die ausgetrocknete Erde ihn in sich aufgesaugt hatte wie ein riesiger, unersättlicher Schwamm. Danach würde sich die trostlose Landschaft für ein paar Tage in ein farbenprächtiges Blütenmeer verwandeln, um dann wieder monatelang bis zum nächsten Regen scheinbar tot unter der sengenden Sonne zu liegen.

Lassiter wollte sich abwenden, um eine andere Richtung einzuschlagen. Er wusste, dass es in seinem Zustand ziemlich aussichtslos war, diesen Fluss durchqueren zu wollen.

Doch da stutzte er.

Er spähte schärfer in die Finsternis und sah den winzigen Lichtpunkt. Wie das Auge einer Raubkatze glühte der Punkt in die Nacht.

War es ein Campfeuer, das im Schutz von überhängenden Felsen brannte? Oder fiel das Licht aus dem Fenster eines Hauses?

Lassiter wollte es genau wissen.

Er schritt los in Richtung des brausenden, gurgelnden Wasserlaufs. Erreichte plötzlich eine steile Uferböschung. Merkte zu spät, dass er schon ein winziges Stück zu weit gegangen war.

Unter seinen Stiefeln löste sich eine Erdscholle. Er wollte sich zurückwerfen, aber es war zwecklos.

Mit den Füßen voran sauste er die steile Böschung hinunter, klatschte gleich darauf ins dahinschießende Wasser und tauchte unter.

Jetzt musste er schwimmen.

Prustend kam er wieder an die Oberfläche und kämpfte gegen die unerbittliche Strömung an. Seine Arme peitschten die Fluten, und er vergaß den Schmerz in seiner Schulter und die Müdigkeit in seinen Gliedern.

Ein paar hundert Schritte weiter unterhalb wurde er in einer scharfen Biegung des Flussbetts förmlich ans Ufer geschleudert. Er blieb ein paar Minuten auf der Sandbank liegen und wartete, bis seine aufgepeitschten Lungen sich wieder etwas beruhigt hatten.

Mühsam kam er auf die Füße und kletterte die flache Böschung hoch. Oben spürte er felsigen Boden unter seinen Füßen. An dem Heulen und Pfeifen des Windes erkannte er, dass sich weiter vorne ein ziemlich steiles Bergmassiv erhob, an dem sich der Wind brach.

Er wandte sich nach links und schritt in die Richtung, wo er vorhin den Lichtpunkt erspäht hatte.

Wo Licht brannte, waren auch Menschen. Wenn Lassiter Glück hatte, fand er dort, was er brauchte: Wärme, etwas zu essen, einen Platz zum Schlafen.

Er konnte auch Pech haben und auf Apachen oder Banditen stoßen.

Nach einer Weile sah er wieder das Licht. Und dann erkannte er, dass es der Lichtschein eines Campfeuers war, das in einer Felsenhöhle brannte.

Vorsichtig pirschte sich Lassiter heran. Er legte einmal kurz die Hand auf den Revolverkolben, grinste jedoch fast im selben Augenblick müde über sich selbst.

Der Revolver war nicht zu gebrauchen, weil die Munition völlig durchnässt war.

Lassiters einzige Waffe war das schwere Bowiemesser, aber damit hatte er kaum eine Chance, wenn er auf mehrere Männer stieß, die ihm feindlich gesonnen waren.

Vorsichtig schlich er näher an die Felsen heran. Der Sturm peitschte die Regenmassen gegen das Gestein, und das Wasser floss in vielen kleinen Bächen zum Arroyo hinab.

Lassiter erreichte den Höhleneingang und verharrte hinter einem großen Felsbrocken. Wohltuende Wärme schlug dem völlig durchnässten Mann entgegen, und der Geruch von Kaffee hing in der Luft.

Zwei Männer kauerten vor dem Feuer.

Drei weitere Gestalten lagen etwas weiter entfernt und hatten sich in ihre Decken eingehüllt. Sie schliefen.

Lassiter musste unwillkürlich grinsen.

Nun hatte ihn der Zufall genau zu der Stelle geführt, die sein Ziel war. Diese Männer suchte er.

Die beiden am Feuer waren Don Parson und Jim Winters. Banditen. In ganz Arizona steckbrieflich gesucht. Auf ihre Ergreifung waren hohe Belohnungen ausgesetzt. Tot oder lebendig.

Don Parson war der Anführer des Rudels. Ein hagerer, grauhaariger Mann mit brutalen Gesichtszügen. Ein zweibeiniger Wolf. Ein eiskalter, erbarmungsloser Halunke, der beim geringsten Anlass zum Revolver griff.

»Hallo, das Feuer!«, rief Lassiter halblaut und verschwand fast in derselben Sekunde wieder hinter seiner Deckung.

Und das war gut so.

Die beiden Banditen am Feuer reagierten unheimlich schnell. Besonders Don Parson.

Beim ersten Laut hatte er sich zur Seite geworfen und hielt auch schon den Revolver in der Hand. Und er jagte zwei Kugeln genau in die Richtung, wo eben noch Lassiters Kopf gewesen war.

Das war Don Parsons Art. Erst schießen, dann fragen. Das hatte er sich in den Jahren des Gehetztseins zur Faustregel gemacht.

Es wurde wieder still.

Die beiden Banditen lauerten in der Höhle.

»Ihr braucht nicht zu schießen!«, rief Lassiter. »Ich bin allein und habe keine brauchbare Waffe.«

»Wer bist du, Hombre?«, fragte Don Parson mit rauer Stimme. »Wie bist du hierhergekommen?«

»Ich wurde am Abend von Apachen überfallen«, gab Lassiter zurück. »Ich konnte mit knapper Not entkommen. Vor einer halben Stunde sah ich das Licht und bin durch den Arroyo geschwommen. Kann ich jetzt ans Feuer kommen und mich etwas wärmen?«

»Du hast mir noch nicht deinen Namen genannt«, knurrte Parson.

Lassiter lachte leise.

»Ihr seid aber verdammt misstrauisch!«, rief er. »Ich heiße Lassiter. Und ich komme aus Rainbow Valley.«

»Lassiter?«, fragte Parson, und Überraschung war in seiner Stimme. »Du bist Lassiter, der Mörder?«

Lassiter antwortete nicht sofort.

Er hielt es für besser, wenn er etwas zögerte. Ein Mann, der steckbrieflich wegen Mordes gesucht wurde, gab nicht so ohne weiteres zu, dass er der Gesuchte war.

»Na, was ist, Lassiter?«, rief Parson ungeduldig. »Bist du der Mann, auf dessen Kopf zehntausend Dollar ausgesetzt sind?«

»Und wenn ich es bin?«, fragte Lassiter. »Werdet ihr euch dann das Geld verdienen wollen?«

Don Parson lachte.

»Das weiß ich noch nicht«, sagte er. »Komm jetzt hinter dem Felsen hervor und zeig dich! Vielleicht legen wir dich dem nächsten Marshal oder Sheriff vor die Füße. Vielleicht auch nicht. Das muss ich mir alles noch gründlich überlegen. Komm jetzt in die Höhle! Oder spielst du jetzt etwa mit dem Gedanken, abzuhauen?«

Lassiter kam hinter seiner Deckung hervor. Er hielt beide Hände in Schulterhöhe, als er in den Lichtschein des kleinen Feuers trat.

Er grinste verzerrt.

»Ich bin so oder so erledigt«, sagte er heiser. »Macht mit mir, was ihr wollt.«

Die drei Gestalten im Hintergrund waren längst wach geworden. Zwei von ihnen hatten sich unmittelbar nach den Schüssen aus den Decken geschält. Die dritte Gestalt hatte sich nur aufgerichtet und blickte Lassiter aus großen Augen müde an.

Ein Mädchen.

Jung, schön, unschuldig.

Lassiter kannte sie.

Und sie kannte ihn.

Tatjana Karnoff. Tochter von Peter Karnoff, einem alten Freund Lassiters. Sie war von diesen Banditen entführt worden, und er hatte dem Freund versprochen, Tatjana zu befreien.

Er warf ihr einen schnellen, warnenden Blick zu, und sie schien ihn verstanden zu haben.

Don Parson grinste Lassiter an.

»Er ist es«, sagte er zu seinen Kumpanen. »Lassiter. Zehntausend Dollar Belohnung. Tot oder lebendig.«

Lassiter ließ die Arme sinken.

Er kauerte vor dem Feuer nieder, griff nach dem Kessel, der am Dreibein hing, und füllte sich einen der zerbeulten Blechbecher, die neben der Feuerstelle herumlagen.

Die Banditen ließen ihn gewähren.

Nachdem er getrunken hatte, sah er wieder Don Parson an und sagte gelassen: »Da habe ich euch aber ein schönes Geschenk gebracht, wie? Ganze zehntausend Dollar. Damit könnt ihr euch eine Menge schöner Tage machen.«

Don Parson starrte nachdenklich ins Feuer.

»Wir werden dich mitnehmen«, sagte er langsam. »Vielleicht kann der Boss einen Burschen wie dich gebrauchen. Nach allem, was ich so von dir gehört habe, könntest du ganz gut zu uns passen.«

Lassiter runzelte die Stirn.

»Habe ich richtig gehört?«, fragte er zweifelnd. »Ihr seid also von der gleichen Sorte wie ich?«

Don Parson nickte grinsend.

»Ich bin Don Parson«, sagte er. »Die anderen heißen Jim Winters, Ace Kelly und Gila-Slim. Na?«

Lassiter lachte, scheinbar erleichtert.

»So was nenne ich Glück«, sagte er. »Ich habe von euch gehört. Unsere Steckbriefe hängen überall nebeneinander aus.«

Er drehte den Kopf und blickte zu Tatjana hinüber.

»Wer ist die Frau? Gehört sie zur Bande?«

Don Parson schüttelte den Kopf.

»Sie ist unsere Gefangene. Tatjana heißt sie. Tatjana Karnoff. Ihr Vater ist noch in Russland geboren. Der Mann lebt seit zehn Jahren in den Staaten.«

Lassiter kannte alle Einzelheiten. Trotzdem musste er fragen, um nicht aufzufallen.

»Ein reicher Mann?«

»Es ist nicht viel bei ihm zu holen. Er besitzt 'ne mittelprächtige Rinderranch nördlich von Rainbow Valley. Ziemlich viel karges Bergland und nur an ein paar Stellen einigermaßen ordentliche Weiden.«

»Also dürfte nicht viel bei ihm zu holen sein«, brummte Lassiter.

»Das wissen wir«, sagte Parson. »Von Karnoff will der Boss auch nichts haben, sondern von einem anderen.«

»Und wer ist dieser Mann?«

Nach der letzten Frage zog sich Lassiter die Jacke aus und streifte sich anschließend das vor Nässe triefende Hemd über den Kopf. Mit den Handflächen massierte er seine durchgekühlte Haut, und die Wärme des Feuers drang wohltuend in die Poren.

»Schon mal den Namen Bergerac gehört?«, fragte Parson.

Lassiter nickte und schnallte seinen Revolvergurt ab.

»Verdammt reicher und mächtiger Bursche«, murmelte er und sah zu dem Mädchen hin. »He, Lady, ich hoffe, du fällst jetzt nicht vor Schreck in Ohnmacht.«

Mit diesen Worten richtete er sich aus seiner kauernden Haltung auf und zog Stiefel und Hosen aus.

Tatjana wurde rot und senkte die Lider.

Die vier Banditen lachten, während Lassiter seine Kleidungsstücke auswrang und dann neben dem Feuer ausbreitete.

»Sie ist noch ziemlich prüde«, bemerkte Don Parson böse. »Aber das wird sich in ein paar Tagen mit Sicherheit gelegt haben. Wir haben bisher noch jede gefügig gemacht.«

»Was ist mit diesem Bergerac?«, fragte Lassiter. »Soll er etwa ein Lösegeld für das Mädchen zahlen?«

Don Parson wurde ernst und nickte.

»Louis Bergerac ist wie verrückt in sie verliebt. Im Grunde ist er ein eiskalter Geschäftsmann, aber wenn es um Tatjana geht, verliert er den Verstand. Der wird jede Summe zahlen, um sie wohlbehalten wieder zurückzubekommen.«

»Interessant«, brummte Lassiter und kauerte sich wieder möglichst dicht neben das Feuer, um seinen durchfrorenen Körper ordentlich durchzuwärmen. Er blickte auf seine Schulterwunde und fragte: »Habt ihr wenigstens etwas Verbandszeug?«

»Gila«, sagte Don Parson, und sofort verschwand der Halbindianer im hinteren Teil der Höhle, wo die Pferde standen und die Sättel lagen.

Er kam mit Verbandszeug und Wundsalbe zurück, reinigte die Fleischwunde und legte Lassiter einen festen Verband an.

»Danke«, sagte Lassiter, »du hättest Arzt werden sollen, Gila.«

Gila-Slim, der Halbapache, grinste breit und zufrieden. Es tat ihm sichtlich gut, solche Worte zu hören.

Lassiter wandte sich wieder an Don Parson.

»Wie viel wollt ihr denn für das Mädchen haben?«

Parson zuckte die Schultern.

»Ich habe keine Ahnung, was der Boss fordern wird.«

»Wer ist der Boss?«

»Er nennt sich Concho Culebra.«

»Nie gehört.«

»Macht nichts«, sagte Don Parson trocken. »Bald wirst du ihn kennenlernen. Ich bin gespannt, was er dazu sagen wird, dass ich einen Fremden mit ins Versteck bringe.«

Jim Winters, ein sehniger, schwarzgelockter Bursche von etwa fünfundzwanzig Jahren, lachte kichernd.

»Vielleicht ist er gar nicht begeistert davon, Don«, meinte er. »Du weißt ja selbst, dass er in solchen Fällen verdammt wütend werden kann.«

»Na und?«, schnaubte Parson. »Was sollen wir denn deiner Meinung nach mit Lassiter machen? Sollen wir ihn etwa in die nächste Stadt bringen und das Kopfgeld einkassieren?«

Jim Winters schüttelte den Kopf.

»Lieber nicht«, sagte er. »Ich schätze, im Augenblick haben wir es ziemlich eilig, mit dem Mädchen über die Grenze zu kommen.«

»Na also«, knurrte Don Parson. »Laufenlassen können wir ihn auch nicht. Also haben wir nur noch die eine Möglichkeit, ihn mitzunehmen. Der Boss kann dann selbst entscheiden, was mit ihm geschehen soll.«

»He!«, rief Lassiter. »Ich denke, ich bin euer neuer Partner.«

»Das hat noch etwas Zeit«, sagte Parson kalt. »Vorerst bist du so etwas wie unser Gefangener. Deinen Revolver bekommst du zurück, sobald wir im Camp sind und der Boss entschieden hat. Kann sein, dass er dich als vollwertiges Bandenmitglied aufnimmt. Wenn nicht, hast du Pech gehabt...«

Er verstummte schulterzuckend.

Lassiter starrte in die knisternden Flammen. Um ihn herum herrschte eisiges Schweigen.

Er wusste, was die Worte Parsons zu bedeuten hatten. Entweder wurde er in die Bande aufgenommen, oder er musste sterben. Eine Bande wie diese konnte es sich einfach nicht leisten, einen lästigen Mitwisser am Leben zu lassen.

Lassiter hatte ein höllisch heißes Eisen angefasst, indem er diesen Auftrag angenommen hatte.

Vor einer Woche war Tatjana in Rainbow Valley entführt worden. Das Mädchen und die Entführer blieben wie vom Erdboden verschluckt. Es gab nicht die geringste Spur, nicht den geringsten Anhaltspunkt, wohin sie sich gewendet hatten.

Peter Karnoff hatte in seiner Verzweiflung Lassiter ein Telegramm geschickt. An Lassiters Freund Benito Sanchez in El Paso. In El Paso hielt sich Lassiter von Zeit zu Zeit auf. Es war der einzige Ort, zu dem er sich immer wieder hingezogen fühlte. Ein ruhender Pol in seinem ruhelosen Leben.

In El Paso lebte sein Sohn Jay. Sieben Jahre alt. Ein prächtiger Bursche, der jetzt schon in vielen Dingen seinem Vater Lassiter ähnlich war.

Sieben Jahre waren es nun schon her, dass Lassiter seine Frau Mary verloren hatte. Nach einer kurzen Zeit des Friedens war Lassiter wieder zum Freibeuter und Abenteurer geworden. Das Schicksal hatte ihn wieder auf den ruhelosen Pfad getrieben, auf dem er vorher geritten war.

Sein ganzes Leben war einziges Abenteuer.

Zuerst seine Affäre mit Wells Fargo. Die mächtige Company hatte ihm alles genommen, was er besessen hatte. Und Lassiter holte sich alles wieder. Bis auf den letzten Cent.

Er wurde zum schlimmsten Feind von Wells Fargo. Er überfiel Geldtransporte und sprengte Tresore in die Luft. Er schadete der Company, wo er ihr nur schaden konnte.

Wells Fargos Privatarmee unter Sidney Blood hetzte ihn unerbittlich. Setzte hohe Belohnungen auf seinen Kopf aus. Sie fingen ihn mehr als einmal ein, und immer wieder gelang es ihm, zu entkommen.

Die Auseinandersetzung mit Wells Fargo hatte sein Leben entscheidend geprägt. Er wurde zum ruhelosen, heimatlosen Reiter. Und als er dann endlich glaubte, seinen Frieden wiedergefunden zu haben, schlug das Schicksal erneut zu.

Seine Feinde starben eben niemals aus. Einige von ihnen witterten fette Beute und überfielen die Hazienda in Mexiko, auf der Lassiter mit seiner Familie lebte. Er war an diesem Tage nicht zu Hause, und als er mit seinen Männern von einem längeren Ritt zurückkam, fand er seine Frau in ihrem Blut liegend. Geschändet und ermordet.

Nur das Baby lebte noch...1

Es hatte Lassiter hart getroffen. Es war bedeutend schlimmer gewesen als das, was ihm Wells Fargo zugefügt hatte. Und erneut war er zum Racheengel geworden.

In El Paso wuchs Lassiters Sohn heran.

Und in El Paso erhielt Lassiter das Telegramm von Peter Karnoff.

Der große Mann war sofort abgereist. Bis Lordsburg mit der Eisenbahn und von dort aus weiter mit der Postkutsche.

Mitten in der Nacht war er bei Peter Karnoff angekommen. Und nicht nur Karnoff, sondern auch noch ein zweiter Mann erwartete Lassiter bereits: Louis Bergerac, Amerikaner spanischer Abstammung. Reich, angesehen, mächtig. Tatjanas Verlobter. Ein Mann von eiskalter Intelligenz.

Er hatte bereits ganz bestimmte Vorbereitungen getroffen. Vorbereitungen, die Lassiter zwar keineswegs gefielen, in die er sich schließlich aber doch fügte.

Louis Bergerac hatte nämlich Steckbriefe drucken lassen. Mit Lassiters Namen.

»Das ist nur ein Trick«, erklärte Bergerac. »Ihnen wird überhaupt nichts passieren, Lassiter.«

Und Lassiter antwortete böse: »Wenn mir ein verrückter Kopfgeldjäger seine Kugel in den Rücken gejagt hat, nützt mir das alles nichts mehr.«

Daraufhin nannte Louis Bergerac eine Summe, die Lassiter seinen Widerstand vergessen ließ: »Dreißigtausend Dollar, Lassiter.«

Und den endgültigen Ausschlag gab Peter Karnoffs Bitte: »Ich kann dir kein Geld bieten, mein Freund. Kämpfe für mich um der Freundschaft willen, Lassiter! Du bist der einzige, der Tatjana noch helfen kann.«

Lassiter willigte ein.

Er gab sein Wort, alles zu tun, was in seinen Kräften stand, um Tatjana Karnoff zu retten. Er gab sein Wort, obwohl er wusste, dass er nur eine hauchdünne Chance hatte, das gesteckte Ziel zu erreichen.

Nun hockte er bereits inmitten der Entführer. Und er spürte ihre misstrauischen Blicke fast körperlich.

Eisiges Schweigen.

Hin und wieder nahm Lassiter eins seiner Kleidungsstücke und hielt es über das Feuer, damit der Stoff schneller trocknete.

Drüben hockte noch immer das Mädchen und starrte zu Boden.

»Wo haben dich eigentlich die Apachen angegriffen?«, fragte Don Parson plötzlich lauernd.

»In den westlichen Ausläufern der Cimarron-Berge«, erwiderte Lassiter wahrheitsgemäß. »Ich habe Glück gehabt, sonst hinge jetzt mein Skalp an einem Apachengürtel. Die Dunkelheit hat mir zum Glück genügend Schutz geboten. Durch das Unwetter wurde es ja bedeutend früher dunkel als normal.«

Don Parson sah ihn nachdenklich an.

»Und wohin wolltest du ursprünglich?«

»Irgendwohin«, murmelte Lassiter ausweichend.

In Wirklichkeit hatte er von Anfang an ein festes Ziel gehabt. Er wollte nach Süden und dann über die Grenze. Irgendwo in den zerklüfteten Sierras sollte das Versteck einer großen Bande sein, auf deren Konto angeblich die Entführung Tatjanas ging.

Das hatte ihm Louis Bergerac gesagt, und Lassiter fragte sich, woher dieser Mann sein Wissen bezog.

Wieder herrschte Schweigen.

Bis dann Don Parson langsam sagte: »Es gibt doch seltsame Zufälle im Leben, findest du nicht auch, Lassiter?«

»Was willst du damit sagen, Parson?«

»Nichts Besonderes«, brummte der Bandit. »Was sind das eigentlich für Morde, die du begangen hast?«

»Meinen letzten Mann habe ich in Flagstaff umgelegt«, sagte Lassiter. »Willst du es ganz genau wissen?«

Der Bandit Ace Kelly meldete sich zu Wort. Er war ein Mann mit einer unangenehmen, knarrenden Stimme und eiskalten Augen.

»Die ganze Sache gefällt mir nicht, Don«, krächzte er. »So viele Zufälle auf einmal kann es einfach nicht geben.«

Lassiter drehte langsam den Kopf und sah Kelly finster an.

»Willst du mich einen Lügner nennen?«

»Ich habe nur das gesagt, was ich denke«, knurrte Kelly. »Oder ist es etwa kein Zufall, dass du so plötzlich hier aufgetaucht bist? Und warum hast du nicht von Anfang an gewusst, wer wir sind? Du warst doch angeblich in Rainbow Valley. Also musst du doch von der Entführung des Mädchens gehört haben. Die Sache hat immerhin eine ganze Menge Staub aufgewirbelt.«

Lassiter erkannte, dass er anfangs einen Fehler gemacht hatte.

Diese Desperados waren keine Dummköpfe.

Sie verstanden es, nachzudenken und eiskalt zu analysieren.

Er hatte ihnen erzählt, dass er aus Rainbow Valley kam. Aber er hatte so getan, als hätte er noch nichts von der Entführung dieses Mädchens gehört.