Leadership Storytelling. - Lenny Steinbrück - E-Book

Leadership Storytelling. E-Book

Lenny Steinbrück

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Beschreibung

Der unternehmerische Wandel des 21. Jahrhunderts ist gepra?gt von bedeutenden, schnell eintretenden Einschnitten bei gleichzeitiger Informationsflut. Storytelling – zum einen abgewertet als Modewort, zum anderen anerkannt als optimales Kommunikationswerkzeug für Führungskräfte – dient der Information und Motivation bezüglich geplanter Veränderungen in der Unternehmensstruktur. Sieben Experten wurden interviewt, um Merkmale, Potenziale und Herausforderungen des Leadership Storytellings und dessen Stellenwert fu?r Fu?hrungskra?fte zu untersuchen. Das Buch beschreibt die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten von Leader Stories im Unternehmensalltag, wobei ein besonderes Augenmerk auf dem Einsatz im Changemanagement liegt. Hierbei wird neben einer Vielzahl positiver Anwendungsmöglichkeiten auch auf die komplexen Herausforderungen in der Planung und Umsetzung eingegangen. Die Auswertungsergebnisse verdeutlichen, dass Storytelling die entscheidende Schlüsselkompetenz für Erfolg sein kann.

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Veröffentlichungsjahr: 2023

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[1]

LENNY STEINBRÜCK

Leadership Storytelling

[2]

Moderne Managementansätze

Herausgegeben vonStefan Luppold

Band 2

[3]

Lenny Steinbrück

Leadership Storytelling

Herausgegeben von

Stefan Luppold

Edition Wissenschaft & Praxis

[4]

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation inder Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Datensind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten© 2023 Edition Wissenschaft & Praxisbei Duncker & Humblot GmbH, BerlinSatz: TextFormArt, Daniela Weiland, GöttingenDruck: CPI Books GmbH, LeckPrinted in Germany

ISSN 2751-7004 (Print)ISSN 2751-7225 (Online)ISBN 978-3-89673-796-0 (Print)ISBN 978-3-89644-316-8 (E-Book)

Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papierentsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

[5]

Geleitwort:Impulse und Leadership Storytelling

Auf welchen Informationen fußen Ihre Entscheidungen, was ziehen Sie an Quellen heran zur Redefinition von Unternehmensstrategien, welche Daten liegen den Innovationen Ihres Geschäftsbereiches zugrunde? Hier versammeln sich Wirtschaftsmagazine und Newsticker, reihen sich Vorträge von Experten und Auswertungen unseres Corporate Controlling aneinander, ergänzt um Marktanalysen und Geschäftsklimaprognosen.

Völlig zu Recht greifen wir auf einen Mix an Ressourcen zurück, um jene Zahlen, Daten und Fakten zu erfahren, die uns beim Treffen einer möglichst rationalen Entscheidung unterstützen. Oder, was nicht selten vorkommt, beim nachträglichen Begründen einer Bauchentscheidung (die uns grundsätzlich nicht als schlechter erscheinen darf, hat man sich beispielsweise mit dem Thema wissenschaftlich beschäftigt – siehe u. a. Gerd Gigerenzer).

Die deutschsprachige Ausgabe von „Bauchentscheidungen – Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition“ erschien 2007. Pech für jene, die nach ihrer Ausbildung oder ihrem Studium aufgehört haben, Bücher zu lesen. Die wissen das einfach nicht, woher auch. Nassim Nicholas Taleb würde hier möglicherweise sein Konstrukt vom „Black Swan“ anführen, zur Erklärung dieses Wissensdefizits: Was wir wissen, dass wir es wissen; was wir wissen, dass wir es nicht wissen; was wir nicht wissen, dass wir es nicht wissen.

Doch wo anfangen, wieviel Update ist erforderlich, wir haben doch das Diplom gerahmt an der Wand hängen? Es gibt keine einfachen Antworten auf eine solch komplexe Frage. Sicher sein dürfen wir uns jedoch darüber, dass es stets neue Erkenntnisse gibt, die eine Erfahrungsbasis fortschreiben. Der Nobelpreisträger für Physik Giorgio Parisi beschreibt das in seinem Buch „Der Flug der Stare – Das Wunder komplexer Systeme“ mit dem Hinweis darauf, dass in der Forschung nach und nach mehr neue Fragen auftauchen, als wir Antworten bekommen können. Das darf uns nicht davon abhalten, nach Neuem zu suchen.

Wir müssen aber entscheiden. Zeitnah und so „richtig“ wie möglich. Deshalb aktualisieren wir unser Wissen (hoffentlich) immer wieder durch das Studium aktueller Fachliteratur. Ich tat dies kürzlich, indem ich mir das „Handbuch Modernes Marktforschungs-Management“ von Werner Pepels besorgte, in einer überarbeiteten und ergänzten Auflage. Mühsam, bei allem Interesse, nach einem langen Arbeitstag den rund 1.200 Seiten Aufmerksamkeit zu schenken. Und die Belohnung folgt auf dem Fuße – überall dort, wo man Neues entdeckt, das dringend gebraucht wird.

[6]

Wenn Sie den Verlauf Ihres persönlichen Update-Verhaltens analysieren, dann stellen Sie fest, dass es auch von Impulsen getrieben wird. Wie etwa dem Bericht über Nobelpreisträger und deren Forschungsverdienste. Das hat bei mir vor einigen Jahren dazu geführt, dass ich mir das Buch „Nudge – Wie man kluge Entscheidungen anstößt“ von Thaler und Sunstein gekauft habe. Der dort beschriebene Impuls des Nudging, des Anstupsens, soll Menschen beispielsweise dazu bringen, sich um ihre Altersversorgung zu kümmern oder sich gesünder zu ernähren. Und kaum rezipiert entstehen Ideen, wie man – in meinem Fall – Studentinnen und Studenten zum „Out-of-the-Box“-Denken anstupsen kann, Kolleginnen und Kollegen zum Überarbeiten ihrer didaktischen Konzepte und so weiter.

Nun zu diesem Buch und dem Beitrag von Chenhao Dietrich: dort finden Sie Impulse, die Ihnen in einer sehr konzentrierten Form zur Verfügung gestellt werden. Sie entscheiden dann, inwieweit dies für Ihre beruflichen Aufgaben Relevanz hat und nutzen den Anstupser zum Weiterdenken, zur umfangreicheren Recherche oder zur Diskussion in Ihrem Unternehmen.

Chenhao Dietrich hat mit Die Eroberung Blauer Ozeane in der Eventbranche ein Modell aufgegriffen, das bereits in verschiedenen Fachbüchern recht ausführlich dargestellt wurde. So etwa von Barsch, Heupel und Trautmann in ihrem Sammelband „Die Blue-Ocean-Strategie in Theorie und Praxis“. Das Besondere dieses Beitrags findet sich einerseits in der Kürze (lange Impulse sind keine Impulse!) und einer so bereitgestellten Essenz, die Ihnen eine Einordnung und Beurteilung ermöglicht. Und andererseits in der beispielhaften Anwendung einer für die Unternehmenskommunikation wichtigen Disziplin: der Eventbranche.

„Innovation starts with an ,I‘“ ist ein inspirierendes US-amerikanisches Sprichwort und beschreibt den zentralen Ausgangspunkt von Innovation: am Anfang stehen Menschen! Deren Fachwissen, Motivation und Fertigkeiten bewirken in einem kreativen Kontext Innovationen, schaffen oder sind Teil einer Innovationskultur. Das kann grundsätzlich jeder von uns; und falls Sie das noch nicht tun: auch Sie, als Leserin oder Leser dieses Buches!

Florian Rustler hat bereits im Jahr 2014 in einer ersten Ausgabe „Denkwerkzeuge der Kreativität und Innovation“ vorgestellt – als kleines Handbuch der Innovationsmethoden. Dass dieses handliche Brevier heute bereits in einer 12. Auflage vorliegt steht dafür, dass Stillstand Rückschritt bedeutet, dass wir mit einem Erkenntnisgewinn rechnen müssen (oder dürfen?) und dabei jedoch Offenheit für Veränderungen nicht Entscheidungen (unter Unsicherheit, da die Parameter ja irgendwann andere sein werden!) verhindern darf. Ohne eine erste gäbe es keine zweite, ohne eine 11. keine 12. Auflage.

Möglicherweise beginnen Sie mit dieser oder einer anderen Publikation wieder das permanente Mitführen von Lesestoff zum situativen Konsum: Der verspätete Flug, die kurze Taxifahrt oder das Warten auf den Cappuccino im Stammlokal. Ich habe das als Schüler getan (natürlich nicht am Flughafen oder im Taxi) und mein [7] Vokabelheft griffbereit gehabt, ein Wort mehr am Tag zu lernen bedeutet doch immerhin eine Erweiterung des Sprachschatzes von 365 Wörtern pro Jahr.

Wenn wir Veränderungen betrachten, dann erfordert dies immer auch ein gewisses Maß an Abstraktionsvermögen. Die Eroberung Blauer Ozeane in der Eventbranche mag auf den ersten Blick interessant, jedoch nicht passend für Herausforderungen Ihres Corporate Marketing sein. Es wird Ihnen jedoch, bei einem zweiten Blick, Handlungsaspekte liefern und Bestandteil von etwas werden, das man Gefüge nennen mag:

„Ein Gefüge ist künstlich, aber auch kunstvoll. Auf jeden Fall aber verwirrend und nicht auf Anhieb zu durchschauen“, beschreiben es Roland Kaehlbrandt und Walter Krämer in ihrem „Lexikon der schönen Wörter“. Die Wahrnehmung, das Erkennen von Impulsen wird sich dann schon fügen...

Ich wünsche Ihnen einige gute Momente beim Lesen, danke dem Verlag Duncker & Humblot für seine Unterstützung (hier insbesondere Lisa Wötzel und Dr. Andreas Beck) sowie Chenhao Dietrich für das produktive Miteinander.

Kißlegg, im Herbst 2023

Prof. Stefan Luppold

Literaturverzeichnis

Gigerenzer, G. (2008): Bauchentscheidungen. Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition, 4. Auflage, München: Goldmann.

Kaehlbrandt, R./Krämer, W. (2020): Lexikon der schönen Wörter, München: Piper.

Parisi, G. (2022): Der Flug der Stare. Das Wunder komplexer Systeme, Frankfurt a. M.: S. Fischer.

Pepels, W. (2022): Handbuch Modernes Marktforschungs-Management, 3. Auflage, Berlin: Duncker & Humblot.

Rustler, F. (2023): Denkwerkzeuge der Kreativität und Innovation. Das kleine Handbuch der Innovationsmethoden, 12. Auflage, Zürich: Midas.

Taleb, N. N. (2007): The Black Swan, London: Penguin.

Thaler, R. H./Sunstein, C. R. (2017): Nudge. Wie man kluge Entscheidungen anstößt, 7. Auflage, Berlin: Ullstein.

Zur Bonsen, M. (2008): Real Time Strategic Change. Schneller Wandel mit großen Gruppen, Stuttgart: Schäfer-Poeschel.

[8]

[9]

Inhaltsverzeichnis

1.Der Diskurs um den Stellenwert des Leadership Storytellings im Kontext des Wandels

2.Theoretischer Teil – Definitorische und konzeptionelle Grundlagen des Beitrags

2.1Hinführung

2.2Begriffsbestimmungen und deren wissenschaftliche Einordnung

2.2.1Leadership

2.2.2Storytelling und Leadership Storytelling

2.2.3Sensemaking

2.2.4Unternehmensinterne Kommunikation

2.2.5Changemanagement

2.2.6Leadership Storytelling als Sensemaking-Strategie im unternehmensinternen Changemanagement

2.3Aktueller Forschungsstand zu Leadership, Storytelling und Changemanagement

2.3.1Die transformationale Führung als Wegweiser für Unternehmens- und Führungserfolg

2.3.2Aktueller Forschungsstand zum Thema Storytelling

2.3.3Aktuelle Aspekte des Changemanagements

2.3.4Emotionen als zentrales Element im Leadership Storytelling in Changeprozessen

2.4Bezugsmodelle und -theorien zur Erklärung von Leadership, Storytelling, Sensemaking und Changemanagement

2.4.1Erzähltheorie und -paradigma (Narrative Paradigm Theory)

2.4.2Vier Prinzipien einer guten Geschichte nach Denning

2.4.3Suspense, Surprise und der klassische Spannungsbogen nach Lessing und Hitchcock

2.4.4Typen des Story Sensemakings und der Erzählung

2.4.5Acht-Stufen-Modell nach Kotter

2.4.6Die vier I’s – Prinzipien der transformationalen Führung

2.5Zwischenfazit

3.Empirischer Teil – Untersuchung von Merkmalen, Potenzialen und Herausforderungen des Leadership Storytellings

3.1Fragestellungen und methodisches Vorgehen

3.1.1Zielsetzung und Aufbau der empirischen Untersuchung

3.1.2Leitfadengestütztes Experteninterview

3.1.3Kriterien der Expertenwahl

3.1.4Leitfaden

3.1.5Durchführung

3.2Ergebnisdarstellung

3.2.1Kurzportrait der Experten

3.2.2Transkriptionsregeln

3.2.3Paraphrasierung und Kodierung

3.2.3.1Definitionsansätze des Leadership Storytellings aus theoretischer und praktischer Sicht

3.2.3.2Merkmale des Leadership Storytellings aus Sicht der Experten

3.2.3.3Potenziale des Leadership Storytellings aus Sicht der Experten

3.2.3.4Herausforderungen des Leadership Storytellings aus Sicht der Experten

4.Diskussion der gewonnenen Erkenntnisse aus den Experteninterviews

4.1Limitationen des Forschungsbeitrags

4.2Praktische Handlungsempfehlungen

4.3Theoretische Handlungsempfehlungen

4.4Handlungsempfehlungen für zukünftige Forschung

5.Fazit und Ausblick

Anhang

Anhang 1: Das Acht-Stufen-Modell nach Kotter

Anhang 2: Interviewleitfaden

Anhang 3: Übersicht der Anhaltspunkte hinsichtlich einer Storytelling-Definition

Anhang 4: Übersicht der Transkriptionsregeln

Anhang 5: Datenstruktur der Interviewauswertung zu Potenzialen des Leadership Storytellings

Anhang 6: Datenstruktur der Interviewauswertung zu Herausforderungen des Leadership Storytellings

Literaturverzeichnis

Sachwortverzeichnis

[11]

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis

Tabelle 1:Übersicht ausgewählter Definitionen von Story und Storytelling

Tabelle 2:Anwendungsmöglichkeiten des Storytellings in Unternehmen

Tabelle 3:Eckdaten der Experteninterviews

Tabelle 4:Interviewauswertung I – Merkmale des Leadership Storytellings

Tabelle 5:Datenstruktur der Interviewauswertung zu Potenzialen des Leadership Storytellings

Tabelle 6:Datenstruktur der Interviewauswertung zu Herausforderungen des Leadership Storytellings

Tabelle 7:Interviewleitfaden

Tabelle 8:Übersicht der Anhaltspunkte hinsichtlich einer Storytelling-Definition

Tabelle 9:Transkriptionsregeln

Tabelle 10:Interviewauswertung II – Potenziale des Leadership Storytellings

Tabelle 11:Interviewauswertung III – Herausforderungen des Leadership Storytellings

Abbildung 1:Klassischer Spannungsbogen nach Lessing und Hitchcock

Abbildung 2:Beispiel eines Fragmented Retrospective Narratives

Abbildung 3:Das Acht-Stufen-Modell nach Kotter

[12]

Abkürzungsverzeichnis

ASTM

American Society for Testing Materials

BME

Before, Middle, End

bspw.

beispielsweise

bzw.

beziehungsweise

ca.

circa

com

commercial

DAX

Deutscher Aktien Index

D. C.

District of Columbia

EBSCO

Elton Bryson Stephens Company

E-Mail

Electronic Mail

engl.

Englisch

Erg.-Lfg.

Ergänzungslieferung

et al.

et alii

f.

folgende

ff.

fortfolgende

ggf.

gegebenenfalls

GWV

Gruppe Württembergischer Verleger

H

Handlungsempfehlung

HR

Human Resource

Hrsg.

Herausgeber

IBM

International Business Machines Corporation

IK

Interne Kommunikation

insp.

inspiriert

IT

Information Technology

JAI

Journal of ASTM International

Jg.

Jahrgang

KI

Künstliche Intelligenz

MA

Mitarbeiter

MP3

MPEG-1 Audio Layer 3

MPEG

Motion Picture Expert Group

No.

Number

Nr.

Nummer

o. J.

ohne Jahreszahl

o. O.

ohne Ort

o. S.

ohne Seitenzahl

PC

Personal Computer

PDF

Portable Document Format

PR

Public Relations

Prof.

Professor

S.

Seite

SKO

Schweizer Kader Organisation

St.

Sankt

TQM

Total Quality Management

u. a.

unter anderem

US

United States

v. Chr.

vor Christus

vgl.

vergleiche

Vol.

Volume

VS

Verlag für Sozialwissenschaften

vs.

versus

VUKA

Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz

WMO

What Makes Organizations

Z.

Zeile

z. B.

zum Beispiel

zit.

zitiert

[15]

1. Der Diskurs um den Stellenwert des Leadership Storytellings im Kontext des Wandels

Storytelling wird häufig als Buzzword1 bezeichnet – ein Begriff, welchem eine negative Konnotation zugesprochen werden kann, da unter ihm verschiedene Schlagwörter definiert werden, die als kurzlebiges, nicht nachhaltiges Phänomen beschrieben werden können. Fog und Kollegen beschreiben Storytelling hingegen als „Produkt der Zeit“2, welches tiefere, geschichtlich geprägte Wurzeln hat. Es hat Berührungspunkte mit etwas Vertrautem – der Narration – und trägt darüber hinaus zu einem neuen Bewusstsein bei, was dem Ausdruck einen festen Platz im Wortschatz vieler Menschen verschafft.3 Beobachtungen des Verfassers lassen darauf schließen, dass Storytelling als rhetorische Technik in Unternehmen wenig genutzt wird. Pein sieht Kommunikation für Führungskräfte im Allgemeinen als größte Herausforderung in einem durch Corona geprägten Umfeld an.4 Für den Verfasser stellt sich daher die Frage nach der Bedeutung und Nutzungsintensität des Leadership Storytellings in der heutigen Zeit.

In der Epoche der Großen Depression5 zeigte der weltweit florierende Walt Disney-Konzern auf eindrucksvolle Weise, welche Wirkungskraft Storytelling entfalten kann. Fiktive Charaktere des Konzerns wie die Mickey Maus vermittelten, wie Stories in Krisenzeiten bei Menschen Sinn stiften sowie Zuversicht und Optimismus schaffen können.6 Boje beschreibt nicht nur Unternehmen wie Walt Disney als Storytelling Organization, sondern generalisiert jedes Unternehmen als eine durch Geschichten geprägte Institution. Auch der örtliche Baumarkt gedeihe oder vergehe durch die Narrative und Geschichten, die von dessen Mitarbeitern7 und Kundschaft erzählt werden.8 Erzählen ohne Storytelling scheint demnach nahezu unmöglich zu sein. Umso gravierender wäre demzufolge das Außerachtlassen dieser [16] durch Storytelling hervorgerufenen positiven Wirkungen. Leadership-Forscher9sehen Storytelling als wichtiges Mittel an, um als Führungskraft Einfluss gegenüber Mitarbeitern auszuüben. Dieser Einfluss kann beispielsweise dazu genutzt werden, starke Visionen zu schaffen, welche dabei helfen können, den zukünftigen Zustand eines Unternehmens vorstellbar zu machen und folglich auch zu konstruieren. Dieser Prozess des Visionen-Konstruierens wird zum Teil durch Mitarbeiter selbst vorangetrieben, indem diese komplexen Ereignissen im Unternehmen einen Sinn geben.10 Für Forscher ist Leadership Storytelling unter anderem deshalb ein kraftvolles Werkzeug in der Kommunikation,11 da mittels dieser Methodik neben Wissen auch Emotionen vermittelt werden.12 Diese spiegeln zum einen Authentizität wider und zum anderen helfen sie auf diesem Wege zugleich Vertrauen aufzubauen.13 Als Leader das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen, ist vor allem in der heutigen komplexen, sich schnell verändernden Unternehmenswelt, welche von ökonomischen Unsicherheiten geprägt ist, wichtig.14 Eine Umgebung, die von schnellem Wandel geprägt ist, wird durch sich kontinuierlich ändernde Erwartungen – etwa aufgrund von Regulation oder disruptiven Technologien15 – hyperkompetitiv.1617Dies führt dazu, dass konventionelle Lösungen ihre Wirkungskraft verlieren. Informationen sind schnell inakkurat, obsolet oder gar nicht erst verfügbar.18 In einem solchen, von Unsicherheit geprägten Umfeld müssen Organisationen19 einen kontinuierlichen Veränderungsprozess anstoßen, um bestehen und sich weiterentwickeln zu können.20 Bei ebensolchen Veränderungsprozessen habe Leadership Storytelling ein großes ungenutztes Potenzial.21 Für Führungskräfte ist es wichtig, über umfassende Kenntnisse zu den Anwendungsfeldern von Stories zu verfügen, um diese zweckmäßig nutzen zu können. Salicru zufolge geht es beim Storytelling weniger um das Streben nach der wissenschaftlichen Wahrheit, sondern um das Kreieren [17] von plausiblen Zusammenhängen.22 Dies impliziert auch Herausforderungen im Leadership Storytelling, da es zu vermeiden gilt, dass Stories einen manipulativen Charakter erhalten.23 Um Fehler im Leadership Storytelling zu vermeiden, ist eine Analyse der Herausforderungen im Entwickeln und Erzählen von Stories von besonderer Bedeutung, um die daraus gewonnenen Erkenntnisse zur Verfolgung langfristiger Unternehmensziele berücksichtigen zu können. Aufgrund des Zwiespaltes zwischen der Betrachtungsweise hinsichtlich des Storytellings als Mode-erscheinung24 und dem nachgesagten positiven Nutzen, bspw. für eine authentische Leadership-Kommunikation in Veränderungsprozessen,25 bleibt die Frage nach der tatsächlichen Relevanz, welche Leadership Storytelling heutzutage haben könnte. Groß- und mittelständische Unternehmen sind für diese Untersuchung von besonderem Interesse, da aus Sicht des Autors in jenen Unternehmensgrößen Stories starken Skaleneffekten unterliegen könnten: eigenen Beobachtungen zufolge besteht auf und zwischen einzelnen Mitarbeiterhierarchien eine komplexe Kommunikationsstruktur, die es als Leader stets in eine positive Richtung zu lenken gilt.

Um herauszufinden, welchen Stellenwert Storytelling als interne Führungspraxis im Changemanagement Groß- und mittelständischer Unternehmen hat, ist ein Vergleich des Status quo der Leadership Storytelling-Forschung mit der Anwendung von Leadership Storytelling in der Praxis unerlässlich. Zum besseren Verständnis, wie Geschichten wirken und was sie beinhalten müssen – oder auch nicht beinhalten müssen – wurde der Theorieteil um zwei essenziell wichtige Aspekte ergänzt: die unternehmensinterne Kommunikation und Sensemaking. Ferner wird der Zusammenhang zwischen der Güte der Führungskompetenz eines Leaders und dessen Fähigkeit, wirkungsvolle Stories zu erzählen, untersucht. Wenn die Fähigkeit, gute Geschichten zu erzählen, von Grund auf erlernbar ist, dann ist die Auseinandersetzung mit Herausforderungen und der Best-Practice des Storytellings für Führungskräfte besonders interessant. Und schließlich kann ein gutes Verständnis über Merkmale einer Geschichte dabei helfen, bessere Stories zu kreieren. Die Analyse der Potenziale des Leadership Storytellings zeigt zudem, wie vielseitig Geschichten in Unternehmen eingesetzt werden können. All diese Aspekte werden in diesem Forschungsbeitrag umfangreich betrachtet. Dabei wird klar aufgezeigt, wie bei der Befragung von sieben Experten methodisch vorgegangen wurde und welche Rückschlüsse aus den Aussagen in den Interviews gezogen werden konnten.

_____________

1 Eigennamen, Fachbegriffe, Anglizismen und wichtige Aspekte können in diesem Beitrag zu Zwecken der besseren Lesbar- oder Verständlichkeit durch kursive Schrift hervorgehoben bzw. gekennzeichnet sein.

2 Fog et al., 2010, S. 8.

3 Vgl. Fog et al., 2010, S. 8.

4 Vgl. Pein, 2020, o. S.

5 Unter der Großen Depression (1929 bis 1939) wird die bisher längste ökonomische Abschwung-Phase in der westlichen Welt verstanden. Vgl. Salicru, 2018, S. 134.

6 Vgl. Salicru, 2018, S. 134.

7 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Beitrag das generische Maskulin verwendet. Damit sind alle Geschlechter gleichermaßen gemeint.

8 Vgl. Boje, 2008, S. 4.

9 In diesem Beitrag werden die Begriffe Leadership und Führung als Übersetzung ins Deutsche inhaltlich kongruent verwendet, ebenso die Begriffe Leader und Führungskraft.

10 Vgl. Watts et al., 2018, S. 1 ff.

11 Vgl. Mlâdkovâ, 2013, S. 84.

12 Vgl. Snowden, 1999, S. 30 ff.; Zhang, 2020, S. 415.

13 Vgl. Lee/Jahng, 2020, S. 14.

14 Vgl. Salicru, 2018, S. 130 ff.

15 Disruptive Technologien stellen neue Technologien dar, die alte obsolet, also überflüssig machen. Vgl. Shamiyeh, 2014, S. 12.

16 Hyperkompetitiv bezeichnet einen Wettbewerbszustand, in dem die Wettbewerbsintensität schnell zunimmt und die Zeiten, in denen die Unternehmen Wettbewerbsvorteile nutzen können, kürzer werden. Vgl. Bogner/Barr, 2000, S. 212.

17 Vgl. Porter/McLaughlin, 2006, S. 559 ff.

18 Vgl. Salicru, 2018, S. 130 f.

19 Aufgrund der Ähnlichkeit in der Bedeutung wird in diesem Beitrag der Begriff Organisation im Sinne von Unternehmen verwendet. Die innere Organisation einer Personengruppe sorgt für eine optimale Aufgabenverteilung und Vernetzung von Individuen, was wiederum das wesentliche Element des Konstruktes Unternehmen ist. Vgl. Kette, 2018, S. 1 ff.

20 Vgl. Kleingarn, 1997, S. 94.

21 Vgl. Denning, 2021, S. 26 ff.

22 Vgl. Salicru, 2018, S. 133.

23 Vgl. Auvinen et al., 2012, S. 415 ff.

24 Vgl. Fog et al., 2010, S. 8.

25 Vgl. Van Wart, 2013, S. 560; Salicru, 2018, S. 130 ff.

[18]

2. Theoretischer Teil – Definitorische und konzeptionelle Grundlagen des Beitrags

2.1 Hinführung

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile“ –Aristoteles26

Das Thema Leadership Storytelling stellt in vielerlei Hinsicht ein MehrwertThema dar. Bereits die beiden Begriffe Storytelling und Leadership sind eigenständige Forschungsfelder, welche zusammen ein stark spezialisiertes Feld ergeben. Im nachfolgenden theoretischen Teil werden die Themenbereiche Leadership, Sto-rytelling, Changemanagement, Sensemaking und die unternehmensinterne Kommunikation anhand einer subjektiven Gewichtung mit unterschiedlicher Intensität behandelt. So sind die Begriffsbestimmungen von Sensemaking und der unternehmensinternen Kommunikation bspw. für das allgemeine Verständnis wichtig, eine Fokussierung auf diese beiden Wissenschaftsfelder hinsichtlich des aktuellen Forschungsstandes ist nicht von primärer Wichtigkeit. Dennoch sind die Forschungsgebiete immer im ganzheitlichen Kontext und nie losgelöst voneinander zu betrachten. Schließlich bestehen unzählige Synergien zwischen den einzelnen Themenbereichen dieses Beitrags.