Leben im Licht des Wortes Gottes - Friedrich Ahlfeld - E-Book

Leben im Licht des Wortes Gottes E-Book

Friedrich Ahlfeld

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Beschreibung

Friedrich Ahlfreld, einem 1884 in Leipzig verstorbenen, lutheranischen Theologen, war es lange am Herzen gelegen, ein Lebensbuch, insonders für reifere Konfirmanden und Brautpaare zu schreiben - sozusagen den Lebenslauf nach seinen äußeren und inneren Phasen im Lichte des Wortes Gottes zu beleuchten, und alle Stadien desselben vor dem Angesichte des Herrn hindurchgehen zu lassen. Seine Gedanken in Form von Predigten und Aufsätzen umfassen die Geburt, die Taufe, die Schulzeit, Jugendfreunschaften, die Geschwister, und einiges mehr. Dieses 1867 erstmals erschienene Buch wurde insofern überarbeitet, dass die wichtigsten Wörter und Begriffe der heute aktuellen Rechtschreibung entsprechen.

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Seitenzahl: 238

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Leben im Licht des Wortes Gottes

 

 

 

FRIEDRICH AHLFELD

 

 

 

 

 

 

 

Leben im Licht des Wortes Gottes, F. Ahlfeld

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849661359

 

Der Originaltext dieses Werkes, der so überarbeitet wurde, dass die wichtigsten Wörter und Begriffe der aktuellen Rechtschreibung entsprechen, entstammt dem Online-Repositorium www.glaubensstimme.de, die diesen und weitere gemeinfreie Texte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Wir danken den Machern für diese Arbeit und die Erlaubnis, diese Texte frei zu nutzen.

 

Cover Design:Decorated initial from BL Harley 2803, f. 263v - The British Library, United Kingdom - Public Domain.

https://www.europeana.eu/de/item/9200397/BibliographicResource_3000126265370

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Vorwort. 1

Der Tag der Geburt. 3

Warum werden die Menschen so schwach geboren, und warum nimmt Gott viele schon als Kinder weg?  11

Der Tauftag. 21

Eltern sollen ihre Kinder als eine Gabe des Herrn wert halten. 30

Eltern, lehret eure Kinder frühe beten. 37

Der erste Unterricht der Kinder. 46

Die Eltern sollen früh den Eigenwillen ihrer Kinder brechen. 56

Steure früh der Lüge in deinen Kindern. 65

Das Kind und seine Lehrer. 73

Die Jugendfreundschaft. 82

Die Waisen. 91

Wache über deine Kinder, dass ihr Herz nicht durch Ehrgeiz verderbet werde. 100

Lerne von Gott deine Kinder in Demut und Maß erziehen. 109

Die Geschwister 118

Die Konfirmationszeit ein Advent Jesu Christi zu den Kindern. 126

 

 

Vorwort.

 

In dem Herrn geliebte Leser!

Das Licht hat in die Finsternis geschienen, und hat mit seinen lieblichen Strahlen viele Seelen aus dem Reiche der Finsternis heraus, und herüber in das Reich der Gnade - und die Gnade ist Licht - gelockt. Wer sich von den freundlichen Strahlen hat ziehen lassen, der ist berufen. Bei einem solchen Berufenen soll dann ferner sein ganzes Wesen und Leben durchleuchtet werden, damit aus ihm auch ein Erwählter weide. Jesus Christus muss das Leben in seinem Leben sein; Jesus Christus muss alle Abschnitte dieses armen Pilgerlebens verklären. Zuletzt soll der helle Schein seiner Gerechtigkeit, Liebe und Siegesmacht noch als Morgenstern in den Tod scheinen - Nur drei Jahre hat der Herr seinem großen Berufe auf Erden gelebt Es ist aber wunderbar, wie er in dieser kurzen Zeit das Himmelslicht in alle Phasen und Lagen menschlichen Lebens hat hineinfallen lassen. O, es ist in diesem scheinbar zufälligen Gehen, Reden, Handeln und Leiden ein so gewaltiger Plan, dass man immer wieder seine Knie beugen und anbetend davor stille liegen muss. Die kleinen Kinder nimmt er auf den Arm, herzet, küsset und segnet sie. Aus dem spielenden Kinderhaufen ruft er eins heraus, stellt es unter die Jünger, welche gerade mit Gedanken an sich selbst die Frage erörtern, wer der Größte sei im Himmelreich, und sagt ihnen: „Es sei denn, dass ihr euch umkehret und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ Jünglinge, welche ein zwischen ihm und der Welt geteiltes Herz vor ihn bringen, weiset er hin auf das einzige Leben und Gut, auf die einzige tiefe und dauernde Freude. Den Männern und Frauen in der Arbeit und Sorge des Lebens zeigt er die hochnötige Hauptsorge. Wer diese recht auf das Herz nimmt, den drücken die andern nicht mehr Wo er diesen Sorgenkindern nicht persönlich nachgegangen ist, da hat er es in seinen Gleichnissen getan. Sie enthalten die himmlische Verklärung jedes Christenberufs: des Ackerbaues, des Weinbaues, des Fischfanges, des Hirtenlebens, des Handels, des Comptoir - und Rechnungswesens, des Bergbaues, des Haushaltes, auch der Frauenarbeit etc. Der Herr führt uns zur Hochzeit und zur Leiche. Wir begegnen, wenn wir ihn begleiten, Kranken und Gesunden, Witwen, Armen und Reichen. Untertanen und Obrigkeiten werden durch ihn mit dem rechten Lichte beleuchtet. Wir sind mit ihm auf dem Lande und auf dem Wasser, wir wandern und sitzen wieder still. Ein lieber todesfroher Greis muss uns gleich in seiner ersten Kindheit begegnen, und endlich sehen wir ihn selbst sterben. - Innerlich angeschaut treten Menschen jeglicher Art vor ihn Stolze Gerechte, die keinen Heiland brauchen, Mittelleute, die Gott Einiges an sich tun lassen, aber einen guten Teil selbst machen wollen, und arme Sünder, die sich nicht wert achten, dass der Herr unter ihr Dach komme, schließen sich jeder in seiner Art auf. Feinde des Evangeliums, Achselträger und hungrige Seelen treten in das Licht vor sein Angesicht.

In solcher Betrachtung hat es dem Unterzeichneten lange am Herzen gelegen, den Lebenslauf nach seinen äußeren und inneren Phasen einmal im Lichte des Wortes Gottes zu beleuchten, und alle Stadien desselben vor dem Angesichte des Herrn hindurchgehen zu lassen. Sein Gedanke war, das Leben in einen Jahresraum zusammenzufassen und nach der Zahl der Wochen mit 52 Andachten zu umschließen. Wenn man sie liest, durchlebt man im Jahre vor dem Herrn sein Leben. Es wäre dies eine Rekapitulation des vergangenen Teiles und ein Fingerzeig für die Zukunft. Freilich kommen auch viele Lagen in den Betrachtungen vor, die nicht jeder durchleben kann.

Der Grundgedanke mag wohl Vielen zusagen; aber die Ausführung wird recht Viel zu wünschen übrig lassen. Die Andachten sind zum Teil als Predigten gehalten, zum Teil in Stunden, wo der Drang des Amtes etwas Luft gewährte, frei gearbeitet. - Mögen sie an der einen oder der andern Seele einen Segen schaffen! Vielleicht schaffen sie auch den Segen, dass ein anderer Arbeiter den Gedanken noch einmal aufnimmt und tiefer und genügender ausführt. - Dem Herrn aber sei Preis und Ehre für Alles, was er dadurch tut.

Leipzig, den 16. Februar 1861.

D. Fr. Ahlfeld.

 

 

Der Tag der Geburt.

 

Psalm 71, v. 5 - 7.

 

Denn du bist meine Zuversicht, Herr, meine Hoffnung von meiner Jugend an. Auf dich habe ich mich verlassen von Mutterleibe an, du hast mich aus meiner Mutter Leibe gezogen. Mein Ruhm ist immer von dir. Ich bin vor Vielen wie ein Wunder; aber du bist meine starke Zuversicht.

 

Gnädiger dreieiniger Gott, du hast mir einst meinen Geburtstag geschenkt und mich das Licht des Lebens schauen lassen. Von dir, der du allein das wahrhaftige Leben bist, stammt mein Leben. Dafür danke ich dir von Grund meines Herzens. Ich möchte dir aber mit dem ganzen Leben für solches Leben danken. Hilf, Herr, dass ich dein Gnadengeschenk nicht hintrage in den Dienst der Welt und ihres Fürsten; hilf, dass ich mich mit dem Leben nicht in den Tod hineinarbeite. Mache es im heiligen Geist zu einem rechten Leben, zu einem Leben aus dir, in dir und zu dir. Verbirg mein Leben mit Christo in dich. Lass auch allen Jammer und alle Freude dieser Pilgerzeit mich treiben in das wahrhaftige Leben. Ja selbst der Tod müsse mir Leben werden um deines lieben Sohnes willen, der ihn überwunden und Leben und unvergängliches Wesen an das Licht gebracht hat. Amen.

Der 71. Psalm macht mit dem 70. zusammen ein Ganzes aus. Der Verfasser beider ist der König David. Dieser schreibt: „Ich bin vor Vielen wie ein Wunder.“ Er will damit sagen: „Dass ich, den seine mächtigen Feinde gejagt haben wie ein Reh auf den Bergen, noch lebe, ist ein Wunder.“ Und weiter: „Dass der Herr mich von der Herde genommen, dass er den armen Hirtenknaben zu einem Hirten der Völker gesetzt hat, ist wiederum ein Wunder.“ Und noch einmal: „Dass ich, der ich mich so oft und schwer an dem Herrn meinem Gotte versündigt habe, noch lebe, Barmherzigkeit empfange und noch auf meinem königlichen Stuhl sitze, ist das größte Wunder.“ Die Wunder der Gnade sind größer als die Wunder der Macht. Gnade ist eitel Wunder, denn Gott tut in ihr Dinge, die in der Welt und in uns gar keine Wurzel haben. Aber wir brauchen, um das Wunder zu sehen, nicht so weit in das Leben, auch nicht in das Leben eines Königs hineinzugehen. Unser Geburtstag ist ein Wundertag, jedes neugeborene Kind ist ein Wunder Gottes. In ihm treffen wir die schaffende Allmacht, Weisheit und Güte Gottes auf frischer Tat. Durch Gottes Gnade und Ordnung ist die Geburt der Kinder allerdings etwas Gewöhnliches geworden. Ach, man verliert über die Geburt manches armen Würmleins kaum ein Wort; anstatt des Lodens und Preisens begleiten oft Seufzer die ersten Laute, mit denen es das Leben anschreiet. Wenn aber in je hundert Jahren etwa nur ein Kindlein geboren würde, möchte wohl Alles hinzulaufen, um die neue Tat göttlicher Majestät zu sehen und anzustaunen. Ja es ist eine wunderbare Tat! Gott schafft eine neue Seele und einen neuen Leib, einen neuen Menschen. Er schafft ihn aus reiner Liebe. Dieser Mensch hat ihm Nichts zuvorgetan oder gegeben; er war ja bisher noch nicht da. Im Gegenteil weiß Gott, dass er ihm Viel zuwider tun und seine heiligen Gebote tausendfältig übertreten wird. Aber er schafft ihn auf Hoffnung, dass er sein Kind und als solches seiner Seligkeit teilhaftig werden soll. Gott schafft ihn aus Menschen und durch Menschen, damit Menschen auf Erden Kinder, und die Kinder auf Erden Väter und Mütter haben sollen. Es soll hier Liebe gegeben und genommen werden. Er führt auf diese Weise den Menschen in seine eigene Art hinein, denn Gott ist die Liebe. Er pflanzet das große himmlische Urbild vom Vater und Sohn auf die Erde herab. Jede Geburt eines Menschen ist zugleich ein Versuch Gottes, uns das Wort von der heiligen Dreieinigkeit vor die Seele zu führen; denn die hochheiligen Ordnungen im Himmel sind nicht, wie die Toren sagen, von der Erde hinaufgetragen; vielmehr sind alle gesunden Ordnungen der Erde von dort herniedergekommen. Gott gibt in den neuen Menschen sein Bild; er prägt es dem Geiste und auch dem Leibe ein. Aber er lässt ihn von Menschen gezeugt und geboren werden, damit Vater und Mutter in dem Kinde einen Teil ihrer selbst haben und sehen. Obschon nach Gottes Bilde geschaffen, ist es doch auch wieder ihr Fleisch und Blut; sie müssen es lieben als einen Teil ihrer selbst. An gewissen Pflanzen hat Gott gleich die Gefäße mit angebracht, welche für die dürre Zeit das Wasser aufbewahren müssen. So hat er neben die Kinder, für welche diese dürre Zeit gleich mit der Geburt angeht, die Eltern gestellt. O welch eine Herrlichkeit Gottes offenbaret sich in der Geburt jedes Kindes! Nur Gottes Macht und Liebe kann solche Wunder tun. In feiner Hand ist es allein, Leben zu geben und zu erhalten. Ja, mein Herr und Gott, du hast mich aus meiner Mutter Leibe gezogen, du hast mir Haut und Fleisch angezogen, mit Beinen und Adern hast du mich zusammengefügt, du hast mir Leib und Seele, Augen und Ohren und alle Glieder, Vernunft und alle Sinne gegeben, und dein Aufsehen bewahret meinen Odem. - Drei große Übergänge hat der Mensch in seinem Leben. Der erste ist der Geburtstag, wo er aus seiner Mutter Leibe an das Licht tritt; der zweite ist sein Tauftag, vollendet in dem Erwachen zu einem klaren gläubigen Christenleben, wo er in eigener Erfahrung aus dem Stande des Zorns in den der Gnade kommt; der dritte ist sein seliger Sterbetag, wo er vom Glauben in das Schauen übergeht. Alle drei haben etwas Verwandtes, alle drei sind gewaltige Schritte. Wenn man aus der Finsternis in das helle Licht tritt, so ist dies etwas Neues und Ungewohntes. Wenn man von den kalten und kahlen Bergen hinuntersteigt in ein warmes Land mit Frühlingsodem und Blumenschmuck, so ist dies ein großer Abstand. Man kann flugs die Augen und alle Sinne nicht genug auftun. Dennoch sind jene drei Übergänge, dennoch ist auch der Übergang in der Geburt eines Kindleins viel größer. Aus seiner dunklen Kammer tritt das Kind heraus in eine neue Welt. Das Licht ist das Erste, wovon es begrüßt wird. Gott geht bei dem Kinde denselben Gang wie bei der Schöpfung der Welt. Und in diesem Lichte hat es auch gleich einen Gruß von dem Gotte, dem es angehört; denn Gott ist ein Licht, und in ihm ist keine Finsternis. Doch schlägt es auch gleich nach dem ersten Aufblick seine Augen nieder, als wollte es damit sagen: „Ich kann das Kleid, ich kann das erste Gleichnis dessen, vor dem auch die Cherubim ihr Angesicht verhüllen, nicht sehen, denn ich bin in Sünden geboren.“ - So liegt denn das Kind da, angetan mit einer göttlichen Mitgift, aber auch angetan mit einer menschlichen, mit Sünde und Schuld. Gottes Ebenbild ist noch drinnen, aber es ist tief verderbt, verdeckt und niedergedrückt von der sündlichen Art. Wer will einen Reinen finden, bei denen Keiner rein ist? Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch. Das Kind ist aus sündlichem Samen gezeugt, und seine Mutter hat es in Sünden empfangen. Als ein Kind seiner Eltern und Voreltern trägt es deren Erbe in sich verschlossen. Die ganze Geschichte des Geschlechtes ist in ihm zusammengefasst. Vorzüglich aber werden Vater und Mutter gerade ihre Sünde in dem Kinde wiederfinden; ja ihre Sünde, denn die Sünde pflanzt sich wie das Unkraut von selbst fort, das Heil aber muss durch die Gnadenmittel erst gebaut werden. - So ist denn jedes Kind eine Knospe, aus der Alles hervorblühen kann. Wenn sie mit dem Himmelstau benetzt wird und denselben bis in ihr Herz dringen lässt, dann kann sie eine Blume werden, an der sich Gott und Engel und Menschen freuen, und die in Ewigkeit nicht verwelket. Diese Hoffnung hat Gott in die Knospe gelegt. Wenn sie sich aber diesem Himmelstau verschließt und ihn nur auf die Oberfläche fallen lässt, dann wird auch eine Blume daraus, die allerdings in der Welt Glanz und Schöne haben kann, in der aber ein Geruch des Todes zum Tode wohnet, die verwelken wird und deren Stätte man nicht mehr kennt. An der Wiege jedes Kindes stehen Schmerz und Sorge; an deiner haben sie auch einmal gestanden. Mit Schmerzen hat dich deine Mutter geboren. Auch an ihr hat Gott das Wort erfüllet: „Ich will dir viele Schmerzen schaffen, wenn du schwanger wirst, du sollst mit Schmerzen Kinder gebären.“ Auch an ihr hat das Wort unsers Heilandes seine Wahrheit gefunden: „Ein Weib, wenn sie gebärt, hat sie Traurigkeit, denn ihre Stunde ist gekommen.“ Eine Heidin im Altertum sprach einmal das Wort aus, sie wolle lieber in die wildeste Schlacht mitziehen, als ein Kind zur Welt gebären. Manche Mutter hat die Geburt ihres Kindes mit dem Leben bezahlen müssen. Sie hätte es auch in der Angst ihres Herzens, als es lebendig vor ihr lag, ihr eigenes Leben aber dabei hinschwand, Benoni, Kind der Schmerzen, Kind der Schmerzen in doppeltem Sinne taufen mögen. Die Wiege stand da, aber die Mutterarme fehlten, die es darin betten, die es pflegen und tragen sollten. Das Herz, unter dem das Kind geruhet hatte, und an dem es in Zukunft ruhen sollte, war gebrochen. - Wiederum, um derer zu geschweigen, die in doppeltem Sinne des Wortes in Sünden empfangen sind, die ihren Vater vielleicht nie kennen lernten, oder nie Vater zu ihm sagen durften, sind manche arme Kinder erst nach dem Tode ihres Vaters geboren. Ehe ihnen das Bettlein in der Wiege bereitet war, hatte man dem Vater das Deckbett auf dem Friedhofe aufgeschüttelt. Die Mutter hätte mit Pinehas Weib das Kind Jeabod nennen mögen, denn die Herrlichkeit ihres Hauses war dahin. Wenn Vater und Mutter als Sonne und Mond am Himmel des Kinderlebens stehen, so war solchen Waisen die Sonne auf der Erde nie aufgegangen. Da hat es denn freilich nicht an beschwerten Herzen, Sorgen, Tränen und düstern Blicken in die Zukunft gefehlt, da hat das Leben, ehe es das Kind wüsste, als ein dunkles Tal vor ihm gelegen. - Aber die Sorgen gehen auch um das Bett des Kindleins, wenn der Herr in allen Stücken Gnade gibt, wenn beide Eltern leben, und das Kind wie ein Bäumlein an der Heerstraße zwischen seinen beiden Stützen in der Mitte steht. Weinend tritt das Kind ins Leben. Diese Tränen sind ein Schrecken vor dem Elend dieser Welt, sind ein Angeld auf die vielen Tränen dieses Jammertals. Weinend wird es geboren, weinend tritt es über Kurz oder Lang von dem Schauplatze ab. Die Wiege, sein erstes Bettlein, hat die größte Ähnlichkeit mit dem letzten, dem Sarge. Die Wiege ist ein halber Sarg, nur der Deckel fehlt. Die raue Luft der Welt wehet es gleich so hart an, dass es müde von ihr wird und die ersten Tage seines Lebens verschläft. Wieder ein Vorbild auf die viele Mühe und Müdigkeit, durch die wir im Leben hindurch müssen, nur dass wir die wenigste verschlafen können. Schwächer als ein Menschenkind wird kein Wesen geboren. Viele überleben die Stunde der Geburt nicht; viele sterben, wenn sie kaum in das Licht hineingeschaut und die vier Wände angeschrien haben. Hilfloser als ein Menschenkind wird kein Wesen geboren. Kein Tier bedarf so langer Pflege. Wenige Stunden nach seiner Geburt sucht sich das Hühnchen schon sein bisschen Futter; die meisten Menschen durchwandern den vierten, jeden dritten Teil ihres Lebens, ehe sie menschlicher Weise sagen können: „Ich stehe auf eigenen Füßen, ich sorge selbst für mich.“ - In dieser angeborenen Schwachheit und Hilflosigkeit sind alle Menschen einander gleich. Ob sie hernach Wohlgeboren, oder Hochwohlgeboren, oder Hochgeboren, oder Durchlauchtig heißen, so sind sie doch nackend von ihrer Mutter Leibe gekommen, so haben sie doch Nichts mit in die Welt gebracht als Schwachheit und Tränen. Jene Titel wollen nur sagen, dass sie aus ehrlicher Ehe und in hohem oder höherem irdischen Stande geboren sind. - Hinter dieser Geburt liegt für jeden natürlichen Menschen ein ungewisses Leben, eine Nacht ohne Stern, ein Meer voll Sturm und Klippen, ein dunkler Wald, in dem es brauset und heulet. Kein Vater, und wenn er der mächtigste Monarch der Erde wäre, kann seinem Kinde eine Bürgschaft für sein Wohlergehen, nicht einmal für sein äußeres Wohlergehen geben. Er kann weder die Krone noch die irdischen Schätze an dem Kinde festbinden; er kann ihm noch weniger die Gesundheit für sein ganzes Leben versichern. Und wenn wir hinschauen in das innerste Bedürfnis, in das Sehnen nach Frieden, so kann kein Vater mit Erfolg zu seinem Kinde sprechen: „Friede sei mit dir.“ In das Meer kann der Mensch Mauern und Molen senken, dass sich die Wellen daran brechen müssen; in das Menschenherz kann kein Mensch einen Eckstein senken, an dem die Wellen, die in keinem Meere so hoch und wild gehen, wie in dem engen Herzen, sich brechen müssten. Weiter hinaus auf das, was hinter dem armen Leben liegt, wollen wir jetzt gar nicht schauen. - Mein lieber Christ, dürfen wir uns da unserer Geburt freuen, und dürfen wir da unsern Geburtstag feiern? König David trauerte und weinte, so lange sein von der Bathseba geborener Sohn lebte. Hiob verfluchte seinen Geburtstag. Überwältigt von Elend und Schmerzen spricht er: „Der Tag müsse verloren sein, darinnen ich geboren ward, und die Nacht, da man sprach: “„Es ist ein Männlein empfangen.“„ Der Tag müsse finster sein, und Gott von oben herab müsse nicht nach ihm fragen, kein Glanz müsse über ihn scheinen. Die Nacht müsse Dunkel einnehmen, und müsse sich nicht unter den Tagen des Jahres freuen, noch in die Zahl der Monate kommen.“ Der Prophet Jeremias spricht im Hinblick auf sein saures Amt und sein Marterleben im Volke Israel: „Verflucht sei der Tag, darinnen ich geboren ward. Der Tag müsse ungesegnet sein, darinnen mich meine Mutter geboren hat. Verflucht sei der, so meinem Vater gute Botschaft brachte und sprach: “„Du hast einen jungen Sohn.“„ Ach, meine Mutter, dass du mich geboren hast, gegen den Jedermann hadert und zanket im ganzen Lande. Habe ich doch weder auf Wucher geliehen noch genommen; doch flucht mir Jedermann.“ Viele Männer haben dem Hiob und Jeremias nachgeflucht. Auch ein deutscher Kaiser, Conrad IV., hat vor seinem Sterben seinen Geburtstag verflucht; derer nicht zu gedenken, die mit eigener Hand den von Gott angeknüpften Lebensfaden abgeschnitten haben. Taten diese Männer recht in ihrem wilden, verzweiflungsvollen Wesen? Nimmermehr. Auch jeder Heide darf sich seines Geburtstages freuen. Auch Pharao, der heidnische König von Ägypten, hat ein Recht, seinen Geburtstag zu feiern. Der alte Caleb tritt sein 86tes Jahr an mit Freude über seine Geburt, über Gottes Segen in dem zurückgelegten Leben und über die ungebrochene Kraft, mit welcher er in den Rest des Jahrhunderts hineinschaut. Wie kann er das? und wie können wir uns, da die Erde doch wahrhaftig ein Jammertal ist, unseres Geburtstages und der Geburtstage der Unfern freuen? Wir können es, weil Gott in dem Jammertale Brunnen gegraben, weil er gleich neben die Tränen des Geburtstages seinen Trost gestellt hat.

Ob auch ein Kind noch nicht getauft ist, ob es auch ein Kind noch in Finsternis wandelnder heidnischer Eltern ist, so rauschen doch über demselben schon die Palmen der Erbarmung und der Gnade. Du bist meine Zuversicht, Herr, meine Hoffnung von meiner Jugend an. Auf Dich habe ich mich verlassen von meiner Mutter Leibe an, Du hast mich aus meiner Mutter Leibe gezogen. Er hat es getan, der treue Gott; er hat uns Leben und Wohltat gegeben. Er ist aber kein kalter und falscher Herr, der seine Lust hätte an unserm Ach und Weh. Er hat uns nicht geschaffen, damit wir hier im Elend wandeln, und endlich aus diesem Elend in das ewige Elend fahren sollen. Wenn keine Möglichkeit des Heils für uns da wäre, hätte er uns sicher nicht geschaffen. In den wilden Stamm des natürlichen Baumes will er das neue Reis der himmlischen Palme einpfropfen. Das arme sündige und vergängliche Leben soll ein Gefäß werden für das heilige, selige, ewige Leben. Noch ist in dem Menschen, auch schon in dem Kinde, das göttliche Ebenbild, aber verdeckt durch den Wust der angeerbten Sünde. Noch ist ein Zunder darinnen, welcher an der Gluth der himmlischen erlösenden Liebe Feuer fangen, in welchem sich das seligste Feuer des Glaubens und der Kindschaft Gottes entzünden kann. Wir sind doch noch göttlichen Geschlechts, wenn auch weit von dem Vater wegverirrt. - Auch um der Kinder willen ist Christus ein Kindlein geworden. Von der Krippe in Bethlehem her scheint das Licht in jede Wiege. Weil Gott seinen ewigen eingeborenen Sohn in den Kindesstand, in diesen Stand der Schwachheit und Hinfälligkeit gegeben hat, bezeugt er damit, dass er sich aller Kinder gnädig annehmen will. Er will sie nicht verlassen noch versäumen. Er will ihnen das Heil so nahe bringen, dass es nicht seine Schuld ist, wenn sie verloren gehen, sondern ihre, unsere. Er will sie setzen an den Tisch der Gnade. Wenn sie aber nicht essen und selig und stark werden, hat er sie nicht verschmähet, sondern sie ihn. Er will um sie werben wie der Bräutigam um die Braut. Wenn sie aber ihr Ja nicht dazu geben oder dasselbe nicht halten, so ist es ihre Schuld. Er hat nicht Etliche zur Seligkeit und Etliche zur Verdammnis geschaffen. Wenn dennoch ihrer Etliche verloren gehen, ist es wiederum ihre Schuld. - Unsere Kinder sind mit ihrer Geburt in die Arme des barmherzigen Gottes gelegt. O, das ist eine köstliche Wiege! Wenn auch ein kaiserlicher Prinz, wie wir vor nicht zu langer Zeit hörten, in eine goldene Wiege gelegt wird, wenn er auch von Flaum umhüllet und umgeben wird, so ist die Barmherzigkeit Gottes doch die beste Wiege. In seiner Liebe ruht sich's gut. Versäumt es eine Mutter nicht, ihr Kind mit Milch zu stillen, so versäumt .es der beste Vater über Alles, was Kinder heißt, gar nickt, sein Kind mit der Milch des Wortes, des Lebens, mit seinem Herzblut, mit dem Heil in seinem Sohne zu stillen und groß zu ziehen. Hinter dem schwachen menschlichen Vater steht der himmlische Vater, und hinter der Mutter die Liebe, die sich für uns in den Tod gegeben hat. Besonders steht sie hinter den Waisen. Es ist wunderbar, wie viele verwaiste Kinder die Gnade zu frommen und tüchtigen Jüngern des Herrn aufgezogen hat. So danke du dem Herrn für deinen Geburtstag. Du bist geboren, damit du in Christo wiedergeboren werden konntest. Du musstest ein Menschenkind werden, damit du in die Kindschaft Gottes einziehen konntest. An der Stunde der Geburt, an den Tränen der Mutter und des Kindes hängt die ganze selige Ewigkeit. Über jeder Wiege ist der Himmel offen, wenn das Kind nur eingehen will zu der Gnadentür. Der Herr hat dich in den Vorhof gestellt, damit du durch das Heilige in das Allerheiligste eingehest. Hebe an mit dem alten Kirchengebete: „Ich danke dir, mein lieber himmlischer Vater, dass du mich zu einem vernünftigen Menschen erschaffen hast.“ Fahre fort: „Mein Leben soll dein Preis sein. Erhalte mich nur im Glauben fest an dir, bis ich dir in dem ewigen Leben mit allen Seligen danke für meine Geburt und Wiedergeburt.“ Amen.

 

Warum werden die Menschen so schwach geboren, und warum nimmt Gott viele schon als Kinder weg?

 

2 Buch der Könige, Kap. 4, v. 8 - 37:

 

Und es begab sich zu der Zeit, dass Elisa ging gen Sunem. Daselbst war eine reiche Frau, die hielt ihn, dass er bei ihr aß. Und als er nun oft daselbst durchzog, ging er zu ihr ein und aß bei ihr. Und sie sprach zu ihrem Mann: Siehe, ich merke, dass dieser Mann Gottes heilig ist, der immerdar hier durchgehet. Lass uns ihm eine kleine bretterne Kammer oben machen, und ein Bette, Tisch, Stuhl und Leuchter hinein setzen, auf dass, wenn er zu uns kommt, er dahin sich tue. Und es begab sich zu der Zeit, dass er hinein kam, und legte sich oben in die Kammer, und schlief darinnen. Und sprach zu seinem Knaben Gehasi: Rufe der Sunamitin. Und da er ihr rief, trat sie vor ihn. Er sprach zu ihm: Sage ihr, siehe, du hast uns allen diesen Dienst getan; was soll ich dir tun? Hast du eine Sache an den König, oder an den Feldhauptmann? Sie sprach: Ich wohne unter meinem Volk. Er sprach: Was ist ihr denn zu tun? Gehasi sprach: Ach, sie hat keinen Sohn, und ihr Mann ist alt. Er sprach: Rufe ihr. Und da er ihr rief, trat sie in die Türe. Und er sprach: Um diese Zeit über ein Jahr sollst du einen Sohn herzen. Sie sprach: Ach nicht, mein Herr, du Mann Gottes, lüge deiner Magd nicht. Und die Frau ward schwanger, und gebar einen Sohn, um dieselbe Zeit über ein Jahr, wie ihr Elisa geredet hatte. Da aber das Kind groß ward, begab sich's, dass es hinaus zu seinem Vater, zu den Schnittern ging. Und sprach zu seinem Vater: O mein Haupt, mein Haupt! Er sprach zu seinem Knaben: Bringe ihn zu seiner Mutter. Und er nahm ihn, und brachte ihn hinein zu seiner Mutter; und sie setzte ihn auf ihren Schoß bis an den Mittag, da starb er. Und sie ging hinauf, und legte ihn auf das Bette des Mannes Gottes, schloss zu, und ging hinaus, und rief ihren Mann, und sprach: Sende mir der Knaben einen, und eine Eselin; ich will zu dem Mann Gottes, und wiederkommen. Er sprach: Warum willst du zu ihm? Ist doch heute nicht Neumond noch Sabbath. Sie sprach: Es ist gut. Und sie sattelte die Eselin und sprach zum Knaben: Treibe fort, und säume mich nicht mit dem Reiten, wie ich dir sage. Also zog sie hin, und kam zu dem Manu Gottes auf dem Berg Carmel. Als aber der Mann Gottes sie gegen sich sah, sprach er zu seinem Knaben Gehasi: Siehe, die Sunamitin ist da. So lauf ihr nun entgegen, und frag sie, ob's ihr und ihrem Mann und Sohn wohl gehe? Sie sprach: Wohl. Da sie aber zu dem Mann Gottes auf dem Berg kam, hielt sie ihn bei seinen Füßen; Gehasi aber trat herzu, dass er sie abstieße. Aber der Mann Gottes sprach: Lass sie, denn ihre Seele ist betrübt; und der Herr hat mir's verborgen, und nicht angezeigt. Sie sprach: Wann habe ich einen Sohn gebeten von meinem Herrn? Sagte ich nicht, du solltest mich nicht täuschen? Er sprach zu Gehasi: Gürte deine Lenden, und nimm meinen Stab in deine Hand, und gehe hin (so dir jemand begegnet, so grüße ihn nicht, und grüßet dich jemand, so danke ihm nicht) und lege meinen Stab auf des Knaben Antlitz. Die Mutter aber des Knaben sprach: So wahr der Herr lebet und deine Seele, ich lasse nicht von dir! Da machte er sich auf, und ging ihr nach. Gehasi aber ging vor ihnen hin, und legte den Stab dem Knaben aufs Antlitz; da war aber keine Stimme, noch Fühlen Und er ging wiederum ihm entgegen, und zeigte ihm an, und sprach: Der Knabe ist nicht aufgewacht. Und da Elisa in's Haus kam, siehe, da lag der Knabe tot auf seinem Bette. Und er ging hinein, und schloss die Tür zu für sie beide, und betete zu dem Herrn, und stieg hinauf, und legte sich auf das Kind, und legte seinen Mund auf des Kindes Mund, und seine Augen auf seine Augen, und seine Hände auf seine Hände; und breitete sich also über ihn, dass des Kindes Leib warm ward. Er aber stand wieder auf, und ging im Hause einmal hierher und daher, und stieg hinauf, und breitete sich über ihn. Da schnaubte der Knabe siebenmal, darnach tat der Knabe seine Augen auf. Und er rief Gehasi, und sprach: Rufe der Sunamitin. Und da er ihr rief, kam sie hinein zu ihm. Er sprach: Da nimm hin deinen Sohn. Da kam sie, und fiel zu seinen Füßen, und betete an zur Erden, und nahm ihren Sohn, und ging hinaus.

 

O barmherziger Gott, schließe uns im heiligen Geist dein teures Wort auf, dass wir deine Wege, über welche wir so oft murren, verstehen lernen und stille schweigen und anbeten. Ja Anbeten ist besser denn Murren. Regiere uns so, dass wir, der Kindheit entwachsen, in dir und bei dir bleiben, und nicht einst seufzen müssen: „O hätte mich doch der Herr als ein Kindlein im Taufkleide weggenommen, dann führe ich nicht als ein Alter im Sünderkleide zur Höllen.“ Erbarme dich unser, dass wir, ob wir schon keine Kinder mehr sind, doch deine Kinder bleiben, und in dieser Kindschaft immer weiter gefördert und vollendet werden. Herr, segne uns dazu dein teures Wort. Amen.