Leben im Limit - Literaturgruppe Limitkünstler:innen - E-Book

Leben im Limit E-Book

Literaturgruppe Limitkünstler:innen

0,0

Beschreibung

Long Covid limitiert - Schreiben öffnet Welten! Wie blickt man zuversichtlich ins Leben, angesichts einer Krankheit, die jede Möglichkeit der Lebensgestaltung auf ein Minimum einschränkt? 34 Limitkünstler:innen machen sich trotz aller krankheitsbedingter Einschränkungen auf Spurensuche nach Hoffnung, Glück und Lebensfreude. Leicht ist diese Suche nicht, denn Long Covid greift massiv in das Leben der Betroffenen ein und bringt die Notwendigkeit mit, das Meiste des bisherigen Lebens aufzugeben. Und doch nehmen die Limitkünstler:innen die Herausforderung an und erzählen, wie sie inmitten eines dramatisch geschrumpften Lebens kleine Silberstreifen am Horizont suchen und manchmal auch finden. Die aus dem Buchverkauf generierten Erträge werden an Organisationen gespendet, die sich für Betroffene von ME/CFS und Long Covid einsetzen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 123

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

Kapitel Eins Krankheit

Rot – leuchtend – grün – glänzend

Stille Tränen

Seidenlinie am Horizont

Von Grenzen und Wachstum

Genesen

Antwort an den Panther

Gezeichnet

Coco et moi

Kapitel Zwei Akzeptanz

3 Haikus

Im Spannungsfeld zwischen Hoffnung und Akzeptanz

Ein beliebiger Tag 2023

Wie man die Winter übersteht …

Die Neue

Seit wann bist du krank?

Ich lebe, mein Herz sagt es mir

Perspektivwechsel

365 Tage

In der Ruhe wächst die Kraft

Ein ganz normaler Tag

Expedition an den Rand der Welt

Mein Troll

Was uns lebendig macht?

Binsenweisheiten

Filmriss

Kapitel Drei Un-Verständnis

Du fragst mich, wie es mir geht?

Da ist ja noch etwas Blau am Himmel

Es war Herbst, als ich krank wurde

Kapitel Vier Hoffnung

Vom Schreiben und Lesen

Kampfgeist

Das Seil

Post-exertionelle Hoffnung

Kleine Wunder

Ich bin ein Glückspilz

Was, wenn doch?

Im Nebel

Nicht gesucht, aber gefunden

Traumfänger

Du trägst mich

Kleines Glück

Kapitel Fünf Glaube & Spiritualität

Deine Zeit

Bewegende Zeiten

Im Fluss

Prayer Elemente

Kapitel Sechs Humor

Im Arztzimmer

Brief an Frau Sprachlosigkeit

Post-Covid Hitparade

Katzen-Leben 2.0

Bodytalk

Schlusswort

Autor:innenverzeichnis

Literaturverzeichnis

Vorwort

Buchwunder und Wunderbuch

Vor Jahren kaufte ich einmal Samen für Cocktailtomaten. Für das kleine Tütchen hatte ich einen stolzen Preis bezahlt, und zuhause stellte ich obendrein fest, dass nur vier oder fünf Samen darin enthalten waren. Immerhin - die Cocktailtomaten wuchsen, schmeckten und erfreuten mein Herz. Im Herbst dachte ich: „Schade. Nun ist es vorbei mit den teuer erkauften Tomaten.“

Im nächsten Frühjahr aber geschah das Wunder: Einige Tomaten waren auf den Boden gefallen und hatten sich selbst ausgesät. Nun wuchsen und wucherten sie das komplette Hochbeet voll. Für meinen Garten waren es eindeutig zu viele. Und so begann ich, Setzlinge zu verschenken. Seitdem wachsen Jahr für Jahr Tomatenpflanzen im Stadtteil. Längst verschenken auch meine Nachbarn ihre Setzlinge weiter. Und manchmal bekomme ich ein kleines Schälchen Cocktailtomaten geschenkt: „Das sind die Enkel Ihres Setzlings“, höre ich dazu und freue mich. Nichts ist schöner, als etwas Gutes auf den Weg zu bringen, und es macht sich von allein auf die Reise um die Welt, wächst und gedeiht, bringt selbst wieder Gutes auf den Weg – längst unabhängig von mir.

So ähnlich erging es mir auch mit dem Schreibprojekt „Limitkunst“. Ich hatte gerade meinen ersten Krimi geschrieben und damit der, an Long Covid erkrankten und frühpensionierten, Kommissarin „Kristin Neven“ eine eigene Geschichte geschenkt und anschließend noch eine Long Covid Kurzgeschichte bei einem Schreibwettbewerb eingereicht. Nun wollte ich mehr Long Covid Literatur. Zu diesem Zweck suchte ich in der Facebook-Gruppe von Long COVID Deutschland nach Gleichgesinnten, die Lust hätten, gemeinsam einen Band mit Kurzgeschichten zu veröffentlichen. Ich hatte mir vorgestellt, vielleicht fünf bis zehn von Long Covid betroffene, schreibfreudige Menschen zu finden. Mit denen wollte ich mich etwas absprechen, damit die Geschichten ungefähr zusammenpassen. Weiter ausgereift war meine lose Idee nicht. Stattdessen zählte die für diesen Zweck gegründete Schreibprojekt-Facebook-Gruppe bereits nach 24 Stunden über fünfzig Mitglieder und hat sich inzwischen bei fast einhundert eingependelt.

Schon wenige Stunden nach Eröffnung der Gruppe kam zum ersten Mal die Frage auf: Wohin kann ich meine Texte schicken? Das war der Moment, in dem mir klar wurde: Diese „Literatur-Pflänzchen“ sind zu groß für meinen Garten. Das kann ich nicht allein beackern. Zum Glück hatten Mitglieder der neuen Gruppe ihre Hilfe angeboten. Darunter waren zwei Personen, bei denen ich den Eindruck hatte: „Die können genau das, wovon ich keine Ahnung habe.“ Ruth Schäfer hatte sich als Lektorin geoutet, ich hoffte also darauf, dass sie etwas vom Büchermachen versteht. Und Andrea Tag wirkte unglaublich strukturiert und mit echter Begabung, Pläne nicht nur zu schmieden, sondern auch noch bis ins Detail umzusetzen – also das komplette Gegenteil von mir. Und so war es auch. Die beiden erwiesen sich als echter Glücksfall für unser Projekt, das nun den Namen „Limitkunst“ erhielt. Limitkunst, weil alle, die mitschreiben, in ihren Kräften von Long Covid limitiert sind. Aber sie erschaffen innerhalb dieses Limits große und kleine Kunstwerke. Mehr Informationen finden Sie auf limitkunst.de. Einen Sammelband dieser Kunstwerke halten Sie gerade in der Hand, 49 Texte von 34 Limitkünstlerinnen und -künstlern: „Leben im Limit“.

Längst aber ist die Limitkunst auch über die Gärten von Andrea, Ruth und mir hinausgewachsen. Schon bei der Entstehung dieses Buches haben sich viele weit über ihre eigenen Texte hinaus eingebracht, haben andere beim Schreiben unterstützt, Korrektur gelesen, die Werbung auf den Social-Media-Kanälen gepflegt, sich an Ideen fürs Cover und am Buchsatz beteiligt. Thorsten Weber, Katrin Ring und Heidi Terpoorten haben mit Ruth zusammen alle Texte gelesen und Rückmeldungen gegeben. Anna Wild und Lucia Boll kümmern sich zusammen mit Andrea um den Social-Media-Auftritt, Verena Meyer hat das Cover und die Grafiken im Buch erstellt. André Polis verleiht den Texten seine Stimme, sodass ein Hörbuch entsteht.

Und längst wachsen Dinge, ohne dass wir drei sie vorher beackern mussten. Judith de Gavarelli ist die Initiatorin einer Schreibreisegruppe, aus der wöchentlich spannende Texte hervorgehen. Impulse für den individuellen Schreibprozess der Betroffenen geben die Schreibspuren, die abwechselnd von ihr und Verena entwickelt und angeboten werden.

Andere Mitglieder unseres Projekts hatten eigene Bücher bereits fast fertig, und ließen sich durch Limitkunst ermutigen, sie nun auch zu veröffentlichen. Wieder andere haben durch ihren Beitrag für dieses Buch den Mut gefunden, weiterzuschreiben. Um die Verbindung der Veröffentlichungen untereinander sichtbar zu machen, erscheinen sie in der Reihe „Edition Limitkunst“ mit einem gemeinsamen Logo. Zum Thalia Storyteller Award trugen bereits zehn Bücher das Logo der „Edition Limitkunst“. Und die Reihe wächst weiter1.

All das ist umso erstaunlicher, führt man sich die Krankheit vor Augen, die uns verbindet: Long Covid. Unter diesem Sammelbegriff wird alles aufgeführt, was vier Wochen nach der akuten Infektion mit dem Coronavirus noch Probleme bereitet. Darunter fallen im günstigsten Fall leichte Beschwerden, die nach einigen Wochen von allein wieder verschwinden. Long Covid beinhaltet aber auch Folgeprobleme einer Behandlung auf der Intensivstation im Krankenhaus oder bleibende Atem- und Herzprobleme. Zuletzt aber haben auch diejenigen Long Covid, die die Krankheit ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom) entwickeln. ME/CFS ist zwar bereits seit den 1960er Jahren als Folgeerkrankung von Viren- und Bakterieninfektionen beschrieben, wurde bis zum SarsCov2-Virus aber kaum beachtet, und war, und ist, selbst den meisten Ärztinnen und Ärzten unbekannt. Die Bezeichnung „Chronisches Fatigue Syndrom“ beschreibt die Krankheit nur unzureichend. Für eine schwere Erkrankung, die jeden Bereich des Lebens beeinträchtigt, wurde ein Name gewählt, der klingt, als seien die Hofdamen eines barocken Königshofs mittags etwas müde und legten sich deswegen gepflegt ab.

ME/CFS muss man sich ungefähr so vorstellen, als wohne man eigentlich in einem technisch perfekt ausgerüsteten Smarthome. Normalerweise schaut die Küche im Terminkalender nach, wer wann zu Besuch kommt. Der Kühlschrank setzt daraufhin automatisch „Bier für Klaus“ auf den Einkaufszettel im Handy und durchforstet das Internet um herauszufinden, was man aus den vorhandenen Lebensmitteln kochen kann. Vorsichtshalber fragt er die Speisekammer, ob noch genügend Mehl für den Kuchen da ist. Wenn der Besuch dann auftaucht, sagt die Klingel der Kaffeemaschine Bescheid, dass sie loslegen kann. Alles ist technisch auf dem neuesten Stand und wunderbar aufeinander abgestimmt. Nur leider hat der Energielieferant die nötige Stromzufuhr massiv gedrosselt. Es fließt abwechselnd viel zu wenig oder überhaupt kein Strom. Was nutzt das hochkomplexes Smarthome, wenn es keinen Strom hat? Die beste Technik nutzt nichts, das Gefrierfach wird dennoch auftauen und der Fernseher schwarz bleiben. Holt man den Techniker, überprüft er die elektrischen Geräte. Sie sind alle in Ordnung. Trotzdem laufen sie nicht – wie auch, ohne Strom.

So in etwa fühlen sich die Körper der meisten ME/CFS Betroffenen an. „Technisch“ scheint alles in Ordnung zu sein – zumindest lässt sich mit den heutigen Untersuchungsmethoden oft kein Schaden im Hirn, an den Nerven, dem Herz oder der Lunge feststellen. Aber es fehlt die körperliche Kraft, die Lebensenergie, diese „Technik“ zu nutzen. Hin und wieder ist zumindest reduzierte Kraft vorhanden, dann kann man dies und das erledigen. Aber wenn diese Kraft sich dem Ende neigt, wechselt der Körper automatisch in den Energiesparmodus. Erst funktionieren Kleinigkeiten nicht mehr – ein Muskel zuckt vielleicht. Dann fallen größere Bereiche aus. Die Reihenfolge bestimmt dabei jeder Körper autonom. Ich, zum Beispiel, merke das Ende meiner Kraft oft daran, dass das Gehirn den Bereich schließt, der Geräusche in wichtig und unwichtig unterteilt. Unglücklicherweise landet dann alles unsortiert im Ordner „unbedingt ganz laut und quälend hören!“ Das Ticken der Wanduhr und das wohlige Schnarchen unserer Hunde wird so laut wie früher die Achterbahn auf dem Rummel. Andere spüren den Energiesparmodus zuerst in den Beinen, einige am Kreislauf, wieder andere daran, keinen klaren Gedanken mehr fassen zu können. Je mehr man seine Kraft überzieht, desto mehr Bereiche fallen aus. Als letzten Akt verriegelt unser Smarthome-Körper die Rollläden, die Wohnungstür, die Zimmertür, löscht das Licht und stellt die Heizung auf: „Mach, was du willst.“ Betroffene nennen das Crash, in der Fachsprache wird es PEM genannt: Post-exertionelle Malaise, massive Zustandsverschlechterung nach bereits leichter Überlastung. Solche Crashs sollen unbedingt vermieden werden, weil sich durch häufige Crashs der Zustand insgesamt verschlechtert. Aber das ist nicht so einfach, wenn zum Beispiel schon ein wenig Fernsehschauen oder kurzer Besuch PEM auslöst.

ME/CFS kommt in unterschiedlichen Schweregraden vor. Unsere „Stromversorger“ versorgen unsere Körper mit unterschiedlich viel „Elektrizität“. In den schwersten Fällen reicht sie nur noch dazu, zu atmen und es zu ertragen, dass man pflegerisch versorgt wird. Ein sehr großer Teil ist im Alltag auf Unterstützung angewiesen, schafft Haushalt und Einkaufen nicht allein, braucht Hilfe bei Wegen zum Arzt oder beim Schriftverkehr mit Behörden. Anderen reicht die Kraft, ihren Alltag zu regeln und etwas Kontakt zu anderer Menschen zu halten. Nur ein kleiner Teil kann arbeiten gehen, dann häufig in Teilzeit. Ob bettlägerig oder arbeitsfähig, gemeinsam ist allen: Wenn die Kraft zu Ende ist, schaltet der Körper auf absoluten Notbetrieb und bedient nur noch das Überlebenswichtige. Für alle Betroffene gilt daher, sie müssen lernen, mit der ihnen zur Verfügung stehenden wenigen Kraft zu haushalten und möglichst selten in diesen Notbetrieb zu fallen. Dieses Haushalten wird „Pacing“ genannt. „Leben im Limit“ – nicht gerade das, was uns in einer Leistungsgesellschaft in die Wiege gelegt wurde.

Die Texte dieses Buches sind teilweise unter abenteuerlichen Bedingungen entstanden. Einzelnen fehlte die Energie, selbst zu schreiben. Sie haben die Texte eingesprochen und andere haben sie nach diesem Diktat aufgeschrieben. Nicht alle, die gern mitschreiben wollten, haben am Ende die Kraft für einen Text gefunden, und sei er noch so kurz. Manche waren mit der Technik einfach überfordert. Viele brauchten und erhielten Unterstützung.

Medizinisch ist nicht geklärt, woher diese gravierenden und vollkommen unverhältnismäßigen Zustandsverschlechterungen kommen. Organisch lässt sich von medizinischer Seite meist nicht viel finden, so wie das Smarthome technisch in Ordnung bleibt, auch wenn der Strom ausfällt. Leider sind nicht alle im medizinischen Bereich tätigen Personen gewillt, sich wenigstens das wenige Bekannte anzueignen. Das führt oft zu unschönen Begegnungen mit der Ärzteschaft und dazu, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Betroffenen und der Ärzteschaft – nennen wir es höflich – ausbaufähig ist. Hartnäckig hält sich eine Haltung, dass es am Wollen liege, und dass eine psychotherapeutische Behandlung diesem Mangel an Motivation Abhilfe schaffen könne. Das ist in der Regel nicht der Fall, eher im Gegenteil. Viele Betroffenen haben eine sehr hohe Leistungsbereitschaft und bringen sich genau dadurch allzu oft in den Bereich, in dem der Körper „den Rollladen herunter lässt“. Eine Heilung durch Wecken von Motivation oder durch Training des Körpers ist bisher nicht gelungen. Bei ME/CFS bewirken solche Therapien in aller Regel das Gegenteil. So leiden viele Betroffene, zusätzlich zu den körperlichen Beschwerden, am Unverständnis des medizinischen Betriebs. Viele Betroffene fühlen sich nicht ernst genommen und beginnen fast, an sich selbst und der eigenen Krankheit zu zweifeln; das nennt man Medical Gaslighting.

Ich habe mich oft gefragt, warum meine Frage nach einem gemeinsamen Schreibprojekt auf so breite Resonanz gestoßen ist. Ich erkläre es mir damit, wie vollständig die Krankheit in das Leben der Betroffenen eingreift. Viele andere Krankheiten lassen Raum, das Leben weiterhin mitzugestalten. Wer einen Beinbruch hat, kann lesen, während das Bein heilt. Wer blind ist, kann ausgiebig Zeit mit Freunden und Freundinnen verbringen. Wer aber schwer von Long Covid und ME/CFS betroffen ist, dem ist allzu oft – neben den Schmerzen – jedes Hören, jedes Sehen, jedes Gehen, jeder andere Mensch zu viel. Die Krankheit schränkt jede Form der Lebensgestaltung ein. In den schwierigsten Zeiten bleibt den Betroffenen nur das einsame Liegen mit Schmerzen, durch Ohrschoner und Augenbinde geschützt, zu nur wenigen klaren Gedanken in der Lage. Worte für das eigene Erleben zu finden bedeutet, das eigene Leben wieder ein kleines bisschen mitgestalten zu können.

Viele von uns sind mitten aus einem Leben auf der Überholspur herausgerissen worden. Darum haben die plötzlich nötigen Pausen anfangs oft nur wenig mit hilfreicher Entspannung zu tun, sondern sind ungeliebte Zwangspausen. „Ich muss schon wieder Pause machen.“ Wie viel schöner fände es die Seele, ein aktives Leben führen zu dürfen! So treibt die aktive Seele den schwachen Körper an, während der kranke Körper die sehnsuchtsvolle Seele ausbremst. Schreiben und Malen gehören oft zu den wenigen Dingen, die Körper und Seele gemeinsam hinbekommen, ohne dass sie einander überfordern.

Und nicht zuletzt stammt ein Großteil von uns aus Berufen, in denen man gewohnt ist, sich in unsere Gesellschaft einzubringen. Das Schreiben eröffnet uns die Möglichkeit, die Welt – so wie wir gerade sind – wieder mitzugestalten, unsere Stimme wieder hörbar werden zu lassen, nicht ganz auf dem Sofa aus der Welt zu verschwinden. Wir möchten wieder gestalten, sichtbar sein, hörbar, nahbar, erlebbar. Dieses Buch ist ein wichtiger Schritt dahin!

1 Siehe Literaturverzeichnis

KAPITEL EINS KRANKHEIT

Einem Kranken kann es nicht helfen, dass er in einem goldenen Bett liegt.

Sprichwort aus Spanien

Rot – leuchtend – grün – glänzend

Berit Gerd Andersen

Ich bin rot. Wenn sie an einem schlechten Tag wie heute gefüttert werden muss, werde ich ihr umgehängt, damit sie sich oder das Sofa nicht bekleckert. Das findet sie in Ordnung. Ich bin auch sehr schön. Eigentlich viel zu schön dafür. Denn ich bin keine „wasserdichte Ess-Schürze für Senioren und pflegebedürftige Menschen“, für die im Sanitätshauskatalog – ihre jetzige Bettlektüre – geworben wird: „Es passiert häufig, dass beim Essen mal etwas danebengeht. Die Suprima Ess-Schürzen bieten in solchen Fällen einen optimalen Schutz Ihrer Wäsche.“