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Seitenzahl: 155
KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN
Band 448
Textanalyse und Interpretation zu
Georg Büchner
LENZ
Rüdiger Bernhardt
Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen
Zitierte Ausgabe: Georg Büchner: Lenz. Studienausgabe mit Quellenanhang und Nachwort. Hrsg. v. Hubert Gersch. Stuttgart: Reclam, 2012 (RUB Nr. 8210).
Über den Autor dieser Erläuterung: Prof. Dr. sc. phil. Rüdiger Bernhardt lehrte neuere und neueste deutsche sowie skandinavische Literatur an Universitäten des In- und Auslandes. Er veröffentlichte u. a. Studien zur Literaturgeschichte und zur Antikerezeption, Monografien zu Henrik Ibsen, Gerhart Hauptmann, August Strindberg und Peter Hille, gab die Werke Ibsens, Peter Hilles, Hermann Conradis und anderer sowie zahlreiche Schulbücher heraus. Von 1994 bis 2008 war er Vorsitzender der Gerhart-Hauptmann-Stiftung Kloster auf Hiddensee. 1999 wurde er in die Leibniz-Sozietät gewählt.
Hinweis: Die Rechtschreibung wurde der amtlichen Neuregelung angepasst. Zitate Volker Brauns müssen aufgrund eines Einspruchs nach der alten Rechtschreibung zitiert werden.
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1. Auflage 2016
ISBN 978-3-8044-7029-3
© 2016 by Bange Verlag GmbH, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelabbildung: Szene aus der Oper „Jakob Lenz“ von Wolfgang Rihm am Hampstead Theatre, London 2012 © ullstein bild – ArenaPAL / BURN Sisi
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INHALT
1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht
2. Georg Büchner: Leben und Werk
2.1 Biografie
2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Ein gescheitertes Attentat und die Folgen
Vom Sturm und Drang zum Vormärz
Zwischen Revolution und Fatalismus
J. M. R. Lenz und sein Aufenthalt bei Oberlin im Jahr 1778
2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken
3. Textanalyse und -Interpretation
3.1 Entstehung und Quellen
Überlieferungsgeschichte
Büchners Lenz-Rezeption
Voraussetzungen, Lektüren, Quellen
3.2 Inhaltsangabe
3.3 Aufbau
Aufsatz, Novelle oder Erzählung?
Erzählsituation
Zweiteilige Struktur
3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken
Jakob Michael Reinhold Lenz
Das Ehepaar Oberlin
Christoph Kaufmann
Die „Leute“
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen
3.6 Stil und Sprache
Die personale Erzählsituation
Antonyme und Büchners dialektische Weltsicht
Zu Unterschieden zwischen Oberlins Bericht und Büchners Erzählung
3.7 Interpretationsansätze
Historischer Vorgang oder Text als Ausgang?
Die historisch-materialistische Deutungstradition
Umdeutungen in der NS-Zeit
Der Text als literarisches Kunstwerk und die Frage nach der Romantik
Büchners Antwort auf Goethes Lenz-Bild
4. Rezeptionsgeschichte
Die Rezeption im 19. Jahrhundert
Die Rezeption bis 1945
Büchner und seine Erzählung in der Gegenwartsliteratur
Illustrationen, Dramatisierungen, Opern, Filme
5. Materialien
6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen
Aufgabe 1 *
Aufgabe 2 **
Aufgabe 3 ***
Aufgabe 4 ***
Literatur
Zitierte Ausgabe
Weitere Ausgaben und andere Primärliteratur
Lernhilfen und Kommentare für Schüler
Sekundärliteratur
Damit sich jeder Leser in diesem Band sofort zurechtfindet und das für ihn Interessante entdeckt, folgt hier eine Übersicht.
Im 2. Kapitel wird Georg Büchners Leben beschrieben und auf den zeitgeschichtlichen Hintergrund verwiesen:
Georg Büchner lebte von 1813 bis 1837 im Großherzogtum Hessen-Darmstadt, in Straßburg, studierte Medizin und lehrte in Zürich, wirkte aber auch als politischer Vorkämpfer (Der Hessische Landbote) und Organisator (Gesellschaft der Menschenrechte).
Die Völkerschlacht bei Leipzig 1813 änderte die europäischen Machtstrukturen. 1815 restaurierte der Wiener Kongress weitgehend die Verhältnisse vor der Französischen Revolution von 1789. Durch die Julirevolution 1830 in Frankreich begehrte das Bürgertum erneut gegen die restaurierte Herrschaft auf, Büchner reagierte auf die sozialen und politischen Verhältnisse mit revolutionären Vorstellungen.
Er schrieb im Sinne des Jungen Deutschland, dessen Werke im Dezember 1835 verboten wurden. In dieser Zeit begann die industrielle Revolution; die Arbeiterklasse und ihre Organisationen entstanden. Das Großherzogtum Hessen-Darmstadt war zu Büchners Zeit ein rückständiger agrarischer Kleinstaat. Die sozialen Widersprüche brachen schroffer als in anderen Regionen auf, die Julirevolution von 1830 führte zu Bauernaufständen.
Die zeitgeschichtliche Situation wird in Büchners Lenz mittelbar deutlich.
Im dritten Kapitel wird eine Textanalyse und -interpretation geboten.
Lenz – Entstehung und Quellen:
Georg Büchners einziges Erzähl-Fragment Lenz entstand in der arbeitsreichen Lebensphase zwischen 1835 und 1836, vermutlich angeregt von dem Journalisten und Schriftsteller Karl Ferdinand Gutzkow. Das Fragment beschreibt eine Episode aus dem Leben des Sturm-und-Drang-Dichters J. M. R. Lenz. Grundlage war ein Bericht des elsässischen Pfarrers Oberlin; doch standen Büchner auch andere Dokumente zur Verfügung. Büchner begegnete außerdem Zeitzeugen.
Inhalt:
Die Erzählung berichtet über den Aufenthalt des Dichters Lenz im elsässischen Steintal. Lenz ist, bedrängt von einer psychischen Krise, die sich in drohenden Bildern, Ängsten und Anfällen von Wahnsinn äußert, und fliehend vor den Ansprüchen des Vaters, unterwegs zu Pfarrer Oberlin, wohin ihn Freunde zur Besserung seines Zustandes geschickt haben. Er hofft, durch das Leben in natürlicher Umgebung, unter einfachen Menschen und bei tätiger Arbeit zu gesunden. Dazu bewegt er sich in der Region, lernt Menschen und Verhältnisse kennen, predigt in Vertretung Oberlins und führt Gespräche über Kunst. Doch statt Besserung verschlimmert sich seine Verwirrung, es kommt zu Selbstmordversuchen. Er muss nach Straßburg gebracht werden, „es war (…) eine entsetzliche Leere in ihm“ (31).
Chronologie und Schauplätze:
Die Erzählung folgt chronologisch Lenz‘ Aufenthalt vom 20. Januar bis zum 8. Februar 1778 in Waldbach (Waldersbach) im Steintal. Sie beschreibt die Begegnung Lenz‘, der durch Dramen bekannt geworden ist, mit der Familie Oberlins, mit Einheimischen aus der Umgebung. Schließlich führt der Besuch des zeitweiligen Vertrauten Christoph Kaufmann zu einem bemerkenswerten Gespräch über Kunst, ehe Lenz im Zustand hochgradiger Verwirrung nach Straßburg gebracht wird.
Personen:
Die Hauptpersonen der Erzählung sind:
Jakob Michael Reinhold Lenz:
Dichter des Sturm und Drang,
zeitweise mit Goethe befreundet,
verfällt zunehmend in Depressionen und Wahnvorstellungen.
Johann Friedrich Oberlin:
protestantischer Pfarrer,
Pädagoge und Sozialreformer,
bekannt für seine erzieherischen Erfolge.
Magdalena Salome Oberlin:
erscheint Lenz als himmlische und irdische Mutter,
Lenz spricht mit ihr über das „Frauenzimmer“ (Friederike Brion).
Christoph Kaufmann:
Schweizer Publizist,
erfindet den Begriff „Sturm und Drang“,
begeisterter Philanthrop.
Die „Leute“:
Einwohner des Steintals,
arm und leidend, aber ruhig und freundlich,
auf Wunder hoffend.
Stil und Sprache Georg Büchners:
Neben berichtförmigen Passagen wird weitgehend der personale Erzählerbericht verwendet.
Andere Formen des personalen Erzählens (erlebte Rede) werden eingefügt und sind Ausdruck der gespalteten Persönlichkeit Lenz‘.
Der Handlungsverlauf wird von Gegensätzen (Antonymen) getragen.
Mittel wie Alliteration und Assonanzen tragen zur poetischen Gestalt des Textes bei.
Büchners sachliche Sprache wird vorbildhaft im 20. Jahrhundert.
Rezeptionsgeschichte:
Die Erstveröffentlichung 1839 fand nur wenig Beachtung.
Erst der Naturalismus wurde auf Büchners Erzählung aufmerksam.
Die Bedeutung von Büchners einziger Erzählung für die moderne Prosa kann kaum überschätzt werden.
Autoren von Gerhart Hauptmann bis Christa Wolf beriefen sich auf Büchner.
Eine moderne Lenz-Adaption vor dem Hintergrund der Studentenbewegung veröffentlichte Peter Schneider 1973.
Georg Büchner (1813–1837) © ullstein bild – ullstein bild
JAHR
ORT
EREIGNIS
ALTER
1813
Goddelau
(Großherzogtum Hessen-Darmstadt)
17. Oktober: Karl Georg Büchner wird als Sohn des Distriktarztes Ernst Karl B. und seiner Ehefrau Caroline Luise B. geboren. Georg Büchners Großväter waren ebenfalls Ärzte.
1815
Schwester Mathilde geboren.
2
1816
Darmstadt
Übersiedlung nach Darmstadt: Vater wird Bezirksarzt und Großhrzl. Medizinalrat. Bruder Wilhelm geboren.
3
1819
Darmstadt
Erster Unterricht durch die Mutter bis 1820.
6
1821
Darmstadt
Zweite Schwester Luise, eine spätere Schriftstellerin, geboren.
Aufnahme in die „Privat-Erziehungs- und Unterrichtsanstalt“.
8
1824
Darmstadt
Bruder Ludwig geboren (gest. 1899) (im 19. Jh. bekanntestes der sieben Geschwister), mit seinem Buch Kraft und Stoff (1855) propagierte der praktische Arzt einen mechanischen Materialismus, der im Naturalismus einflussreich war.
11
1825
Darmstadt
Ostern: Aufnahme ins Großherzogliche Pädagog (Gymnasium): legte Wert auf Sprachkenntnisse. Lektüre u. a. Homer, Shakespeare, Goethe, Schiller, Jean Paul, Tieck, Calderon, Herder, Heine und Volkspoesie.
11
1827
Darmstadt
Jüngster Bruder Alexander geboren, revolutionärer Demokrat.
14
1828
Darmstadt
Zirkel von Primanern, in dem religiöse, moralische und politische Fragen diskutiert wurden. Gedicht Die Nacht.
15
1829
Darmstadt
Herbst: Schulrede, dabei Fichtes Reden an die deutsche Nation verwendet, die zu B.s Lieblingslektüre gehörten.
16
1830
Darmstadt
27.–29. Juli: Julirevolution in Frankreich: B. und seine Freunde begrüßen sich mit „Bon jour, citoyen!“ 29. September: Rede zur Schulabschlussfeier über Verteidigung des Cato von Utika: Büchner lobt den selbstlosen Einsatz eines republikanischen Römers, zieht ihn dem Herrscher Cäsar vor und meint das aktuell.
17
1831
Darmstadt
März: Öffentliche Abiturrede, Reifezeugnis.
17
Straßburg
Oktober: Medizinstudium bis Ende Juli 1833; wohnt bei dem verwandten protestantischen Pfarrer Jaeglé, Liebesverhältnis mit dessen Tochter Louise Wilhelmine (Minna). 9. November: Immatrikulation. 17. November: durch den Studienfreund Eugen Boeckel Kontakt zur Studentenverbindung „Eugenia“ (eigentlich nur für Theologen). Mittelpunkt sind die Brüder Adolph und August Stoeber, mit denen sich Büchner befreundet. 4. Dezember: B. nimmt an einer begeisterten Kundgebung für polnische Generäle des gescheiterten Polen-Aufstands gegen Russland teil.
18
1832
Straßburg
März: heimliche Verlobung Büchners mit Minna; Büchner spricht mehrfach in „Eugenia“: über Freiheit, die unhaltbaren gesellschaftlichen Zustände, die Gegensätze von Arm und Reich.
18
Neustadt a.d. Weinstraße
27.–29. Mai: Hambacher Fest.
Paris
Juni: republikanischer Volksaufstand unter der roten Fahne, die „Eugenia“ wird politisiert.
Darmstadt
August–Oktober: Ferien in Darmstadt.
Straßburg
27. Oktober: Fortführung des Studiums.
19
1833
Frankfurt
3. April: Wachensturm in F., B.s Bekenntnis zum gewaltsamen Umsturz der Verhältnisse, nur nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Bekanntschaft mit saint-simonistischem Prediger.
19
Vogesen
Juni: Wanderung, Landschaft des Lenz.
Darmstadt
Ende Juli: Rückkehr ins Großherzogtum, um die gesetzlich vorgeschriebenen zwei Jahre an der Landesuniversität Gießen zu studieren.
Sommer: Besuch des „Eugenia“-Freundes Alexis Muston: Gespräche über den Saint-Simonismus und Utopien.
20
Gießen
31. Oktober: Immatrikulation an der Universität Gießen; Interesse für Präparieren und vergleichende Anatomie.
Darmstadt
Ende November: Nach Hirnhautentzündung Rückkehr ins Elternhaus zur Genesung. 9. Dezember: B. ist erschüttert von den politischen Verhältnissen (Brief an August Stoeber).
1834
Gießen
Januar: Fortsetzung des Studiums. B. lernt den „roten August“ (August Becker) kennen, der B. zu dem Pfarrer Friedrich Ludwig Weidig (liberaler Oppositioneller und Haupt der politischen Flugschriften in Hessen) vermittelt. Februar: Beginn der psychischen Krise. Studiert die Geschichte der Französischen Revolution und fühlt sich „wie zernichtet unter dem grässlichen Fatalismus der Geschichte“:
20
Um den 9.–12. März: Fatalismusbrief an Wilhelmine Jaeglé. Mitte März: Gründung der Gesellschaft der Menschenrechte (erste frühkommunistisch revolutionäre Vereinigung in Deutschland) durch B. Erarbeitet auf der Grundlage statistischer Angaben zu Hessen die Flugschrift Der Hessische Landbote, von Weidig entschärft. Überwindung der Krise.
21
Straßburg
Ca. 27.–30. März: B. trifft in Straßburg ein. Er informiert sich über „die Entwicklung des französischen Republikanismus und Kommunismus“[1].
Darmstadt
Mitte April: B. gründet eine Sektion der Gesellschaft der Menschenrechte.
Gießen
B. organisiert die Gießener Gesellschaft der Menschenrechte „als erste frühkommunistische Geheimgesellschaft in Deutschland“[2].
Ruine Badenburg (bei Gießen)
3. Juli: Gründungsversammlung des „Pressvereins“ für die Volksagitation auf Betreiben Weidigs: Rahmenprogramm für Flugschriften.
Butzbach, Gießen u.a. Orte
Ende Juli: Der gedruckte Hessische Landbote wird verteilt.
Gießen
1. August: Verhaftung Karl Minnigerodes (1814–1894; Studienfreund B.s) mit Exemplaren des Landboten.
Butzbach
B. warnt seine Mitstreiter. 5. August: Der drohenden eigenen Verhaftung entgeht B. durch resolutes Auftreten und ein fingiertes Alibi.
Gießen
September: Vom Landboten wird im November eine 2. Auflage gedruckt.
Darmstadt
September: Besuch Minna Jaeglés. B. bereitet sich auf das Examen vor. Oktober/Dezember: intensive Beschäftigung mit der Französischen Revolution. Herbst: politische Arbeit in der Gesellschaftder Menschenrechte, die Waffenübungen für die Befreiung Minnigerodes organisiert.[3]
1835
Darmstadt
Januar/Februar: Konspirative Tätigkeit, gerichtliche Vorladungen, Arbeit an Dantons Tod, Manuskript an Karl Gutzkow gesandt.
21
Straßburg
März: Flucht vor der drohenden Verhaftung über die französische Grenze ins Exil; er meldet sich als Jacques Lucius bei den Behörden und wohnt vermutlich wieder bei Jaeglés. Freundschaft mit Wilhelm und Caroline Schulz beginnt und dauert bis zu B.s Tod.12. Mai: Gutzkow erwähnt in einem Brief an Büchner dessen „NovelleLenz“(erscheint in Fortsetzungen imTelegraph für Deutschland(Januar 1839).
Frankfurt
18. Juni: Steckbrief Büchners erscheint; er übersetzt Dramen Victor Hugos. 11. Juli: Dantons Tod erscheint.
Straßburg
November/Dezember: Pläne für Untersuchung über das Nervensystem der Barben (Mémoire), ein Beitrag zur Evolutionstheorie.[4]
1836
Straßburg
April/Mai: Die Ergebnisse der Untersuchung werden vor der Société d‘histoire naturelle de Strasbourg präsentiert, die Sociéte ernennt ihn zum Mitglied, die Universität Zürich promoviert ihn zum philosophischen Doktor. Philosophische Studien und Arbeit an der Probevorlesung zur Vorbereitung auf die Lehrtätigkeit in Zürich. Juni: Arbeit an Leonce und Lena. Juli: Beginn der Arbeit am Woyzeck. Vorarbeiten zu einem verschollenen Drama: Pietro Aretino. Sommer: Die Mutter und Schwester Mathilde besuchen B.
22
Zürich
3. September: Die Universität Zürich verleiht Büchner die „philosophische Doktorwürde“ für sein Mémoire. Arbeit am Woyzeck. 18. Oktober: Nach manchen Schwierigkeiten bei der Visaerteilung Übersiedlung nach Zürich. Begegnung mit deutschen Exilanten u. a. Wilhelm Schulz. 5. November: Probevorlesung Über Schädelnerven. Privatdozent. Hält Kolleg Zootomische Demonstrationen.
23
1837
Zürich
Januar: Büchner kündigt drei Dramen an (Leonce und Lena, Woyzeck, Pietro Aretino). Typhus, Bewusstseinstrübungen. 19. Februar: Tod in Anwesenheit von Wilhelmine Jaeglé; zwei Tage später Beerdigung unter großer Teilnahme auf dem „Krautgarten“-Friedhof der Gemeinde Großmünster.
23
1875
Zürich
Überführung der Gebeine auf den Germaniahügel am Zürichberghang. Auf dem Grabstein stehen Georg Herweghs Verse: „Ein unvollendet Lied sinkt er ins Grab,/Der Verse schönsten nimmt er mit hinab.“ (1841)
1923
Der Georg-Büchner-Preis (seit 1951 in eimen allgemeinen Literaturpreis umgewandelt) wird erstmals verliehen.
1968
Der nach Leonce und Lena benannte Preis für junge deutschsprachige Lyrik wird erstmals verliehen.
1997
Goddelau
Im Geburtshaus B.s wird ein Museum eröffnet.
ZUSAMMENFASSUNG
Zur Zeit der Entstehung, 1835, kam es zu einem Attentatsversuch auf den französischen König in Paris; die Tat beschäftigte seinerzeit die Schriftsteller.
In Büchners Erzählung kreuzen sich verschiedene Zeitabschnitte: die Biografie des Dichters Lenz aus dem Sturm und Drang um 1770 sowie Erfahrungen des Dichters Georg Büchner mit der Zeit nach 1815 wie der Julirevolution von 1830, den Versuchen der politischen Restauration und das Verbot der Publikationen des Jungen Deutschland vom 14. November 1835 in Preußen (dann am 10. Dezember 1835 durch den Deutschen Bundestag in Frankfurt a. M.).
Die Dichter Lenz und Büchner brachten kunsttheoretische Ansichten ins Gespräch, die Ausdruck politischer und sozialer Zeitverhältnisse waren. Sie berühren auch ästhetische Positionen der Klassik, der Romantik und des Realismus.
Ein gescheitertes Attentat und die Folgen
An der Erzählung Lenz schrieb Georg Büchner wahrscheinlich vom Frühjahr bis Herbst 1835. Der Grund für den Abbruch des Schreibens war, dass die als Publikationsort vorgesehene Zeitschrift Deutsche Revue – sie war als Zeitschrift des Jungen Deutschland geplant – bereits vor der ersten Nummer am 1. Dezember 1835 verboten worden war. Noch einmal wurde die Erzählung von Karl Gutzkow in einem Brief am 6. Februar 1836 erwähnt.
Büchner hielt sich in dieser Zeit in Straßburg auf, wohin er geflohen war, und nahm die politischen Ereignisse sorgfältig zur Kenntnis. Anfang August 1835 informierte er seine Familie über das die Zeitgenossen beschäftigende Attentat Giuseppe Fieschis (1790–1836): Der gebürtige Korse, der für Napoleon gekämpft hatte, beging den Anschlag auf König Louis-Philippe I. am 28. Juli 1835, dem Jahrestag der Julirevolution von 1830, mit einer „Höllenmaschine in Paris“[5]. Die Tat misslang, Fieschi wurde am 19. Februar 1836 hingerichtet. Büchner erkannte die Möglichkeit, die damit die Reaktion in die Hand bekam, um die Pressegesetze zu verschärfen. Insgesamt ordnete er die Reaktionen in die restaurativen Versuche ein, „wie die absoluten Mächte alles wieder in die alte Unordnung zu bringen suchen, Polen, Italien, Deutschland wieder unter den Füßen – es fehlt nur noch Frankreich (…)“[6].
Das Attentat beschäftigte auch andere Schriftsteller: Im Oktober 1835 wurde Fieschi, ein poetisches Nachtstück von Ernst Ortlepp[7] auf Anweisung Metternichs, parallel zu den Schriften des Jungen Deutschland, verboten. Büchner wird keine Möglichkeit gehabt haben, Ortlepps Poem zu lesen. Aber es entstand eine auffällige Parallelität: Sowohl Büchners Lenz als auch Ortlepps Fieschi sind historische Gestalten, sie werden von ihren Schöpfern als Psychopathen hingestellt, die in eigenen Welten leben, einsam sind, der Hölle näher als dem Himmel, und deren Leiden nicht im Metaphysischen, sondern in der sozialen Wirklichkeit begründet sind. Auch Ortlepp und Büchner reagierten mit Rückzug aus ihrem gesellschaftlichen und sozialen Umfeld. Beide sahen ihre Figuren symptomatisch in Nacht oder Dämmerung: Ortlepp folgte seinem Fieschi ins Gefängnis: „Malt Bilder sich, nur sich allein, / Umbrannt von blutigrotem Schein“[8], Büchner seinem Lenz in die Abgeschiedenheit Waldbachs: „(…) er wollte mit sich sprechen, aber er konnte, er wagte kaum zu atmen“ (6). Die Zeit der enttäuschten Hoffnungen und des drohenden Rückfalls in die Vergangenheit wirkte sich als psychische Belastung für das sozial engagierte und geistig aktive Individuum aus und führte zu entsprechenden literarischen Gestalten. Die Bedrohung durch Wahnsinn hat „Büchner (und nicht nur er allein) als ein Zeitsymptom aufgefasst“[9].
Vom Sturm und Drang zum Vormärz
Welche „alte Unordnung“ war es, die Büchner wiederkommen sah? Der Wiener Kongress