Lichterglanz und Katzenschnurren - oder: Eine Oma zum Fest - Rebecca Michéle auch bekannt als Mia Richter - E-Book
SONDERANGEBOT

Lichterglanz und Katzenschnurren - oder: Eine Oma zum Fest E-Book

Rebecca Michéle auch bekannt als Mia Richter

0,0
9,99 €
0,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

So goldig, dass man sie am liebsten behalten möchte: Der zauberhafte Weihnachtsroman »Lichterglanz und Katzenschnurren« von Rebecca Michéle jetzt als eBook bei dotbooks. Aufgeregte Kinderstimmen, der Duft frisch gebackener Plätzchen und ein behagliches Kaminfeuer … Früher hat Gisela die Weihnachtszeit geliebt – nun bangt es ihr eher vor der Stille in ihrem Haus. Die Familie ist seit langer Zeit in alle vier Winde zerstreut und als Witwe hat Gisela niemanden mehr, mit dem sie sich auf die besinnlichen Tage freuen könnte. Bis sich eines Tages ein kleines Kätzchen in ihren Garten verirrt, das Gisela sofort ins Herz schließt. Schneller als ihr lieb ist, entdeckt sie eine Suchmeldung mit dem Bild ihrer neuen vierbeinigen Gefährtin. Schweren Herzens beschließt sie, die flauschige Fellnase ihren Besitzern zurückzugeben … und rechnet nicht damit, dass ihr persönliches Weihnachtsmärchen gerade erst beginnt! Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der zuckersüße Winterroman »Lichterglanz und Katzenschnurren« von Rebecca Michéle. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 189

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Über dieses Buch:

Aufgeregte Kinderstimmen, der Duft frisch gebackener Plätzchen und ein behagliches Kaminfeuer … Früher hat Gisela die Weihnachtszeit geliebt – nun bangt es ihr eher vor der Stille in ihrem Haus. Die Familie ist seit langer Zeit in alle vier Winde zerstreut und als Witwe hat Gisela niemanden mehr, mit dem sie sich auf die besinnlichen Tage freuen könnte. Bis sich eines Tages ein kleines Kätzchen in ihren Garten verirrt, das Gisela sofort ins Herz schließt. Schneller als ihr lieb ist, entdeckt sie eine Suchmeldung mit dem Bild ihrer neuen vierbeinigen Gefährtin. Schweren Herzens beschließt sie, die flauschige Fellnase ihren Besitzern zurückzugeben … und rechnet nicht damit, dass ihr persönliches Weihnachtsmärchen gerade erst beginnt!

Über die Autorin:

Rebecca Michéle, geboren 1963 in Rottweil in Baden-Württemberg, lebt ihrem Mann in der Nähe von Stuttgart. Seit dem Jahr 2000 widmet sie sich ausschließlich dem Schreiben. Bisher sind mehr als 40 Romane und zahlreiche Kurzgeschichten in verschiedenen Genres erschienen. Rebecca Michéle erobert besonders mit ihren historischen Romanen und Krimis eine große Leserschaft.

Bei dotbooks erschienen bereits Rebecca Michéles historische Romane

»Die zweite Königin«

»Die Sängerin des Königs«

»Die Melodie der Insel«

und die historischen Liebesromane

»In den Armen des Fürsten«

»In den Fesseln des Freibeuters«

»In der Gewalt des Ritters«

sowie die zeitgenössischen Romane

»Irrwege ins Glück«

»Heiße Küsse im kalten Schnee«

»Rhythmus der Leidenschaft«

»Heiße Küsse im kalten Schnee«

Darüber hinaus veröffentlichte Rebecca Michéle bei dotbooks den Kriminalroman

»Narrensterben«

Die Website der Autorin: www.rebecca-michele.de

***

eBook-Neuausgabe November 2020

Dieses Buch erschien bereits 2012 unter dem Pseudonym Mia Richter und dem Titel »Eine Oma zum Fest« bei Ullstein.

Copyright © der Originalausgabe 2012 Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin/ Marion von Schröder

Copyright © der Neuausgabe 2020 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock / Mooi Design / TINA NIZOVA / paprika / Qilli

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (ae)

ISBN 978-3-96655-555-5

***

Liebe Leserin, lieber Leser, wir freuen uns, dass Sie sich für dieses eBook entschieden haben. Bitte beachten Sie, dass Sie damit ausschließlich ein Leserecht erworben haben: Sie dürfen dieses eBook – anders als ein gedrucktes Buch – nicht verleihen, verkaufen, in anderer Form weitergeben oder Dritten zugänglich machen. Die unerlaubte Verbreitung von eBooks ist – wie der illegale Download von Musikdateien und Videos – untersagt und kein Freundschaftsdienst oder Bagatelldelikt, sondern Diebstahl geistigen Eigentums, mit dem Sie sich strafbar machen und der Autorin oder dem Autor finanziellen Schaden zufügen. Bei Fragen können Sie sich jederzeit direkt an uns wenden: [email protected]. Mit herzlichem Gruß: das Team des dotbooks-Verlags

***

Sind Sie auf der Suche nach attraktiven Preisschnäppchen, spannenden Neuerscheinungen und Gewinnspielen, bei denen Sie sich auf kostenlose eBooks freuen können? Dann melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an: www.dotbooks.de/newsletter.html (Versand zweimal im Monat – unkomplizierte Kündigung-per-Klick jederzeit möglich.)

***

Wenn Ihnen dieser Roman gefallen hat, empfehlen wir Ihnen gerne weitere Bücher aus unserem Programm. Schicken Sie einfach eine eMail mit dem Stichwort »Lichterglanz und Katzenschnurren« an: [email protected] (Wir nutzen Ihre an uns übermittelten Daten nur, um Ihre Anfrage beantworten zu können – danach werden sie ohne Auswertung, Weitergabe an Dritte oder zeitliche Verzögerung gelöscht.)

***

Besuchen Sie uns im Internet:

www.dotbooks.de

www.facebook.com/dotbooks

www.instagram.com/dotbooks

blog.dotbooks.de/

Rebecca Michéle

Lichterglanz und Katzenschnurren

Roman

dotbooks.

Kapitel 1

Regen prasselte auf das Dachflächenfenster, als Gisela Herzog an diesem Morgen erwachte. Am liebsten hätte sie die Decke über beide Ohren gezogen und weitergeschlafen, sie spürte jedoch das bereits bekannte Ziehen in ihrem Rücken, das erst besser werden würde, wenn sie aufstand und sich bewegte. Gisela seufzte. Bisher hatte der Dezember wenig Winterliches gebracht, Dauerregen und milde Temperaturen bestimmten das Wetter. Die Autofahrer freuten sich zwar darüber, keine vereisten Scheiben kratzen zu müssen und freie Straßen zu haben, doch die fortwährende Feuchtigkeit tat Giselas Gelenken nicht gut. Die Wehwehchen zeigten deutlich, dass sie eben nicht mehr die Jüngste war.

Während der Wasserkocher summte, schaltete Gisela den Laptop ein. Früher hatte sie sich gegen dieses neumodische Zeugs gewehrt, mit der Zeit aber festgestellt, welche Vorteile die moderne Technik hatte. So konnte sie inzwischen mit ihren Kindern nicht nur mailen, sondern sie sogar sehen, obwohl diese Tausende von Kilometern entfernt waren. Gisela bereitete sich eine Tasse schwarzen Tees zu, ohne Zucker, dafür aber mit einem kräftigen Schuss Sahne, und startete das Programm. Es war jetzt Punkt acht Uhr, und es war Samstag – der Tag, an dem Gisela sich jede Woche mit ihren Kindern austauschte. Nach nur wenigen Sekunden wurde der Bildschirm hell, und Gisela blickte in das Gesicht ihrer Tochter Sabine, die in die Kamera winkte und lachte.

»Guten Morgen, Mama. Wie geht es dir?«

Gisela war stolz, problemlos skypen zu können, was man nur von wenigen ihrer Altersgenossinnen sagen konnte.

»Guten Morgen, mein Schatz.« Gisela positionierte sich vor der Kamera ihres Laptops. »Hast du gut geschlafen? Du siehst müde aus.«

»Ach, Mama, ich bin seit über vier Stunden auf den Beinen. In Uganda ist es zehn Uhr, und die Sonne brennt. Schon jetzt zeigt das Thermometer vierzig Grad im Schatten.«

»Hier regnet es immer noch.« Gisela seufzte. »Also, früher hatten wir richtige Winter mit viel Schnee und klirrender Kälte, aber ...«

»Das ist die Klimaerwärmung«, unterbrach Sabine. »Wenn du Sehnsucht nach Eis und Schnee hast ... Warum fliegst du nicht zu Thomas? Als ich vor ein paar Tagen mit ihm skypte, meinte er, dass du seine Einladung nach Winnipeg abgelehnt hast.« Ein leiser Vorwurf klang in Sabines Stimme. »Mama, du solltest dir das noch mal überlegen, sonst bist du Weihnachten ganz allein ...«

»Mach dir um mich keine Sorgen, mein Schatz.« Gisela bemühte sich um ein unbekümmertes Lächeln. Auf keinen Fall wollte sie ihre Tochter merken lassen, dass ihr tatsächlich beim Gedanken an die Weihnachtstage flau im Magen war. »Du weißt doch, dass ich nicht fliegen mag, und dann noch so weit ... gleich bis nach Kanada.«

»Als Papa noch lebte, seid ihr viel gereist.« Verständnislos schüttelte Sabine den Kopf.

»Aber immer mit dem Wohnwagen nach Italien oder nach Spanien«, wandte Gisela ein. »Ich steige in kein Flugzeug. Niemals!«

»Mama, du weißt schon, dass Flugzeuge die sichersten Verkehrsmittel überhaupt sind?« Wenn Sabine so wie jetzt die Stirn runzelte, sah sie Gisela sehr ähnlich. »Bitte, denk noch mal darüber nach. Der Winter in Kanada muss herrlich sein, Thomas hat mir ein paar Fotos gemailt. Ach, ich würde am liebsten selbst hinfahren, aber ich kann hier nicht weg.«

»Ich habe die Bilder auch gesehen, trotzdem ...« Gisela zögerte. Ob sie ihre Angst nicht doch überwinden und zu ihrem Sohn fliegen sollte? Dann lächelte sie wieder unbekümmert und fuhr fort: »Weihnachten bei vierzig Grad ist auch nicht gerade das Gelbe vom Ei, oder?«

»Nein, gewiss nicht.« Sabine sah auf ihre Armbanduhr. »Es tut mir leid, Mama, ich muss wieder an die Arbeit. Das Hospital ist bis auf das letzte Bett belegt, derzeit erkranken immer mehr Kinder an Malaria.«

»Pass auf dich auf, Binchen«, sagte Gisela, obwohl sie wusste, dass Sabine diesen Kosenamen nicht mochte. Ihre Sabine würde für sie aber immer das kleine Binchen bleiben, das sie vor knapp vierzig Jahren geboren hatte.

»Aber klar doch, Mama.« Sabine lehnte sich vor und hauchte einen Kuss in die Kamera. »Mach dir ein schönes Wochenende und bis nächsten Samstag dann. Skypst du heute auch noch mit Thomas?«

»Ja, gegen Abend, drüben in Kanada ist es ja noch mitten in der Nacht.«

»Dann bestell meinem Lieblingsbruder einen Gruß von mir.« Sabine lachte ein letztes Mal, bevor der Bildschirm dunkel wurde.

Das kurze Gespräch mit ihrer Tochter hatte Gisela belebt. Sie freute sich auf den Abend, an dem sie mit ihrem Sohn sprechen würde. Thomas arbeitete seit vier Jahren als Bauingenieur in Kanada, hatte dort eine Freundin und kam nur noch selten zu einem Besuch in die alte Heimat. Ebenso wie Sabine, die seit sechs Monaten mit der Organisation Ärzte ohne Grenzen in Uganda war.

»Ach, Albert, du wärst stolz auf deine kleine Tochter«, sagte Gisela laut und sah zu der Fotografie auf der Kommode. Sie strich über den Rahmen und rückte ihn einen Zentimeter nach links, damit das Bild exakt in der Mitte der Kommode stand, denn Gisela mochte es, wenn alles seine Ordnung hatte. Eine leichte Wehmut, die sie stets beim Betrachten von Alberts Foto empfand, überkam Gisela, sie versank aber nicht in tiefe Traurigkeit. Im Sommer vor einem Jahr, als ihr Mann durch einen plötzlichen Herzinfarkt aus dem Leben gerissen worden war, hatte Gisela viel geweint. Irgendwann hatte sie keine Tränen mehr gehabt, die Trauer jedoch blieb in ihrem Herzen. Nach fast fünfzig gemeinsamen Jahren fehlte er ihr, und es war, als wäre ein Stück von ihr selbst mit ihm gegangen. Natürlich hatten Albert und sie auch ihre kleinen Differenzen miteinander gehabt, wie sie wohl in jeder Ehe vorkommen, das unsichtbare Band zwischen ihnen war aber so stark gewesen, dass sie ihre Ehe immer als sehr glücklich erlebt hatte. Albert war erst drei Jahre pensioniert gewesen, als es Gott gefallen hatte, ihn zu sich zu holen. Gisela war eine gläubige Christin, obwohl sie selten in die Kirche ging.

»Mit Gott habe ich keine Probleme«, sagte sie stets. »Mit seinem Bodenpersonal allerdings schon.«

Zum ersten Weihnachtsfest nach Alberts Tod waren die Kinder bei ihr gewesen, selbst Thomas war aus Kanada gekommen. Einmal hatte Gisela die beiden unbeabsichtigt belauscht.

»Wir können Mama in diesen Tagen nicht allein lassen«, hatte Thomas gesagt. »Marcy war aber alles andere als begeistert, dass ich Weihnachten nicht zu Hause bin.«

»Das ist sehr lieb von dir.« Gisela hatte Sabine seufzen gehört. »Mir wäre es nicht recht, Mama ausgerechnet jetzt allein zu lassen, auch wenn ich dafür nächste Woche Doppelschichten arbeiten muss. Ich konnte mich nur mit Mühe und Not für heute Abend frei machen.«

Damals hatte Sabine noch als Notärztin in einer großen Stuttgarter Klinik gearbeitet. Der anstrengende Dienst hatte ihr nur wenig Zeit für ihre Familie und Freunde gelassen.

Obwohl Gisela über die Anteilnahme ihrer Kinder gerührt gewesen war, hatte sie ein schlechtes Gewissen beschlichen. Die beiden waren erwachsen und hatten ihr eigenes Leben. Ihretwegen sollten Thomas und Sabine ihre Pläne nicht zurückstellen.

Die Klingel riss Gisela aus ihren Gedanken. So schnell ihre steifen Gelenke es zuließen, eilte sie zur Haustür.

»Guten Morgen, Frau Möck«, begrüßte sie die Nachbarin, die gleich nebenan wohnte.

»Ebenfalls einen schönen Morgen, Frau Herzog.« Frau Möck schlug die Kapuze ihrer Regenjacke zurück und schüttelte sich. »Was für ein Wetter! Manchmal glaube ich, der Regen hört niemals wieder auf.«

»Kommen Sie doch herein, Sie werden ja ganz nass!«

Gisela lächelte freundlich und bat die Nachbarin in den Windfang, in dem Frau Möck sich auch gleich interessiert umsah.

»Sie haben noch nicht dekoriert?«, fragte sie und versuchte, an Gisela vorbei in die Küche zu spähen, wobei ihre engstehenden grauen Augen emsig hin und her huschten.

»Ich hatte noch keine Zeit«, entgegnete Gisela kühl, denn Frau Möck war in der ganzen Straße dafür bekannt, ihre Nase in die Angelegenheiten anderer Leute zu stecken. Auch wenn Gisela nichts zu verbergen hatte und der Nachbarin stets freundlich begegnete, verband die beiden Frauen keine nähere Bekanntschaft. Umso mehr wunderte Gisela sich, als Frau Möck sie nun bittend ansah.

»Es ist mir unheimlich peinlich, aber können Sie mir bitte mit vier Eiern behilflich sein? Ich backe einen Kuchen, alles ist schon abgewogen, nur habe ich keine Eier mehr. Ich habe aber einen Schweinebraten im Ofen, den ich nicht unbeaufsichtigt lassen kann, um in den Supermarkt zu gehen.«

»Gerne, ich sollte genügend Eier im Kühlschrank haben.«

Nun, so etwas kommt vor, dachte Gisela und konnte nicht verhindern, dass Frau Möck ihr in die Küche folgte. Dabei hinterließen ihre Schuhe feuchte Abdrücke auf den hellen Fliesen, und Gisela runzelte die Stirn. Erst gestern Abend hatte sie die Böden gewischt, nun würde sie heute wieder putzen müssen. Bei diesem Wetter könnte Frau Möck auch selbst darauf kommen, die Schuhe auszuziehen, dachte Gisela, blieb aber höflich. Sie wollte keinen Streit mit der Nachbarin.

»Sie erwarten wohl Besuch?«, fragte Gisela dann doch interessiert, denn Frau Möck war die einzige Person, mit der sie seit Tagen von Angesicht zu Angesicht sprach.

Frau Möck nickte.

»Mein Ältester kommt mit Familie übers Wochenende. Sie wissen doch, Frau Herzog, dass Michael in Hamburg lebt, ich habe meinen kleinen Enkel erst einmal gesehen. Das wird ein schöner zweiter Advent, ich freue mich ja so.« Erneut huschten ihre Augen durch Giselas penibel aufgeräumte Küche. »Sie sind wohl an Weihnachten allein?«

Diese unerwartete Frage brachte Gisela für einen Moment aus der Fassung, rührte die Nachbarin doch gerade an den wunden Punkt, der Gisela seit Tagen beschäftigte.

»Ach, Sie wissen doch, wie das ist«, antwortete sie lapidar und winkte ab. »Meine Tochter ist in ihrem Job unabkömmlich, und Thomas, mein Sohn ...«

»Ihre Sabine ist doch irgendwo im Urwald, nicht wahr?«, fiel Frau Möck ihr ins Wort. »Ist das nicht schrecklich gefährlich? Diese vielen wilden Tiere und die furchtbaren Krankheiten, und in den Nachrichten hört man doch immer wieder von Kämpfen und Entführungen.«

Als wäre sie selbst betroffen, schauderte Frau Möck, obwohl die Küche gut geheizt war.

»Meine Tochter ist in Uganda«, erwiderte Gisela kühl, denn erneut war es der Nachbarin gelungen, Giselas eigene Sorgen auszusprechen. Uganda war kein sicheres Land, immer wieder kam es zu Unruhen. Gisela würde erst beruhigt sein, wenn Sabine in vier Monaten wieder zurück in Deutschland war.

Sie öffnete den Kühlschrank, nahm die Eier heraus, legte sie in eine flache Plastikschale und reichte sie der Nachbarin.

»Dann wünsche ich Ihnen einen schönen Tag«, sagte Gisela freundlich und hoffte, Frau Möck würde keine weiteren Fragen mehr stellen.

»Herzlichen Dank, wenn Sie mal etwas brauchen, kommen Sie einfach rüber.« Frau Möck wandte sich zum Gehen, blieb an der Tür jedoch stehen und sah über die Schulter zurück. »Da fällt mir gerade ein ... Haben Sie mitbekommen, dass die Frau des Ehepaares, das erst im Frühjahr in das Eckhaus vorne an der Straße eingezogen ist, ein Kind erwartet? Also, ich muss schon sagen ...« Die Entrüstung stand Frau Möck ins Gesicht geschrieben. »Die Frau ist doch schon über vierzig! In unserer Jugend wäre das unmöglich gewesen ... In dem Alter!«

»Ich bin sicher, das Paar weiß, was es macht.« Gisela gab sich keine Mühe, ihren Unwillen zu verbergen. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden«, sagte sie bestimmt. »Ich habe noch viel zu erledigen.«

Endlich verstand Frau Möck, auch wenn sie über Giselas mangelndes Interesse am Nachbarschaftsklatsch säuerlich das Gesicht verzog. Nachdem Gisela die Tür hinter ihr geschlossen hatte, seufzte sie verhalten. Die Nachbarin war in ihrem Alter, und eigentlich hätten sie sich öfters mal auf einen Kaffee treffen können. Die wenigen Gespräche mit Frau Möck strengten Gisela aber sehr an, denn die gute Frau zog ständig über die Bewohner ihrer Straße her und meinte stets, das Neuste vom Neuen zu wissen. Obwohl Gisela sich häufig einsam fühlte, wollte sie diese Art der Unterhaltung nicht. Albert fehlte ihr unsäglich, und besonders an den Wochenenden wusste Gisela oft nicht, was sie mit ihrer Zeit anfangen sollte. Unter der Woche erledigte sie Einkäufe, machte ihren Haushalt und traf sich auch hin und wieder mit ein paar Bekannten, die aber alle Familie hatten. Besonders die Advents- und Weihnachtszeit verbrachten alle im Kreise ihrer Lieben. So auch Inge Schreiber, mit der Gisela seit über zwanzig Jahren eng befreundet war. Inge würde in vier Monaten sogar zum ersten Mal Urgroßmutter werden. Gisela zweifelte nicht daran, dass Inge sie zu Weihnachten einladen würde, wenn Gisela den Wunsch danach auch nur andeutete. Sie wollte aber nicht das fünfte Rad am Wagen sein oder sich gar aufdrängen.

Gisela versuchte, die trüben Gedanken zu verdrängen, was ihr aber nur zum Teil gelang, denn unwillkürlich musste sie an frühere glückliche Zeiten denken. Voller Stolz hatten sie und Albert vor rund dreißig Jahren ihr Einfamilienhaus gebaut. Es war nicht groß, für die Familie war aber genug Platz gewesen, ebenso für Freunde und Bekannte, denn Gisela hatte immer gerne Gäste um sich, die sie ausgiebig bewirten konnte. Die Kinder hatten ihre Freunde mitgebracht, waren durch den großzügig geschnittenen Garten getobt und hatten es sich dann später bei Kakao und Kuchen im Wohnzimmer gutgehen lassen.

Gisela fuhr sich über die Augen. Sie wollte jetzt nicht weinen. Die sentimentale Stimmung kam nur von diesem scheußlichen Wetter, bei grauem Himmel und Dauerregen konnte ja kein Mensch fröhlich sein.

Nach Alberts Tod hatten Thomas und Sabine gedrängt, sie solle das Haus verkaufen.

»Was willst du ganz allein mit einem Haus, Mama?«, hatte Sabine gesagt. »Dazu noch der Garten, der gepflegt werden muss. Wie wäre es mit einer dieser betreuten Wohnanlagen?«

»Keinesfalls gehe ich in ein Seniorenheim!« Vehement wehrte Gisela sich gegen diesen Gedanken. »Was soll ich denn dort? Da sind doch nur alte Leute.«

»Na ja, du bist auch nicht mehr gerade die Jüngste.« Lachend nahm Thomas sie in den Arm.

Um keine Disharmonie aufkommen zu lassen, hatte Gisela versprochen, sich Gedanken darüber zu machen. Sie wusste, auf immer würde sie nicht in dem Haus bleiben können, wenngleich sie alles noch recht gut bewältigte. Nun ja, an manchen Tagen brauchte sie für die tägliche Hausarbeit etwas länger, wenn ihr Rücken schmerzte und das feuchtkalte Wetter ihre Gelenke steif machte. Aber es trieb sie schließlich niemand an, und sie hatte viel Zeit. Manchmal viel zu viel Zeit ...

Manchmal zwingt das Leben einen dazu, allein zu sein. Ob man dann allerdings auch einsam ist, liegt bei jedem Menschen selbst.

Gisela hatte diesen Sinnspruch gehört und sofort verstanden. Er traf vollkommen auf sie zu. Gut, sie war allein – der Mann gestorben, die Kinder in der Welt verstreut – und manchmal fühlte sie sich einsam, besonders in der Adventszeit, die in allen Medien als die Zeit der Familie gepriesen wurde. Nun musste sie sich eben am Riemen reißen und versuchen, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Albert hätte sicher nicht gewollt, dass sie so viel grübelte.

»Vielleicht sollte ich doch ein wenig dekorieren?«, fragte sich Gisela und sah sich im Wohnzimmer um. Kein Tannenzweig, keine Fensterbilder oder bunten Glaskugeln schmückten das Haus. Lediglich ein schlichter Adventskranz zeugte von der Weihnachtszeit. Früher, als die Kinder noch im Haus gewesen waren, hatte Gisela die Adventszeit nicht abwarten können. Sie hatte gebastelt und geklebt, selbstgesammelte Tannenzapfen mit silberner und goldener Farbe bemalt, und jedes Zimmer hatte seine individuelle Note erhalten. Mit den Kindern hatte sie gebacken, gemeinsam hatten sie gebastelt und die Vorweihnachtszeit als Familie genossen. In keiner anderen Jahreszeit war der Zusammenhalt zwischen ihnen so intensiv gewesen.

Aus und vorbei ... Für immer ...

»Reiß dich zusammen.«

Gisela trat zur Kommode, auf der ein Spiegel stand, und blickte ihr Spiegelbild entschlossen an. Sie würde nicht in Selbstmitleid versinken, sondern in Dankbarkeit auf die schöne Zeit zurückschauen, die sie mit Albert verbringen durfte.

Die Freude, das Haus weihnachtlich zu dekorieren, war ihr jedoch abhandengekommen. Für wen sollte sie sich die Mühe machen? Ihr selbst reichte der Adventskranz, und zu Heiligabend würde sie sich bestimmt keinen Tannenbaum besorgen. Allein vor dem Aufstellen des Baumes und dem Anbringen der Kerzen schreckte sie zurück. Früher war das immer Alberts Aufgabe gewesen, und später hatte Thomas ihm dabei geholfen ...

Bei einem Blick in den Garten stellte Gisela fest, dass der Regen nachgelassen hatte, durch vereinzelte Wolkenlücken schien jetzt sogar die Sonne. Sie sehnte sich nach frischer Luft und nach etwas Bewegung. Also zog sie die festen Stiefel an und nahm ihren Mantel. In diesem Jahr war sie noch nicht einmal auf dem Weihnachtsmarkt gewesen, obwohl die zahlreichen Buden bereits seit zwei Wochen die engen Gässchen der Altstadt bevölkerten. Früher war sie mit Albert fast jeden Tag auf den Esslinger Weihnachtsmarkt gegangen ...

Gisela war entschlossen, in den nächsten Stunden die Gedanken an die Vergangenheit zu verdrängen. Etwas Ablenkung würde ihr guttun, und sie konnte gleich ein paar Geschenke für Freunde und Bekannte besorgen. Kleinigkeiten nur, aber ganz ohne Weihnachtseinkäufe durfte der Dezember nicht vergehen.

Gisela Herzog lebte im Stadtteil Hohenkreuz in einer ruhigen Seitenstraße, in der es nur Einfamilienhäuser gab. Nach wenigen Schritten hatte sie das Gelände der Esslinger Burg erreicht, und es bot sich ein herrlicher Blick über die historische Altstadt. Der Abstieg über die Burgsteige mit über einhundert Stufen bereitete Gisela keine Probleme. Für den Heimweg würde sie allerdings den Bus nehmen, denn bei steilen Anstiegen ließ es sich eben nicht verleugnen, dass sie vor zwei Monaten ihren siebzigsten Geburtstag gefeiert hatte.

Zwanzig Minuten später empfing Gisela der Geruch nach gebrannten Mandeln, Glühwein, Zuckerwatte und Magenbrot, der wie eine süße, schwere Glocke über dem Marktplatz hing. Der Esslinger Weihnachtsmarkt war nicht nur wegen seiner hübsch geschmückten Buden, in denen bunte Kugeln, Kunsthandwerk und allerlei weihnachtliche Sachen angeboten wurden, weit über die Stadtgrenzen hinaus berühmt. Die Hauptattraktion, die Jahr für Jahr Zigtausende Besucher in die alte Stadt am Neckar zog, war der Mittelaltermarkt. Vor fünfzehn Jahren hatte es mit ein paar vereinzelten Ständen rund um das alte Rathaus mit seinem historischen Glockenspiel begonnen, inzwischen herrschte in allen Gassen der Altstadt bis hinunter zum Hafenmarkt und zum Postmichelbrunnen lebhaftes Treiben. Gisela betrat den Mittelaltermarkt und fühlte sich gleich wie in einer anderen Welt. Hier waren die Gerüche ganz andere: Es duftete nach frischem Fladenbrot, süßem Met und gerösteten Maronen, und der Rauch der offenen Feuerstellen in metallenen Becken vermittelte den Eindruck, um Jahrhunderte in der Zeit zurückgereist zu sein. Aussteller in historischen Gewändern priesen lautstark ihre Waren an und zeigten in eindrucksvollen Vorführungen mittelalterliche Schmiedekunst und andere alte Handwerke, wobei die Frauen und Männer sich einer altertümlichen Sprache bedienten, über die Gisela mehr als einmal lächeln musste. Die Buden, die für das leibliche Wohl sorgten, servierten ausschließlich Speisen und Getränke nach mittelalterlichen Rezepten. Noch verspürte Gisela keinen Hunger, doch später würde sie sich eine kräftige Erbsensuppe mit warmem Fladenbrot gönnen. Vor der kleinen Bühne auf dem Rathausplatz blieb Gisela stehen, denn ein langhaariger junger Mann in einem historischen Kostüm begann gerade mit seiner Vorstellung.

»Kommt näher! Na los, auf was wartet ihr noch? Ihr braucht keine Angst zu haben, ich fresse keine Kinder. Jedenfalls nicht zum Mittagessen.«