»Lieber Matz, Dein Papa hat 'ne Meise« - Sebastian Schlösser - E-Book

»Lieber Matz, Dein Papa hat 'ne Meise« E-Book

Sebastian Schlösser

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Beschreibung

Mit der Diagnose "manisch-depressiv" landet Sebastian Schlösser in der Psychiatrie. In seinem Buch erzählt er seinem achtjährigen Sohn, was die Krankheit mit ihm gemacht hat – mutig, anrührend und liebevoll. Er gilt als Shooting Star. Mit gerade mal 27 wird er Theaterregisseur am Hamburger Schauspielhaus. Doch der Höhenflug endet abrupt: Sebastian Schlösser leidet an einer bipolaren Störung. In den manischen Phasen ist er größenwahnsinnig, arbeitet Tag und Nacht und ist durch nichts zu bremsen. In den depressiven Phasen ist er so in sich gefangen, dass er nichts mehr fühlt und an Selbstmord denkt. Schließlich bricht er zusammen und erkennt: So kann es nicht weitergehen. Was mit einem Menschen passiert, der in die "Irrenanstalt" eingeliefert wird; was es bedeutet, psychisch krank zu sein; und wie schwierig es ist, seine "Meise" zu bezwingen – das alles beschreibt Schlösser auf wunderbare Weise seinem kleinen Sohn.

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Sebastian Schlösser

Ein Vater schreibt Briefe über seine Zeit in der Psychiatrie

Ullstein

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Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden

ISBN 978-3-8437-0072-62011 by Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinAlle Rechte vorbehaltenSatz und eBook: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin

nun bin ich schon eine Weile hier, und erst jetzt verstehe ich so langsam, was in den letzten Wochen und Monaten alles passiert ist und warum ich schließlich hier gelandet bin. Ja genau. Gelandet, wie ein Raumschiff. Zuerst kam ich mir hier auch wirklich so vor wie auf einem anderen Planeten. Ich bin so schnell gewesen in der letzten Zeit. Wie ein Raumschiff bin ich durchs Leben geflogen. So schnell, dass ich vieles gar nicht mehr sehen konnte, vor allem auch Dich. Das tut mir wahnsinnig leid und war für Dich bestimmt sehr schwer. Damit ich wieder langsamer werden kann, brauche ich Hilfe von speziellen Ärzten. Und spezielle Medizin.

Vielleicht hat Dir jemand gesagt: »Dein Papa ist in der Klapse.« Das ist die Kurzform von Klapsmühle, und so hat man den Ort, an dem ich gerade bin, früher genannt. Da kamen alle hin, die einen Klaps hatten. Ins Irrenhaus oder die Irrenanstalt. Dort sperrte man die Menschen ein, die an der Seele gelitten haben. Die Ärzte wussten damals so gut wie nichts über Krankheiten der Seele, und weil sie sich auch gar nicht richtig dafür interessierten, sagten sie zu den Kranken, sie hätten dementia praecox. Das ist Latein und heißt nicht etwa alter Apfel, sondern vorzeitige Verblödung. Was für eine Unverschämtheit! In Wien, der Hauptstadt von Österreich, gab es sogar einen Narrenturm, in den man sie einfach reinsteckte.

Du siehst, man hat sich früher nicht viel Mühe mit den Verrückten gegeben. Das ist heute zum Glück anders. Heute heißt die Klapse psychiatrische Klinik. Ein Wort, das man kaum aussprechen kann und das irgendwie unheimlich klingt. Darum habe ich mir überlegt, dass ich sie einfach Wolkenkuckucksheim nenne.

Wolkenkuckucksheim kommt aus einem Theaterstück, das ein Grieche vor ganz langer Zeit geschrieben hat. Die Vögel von Aristophanes. In diesem Stück übernehmen die Vögel die Weltherrschaft und erbauen eine eigene Stadt im Himmel. Sie heißt Wolkenkuckucksheim. Das passt doch gut. Man sagt schließlich auch: »Du hast echt einen Vogel!« Oder: »Du hast ’ne Meise!« Die Spezialärzte hier nenne ich einfach Meisendoktoren, denn sie sollen mir dabei helfen, meine Meise einzufangen.

Du fragst Dich jetzt bestimmt, wie ich diese Meise überhaupt bekommen habe. Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Selbst ganz schlaue Forscher haben darauf noch keine Antwort gefunden. Einige sagen, es sei Vererbung. Das heißt, jemand in der Familie hat das schon gehabt, und so ist es weitergegeben worden. Wie eine besonders große Nase.

Das kann gut sein. Die Meisenveranlagung bei mir kommt aus der Familie von Omi Frauke. Es gab einen Onkel von Omi. Der hieß wie Du Matz und hatte drei jüngere Schwestern. Meine Oma, die eine seiner Schwestern war und die ich immer Mima genannt habe, hing sehr an ihm. Leider ist er früh gestorben. Er soll ein ganz schöner Schlawiner gewesen sein, pfiffig, lebhaft und gerissen. Und er hatte auch ’ne Meise. Nur hat man damals eben nicht erkannt, dass er krank war. »Der spinnt«, haben die Leute gesagt, und das war es dann. Geholfen wurde ihm nicht. Weil Onkel Matz mir durch die Erzählungen von Mima sehr vertraut war und weil er mir gleichzeitig lustig, aber auch unbegreiflich vorkam, wollte ich, dass Du seinen Namen trägst. Ich habe mir genau so einen lustigen und frechen Jungen gewünscht. Natürlich keinen verrückten, aber einen kleinen Schlawiner schon.

Eine Cousine von Omi, Tante Marion, hat es auch. Sie war schon öfter in Wolkenkuckucksheim. Jedes Mal, wenn es ihr wieder besserging, hat sie die Tabletten nicht mehr genommen, und dann ist die Meise umso stärker zurückgekehrt. Wenn die Meise bei ihr besonders stark wütet, ruft sie Omi Frauke an, um sie zu beschimpfen. Früher hat sie Mima angerufen. Tante Marion fühlt sich wegen irgendetwas in der Vergangenheit betrogen, kann aber nicht genau sagen, was es ist. Am Telefon droht sie immer: »Ihr werdet noch sehen.« Auch mein Cousin George in Amerika, der Sohn von Hans-Peter, hat ’ne Meise.

Das, was wir alle haben, nennen die Ärzte nicht Meise oder Vogel, sondern bipolar-affektive Störung. Klingt nach Affen am Nordpol. Affige Polarforscher. So bin ich mir auch ein wenig vorgekommen. Wie ein Polarforscher. Nicht so wie einer im Schneeanzug im ewigen Eis. Aber so wie ein Forscher, der die Pole auskundschaftet. Ich meine damit die Endpunkte der Erde, oben und unten. Da, wo es nicht mehr weitergeht. Zum Nordpol muss man eine weite Strecke zurücklegen. Das habe ich auch getan. Ich bin zwar nicht an die Grenzen der Erde gestoßen, aber an meine Grenzen. Und an Mamis und Deine. Nur dass ich das zuerst gar nicht gemerkt habe. So, wie wenn Du Geburtstag hast, und Du hast alle Deine Freunde zu Besuch, und es gibt den ganzen Tag nur Süßes, und abends siehst Du sogar noch einen Film. Dann willst Du unbedingt, dass es immer so weitergeht. Mehr Geschenke. Mehr Freunde. Mehr Süßes. Mehr Spaß. Und auf einmal werden die Freunde abgeholt, und Du sollst ins Bett! Aber Du bist noch gar nicht müde. Ehrlich nicht! Ganz im Gegenteil. Der Tag soll niemals aufhören. Du kannst nicht verstehen, dass nun alles vorbei sein soll. So ein Gefühl hat man nur, wenn man noch ein Kind ist. Wenn man älter wird, freut man sich zwar noch, aber es fühlt sich nicht mehr so stark an. Die Erwachsenen sagen, sie haben ihre Gefühle im Griff. Das stimmt. Im Würgegriff. Weil sie es gar nicht mehr aushalten würden, so wie die Kinder zu fühlen.

So. Eines Tages vor vier Monaten, kurz nach Deinem Geburtstag, bin ich aufgewacht und habe wieder so starke Gefühle gehabt. Das war toll und hat sich erst mal ganz wunderbar angefühlt, wie ein Zaubertrank.

Ja, so war das. Ich muss jetzt Schluss machen. Es ist Zeit für die Medizin. Hier im Krankenhaus gibt es einen langen Flur, von dem die Zimmer abgehen. Meistens Zweierzimmer. In der Mitte des Flurs befindet sich ein Extrazimmer für die Ärzte und Pfleger und Schwestern. Um Punkt acht Uhr abends gibt es dort für alle die Medizin. Da muss ich jetzt hin. Ich schreibe wieder. Versprochen.

Ich hab Dich lieb.

heute fällt mir alles schwer. Ich bin so unzufrieden. Möchte gar nicht hier sein. Alles nervt mich. Vor allem die anderen Patienten mit ihren Meisen. Andere Meisen. Nicht bipolar, sondern monopolar, depressiv oder schizophren. Sicherlich kennst Du die Schimpfwörter »schizo« und »depri«? Vielleicht bist Du dafür aber auch noch zu jung. Schizophrene hören oft Stimmen und sind davon überzeugt, verfolgt zu werden. Aber das stimmt nicht. Dieser Verfolgungswahn macht ihnen große Angst. Wenn Du vor dem Imperator in Star Wars Angst hast, ist das allerdings etwas ganz anderes. Bei Dir geht die Angst von allein wieder weg. Und falls Du doch in der Nacht aufwachst, dann lässt Du Dich von uns trösten. Schizophrene aber lassen sich gar nicht oder nur sehr schwer beruhigen, und vor lauter Angst und Argwohn nehmen sie auch die Tabletten gegen die Angst nicht. Sie leben in andauernder Angst. Permanent. Sind in ihr gefangen.

Wie die ältere Frau hier, die aussieht wie meine Physiklehrerin aus dem Gymnasium. Sie meint, man würde sie vergiften wollen. Alle steckten unter einer Decke. Die Ärzte, die Pfleger, die Schwestern und natürlich auch wir anderen Patienten. Wir hören angeblich alle auf die Anweisungen ihres Mannes, der sie aus dem Weg räumen will, um an ihr Geld zu kommen. Tatsächlich kommt der Mann sie alle zwei Tage besuchen und geht mit ihr in der Cafeteria Kaffee trinken. Er wirkt traurig und versucht, mit ihr zu sprechen, aber sie sieht stur geradeaus. Ich weiß nicht, wer mehr Hilfe braucht. Wenn sie in der Raucherecke vor sich hin quasselt, muss ich manchmal lachen, und dann guckt sie mich ganz böse an. Sie hat aber auch schon mitgelacht – so, wie wenn man jemanden beim Schwindeln erwischt.

Die Depressiven sind auf ihre Art noch anstrengender. Sie sind wahnsinnig langsam und zögerlich und fühlen gar nichts mehr. Als hätte man den Stöpsel aus ihrem Herz herausgezogen. Das, was zurückbleibt, ist nur ein wabbeliges lauwarmes Gefäß ohne Inhalt. Wie eine Wärmflasche am nächsten Morgen. Die Depressiven hocken den ganzen Tag auf unserem Flur herum und warten. Warten auf die Ärzte, die morgens zur Kontrolle vorbeikommen. Dann wird der Blutdruck gemessen, kurz gefragt, ob es gerade Schmerzen oder Probleme gibt. Nein? Das ist ja prima. Elendsverwaltung ist das. An den Vormittagen dünnt es sich auf der Station etwas aus, weil die meisten irgendwelche Gruppen haben. Bewegungsgruppe, Entspannungsgruppe oder Bastelgruppe zum Beispiel.

Ich gehe lieber spazieren. Im Park oder auf dem riesigen Klinikgelände. Dann gibt’s auch schon Mittagessen, Mittagsfraß möchte ich sagen. Zwei große Servierwagen werden auf die Station geschoben, mit vielen Tabletts, auf denen Teller stehen, die abgedeckt sind, damit die Hitze nicht entweicht. Was aber entweicht, ist ein grauenhafter Gestank: der Geruch von zerkochtem Gemüse, oft von Blumenkohl. Dazu gibt es ein Stück Fleischähnliches mit dunkler Soße. Hinterher noch ein undefinierbares süßes Etwas. Angeblich Nachtisch. Untertisch würde besser passen. Im Ernst. Das Essen ist vollkommen unzumutbar; funktioniert vielleicht für die Depris, weil die eh nichts essen. Zum Gesundwerden braucht es doch wenigstens gesundes Essen, oder? Wenn Du krank bist, dann koche ich Dir Hühnersuppe und Pudding, damit Du schnell wieder zu Kräften kommst. So wie meine Mutter das auch schon gemacht hat. Ganz normal, möchte man meinen. Ich koche gern. Nicht weil ich es muss, sondern weil es mich beruhigt. Oft denke ich schon morgens unter der Dusche darüber nach, was ich alles kochen und essen könnte. Bei mir ist immer alles frisch zubereitet. Frisch, das kennen die hier gar nicht. Das liegt natürlich auch daran, weil das Gelände hier so groß ist und so viele Patienten mit Essen versorgt werden müssen. Deshalb gibt es hier eine riesige Küchenstadt mit Hunderten kleinen Männchen in weißen Kitteln und mit Plastikhauben auf dem Kopf. So stelle ich mir die Küche von Darth Vader vor. Dem Bösewicht aus Star Wars.

Schlechtes Essen kann einen umbringen. Also nicht sofort. Das dauert Jahre. Trotzdem bin ich mir ganz sicher, dass es besser wäre, wenn wir uns selbst versorgen müssten. Dazu müsste man Kochgruppen zusammenstellen, aber mit Bedacht. Denn bei einer reinen Depri- oder Schizo-Kochgruppe gäbe es wohl nichts auf den Teller. Einen Versuch wäre es zumindest wert. Ich habe es auch schon angesprochen, aber wenn man darüber nicht gleich mit dem Leiter der Psychiatrie spricht, das ist der Direktor des ganzen Meisenzoos hier, passiert eh nichts. Das ist wie überall sonst auch. Wenn man etwas verändern will, braucht man zuerst eine gute Idee und dann vor allem Geduld.

Ich mache immer kleine Ausflüge. In den Park gehe ich, wie gesagt, am liebsten. Aber das Gelände und die verschiedenen Gebäude finde ich auch spannend. Vor jedem Haus stehen die Raucher in Bademänteln um einen großen, mit Sand gefüllten Aschenbecher. Wir dürfen auch drinnen rauchen. Das ist der Vorteil an der Meise. Ohne Rauchen ginge es auch nicht. Wir sind allesamt viel zu nervös und würden uns ohne Zigaretten, ohne den kleinen glühenden Strohhalm, mit dem wir die Langeweile wegsaugen, gegenseitig in der Luft zerreißen.

Das Entfernen von der Station ist erlaubt und ausdrücklich gewünscht, um sich so früh wie möglich wieder daran zu gewöhnen, sich außerhalb von Wolkenkuckucksheim unter den Menschen zu bewegen. Um zu lernen, ohne Hilfe klarzukommen. Macht außer mir aber keiner. Die anderen trauen sich irgendwie nicht. Sie wissen anscheinend auch nicht, wohin sie gehen sollen. Oder es macht ihnen Angst.

Bevor ich die Station verlasse, muss ich mit einem dicken Filzstift auf eine große Tafel vor dem Schwesternzimmer schreiben, wohin ich gehe. Am Anfang habe ich mich über diese Vorschrift geärgert. Überhaupt habe ich mich über alles aufgeregt. Daran ist aber auch die Meise schuld. Sie macht mich noch ungeduldiger, als ich eh schon bin, und ist eben noch nicht richtig eingefangen. So ähnlich hat es mir ein Arzt erklärt.

Jedenfalls war mir, als sei ich wieder wie Du ein Kind, das seine Eltern wegen allem um Erlaubnis fragen muss. Das hat mich als Kind schon genervt, genauso wie es Dich nervt. Du glaubst gar nicht, wie doof es sich anfühlt, als Erwachsener wegen jeder Kleinigkeit um Erlaubnis fragen zu müssen. Und umgekehrt: Wenn ich Dir etwas vorschreibe, muss ich immer sofort an meine Mutter denken und höre mich mit ihrer Stimme sprechen. So genau kann ich mich an die Situationen noch erinnern. Das ist wie ein Reflex.

»Frag, bevor du vom Tisch aufstehst.« – »Frag, bevor du dir etwas Süßes nimmst.« – »Zieh dich warm an.« – »Wasch dir die Hände.« – »Sei still, wenn Erwachsene sich unterhalten.« Diese Sätze, die man, ohne zu überlegen, einfach so sagt. Weil einem nichts Besseres einfällt. Weil man es selbst so gehört hat. Manchmal denke ich, dass die ganze Welt nur in solchen Floskeln spricht und niemand etwas wirklich Überlegtes von sich gibt. Alles schon tausendmal gehört. Tausendmal gesagt. Tausendmal nicht zur Kenntnis genommen. Alle plappern nur das nach, was sie von ihren Eltern und ihrem sonstigen Umfeld aufgenommen haben. Papageien. Aber das ist so. Das machen Eltern so. Regeln aufstellen. Und meistens ist das, was zu regeln ist, genau so dringlich, wie wenn Du etwas unbedingt willst: Man hat gar keine Zeit nachzudenken. Deshalb das reflexartige Geplapper. Weil man die Kontrolle behalten muss. Kontrollieren. Es gibt da so einen Spruch: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Der Satz stimmt allerdings erst, wenn man schon oft in seinem Vertrauen enttäuscht worden ist. Das ist bei Erwachsenen eben häufig der Fall, und ich hoffe sehr, dass Du diesen Satz nie brauchst. Dass Du vertrauen kannst. Weil es schön ist und frei macht. Ich möchte auch immer frei sein. Und keine Angst haben. Stattdessen habe ich mich hier selbst eingesperrt. Obwohl. Das ist nicht ganz richtig. Versteckt habe ich mich. Vor der Welt und vor mir selbst. Ich brauche Urlaub von mir. Deswegen habe ich mein Handy auch in die Alster geworfen.

Ich entwickle einen diebischen Ehrgeiz, kleine Frechheiten auf die Tafel zu schreiben. »Herr Schlösser geht jetzt auf dem Klinikgelände flanieren. Wenn er Glück hat, macht er dabei eine positive Entdeckung, oder auch zwei. Er wird pünktlich zum Abendessen zurück sein.« – »Herr Schlösser besorgt sich Rauchwaren für den Eigenbedarf und macht sich mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut.« – »Herr Schlösser geht im Park spazieren und versucht dabei, Zuversicht auszustrahlen.« – »Herr Schlösser flüchtet sich vor der geballten Schönheit der Station ins Freie.« Was Ironie bedeutet, verstehst Du mittlerweile auch schon. Mich über Dinge lustig zu machen hat mir immer schon oft über Situationen hinweggeholfen, die ich eigentlich zum Weinen fand. Unerträglichkeiten, Schwierigkeiten weglachen. Das hilft.

Aber ich komme schon wieder vom Thema ab. Das gehört auch zu meiner speziellen Meise. Ich wollte Dir von der riesigen Küche erzählen. Sie ist ungefähr so groß wie die Metro. Man kann, ehrlich gesagt, gar nicht mehr von Küche sprechen. Von Küchenfabrik vielleicht. Oder von Küchentodesstern mit hirnlosen Küchendroiden. Reingelassen haben sie mich leider nicht. Natürlich nicht. Wundert mich eh, dass keine bewaffneten Wachen vor der Tür stehen. Aber das ist es ja auch: Es beschwert sich niemand über den Fraß! Dabei hätte ich den Panschmeistern zu gern einmal erklärt, wie man einen frischen Salat oder Pasta al dente zubereitet. Bissfest. Die schaffen es hier, selbst die einfachsten Gerichte zu versauen. Nicht mal ein Spiegelei kriegen die hin. Dabei ist das kinderleicht. Ich wette, Du könntest diese Herrn Köche heute schon locker unter den Tresen kochen. Wie bei Ratatouille. Erinnerst Du Dich an den Film? Eine Ratte zeigt den Menschen, wie man richtig kocht! Ich werde ganz traurig, wenn ich an den Tag denke, an dem wir diesen Film zusammen gesehen haben. Ich muss übrigens oft an Dich denken, und an Tagen wie heute könnte ich dann nur noch weinen. Tu ich auch meistens. Denn komischerweise geht das jetzt wieder. Ist auch gar nicht schlimm, jahrelang konnte ich gar nicht richtig weinen. Und mich nicht richtig freuen. So, dass es einem in den Magen fährt. Wie dem tauben Mädchen in Deinem Lieblingslied. Sie mag Musik, nur wenn sie laut ist. Das Schwierige ist allerdings, dass die Freude und die Traurigkeit so schnell in den Magen und in das Herz jagen, dass ich gar nicht mehr mitkomme. Es ist auch wahnsinnig anstrengend, das auszuhalten. Ein Gefühl, als würde permanent Strom durch mich hindurchfließen. Die anderen verstehen gar nicht, warum das so schnell geht bei mir. Ich weiß es ja selbst nicht.

Ich habe einfach Angst, so zu werden wie die anderen Klapsis hier in Wolkenkuckucksheim. Drinnen sitzen und Löcher in die Gegend gucken.

Das darf nicht sein.

Dafür will ich kämpfen.

Bis morgen.

heute will ich Dir von meinen Mithäftlingen, den anderen Meisenprofis, erzählen. Ich habe ja schon geschrieben, dass wir viel Zeit in der Sitzecke mit Rauchen verbringen. Gleich nach meiner Ankunft wurde ich sofort von zwei Frauen freundlich und neugierig in Empfang genommen. Inzwischen ist es fast so, als würden wir uns schon immer kennen.

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