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Beschreibung

Im Literatur-DUO haben deutsche und italienische Schülerinnen und Schüler eine Kurzgeschichte in ihrer Landessprache geschrieben. In einem deutsch/italienischen DUO haben sie dann die Kurzgeschichte des fremdsprachigen Partners in die eigene Landessprache übersetzt. Die Autoren und Autorinnen Nora Julia Antonic / Mario Bona Geborgen geborene Gedanken / Dialogo con la montagna morente Pensieri nati al sicuro / Gespräch mit dem sterbenden Berg Lena Holzäpfel / Anita Tordjman Butterfly Effect / La famiglia Carra Butterfly Effect / Familie Carra Luna Conradt / Martha Sophie Ferrari Zumbini Schulweg / Il miraggio di Chintu La strada verso scuola / Chintus Traum.. Kerstin Vögele / Anita Giardina Elefantentanz im Mondschein / Hänsel und Gretel Danza dell'elefante al chiaro di luna / Hänsel und Gretel Jennifer Kirn / Daniel Guberac Blumen / Addio Fiori / Auf Wiedersehen Melanie Lorenz / Larisa Ioana Cecilia Acsinte So oder so ist das Leben / Senza speranza La vita è com'è / Ohne Hoffnung Sophie Lonsinger / Maria Francesca Acciardi Der Fliehende / La maschera della vittima Sfuggente / Die Maske des Opfers Henrike Halle / Alessandra Imparato Meine kleine Großmutter / Incontrarsi e ... innamorarsi La mia nonnina / Sich treffen ... und verlieben

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zweisprachige Anthologie mit Kurzgeschichten in Deutsch und Italienisch

antologia bilingue con racconti in tedesco ed italiano

Herausgeber Heimann Stiftung für Völkerverständigung

VORWORT LITERATUR-DUO

Im Literatur-DUO haben deutsche und italienische Schülerinnen und Schüler eine Kurzgeschichte in ihrer Landessprache geschrieben. In einem deutsch/italienischen DUO haben sie dann die Kurzgeschichte des fremdsprachigen Partners in die eigene Landessprache übersetzt.

Das Ziel der Stiftung ist es, mit dem Literatur-DUO den intellektuellen und interkulturellen Austausch zwischen deutschen und italienischen Jugendlichen zu fördern und so zur deutsch-italienischen Völkerverständigung beizutragen.

Der Sammelband ist das Ergebnis eines gemeinsamen Projektes der Heimann-Stiftung, der Organisation Büro VIAVAI Deutsch-Italienischer Jugendaustausch und der Buchhandlung Eulenspiegel in Wiesloch.

PREFAZIONE DUO-LETTERARIO

Nel DUO-letterario, alunne / alunni tedeschi ed italiani hanno scritto un breve racconto nella propria lingua nazionale. Nell’ambito di un DUO tedesco/italiano, hanno poi tradotto il racconto del partner di lingua straniera nella propria lingua nazionale.

L’obbiettivo della Fondazione, attraverso i DUO-Letterari, è quello di promuovere lo scambio intellettuale e interculturale tra i giovani in Italia e in Germania contribuendo all’amicizia tra i due popoli.

L'antologia è il risultato di un progetto congiunto della Fondazione Heimann, dell'organizzazione UFFICIO VIAVAI Scambio Giovanili Italo-Tedeschi e della libreria Eulenspiegel di Wiesloch.

Inhaltsverzeichnis

GEBORGEN GEBORENE GEDANKEN

Nora Julia Antonic

PENSIERI NATI AL SICURO

Nora Julia Antonic

Traduzione di Mario Bona

DIALOGO CON LA MONTAGNA MORENTE

Mario Bona

GESPRÄCH MIT DEM STERBENDEN BERG

Mario Bona

Aus dem Italienischen von Nora Julia Antonic

BUTTERFLY EFFECT

Lena Holzäpfel

BUTTERFLY EFFECT

Lena Holzäpfel

Traduzione di Anita Tordjman

LA FAMIGLIA CARRA

Anita Tordjman

FAMILIE CARRA

Anita Tordjman

Aus dem Italienischen von Lena Holzäpfel

SCHULWEG

Luna Conradt

LA STRADA VERSO SCUOLA

Luna Conradt

Traduzione di Martha Sophie Ferrari Zumbini

IL MIRAGGIO DI CHINTU

Martha Sophie Ferrari Zumbini

CHINTUS TRAUM

Martha Sophie Ferrari Zumbini

Aus dem Italienischen von Luna Conradt

ELEFANTENTANZ IM MONDSCHEIN

Kerstin Vögele

DANZA DELL’ELEFANTE AL CHIARO DI LUNA

Kerstin Vögele

Traduzione di Anita Giardina

HÄNSEL & GRETEL

Anita Giardina

HÄNSEL & GRETEL

Anita Giardina

Aus dem Italienischen von Kerstin Vögele

BLUMEN

Jennifer Kirn

FIORI

Jennifer Kirn

Traduzione di Daniel Guberac

ADDIO

Daniel Guberac

AUF WIEDERSEHEN

Daniel Guberac

Aus dem Italienischen von Jennifer Kirn

SO ODER SO IST DAS LEBEN

Melanie Lorenz

LA VITA È COM‘È

Melanie Lorenz

Traduzione di Larisa Ioana Cecilia Acsinte

SENZA SPERANZA

Larisa Ioana Cecilia Acsinte

OHNE HOFFNUNG

Larisa Ioana Cecilia Acsinte

Aus dem Italienischen von Melanie Lorenz

MEINE KLEINE GROSSMUTTER

Henrike Halle

LA MIA NONNINA

Henrike Halle

Traduzione di Alessandra Imparato

INCONTRARSI E… INNAMORARSI

Alessandra Imparato

SICH TREFFEN UND… VERLIEBEN

Alessandra Imparato

Aus dem Italienischen von Henrike Halle

DER FLIEHENDE

Sophie Lonsinger

SFUGGENTE

Sophie Lonsinger

Traduzione di Maria Francesca Acciardi

LA MASCHERA DELLA VITTIMA

Maria Francesca Acciardi

DIE MASKE DES OPFERS

Maria Francesca Acciardi

Aus dem Italienischen von Sophie Lonsinger

AUTORINNEN UND AUTOREN

AUTRICI E AUTORI

GEBORGEN GEBORENE GEDANKEN NORA JULIA ANTONIC

Sinnierend sitzend sehe ich Autos vorbeifahren. Unglaublich viele passieren mich nicht, aber einige Lichter sehe ich trotzdem in der Ferne verglimmen, wie ausgeblasene Streichhölzer vor einer dunklen Wand. Der Himmel über mir ist nachtdurchzogen, getränkt von Dunkelheit, von einem Abend, der in eine Nacht übergleitet.

Eine ewige, ellenlang andauernde Weile verweile ich hier bereits, auf dem von Schatten nass geküssten Gras. Die Scheinwerfer des Autos habe ich behutsam dunkeln lassen und den Motor abgestellt. Nachdem ich gemerkt habe, dass das Automobil, das mich so sicher zu fahren pflegte, plötzlich nicht mehr alles abwirft, was mir zu wünschen übrigbleibt. Denn es startet nicht mehr durch, wie einst in den jungen frischen Jahren.

Das Warndreieck liegt noch eingebettet in meinem Mobil, sanft gewärmt von der langsam schwindenden Wärme des Motors.

Die Wärme meiner Haut verschwindet ebenfalls im feuchten Gras, wie Tee, der aus mir herausläuft wie aus einer Tasse, die einen geheimen unentdeckten Sprung in ihrer Wand beinhaltet und mich frierend, kältezitternd und alleine hier zurücklässt.

Alleine atmend als wäre ich arrestiert hier zu sitzen, bewege ich keinen Teil meines Körpers, Lunge und Herz ausgeschlossen, wo ich doch aus eigener Entscheidung meines freien Geistes hier zu ruhen vermöge und keineswegs von fremden Mächten gehalten werde. Mit leisem Summen schwängere ich die Nachtluft um mich herum, in der ich inzwischen ebenfalls den zarten Geruch der Kälte erahnen kann, der sich in meine Nase windet, drängt, in meine Lunge hineinkriecht.

Weite Kegel, ausgesandt von Autofrontlichtern streifen mich, wie ein Lufthauch, um dann ihren Schein weiterwandern zu lassen und mich im roten Licht der Rücklichter sanft erglühen zu lassen.

Ich genieße die Einsamkeit, die mich umschwebt und meine Umgebung so ausfüllt, dass die Möglichkeit des Gefühls von wahrer Einsamkeit nicht mehr in meiner Seele aufkeimen kann, wie ich mit ironischer Genugtuung feststelle.

Offene Ohren ordnen alle Geräusche, die an sie herandringen, sanft in Bilder ein. Bilder verschwommener Erinnerungen, die ich meine, zu jetzt erklingenden Geräuschen zuordnen zu können. Das rauschende Rascheln von Blättern hinter mir, deren Grün längst von der Dunkelheit aus ihnen gesaugt wurde. Knackendes Knistern alter Baumstämme, die sich liebevoll friedlich gegenseitig die Nacht bewünschen wollen. Ich höre das wispernde Flüstern der Grashalme unter mir, eine Verarbeitung des Gesehenen, Gehörten, das kluge Austauschen gesammelter Weisheiten am Ende eines langen Tages. Das Atmen eines Menschen, unterkühlt, erschöpft, von dem unzurechnungsfähigen Gefühl des Friede betrunken, im wispernden Gras sitzend, sinnierend über Sinne, Seiten, Sachen.

Kalte Kühlergrille kämpfend mit warmen Motorhauben, auf vorbeiziehenden Automobilen. In den Automobilen, das Leben eines anderen Menschen, grausam-schön komplex wie das meine. Vorbeiziehend, nur eine Millisekunde erhaschbar, das Lebensgefühl, die Stimmung, die im Inneren der Maschine wabert, die im Inneren der Maschine zwischen den Insassen in der Luft schwebt. Niemand sorgt sich um die Person, sitzend hier; sie alle sehen mich nicht, erblicken mich mit ihren vom Alltag erblindeten Augen nicht, nur eine dunkle Maschine auf einer Noteinbuchtung der Straße. Eine Straße, die sich schlängelnd ihren Weg durch die Landschaft sucht. Sucht ihren Weg durch Dörfer und deren durch Häuser beschwerte Täler, durch erhobene Berge und Schneelandschaften, die Menschen einladen zu einer ungesehenen Fotographie. Auf der Straße, im abgescheuerten Reifenbelag der Autos liegen Erinnerungen an Gefühle, Gedanken, Gespräche. An Menschenleben, die ihr Verfallsdatum vor Zeiten überschritten haben, über die nur der Kopf in mildem Unverständnis sanft geschüttelt werden kann.

Für niemandem sichtbar, für niemanden lesbar, diese Reifenbelagsrätsel. Nicht für die Menschen, die glauben allwissende Wissenschaftler zu sein, nicht für die Menschen, die hier hinweggleiten zu ihrer Ziellokation, nicht für die, die hier nur am Straßenrand sitzen.

Gelenkige Gedanken gucken sich das Innere meiner Gehirnwindungen an, biegen, wie zufällig, mal hier, mal dort ab um neue Gedanken zu formen, um mich bei neuen Feststellungen auslaufen zu sehen. Ich folge ihnen wie ein gezähmter Hund, der nicht einmal die Möglichkeit erwägen würde, zu wagen, etwas anderes zu tun. Nicht einmal an der Idee schnüffeln würde, sich zu widersetzen, dem Unwidersetzbarem.

Ich bin ein solcher Hund, nur ein Sklave meiner eigenen Gedanken. Obgleich man als normalnachvollziehender Mensch meinen könnte, es sei auf direktem Wege in die entgegengesetzte Richtung, dass meine Gedanken der meinige Sklave sind. Aber so ist es nun mal nicht. Wie der Geist des Grases nicht das Gras des Geistes ist.

Noteinbuchtungen nicht notwendig für Unfälle, sondern für Gedankenkreisel, bemerke ich, mit einer aufkeimenden Überraschung. Gedankenkreisel, die dem Schwung, der sie anstieß nicht anders entfliehen können, als im endlosen einsamen Kreis der Ewigkeit um die eigene Achse zu tanzen. Warndreiecke sind für solch artige Gedankenunfälle jedoch nicht notwendig, sie dürfen ihre Ruhezeit im warmen Leib des Automobils verbringen.

Schattig benetzt von den Nebelschwaden der Nacht ist meine Haut an den nackten Stellen im Gesicht, den Armen und meinen weiß leuchtenden Fußknöcheln.

Die Schatten sind nass und kalt wie geschmolzenes Eis und ich bemerke die Kälte nun unwiderruflich, nicht zu leugnen in meine Knochen emporkriechen, wie Schnecken es an Grashalmen tun.

Weitere Wagen werden an mir vorbei weiterfahren; je länger ich sitze, je länger die Dunkelheit mir ihre Umarmung schenkt, desto mehr werden es werden. Müdigkeit macht meine Liderdeckel schwer, macht meine Augensicht verschwommen, möchte mich dazu bringen, mich niederzubetten und mich von der Kälte in den Tod küssen zu lassen. Aber dazu bin ich heute Abend nicht gewillt. Nicht ich und nicht meine Herrscher, die Gedanken. Und so versuchen meine Gedanken langsam, meine protestierenden, kaltgefrorenen, müden Glieder dazu zu bewegen, mir zum Aufstehen zu verhelfen. Es ist keine leichte Aufgabe, das Überreden gleichauf wie das Erheben meines schweren Körpers, aber wie ein kleines Wunder, ein Wunder in der Nacht, gelingt es.

Kurios krakselnd komme ich tatsächlich bis zu meinem Automobil, das schwarz und verschlafen auf dem Boden ruht. Ich versuche es mit zwei unsanften Schlägen auf die Motorhaube wieder zum Leben zu erwecken, um es zu überzeugen, mich weiterhin mitfahren zu lassen und mich nicht in der von Dunkelheit gesättigten Kälte zu vergessen; mich nicht an diesem fremden Ort im Stich zu lassen und selbst in die unbekannte Nutzlosigkeit der kaputten Gebrauchsgegenstände zu desertieren.

Wie ich überzeugungskünstlerisch dort stehe, fährt ein anderes Auto in die Notfalleinbuchtung. Ich setze mich in meinem Wagen und habe das Glück, einem erneutem Wunder der Nacht Teil zu werden, als der Wagen zum Leben erwacht und mich im hellen Licht erstrahlen lässt. Und so starte ich den Motor und beim zweiten Versuch startet er wieder durch und beginnt zu schnurren, wie früher in seinen jungen und frischen Jahren, stark wie ein geschmeidiges Tier in der duftenden Blüte des vollen Lebens.

Flink folgsam fahrend, nach dem Wunsch meiner Gedanken, lasse ich alles hinter mir, was mich hier bewegt hat. Ich werde zu einer Erinnerung, die nur meine Autoreifen im Belag auf dieser Straße hinterlassen. Unlesbar, verschlüsselt, für immer die einzige und letzte Erinnerung an diese Momente hier.

PENSIERI NATI AL SICURO NORA JULIA ANTONIC Traduzione di Mario Bona

Meditando seduta, guardo le auto che transitano. Molte, incredibilmente, non mi sorpassano. Vedo le luci di altre che svaniscono in lontananza, come fiammiferi spenti contro una parete scura. Il cielo sopra di me è avvolto dalle tenebre, intriso di oscurità dalla sera che svanisce nella notte.

Ho trascorso un istante eterno qui sull’erba baciata dalle ombre. Ho lasciato scurire lentamente i fari della macchina e spento il motore, dopo essermi accorta che l’automobile che ero solita guidare in modo così sicuro, improvvisamente non dà più tutto ciò che mi resta da desiderare, perché non parte più come faceva una volta, negli anni giovani e freschi.

Il triangolo d’emergenza è ancora riposto nella mia macchina, dolcemente riscaldato dal calore del motore che si affievolisce lentamente.

Anche il calore della mia pelle scompare nell’erba umida, se ne esce come tè che fuoriesca da una tazza segnata nel bordo da qualche fessura segreta. E rimango qui congelata, tremante e sola.

Respirando, non muovo nessuna parte del corpo, esclusi i polmoni e il cuore, come se fossi colpevole per essere seduta qui. Qui dove posso riposare di mia spontanea volontà e non sono costretta in modo alcuno da forze estranee. Con un impercettibile ronzio, raccolgo intorno a me l’aria notturna, in cui ora sento anche l’odore delicato del freddo che si insinua nel mio naso, spinge, penetra nei miei polmoni.

Ampi coni, emessi dai fari anteriori delle auto, mi sfiorano come una boccata d’aria, per poi lasciar vagare il loro bagliore e farmi brillare dolcemente nella luce rossa dei fari posteriori.

Mi piace la solitudine che mi circonda e riempie il mio ambiente così tanto, che la possibilità di provare la vera solitudine non può più trovare spazio nel mio animo, come realizzo con ironica soddisfazione.

Le orecchie aperte classificano dolcemente in immagini tutti i suoni che le raggiungono. Immagini di ricordi sfuocati che, penso, possono essere messe in relazione con i suoni appena percepiti. Sento il fremito frusciante delle foglie dietro di me, il cui verde è stato da tempo avvolto dall’oscurità. Sento il cigolante crepitio di vecchi tronchi d’albero che amorevolmente e pacificamente vogliono augurarsi a vicenda la buonanotte. Sento il bisbiglìo sibilante dei fili d’erba sotto di me: un’elaborazione di ciò che è stato visto, di ciò che è stato ascoltato: la saggia condivisione dell’esperienza maturata alla fine di una lunga giornata. Sento il respiro di una persona, infreddolita, esausta, inebriata dalla folle sensazione di pace. Questa, sedendo nell’erba sussurrante, medita sulle cose e i loro sensi.

Fredde calandre del radiatore combattono contro cofani caldi sulle automobili di passaggio. Nelle auto è racchiusa la vita di un’altra persona, crudelmente complessa come la mia. Passando, tangibile solo per un millisecondo, posso sentire l’attitudine alla vita, l’umore che aleggia all’interno della macchina, che fluttua nell’aria tra i passeggeri all’interno della macchina. Nessuno si preoccupa della persona seduta qui, tutti loro non mi vedono, non mi notano con i loro occhi accecati dalla quotidianità… per loro sono solo una macchina oscura in una piazzola di emergenza di una strada. Una strada che cerca il suo percorso snodandosi attraverso il paesaggio; si fa strada attraverso i villaggi e attraverso le valli appesantite dalle case, attraverso alte montagne e paesaggi innevati che invitano le persone a una fotografia invisibile. Per strada, negli pneumatici consumati dalle auto, ci sono ricordi di passioni, pensieri, parole. Di vite umane che hanno superato la loro data di scadenza prima del tempo, per cui si può solo scuotere delicatamente la testa, in lieve segno di incomprensione.

Questi enigmi di battistrada non sono visibili per nessuno, non sono leggibili per nessuno. Non per le persone che credono di essere scienziati onniscienti, né per le persone che scivolano via verso la loro destinazione e nemmeno per coloro che se ne stanno qui seduti sul ciglio della strada.

Pensieri articolati guardano l’interno delle mie circonvoluzioni cerebrali, piegandosi casualmente, talvolta qua, talvolta là, per formare nuovi pensieri, per vedermi esaurita da nuove scoperte. Io li seguo come un cane addomesticato che non prenderebbe nemmeno in considerazione la possibilità di osare fare altro. Non annuserebbe neanche una volta l’idea di sfidare l’irresistibile.

Sono solo una schiava dei miei stessi pensieri. Anche se, come persona normale e comprensiva, si potrebbe pensare che il percorso sia diretto nella direzione opposta, ovvero che i pensieri siano miei schiavi. Ma non è così.

Evidentemente le piazzole di emergenza non servono per gli incidenti, ma per le girandole di pensieri. Così osservo, con una sorpresa crescente. Girandole di pensieri che non possono sfuggire allo slancio che le ha innescate in nessun altro modo che non sia danzare attorno al proprio asse nell’infinito circolo solitario dell’eternità. È per questo che i triangoli d’emergenza possono riposare nella calda carrozzeria dell’automobile, perché non servono per tali girandole di pensieri.

La pelle sulle zone nude del mio viso, le mie braccia e le mie caviglie bianche sono inumidite dai soffi di nebbia della notte.

Le ombre sono umide e fredde come ghiaccio sciolto e ora sento un brivido insinuarsi irrevocabilmente, innegabilmente nelle mie ossa come fanno le lumache sui fili d'erba.

Altre macchine mi passeranno davanti. Più a lungo rimarrò seduta, più a lungo l’oscurità mi abbraccerà, più ce ne saranno. La stanchezza appesantisce le mie palpebre, offusca la mia vista, vuole farmi sdraiare e lasciare che il freddo mi baci fino alla morte. Ma non sono disposta a farlo stasera. Non io e non i miei sovrani: i pensieri. E così i miei pensieri cercano lentamente di persuadere le mie membra che protestano, fredde e stanche, ad aiutarmi ad alzarmi. Non è un compito facile: la persuasione equivale a sollevare il mio corpo pesante. Non è un compito facile, ma come un piccolo miracolo, un miracolo nella notte, riesce.

Curiosamente arrivo alla mia macchina che giace a terra nera e assonnata. Cerco di riportarla in vita con due duri pugni sul cofano, per convincerla a continuare a lasciarmi guidare e a non abbandonarmi nel freddo saturo di oscurità, non abbandonarmi in questo luogo strano e non dimenticarmi nell’ignota inutilità degli oggetti rotti e abbandonati.

Mentre rimango lì in piedi con fare persuasivo, un’altra automobile entra nell’area di emergenza. Mi siedo nella mia macchina e ho la fortuna di essere parte di un altro miracolo della notte mentre l’auto prende vita e mi inonda di luce intensa. E così accendo il motore e al secondo tentativo si riaccende e ricomincia a fare le fusa come un tempo nei suoi anni giovani e freschi, forte come un agile animale nella profumata fioritura della vita piena.

Guidando in modo agile e obbediente, assecondando il desiderio dei miei pensieri, mi lascio alle spalle tutto ciò che mi ha spinto qui. Divento un ricordo che solo le gomme della mia macchina lasciano sull’asfalto di questa strada. Illeggibile, cifrato, per sempre l'unico e ultimo ricordo di questi momenti.

Lascio dietro di me i fili d'erba sussurranti, gli spiriti dell’erba, i tronchi degli alberi cigolanti, le foglie fruscianti, i pensieri tortuosi e la persona che è scesa dalla calda automobile e siede pensierosa mentre scompaio in lontananza.

DIALOGO CON LA MONTAGNA MORENTE MARIO BONA

Mi inerpico su per il fianco scosceso di quest’arida montagna. Il paesaggio mi angoscia: tutto sassi, ghiaia, nebbia. In basso, sulla sinistra, una conca: il mare lunare dove un tempo giaceva il lamentoso ghiacciaio; ora lascia il posto solo a sassi, ghiaia, nebbia. Oltre la conca, in alto, su un crinale di quello sconfinato mare roccioso, intravedo muoversi dei puntini neri: unica presenza umana in quella landa desolata. Più in basso, al rifugio, mi sono lasciato alle spalle il rumore e la confusione della gretta, materiale e inconsistente felicità umana. Quassù mi immergo nel silenzio e nella pace dell’eterna, eterea e gratificante gioia celeste.

Salendo incontro del filo spinato e delle latte arrugginite: ricordi concreti con cui l’odio umano ha osato salire a ferire anche queste terre pacifiche. D’improvviso mi pare di sentire l’eco lontana dei cannoni e un canto lamentoso che illude e sospinge una colonna di giovani innocenti verso quel luogo sconosciuto da cui non ci è dato fare ritorno.

Intorno a me la nebbia si muove vorticosa, lasciando trasparire guglie e torrioni sempre simili, ma di volta in volta differenti, che sembrano riunirsi in un enorme frattale roccioso. Un soffio di vento scopre ai miei occhi un fazzoletto di cielo azzurro. Il mio animo si libera dei tristi pensieri e torno rinvigorito a camminare verso la cima.

Mi sovvengono alla mente le parole del celebre poeta che paragonò la salita di un monte all’ascesa dell’uomo alla vita beata. Salire una montagna non significa solo imporsi sul mondo esteriore, vincere la natura e gareggiare con sé stessi. Salire una montagna ci fa capire che “niente è da ammirare tranne l’anima, di fronte alla cui grandezza non c’è nulla di grande”. Nell’attuale rapporto tra uomo e montagna, c’è ben poco di tutto ciò: la montagna è diventata un luogo caotico, dove è difficile poter riflettere sul proprio animo. Anche la montagna è stata pervasa dal materialismo umano, per cui contano solo i numeri e non più i pensieri, le immagini, le emozioni. Alcuni luoghi, però, soprattutto se si ha il coraggio di uscire dai percorsi più battuti, conservano ancora immutato il valore di chiave con cui aprire le porte del nostro animo. In questi luoghi è ancora possibile trovare la solitudine ed indagare sé stessi.

Continuo a salire e il sentiero si fa sempre più scosceso. A tratti mi arrampico su risalti di roccia. A tratti recupero il fiato, camminando su cenge esposte. Di preciso non riesco ancora ad individuare la mia meta: di fronte a me vedo solo un’enorme muraglia rocciosa di cime, guglie, selle, avvallamenti. Salgo ancora. In un profondo pozzo roccioso noto della neve ghiacciata. Il mio pensiero torna al ghiacciaio scomparso, al suo millenario lamento. È lui ad aver modellato queste valli, lui, fragile demiurgo delle nostre montagne.

Continuando a salire, raggiungo finalmente la mia meta: una piccola forcella rocciosa, esile confine a cavallo di due valli profonde. Mi siedo per riposare e osservo il sentiero percorso. In fondo vedo il rifugio, il caos; poi la valle desolata, antica dimora del compianto ghiacciaio; poi la salita vera e propria, ripida, scoscesa. Sono soddisfatto, ma più di tutto mi godo il senso di pace e tranquillità che si vive quassù, lontano dal trambusto della pianura, a un passo dalla candida serenità delle nubi. Il mio pensiero vagheggia, seguendo il rapido rincorrersi delle nebbie informi. Inizialmente provo a costringerle con il pensiero in qualche forma conosciuta: un cavallo, il volto di una donna, un arbusto; poi mi rassegno alla muta contemplazione della loro verginea bellezza.

Mentre la mia mente si trastulla con questi soffici pensieri, sento l’avvicinarsi di un pianto singhiozzante. Mi volto, vedo una donna avvolta in un luttuoso abito nero, che si avvicina piangendo a singhiozzi e coprendosi pudicamente il vecchio volto con le mani. È scalza, ha una lunga gonna nera e la schiena ingobbita, eppure riesce a muoversi agilmente su quel terreno impervio, che a me è costato una grave fatica. Appena si avvicina, le chiedo:

I: “Salve, che ci fa qui?”

Quella alza di poco il viso, scoprendo un volto giovane, ma straziato dal pianto incessante. Si asciuga le lacrime e, singhiozzando, mi risponde:

M: “Non lo vedi? Piango.”

Riprende a piangere, poi torna a rivolgermi la parola:

M: “Piuttosto, che ci fai tu qui? Perché non sei giù, al rifugio, con gli altri tuoi compagni? Perché osi spingerti così in alto, in queste terre desolate? Cosa vai cercando?”

I: “Non saprei dire: la pace, la libertà, una soddisfazione. Forse mi piace semplicemente camminare e quando le gambe tirano non riesco più a fermarmi. Ma mi dica, come ha fatto ad arrivare fin qui? Insomma, io sono ben attrezzato, ma ho dovuto faticare.”

M: “Io non sono arrivata qui. Io da sempre abito questi luoghi: io sono la montagna.”

I: “La montagna!? Ma se sei la montagna, perché piangi? E chi piangi?”

M: “Piango la mia famiglia: sono tutti morti. Ormai sono rimasta sola. E poi piango me stessa, orfana e moritura. Vita breve mi attende, e poiché pochi mi piangeranno, ora mi piango da me: non mi resta altro da fare.”

I: “Moritura!? Come può la montagna morire?”

M: “Non hai visto il mio caro fratello, il ghiacciaio? Come può un ghiacciaio morire? Eppure egli mi è morto fra le braccia e ora mi rimane solo il suo ricordo, disperso per quella valle muta, vuota, ricolma di lacrime. Secondo voi non può succedere, la montagna non può morire. Invece tutte le cose hanno una fine, più o meno lontana. La mia si sta avvicinando come non mai. La colpa è vostra, vostra soltanto. Io vi ho sempre concesso ogni tipo di doni materiali e immateriali: acqua, minerali, legname, timore, soddisfazione, passione. Ma voi come mi avete ricambiata? Bramando sempre di più, spogliandomi di ogni cosa, disprezzandomi, torturandomi, massacrandomi. Ora non mi resta altro che piangere, sola. Piuttosto uccidetemi ora. Uccidetemi, fatemi definitivamente a pezzi. Se questo è il vostro desiderio, almeno privatemi del dolore.”

I: “Ma cosa sarà del mondo, senza la montagna?”

M: “Cosa sarà? Ditemelo voi, cosa sarà. Io non me ne curo, perché non ci sarò: avrò finalmente lasciato le scene all’attore egocentrico che da sempre desidera il ruolo di protagonista indiscusso. Uomo, questo devi fare: pensa a cosa sarà poi. Dimmelo: cosa sarà? Non ci hai mai pensato, vero? Ora che ci pensi ti rattristi, forse vedi anche tu la tua fine. Forse puoi provare anche tu per un momento lo sgomento che mi attanaglia da anni. Il nulla, ecco cosa sarà. Estinti, tutti: io, tu, voi. Tutti estinti: il nulla.”

I: “Ma non può, non è possibile. Insomma, come, come possiamo salvarci?”

M: “Salvarvi? Forse potete, forse. Come fare? Iniziate a guardare il dopo: guardate la montagna che muore e che porta con sé nella tomba tutto e tutti; guardate l’uomo che si estingue e il nulla che trionfa. For­se così potrete salvarvi. Inizia da te, mortale. Dillo a tutti. Dì loro che quassù una donna piange la sua prossima morte. Dì loro che quando ella morirà, allora tutto sarà vano. Vattene, ora. Lasciami nella mia funerea solitudine. Lasciami contemplare, impotente, la mia disgrazia e la vostra disfatta. Va’ via! Torna dai tuoi!”

I: “Un’ultima domanda, la prego, ci riusciremo?”

GESPRÄCH MIT DEM STERBENDEN BERG Mario Bona Aus dem Italienischen von Nora Julia Antonic

Ich klettere die steile Seite dieses kargen Berges hinauf. Die Landschaft beunruhigt mich, alles Steine, Schotter, Nebel.

Unten, zu meiner linken, ein Becken: das Meer des Mondes, in dem sich einst der klagende Gletscher befand, jetzt sind dort nur Steine, Schotter, Nebel. Jenseits des Beckens, hoch oben auf einem Kamm dieses grenzenlose Felsenmeeres, sehe ich schwarze Punkte, die sich bewegen: die einzige menschliche Präsenz in dieser trostlosen Umgebung. Weiter unten, bei der Schutzhütte habe ich den Lärm und das Durcheinander des unbedeutenden, materiellen, substanzlosen menschlichen Glücks hinter mir gelassen. Hier oben tauche ich ein, in die Stille und den Frieden der ewigen, ätherischen und beglückenden himmlischen Freude.

Beim Aufstieg stoße ich auf Stacheldraht und rostige Blechdosen: konkrete Erinnerungen, dass der menschliche Hass es gewagt hat, sich zu erheben und selbst diese friedlichen Gegenden zu stören. Plötzlich scheine ich das ferne Echo von Kanonen sowie ein klagendes Lied zu vernehmen, welches eine Kolonne unschuldiger junger Männer in die Irre führt und zu dem einen unbekannten Ort treibt, von dem wir nicht zurückkehren können.

Um mich herum treibt Nebel und gibt den Blick frei auf Türme und Spitzen, die jedes Mal ähnlich und doch immer verschieden sind und sich zu einem riesigen Fraktal aus Felsen zusammzufügen scheinen. Ein Windhauch enthüllt meinen Augen ein Stück blauen Himmel. Meine Seele löst sich von traurigen Gedanken, ich kehre gestärkt zurück, um den Gipfel zu erklimmen.

Mir kommen die Worte des berühmten Dichters in den Sinn, der den Aufstieg auf einen Berg mit dem Aufstieg eines Menschen zu einem glücklichen Leben verglich. Beim Besteigen dieses Berges geht es nicht nur darum, sich der Außenwelt aufzudrängen, die Natur zu überwinden und sich selbst herauszufordern. Das Besteigen eines Berges lässt uns erkennen, dass „nichts zu bewundern ist, als die Seele, vor deren Größe es nicht Großes gibt“ In der heutigen Beziehung zwischen Mensch und Berg ist davon wenig zu spüren: Der Berg ist zu einem chaotischen Ort geworden, an dem es schwierig ist, zur eigenen Seele zu finden. Auch die Berge sind vom menschlichen Materialismus durchdrungen, für den nur noch Zahlen zählen und nicht mehr Gedanken, Bilder, Gefühle. Manche Orte jedoch, vor allem wenn man den Mut hat, die ausgetretenen Pfade zu verlassen, haben immer noch den Wert eines Schlüssels, mit dem man die Türen zu unserer Seele öffnen kann. An diesen Orten ist es noch möglich, Einsamkeit zu finden und sich selbst zu erforschen.

Ich klettere weiter, und der Weg wird immer steiler. Manchmal klettere ich über Felsvorsprünge, Manchmal halte ich den Atmen an, wenn ich über freilegende Felsen steige. Ich kann mein Ziel immer noch nicht ausmachen: Vor mir sehe ich lediglich eine gigantische Felswand mit Gipfeln, Zinnen, Sätteln, Senken.

Ich klettere weiter. In einem tiefen Feldschacht entdecke ich etwas gefrorenen Schnee. Meine Gedanken wandern zurück, zu dem verschwindenden Gletscher, zu seiner tausendjährigem Wehklage. Er ist es, der diese Täler geformt hat, er, der fragile Weltenschöpfer unserer Berge.

Ich klettere weiter und erreiche schließlich mein Ziel: eine kleine Felsgabelung, eine schmale Grenze zwischen zwei tiefen Tälern.

Ich setze mich nieder, um mich auszuruhen und den Weg zu betrachten, den ich zurückgelegt habe. Unten sehe ich die Schutzhütte, das Chaos; dann das verlassende Tal, die ehemalige Heimat des klagenden Gletschers; dann der eigentliche Aufstieg, steil, schroff. Ich bin zufrieden, aber vor allem genieße ich das Gefühl der Ruhe und des Friedens, das man hier oben erfährt, weit weg von der Hektik des Tals, einen Schritt entfernt von der weißen Gelassenheit der Wolken. Meine Gedanken schweifen ab und folgen den flinken Windungen des formlosen Nebels. Zuerst versuche ich, sie mit meinen Gedanken in irgendeine mir bekannte Form zu zwingen: ein Pferd, das Gesicht einer Frau, ein Strauch; dann gebe ich mich nur der stummen Betrachtung seiner reinen Schönheit hin.

Während mein Geist noch mit diesen sanften Gedanken spielt, vernehme ich einen schluchzenden Schrei. Ich drehe mich herum und erblicke eine Frau, gehüllt in ein schwarzes Trauergewand, die sich schluchzend nähert und ihr altes Gesicht zaghaft mit den Händen bedeckt. Sie ist barfuß, trägt diesen langen schwarzen Rock und hat einen krummen Rücken, trotzdem schafft sie es, sich flink über das unwegsame Gelände zu bewegen, was selbst mich große Mühe gekostet hat. Als sie näher kommt, frage ich sie:

I: „Hallo, was tust du hier?“

Sie hebt ihr Gesicht ein wenig an und enthüllt ein junges, aber von unaufhörlichem Weinen gezeichnetes Gesicht. Sie trocknet ihre Tränen und antwortet mir schluchzend:

B: „Siehst du das nicht? Ich weine.“

Sie beginnt erneut zu weinen, aber wendet sich mir dann wieder zu, um mit mir zu sprechen:

B: „Aber was tust du hier? Warum bist du nicht unten in der Schutzhütte bei deinen Kameraden? Warum traust du dich so hoch hinauf, in diese trostlose Gegend? Was suchst du?“

I: „Ich weiß nicht: Frieden, Freiheit, Zufriedenheit. Vielleicht genieße ich einfach das Laufen und wenn meine Beine mich ziehen, kann ich nicht mehr damit aufhören. Aber sag mir, wie bist du hierhergekommen? Ich meine, ich bin gut ausgerüstet, aber trotzdem musste ich mich hochkämpfen.“

B: „Ich bin nicht hierhergekommen. Ich habe immer hier gelebt: Ich bin der Berg.“

I: „Der Berg!? Aber wenn du der Berg bist, warum weinst du dann und um wen weinst du?“

B: „Ich trauere um meine Familie: Sie sind alle tot. Ich bin allein. Und ich trauere um mich selbst, verwaist und sterbend. Ein kurzes Leben liegt noch vor mir und da nur wenige um mich trauern werden, trauere ich jetzt selbst um mich: Es gibt nichts mehr, was ich sonst tun könnte.“

I: „Sterben!? Wie kann ein Berg sterben?“

B: „Hast du meinen lieben Bruder, den Gletscher, nicht gesehen? Wie kann ein Gletscher sterben? Doch er starb in meinen Armen und jetzt bleibt mir nur noch die Erinnerung an ihn, verstreut über dieses stumme, leere, tränenreiche Tal.

Du sagst, das kann nicht sein, ein Berg kann nicht sterben. Doch alle Dinge haben ein Ende, das mehr oder weniger weit entfernt ist. Meins nähert sich wie nie zuvor.

Die Schuld liegt bei euch, bei euch allen. Ich habe euch immer alle möglichen materiellen und immateriellen Geschenke gemacht: Wasser, Mineralien, Holz, Angst, Zufriedenheit, Leidenschaft. Aber wie habt ihr euch mir gegenüber revanchiert? Indem ihr immer mehr begehrt habt, indem ihr mir alles genommen habt, indem ihr mich verachtet habt, indem ihr mich bekämpft habt. Jetzt bleibt mir nichts anderes übrig, als zu weinen, alleine. Tötet mich lieber gleich. Tötet mich, zerreißt mich für immer in Stücke. Wenn das euer Wunsch ist, dann nehmt zumindest den Schmerz von mir.“

I: „Aber was wird aus der Welt ohne den Berg?“

B: „Was soll sein? Sag du es mir, was sein wird. Es ist mir gleichgültig, denn ich werde nicht dabei sein: Ich werde die Bühne endgültig dem egozentrischen Schauspieler überlassen, der schon immer die Rolle des unangefochtenen Protagonisten spielen wollte. Mensch, das musst du tun: überlege dir, wie es dann sein wird. Sage mir: Was wird sein? Du hast noch nie darüber nachgedacht, nicht wahr? Jetzt, während du darüber nachdenkt, wirst du traurig, vielleicht siehst du auch dein Ende. Vielleicht kannst nun auch du für einen Moment die Bestürzung spüren, die mich seit Jahren ergriffen hat. Das Nichts, das ist, was sein wird. Ausgelöscht, alles: ich, du, ihr. Alles erloschen – das Nichts.“

I: „Aber das geht nicht, das ist nicht möglich. Ich meine wie, wie können wir uns retten?“

B: „Euch selbst retten? Vielleicht könnt ihr das. Wie könnt ihr es tun? Schaut euch zuerst die Folgen an: Schaut euch den Berg an, der stirbt und alles und uns alles mit ins Grab nimmt; schaut euch den Menschen an, der stirbt und das Nichts, das triumphiert. Vielleicht werdet ihr dann gerettet. Beginne mit dir, Sterblicher. Sag es ihnen allen. Sag ihnen, dass hier oben eine Frau um ihren nahenden Tod trauert. Sag ihnen, wenn sie stirbt, wird alles umsonst gewesen sein. Geh jetzt. Lass mich in meiner sterblichen Einsamkeit. Lass mich hilflos mein Unglück und dein Verderben betrachten. Geh weg! Geh zurück zu den Deinen!“

I: „Eine letzte Frage, bitte, werden wir Erfolg haben?“

BUTTERFLY EFFECT LENA HOLZÄPFEL

Meine Träne landete auf der zarten, weißen Blüte. Eine weiße Rose. Meine kalten Hände klammerten sich um ihren Stiel und meine Trauer mischte sich mit Wut. Warum waren diese wunderschönen, zarten und friedlichen Blumen ein Zeichen für den Tod? Er war nicht friedlich gestorben und alle hier wussten das. Warum? Warum projizierten alle ihr Friede-Freude-Eierkuchen Bild auf all das Leid? War ich die Einzige, die unter seinem Tod litt? War ich die Einzige, die ihn wirklich geliebt hatte? War ich die Einzige, die Rache wollte? Ich hätte sterben sollen. Ich sollte die sein, die jetzt dort unten in dem Sarg lag. Eine warme Hand auf meiner Schulter riss mich aus meinen Gedanken. Ich schaute auf. Diana wies in Richtung des Grabes und schob mich mit einem ermutigendem Lächeln ein wenig dort hin. Zwar ein trauriges Lächeln, aber es war eins. Ich zitterte. Ein tiefer Atemzug und ich setzte mich in Bewegung. Viel bekam ich nicht mit, als wäre eine Art Nebel um mich, der mich vom Rest der Welt ausgrenzte. Als ich das noch geöffnete Grab betrachtete, bekam ich eine Gänsehaut. Meine Hand krampfte sich um die Rose. Ich wollte nicht loslassen. Es war als würde ich ihn damit auch loslassen. Diana war wieder hinter mir. Sie umarmte mich mit einem Arm und hielt mich fest. Mit der anderen Hand griff sie nach meiner und löste meinen Griff. ,,Du musst ihn loslassen“ Die Rose glitt mir aus den Fingern und fiel. Wie in Zeitlupe. Als sie auf dem Sarg aufprallte, hörte ich einen Schuss. Ein helles Licht. Da sah ich ihn. Als er erschossen wurde. Erschossen von diesem Schwein. Ich schrie. So wie ich es in dem Moment auch getan hatte. Ich sank zusammen und alles wurde schwarz. Ich hätte sterben sollen.