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Gottesdienst scheint out. Nicht jedoch, wenn man v ersteht, wie tief die Liturgie von der eigenen Seele spricht und das Sein erklärt. So wird aus Ritual Therapie, aus Routine individuelle Heilung, aus historischem Staub Lebenselexier. Dem Autor geling es, mit Begeisterung und ehrlicher Erfahrung einen lebendig neuen Zugang zu altbekanntem zu eröffnen.
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Seitenzahl: 252
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Joachim PENNIG
Liturgie für die Seele
Liturgie verstehen als spirituelle Therapie
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel
Liturgie für die Seele - Liturgie verstehen als spirituelle Therapie
Meine Seele finden
Hat der Mensch eine Seele
Liturgie ist unverzichtbar
Liturgie lebt
Liturgie und Selbst-Inszenierung
Liturgie in der Ökumene
Der gottesdienstlich-liturgische Raum
Die allgemeine Ordnung
evangelisch: G 0
Glocken
Das Vorspiel
Das Eingangslied
Die Begrüßung
Wochenspruch
Beispiel 11. Sonntg nach Trinitatis
Confiteor - oder auch nicht!
Eingang
Ich zeige ein Beispiel zum Reformationssonntag:
Psalm
Kyrie
Gloria
Die Salutation
Kollektengebet
Die Inflation der Gebete im GD
Gebet im Gottesdienst und privates Gebet
Die Form des Kollektengebetes
Wir wollen beten – wollen wir
Beispiel
Lesung 1
Bibelabschnitt
Hermeneutik
Heilsgeschichte
Licht der Wahrheit
Hallelujah
Die Drei vom Lesepult
Das Wochenlied
Das Evangelium
Adiaphoraxxxix
Credo - Ich glaube
Die Pause
Nizänum oder Nizänokonsantinopolitanum
Das Bekenntnislied
Die Predigt
Predigtziel
Predigtlied
Die Abkündigungen
Gottesdienst mit Abendmahl
Präfation
Präfationsgebet
Beispiel für ein Präfationsgebet:
Das dreimal Heilig
Epiklese
Abendmahls-Einsetzung
Anamnese
Agnus dei - Christe Du Lamm Gottes
Kommunion - Die Austeilung
Dankgebet
Fürbittgebet
Prosphonese
Diakonisches Gebet
Ektenie
Formelgebet
Meditationsgebet
Psalmgebet
Gebetshaltungen
Vaterunser
Entlassung
Salutation
Benedicamus
Schlussstrophe
Segen
Meine Großmutter und der Segen
Die Grammatik des Segens
Mein Anteil am Segen
Segen konkret
Segen und Beziehung
A N H A N G
Standard-Gottesdienst am Sonntag früh
Standard-Gottesdienst mit Feier des Heiligen Abendmahles am Sonntag früh
Liturgische Orte
Liturgische Gewänder
Liturgische Sprache
Besonderheiten im Kirchenjahr
GD mit Abendmahl am Karfreitag
Am Grunde der Geist der Liebe
Literatur und Links
Impressum neobooks
Überarbeitete Auflage von:
Joachim Pennig, meine Seele finden
ISBN: 9783742744814
© Alle Rechte beim Autor
Liturgie ist bunt und schön
Sie kann in die Seele sehn
Öffnet uns auch unsern Blick
Bringt die Zukunft uns zurück
Inhalt
Christsein verstehen
Meine Seele finden
Hat der Mensch eine Seele
Liturgie ist unverzichtbar
Liturgie lebt
Liturgie und Selbstinszenierung
Liturgie und Ökumene
Der gottesdienstlich-liturgische Raum
Die allgemeine Ordnung: G 0
Glocken
Das Vorspiel
Das Eingangslied
Die Begrüßung
Confiteor - oder auch nicht
Eingang
Psalm
Kyrie
Gloria
Die Salutation
Kollektengebet
Lesung 1
Das Wochenlied
Lesung 2: Das Evangelium
Das Credo
Das Bekenntnislied
Die Predigt
Predigtlied
Abkündigung
Gottesdienst mit Abendmahl
Präfation
Präfationsgebet
Das dreimal Heilig
Epiklese
Abendmahlseinsetzung
Anamnese
Agnus dei
Kommunion – Die Austeilung
Dankgebet
Fürbittgebet
Vaterunser
Entlassung
Schlussstrophe
Segen
ANHANG
Standard-Gottesdienst
Standard-Gottesdienst mit Hl. Abendmahl
Liturgische Orte
Liturgische Gewänder
Liturgische Sprache
Besonderheiten im Kirchenjahr
Gottesdienst am Karfreitag
Am Grunde der Geist der Liebe
Nach der narrativ-relationalen Weltrettungi folgt hier nun der zweite Schritt: Meine Seele finden durch die Liturgie - Liturgie als seelsorgerlich therapeutische Lebenshilfe und Sinnfindung verstehen.
Immer mehr Menschen treten zwar aus den Kirchen aus, doch sie sind nicht ohne Religion, nicht ohne spirituelle Sehnsucht. Immer mehr freikirchliche Gruppen entstehen oder Menschen begeistern sich für Buddhismus und andere spirituelle Erfahrungen.
Jahrtausende lang wurde dieses Bedürfnis, das dem Menschen ureigenst in der Seele liegt von den christlichen Gottesdiensten gestillt. In ihnen wohnt die Kraft, die Menschen brauchen. Dieses Buch ist der Versuch, diese Kraft wieder sichtbar zu machen und dazu einzuladen sie zu nützen. Schließlich ist es dringend nötig im Angesicht der Verdrehtheit unserer Welt, dass wir die anima humana, die menschliche Seele wieder finden überall dort, wo sie verloren scheint.
Deshalb ein Buch um die Liturgie im Gottesdienst und ihren Sinn verstehen zu lernen, vorwiegend im evangelischen, in erster Linie im christlichen Glaubensleben, um damit auf den Grund meiner Seele zu kommen. Denn am Grund meiner Seele ist Gott in mir zu finden. Das fand der Theologe Paul Tillich bereitsii. Ob das für andere Religionen auch gilt, vermute ich, aber das wäre ein anderes Buch.
Es geht also drum: Was bewegt mich als Mensch im Allerinnersten? Was gibt meinem Leben Sinn? Wo finde ich Hilfe für die Grundfragen des Lebens? Wo und wie finde ich meine Seele? Meine Erfahrung mit diesen Fragen gebe ich hier weiter und lade ein, auf diese Reise mitzugehen.
Und noch etwas, Dieses Buch ist subjektiv. Es erhebt nicht den Anspruch wissenschaftlich korrekt und mit 1000 Belegen abgesichert etwa richtiges zu sagen, sondern es gibt Einblick in das was ich in 40 Dienstjahren als Pfarrer in ganz unterschiedlichen Gemeinden erarbeitet, erkannt, erfahren habe im Dialog mit den Menschen, in der Seelsorge im Arbeitszimmer des Pfarrers oder im Krankenhaus, auf der Intensivstation oder mit Menschen am Bett einer Palliativpatientin. Es ist das was mich immer wieder motiviert hat neu nachzudenken und in Gesprächen stutzig gemacht hat, bis ich für mich eine Antwort gefunden habe mit der ich selber Leben und Glauben konnte und die ich guten Gewissens auch an andere weitergeben konnte. Davon handelt dieses Buch.
Das hat einen großen Vorteil, der darin besteht, dass allem ohne große Begründungsnot widersprochen werden kann. Aber gerade das ist es, was zum Gespräch anregen will, andere Erfahrungen, ehrlich reflektierte eigene Meinungen, keine Richtigkeiten sondern Lebenswahrheiten, geglaubt, gelebt, erfahren, keine Lehrbuchmeinungen, sondern der Dialog des Lebens mit den Grundfragen unseres Daseins. Fragen, die sich jedem auftun können. Und ich hoffe auch auftun. Dann lesen Sie!
Der Mensch, ursprünglich ein Vielgliedriger, wurde von den Göttern geteilt und erhielt so sein Aussehen, wie wir ihn kennen. Aber die Sehnsucht, das Begehren nach der anderen Hälfte ist noch da. So meint Platon im Mythos der Kugelmenscheniii. Seele ist demnach das Wissen um etwas Fehlendes und zugleich der Ort der Sehnsucht nach Vervollkommnung, nach Vollkommenheit, nach der ganzen Wahrheit über uns selbst.
Goethe arbeitet das Thema der Seelenverwandtschaft in seinem Roman Wahlverwandtschaften auf. Es handelt sich um Menschen, die Gleiches oder sich Ergänzendes spüren, Begehrendes und Förderndes. Sie fühlen körperlich eine Anziehung, die jedoch vom Geist aus geht. Das machte den Reiz ihrer Beziehung zueinander aus. Eine unbeschreibliche Art von Energie vielleicht, ohne dass diese chemisch-physikalisch je nachgewiesen wurde oder nachweisbar gewesen wäre. Und doch war sie da und hat über Jahrhunderte ihre Spuren hinterlassen. Ganz real. Auch noch in der Literatur.
Im Hinduismus und Buddhismus spricht man vom Karma. Von einem Ort, an dem die Erfahrungen des Lebens, die Bestimmung und Eigenheit des Individuums verschlüsselt aufbewahrt wird und Einfluss nimmt auf das Leben. Es ist wie ein unsichtbares aber doch spürbares, wahrnehmbares Konto an Energie und Lebenslust, an Ideen und Schicksal, an Weltverständnis und Verbundenheit mit der Ganzheit, das es zu hüten gilt, ansonsten sich der Mensch verliert.
Im Alten Testament heißt das, was wir Seele nennen, „Näfäsch“ und gilt als der Sitz des Lebens und als das, was einen Menschen unverwechselbar zu dem macht, was er ist, individuell und doch als Geschöpf eingebunden in ein großes Ganzes. Es ist das, woran Gott am Menschen andocken kann, ohne seine Selbstbestimmung dabei zu entmachten oder zu verletzen. Näfäsch ist vielleicht zu begreifen als das Organ zum Verstehen von Gott und der Welt, Organ zum erfassen dessen was real ist und was über uns selbst hinausweist.
In der griechischen Philosophie heißt es „Psyche“ und betrachtet den Sitz der Gefühle und des Unbestimmten, das jedoch, wie alles Reale, auch Bestandteil des Lebens ist. Von da wird die Vorstellung ins Lateinische übernommen, wo die Seele „Anima“ heißt, vielleicht am besten zu verstehen als das, was mich lebendig macht. Der Sitz der Lebendigkeit, des Lebens. Wenn die Anima aus dem Körper geht, gilt ein Mensch als tot. Die Seele ist aber auch Empfangsstation für die schönen Dinge, für Ästhetik und Kultur, für Proportion und Verhältnisse, für Harmonie und die Fülle des Lebens. Leben war zu keiner Zeit nur materiell gedacht.
Der französische Philosoph und Mathematiker und Begründer des modernen Rationalismus, René Descartes, verstärkte die dualistische Sicht des Seelenbegriffs. Er unterschied zwischen der res externa und der res cognitas, also der Materie und der Seele, oder dem Materiellen, das man greifen kann und dem Gedanklichen, das man be-greifen kann, dem er die Seele zuordnete.
Und dann wäre natürlich der große Seelenmeister Sigmund Freud zu erwähnen, der das Unbewusste Seele nannte, es aufteilte in drei Ebenen, ES, ICH, ÜBER-ICHiv. Er siedelte folgerichtig die Seele im Gehirn, im Ober-Stübchen des Menschen an, wusste aber, dass es kein Organ sein kann, sondern das, was das Gehirn in seiner Tiefe so alles anstellt.
Heute im 21. Jahrhundert wird die Seele in der Psychologie verhandelt. Psycho-Logia, die „Lehre von der Seele“. Ist sie krank, die Seele, dann spüren wir sie sehr heftig. Lebenszerstörend. Ist sie gesund, merken wir sie kaum, weil die Lebendigkeit, die sie dann bewirkt sie selbst in den Hintergrund drängt. Das ist etwas so, wie wenn man ein himmelblaues Bild vor einen blauen Himmel hängt. Man wird es nicht richtig sehen. Aber wenn der Himmel sich dunkel färbt tritt das Bild hervor.
In einem Zeitgemäßen Begriffslexikonv ist zu lesen:
‚Der Begriff Seele ist vieldeutig und meint eine innere, immaterielle und unsterbliche Essenz des Menschen. Dabei bildet die Annahme, mentale Zustände könnten über den Tod hinaus Bestand haben, das Zentrum des Seelenbegriffs, wobei Menschen damit einen inneren, immateriellen Wesenskern verbinden, der Menschen aber auch Tieren oder seltener sogar Objekten zugeschrieben wird. Hinzu kommt häufig die Annahme, dass dieser Kern unvergänglich ist und sogar seine Gestalt oder Hülle wechseln kann. Aus der psychologischen Forschung verschwand die Seele in den vergangenen hundert Jahren nahezu völlig und die Psychologie wurde die Wissenschaft vom Erleben und Verhalten des Menschen. Auch wenn aus der wissenschaftlichen Psychologie das Konzept der Seele längst verschwunden ist, ist es doch im Alltagsdenken der Menschen nach wie vor präsent. An die Existenz einer Seele zu glauben, macht für viele Menschen die Dinge begreifbar, die jenseits ihrer Vorstellungskraft liegen und schmälert vermutlich durch den Glauben an ein Weiterleben der Seele die Angst vor dem Tod.‘ (Stangl, 2017).
Die zeitgemäße Erforschung von den Gefühlen meint, sie auf biochemische Reaktionen zurückführen zu können. Dabei wird allerdings die Fragestellung offengelassen, ob erst das Gefühl und dann die chemisch nachweisbare Reaktion in den Botenstoffen und Hormonen da ist, oder umgekehrt. Will heißen, dass es viel komplizierter noch ist als man glauben möchte. Und ich werde den Verdacht nicht los, dass, wie in der Physik vor der Entdeckung der Quanten, die Wissenschaft gerne haben wollte, dass alles am Menschen erforscht sei, aber auch hier wird es sich um einen vorläufigen Irrtum handeln. Der Mensch ist mehr und größer, ein Geschöpf des Allmächtigen - um es gleich theologisch zu sagen. Und das macht mich froh und gelassen und zuversichtlich. Man stelle sich vor: Das menschliche Gehirn hat so viele Zellen wie die Milchstraße Teile und so viele Verknüpfungen, wie der Regenwald am Amazonas Blättervi. Und das ist nur die eine Hälfte des Menschen.
Es gibt dabei auch Menschen, die meinen, sie haben keine Seele und würden auch keine brauchen, weil es ihnen so gut geht, dass sie die Seele, die dafür sorgen will, nicht mehr wahrnehmen. Und in Anbetracht all der vielen unmenschlichen Grausamkeiten ist heute zu fragen, ob es nicht tatsächlich seelenlose Menschen gibt, nämlich solche, die nur noch Zerstörung und Tod und Vernichtung in sich kennen. Oder ist deren Seele nur so verschüttet, dass sie nicht mehr geborgen werden kann? Meine Überzeugung ist aber eine andere.
Ja, ich glaube, dass die Seele eines Menschen nur ‚verloren‘ gehen kann, unsichtbar werden kann, verschüttet werden kann von erlebter Grausamkeit, von ertragenem Unrecht, von permanenter Benachteiligung und anderem, aber nicht weg sein kann. Deshalb ist die Frage nach dem Leben die Frage: Wie pflege ich meine Seele und wie finde ich meine Seele wieder, wenn sie verloren ist?
Dazu versuche ich hier einen Weg aufzuzeigen. Denn in der Theologie ist die Seele das Organ, das die Verbindung zu Gott, die Verbindung zum Leben herstellt, zu unserem Ursprung, also zu uns selbst. Besonders in den Psalmen der Bibel ist davon in vielen Bilder die Rede. Das Leben kommt nicht aus uns selbst, wir haben es bekommen und verlieren es wieder.
Des Menschen Seele wie Du weißt
Ist kompliziert und offen
Doch sie das Innere verschweißt
Mehr gut als bös wir hoffen
Solange der Mensch mit Hilfe seiner Seele eine Beziehung zu Gott, zum Leben aufrechterhalten kann, solange lebt er, und zwar auch gut.
Das gilt, selbst wenn er nach menschlichem Ermessen als tot gilt, weil ja Beziehung als solche nicht sterben kann. Religiös heißt das: Leben in Ewigkeit. Verliert er diese Beziehung, aus Kraftlosigkeit oder willentlich, verliert er auch den Anschluss ans Leben. Aber er kann auch zurück.
Davon will ich hier erzählen. Von dieser Wichtigkeit von der ich überzeugt bin. Und die Liturgie ist der „ordentliche Weg“, der geordnete Weg, die Ordnung, die dazu hilft, und deshalb ist Liturgie so wichtig.
Dabei gilt: Von Gott her ist diese Beziehung niemals aufgegeben. Es ist die Freiheit des Menschen, diese Beziehung zum Leben auf und anzunehmen. Jeweils mit allen Konsequenzen. Deshalb ist Liturgie unabhängig davon ob Menschen sie gebrauchen oder nicht, in ihrer Wirkung stets da. Deshalb spricht die Orthodoxe Tradition von der ewigen, heiligen, göttlichen Liturgie, wenn sie Gottesdienst feiert.
Hilf, HERR! Die Heiligen haben abgenommen, und treu sind wenige unter den Menschenkindern. Psalm 12,2
An irgendetwas glaubt jede*r Mensch. Der eine, dass ein Pfund Rindfleisch in 2 Liter Wasser eine kräftige Brühe gibt, die andere, dass das Haarschneiden bei Vollmond besseres Wachstum garantiert, der dritte, dass nach dem Tod alles aus ist, und die Vierte glaubt an eine höhere Macht, wie immer diese auch aussieht. Viele Menschen, weltweit, glauben auch an Gott, und es sind mehr als man manchmal meint.
Als ich kürzlich am Bahnhof auf einen Zug wartete, beobachtete ich, wie am Bahnsteig gegenüber ein Mann wartete. Mit Lederweste und volltätowierten Armen, Piercing und großen Muskelpaketen blickte er ziemlich finster drein und erweckte auf Anhieb nicht den Eindruck eines fröhlich sensiblen Mitgenossens. Aus Langweile, wusste er nicht so recht was tun und zog plötzlich eine silberne Kette an seinem Hals nach oben, so dass aus seinem offenen Hemd ein Kreuz erschien. Er ordnete die Kette, die offensichtlich etwas verdreht war, dann küsste er das Kreuz und steckte es vorsichtig wieder zurück ins Hemd. Und dann blickte er ganz scheu um sich, ob ihn jemand beobachtet hätte. Ich tat schnell so als ob ich in mein Buch vertieft war, das ich in der Hand hatte. Aber der Schrecken des äußeren Bildes von diesem Mann hatte sich verloren. Ein Glaube, eine heilige Scheu, eine Art von Demut wurde sichtbar.
Die Liturgie ist der Kern unseres Glaubens. In einer Liturgie bekommt unser Glaube Gestalt, eine "Ordnung", eine Ausdruck, wird sichtbar und erlebbar. Z.B. wenn die Fußballfans im Stadion in der Fankurve ihre Rituale und Choreographien ablaufen lassen und ganz bestimmte Lieder singen, so ist das eine Liturgie. Oder wenn einer sein Kreuz küsst ist das eine mini-kleine Liturgie. Oder wenn in einem Verein die Vorstandssitzung immer nach dem gleichen Muster abläuft, so ist das eine Liturgie.
Liturgie im religiösen Sinn liefert das Fundament für einen Gottesdienst. Im weitesten Sinne auch im Fußballstadion oder vor der Rockbühne. Da gibt es die immer gleichen Abläufe und Lieder, die Eingeweihte in ihrer Abfolge kennen und mitsingen und mittun. Die Liturgie, in die ich mich einklinke, zeigt deshalb auch meinen Gott - das also, was mich ganz tief im Inneren bewegt. In Fortführung zu Matthäus 6,2 formuliert Luther: Wo Dein Herz hängt, das ist auch Dein Gott. Liturgisch formuliert: Zeig mir Deine Liturgie und ich sage Dir, was Dein Gott ist.
Auch im christlichen Gottesdienst sind die Hauptelemente Verkündigung, Lobpreis, Bekenntnis und Sakrament in eine Liturgie eingebettet. Und um bei dem Bild vom „eingebettet“ zu bleiben, was nützt das schönste Daunenbett, wenn es kein Gestell und keinen Lattenrost und keine Matratze darunter gibt. Deshalb ist Liturgie unverzichtbar. Sie ist sozusagen das Gestell mit dem Unterbau, worauf die Daunendecke des Glaubens uns wärmt und schützt vor der Kälte des Lebens.
Ein Bett ist auch dann am erholsamsten, wenn ich meine sog. „Kule“ habe. Mein Bett ist mein Bett. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich freue mich, wenn ich unterwegs war auf mein Bett zu Hause, das unvergleichlich erholsam ist gegenüber jedem auch noch so gutem Bett unterwegs.
Das ist vergleichbar mit der Liturgie. Sie ist die „Kule“ in die ich mich fallen lassen kann und erholen - optimal erholen kann, neue Kraft schöpfen und neuen Mut tanken kann. Die Predigt verändert sich, ist aktuell, ist von Stil und Sprache unterschiedlich, situationsbezogen, provokativ, vom Predigtabschnitt abhängig und von der Weltlage. Die Liturgie dagegen ist davon prinzipiell unberührt. Sie ist der Grundton, der die Akkorde des Glaubens darüber trägt. Liturgie, das sind die Balken, die das Haus tragen in dem das Leben unserer Seele, also unser eigenes innerstes Leben stattfinden kann.
Liturgie ist deshalb ein unverzichtbarer, ja man könnte sogar sagen notwendig automatischer Bestandteil unseres Glaubens - wie immer der aussieht. Wer sich dem nicht mehr aussetzt, verliert über kurz oder lang den Bezug zu einer gelebten Spiritualität seines Glaubens, verliert die Kule, die Heimat im Glaubensleben, wird spirituell obdachlos, verliert den Bezug zu seiner Glaubenswirklichkeit und verliert sich früher oder später in der Suche des Nichts. Er verliert seine Seele. Er verliert Gott und dann sich selbst.vii
Das ist der Hintergrund, warum Glaube, speziell auch christlicher Glaube, ohne Gottesdienst auf Dauer nicht geht. Ich habe 100te von Menschen kennengelernt, die nicht mehr wussten, wie ihr Christsein wirklich funktioniert, obwohl sie getauft waren, sich selbst als Christen bezeichnet haben und das auch sein wollten, - nur weil sie nicht mehr regelmäßig genug in den Gottesdienst gegangen sind, - warum auch immer. Sie haben den Anschluss verloren, wie ein Gerät, dessen Elektrokabel nicht mehr in der Steckdose steckt. Das ist es ja gar kein Wunder, wenn der Motor dann nicht mehr laufen kann, auch wenn das Gerät selbst noch intakt und wertvoll ist und in bestem Zustand. Wie ein Fernseher, der keinen Antennenanschluss mehr hat und deshalb nur ein sehr gegrießeltes, nicht mehr erkennbares Bild liefert. Ameisenrennen - auch mal interessant aber nicht zum Fernsehen geeignet. Aber es gibt eine einfache Abhilfe. Stecker rein! Antenne anschließen und ausrichten. Für unser Christsein: Auf in den Gottesdienst. Für unsere Seele einen Anschluss finden und die innere Antenne wieder ausrichten an Gott.
In meiner Arbeit als Chef einer Kindertagesstätte mit 190 Plätzen hatten wir auch, zusammen mit der Universität Ulm, ein Programm zum Erkennen und Fördern von Hochbegabung. Dabei habe ich gelernt, dass die beste Begabung nichts nützt, wenn sie nicht gepflegt, trainiert, geübt wird. Bei mangelnder Übung ist dann zwar noch eine Ahnung vorhanden, eine potentielle Fähigkeit, aber keine Fertigkeit mehr. Und lässt man Begabung lange brach liegen, bilden sich auch Bereiche im Gehirn zurück und richten sich anderweitig aus.
Ein Klavierspieler, der 3 Jahre lang nichts mehr spielt, kann zwar im Prinzip noch Klavier spielen, aber gut für ein herausragendes Konzert ist er nicht mehr. Ein Trompeter der drei Jahre lang nicht mehr spielt, weiß zwar noch wie er drücken muss, aber einen guten Ansatz hat er nicht mehr und die Fingerfertigkeit lässt nach. Mit dem Glauben ist das nicht anders. Ungebraucht, ungeübt, abgelegt verkümmert er.
Das ist die Sache der Liturgie. Liturgie macht, dass der Glaube gebrauchsfähig bleibt, lebendig, nutzbar, dass nicht nur eine Ahnung übrigbleibt, sondern eine Fertigkeit tatsächlich damit umzugehen. Und dann und vermutlich nur dann, wird Glaube auch zur Hilfe, verwendbar in Notzeiten, eine Adresse in den Tagen des Glücks, und einsetzbar als Hilfe in der schweren Zeit. Er hilft dann zur Deutung des Erlebten und damit zur Sinnfindung. Er hilft dem Unbegreifbaren Verständnis anzuheften. Er gibt Möglichkeiten zur Deutung von Erlebtem, sodass wir es als unser Eigenes annehmen können und es nützlich wird. Und so wird die Seele wieder spürbar, erlebbar, hilfreich für ein gutes Leben. Maßstäbe und Werte werden wieder neu entdeckt und helfen bei Entscheidungen und Einordnungen im eigenen Leben, wie auch im Bemühen zur Erhaltung des Lebens dieser unserer Welt. Etwas vereinfacht könnte man sagen: Eine gesunde Seele ist ein guter Beitrag zum Klimaschutz, zum nachhaltigen Bewahren der Schöpfung, zur Zukunft aller Generationen nach uns.
In einer schnelllebigen Zeit, wie der unseren, hat es Liturgie allerdings schwer. Denn sie folgt nicht dem Puls der Zeit, sondern dem Puls des Lebens. Der Schrei in der populistischen Politik-Ecke nach dem Konservativen, nach dem Abschotten gegenüber allen fremden Einflüssen, nach dem rückwärtsgewandten Einstellungen zeigt nur überdeutlich, dass das Leben länger braucht zu Veränderungen als es manchmal von außen an uns herangetragen wird. Es ist die gespürte Angst vor dem Verlust unserer Seele, der wir in der Hektik der modernen Welt davonlaufen.viii
Es gibt die kurze Geschichte über den Indianer in Nordamerika, der erstmals in seinem Leben in einem schnellen Auto mitfährt. Nach 50 km lässt er anhalten, steigt aus und setzt sich an den Straßenrand. Der dynamische Autofahrer fragt: "Was soll das denn nun?" Der Indianer sagt: "Ich sitze hier und warte, dass meine Seele nachkommt."ix
Die Geschwindigkeit der Globalisierung hat doch wohl viele Menschen überfordert. Dabei ist Globalisierung nicht an sich schlecht, aber wenn die Menschen mit ihrer Seele nicht mithalten können, macht sie Angst. Nicht der Schrei nach zurück ist dabei wichtig, sondern die Bedachtheit des Umgangs damit. Jede*r Mensch weiß, dass ein unentwegtes Wachstum zur Adipositas führt, zur Fettleibigkeit auf Deutsch, und damit zu vielen Problemen: Nicht nur dass Herz und Kreislauf dafür nicht gebaut sind, auch Kleiderkauf und Sitzgelegenheiten, Auto und Kinobesuch und vieles andere können zum Problem werden. Darum macht uns dieses System des immer schnelleren Vorwärts, Aufwärts, Mehr natürlicherweise Angst. Es ist ungesund. Es überfordert jeden Organismus über kurz oder lang. Es zerstört letztlich das eigene System. Deshalb braucht es eine Ordnung die Zukunft ermöglicht. Eine Ordnung, die der Gier Einhalt gebietet und nach dem fragt, was ich selbst brauche und mir gut bekommt.
Das weiß die Liturgie. Sie ist ganz bewusst das bleibende, das kontinuierliche, das verlangsamende Element in Leben und Glauben, das wir brauchen, damit der Glaube nicht mit jedem Wind der Veränderung verblasen wird, oder aufgeblasen wird zum „fides adipositas“, sondern sich entwickeln kann zum "fides vivida" zu einem lebensstiftenden Baustein, der dem Leben Sinn und Zukunft zeigt, der Glück und Trost bringt, der ermutigt und aufrichtet.
Liturgie ist eingebettet in die Welt
Was in ihr steckt die Welt zusammenhält
Sie spricht vom A und O im Raum der Zeit
Und weist das Irdische zur Ewigkeit
Liturgie gibt der Seele die Zeit, die sie braucht, auch im Glauben vernünftig und sinnvoll wachsen zu können. Dort, wo Liturgien über lange Zeit nahezu unverändert zum Halt für Menschen wurden, sprechen moderne Menschen heute von Kraftorten: da ist z.B. das Iona-Kloster im Nordwesten Schottlands, da ist Taizé in Südost-Frankreich, da sind die Mönche auf dem Berg Athos und viele andere solcher Orte, bei uns in Deutschland sind das vielleicht Loccum oder der Schwanberg, Tutzing oder Gnadental, oder Klöster wie Andechs, Maria Laach, Münsterschwarzach, Helfta oder Nütschau, von denen spirituelle Kraft ausgeht und zu denen Menschen hingezogen werden.
Liturgie ist das was bleibt, wenn die Welt sich wandelt, als der Anker, der das Schiff der Menschheitsgeschichte hält, über die Orkane von Kriegen und Konfessionsstreitigkeiten hinweg, über Modeerscheinungen und Trends hinweg, durch den Wandel der Zeit und den Strömungen der Geistesgeschichte hindurch, in Stürmen des Lebens und in der Sonne höchsten Glücks.
Liturgie ist zunächst einmal eine ruhende Kraft in sich selbst, ob sie praktiziert wird oder nicht. Sie steht im Regal der Spiritualität, wie eine eingekochte Marmelade, in der die Sonne und die Kraft der Natur haltbar gemacht sind über lange Zeit. Die Liturgie konserviert sozusagen die Kraft unseres Glaubens. In dem Moment, in dem ich sie öffne, also daran teilnehme, wird sie lebendig gemacht, entfaltet sich diese ruhende Kraft in mein Leben hinein, wie der Duft der konservierten Marmelade, wenn ich den Deckel aufschraube und die Luft der Gegenwart sich mit der Sonnenkraft längst vergangener Zeiten mischt.
Die Liturgie trägt also die Menschen und wird nicht von den Menschen getragen. Menschen können sie nicht „machen“, sondern nur benutzen, gebrauchen, verwenden. Alle Versuche Liturgie zu erfinden sind qua se zum Scheitern verurteilt, weil Liturgie eine Ordnung in sich trägt, die nicht beliebig machbar ist.
Auch deshalb kann es sein, dass der homo faberx sich schwer tut mit Liturgie. Denn es gibt wohl einen vernünftigen Zugang zu ihr, aber sie beherrschen zu wollen, kann nicht gelingen. Sie spiegelt die göttliche Ordnung, die der Schöpfung zu Grunde liegt und der Schöpfung immanent ist. Sich in diese Ordnung einzureihen das geht, aber sie neu schreiben zu wollen, das hieße, die Schöpfung neu erfinden zu wollen. Und das ist ein Ding der Unmöglichkeit, ein Trugbild, eine Fata Morgana. Es beleidigt Gott.
Um mit der Liturgie also vernünftig umgehen zu können, kann ich sie zu verstehen lernen. Dann wird sie mir zur Dienerin, zur Kraftquelle, zur Lebenshilfe, zur Möglichkeit meine Seele zu finden. Aber sie mir zur Dienerin machen zu wollen, indem ich meine eigene Liturgie entwerfe, das wiederum kann nicht gelingen.
Liturgie kommt vom griechischen „Leiturgia“ heißt wörtlich „Dienst am Volk“ und bezeichnet die Ordnung eines (religiösen) Ritus. Ein Gottesdienst, eine Taufe, ein Abendmahl, eine Beerdigung alle diese Zusammenkünfte der Gemeinde unter Wort, Sakrament und Seelsorge haben eine erkennbare Ordnung, damit Menschen gemeinsam daran teilnehmen können. Sie können wirklich „teil-nehmen“, weil ihnen als Gemeinde die Ordnung vom Grund her vertraut und bekannt ist. Und ein guter Liturg nimmt die Menschen, die fremd sind mit hinein in diese natürliche Ordnung, so, dass sie meinen, es längst schon zu kennen.
Als Student war ich einmal in einer Versammlung einer Studenten-Verbindung. Ich geriet mehr zufällig hinein, weil ich im Haus der Verbindung wohnte. Nachdem niemand da war, der mir erklärte, was da warum gemacht wurde, waren das ziemlich unverständliche und befremdliche Sachen, von der Sprache angefangen bis hin zu mir völlig unsinnig erscheinenden Handlungen. Es erzeugte das Gefühl von Fremde und Fluchtbedürfnis. Ich blieb dann, weil es nach einer Weile Freibier gab. Da konnte ich was mit anfangen. Was fehlte, war ein „Liturg“, der durch die Ordnung führte. Man setzte voraus, dass alle in der Verbindung wussten, worum es geht und wie die Ordnung ist. Für „Fremde“ war es unverständlich.
Als wir mit einer Gruppe von Lehrvikaren auf Studienreise in Istanbul waren (In den 80erJahren), besuchten wir dort auch einen Gottesdienst der aramäischen Christen. Sie haben sich als Gottesdienstsprache den hebräischen-aramäischen Dialekt Jesu, also dessen Muttersprache, seinen Heimatslang, bewahrt. Natürlich verstanden wir in diesem Gottesdienst von der Sprache her sehr wenig bis gar nichts. Und doch: Wir waren nicht fremd. Die Liturgie war uns vom Grund her vertraut, nahm uns mit, und verband uns über alle Gräben von Sprache und Kultur hinweg. Und hinterher saßen wir mit diesen ChristInnen zusammen in der Sakristei und tranken Tee und lachten miteinander, auch wenn die Verständigung sehr holprig war. Wir waren verbunden im Glauben. Misstrauen hatte keinen Platz, Vorurteile im gemeinsamen Abendmahl ausgeräumt, das Fremde in der Geschwisterlichkeit zu Jesus verschwunden.
Liturgie ist also eine spirituelle Ordnung, eingebunden in Lebensvollzüge, die sie wiederspiegelt, in denen die Ordnungen erklärt sind und somit mitgemacht, nachvollzogen werden können, weil ein Liturg die Versammlung leitet, anführt, die Ordnung sich ereignen lässt. Was an diesen beiden Beispielen sichtbar werden kann.
Liturgie ist dabei kein Selbstzweck. Sie steht im Dienst der Theologie. Christliche Theologie ist aber kein akademisch erfundenes System, sondern die Haltung einer gelebten Gottesbeziehung nach biblischem Vorbild. Die Wissenschaftlichkeit der Theologie ist dabei notwendig, um dieses biblisch Vorbild zu eruieren, zu versachlichen, und aus der subjektiven Beliebigkeit einer fundamentalistischen Betrachtung zu einem argumentativ gefestigten ganzheitlichen Bild werden zu lassen, das damit in die jeweilige soziokulturelle Gegenwart des Rezipienten übersetzt werden kann.
Liturgie hilft dann dieses biblische Vorbild in Trainingseinheiten zu gießen, mit Hilfe derer diese Haltung erfasst, begriffen, erlernt und eingeübt werden kann, anders sie nicht internalisiert werden kann, und damit keine Haltung und auch keine Hilfe werden könnte.
Mit diesen Überlegungen sind wir schon auf der Gradwanderung zwischen dem, was Liturgie mit uns macht und dem, was wir mit Liturgie machen. Es ist ein Spiegelbild eines Grundproblems in der Theologie, nämlich der Streit zwischen Gnade und guten Werken. Die Frage ist, in wie weit die Gnade Gottes den Menschen ohne sein Zutun annimmt, und welchen Beitrag der Mensch dazu „leistet“ in dem er sie annimmt. Also: Stülpt Gott die Gnade einfach jedem über, ob er will oder nicht, wenn er ihn „erwählt“ hat. Oder ist ein Signal, eine Bereitschaft ein Handeln des Menschen erforderlich, dass Gott ihm Gnade gewährt. In dem einen Fall braucht es – im weitesten Sinne - „gute Werke“ des Menschen, im anderen Fall allein einen Gott, der aussucht, wem er die Gnade schenkt oder nicht, was einem Akt der Willkür gleichkommt, es sei denn wir wüssten die Kriterien der Verteilung von Gnade.
Dies ist ein uralter Streit in der Theologie, ob die Gnade des Glaubens von Gott geschenkt wird oder der Mensch sie sich verdient. Die katholische Dogmatik strebt eher in die Richtung der guten Werke (wobei dann die Gnade über ein kompliziertes System des sog. „Kirchenschatzes“ allen über "die Kirche" zuteil wird). Die evangelische Theologie denkt eher in Richtung geschenkter Gnade, durch die ‚Rechtfertigung im Glauben‘. Diese Rechtfertigung ist das Kriterium das die Annahme der Gnade bestimmt. Das eine mündet leicht in die sog. „Werkgerechtigkeit“, das andere leicht in eine „billige Gnade“ einer deterministischen Freiheitslehre.
Die Lösung nach Philipper 2 und Kol 15 heißt wohl: Glaube kommt allein aus der Gnade Gottes, setzt aber den Willen des Menschen zur Annahme vorausxi. Alle haben recht und keiner hat die Wahrheit für sich allein. Es ist eben wie alles im Leben: Ein Weg der Liebe (Hauptkriterium Gottes).
Das Bild für mein naturwissenschaftliches Herz ist dies: Zwei Chemische Elemente können nur eine Verbindung eingehen, wenn es auf beiden Seiten einen freien Arm (freie Radikale) gibt, einen Mangel, die sog Bindungsenergie. Je größer dieser Mangel, desto fester wird die Verbindung die dabei entsteht, und desto eher und schneller geht eine Substanz diese Bindung mit einer anderen ein. Übersetzt in den Glauben heißt das: Die Sehnsucht nach Gott und die Erkenntnis der Größe der Liebe Gottes sind die besten Voraussetzungen für eine starke Gottesbindung. Und beides wird im Gottesdienst durch die Liturgie gelebt.