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Nach dem Tod seiner geliebten Frau Lora vergräbt sich Michael Fürst von Perneck voll verzweifelter Trauer in seine Arbeit und spürt nichts von der Liebe, die ihm Baroness Irina von Wering entgegenbringt. Gemeinsam arbeiten sie an der Vorbereitung einer Expedition im Irak. Für Irina ist es eine Liebe ohne Hoffnung, die sie dennoch nicht überwinden kann. Sie glaubt nicht mehr daran, dass irgendjemand das Herz des Fürsten rühren wird.
Während der von Fürst Michael geleiteten mehrmonatigen Expedition muss Irina jedoch erkennen, dass sie mit ihrer Liebe nicht allein ist. Unter der heißen Wüstensonne trifft sie auf Rivalinnen, die sie nicht unterschätzen darf: Petty Cotten, die exzentrische Millionärstochter, und Leila Madhan, die bezaubernde und geheimnisvolle Tänzerin. Jede der drei Frauen kämpft ihren eigenen Kampf um den deutschen Fürsten. Wem wird es gelingen, das versteinerte Fürstenherz für sich zu gewinnen?
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Seitenzahl: 154
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Heimlich weint sie um den Fürsten
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Impressum
Heimlich weint sie um den Fürsten
Roman um Irinas unsterbliche Liebe
Von Claudia von Hoff
Nach dem Tod seiner geliebten Frau Lora vergräbt sich Michael Fürst von Perneck voll verzweifelter Trauer in seine Arbeit und spürt nichts von der Liebe, die ihm Baroness Irina von Wering entgegenbringt. Gemeinsam arbeiten sie an der Vorbereitung einer Expedition im Irak. Für Irina ist es eine Liebe ohne Hoffnung, die sie dennoch nicht überwinden kann. Sie glaubt nicht mehr daran, dass irgendjemand das Herz des Fürsten rühren wird.
Während der von Fürst Michael geleiteten mehrmonatigen Expedition muss Irina jedoch erkennen, dass sie mit ihrer Liebe nicht allein ist. Unter der heißen Wüstensonne trifft sie auf Rivalinnen, die sie nicht unterschätzen darf: Petty Cotten, die exzentrische Millionärstochter, und Leila Madhan, die bezaubernde und geheimnisvolle Tänzerin. Jede der drei Frauen kämpft ihren eigenen Kampf um den deutschen Fürsten. Wem wird es gelingen, das versteinerte Fürstenherz für sich zu gewinnen?
Mit einem raschen Blick überflog Lora Fürstin von Perneck die Reihe der Koffer und erteilte den Dienern die Erlaubnis, das Gepäck nun in den Wagen zu bringen.
»Nichts fehlt mehr, außer ...« Auf ihre vollen, vornehm geschnittenen Lippen trat ein kleines Lächeln.
Sie ging selbst ins Arbeitszimmer des Fürsten. Zu ihrer Überraschung fand sie ihn dort nicht. Aber in der Bibliothek saß er an dem großen Eichentisch und neigte sich über Schriften. Er war darin so vertieft, dass er seine Frau nicht eintreten hörte. Erst als sie schon neben ihm stand, schaute er etwas verwirrt auf. Es gelang ihm nicht leicht, den Zeitraum von einigen tausend Jahren in Sekundenschnelle zu überspringen, um in die Gegenwart zurückkehren zu können. Erst der Blick in das zärtlich lächelnde Gesicht der jungen, bezaubernden Fürstin ließ ihn erleichtert aufatmen. Welch wunderschöne, dunkelbraune, fast schwarze Augen! Blauschwarzes Haar, die ebenmäßigen Züge einer altbabylonischen Göttin!
»Bitte, setz dich noch einen Augenblick lang zu mir«, sagte er, nahm ihre Hand, küsste zärtlich die Fingerspitzen. Also wollte ihm Fürstin Lora nicht widersprechen. Das Auto wartete. Aber die Reise konnte ebenso gut erst in einer Viertelstunde beginnen.
»Ich höre«, forderte sie ihn mit dunkelsamtiger Stimme zum Weitersprechen auf.
Immerhin merkte sie an seiner offensichtlichen Erregung, dass er etwas Bedeutendes entdeckt haben musste. Sie setzte sich auf die Lehne des Lederfauteuils.
»Es geht um die Liebe!«, dozierte Michael Fürst von Perneck, als spräche er in der Universität vor Studenten. »Ich habe einen wunderschönen Text aus der Zeit des Imam Musa el-Kasim gefunden. Wir Europäer meinen immer, die Liebe als das große Gefühl entdeckt und gepflegt zu haben. Hier aber steht schon: die Frau liebt nur einmal in ihrem Leben; der Mann jedoch vermag sein Herz dreimal zu verschenken.«
Der Fürst, ein international anerkannter Wissenschaftler und Privatgelehrter der Altertumskunde, wiederholte die Worte im Originaltext. Sie klangen wunderschön, wie geheimnisvolle Musik aus dem Orient. Aber Fürstin Lora legte ihre schmale Hand rasch auf seine Lippen und drohte, halb scherzhaft, halb im Ernst.
»Nie könnte ich deine Liebe mit einer anderen teilen!«
Fürst Michael befreite sich aus der plötzlich übermütig stürmischen Umarmung durch seine Frau und sagte sehr ernst: »Lora, für mich kann es im ganzen Leben nur eine Liebe geben: die Liebe zu dir!« Erst als sie miteinander zum Wagen gingen, erläuterte er: »Aber ich muss den Dichter verteidigen, der diesen Spruch schrieb. Er meinte nicht drei Frauen gleichzeitig, sondern auf das ganze Liebesleben eines Mannes verteilt.«
Er öffnete den Wagenschlag. Einige Sekunden lang stand ihm Lora von Perneck ganz nahe gegenüber. Nun war aus ihren großen, dunklen Augen aller Übermut geschwunden.
»Michael, ich könnte den Gedanken nicht ertragen, dass du nach meinem Tod eine andere Frau küssen ...« Sie unterbrach sich: »Mein Gott, bin ich unvernünftig! Gedanken an den Tod ausgerechnet vor Beginn einer wunderschönen Reise!«
Sie hauchte dem Fürsten einen kleinen Kuss entgegen und stieg ins Auto. Wenige Minuten später hatte Fürst Michael den großen, schweren Wagen in den Straßenverkehr eingereiht, die zweite Hochzeitsreise nach Paris hatte begonnen.
»Ich freue mich unsagbar auf Paris«, gestand Fürstin Lora. »Die herrlichen Modeboutiquen, die Oper, der Bois de Boulogne, die Liebespaare am Kai der Seine ...«
Lächelnd ergänzte Fürst Michael nun sein Programm: »Oper, die archäologischen Sammlungen im Louvre. Außerdem, liebste Lora, vergiss nicht, dass ich mich mit Professor James Cotten treffen werde. Du weißt, die amerikanischen Universitäten haben sehr viel Geld. Außerdem ist Cotten selbst vielfacher Millionär. Eine Ahnung sagt mir, dass er meine Theorie über den Tell el-Zabar gelesen und für richtig befunden hat. Möglicherweise ...«
Nun unterbrach aber die Fürstin ihren Gemahl und bat ihn mit zärtlicher Stimme: »Nicht nur an die Altertümer denken! Liebster, das Leben liegt vor uns. Wir müssen es nützen und jede Stunde, jeden Augenblick mit glücklichen Erlebnissen ausfüllen! Vergiss deine Sumerer-Göttinnen, denn ...«
»Meine schönste Göttin bist du, Lora«, sagte er, und das war nicht nur Galanterie, das war eine Liebeserklärung. »Seit fünf Jahren Ehe erlebe ich immer wieder das Wunder deiner Schönheit! Nichts und niemand auf der Welt kommt dir gleich!«
Lora von Perneck kuschelte ihren Kopf zärtlich an die Schulter Michaels. Sie liebte ihn in dieser Stunde nicht weniger als am Tage ihrer Eheschließung. Die letzten fünf Jahre waren für sie vergangen wie ein wunderschöner, glücklicher Traum.
Deshalb flüsterte sie vor sich hin: »Nur nicht aufwachen müssen ... Eine Frau kann nur einmal in ihrem Leben wirklich lieben.« Ein wenig unwillig ergänzte sie: »Einem Mann jedoch kann die Liebe in drei Frauengestalten begegnen. Wie ungerecht!«
Michael Fürst von Perneck, erklärte seiner Frau: »Die meisten Gottheiten im Altertum waren eben männlichen Geschlechts. Warum sollten also wir sterblichen Menschenmänner auf unsere Privilegien verzichten?«
Fürstin Lora wusste genau, dass Michael nur scherzte, aber sie rief doch zornig: »Schuft!«
***
Von der Höhe des Montmartre betrachtet, sah Paris überhaupt nicht wie ein gewaltiges Häusermeer aus. Lora Fürstin von Perneck traf einen besseren Vergleich: »Wie eine köstliche Riesenperle in der smaragdgrünen Fassung von Wäldern. Ich liebe diese Stadt!«
»Und ich liebe nur dich«, ergänzte der Fürst. Mit seinen zweiunddreißig Jahren fühlte er sich jung und verliebt wie ein glücklicher Student. »Das bedeutet aber, dass ich schrecklichen Hunger verspüre. Mir schlägt sich Liebessehnsucht immer auf die Magennerven.«
Nach kurzem Suchen fanden sie ein kleines, keinesfalls erstrangiges Lokal in der Nähe des Place du Tertre, wo sie köstliche Muscheln aßen. Auch die weiteren Gänge entsprachen den höchsten Anforderungen. Zuletzt noch Käse, einen Cognac und Kaffee. Die junge Fürstin glaubte ihren Gemahl nun wunschlos glücklich, aber er drängte: »In den Louvre, Liebste! In die Sammlung mesopotamischer Altertümer!«
»Schon wieder!«, stöhnte Lora von Perneck in scherzhaft übertriebener Verzweiflung auf. »Nun waren wir schon siebenmal dort! Aber ich hätte wissen müssen, was ich auf mich nahm, als ich nicht nur den berühmten Fürsten von Perneck, sondern mit ihm ausgerechnet einen weltbekannten Privatgelehrten heiratete!«
Die Klage war weder ernst noch berechtigt, denn während Michael sich in seine Studien vergrub, durchstreifte die betörend schöne Fürstin alle exquisiten Juweliergeschäfte der Rue de la Paix. Vier Stunden später holte sie Michael vom großen Museumsbau ab, und sie fuhren gemeinsam mit einem Taxi ins Hotel zurück.
Für diesen Abend war ein Besuch der Oper und anschließend ein Mitternachtssouper in einem kleinen Lokal des Künstlerviertels vorgesehen. Als sie sich für den Theaterbesuch umkleideten, sagte Fürst Michael zu seiner Frau: »Lora, mit dir zu leben, ist nicht nur traumhaft schön, sondern außerdem sehr anstrengend. Der Tag mit dir hat vierundzwanzig Stunden!«
Sie trat auf ihn zu, liebkoste sein Gesicht und sagte: »Verzeih, Liebster, aber ich habe nur ein Drittel von der Zeit, die dir das Leben lässt. Nur ein Drittel! Denk an deine antike Inschrift: einer Frau bleibt nur eine Liebe, dem Manne aber sind drei geschenkt!«
Der Fürst stöhnte mit gespielter Verzweiflung und beklagte sich: »Schamlos, wie du die alten Philosophen zu deinen Zwecken missbrauchst und missdeutest!«
Auf den Zügen der jungen Fürstin lag ein kleines, zärtliches Lächeln, doch ihre Augen blieben ernst, beinahe traurig. Nach kurzem Schweigen sagte sie: »Es kann kein Zufall sein, dass wir heute in der Oper ›Hoffmanns Erzählungen‹ sehen. Der Künstler Hoffmann, der drei Frauen liebt: die Puppe Olympia, die Sängerin Antonia und die Kurtisane Giulietta! Also: ein Mann und dreimal die Liebe!«
Der Fürst verteidigte ihn: »Es ist immer dieselbe Frau; sie zeigt sich ihm nur in drei verschiedenen Gestalten.«
»Das tröstet mich«, flüsterte Lora von Perneck.
Dann wendete sie sich rasch ab und beendete die Toilette. Bald darauf trat sie wieder in den Raum, fertig zur Oper gekleidet. Sie trug ein halblanges Abendkleid. Das blauschwarze Haar war zu einer Abendfrisur aufgekämmt und trug ein kleines Diadem. Wenngleich die Lippen selbstbewusst lächelten, stand doch in den großen, dunklen Augen die ewig-weibliche Frage, die Fürst Michael sofort bereitwillig beantwortete: »Du bist wunderschön, Lora, die schönste Frau, die ich kenne. Ich liebe dich!«
»Ich liebe dich, Michael«, antwortete sie. »Dich, meine einzige große Liebe, die mir vom Schicksal gegönnt ist!«
Ehe der Fürst antworten konnte, hatte sie sich schon abgewendet; denn er sollte nicht sehen, dass ihre Augen feucht geworden waren. Während der Taxifahrt in die Oper hielt sie zärtlich seine Hand, und auch in der Loge suchten ihre Augen immer wieder die seinen.
Die köstlich einschmeichelnden Melodien Offenbachs bezauberten sie beide gleichermaßen.
»Ein Mann und drei Frauen«, flüsterte die Fürstin, nachdem der Vorhang zum letzten Mal gefallen war. Sie wollte ihre Ergriffenheit verbergen, weil eine ungewohnte sentimentale Stimmung sie erfasst hatte. Als müsste sie wieder einmal jede Sekunde ihres Lebens nutzen, bat sie: »Wir wollen gleich in ein Abendrestaurant gehen. In ein Künstlerlokal auf dem Mont Parnasse. Und dann will ich mit dir tanzen, Liebster, ganz schamlos zärtlich, Wange an Wange, als wären wir ein junges Liebespaar!«
Von der Oper fuhren sie mit dem Taxi ins Künstlerviertel, wo sie sich, zu Fuß, ein Restaurant suchten. Anschließend gingen sie in ein kleines Nachtlokal, wo es ein literarisches Studentenkabarett gab.
Als das Fürstenpaar nach Mitternacht tanzte, zog es viele Blicke auf sich. Aber das lag nicht nur an der kostbaren Toilette und an der Schönheit der Fürstin Lora; es lag auch nicht nur an der eleganten Erscheinung des Fürsten Michael. Die Menschen fühlten, dass dies zwei Glückliche, zwei miteinander Harmonierende waren.
***
Die Besprechung zwischen Michael Fürst von Perneck und dem amerikanischen Millionär und Wissenschaftler James Cotten wurde ein voller Erfolg.
Während der Heimfahrt von Paris erzählte Michael seiner Frau alle Einzelheiten darüber und schloss: »Cotten ist von meiner These überzeugt, dass unter dem Hügel von el-Zabar im Irak eine antike Gräberstadt verschüttet liegt. Er will einem Kollegium von amerikanischen Professoren den Plan unterbreiten, durch eine große Ausgrabung nicht nur meine wissenschaftliche These zu beweisen, sondern auch unschätzbare Kunstwerte ans Tageslicht zu bringen.«
Fürstin Lora lehnte sich wohlig in den bequemen Sitz des Autos zurück. Erst nach geraumer Zeit seufzte sie: »Bedeutet das, dass auch wir in das heiße Wüstengebiet fahren müssten? Etwa für ein, zwei Wochen?«
»Monate!«, verbesserte sie der Fürst. »Cotten würde mir bestimmt die wissenschaftliche Leitung des Unternehmens übertragen. Lora, du kämst mit mir?«
»Bis ans Ende der Welt«, versprach sie ganz ernsthaft.
Nachdem sie von der turbulenten Frankreichreise zurückgekehrt waren, stürzte sich Fürst Michael mit neuen Kräften auf die Bewältigung all der neuen Fragen, die sich ihm während des Besuches in den archäologischen Sammlungen von Paris gestellt hatten. Allerdings hatte er nicht mit der Lebenslust seiner schönen Frau gerechnet. Fürstin Lora nahm die Einladungen zu einigen Partys an, was sie dazu verpflichtete ebenfalls fast wöchentlich eine Gesellschaft zu geben. Michael konnte sich kaum jemals solcher Veranstaltungen entziehen, denn er wusste, dass er damit Lora sehr enttäuscht hätte.
Nach einigen turbulenten Festlichkeiten erklärte sich die junge Fürstin aber auch bereit, für eine Woche mit Michael nach Hoch-Tannen zu fahren. Der Anblick des historischen Schlosses stimmte sie immer melancholisch. Wenngleich der weitläufige Park um diese Jahreszeit einem Blütenmeer glich und sogar die grauen Steinmauern des Renaissancebaues heller leuchteten, wirkten Schloss und Umgebung auf Lora wie ein großes, mächtiges Grabmal. Erst nach einigen Tagen Aufenthaltes auf Hoch-Tannen konnte sie etwas ruhiger darüber sprechen.
Diesmal bat sie ganz überraschend: »Michael, ich will auf Hoch-Tannen begraben werden.«
Der Fürst hatte sich in einige Stücke seiner Sammlung vertieft und rätselte an Schrifttäfelchen, die man als Grabbeigaben gefunden hatte.
»Begraben?« Nur langsam kehrte er aus dem Nahen Osten und über einige Jahrtausende in die Gegenwart nach Hoch-Tannen zurück. Er sah Lora vor sich stehen. Sie trug das blauschwarze Haar offen auf die Schulter fallend. So viel zutiefst ergreifende Schönheit wäre einer Göttin würdig gewesen! Fürst Michael nahm Lora in die Arme, küsste sie zärtlich und bat: »Keine so traurigen Gedanken! Ringsum lebt und liebt die Natur; aber du denkst an das Ende! Wir sind doch glücklich in unserer Liebe!«
Lora von Perneck nickte, erwiderte seinen Kuss und sagte zuletzt: »Ich weiß, dass ich in einer glücklichen Stunde sterben werde. Das sagt mir eine Ahnung, und sie macht mich überhaupt nicht traurig. Ich habe von nun an nur ein wenig Angst vor dem Glück. Es kann auch den Tod, das Ende unserer Liebe, bringen.«
Noch eine ganze Weile bemühte sich Michael von Perneck, die düsteren Gedanken seiner Frau zu zerstreuen. Das gelang ihm erst, als sie ihm den Grund verriet, warum sie überhaupt gewagt hatte, ihn im Studierzimmer zu stören: »Der Postbote hat vorhin einen Brief gebracht. Du kannst es einfach nicht erraten. Von Bruno und Marina!«
»Conte di Ferrano!«, ergänzte Michael.
Sie hatten den italienischen Grafen und dessen bezaubernde Frau im Vorjahr gelegentlich einer Party in Rom kennengelernt und mit ihnen dann gemeinsam eine wunderschöne Reise durch die Kunst des antiken Italien unternommen. Die Ferranos waren zwischen fünfundzwanzig und dreißig, von einer sonnigen Fröhlichkeit und doch auch für die Größe der Kulturwerte sehr empfänglich.
»Stell dir vor, Liebster!«, rief sie. »Bruno und Marina haben uns für einige Wochen in ihre Villa nach Amalfi eingeladen. Michael! Einige Wochen erfüllt mit strahlender Sonne, golden leuchtendem Licht dem tiefblauen Meer! Bootfahren, Wasserski und dolce far niente! Ich könnte so glücklich sein mit dir, fern von allem Schweren, Belastenden. Ich mag die Ferranos sehr.«
»Und wann?«, fügte sich Michael gern in das, was er für eine glückliche Fügung des Schicksals hielt, nur weil es seinen eigenen Überlegungen entgegen kam.
»Ich sollte ihnen postwendend einen von uns gewünschten Termin mitteilen. Bitte, Michael, fahren wir bald!«
»Ich überlasse es ganz dir, einen Zeitpunkt für unsere Reise nach dem Süden festzulegen.«
»Liebster!«, jubelte Fürstin Lora auf. »Ich will dich nicht länger stören. Du musst in deinen Forschungsarbeiten weiterkommen, damit du möglichst bald mit mir fahren kannst. Etwa in einer Woche? Oder in zwei Wochen?«
Fürstin Lora begab sich sogleich in ihr bezaubernd eingerichtetes Boudoir. Sie schrieb an ihre italienischen Freunde, dass sie jederzeit gerne nach Amalfi kämen. Unter Rücksichtnahme auf den Fürsten erschiene ihr aber der Juni als der günstigste Monat. Zum Schluss beteuerte sie noch einmal, wie sehr sie sich auf ein Wiedersehen freute.
Postwendend kam telegrafisch die Antwort des Conte und der Contessa di Ferrano. In der großen Villa am Meer war bereits eine ganze Zimmerflucht für das junge fürstliche Paar gerichtet.
»Noch zwei Wochen«, ergab sich Fürst Michael und streichelte zärtlich liebkosend über die Wange seiner Frau.
***
Die Fahrt nach dem Süden erschien ihnen beiden wunderbar wie immer. Für so viele Stunden – zwei Tage lang – waren nur sie allein im Wagen beisammen. Eine Nacht verbrachten sie in einem einfachen Südtiroler Gasthof. Lächelnd trug der Fürst seine Frau und sich ins Fremdenbuch ein. Fast bis Mitternacht saßen sie in der mit dunklem Holz getäfelten Gaststube. Ehe sie dann zu Bett gingen, traten sie noch auf einen Balkon und atmeten tief die würzige Waldluft, die aber hier schon viel milder war als auf Hoch-Tannen.
»Die Welt ist wunderschön«, flüsterte Lora und schmiegte sich in den Arm des Fürsten. »Ist es nicht schon ein Wunder, dass wir darin leben und das bewusst erkennen dürfen?«
Schon in den frühen Morgenstunden setzten sie die Reise nach dem Süden fort. Weil sie keinen Tag des geplanten Aufenthaltes in Amalfi verlieren wollten, fuhren sie an den großen Städten vorbei: Verona, Florenz, Rom ... Auch Neapel umfuhren sie.
»Hier ist die Welt am schönsten!«, rief Lora fasziniert.
Sie hatten den Wagen geparkt. Vor ihnen breitete sich in harmonischem Bogen der Golf von Salerno. Die karg bewachsenen Felsen fielen steil in ein tiefblaues Meer ab. Nur die romantische Küstenstraße mit ihren unzähligen Kehren war mit üppiger Blütenpracht verschönt. Bald führte sie kühn an Abgründen vorbei, bald grub sie sich durch Tunnel und Steintore.
Lange konnten Lora und Michael sich nicht zum Weiterfahren entschließen. Der Fürst lenkte dann den schweren Reisewagen langsam durch die steilen, gefährlichen Kurven.
»Ich fühle mich in dieser Welt aus Azur und Gold so frei, so glücklich!«, gestand Lora. Jeder Schatten war aus ihrem Gesicht gewichen, und ihre Augen leuchteten in ungetrübter Lebensfreude. »Dennoch, lieber Michael, vergesse ich es nie. In jeder Sekunde meines Lebens, mit jedem Herzschlag spüre ich es beinahe schmerzhaft stark: Ich liebe dich!«
»Ich liebe dich!«, wiederholte auch Fürst Michael lächelnd.
So nahe dem Ziel, hielten sie sich auch weder in Positano noch in Conca länger auf, sondern fuhren bis Amalfi durch. Ein paar Kilometer hinter der Stadt erhob sich hoch über das Meer gebaut, eine große, schneeweiße Villa mit mattroten Ziegeldächern. Ein Diener hatte sie offensichtlich erwartet und schon durch ein Fernglas über die Küstenstraße kommen sehen. Er hielt das Garagentor offen, denn die schmale Straße zwischen Meer, Abgrund und Bergen hätte keinen längeren Aufenthalt möglich gemacht. Hinter dem Wagen des Fürstenpaares schlossen sich die Tore wieder, und damit waren sie in ein köstliches Zauberreich gekommen.
Lora von Perneck sprang aus dem Wagen.
Im nächsten Augenblick schon breitete eine goldblonde Frau die Arme und jubelte: »Lora! Ihr seid gekommen!«
»Marina, mein Engel!« Die schwarzhaarige deutsche Fürstin und die naturblonde italienische Contessa umarmten einander. »Du weißt nicht, wie glücklich ich bin ... ach, hier ist das Paradies!«
Nun war auch Fürst Michael aus dem Wagen gestiegen. Marina Contessa di Ferrano und er küssten einander herzlich auf die Wangen. Galant und durchaus der Wahrheit entsprechend, stellte er fest: »Du bist noch schöner geworden, Marina! Strahlend wie die Sonne über dem Golf von Salerno!«
»Dio mio«, flüsterte Marina. »Lora, ich hatte ganz vergessen, dass auch deutsche Männer so romantische Komplimente machen können!«
Fürstin Lora lächelte, aber ihre Augen blieben ernst, beinahe traurig, und eine Spur Eifersucht klang in ihren Worten mit: »Marina, du vergisst, dass ein Mann in seinem Leben dreimal lieben darf! Michael hat also noch einiges gut! Sei vorsichtig!«
»Wenn das Bruno erfährt!«, entsetzte sich Contessa Marina scherzhaft.