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Nach einem Disput mit ihrem Chefredakteur verliert Petra Ellrodt ihren Job bei der Zeitung. Das hübsche, lebensfrohe Mädchen Mitte zwanzig lässt sich dadurch nicht erschüttern. Sie beschließt, erst einmal eine Fahrt ins Blaue zu machen. Doch die endet bald mit einer Autopanne. Petra steigt aus und hofft auf Hilfe. Viel Verkehr ist hier nicht. In der Ferne sieht sie auf einer Anhöhe im flimmernden Sonnenlicht die Burg Fünfeichen. Voller Ehrfurcht blickt sie auf den beeindruckenden Bau mit den runden Türmchen im Fachwerkstil, die die Baumkronen überragen. Diese Burg wird tatsächlich noch von den Fürsten von Hardenbeck bewohnt, wie Petra soeben im Dorf erfahren hat. Sie beginnt zu träumen, dort einmal zu Gast zu sein, da nähert sich ihr eine schwarze Limousine ...
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Seitenzahl: 133
Cover
In jener Nacht im alten Park
Vorschau
Impressum
In jener Nacht im alten Park
Als sich das Schicksal einer einsamen Frau erfüllte
Nach einem Disput mit ihrem Chefredakteur verliert Petra Ellrodt ihren Job bei der Zeitung. Das hübsche, lebensfrohe Mädchen Mitte zwanzig will sich dadurch nicht erschüttern lassen und beschließt, erst einmal eine Fahrt ins Blaue zu machen. Doch die endet bald mit einer Autopanne. Petra steigt aus und hofft auf Hilfe. Viel Verkehr ist hier nicht. In der Ferne sieht sie auf einer Anhöhe im flimmernden Sonnenlicht die Burg Fünfeichen. Voller Ehrfurcht blickt sie auf den beeindruckenden Bau mit den runden Türmchen im Fachwerkstil, die die Baumkronen überragen. Diese Burg wird tatsächlich noch von den Fürsten von Hardenbeck bewohnt, wie Petra weiß. Sie beginnt zu träumen, dort einmal zu Gast zu sein, da nähert sich ihr eine schwarze Limousine ...
»Einmal die ›Morgen-Rundschau‹, bitte!« Petra Ellrodt hatte das Gefühl, dass jeder ihr ansehen müsste, wie ungeheuer wichtig dieser Zeitungskauf heute Morgen für sie war.
Die Zeitung lässig schwenkend, schlenderte sie auf dem Bahnsteig entlang. Der Zug lief ein. Kaum saß sie im Abteil, holte sie demonstrativ aus ihrer Mappe ein Manuskript und schlug in der Zeitung die Feuilletonseite auf. Dann hielt sie Zeitung und Manuskript so, dass ihr Nachbar zur Rechten und möglichst auch die beiden gegenübersitzenden Fahrgäste unbedingt bemerken mussten, was sie da tat.
Die einfache Grazie der Bürgerstube. Diese Überschrift stand auf ihrem mit der Maschine geschriebenen Manuskript.
Wie würde sich diese großartige Überschrift gedruckt in der Zeitung ausmachen? Wie wirkte der Name Petra Ellrodt unter diesem Artikel?
Petra suchte die Überschrift vergebens. Hatte man sie in letzter Minute geändert, ohne dass sie es wusste?
Irritierende Träume von Arkadien. Nein, das war es nicht.
Von brahmsscher Größe. Nein, ihr Artikel beschäftigte sich mit dem Maler Jean-Baptiste Chardin und nicht mit Brahms.
Sie blätterte weiter, blätterte die ganze Zeitung durch. Lokales, Aus aller Welt, Politik, Wirtschaft, Sport, Anzeigen. Keine zweite Feuilletonseite.
Ohne Zweifel, der Artikel war nicht gedruckt worden.
Petra bemühte sich, so zu tun, als hätte das Zeitungsstudium sie vollauf befriedigt. Sie schaute auf ihre Armbanduhr, steckte sämtliche Papiere in ihre Mappe und stieg an der nächsten Station aus. Sie war zwar noch nicht an ihrem Ziel, aber sie hätte sich nicht mehr länger beherrschen können. Ihr war zum Heulen zumute.
In den nächsten Zug stieg sie wieder ein und fuhr die zwei Stationen weiter, die sie in die Nähe des Verlagsgebäudes brachten.
Lachend und schwatzend überholten sie zwei Mädchen aus der Lokalredaktion. Die hatten es gut! Brauchten nur Lokalspitzen, Leserbriefe und den üblichen Lokalquatsch abzutippen und wurden dafür gut bezahlt.
Auf dem Parkplatz schloss der Chefredakteur gerade seinen eleganten Wagen ab. Der brauchte sich auch keine Sorgen zu machen. Er saß fest im Sattel.
Ich bin ein richtiger Neidhammel, dachte Petra. Der wäre nie Chefredakteur geworden, wenn er nicht dazu befähigt wäre. Und warum ärgere ich mich über die Mädchen? Ich hätte ja auch den Beruf einer Sekretärin ergreifen können. Gezwungen hat mich niemand, Journalistin zu werden.
»Hallo, Petra«, rief jemand. »Warum schaust du so grimmig aus der Wäsche?«
»Hallo, Rüdiger«, brummte Petra zurück. Sie musste kräftig schlucken, weil es sie in der Kehle würgte. Kullerten doch tatsächlich zwei vorwitzige Tränen über ihre Wangen!
»Was ist denn mit dir passiert?«, fragte Rüdiger und hakte sich kameradschaftlich ein.
»Mein Chardin ist nicht in der Zeitung«, stieß sie hervor.
»Dein was?«
»Auch ein Sportreporter sollte so viel von Kunst verstehen, dass er den Namen Chardin schon mal gehört hat.« Sie ließ ihre Wut an dem unschuldigen Rüdiger aus. »Mein Artikel von der einfachen Grazie in der Bürgerstube.«
»Sollte er heute erscheinen?«, erkundigte er sich, ohne auf ihre Kritik einzugehen.
»Sicher.«
»Und woher weißt du, dass er nicht erschienen ist?«
»Weil ich mir eine Zeitung gekauft habe.«
»Du hast dir eine Zeitung gekauft? Wo du sie bei uns dutzendweise zum Butterbrot-Einwickeln und anderen rühmlichen Zwecken umsonst kriegen kannst?«
»Lass die albernen Witze. Ich wollte meinen Artikel nur in Ruhe lesen.« Sie legte die Betonung auf »meinen«.
»Deinen Artikel, und nun ist er nicht erschienen.« Seine Anteilnahme war echt. »Du, Petra, ich weiß, wie das ist. Mich haben sie mal zu einem Länderspiel geschickt. Die ganze Nacht habe ich gesessen und an einer Reportage geschrieben, wie sie noch nie da gewesen war.«
»Und?«
»Sie hatten außer mir vorsichtshalber noch einen versierten Journalisten zu dem Länderspiel geschickt. Dessen Reportage war nur halb so gut wie meine, aber meine landete im Papierkorb.«
»Da wird mein Artikel wohl auch sein.«
»Nicht gleich so mutlos, Mädchen. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.«
»Meister vielleicht nicht, aber ich habe drei Jahre Volontärzeit hinter mir, da müsste sich wenigstens ein brauchbarer Ansatz zeigen.«
»Vielleicht kommt der Artikel in eine andere Ausgabe.«
»Glaube ich nicht.«
Sie betraten das Verlagsgebäude und stiegen in den Fahrstuhl. Er war nur für zwei Personen zugelassen, und sie waren allein.
»Ach, Rüdiger, ich habe mit so viel Herzblut geschrieben.«
»Das kenne ich, Petralein. Es ist alles nur eine Nervensache.«
In ihren Augen blitzte es plötzlich auf.
»Jawohl, eine Nervensache. Ich werde ihnen zeigen, wer die besseren Nerven hat. Sollen sie sich jemand anderen suchen, der ihnen gescheite Artikel für die Feuilletonseite schreibt. Ich nicht, Rüdiger, mit mir kann man das nicht machen! Ich werde kündigen!«
Rüdiger tätschelte ihr nachsichtig die Schulter.
»Mein Stockwerk kommt. Fahr du besser noch ein bisschen weiter, damit du ruhiger wirst. Bist doch ein patenter Kerl, Petra. Wäre schade, dich zu verlieren.«
»Kannst ja mit mir kommen«, rief sie ihm nach. »Die ›Morgen-Rundschau‹ ist sowieso ein Käseblatt.«
»Eine offene Meinung in allen Ehren, Fräulein Ellrodt«, sagte da plötzlich eine harte Stimme. »Aber derartige Äußerungen tragen nicht zum Betriebsklima bei. Darf ich fragen, was Sie zu dieser Kritik veranlasst?«
Entgeistert starrte Petra den Chefredakteur an. Sie sah gerade noch, dass Rüdiger den Kopf zwischen die Schultern zog und eiligst den langen Korridor entlanglief.
»Herr Stollmaier«, stammelte sie.
Er erwiderte spöttisch ihren Blick.
»Nachdem Sie sich hoffentlich restlos überzeugt haben, dass ich es tatsächlich bin, würde ich meine Frage gern beantwortet haben«, sagte er zynisch.
Trotzig warf sie den Kopf in den Nacken, dass die langen blonden Haare flogen.
»Meine Kritik beruht darauf, dass Sie vorgeben, Leute auszubilden, und sie dann am falschen Ende einsetzen«, gab sie keck zurück. »Die Rosinen aus dem Kuchen darf sich nur der herauspicken, der sich mit Ihnen gutzustellen weiß, und die echten Lorbeeren, die beanspruchen Sie für sich alleine.«
Petra erschrak entsetzt, als all das heraus war.
Die Reaktion von Herrn Stollmaier war entsprechend.
»Nach diesen Worten, Fräulein Ellrodt«, sagte er eisig, »wollen Sie bitte ...«
»Ich wollte ohnehin heute kündigen«, unterbrach sie ihn. »Mein Chardin ... Sie hatten mir persönlich versprochen ... Ich habe mir die größte Mühe gegeben ...« Unvermutet wurde ihr heftiger Ausbruch zu einem Schluchzen.
Plötzlich tat sie ihm leid. Im Grunde hatte er ihre frische Art immer gern gemocht. Sie war äußerst eifrig und fleißig gewesen. Nur fehlte ihr eben jenes gewisse Etwas, das für den von ihr erwählten Beruf unerlässlich ist. Er hätte sie früher darauf aufmerksam machen müssen.
»Fräulein Ellrodt, wann wollen Sie gehen?«
Sie kämpfte mit sich.
»Ich glaube, am besten gleich heute, Herr Stollmaier«, antwortete sie ruhig.
»Also heute, gut, ich bin damit einverstanden. Sie werden noch einiges aufzuräumen haben. Inzwischen lasse ich ein Zeugnis schreiben. Man wird es Ihnen zusammen mit Ihren Papieren aushändigen. Alles Gute, Fräulein Ellrodt!«
♥♥♥
Drei Tage lag die Auseinandersetzung mit dem Chefredakteur zurück. Zu ändern war nichts mehr.
Würde sie mit dem neutral gehaltenen Zeugnis eine neue Anstellung finden? Und wo?
Entweder hat man das Zeug dazu oder nicht.
Petra schüttelte sich. An diesem wahrscheinlich zutreffenden Urteil würde sie noch lange zu beißen haben.
»Quatsch«, sagte sie laut. »Herr Stollmaier hat nicht behauptet, dass ich eine Versagerin bin. Ich werde eine Pause machen, und danach werde ich weitersehen.«
Zum Glück verfügte sie über ein Sparguthaben. Ihr Vater war ein bekannter Chirurg. Zurzeit war er in den Vereinigten Staaten zu einer Vortragsreihe an Universitäten und Kliniken. Die Mutter begleitete ihn. Sie würden noch mehrere Monate fort sein. Das Missgeschick mit der Zeitung musste also nicht sofort gebeichtet werden.
Drei Tage später saß Petra froh gelaunt in ihrem kleinen Wagen. Sie gönnte sich einen Sonderurlaub. Die herrliche Sommerzeit war dafür wie geschaffen.
»Immer der Nase nach, Mucki«, redete sie dem etwas betagten Auto zu. »Mal sehen, wohin unsere Sehnsucht uns führt.«
Zunächst entschied der brave Mucki sich für die Autobahn, und Petra war einverstanden.
Links und rechts der Autobahn dehnte sich die sommerliche Landschaft. Wiesen, Weiden, Wälder. Die Straße führte bergab. Es sah aus, als führte sie mitten hinein in das schattige Grün dicht belaubter Bäume.
Eine Brücke. Ein Fluss: die Weser.
Die Landschaft wurde hügelig. Es gab lange bewaldete Strecken.
Irgendwo bog Petra ab. Sie hatte nicht einmal hingeschaut, welche Ortschaften das Ausfahrtsschild auswies.
Sie kam in ein kleines Dorf. Es schien nur eine Hauptstraße zu haben.
Unvermutet tauchte ein Vorfahrtsschild auf, und sie musste das Tempo drosseln. Beinahe hätte es einen Zusammenstoß gegeben. Von rechts kam mit überhöhter Geschwindigkeit ein schneller Wagen. Sie konnte ihm gerade noch ausweichen.
»Immer diese Angeber«, knurrte sie vor sich hin, aber der Schreck war ihr in die Glieder gefahren.
Das Beste war, eine Pause einzulegen. Vielleicht sollte sie sogar hier übernachten? Der halbe Tag lag noch vor ihr, und sie hatte ja Urlaub. Nichts trieb sie zur Eile. Landschaftlich schön war es hier. Sie könnte spazieren gehen, vielleicht irgendwo baden und dann morgen früh weiterfahren.
Sie fand einen Gasthof, vermutlich war es der einzige im Ort.
Die Wirtsfrau, freundlich und rundlich, erkundigte sich nach ihren Wünschen.
»Etwas zu trinken, bitte. Kühl und alkoholfrei«, bat Petra.
Die Wirtin kam mit einer Zitronenlimonade.
Petra trank zwei hastige Schlucke.
»Oh, das tat gut! Mir zittern nämlich richtig die Knie, müssen Sie wissen.«
»Haben Sie eine zu lange Wandertour gemacht, Fräulein?«, fragte die Wirtin geschäftstüchtig. »Dann wollen Sie vielleicht auch etwas essen?«
»Nein, ich bin mit dem Auto gekommen. Aber mit der Hauptstraße hier ist das merkwürdig. Sie wird plötzlich zu einer Nebenstraße und sehr unübersichtlich. Beinahe hätte es einen Unfall gegeben.«
»Da haben sich schon viele beschwert«, lautete die gelassene Entgegnung der rundlichen Wirtin. »Viele hat es dort schon erwischt. Hier ist unsere Speisekarte. Was soll es sein?«
Die Gemütsruhe der freundlichen Frau war frappierend. Auf ein paar Unfälle mehr oder weniger schien es ihr nicht anzukommen, eher schon auf die Bestellung eines Essens.
»Ein Schnitzel, ohne Kartoffeln, dafür eine doppelte Portion Salat«, bestellte Petra. Die robuste Weltanschauung der Wirtin durfte sie nicht davon abhalten, ihrem Körper ein paar solide Kalorien zuzuführen.
»Ohne Kartoffeln? Doppelt Salat? Ganz wie Sie wünschen.«
Nach zwanzig Minuten wurde das Essen serviert. Es duftete lecker. Die gemischte Salatplatte war höchst appetitlich.
Petra schnitt ein winziges Stück von dem Schnitzel ab. Die Wirtin stand noch neben ihr.
»Bitte, könnte ich bei Ihnen für eine Nacht wohnen?«, fragte sie.
»Für eine Nacht? Bei uns?« Das entsprach offenbar nicht dem Geschäftssinn der Guten. »Tut mir leid, wir haben nur drei Gästezimmer, und die sind vermietet.«
»Könnten Sie mir etwas in der Nähe empfehlen?«
»In der Nähe?« Der runde Kopf mit den Apfelbäckchen wiegte sich bedächtig hin und her. »Ja, ich glaube schon. Sehen Sie die Anhöhe dort? Die Hauptstraße führt direkt dran vorbei. Was Sie dort oben sehen, ist übrigens Burg Fünfeichen. Die vermieten natürlich nicht. Dort wohnen die Fürsten von Hardenbeck. Aber unterhalb der Burg geht rechts ein Feldweg ab. Die meisten übersehen ihn. Biegen Sie dorthin ein. Dann kommen Sie zum Eichenhof, wo Sie alles finden, was Sie möchten.«
»Danke.« Petra spießte eine Tomatenscheibe geschickt auf die Gabel. »Das werde ich schon finden.«
Petra trank die Limonade aus.
»Kann ich jetzt bitte noch eine Tasse Kaffee haben?«
Eine halbe Stunde später war sie wieder auf der Hauptstraße und fand nach ungefähr zehn Minuten Fahrt den bezeichneten Feldweg.
Vor ihr auf der Anhöhe – es war fast schon ein Berg – lag im flimmernden Sonnenlicht die Burg der Fürsten von Hardenbeck, die Burg Fünfeichen.
Zwei runde Türmchen, dazwischen ein breiterer Aufbau, alles im Fachwerkstil, überragten die Baumkronen der dicht bewaldeten Anhöhe.
Petra verlangsamte die Fahrt und schaute entzückt nach oben. Gleichzeitig empfand sie so etwas wie Ehrfurcht.
Schlösser und Burgen hatte sie schon genug gesehen, aber sie waren entweder zu Museen oder Hotels umgebaut worden oder verfallene Ruinen gewesen. Aber eine Burg, die heute noch von einem Fürsten und seiner Familie bewohnt wurde, das war schon etwas Besonderes.
Sie hatte den Feldweg erreicht, betätigte den Blinker und wollte abbiegen, aber Mucki wurde plötzlich aufsässig. Er tuckerte und stand schließlich still. Genau an der Biegung von der Hauptstraße in den Feldweg.
Seufzend stieg Petra aus. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Wie weit mochte es noch bis zum Eichenhof sein? Oder sollte sie lieber gleich zurück ins Dorf gehen? Sie würde sicher länger als eine Stunde brauchen. Bei der Hitze war das nicht sehr verlockend.
Dreimal ging Petra um ihren Mucki herum. Sie öffnete die Motorhaube und starrte in das Gewirr von Drähten und Zuleitungen. Alles, was sie entdecken konnte, war, dass der Motor nicht gerade neu aussah.
Betrübt schaute sie nach links und rechts. Wenn doch wenigstens ein Auto vorbeikommen würde. Ob auf dieser Straße überhaupt Verkehr war? Sie erinnerte sich plötzlich, dass ihr während der zehnminütigen Fahrt kein Wagen begegnet war.
Plötzlich hörte sie ein sich rasch näherndes Motorgeräusch. Vielleicht war das die Rettung in der Not?
Mit beiden Armen winkend, stellte sie sich auf die Straße, noch ehe sie ein Auto sah.
Es kam aus der gleichen Richtung, aus der sie gekommen war. Eine schwere schwarze Limousine, mindestens in Muckis Alter, aber äußerst gepflegt und elegant.
Die Limousine stoppte sofort. Ein junger Mann stieg aus, sehr dunkelhaarig, sehr sonnengebräunt. Er trug ein kurzärmeliges Tropenhemd und helle Leinenhosen und wirkte trotz seines saloppen Aufzuges eleganter als sein Auto.
»Panne gehabt, gnädiges Fräulein?«, fragte er mit einem Blick auf die geöffnete Motorhaube.
Petra hob hilflos die Schultern.
»Vermutlich ja. Mucki will nicht mehr.«
»Mucki? Einen Hund haben Sie auch bei sich?«
Wider Willen musste Petra lachen.
»Nein, Mucki ist mein Auto. Wir beide gehören schon seit einer Ewigkeit zusammen, und deshalb habe ich ihm einen Namen gegeben.«
»Seit einer Ewigkeit, aha.« Der junge Mann stimmte in ihr Lachen ein. Seine Stimme war tief und warm. »Mein Kompliment, gnädiges Fräulein. Sie haben sich besser gehalten als Ihr Auto.« Fachmännisch machte er sich an Muckis komplizierten Innereien zu schaffen, um dann bedauernd den Kopf zu schütteln. »Tut mir leid, der Defekt kann nur in einer Werkstatt behoben werden. Darf ich Ihnen meine Hilfe anbieten?«
»Wenn Sie wüssten, wie froh ich darüber bin.« Sie nahm das Angebot ohne Gewissensbisse an. Der junge Mann machte einen sympathischen und vertrauenerweckenden Eindruck. »Würden Sie mich zurück ins Dorf fahren? Vielleicht kennen Sie dort eine Werkstatt?«
»Im Dorf dort?« Er deutete mit dem Kopf nach rückwärts. »Dort ist keine Werkstatt. Darf ich fragen, welches Ziel Sie haben?«
»Ich wollte zum Eichenhof.«
»Die Tankstelle neben dem Eichenhof führt zwar kleinere Reparaturen aus, aber mit Ersatzteilen ist sie nicht sehr gut ausgerüstet. Die müssten entweder aus der Stadt geholt werden, oder Mucki muss in die Stadt abgeschleppt werden.«
»Würden Sie so nett sein und mich zum Eichenhof fahren?«
»Darf ich Ihnen einen anderen Vorschlag machen?«
»Welchen?«, fragte Petra verwundert.
»Seien Sie mein Gast. Ich werde Anweisungen geben, dass Mucki in jeder Hinsicht gut versorgt wird.«
»Ihr Gast? Aber ich kenne Sie doch gar nicht. Sie können doch Ihrer Frau oder Ihren Angehörigen nicht ohne Weiteres zumuten, mich zu beherbergen.« Petra war zurückhaltender geworden. Solche Annäherungsversuche behagten ihr nicht, dabei sah der Mann gar nicht so aus, als würde er jede Gelegenheit zu einem Abenteuer ergreifen oder gar suchen.
»Verheiratet bin ich nicht«, entgegnete er lächelnd. »Und meine Angehörigen pflegen gutzuheißen, was ich anordne.«
»Nein, ich möchte nicht.«
»Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle.«
»Danke, ich lege keinen Wert darauf.« Unwillkürlich wanderte Petras Blick zu den Fachwerktürmchen von Burg Fünfeichen.