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Was passiert mit den Regentropfen, wenn sie ins Meer fallen? Warum mischen sich Himmel und Ozean nicht miteinander? Luc ist zwar ein kleiner Delfin, doch seine Neugier ist riesengroß. Eines Tages will er herausfinden, wo die Lichtfinger enden, die die Sonne in die blauen Tiefen sendet. Ganz vertieft in diese Frage verfängt er sich in einem Fischernetz. Seine Mutter befreit ihn, wird aber selbst gefangen genommen und verschleppt. Luc will sie finden. Er durchstreift die Wellen auf der Suche nach ihr und erlebt dabei spannende Abenteuer. Er begegnet gefährlichen Meeresbewohnern aber auch neuen Freunden. Werden die ihm helfen, seine Mutter zu befreien?
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Seitenzahl: 48
Vorwort
Luc
Finger aus Licht
In unsichere Gewässer
Gefangen
Im dunklen Strom
„Bibibububaba“
Peer, Pirat
Die Salzfee
Der große Strudel
Am Muschelgrund
Ein Schwert im Brotkasten
Nach San Diego
Hainoon
Ludmillas Unterwasserzirkus
Ein Plan!
Haben Sie ein Telefon?
Luc, der Köder
Sonnenaufgang am Meeresgrund
Zu Hause
In den Wellen liegt ein Zauber, dem wir uns nicht entziehen können.
Die Abenteuer, die Luc erlebt, handeln, wie alle Geschichten in der Edition Ilsestein, vom Aufbrechen und Ankommen: Sich in ungewohntes Gelände vorwagen und sich auf Gewohntes neu einlassen – zu beidem braucht es Mut.
Herausforderungen annehmen und Veränderungen gelassen begegnen, das sind Zauberkräfte, die man sich nicht früh genug aneignen kann. Luc, der neugierige Delfin, lädt Kinder dazu ein.
Björn Kiehne Playa Quemada, Lanzarote im Winter 2022
Luc wartet die ganze Nacht. Die Herde schwebt schwerelos im Wasser. Dunkle Schatten, die ihn fürsorglich umgeben. Es ist nicht einfach, sich von Amma zu lösen, ohne dass sie etwas bemerkt. Seit Luc geboren wurde, bleibt sie immer in seiner Nähe. Sie will, dass sie ihn immer an ihrer silbergrauen Haut spüren kann. Nur so kann sie sicher sein, dass ihm nichts zustößt. Sie ist nicht vorsichtiger als andere Delfinmütter, nur ihr Sohn, der ist anders.
Luc hatte sofort ein riesengroßes Fragezeichen in seinen Augen gehabt, nachdem er aus ihr herausgerutscht war. Er ist neugierig. Neugierig sein, das gilt in der Herde des alten Mo nicht als etwas Schlimmes, doch man soll in Maßen neugierig sein. Und das ist Luc ganz bestimmt nicht.
Mit seiner schmalen Nase flitzte er nach seiner Geburt sofort am Körper seiner Mutter entlang, zu den Tanten, Onkeln, Cousins und Cousinen, um alles genau zu untersuchen. Sobald er die Klickklack-Sprache der Delfine beherrschte, fragte er alle möglichen Sachen, zum Beispiel: Warum sich das Meer nicht mit dem Himmel mischt; was mit den Regentropfen passiert, wenn sie einmal durch die Wasseroberfläche gefallen sind; warum er nicht bis zum Meeresgrund ganz tief unten soll; ob es da Seeungeheuer gibt oder vielleicht Meerjungfrauen. Er hatte so viele Fragen, dass seine Altersgenossen sich schon in Sicherheit brachten, wenn sie ihn nur sahen.
Vor einigen Tagen hat Luc etwas beobachtet und das will er sich jetzt genauer ansehen. Es war ihm mehr zufällig aufgefallen, als die Herde nach dem Luftholen wieder abtauchte. Er sah, wie kleine leuchtende Finger aus Licht von oben bis zum Meeresgrund zeigten. Sie kamen von der Wasseroberfläche und stachen dann durch das dunkle Blau hinab in die Tiefe. Irgendwo da unten verloren sie sich. Wo, das konnte Luc nicht erkennen. Aber er wollte es unbedingt wissen. Er hielt es kaum aus, es nicht zu wissen! Die ganze Sache faszinierte ihn so sehr, dass er sogar vergaß, die anderen zu fragen. Das war etwas, das er gern allein herausfinden wollte. Und allein, das hieß auch wirklich allein. Er wollte nicht immer Ammas Flosse um sich haben, die ihn jetzt wieder nah an sich herandrückte. Nein, das Geheimnis von den Lichtfingern, das wollte er selbst lösen. Und so hat er sich einen Plan zurechtgelegt. Früh morgens, eigentlich noch in der Nacht, wenn die anderen Delfine schlafen, würde er sich vorsichtig aus der träumenden Herde lösen und dann an den Ort schwimmen, an dem er die geheimnisvollen Finger gesehen hatte. Und genau das tut er nun. Vorsichtig, ganz vorsichtig entfernt er sich von Amma, Millimeter für Millimeter. Er beobachtet sie dabei. Wird sie etwas merken? Sie zuckt zusammen, lässt ein paar Luftblasen frei und – schläft weiter. Ups, das war knapp. Jetzt schiebt sich Luc unter dem Bauch von Vater Mo hindurch und auch der merkt nichts! Der alte Mo sagte ihm immer: Pass auf mit deiner Neugier, die führt dich in unsicheres Gewässer. Da musste Luc immer kichern. Der alte Mo war weise. Er hatte schon viele Herausforderungen bestanden und kannte die meisten Tiere im Ozean. Man munkelte in der Herde, dass er dabei war, als einmal ein kleiner gestreifter Korallenfisch verzweifelt durch die Meere schwamm. Er soll ihm durch kleine silberne Fische Zeichen gegeben haben. Aber keiner in der Herde weiß genau, was damals geschehen war. Vergnügt lässt sich Luc nun zur Wasseroberfläche treiben und durchstößt sie. Die Luft ist kühler als das Wasser. Es ist tiefschwarze Nacht. Noch versteckt sich der Morgen hinter dem Horizont. Er nimmt einen tiefen Atemzug. Die Luft wird er brauchen. Die Nacht geht vorbei, das spürt er. Er hebt seine lange Schnauze leicht aus dem Wasser,um den Punkt auszumachen, an dem er die Lichtfinger gesehen hat. Genau, da hinten war es. Er schwimmt mit kräftigen, aber nicht zu lauten Flossenschlägen in diese Richtung. Die Wasseroberfläche ist spiegelglatt, kein Windhauch wühlt sie auf, und der Mond nimmt ein Bad und verschwindet. Luc atmet noch ein paar kräftige Atemzüge und schwimmt weiter.
Schneller und schneller, das macht Spaß! In kürzester Zeit hat er ein paar hundert Meter zurückgelegt. Er lugt aus dem Wasser: Ja, hier muss es sein. Zufrieden lässt er sich ein paar Meter in die Tiefe sinken und wartet. Gespannt sieht er sich um. Noch ist alles so, wie es in der Nacht sein soll: still, dunkel, geheimnisvoll. Doch langsam verändert sich etwas. Er sieht, dass sich der Himmel langsam in hellere Farben kleidet und es über ihm zu schimmern beginnt. Er kann spüren, wie das Meer langsam in Bewegung gerät: die Geräusche der Muscheln am Grund, die mit ihren Schalen klappern, das Krabbeln der Krebse auf den Felsvorsprüngen und irgendwo, ganz weit weg, das Singen eines Wals. Dann schießt ein Lichtfinger hinab ins Tiefblau. Das geht so schnell, dass Luc es nicht gleich bemerkt. Er folgt flink dem hellen