LuderLeben | Erotischer Roman - Laura Lee Logan - E-Book

LuderLeben | Erotischer Roman E-Book

Laura Lee Logan

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Beschreibung

Dieses E-Book entspricht 200 Taschenbuchseiten ... Mary ist Single aus Leidenschaft und genießt die unverbindlichen erotischen Abenteuer, die sich ihr bieten - mit dem Sachbearbeiter auf dem Amt, dem attraktiven Lkw-Fahrer, dem Fotografen beim erotischen Fotoshooting, einem fremden Pärchen auf einer SM-Party oder mit ihrem Liebhaber und seiner Freundin. Da meldet sich eines Tages vollkommen überraschend ein ehemaliger Klassenkamerad bei ihr und erobert langsam, aber sicher ihr Herz. Wird sie sich für die Liebe öffnen oder bleibt sie ihrem Luderleben treu? Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.

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Seitenzahl: 277

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Impressum:

LuderLeben | Erotischer Roman

von Laura Lee Logan

 

„Die Musik, die Menschen um sie herum. Einfach alles ist weit weg, als sie sich – in die Augen des anderen versunken – annähern. Dieser Moment vor dem Kuss. Diese Spannung. Das Gefühl, alles sei möglich. Der Wunsch, dass mehr passiert. Dass aus Lust Leidenschaft wird. Endlich berühren sich ihre Lippen, sanft und doch voll Verlangen ...“Dort wo viele Liebesgeschichten enden, fängt Laura Lee Logan erst an, denn sie weiß: Liebe, Lust und Leidenschaft sind untrennbar miteinander verbunden und enden nicht an der Schlafzimmertür.Die 1983 in der Nähe von Köln geborene Autorin ist fasziniert von den kleinen Liebesdramen, die zwar nicht unbedingt ein Happy End, aber viel Leidenschaft bieten und vielleicht sogar einen Blick auf die Abgründe der menschlichen Seele erlauben. Mit „Der betörende Duft von Jasmin“ gelingt ihr Debüt im Erotik-Genre. Zuvor veröffentlichte sie unter anderem Namen und in anderen Genres Kurzgeschichten in verschiedenen Anthologien.

 

Lektorat: Marie Gerlich

 

 

Originalausgabe

© 2022 by blue panther books, Hamburg

 

All rights reserved

 

Cover: © wisky @ 123RF.com

Umschlaggestaltung: MT Design

 

ISBN 9783750750838

www.blue-panther-books.de

1. Kapitel

Geduld ist eine Tugend, so heißt es doch, nicht wahr? Aber offensichtlich eine Tugend, derer ich nicht mächtig bin, zumindest im Moment nicht, dachte Mary und sah frustriert auf die Uhr ihres Handydisplays. Schon seit einer Stunde wartete sie auf den Beginn ihres Termins. Der Sachbearbeiter, der sich um ihre Hilfsgelder kümmerte, war mal wieder mehr als überfällig, was für ihn keine Seltenheit war. Für ihn ist Geduld wohl kein Fremdwort, dachte sie entnervt an den Mann, dem sie gleich – irgendwann – gegenübersitzen würde. Eigentlich mochte sie ihren Sachbearbeiter Herrn Stern sehr gern und tatsächlich war er ein Typ, der ihr schon das eine oder andere Mal in ihren Träumen begegnet war. Er war jung mit sportlicher Figur, hatte ein hübsches, glatt rasiertes Gesicht, das von dunklem Haar eingerahmt wurde, und meist freundlich strahlende graue Augen. Allerdings – und das war für sie das größte Manko an diesem sonst so netten Mann – war er von der langsamen Sorte. Er verfügte über die Geduld, an der es ihr fehlte, und schien sich überhaupt immer für alles Zeit zu lassen, frei nach dem Motto: Gut Ding will Weile haben.

Alles in allem pflegte sie ein gutes Verhältnis zu diesem Mann, der ihr gleich hoffentlich die positive Nachricht überbringen würde, dass die nötigen Hilfsgelder bewilligt worden waren, die sie dabei unterstützen sollten, ihre Selbstverwirklichung weiter voranzutreiben: ihren zweiten Roman. Eine Fortsetzung des Endzeit-Science-Fiction-Romans, den sie bereits selbst veröffentlicht hatte. Bisher hatte sie keinen Verlag gefunden, der genug Potenzial in dem Niemand, der sie war, gesehen hatte, um ihr und ihrem Buch eine Chance auf dem Markt zu geben. Also hatte sie es mit Selfpublishing versucht und dort eine doch recht positive Resonanz erhalten, auch wenn es nicht genug abwarf, um ihren Job als Kellnerin in Libbys Diner aufzugeben und sich gänzlich dem Schreiben zu widmen. Zu guter Letzt hatte sie Herrn Stern nahegelegt, sich doch mal ein Bild von ihren Fähigkeiten zu machen und sich ein Exemplar ihres Erstlingswerkes zu besorgen. Er hatte ihr versichert, dass er dies tun werde, und sie war gespannt, ob er ihr heute auch eine konstruktive Kritik dazu geben konnte.

Sie kramte ihren Terminkalender aus der Handtasche und blätterte auf den heutigen Tag. In weiser Voraussicht hatte sie für heute erst einmal keine weiteren Pläne gemacht und das war auch gut so, denn diese hätte sie nun alle nach hinten verschieben müssen.

Sie blätterte zurück zu ihrer To-do-Liste, in die sie immer eintrug, was in der nächsten Zeit wichtig war. Dabei stellte sie fest, dass sie noch einige Dinge zu erledigen hatte.

Kfz-Werkstatt / Inspektion Olli

Klassentreffen im Chez Grande Mio?

Fotoshooting bei Simone

Cocktailabend mit Susan

Jamals Salon zum Hairtuning (am besten noch vor Fotoshooting)

Sie rollte mit den Augen bei dem Gedanken, was die Inspektion ihres metallicgrünen Käfer Cabrios, das sie liebevoll Olli nannte, wieder kosten würde. Doch als sie sich in Erinnerung rief, was sie schon alles mit dem Auto erlebt hatte, musste sie gleich wieder lächeln.

So dachte sie an ihre erste Fahrt mit Olli zum See. Sie hatte erst zwei Wochen vorher ihren Führerschein erhalten. Also war es an ihr zu fahren, damit sie Fahrpraxis erhielt. Es war ein extrem heißer Tag damals. Mary hatte Ollis Dach heruntergeklappt und genoss den Fahrtwind in ihrem langen, braunen, leicht gelockten Haar, während sie und Rebecca, ihre Freundin und treue Gefährtin seit Jugendtagen, nur im Bikini im Auto saßen. Plötzlich wurden sie von einem jungen Polizisten angehalten. Der Blick des Polizisten, als ihm auffiel, dass die beiden Frauen kaum etwas am Leibe trugen, war göttlich belustigend. Seine Wangen liefen tomatenrot an und er versuchte es zu vermeiden, die beiden jungen Frauen anzusehen. Offenbar hatte er so etwas in seiner bisher kurzen Dienstzeit noch nicht erlebt. Bei dem Versuch, Mary zu sagen, dass sie zu schnell gefahren sei, überschlugen sich seine Worte dermaßen, dass er schlussendlich aufgab und sie ohne Strafzettel weiterfahren ließ.

Nun fiel ihr Blick auf den Eintrag mit dem möglichen Klassentreffen. Ob sie hingehen wollte, wusste sie allerdings noch nicht so recht. Sie hatte erst vor zwei Tagen durch den Beitrag in einer Facebook-Gruppe, zu der sie scheinbar unfreiwillig eingeladen worden war, davon erfahren. Dem Nachrichtenverlauf war zu entnehmen, dass Elisa May, ehemalige Simmons, in die Gruppe gefragt hatte, ob denn jetzt alle von damals drin seien. Danny Smith hatte daraufhin geschrieben: Nein, Mary Ellen Carter fehlt noch.

Darunter stand Elisas Antwort: Ach, ja. Mary.

Traurig hatte sie so feststellen müssen, dass sie auch heute noch nur ein Ach, ja war. Ein Niemand, an den man sich nicht einmal mehr erinnerte, weil man sie auch nicht wahrgenommen hatte, als sie noch präsent gewesen war.

Sie legte ihren Kalender wieder in die Tasche und klickte gelangweilt die Beiträge dieser Klassen-Facebook-Gruppe durch. Verschiedene Leute hatten Bilder von ihrer Abschlussfahrt gepostet. Wenn man nur nach den Bildern gegangen wäre, hätte man nicht ahnen können, dass Mary auch dort gewesen war, denn sie war auf keinem einzigen Bild zu entdecken. Wie hatte sie das damals nur überstanden? Denn sie wusste ganz genau, dass sie an der Fahrt teilgenommen hatte, auch wenn es hier und jetzt nicht sichtbar war. Sie erinnerte sich auch an den kleinen Flirt mit dem Sohn des Hotelbesitzers, der sie immer Mi Corazón – mein Herz – genannt hatte. Sie hatte seine Aufmerksamkeiten genossen, ohne zu viel jugendliche Verliebtheit zu investieren. Schließlich wusste sie nicht ansatzweise, über wie viele Herzen der junge Mann verfügte.

Plötzlich ploppte eine Nachricht über den Messenger auf. Dannys Profilfoto erschien mit der Nachricht Hi, wie geht’s? und einer winkenden Hand.

»Was will der denn jetzt von mir?«, murmelte sie leise vor sich hin.

»Mary Ellen Carter, bitte«, hörte sie eine ihr wohlbekannte Männerstimme. Offenbar musste die Antwort auf die Frage, was Danny von ihr wollte, noch warten. Denn jetzt hatte Herr Stern endlich Zeit für sie und das war um einiges wichtiger als ihre ehemaligen Klassenkameraden.

»Schön, Sie wiederzusehen«, begrüßte Herr Stern Mary im Wartebereich. Er reichte ihr kurz, aber fest die Hand, ehe er ihr mit einer galanten Geste den Weg in sein Büro wies. »Wir haben hier ein wenig umstrukturiert, seit Sie zuletzt hier waren, deswegen gleich bitte rechts in den Flur und nicht mehr nach links«, erklärte er.

Mary folgte seinen Anweisungen und betrat vor ihm das kleine Büro, das ob der Papierberge recht unordentlich wirkte. Offenbar hatte der Mann verdammt viel zu tun. Entweder braucht er deshalb so lange. Oder aber es stapelt sich alles, weil er so lange für jeden einzelnen Fall braucht,ging Mary durch den Kopf.

»Bitte, setzen Sie sich doch«, sagte Herr Stern freundlich, ehe er sich ihr gegenüber auf die andere Seite des Schreibtischs setzte. Er schien erleichtert darüber, dass nun diese wuchtige Holzplatte zwischen ihnen lag. Tatsächlich wirkte er an diesem Tag irgendwie angespannt und nicht so locker wie sonst, während Mary wie immer ganz unbedarft und fröhlich dort saß und darauf wartete, was er ihr zu sagen hatte.

»Ich habe Ihren Roman gelesen«, begann der gut aussehende Mann, dessen hellgraue Augen etwas unsicher dreinblickten.

»Und?«, fragte Mary erwartungsvoll, auf eine gute Kritik zu ihrer Story hoffend. Das würde ihr die Motivation geben, an einer Fortsetzung zu arbeiten, zumal sie das Ende so weit offen gelassen hatte, dass ein Nachfolger durchaus möglich war.

»Ich habe davon Albträume bekommen«, sagte er.

»Oh je. War er so schlecht? Was haben Sie denn geträumt, wenn ich fragen darf?«, fragte Mary etwas schockiert ob dieser vernichtenden Aussage, aber auch aus Neugier darüber, was denn daran so schlimm gewesen war, dass es ihm die Nachtruhe geraubt hatte. Eigentlich war ihr Schreibstil bisher als gut befunden worden, zumindest wenn man den wenigen Rezensionen Glauben schenken konnte.

Herr Stern zögerte.

Mary hoffte, ihn dazu verleiten zu können, endlich offen zu sprechen. »Sie werden mich doch wohl nicht betteln lassen? Ich brauche konstruktive Kritik, damit ich daraus lernen kann. Also, was an dem Buch war so schlecht, dass es Ihnen Albträume bereitet hat?«

»Nun. Es ist ein wenig peinlich.« Er griff sich verlegen an den Hinterkopf und kratzte sich dort. »Es ist nicht das Buch selbst. Im Gegenteil. Ihr Schreibstil ist flüssig, wirklich sehr locker zu lesen – was, wie ich finde, voll Ihrem Wesen entspricht. Auch das Thema war interessant, durchaus filmreif, wenn Sie mich fragen. Aber da war eine Szene, die hat sich in mich eingebrannt und mich schlecht schlafen lassen«, erklärte er.

»Ach, es war doch nur ein Traum. Für die Bilder in unserem Kopf können wir nichts. Da braucht Ihnen also nichts peinlich zu sein«, sagte Mary erleichtert darüber, dass seine Kritik über das Buch doch nicht so schlimm war, wie sie gedacht hatte. »Was haben Sie denn geträumt?«, hakte Mary nach, denn jede Information war wichtig. Wenn es eine Szene gab, die ihm Albträume machte, war es durchaus möglich, dass diese auch bei anderen Lesern nicht besonders gut ankam.

Wieder zögerte er, kratzte sich erneut am Hinterkopf. »Ich habe die Vergewaltigungsszene mit realen, anwesenden Personen geträumt«, murmelte er beschämt und deswegen äußerst schnell, sodass sie ihn zunächst kaum verstand.

»Sie bezeichneten diesen Akt als Albtraum. Warum?«, fragte Mary ruhig und überging die Tatsache, dass er von anwesenden Personen gesprochen hatte. Innerlich rührte es sie natürlich, dass sie offenbar in seinem Sex-Traum mitgespielt hatte, auch wenn dieser wohl von eher grober Natur war, was wohl weniger seinem Naturell entsprach.

»Ich hab Ihnen wehgetan und hab mich in der Rolle, die ich in dem Traum hatte, sehr unwohl gefühlt und gleichzeitig auch wieder nicht. Es hat mir selbst wehgetan und gleichzeitig Freude bereitet, Sie zu verletzen und mich Ihnen gegen Ihren Willen aufzudrängen«, versuchte er Mary, aber wohl auch sich selbst, dieses emotionale Wirrwarr zu erklären.

Mary rief sich besagte Szene in Erinnerung. Sofort spürte sie den Reiz der Vorstellung, dass Herr Stern und sie ihre nackten Körper aneinander rieben, innig vereint und nicht mehr Herr ihrer Sinne, nur noch den animalischen Trieben folgend, denen selbst der disziplinierteste Mensch unterliegen kann. Dass er sich in seinem Traum auf grobe Weise nahm, was er begehrte – zumindest unterstellte Mary ihm in diesem Moment eine gewisse Begierde –, machte die Vorstellung für sie noch aufregender.

»Wie lange ist es her, dass Sie den Roman gelesen haben?«, fragte Mary ihr Gegenüber so nüchtern, wie es ihr möglich war.

»Etwa zwei Wochen«, antwortete er.

»Und in welcher Nacht hatten Sie diesen Traum?« Sie war nun einfach zu neugierig, außerdem hatte sie eine kleine Ahnung, die sie bestätigt wissen wollte.

Wieder zögerte er die Antwort etwas hinaus. »In der letzten Nacht.« Er wurde rot.

»Hm.« Mary dachte nach. »Das ist ja hochinteressant«, spielte Mary ein wenig Hobbypsychologin, indem sie versuchte, ihr Gegenüber zu analysieren.

»Was?«, fragte er. »Nicht, dass Sie da jetzt etwas falsch verstehen …«

»Da gibt es nicht viel falsch zu verstehen. Sie träumen von dieser pikanten Szene …«, schnitt Mary ihm das Wort ab, jedoch nicht böswillig, sondern in einem ruhigen, fast schon gelassenen Tonfall. »Und zwar ausgerechnet in der Nacht, bevor wir beide einen Termin miteinander haben, obwohl Sie den Roman schon vor einiger Zeit beendet haben. Also hat es mit der akuten Verarbeitung des Gelesenen nichts zu tun.«

»Bitte, glauben Sie mir, das hat nichts mit uns beiden zu tun«, versuchte Herr Stern zu beschwichtigen.

»Hat es nicht? Sind Sie sicher?« Nun lächelte Mary leicht provokant. »Ich denke, Sie verarbeiten damit diese Situation hier.« Sie beobachtete den immer nervöser dreinblickenden Mann genau und es machte ihr Spaß, den sonst so strukturierten und kontrollierten Mann so aus der Fassung zu bringen.

»Was hat das mit unserem Gespräch zu tun?«, wollte er fast schon irritiert wissen.

»Lassen Sie es mich erklären. Was ist eine Vergewaltigung rational betrachtet, wenn wir das Körperliche außer Acht lassen? Eine Demonstration von Macht. Der Täter übt Macht über sein Opfer aus. Er entscheidet, ob er ihr gegenüber grob ist oder nicht, ob er sie tötet oder am Leben lässt«, erklärte Mary. Natürlich war ihr bewusst, dass es zumindest für das Opfer weit schlimmere seelische Folgen hatte, darüber gab es nichts zu diskutieren. Jedoch ging es diesmal um die Frage, was den Täter antrieb.

Der Mann stimmte ihr stumm und interessiert nickend zu.

»Man kann die Metapher der Vergewaltigung auch ansatzweise auf unsere Situation anwenden«, führte sie ihre Erklärung weiter. »Denn Sie befinden sich mir gegenüber in der Machtposition. Mit dem Ordner, der sämtliche Zahlen meines Lebens enthält, bestimmen Sie, wie es künftig um meine Finanzen bestellt ist, oder ob ich am Hungertuch nagen muss …«

»Das kann …«

»Lassen Sie mich bitte weiter erklären«, unterbrach Mary seinen Einwurf bestimmend, bevor es zu einem Wortgefecht kommen konnte. Sie versuchte nun, ihre Worte ganz genau abzuwägen, denn sie war erregt von der Tatsache, dass er von ihr geträumt hatte und dass es ihn verlegen machte. Sie wollte sehen, ob sie fähig war, ihn dazu zu bringen, seinen Traum wahr werden zu lassen, mit ihr ein sexuelles Erlebnis zu haben, wenngleich nicht in der Art und Weise, wie er es in ihrem Buch gelesen hatte. Zudem war sie selbst gerade ein wenig auf Sexentzug, da sie seit gut einem Monat kein erotisches Abenteuer mehr erlebt hatte, nicht einmal mit Marc. So versuchte Mary es also bei diesem Mann, demgegenüber sie nicht abgeneigt war, da er ihr selbst bereits öfter schöne Nachtfantasien verschafft hatte, auch wenn sie es nie offen zugeben würde.

»Stellvertretend für mein Konto sitze ich doch jetzt quasi nackt vor Ihnen und mir sind die Hände gebunden. Mit jedem Blick in diesen Ordner, auf meine Kontoumsätze, haben Sie einen Knopf meiner Bluse geöffnet, mir den Rock hochgeschoben, mich komplett ausgezogen.«

Der Blick des Mannes wanderte unwillkürlich auf ihren Körper und dessen Reize. Sein Gesicht zeigte, dass seine Gedanken ihr in ihre Vorstellung folgten.

»Mit dem Griff zu Ihrem Taschenrechner öffnen Sie meine Schenkel und während Sie rechnen, stoßen Sie zu. Mal fester, mal zärtlicher. Je nachdem, ob es für mein Konto beziehungsweise für meine künftige finanzielle Situation gut oder schlecht ist. Und ich kann nichts dagegen machen. Ich kann nur hoffen, dass ich am Ende überlebe.«

Er atmete kräftiger und seine Augen hatten nun den Glanz der Begierde. Ein Glanz, der Mary unmäßig reizte und bisher unausgesprochene Sehnsüchte in ihr weckte.

»Sie haben recht. Von diesem Gesichtspunkt aus gesehen, sind die Situationen zumindest im Kern vergleichbar.« Er versuchte, sachlich zu klingen, doch es gelang ihm nicht. Mary vermutete beziehungsweise hoffte, dass in seiner Hose bereits eine Beule sichtbar war.

»Aber ich bin kein Vergewaltiger. Ich habe …«

»Das stimmt«, unterbrach sie ihn erneut, denn sie spürte innerlich, dass sie ihn fast da hatte, wo sie ihn haben wollte. »Das sind Sie wirklich nicht. Sie haben Ihre schärfste Waffe gegen mich vom ersten Moment an zur Seite gelegt. Sie sind eher der Genießer.«

»Genießer?«, fragte er interessiert.

Mary beließ es bei dieser Sex-Metapher, um ihn zu animieren, sein kühles Bürokratenwesen beiseitezuschaffen und sich endlich den Gelüsten hinzugeben, die ihn bereits bis in seine Träume verfolgt hatten. »Oh ja. Ich musste nun acht Wochen auf diesen Termin warten und heute haben Sie mich auch noch gut eine Stunde im Wartebereich sitzen gelassen. Ich vermute, Sie haben es genossen, jeden einzelnen Posten meines Kontos noch einmal genau zu analysieren, haben jeden Knopf meiner Bluse ganz langsam geöffnet und in sich aufgesogen, was Sie darunter entdeckt haben – samtig weiche, warme Haut. Sie haben Ihren Rechner genommen und alle Umsätze noch einmal ganz genau durchgerechnet, auf dass Ihnen bloß kein Fehler unterläuft, und damit sind Sie Zentimeter um Zentimeter in einer quälenden Langsamkeit in mich eingedrungen.«

Mary wusste, dass sie sich auf dünnem Eis bewegte, und doch beugte sie sich über den Schreibtisch nach vorn und wanderte mit Zeige- und Mittelfinger über einen Ausdruck ihrer Kontoumsätze. Dadurch kam sie ihm verdächtig nahe und konnte ihm ihr Dekolleté präsentieren, sodass es ihm nicht möglich war, wegzusehen.

Er schluckte, seine Augen weiteten sich. Aber offensichtlich wollte er weiterhin der beherrschte Bürokrat sein, sich keinen unbeschwerten, lustvollen Moment erlauben.

»Ich habe Sie doch in den letzten Wochen immer wieder bezüglich meines Falles kontaktiert. Ihnen quasi mein Becken entgegengepresst in der Hoffnung, Sie würden endlich diesen harten, erlösenden Stoß …«, hauchte Mary ihm nun geradezu verführerisch entgegen.

Jetzt war er es, der sie unterbrach. Ein Kuss – wild, leidenschaftlich, voller Begierde, nahm ihr die Worte.

»Ich bin auch kein Genießer. Es hat so lange gedauert, weil ich das Beste für Sie rausholen wollte. Gutes braucht Zeit und das Warten wird sich lohnen«, keuchte er, zog Mary über den Schreibtisch zu sich hinüber und küsste sie erneut. »Du willst den erlösenden Stoß. Ich will dich. Jetzt«, duzte er sie. Offenbar war er über seine professionelle sachliche Art hinaus und nun bereit, seinen Trieben zu folgen.

Mary hatte schon länger geahnt, dass es zwischen ihnen eine gewisse Anziehung gab, aber erst seit er ihr seinen Traum gestanden hatte, war sie sich dessen gewiss. Und endlich war die ganze Anspannung dabei, sich zu entladen. Sie genoss seine Leidenschaft und erwiderte seine Küsse ebenso verlangend wie er die ihren.

»Was für ein Mann soll ich sein, um dich glücklich zu machen?«, flüsterte er ihr ins Ohr, während er mit vor Gier zitternden Fingern die ersten Knöpfe ihrer Bluse öffnete.

»Der Mann, der mich so sehr begehrt, dass er glaubt, sterben zu müssen, wenn er mich nicht berühren kann«, sagte Mary wollüstig.

»Das bin ich doch schon längst«, hauchte er fast atemlos. Er küsste ihren Hals. Seine Lippen wanderten hinunter zu ihren Brüsten, die er mit immer noch bebenden Fingern aus ihrem Gefängnis befreite. Er küsste und streichelte ihre weichen Hügel, die genau in seine Hand passten. Er saugte an ihren Brustwarzen, während er den Busen fest knetete.

Sie stöhnte auf ob der ungeahnten Leidenschaft, zu der der sonst so reservierte Mann fähig war. Sein Feuer war entfacht. Er brachte sie erneut zum Stöhnen, als er an ihren Brustwarzen knabberte, nicht mehr der zarte Genießer, sondern der leidenschaftliche Liebhaber. Gierig, mit einem unbändigen Hunger. Sie drückte seinen Kopf fester gegen ihre weichen Kissen, wollte ihn dort noch intensiver spüren.

»Du magst es offenbar etwas härter«, sagte er und schob ihren Rock hoch. Er streichelte ihre Oberschenkel mit leichtem Druck, ehe er sie öffnete, um mit seiner Hand den heißen Schatz ihrer Körpermitte zu erforschen. Er schob ihren Slip beiseite und berührte sanft ihre Scham, suchte nach der versteckten Perle und rieb sie, bis es ihr fast den Atem raubte.

»Egal, ob hart oder zart. Hauptsache, du nimmst dir, was du willst«, spornte sie ihn an. Schnell und gierig öffnete sie sein Hemd. Ein sportlicher, unbehaarter Oberkörper offenbarte sich.

Seine Haut war heiß, genau wie sein Atem, als er flüsterte: »Wo wir gerade von hart sprechen.« Er führte Marys Hand zu seiner Körpermitte, wo sich ihr ein steifer, vor Erregung leicht pulsierender Penis entgegenstreckte.

Sie hatte gar nicht mitbekommen, wann er sich entblößt hatte, so sehr war sie von seiner Berührung berauscht gewesen. Sie berührte seinen Luststab, führte ihre Hand darauf auf und ab.

Hastig riss er ihr den Slip herunter, sodass sie nur noch mit offener Bluse, nackten Brüsten und einem hochgeschobenen Rock auf seinem Schreibtisch saß. Dann schob er ihre Schenkel noch weiter auseinander, ging vor ihr auf die Knie und ließ sie seine Zunge spüren. Er brachte sie zum Stöhnen, indem er an ihrem Kitzler saugte, und noch mehr, als er daran knabberte – gierig, fast ausgehungert. Als er zusätzlich zwei Finger in ihre sehr feuchte Muschi schob, konnte sie nicht mehr an sich halten und genoss laut stöhnend, wie die Wellen der Lust über ihr zusammenbrachen.

Er stand wieder auf, stellte sich vor Mary, berührte mit seiner Penisspitze ihre nasse Grotte und stieß zu. Nicht langsam, sondern wild und fordernd nahm er sich, was er begehrte.

Mary stöhnte. Sie presste ihm ihr Becken entgegen, sodass er noch tiefer in sie dringen konnte.

Sie fanden einen gemeinsamen Rhythmus. Mal begehrlich hart, dann wieder liebevoll zart. Die Luft war erfüllt von leidenschaftlichem Knistern und lustvollem Stöhnen, bis auch er seinen Höhepunkt erreicht hatte.

Fast schon abrupt endete die ekstatische Vereinigung, als Herr Stern sich Mary schwer atmend entzog und sich schnell wieder zu dem kühlen, kontrollierten, unnahbaren Bürokraten herrichtete, der er eigentlich war.

Auch Mary richtete sich sofort wieder her, setzte sich zurück auf den Stuhl, der ihr ursprünglich zugewiesen worden war. Es störte sie nicht, dass es von einem auf den anderen Moment endete. Im Gegenteil, genauso mochte sie es am liebsten. Schnelle, unkomplizierte Befriedigung, nach der jeder – möglichst ohne peinlich berührte Worte –wieder seiner Wege ging. Letzteres kam nur leider nicht so oft vor, wie sie es sich wünschte. »Nun, Sie sagten eben, dass es so lange gedauert habe, weil Sie das Beste für mich rausholen wollten«, sagte Mary direkt und gut gelaunt, ohne weiter auf die Minuten zuvor einzugehen. »Darf ich das schon als positives Zeichen werten, dass meine Gelder genehmigt wurden?«

»Ja, allerdings, Frau Carter, das dürfen Sie. Die Gelder werden für ein weiteres Jahr genehmigt. Ich hoffe, das verschafft Ihnen die Zeit, die Sie brauchen. In einem halben Jahr sehen wir uns dann wieder, um die Fortschritte zu besprechen. Einen Termin lasse ich Ihnen noch zukommen.«

»Danke, das hilft mir schon sehr viel weiter. Es hat mich gefreut, dass unser Gespräch so positiv verlaufen ist.« Mary zwinkerte ihm zu.

»Mich hat es auch sehr gefreut«, erwiderte er lächelnd, kam um den Schreibtisch herum und führte sie durch die Büroflure zum Wartebereich. Währenddessen begleitete sie eine peinliche Stille, die Mary bestätigte, dass seine Geschäftsgespräche üblicherweise nicht so verliefen. So konnte sie auch nicht vorausahnen, ob sich ein derartiges Stelldichein in einem halben Jahr wiederholen würde. Darauf kam es jetzt aber auch nicht an. Sie hatte, was sie wollte: ihre finanzielle Sicherheit und eine schnelle, unverbindliche Befriedigung.

2. Kapitel

Nun denn, das ist ja ein Grund zum Feiern – dachte Mary bei sich, öffnete zu Hause eine Flasche Wein und machte es sich auf ihrer Couch gemütlich. Es war Zeit für einen Videocall mit ihrer Freundin Rebecca. Sie suchte den gemeinsamen Chatverlauf und klickte auf Rebeccas Profilbild. Interessanterweise zeigte es nicht mehr sie mit ihrer ganzen Familie, also mit Mann Rick und den zwei Kindern, sondern nur noch Rebecca selbst mit den Kindern. Mary drückte auf die kleine Videokamera und die Verbindung baute sich auf. Kurz darauf sah sie eine verheulte Rebecca vor sich.

»Hey, Süße, was ist los?«, wollte Mary natürlich gleich wissen, denn so sah man Rebecca selten.

»Ich hab Rick rausgeschmissen!«

»Was ist passiert?«, hakte Mary nach. »Soll ich lieber gleich vorbeikommen?«

»Ja, bitte.« Rebecca fing erneut an zu weinen.

»Warte, ich bin in ein paar Minuten bei dir.«

Mary legte auf, zog sich schnell wieder ihre Schuhe an und schnappte sich die Schlüssel. Zum Glück hatte sie erst einen Schluck Wein getrunken, so stieg sie in Olli und fuhr so schnell wie möglich zu ihrer Freundin.

Die Haustür stand bereits einen Spalt offen, sodass Mary direkt hineingehen konnte.

Rebecca erwartete sie mit verheultem Gesicht. Sofort nahm Mary die vom Schluchzen bebende Rebecca in die Arme.

»Ach, Süße, jetzt beruhige dich bitte, damit du mir erzählen kannst, was passiert ist. Wo sind die Kinder?«

»Die Mädchen sind im Bett und schlafen schon. Ich habe ihnen gesagt, Papa müsse noch mal auf Montage gehen«, schluchzte Rebecca kaum verständlich, während Mary ihre verzweifelte Freundin ins Wohnzimmer führte und sich mit ihr zusammen auf die weiche Eck-Couch setzte. Mary reichte Rebecca ein Taschentuch, damit sie die Tränen trocknen konnte. Rebecca atmete noch einmal tief durch.

»Bist du bereit?«, fragte Mary vorsichtig nach.

»Ja, ich bin bereit«, flüsterte Rebecca traurig und begann zu erzählen: »Rick war unter der Dusche, während ich etwas zu Essen für uns zubereitete. Sein Handy lag bei mir in der Küche, als es plötzlich vibrierte und eine Nachricht auf seinem Sperrbildschirm erschien. Eigentlich bin ich ja nicht neugierig, aber die Person, die die Nachricht über WhatsApp geschickt hatte, hatte ein weibliches Profilfoto, lange blonde Haare und diesen typischen Schlafzimmerblick. Anstatt eines Namens war da ein Herz-Emoji. Folglich musste Rick sie so abgespeichert haben. Ich las den Text, der auf dem Sperrbildschirm angezeigt wurde: Hey, mein Süßer, war mal wieder schön mit dir. Kurz darauf kam noch eine Nachricht an. Die Blondine namens Herz-Emoji schickte ein Foto, dazu den Satz: Damit du mich nicht vergisst.

Nun war ich neugierig. Ich musste sehen, was ich eigentlich nie sehen wollte und sollte. So schmerzhaft diese Gewissheit auch wäre, ich brauchte sie. Daher lauschte ich, ob Rick noch unter der Dusche war, und öffnete den Chatverlauf. Es war ein Busenfoto. Dralle Brüste reckten sich mir entgegen. Am liebsten hätte ich sein Handy in die Ecke geschmissen. Es fiel mir verdammt schwer, ruhig zu bleiben. Schließlich hätte es ja auch sein können, dass er auf eine dieser komischen Tussis reingefallen war, die Männer immer auf Facebook anfragen, diese Bot-Weiber. Also versuchte ich, diese Megatitten zu übersehen, und konzentrierte mich auf das, was sie geschrieben hatte. War mal wieder schön … Sie mussten also schon länger, was miteinander am Laufen haben. Allerdings konnte ich nicht weiter zurückscrollen, da Rick den Chatverlauf offenbar gelöscht hatte.

Ich sah, dass sie noch online war, und eine weitere Nachricht an Rick schrieb. Ich freue mich schon auf deine nächste Montage. Das war eine wirklich gute Idee von dir. Küsschen erschien als Nächstes. Geschockt schloss ich den Chatverlauf. Er war also gar nicht wirklich auf Montage gewesen. Er hatte es nur vorgeschoben, um Zeit mit ihr verbringen zu können. Entrüstet darüber, dass ich nun die Gewissheit über etwas hatte, das ich vorher schon geahnt hatte, ging ich sofort mit Ricks Handy ins Badezimmer. Ich war sauer, enttäuscht und den Tränen nahe, als ich Rick auf diese Nachrichten und die großbusige, namenlose Blondine ansprach.

Doch Rick sagte nur: ›Ich weiß nicht, was du meinst.‹ Er stellte sich dumm, also öffnete ich den Chat mit Herzchen-Emoji und hielt es ihm vor.

›Vielleicht weißt du es jetzt!‹ In seinen Augen sah ich, dass er sich ertappt fühlte.

Er presste die Lippen zusammen, so wie er es immer tat, wenn er nicht wusste, was er sagen sollte. ›Jetzt stell dich mal nicht so an. Weiß ich, was du so treibst, wenn ich den ganzen Tag auf der Arbeit bin? Wer weiß schon, wie oft du es schon mit jemand anderem getrieben hast?‹, sagte er plötzlich eiskalt, während er sich mit dem Handtuch um die Hüften an mir vorbeischieben wollte.

›Du bist das Allerletzte!‹ Es war wie ein unkontrollierbarer Reflex, der meine Hand regelrecht in Ricks Gesicht fliegen ließ, um ihm sein überhebliches Grinsen auszutreiben. ›Raus! Verschwinde zu deinem Mäuschen. Sie kann es ja offenbar kaum erwarten, dich wiederzusehen.‹

Er schwieg, nahm mir sein Handy aus der Hand, ging ins Schlafzimmer, zog sich an und packte ein paar Sachen in seine Reisetasche.

In diesem Moment tat mir nicht mal weh, dass er mich wohl schon länger betrogen hatte, sondern, dass er so gleichgültig vor sich hin schwieg, dass er nicht einmal versuchte, um uns zu kämpfen. Es schien, als wäre es ihm egal, dass ich ihn gerade des Hauses verwiesen hatte. Meine Gefühle waren ihm egal. Ich war ihm egal. Die Kinder, unsere Familie. Während ich versuchte, die Mädchen abzulenken, damit sie nicht allzu viel von dem Ärger mitbekamen, hatte er schon wortlos das Haus verlassen. Nicht einmal von den Mädels hat er sich verabschiedet.«

Erneut begann Rebecca bitterlich zu weinen. Mary konnte nichts weiter tun, als ihre Freundin in den Arm zu nehmen. Und da war er wieder, der Grund, weswegen Mary sich keinen Ehemann hielt und das Luderleben bevorzugte. Der Mann an sich. Männern wurde einfach zu schnell langweilig, wenn sie sich einer Frau sicher waren, wenn sie ihr den Ring an den Finger gesteckt hatten und sich damit ihrer Versorgung sicher waren. Wenn sie sicher sein konnten, dass ihr Heim sauber gehalten wurde, sie täglich eine frisch gekochte Mahlzeit bekamen und gleichzeitig noch für ihr körperliches Wohlbefinden gesorgt wurde. Was hatte Mary gelernt? Eine Frau muss nur drei Berufen nachgehen können: eine gute Hauswirtschafterin im Wohnzimmer, eine Köchin in der Küche und eine Hure im Schlafzimmer. Doch welcher Mann war einer solchen Frau heutzutage noch würdig? Offenbar hatte sie sich geirrt, als sie dachte, Rebecca hätte mit ihrem Rick einen Glücksgriff gemacht. Und sie selbst hatte schon genug Sex mit Männern gehabt, an dessen Ringfinger ein Ring glänzte und die dieses Unterpfand der Liebe und Treue mit Füßen getreten hatten, um zu wissen, dass es keinen Mann gab, der einer guten Frau würdig war.

»Ich weiß wirklich nicht, was ich jetzt machen soll. Ich weiß nicht einmal, wo er hin ist, und ans Handy geht er nicht. Wir müssen doch wenigstens klären, wie wir das mit den Kindern machen.« Rebecca klang verzweifelt.

»Ehrlich? Darüber machst du dir Gedanken? Ich denke, es ist jetzt wichtiger, zu schauen, was du tun kannst, um für die Mädels und dich das Beste aus der Sache rauszuholen. Du fängst ein neues Leben an, als freie Frau, und zeigst deinen Töchtern, wie es ist, unabhängig zu sein.«

»Ja, genau. Darum geht es, mir Schritt für Schritt ein neues Leben aufbauen. Gleich morgen rufe ich bei einem Anwalt an, damit auch alles korrekt über die Bühne geht.«

»So ist es richtig«, sagte Mary aufmunternd.

»Danke, dass du für mich da bist.«

»Immer wieder gern. Soll ich heute Nacht hierbleiben?«

»Nein, das ist nicht nötig. Aber sag mal, warum hattest du eigentlich angerufen?«

»Eigentlich wollte ich dir erzählen, dass ich für ein weiteres Jahr meine Gelder bekomme und mich somit weiter um den zweiten Roman kümmern kann. Das heißt, ich brauche bei Libbys nicht nach einer Aufstockung meiner Arbeitsstunden zu fragen. So bekomme ich weiter beides unter einen Hut, Arbeit und Schreiben«, erzählte Mary, hielt aber bewusst ihren Spontan-Quickie mit ihrem Sachbearbeiter zurück. Denn das war ein Thema, das nur Mary gehörte und niemanden sonst etwas anging. Ein Thema, über das man besser schwieg, zumindest als Frau, da Frauen doch gleich ihren Ruf als Schlampe weghatten, während Männer sich feiern durften, wenn sie mal wieder eine unverbindliche Eroberung gemacht hatten. Davon abgesehen, wäre es heute unpassend, Rebecca von ihrem Hobby zu erzählen – unverbindlichen Sex mit allerhand verheirateten oder auch unverheirateten Männern. Am Ende hätte es schließlich auch sie selbst sein können, in deren Bett Rick zu finden gewesen wäre.

»Das ist sehr schön. Freut mich für dich. Vielleicht habe ich in meinem neuen Leben ohne Mann ja auch so viel Glück.« Rebecca rang sich ein Lächeln ab.

»Ganz bestimmt.« Mary verabschiedete ihre Freundin mit einer Umarmung. Ihr war nicht wohl dabei, wieder nach Hause zu fahren und Rebecca alleinzulassen. Aber Rebecca versicherte ihr, dass sie klarkäme. »Danke, dass du sofort gekommen bist und ich mich auskotzen konnte, das hat schon viel geholfen.«

»Ich bin immer für dich da.«

***

Mary war sich nicht sicher, ob sie nun gleich ins Bett gehen oder sich doch wieder auf ihre Couch kuscheln und wenigstens das angebrochene Glas Wein trinken sollte, bevor sie sich zur Ruhe legte. Ach, komm, bevor ich ihn in den Ausguss gieße, sagte sie sich. Sie machte es sich mit ihrer Decke gemütlich, um sich noch ein bisschen durch die sozialen Medien zu klicken, schließlich hatte sie noch nicht alle ihre ehemaligen Klassenkameraden gestalkt. Sie war trotz allem daran interessiert, was in den letzten fünfzehn Jahren aus ihnen geworden war. Sie öffnete Facebook und wollte direkt zur entsprechenden Gruppe durchklicken, als sie sah, dass sie eine Freundschaftsanfrage erhalten hatte: Danny Smith. Da fiel ihr ein, dass sie ja seine Anfrage ignoriert hatte, weil Herr Stern endlich Zeit für ihr Gespräch gefunden hatte.

Sie öffnete den Chat mit Danny. Überrascht stellte sie fest, dass es nicht bei dem Hi, wie geht’s? geblieben war. Er hatte ihr in der Zwischenzeit noch eine weitere Nachricht geschrieben: Du bist offenbar gerade sehr beschäftigt. Würde mich freuen, wenn du dich meldest, wenn du Zeit dazu findest.