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Am Tag ihrer Hochzeit verliert Susan ihre große Liebe. Ganze fünf Jahre vergehen, als sie von ihrer besten Freundin Maria gebeten wird ihre Trauzeugin zu werden. Sie willigt ein und lernt dabei Marias gut aussehenden Bruder kennen, der genau wie Susan vor Jahren seine Liebe verlor. Beide verstehen sich auf Anhieb und verlieben sich ineinander. John wohnt in einer Burg und hütet ein uraltes Geheimnis, das er Susan anvertraut. Als diese kurze Zeit später merkwürdige Briefe mit Todesdrohungen erhält und obendrein noch ihre Freundin spurlos verschwindet, beschließt sie zusammen mit John, der Sache auf den Grund zu gehen. Bald geschehen mysteriöse Morde und die Geschichte nimmt eine unglaubliche Wende.
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Seitenzahl: 313
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Karola Schmidt
Lügen der
Karola Schmidt
Lügen der
Vergangenheit
Impressum
Lügen der Vergangenheit
Karola Schmidt
published at epubli GmbH, Berlin,
www.epubli.de
Copyright 2012 Karola Schmidt
ISBN 978-3-8442-2686-7
1. Auflage
Lektorat: Sylvia Fuhrmann, Susanne Schmidt
Für meine Tochter
Susanne
Es war morgens um 8:30Uhr, ich saß gerade beim Frühstück, als mein Handy klingelte. Die Nummer auf dem Display war mir gut bekannt, nur um diese Zeit, das war überhaupt nicht ihre Art.
„Guten Morgen Süße, ich wusste nicht, dass du ein Frühaufsteher bist. Was hast du auf dem Herzen?“
„Dir auch einen guten Morgen.“
An ihrer Stimme merkte ich, wie aufgeregt sie war.
„He, sag mir, was los ist.“
„Bitte, du musst unbedingt zu mir kommen.“
Maria betete mich förmlich an.
„Ich brauche dich hier in einer wichtigen Angelegenheit.“
Sie war meine beste Freundin. Als ich meine Boutique eröffnete, war sie eine meiner ersten Kunden gewesen. Im Laufe der Jahre entwickelte sich eine wunderbare Freundschaft daraus. Mit ihr konnte ich über alles reden, es gab kaum Geheimnisse zwischen uns. Sie wusste alles von mir und ich alles von ihr. Glaubte ich zumindest, denn das sollte sich in der nächsten Zeit ändern.
Ich heiße übrigens Susan Morell. Bereits mit 25 begann ich mir etwas Eigenes aufzubauen. Heute bin ich 32 Jahre und besitze eine gut gehende Boutique für Damenmode in Edinburgh. Mit viel Arbeit und Fleiß habe ich mir mein kleines Geschäft aufgebaut.
„Maria du weißt, wie ungern ich verreise.“
„Ja, aber ich würde dich nicht darum bitten, wenn es nicht etwas Außergewöhnliches wäre. Ach bitte, tu mir den Gefallen.“
Seit fünf Jahren hatte ich Edinburgh nicht mehr verlassen. Mein Leben war zu einem Albtraum geworden.
Damals verlor ich meine erste große Liebe.
Alles war für unsere Hochzeit arrangiert.
Am Eingang der Kirche merkte Sam, dass unsere Ringe weg waren, offenbar waren sie aus seiner Tasche gerutscht. Also lief er zurück zum Auto. Er war so aufgeregt, dass er in diesem Moment auf nichts achtete.
Was dann geschah, läuft heute noch wie ein schrecklicher Traum vor meinen Augen ab.
Plötzlich kam wie aus dem Nichts ein Auto auf ihn zugerast. Sam hatte nicht die geringste Chance. Der Fahrer machte sich nicht einmal die Mühe zu bremsen. Ohne auch nur anzuhalten, fuhr er mit demselben Tempo davon. Ich höre immer noch den Aufprall, sehe Sam, wie er durch die Luft geschleudert wurde und irgendwo auf den Boden knallte. Regungslos blieb er liegen.
In diesem Moment fühlte ich nichts mehr, konnte weder sprechen, schreien, noch weinen, ich war einfach nicht in der Lage mich zu bewegen.
Was danach passierte, weiß ich nicht mehr, nur eines ist mir noch im Gedächtnis geblieben. Meine Freundin Maria war an meiner Seite und half mir.
Ohne sie hätte ich das alles nicht überstanden. Innerlich war ich in dieser Zeit tot. Sie blieb einige Wochen bei mir und päppelte mich auf wie ein Kind.
Später erfuhr ich, dass die Polizei den Fahrer nie ermittelt hatte, aus welchen Gründen auch immer. Der Fall wurde zu den Akten gelegt. Ich konnte nicht begreifen, dass diese Sache einfach so abgetan wurde. Immerhin handelte es sich um den Tod eines Menschen.
Ganze fünf Jahre sind seit dem vergangen.
In manchen meiner Träume durchlebe ich alles immer wieder.
Irgendwie denke ich, geschah alles aus einem bestimmten Grund.
Ob ich jemals einen Menschen noch einmal so lieben könnte, wie Sam? Das konnte ich mir nicht vorstellen.
Doch es kam alles anders. Ich sollte noch einmal die Chance auf eine neue Liebe bekommen, nur zu dieser Zeit wusste ich das noch nicht.
Also packte ich einige Sachen zusammen und machte mich reisefertig. Ich überlegte zwar mit dem Auto zu fahren, entschied mich aber dann doch den Zug von Edinburgh nach Dornie zu nehmen. Ich kannte Maria schon so viele Jahre, hatte es aber nie geschafft, sie einmal zubesuchen.
Dornie war ein ganz kleiner idyllischer Ort mit einigen Häusern, Geschäften, einem Lokal mit einer kleinen Pension und was wirklich faszinierend war, einer alten Burg.
Sie lag etwas außerhalb des Ortes.
Von weitem konnte man die Turmspitze bereits sehen.
Natürlich wartete am Bahnhof niemand auf mich. Maria hatte mich schon vorher informiert, dass sie nicht da sein konnte.
Ich sollte mich doch im Bekleidungsgeschäft, nach etwa 100 Meter auf der Hauptstraße, melden.
Auf dem Weg dorthin kam ich an der Galerie vorbei. Ein ziemlich altes, aber sehr schönes gepflegtes Gebäude. Das Schild am Eingang war nicht zu übersehen. In großen Lettern stand, MUSEUM UND GALERIE, INHABER FAMILIE MORRIS.
Kurz danach sah ich auch schon das Geschäft.
Die Sachen im Schaufenster waren nicht ganz mein Geschmack. Auch die Dekoration ließ zu wünschen übrig.
Als ich eintrat, begrüßte mich eine hübsche Frau. Schätzungsweise um die 40 Jahre.
Ich grüßte freundlich zurück, stellte mich kurz vor und sofort lächelte sie.
„Du bist also Susan. Die ganze Woche erzählt uns Maria schon davon, dass du kommst.
Ich bin Claire, wir können uns beim Vornamen nennen, wenn du einverstanden bist.“
Sie wollte mir gerade die Schlüssel zu meinem Zimmer geben und mir sagen, wo ich es finden kann, als sich der Vorhang einer Umkleidekabine öffnete.
Ich war wie vom Blitz getroffen.
Zwei stahlblaue Augen sahen mich an, Augen so blau wie der Ozean nach einem Gewitter.
Ein Mann, wie Adonis persönlich, stand vor mir.
Schulterlanges, schwarzes Haar, groß und muskulös, ein Körper von dem man als Frau nur träumen konnte, einfach der Hammer.
Nur die Kleidung war ja wohl der letzte Schrei. Es passte absolut nichts zusammen, weder der grüne Pulli zur braunen Stoffhose, noch das beigefarbene Sakko.
Als sich unsere Blicke trafen, gab ich durch ein leichtes Kopfschütteln zum Ausdruck, wie schrecklich alles aussah.
Er schaute an sich herunter und hob nur die Schultern.
Ich ging auf ihn zu und mit den Augen schätzte ich schon einmal seine Größe ab.
Kurz überblickte ich die Kleiderständer und fand einige passende Sachen für ihn.
Angefangen vom dunkelblauen T-Shirt, passend zu seiner unglaublichen Augenfarbe, über schwarze Jeans bis zu einer schwarzen Bundlederjacke.
„Ich glaube, das passt besser zu dir.“
Ich gab ihm alles in die Hand und da er einen ganzen Kopf größer war als ich, musste ich nach oben schauen.
Sein Äußeres war so beeindruckend, ich war hin und her gerissen. Dieses Gefühl hatte ich seit langem nicht mehr.
Natürlich ließ ich mir nichts anmerken, denn eigentlich hatte ich ja nicht vor, irgendetwas mit einem Mann anzufangen, geschweige denn mich zu verlieben.
Ich wartete nicht, bis er wieder aus der Garderobe kam, sondern suchte schon einmal meine Unterkunft auf.
Sie lag gleich neben dem Geschäft durch einen kleinen Torbogen und dann rechts die Treppe hinauf in den ersten Stock. Die Pension hatte mehrere Zimmer und Appartements. Ich hatte ein Zweizimmer-Appartement mit Bad, Küche und kleinem Balkon. Alles in allem war es sehr gemütlich eingerichtet.
Einerseits war ich ganz schön geschafft von der Reise, andererseits hatte ich ziemlich großen Hunger.
Auf meinem Weg hier her bemerkte ich eine Gaststätte.
Sicher bekam ich dort etwas zu essen.
Als ich eintrat verstummten plötzlich alle. Es waren nicht so viele Gäste da, aber jeder schaute sofort auf mich. Irgendwie kam mir das sehr unheimlich vor. Wahrscheinlich kamen um diese Zeit nicht so viele Leute vorbei und noch weniger Frauen, denn hier sah ich nur Männer sitzen.
Schließlich sagte der Mann am Tresen:
„Du musst Susan sein oder irre ich mich?“
„Äh, ja das ist richtig.“
„Freut mich sehr, ich bin Ben und wenn ich dir irgendwie helfen kann, reicht ein Wort.“
„Danke, sehr nett von dir. Ich würde gern etwas essen, wenn das möglich ist?“
„Oh, entschuldige, du musst ja fast am verhungern sein. Bitte, hier ist die Karte, such dir etwas aus, es geht aufs Haus.“
Inzwischen hatte sich die Lage wieder entspannt und so riskierte ich einmal einen Blick in die Gesichter.
Auf der rechten Seite standen drei Tische, wovon zwei besetzt waren und links standen vier Tische, an denen auch einige Leute saßen. In der Mitte weiter hinten befand sich eine kleine Bühne auf der ein Klavier stand.
Tja und an der Theke blickten mich doch tatsächlich die gleichen blauen Augen wie vorhin an, nur diesmal war sein Outfit absolut in Ordnung und vor allem zeitgemäß. Na ja, schließlich hatte ich ja ein Modegeschäft, wenn auch nur für Damen, aber auch in Sachen Herrenmode war ich ganz gut auf dem laufenden.
Ich nahm einen kleinen Imbiss zu mir und ging wieder, um mich noch ein wenig umzusehen.
Draußen hatte ich das Gefühl, dass mich jemand beobachtete. Meine Nackenhaare stellten sich auf und ich kannte meinen Körper ganz gut. Ich wusste, dass das nicht normal war. Ein paar mal schaute ich mich um, konnte aber nichts erkennen oder jemanden sehen.
Es war noch etwas hell und so beschloss ich, in die Galerie zu gehen, warum wusste ich natürlich.
Nach dem Tod von Sam begann ich wieder zu malen und so malte ich ein riesiges Bild.
Es stellte ein Hochzeitspaar vor der Kirche dar mit Blumen und weißen Tauben, die gerade zum Himmel aufstiegen.
Es war meine Hochzeit, wie sie hätte sein sollen.
Später habe ich Maria das Bild für ihre Galerie geschenkt. Und nun war ich hier, um es mir nach langer Zeit anzusehen.
Mein Herz klopfte mir bis zum Hals, als ich die Steintreppe hinauf stieg. Warum tat ich mir das nur an, anstatt mit der Vergangenheit abzuschließen?
Innen war das Gebäude schön hell gestaltet. Eine Menge Kunstgegenstände und allerlei Gemälde waren zu sehen. Maria hatte mich in den letzten Jahren sehr selten besucht. Die meiste Zeit telefonierten wir miteinander und das oft stundenlang. Manchmal, wenn sie mich anrief, war sie wieder einmal irgendwo in der weiten Welt unterwegs, um Gegenstände für ihre Galerie zu erwerben. Was mir noch auffiel, sie hatte einen sehr guten Instinkt für das Außergewöhnliche. Wenn das hier alles der Familie Morris gehörte, wozu auch Maria zählte, alle Achtung, dann mussten sie steinreich sein.
An der rechten Wand hatte Maria mein Bild aufgehängt, es sah wunderschön aus. Ich hatte vergessen, wie viel Erinnerung darin lag. Langsam stiegen mir Tränen in die Augen. Wie gebannt stand ich davor und konnte meinen Blick nicht abwenden. Schließlich setzte ich mich auf die Lederbank hinter mir.
„Warum so traurig?“
Erschrocken fuhr ich herum. Wieder dieser gutaussehende Mann, der plötzlich neben mir saß und mich anschaute. Offenbar erwartete er eine Antwort auf seine Frage.
Ich wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und überlegte, was ich sagen sollte.
„Warst du schon einmal so sehr verliebt, dass es wehtat, nur daran zu denken, diesen Menschen zu verlieren und es besser wäre lieber tot zu sein?“
Mit seinen wunderschönen Augen sah er mich verwundert an.
„Ja, das Gefühl kenne ich. Es ist 20 Jahre her und ich fühle den Schmerz noch so, als wäre es gestern erst gewesen.“
„Vor 20 Jahren sagst du?“
Ich muss ihn dabei so verdutzt angesehen haben, dass er lächelnd zu mir sagte:
„Nun ja, 20 Jahre sind eine lange Zeit, aber ich habe mich nie wieder so in eine Frau verliebt wie damals in Alice.“
„Oh, es tut mir leid, ich wollte nicht... tut mir wirklich leid.“
„Schon gut, das konntest du ja nicht wissen. Ich bin John Morris.“
„John Morris? Bist du mit Maria Morris verwand?“
„Ja, sie ist meine kleine Schwester.“
Merkwürdig, Maria hatte nie etwas von einem Bruder erzählt und ich dachte, dass ich alles von ihr wusste. Na vielleicht hatte sie ja einen Grund, das nicht zu erwähnen.
Das sagte ich allerdings nicht laut. Bei der nächsten Gelegenheit würde ich sie einfach einmal darauf ansprechen.
„Wenn du möchtest, zeige ich dir unseren kleinen Ort ein wenig.“
„Ja gern, das wäre sehr schön.“
Wir verließen die Galerie und gingen quer über die Straße, wo wir gleich neben der Gaststätte in eine kleine Gasse abbogen, die direkt zum Meer führte.
Der Strand zog sich ziemlich in die Länge.
Von weitem konnte man eine Holzplattform sehen, die wahrscheinlich als Bootsanlegestelle diente. Kurz davor waren Holzscheite für ein Lagerfeuer aufgestapelt.
Wir gingen einen kleinen Weg, der hoch zur Straße führte und kamen kurz vor der alten Burg heraus.
Sie wirkte unheimlich, war aber in einem sehr guten Zustand, wie man von außen erkennen konnte. Auf faszinierende Weise war sie beeindruckend und ich konnte kaum meine Augen von ihr lassen.
So merkte ich auch nicht, dass John mich beobachtete.
„Die würde ich gern einmal von innen sehen. Kann man dorthinein gehen oder meinst du der Besitzer, sofern es jemanden gibt, hätte etwas dagegen?“
„Ja und nein. Ja, man kann dorthinein und nein, der Besitzer hat nichts dagegen.“
„Kennst du ihn etwa?“
„Ja, so kann man es sagen. Nun, die Burg ist seit Jahrhunderten schon im Besitz meiner Familie.“
Ich blickte zu ihm hoch und glaubte im ersten Moment nicht, was ich gerade gehört hatte.
„Die ist doch uralt, wann wurde sie erbaut, die muss ja ein Vermögen wert sein. Oh, entschuldige bitte, dass geht mich nichts an.“
„Um deine Frage zu beantworten, sie ist im 15.Jahrhundert erbaut worden.“
„Im 15. Jahrhundert, sehr interessant. Wenn ich das richtig verstanden habe, dann muss Marias und dein Familienstammbaum uralt sein?“
„Nicht nur das. Wie ich sehe, hat dir meine Schwester nicht alles über uns erzählt, was ich sehr nobel von ihr finde.“
Das stimmte, sie hatte mir vieles verschwiegen. Gab es da etwas, was sie mir nicht sagen konnte, es schien jedenfalls so.
Fragend schaute ich ihn an.
„Ich bin jetzt etwas durcheinander und im Moment weiß ich nicht, was ich sagen soll.
Ich glaube..., ach ich weiß auch nicht. Können wir uns vielleicht mal einen Augenblick irgendwo hinsetzen?“
Zum Glück brauchten wir nicht so weit zu laufen, denn ganz in der Nähe stand eine Bank, die sah genau so alt aus, wie die Burg selbst.
„Ich glaube, ich bin dir wohl eine Erklärung schuldig. Wie wäre es, wenn wir uns einmal treffen, dann werde ich dir einiges über mich und meine Familie erzählen.“
„Ja, sehr gern.“
Nach einer Weile gingen wir wieder zurück. Er brachte mich bis zu meinem Appartement, verabschiedete sich und ging. Natürlich war ich neugierig geworden und wollte alles über ihn wissen. Eine unglaubliche Aura umgab ihn, dieser Mann war einfach faszinierend.
Warum hatte Maria nie von ihrem Bruder erzählt, das musste doch einen Grund gehabt haben. Hüteten die zwei ein Geheimnis und hatte sie deshalb Angst mir alles anzuvertrauen? Vielleicht wusste ich ja doch nicht alles über sie. Irgendwie war ich darüber enttäuscht.
Wo steckte sie überhaupt. Ich wusste ja nicht einmal, wo ich nach ihr suchen sollte, geschweige denn, wo sie wohnte.
Nun war ich schon fast den ganzen Tag hier und hatte sie noch nicht zu Gesicht bekommen.
Was war hier los, allmählich bekam ich ein komisches Gefühl, dass es hier nicht mit rechten Dingen zuging.
Vielleicht sollte ich mich wirklich einmal auf die Suche nach Maria machen, aber wen konnte ich hier fragen?
Vielleicht Ben, er war sehr freundlich zu mir. Also machte ich mich auf und ging hinüber zum Lokal.
Es war hier rund um die Uhr geöffnet. Das fand ich schon merkwürdig für so einen kleinen Ort.
Na ja, viel zu erleben gab es hier nun wirklich nicht. Wahrscheinlich trafen sich die Leute hier zu jeder Tages - und Nachtzeit.
Ben lächelte sofort, als ich herein kam.
„Hast du dich schon ein wenig umgesehen?“, wollte er von mir wissen.
„Ja, das habe ich. Äh ich suche Maria, du weißt nicht zufällig, wo sie sich aufhält?
Ich meine, sie hat mich eingeladen und lässt sich den ganzen Tag nicht einmal sehen, ist doch merkwürdig oder?“
Ich sah sofort, dass er mit sich rang, mir die passende Antwort zu geben.
„Ja weißt du Susan, du musst schon entschuldigen, aber sie hat ganz viel mit na ja, äh..., na sie hat eben viel zu tun, mehr kann ich dir im Moment auch nicht sagen.
Bitte entschuldige, aber ich musste ihr versprechen dicht zu halten. Lass dich einfach überraschen und bitte habe noch etwas Geduld, ja!“
Tolle Antwort, damit kam ich auch nicht weiter als vorher.
„Okay, ich warte noch bis morgen, aber dann wäre es schön, wenn sie sich mal blicken lässt, sonst fahre ich wieder nach Hause?“
Natürlich sagte ich das mit einem Augenzwinkern.
Ben nickte mir zu und ich verließ das Lokal, um auf mein Zimmer zu gehen.
Ich beschloss mich erst einmal zu duschen und mir frische Sachen anzuziehen. Meine Wahl fiel auf meine schwarze Lieblingsjeans, ein schwarz gemustertes Top und meine lila Jacke die ich mir lässig um die Hüfte band. Noch eine Drehung vor dem Spiegel, ob alles gut aussah und fertig war ich angezogen.
Plötzlich klopfte es an meiner Tür.
Ich öffnete und vor mir stand John. Wow, verdammt, sieht der Mann gut aus. Seine schwarzen Sachen und die schwarzen langen Haare, dazu seine unglaublichen Augen, einfach zum anbeißen.
Also Susan, reiß dich zusammen, dachte ich so bei mir.
„Hallo, ich würde dich gerne einladen und dir einige Freunde von uns vorstellen.“
„Oh, super, das wäre sehr schön. Bin ich denn passend dazu angezogen?“
Er sah mich von oben bis unten an.
„Du siehst spitze aus und es ist genau richtig für diesen Anlass.
Für heute ist ein Lagerfeuer am Strand organisiert worden, dort wo wir heute schon einmal waren, erinnerst du dich? Es sind einige Bekannte da, die dich gern kennen lernen möchten.“
Er reichte mir seinen Arm und wir gingen am Strand entlang zum Feuerplatz. Von weitem waren schon die Flammen zu sehen. Ganz schön großes Feuer, dachte ich.
In mir drinnen, machte sich ein wenig Unruhe breit. Was, wenn die mich nicht mochten.
Wer weiß, was mir hier alles passieren konnte. Außer John und Ben, ach ja und Claire aus dem Geschäft, kannte ich hier ja keinen.
John hatte ein gutes Gespür, er bemerkte meine Unsicherheit. Er blieb stehen, drehte mich zu sich um und schaute mich an.
„Was ist mit dir, du wirkst so verkrampft und ich kann deinen Herzschlag förmlich hören.“
„Was, wie kannst du meinen...?“
„Sch, es ist nicht schwer, deine Unruhe zu spüren, okay.
Niemand wird dir hier etwas tun, also schön locker bleiben und tief durchatmen. Es gibt nichts, wovor du dich fürchten musst.“
Leichter gesagt, als getan. Als wir uns dem Feuer näherten, sah ich fast nur fremde Gesichter. Es waren, bis auf drei Frauen, nur Männer da und alle saßen auf so etwas wie Holzstämmen.
John schob mich vor sich und begrüßte alle auf eine lässige Art.
„Darf ich euch vorstellen, Marias Freundin, Susan Morell.“
Einige grüßten, in dem sie die Hand hoben und einige sagten
„Hallo“.
Es war mir peinlich, so im Mittelpunkt zu stehen.
Natürlich war Ben auch da, freundlich wie immer.
„Kommt her, ich habe euch Plätze frei gehalten.“
Meine Unruhe legte sich etwas, trotzdem bemerkte ich, dass mich einige von ihnen anstarrten.
Das gefiel mir ganz und gar nicht. Im Augenwinkel sah ich, dass sich von der Straße her noch zwei Personen näherten. Vom Gang her, konnten es Frauen sein.
So war es auch. Eine von ihnen begann schneller zu laufen, ja sogar leicht zu rennen.
Tja und dann sah ich wer da auf uns zukam. Nichts hielt mich mehr auf meinem Platz.
Ich sprang über die Sitzbalken und rannte ihr entgegen.
„Hallo Süße!“
Wir umarmten uns, wie es eben Freundinnen taten, die sich lange nicht mehr gesehen hatten.
„Mein Gott Maria, wie lange ist es her.“
Mir liefen die Tränen, natürlich Freudentränen.
„Lass dich mal anschauen, Susan. Also, ich muss schon sagen, du wirst immer hübscher. Kein Wunder, wenn die Kerle hier schon von dir sprechen.“
„Ach ja, tun sie das?“
Etwas verlegen grinste ich. Die andere Frau war Claire. Sie trug ein Tablett mit Würstchen und Steaks.
„Na endlich gibt’s was zu essen“, riefen einige durcheinander.
Zusammen setzten wir uns zu den Anderen.
Maria nahm neben Ben Platz und gab ihm einen süßen Kuss. Ihre verliebten Blicke blieben mir nicht verborgen und so machte ich mir meine Gedanken darüber. Offenbar waren sie ein Liebespaar.
War das der Grund, warum ich kommen sollte? Sie hatte etwas vor und ich sollte ihr dabei helfen.
Na ja, sie würde mir ja wohl später noch darüber berichten.
Der Abend verlief ruhig und harmonisch. Wir lachten und erzählten mit einander. Einige wollten von mir wissen, was ich so mache und wie Maria und ich sich kennen gelernt hatten.
Die Stimmung war angenehm locker. Sie gaben mir auch das Gefühl, als gehörte ich schon immer hier her.
Ich sah mir alle genau an, um mir ihre Gesichter zu merken. Mir fiel auf, dass es sich um gut gebaute Männer handelte. Alle zusammen waren sie groß und hatten eine durchtrainierte Figur aufzuweisen. Was mich wunderte war, dass so wenige Frauen hier waren. Nun, vielleicht hatten sie noch zu tun.
Die Sonne war schon lange untergegangen, als wir die Runde beendeten und uns langsam auf den Heimweg machten.
Ganz entspannt liefen fast alle am Strand zurück. Einige blieben dort, um das Feuer zu löschen.
Ich hatte mich an Johns Arm eingehängt.
„Na wie gefiel dir dein erster Abend hier bei uns?“, wollte er von mir wissen.
„Es war wirklich sehr schön, danke dass du mich mitgenommen hast.“
Den Rest des Weges hüllten wir uns in Schweigen.
John brachte mich bis vor meine Tür.
„Schlaf’ gut und träum’ was Schönes. Wir sehen uns morgen“,
sagte er und gab mir einen Kuss auf die Wange.
Sehr charmant dieser Mann, kein bisschen aufdringlich. Offenbar genoss er eine gute Erziehung.
In dieser Nacht schlief ich wie ein Murmeltier.
Am nächsten Tag war ich mit Maria verabredet. Sie hatte mir vergangene Nacht noch gezeigt, wo sie wohnte.
Es war genau neben dem Lokal. Endlich sollte ich erfahren, was los war.
Ich ging die Treppe hinauf und oben rechts war ihre Wohnung. Meine Freundin erwartete mich schon.
„Guten Tag Süße, komm rein und setz dich, dann werde ich dir sagen, was ich mit dir vorhabe.“
Hörte sich geheimnisvoll an.
„Schieß los, worum geht es?“
Maria druckste herum und dann sagte sie endlich:
„Ich werde heiraten und du sollst meine Trauzeugin sein.“
Einen Moment verschlug es mir die Sprache und es dauerte einige Zeit, bis ich antworten konnte.
„Du meinst heiraten, Hochzeit und so was in der Art?“
„Genau das meine ich.“
Sie merkte sofort, dass ich mir darüber Gedanken machte, wusste sie ja, wie ich über Hochzeiten dachte.
„Ach bitte Susan, ich liebe Ben und ich möchte so sehr, dass du das für mich tust. Ich könnte mir niemand anderen dafür vorstellen, bitte.“
„Mir bleibt ja wohl nichts übrig, also ja, natürlich werde ich deine Trauzeugin sein. Das hättest du mir aber auch schon am Telefon sagen können.“
„Dann wärst du aber bestimmt nicht gekommen, oder?“
„Kann schon sein.“
Sie sprang auf mich zu und tanzte mit mir durch ihr Zimmer.
„Ach Susan, was ist denn los, warum weinst du denn?“
„Tut mir leid, ich musste nur daran denken, als du bei Sam und mir Trauzeugin warst. Du weißt schon, damals.
Es ist schon so lange her, ach was, vergessen wir das.
Wie lange kennt ihr euch denn schon, ich meine du und Ben.“„Na ja, kennen tun wir uns schon einige Jahre, aber so richtig gefunkt hat es vor zwei Monaten.“
„Was, zwei Monate erst und du bist sicher, er ist der Richtige?“
„Hundertprozentig sicher, ja.“
Ihr Lächeln ging nicht mehr aus ihrem Gesicht.
Tja, das sah mir sehr nach Liebe aus.
„Was sagt denn dein Bruder dazu, den du mir übrigens vorenthalten hast. Das sollte ich dir eigentlich sehr übel nehmen.“
„Ja ich weiß, bitte entschuldige, dass ich ihn nie erwähnt habe. Der Grund ist nur, da wir sozusagen vermögend sind, gab es früher mehrfach Erpressungsversuche. Also haben John und ich beschlossen, unsere Verwandtschaft geheim zu halten. Auf diese Weise konnte uns niemand in Verbindung bringen und uns gegeneinander ausspielen. Was meine Hochzeit betrifft, ist es ihm egal, Hauptsache, ich bin glücklich. Ach, nebenbei, er ist Bens Trauzeuge.“
„Wow, ich sehe schon, es ist euch ernst. Wann soll die Hochzeit denn sein?“
„Am Samstag in zwei Wochen und sie wird in der Burg stattfinden.“
„So bald schon?“
Ich dachte an meine Zeit mit Sam, uns ging es damals auch nicht schnell genug.
„Wie wird dein Hochzeitskleid aussehen, gehst du in weiß oder verrätst du mir das noch nicht?“
„Doch, natürlich. Du musst mich schließlich beraten, immerhin bist du ja der Profi in Sachen Bekleidung, nicht wahr?“
Es schmeichelte mir sehr, dass sie es so sah.
„Möchtest du mal einen Blick darauf werfen, es hängt im Schrank.“
„Na aber klar doch, ich bin sehr gespannt darauf.“
Sie öffnete den Schrank und holte den Bügel mit ihrem Kleid heraus. Es verschlug mir die Sprache, als ich sah, dass es meinem sehr ähnlich war.
Unwillkürlich wurden meine Augen feucht Ich konnte nichts dagegen tun und dann klopfte es auch noch an der Tür.
Maria ging nachsehen, wer draußen war und dann hörte ich, wie sie sagte:
„Komm rein.“
Es war John, ihr Bruder. Ausgerechnet jetzt, wo ich so verheult aussah, aber eigentlich war es mir auch egal, was sollte es.
Ich wendete mein Gesicht ab, doch er sah es.
Mit der Hand drehte er meinen Kopf zu sich, so dass ich ihn ansehen musste.
Ich kann das Gefühl nicht beschreiben, wie es in diesem Moment in mir aussah. Mein Herz klopfte wie wild und ich wusste, er konnte es wieder fühlen. Ich war etwas durcheinander, deshalb drehte ich mich um und verließ das Zimmer.
Erst einmal musste ich mich wieder beruhigen, also ging ich in die Galerie, wo es angenehm still war. Ich setzte mich vor meinem Bild hin und ließ meinen Tränen freien Lauf. So viel war an diesem Morgen auf mich eingestürzt. In Gedanken versunken, merkte ich nicht, wie sich mir jemand näherte. Erst als sich John neben mich setzte, zuckte ich zusammen.
„Was ist denn los. Kann ich dir irgendwie helfen?“
Ich konnte nicht gleich antworten. Ich musste mir erst einmal meine Nase putzen und mich beruhigen.
„Es ist schon okay, danke. Es war nur, na ja, die Nachricht von der Hochzeit, das Brautkleid, ich musste an meine Zeit vor fünf Jahren denken. Es war plötzlich alles wieder so real, als wäre es erst gestern gewesen.
Verdammt noch mal, wieso muss ich immer gleich heulen.“
Er legte den Arm um mich und zog mich langsam zu sich heran. Ich legte den Kopf an seine Schulter und schluchzte vor mich hin. Eine Zeit lang hielt er mich nur fest. Es war ihm egal, dass sein T-Shirt nass wurde und es war ihm auch egal wie lange es dauerte. Er hielt mich die ganze Zeit nur fest, bis ich wieder in Ordnung war.
Ein schönes Gefühl so umsorgt zu werden. Das hatte ich lange nicht mehr erlebt.
„Ist es nun wieder gut?“
„Ich denke schon. Weißt du, man sagt, die Zeit heilt alle Wunden, aber das stimmt nicht ganz.“
Dann schnaubte ich mir noch einmal die Nase.
„Ich weiß, das habe ich auch gedacht. Ich möchte dir noch sagen, auch wenn wir uns noch nicht lange kennen, ich bin immer für dich da. Wenn du einen Freund zum reden brauchst, genügt nur ein Wort von dir.“
Das war das Schönste, was ich an diesem Tag gehört hatte.
„Danke, das ist sehr freundlich.“
Eine Zeit lang saßen wir nur so da.
„Wollen wir gehen oder möchtest du noch etwas bleiben.“
Mit fragenden Augen sah er mich an.
„Wenn du nichts dagegen hast, würde ich gerne noch ein wenig hier bleiben.“
Er wollte aufstehen und gehen.
„Leistest du mir dabei Gesellschaft?“
Ich schaute lächelnd zu ihm hoch und er setzte sich wieder.
Es war so ein vertrautes Gefühl, als kannten wir uns schon ein ganzes Leben lang. Wir saßen nur so da und unterhielten uns über Verschiedenes. Eigentlich dachte ich, dass er etwas über seine Familie erzählen würde, doch kein einziges Wort kam über seine Lippen. Natürlich fragte ich auch nicht danach. Wenn er so weit war mir etwas zu sagen, dann würde er es schon tun. Ich betrachtete die Gemälde und Kunstgegenstände. Es waren wunderschöne Exemplare.
„Wo findet man denn solche tollen Sachen? Ich meine, es sind ziemlich alte und wertvolle Gegenstände darunter.“
„Nun, Maria und ich fahren gelegentlich durch die Welt. Im Allgemeinen kaufen und manchmal verkaufen wir Kunstgegenstände. Viele sind aber auch von unseren Vorfahren.“
Dass Maria kunstbesessen war wusste ich, offenbar hatte sie ihren Bruder damit angesteckt.
Die Zeit verging so schnell, wir merkten nicht einmal, dass es schon Mittag war.
Von mir aus hätten wir noch stundenlang hier sitzen können, wenn sich nicht mein Magen bemerkbar gemacht hätte. Wir mussten beide lachen.
„Also, ich denke, die junge Dame hier neben mir braucht etwas zu essen?“
„Ja, das glaube ich auch. Ich werde bei Ben zu Mittag essen. Vielleicht sehen wir uns später noch.“
Das gibt es doch gar nicht, hatte ich das gerade gesagt, kaum zu glauben.
„Ja, das würde mich sehr freuen.“
Wir verabredeten uns für den Nachmittag.
Nach dem Essen ging ich in mein Appartement. Ich war schon richtig nervös, freute mich aber sehr ihn wieder zu sehen. So hatte ich schon seit langem nicht mehr empfunden. In den ganzen fünf Jahren nach Sams Tod war ich nie wieder einem Mann so nahe gekommen.
Als ich aus dem Bad kam, sah ich, dass vor meiner Tür ein Brief lag. Den musste jemand unter den Türschlitz geschoben haben. Wer sollte mir denn hier schreiben und von wem war er? Kein Absender, äußerst merkwürdig. Ich öffnete ihn und dann las ich, was da geschrieben stand.
Der Brief war von John. Das fand ich sehr merkwürdig. Wir hatten uns doch gerade erst von einander verabschiedet. Wie konnte er so schnell einen Brief an mich schreiben. Ich begann aufgeregt zu lesen, was da geschrieben stand.
Liebe Susan!
Es fällt mir schwer mich auszudrücken, ohne dass es dir und mir weh tut. Ich glaube, es ist besser, wenn wir uns nicht mehr sehen. Mir ist bewusst geworden, dass ich dich mehr mag, als ich wollte. Um uns beiden den Schmerz der Trennung zu erleichtern, habe ich beschlossen zu gehen. Vor 20 Jahren habe ich schon einmal diese Erfahrung gemacht mich unsterblich zu verlieben. Ich möchte diese Qualen nicht noch einmal durchmachen. Bitte verzeih mir und versteh mich. Wir werden uns ein letztes Mal auf der Hochzeit sehen, denn ich habe versprochen Bens Trauzeuge zu sein.
Sei mir nicht böse.
John
Ich las den Brief bestimmt dreimal und konnte nicht begreifen, was dort stand. Die letzten Tage waren doch so perfekt, wie konnte das nur sein. Ich verstand es einfach nicht.
Gerade hatte ich mich schon an John gewöhnt und jetzt so etwas.
Meine Tränen konnte ich nicht unterdrücken und beruhigen konnte ich mich auch nicht. Nun dachte ich, dass mein Leben wieder einen Sinn bekam und dann das.
Ob Maria etwas wusste?
Ich musste unbedingt mit ihr sprechen, vielleicht konnte sie mir seine Entscheidung erklären.
Nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte, beschloss ich das auch zu tun. Maria war in ihrem Zimmer und änderte noch etwas an ihrem Hochzeitskleid. Sie sah mich nur an und wusste sofort, dass was nicht stimmte.
„He Süße, was ist denn los mit dir?“
Im ersten Moment konnte ich nur schluchzend sagen, was ich wollte, aber sie verstand mich nicht.
„So, nun setz dich erst einmal und dann erzähl von Anfang an, was passiert ist.“
„John ist weg.“
Bekam ich nur heraus.
„Wie, was, John ist weg? Wie soll ich das verstehen?“
Ich heulte immer noch, wie wild und verrückt.
„Na John ist weg, er hat mir einen Brief geschrieben, dass er weg geht und wir uns nicht wieder sehen. Zur Hochzeit will er noch einmal kommen und dann für immer verschwinden. Das ist so furchtbar, ich hatte mich jeden Tag schon darauf gefreut, ihn zu sehen, mit ihm zu sprechen und zu lachen und nun ist alles vorbei.“
„Ach du je“, sagte Maria. „Da hat sich jemand schwer verliebt oder sehe ich das falsch?“
Männer waren mir die ganzen Jahre vollkommen egal, aber John, er traf mich mitten ins Herz.
„Maria, glaub mir, so etwas ist mir in der ganzen Zeit nicht mehr passiert und eigentlich dachte ich, dass so etwas auch nicht mehr geschehen würde.“
Meine Tränen liefen schon wieder wie ein Bach meine Wangen herunter, ich konnte nichts dagegen tun.
Maria nahm mich in den Arm und hielt mich nur fest. Ich heulte immer noch wie ein Schlosshund.
„Ganz ruhig, ist ja gut, wir kriegen das schon wieder hin. Hast du eine Ahnung, wo er hin wollte?“
Woher sollte ich das wissen, hier gab es bestimmt eine Menge Verstecke, wohin sich John hätte zurückziehen können.
„Nein, weiß ich nicht. Ach Maria, es ist besser, wenn ich wieder nach Hause fahre. Das hätte alles nicht geschehen dürfen. Wieso passiert ausgerechnet mir das, bin ich nicht schon genug bestraft worden.“
Maria schaute mich an, als hätte sie gerade nicht richtig gehört.
„Wieso willst du denn jetzt wegfahren. Es sind nur noch ein paar Tage bis zur Hochzeit.
Bitte Susan, das kannst du mir nicht antun.“
„Zu deiner Hochzeit komme ich natürlich, ich habe es ja versprochen.“
Sie ließ sich in ihren Sessel fallen und schloss die Augen.
„Maria ich kann einfach nicht. Überall wo ich hinkomme sehe ich sein Gesicht vor mir, ich muss Abstand bekommen.
In meinem Laden werde ich schon wieder auf andere Gedanken kommen und je schneller ich ihn vergesse, desto besser, denke ich jedenfalls.“
Allerdings glaubte ich selbst nicht an das, was ich da gerade von mir gegeben hatte.
„Na ja, ich kann dich ja nicht zwingen hier zu bleiben, aber traurig bin ich schon, wir haben uns so lange nicht mehr gesehen. Ich kann John nicht verstehen, er hat mir kein einziges Wort gesagt, dass er weg will. Hoffentlich ist das alles nur ein Missverständnis.“
Ich sah ihr trauriges Gesicht und hatte natürlich gleich ein schlechtes Gewissen. Sie tat mir so leid.
„Du kommst aber ganz bestimmt zu meiner Hochzeit wieder, denn wenn nicht, ohne dich findet sie nicht statt, verstehst du?“
Natürlich verstand ich. Genau dazu wäre sie fähig, einfach alles platzen zu lassen.
„Ja, versprochen ist versprochen, du kennst mich doch, ich halte immer mein Wort.“
„Das stimmt, ich weiß. Möchtest du, dass ich dich nachher zum Bahnhof bringe?“
Sofort, fiel mir unser Abschied ein, als sie nach Sams Tod wieder nach Hause fuhr.
„Sei mir bitte nicht böse Maria, aber das ist, glaube ich, keine so gute Idee.“
„Vielleicht hast du Recht damit, ich bin dir nicht böse, das könnte ich niemals sein, du bist meine beste Freundin und das wirst du immer sein.“
Wir drückten uns noch einmal, dann ging ich.
„Ach noch etwas, falls du John begegnest, grüß ihn trotzdem von mir.“
„Ja mache ich, bis dann.“
Meine Rückfahrt mit dem Zug kam mir viel zu lange vor. Irgendwie hatte ich Angst alleine nach Hause zu fahren. Ich dachte über alles nach, was in den letzten Tagen geschehen war und auf eine gewisse Art hatte ich das Gefühl, das etwas nicht stimmte.
In der Galerie hatten wir uns so gut noch unterhalten und dann plötzlich dieser Brief von John. Es passte überhaupt nicht, das konnte ich deutlich spüren.
Verdammt, warum bin ich abgehauen, ich hätte nach ihm suchen sollen, ihn fragen sollen, was das ganze soll.
Am liebsten wäre ich sofort wieder umgekehrt und mit dem nächsten Zug zurück gefahren.
Das tat ich natürlich nicht, denn erst einmal musste ich meine Gedanken ordnen und wieder normal werden.
In der Boutique lief alles gut. Kathy, meine Angestellte, machte super Umsätze. In ihr hatte ich eine tolle Mitarbeiterin gefunden, als ich vor einiger Zeit jemanden suchte, der mich vertrat, wenn ich einmal nicht da war.
Sie hatte sich auf eine Anzeige hin bei mir gemeldet und ich fand, sie passte sehr gut hierein. Schließlich musste ich auch mal Urlaub machen, den hatte ich die ganzen letzten Jahre nicht mehr.
„Was denn, schon wieder da? Das war ja ein kurzer Trip.“
Irgendwie sagte Kathy das so merkwürdig, wahrscheinlich aber, bildete ich mir dass nur ein.
„Ja, erst einmal bin ich zurück, aber nicht für lange.“
Ich erzählte ihr etwas von meinem Besuch dort. Nur den Brief ließ ich aus. Der ging sie ja nichts an. Sie brauchte nicht zu wissen, warum ich wieder herkam.
Ein paar Tage blieb ich in Edinburgh und erledigte einigen Schreibkram, der in meiner Abwesenheit liegengeblieben war.
Die Zeit verging wie im Fluge und der Tag der Hochzeit kam immer näher. Mit meinen Gedanken war ich schon dort und ich fragte mich, was wohl geschehen würde, wenn wir uns wieder sahen.
Ich bekam Herzklopfen, wenn ich nur an John dachte. Es war kaum zu ertragen.
In zwei Tagen musste ich wieder los.
Da ich jetzt wusste, was Maria von mir wollte, brauchte ich natürlich eine passende Garderobe für diesen Anlass.
Also ging ich mal eben in meinem eigenen Laden einkaufen.
Es gab normale, wie auch festliche Bekleidung. Ich entschied mich für ein türkisfarbenes Kleid. Es war ein schulterfreies, bis zu den Knöchel gehendes Modell. Nicht gerade billig, aber dass war schon in Ordnung.
Da ich einiges an Gepäck hatte, entschied ich mich diesmal mit dem Auto zu fahren. So war ich in der Lage schnell wieder weg zu kommen, falls es notwendig war.
Die Fahrt verlief ruhig und entspannt.