Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Weder Pest noch Standesunterschiede hielten Luther davon ab, eine »wunderlich gemischte Schar aus jungen Leuten, Studenten, jungen Mädchen, Witwen, alten Frauen und Kindern« aufzunehmen. Mit Humor, Liebe und Nervenstärke erzogen er und seine Frau Katharina von Bora sechs eigene und zahlreiche andere Kinder von Verwandten und Freunden. Die Historikerin Elke Strauchenbruch erzählt vom Familienleben im Hause Luther und berichtet, was aus den Kindern des großen Reformators wurde, der die »Kleinen« für die »größte und schönste Freude im Leben« hielt. Das Buch ist ein spannendes Lesevergnügen mit vielen überraschenden Einsichten in den Alltag von vor rund 500 Jahren.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 220
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Elke Strauchenbruch
Kinder zu haben, ist doch die schönste und größte Freude.
Martin Luther
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
© 2010 by Evangelische Verlagsanstalt GmbH · Leipzig
Alle Rechte vorbehalten
Covergestaltung: Ulrike Vetter, Leipzig
Satz: Ulrike Vetter, Leipzig
ISBN 9783374035328
www.eva-leipzig.de
Besucher der Lutherstadt reagieren oft erstaunt, wenn sie hören, der Reformator Martin Luther und seine Freunde haben nicht nur geheiratet, sondern auch Kinder großgezogen und ihnen den Weg ins Leben geebnet. Die Reformatoren sind als Universitätsprofessoren, Begründer der evangelischen Landeskirchen, Begründer des deutschen Universitäts- und Schulsystems, Bibelübersetzer, Verfasser von Kirchenordnungen, Kirchenlieddichter, Autoren von Lehr- und Schulbüchern usw. berühmt geworden. Über dieser enormen Leistung wurde meist völlig vergessen, dass sie es waren, die erstmals das Leben des Gelehrten mit dem des Familienvaters verbunden haben. Luther wird häufig als Begründer des evangelischen Pfarrhauses bezeichnet. Er wusste, die Eheschließung hat die Geburt und Erziehung von Kindern zur Folge, und wollte sich dieser anstrengenden Aufgabe gerne widmen. Dennoch hat die Vaterschaft selbst dem Leben des Reformators neben seinen vielfachen beruflichen und geistigen Aufgaben eine ganz neue Dimension gegeben.
Die Wittenberger Gelehrten haben mit ihren Ehefrauen die Freuden und Leiden des Familienlebens weidlich ausgekostet. Es ist ungeheuer berührend, ihre Briefe zu lesen, in denen sie Bezug auf ihre Kinder nehmen. Da ist die Rede von der paradiesischen Zeit der frühen Kindheit, von Frohsinn, vom Feste Feiern, Spielen, Singen und auch von Trauer, von guten und schlechten Schülern, Nachhilfeunterricht, kleinen und größeren Fehltritten. Ungehorsame Teenager, Partner, die den Eltern nicht gefielen, schwerer Familienzwist und Probleme der nachwachsenden Generation, den rechten Weg zu finden, gab es damals wie heute. Luthers Vorschläge zur Lösung von Erziehungs- und Bildungsfragen können noch immer eine Art Richtschnur sein. Die Einsicht, dass die Kinder die Zukunft unserer Gesellschaft sind, veranlasste ihn schon lange vor seiner Eheschließung, die Städte aufzufordern, Schulen einzurichten und zu halten. Er und seine Freunde legten zudem die Grundlagen des heutigen Universitätsbetriebes. In Luthers Haus wuchsen nicht nur die eigenen Kinder auf, sondern auch eine heute kaum mehr bestimmbare Anzahl fremder Kinder, die aus den unterschiedlichsten Gründen hier lebten. Soweit ihr Leben bekannt ist, wurde ihm nachgegangen. Auf diese Weise erschließt sich im Zusammenhang mit dem Wittenberger Lutherhaus ein buntes Bild des alltäglichen Lebens zur Zeit der Reformation.
Mag sein, die Kinder der Reformatoren reichten in ihrer Bedeutung nicht an ihre Väter heran. Doch hat jemals wieder eine Gruppe von Gelehrten eine solche Bedeutung wie die Wittenberger Reformatoren erlangt? Ihre Kinder haben einen eigenen Weg ins Leben gesucht und gefunden und haben die Erinnerung an ihre Eltern meist liebevoll gepflegt und weitergegeben.
Mein Dank für das Drängen zum Schreiben und den Austausch über Familienprobleme und Bildungsfragen gilt Prof. Wolf D.Hartmann, der auch Erstleser war. Mein besonderer Dank für zahllose fachliche Hinweise gilt Dr. Gerhard Seib, einem Spezialisten auf dem Gebiet der Sepulkralkultur und der Alltagsgegenstände, sowie Andreas Wurda, dem Leiter der Wittenberger Ratssammlungen und Spezialisten auf dem Gebiet der Wittenberger Stadtgeschichte. Ich danke Frau Protzmann von der Luther-Stiftung für die Bereitstellung von Bildern aus den Sammlungen der Stiftung und danke besonders der Evangelischen Verlagsanstalt für die außerordentlich freundliche und sachliche Zusammenarbeit.
Martin Luther hat Georg Spalatin am 3. November 1522 geschrieben, man werde die Teile der Bibel nach und nach herausgeben, denn dazu nötigt uns die Rücksicht auf die Größe und den Preis der Bücher. Genau dieses ist heute der Grund, warum unser Buch ohne einen umfangreichen Quellenapparat erscheint. So wie damals die Bibel, so soll heute das Buch über Luthers Kinder für jeden erschwinglich sein. Doch ich stehe gerne für Auskünfte zur Verfügung und hoffe auf viele Hinweise, um bisherige Wissenslücken schließen zu können.
Dieses Buch möchte ich meinem Sohn widmen, der mir Zeit seines Lebens die schönste und größte Freude ist. Es ist wunderbar, dass auch er dieses Gefühl bald kennenlernen wird. Unsere Kinder machen uns zu Gliedern einer langen Kette, die von unseren Vorfahren bis zu unseren Nachkommen reicht und uns die Gewissheit von Zukunft und Weiterleben gibt, die weit über unser eigenes Leben hinausgeht.
Lutherstadt Wittenberg, im Mai 2010
Elke Strauchenbruch
Cover
Titel
Zitat
Impressum
KAPITEL 1
DIE KINDER DES EHEPAARES KATHARINA UND MARTIN LUTHER
Johannes (Hans) Luther
Elisabeth Luther
Magdalena (Lenchen) Luther
Martin Luther
Paulus Luther
Margarete Luther
Die Fehlgeburt
KAPITEL 2
VOM EHEPAAR LUTHER INS LUTHERHAUS AUFGENOMMENE KINDER
Kinder väterlicherseits
Cyriakus Kaufmann
Fabian Kaufmann
Andreas Kaufmann
Georg Kaufmann
Magdalena Kaufmann
Else Kaufmann
Johannes (Hans) Polner
Magdalena Polner
Martin Luther (Sohn Jakob Luthers, Neffe des Reformators)
Anna Strauß
Kinder mütterlicherseits
Florian von Bora
Hanna von der Saale
Kinder von Freunden
Weitere im Lutherhaus geborene Kinder
Weitere im Lutherhaus gestorbene Kinder
KAPITEL 3
STIPENDIATEN
Heinrich Schneidewein
Johannes Schneidewin
Johann Wilhelm Reifenstein
Hieronymus Weller und seine Geschwister
KAPITEL 4
PATENKINDER
Anna Cranach
Anna Melanchthon
Cordatus
Hans Löser
Andreas Bodenstein
Chronik
Personenregister
Martin Luthers erstes Kind Johannes kam am 7. Juni 1526 zur Welt. Die Eltern empfanden die Geburt als ein wunderbares Geschenk zu ihrem bevorstehenden einjährigen Hochzeitstag.
Dabei stand die Schwangerschaft von Luthers Ehefrau Katharina unter ganz besonderen Erwartungen durch Freund und Feind. Schon der Eheschließung des Reformators mit der entlaufenen Nonne standen viele sehr skeptisch gegenüber. Die schnelle Schwangerschaft der Katharina so kurz nach der Eheschließung gab zu vielem Geraune Anlass und hätte im Falle einer Fehlgeburt oder der Geburt eines behinderten Kindes zu einem großen Eklat führen können. Überall gegenwärtiger Aberglaube und Mystifizierung des Reformators verstärkten die Gefahr. Selbst Erasmus von Rotterdam beteiligte sich an der Diskussion und schrieb am 13. März 1526 an Franz Sylvius, dass Luther sich verheiratet hat, ist wahr; was man aber von der frühzeitigen Niederkunft der jungen Frau erzählt hat, war ein leeres Gerücht. Jetzt jedoch soll sie schwanger sein. Doch ließen sich die werdenden Eltern in ihrem Glauben und Hoffen auf ein gesundes Kind nicht beirren.
Luther widmete sich nach der Niederschlagung des Bauernkrieges dem Aufbau evangelischer Landeskirchen und der Lehre an der Wittenberger Universität. Seine Eheschließung brachte ihm neues Glück, neue Erkenntnisse und Aufgaben. Schon vor der Geburt des Kindes waren die Jungvermählten voll freudiger Erwartung. So scherzte der um seine hochschwangere Ehefrau liebevoll besorgte Gatte am 11. Mai 1526 in einem Brief an seinen Freund Johannes Agricola in Eisleben, er habe ihm ein schönes Glas schicken wollen. Doch als er es dem Boten geben wollte, war es verschwunden. Seiner Käthe habe das Glas auch gut gefallen und sie habe es vor ihm versteckt, bevor er es verschenken konnte. Er wollte es ihr wieder abnehmen, doch hätten ihn die Freunde Jonas und Rörer, die sich offenbar mit Käthe verbündet haben, daran gehindert. Agricola solle nur warten, bis die Entbindung vorüber sei. Dann werde er das Glas seiner Frau schon wieder abnehmen.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!