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Der CEO taucht plötzlich in St. Fidibus auf! Klar, er ist auch Luzies Opa, aber das macht es nicht wirklich besser. Und dann will er auch noch bleiben, um seine Enkelkinder besser kennenzulernen. Aber Luzie und Lilly brauchen keinen Opa, schon gar keinen, der sich in alles einmischt und einfach alles kann! Die beiden wollen ihn so schnell wie möglich wieder loswerden… Luzifer junior lebt als Sohn des Teufels in der Hölle und soll den "Laden" einmal übernehmen. Da sein Vater der Meinung ist, dass Junior für den Job noch viel zu lieb ist, schickt er ihn auf die Erde. Denn wo kann man das Bösesein besser lernen als bei den Menschen? Ein Teufel in der Schule – der Comic-Roman von Jochen Till um den Höllensohn Luzifer bietet Lesespaß und viel Grund zum lauthals lachen für Mädchen und Jungen ab 10 Jahren. Zahlreiche humorvolle Bilder von Raimund Frey illustrieren Luzifers Abenteuer in der Hölle und im strengen Jungeninternat. Wer Gregs Tagebuch mag, wird Luzifer junior lieben! Mehr Infos zum Buch unter: luzifer-junior.de Die komplette Luzifer junior-Reihe ist bei Antolin gelistet.
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Ein kleiner Fehltritt
Ein Vogelhäuschen
Eigenlob stinkt
Ekelpaket
Anpfiff
45 Grad
Zeitverschwendung
Schlechte Nachrichten
Leise schimpfen
Schnauze voll
Mehr oder weniger
Knautschige Masse
Kein Härchen
Drei Stühle
»STEVEN! IN MEIN BÜRO!«
»SCHON DA, CHEF! WAS KANN ICH FÜR SIE … ÄH, WAS IST DAS DENN?«
»WAS MEINST DU?«
»Na, dieses … dieses Tier auf Ihrem Schreibtisch?«
»Ach so, das. Das ist der Grund, weshalb es hier immer kälter geworden ist. Was du mir ja nicht geglaubt hast.«
»Natürlich habe ich Ihnen geglaubt, Chef! Ich glaube Ihnen alles, Chef! Immer! Ich bin nur nicht ganz so empfindlich gegen Kälte wie Sie.«
»Empfindlich? Du nennst den Fürsten der Hölle empfindlich?«
»Äh … nein! Natürlich nicht! Sie sind kein bisschen empfindlich! Sie sind ein ganz harter Hund! Der härteste! Niemand ist so unempfindlich wie Sie! Aber wieso ist denn ein winziges Pony dafür verantwortlich, dass es kalt geworden ist?«
»Das ist kein Pony, das ist ein Einhorn. Und Einhörner haben hier unten nichts verloren. Sobald ein Einhorn die Hölle betritt, friert alles zu.«
»Ein Einhorn? Aber es hat doch gar kein Horn.«
»Das hab ich abgesägt.«
»Oh, das ist aber nicht nett, Chef. Das arme Einhorn.«
»Nicht nett? Du weißt aber schon noch, wo wir hier sind? Der Herrscher der Hölle ist nicht unbedingt für seine Nettigkeit bekannt. Was ich sehr gern mit einem Tritt in deinen Hintern verdeutlichen kann.«
»Äh, nicht nötig, Chef! Verzeihung, Chef! Nicht so gemeint, Chef! Selbstverständlich dürfen Sie jederzeit so viele Einhörner verstümmeln, wie Sie möchten!«
»So ist es. Außerdem hätte ich noch viel weniger nett sein können. Mein erster Impuls war, es auf den Grill zu legen. Einhörner sollen sehr lecker sein. Aber das habe ich dann doch nicht über mein nicht vorhandenes Herz gebracht. Der Kleine ist ja schon irgendwie niedlich. Wahrscheinlich hat er sich nur verlaufen, da genügt ja ein kleiner Fehltritt, und schon findet man sich in der Hölle wieder. Jetzt hat er zwar kein Horn mehr, lebt aber immerhin noch. Ich weiß nur noch nicht, was ich mit ihm anfangen soll. Du hast nicht zufällig Verwendung für ein Haustier?«
»Wer? Ich? Nein, Chef, dafür fehlt mir die Zeit. So ein Keinhorn braucht sicher ganz viel Zuwendung. Hier steht als Nächstes die Modernisierung des internen Kommunikationsnetzwerks an, das wird mich rund um die Uhr beschäftigen.«
»Verstehe. Na ja, dann bleibt es erstmal hier, irgendwas fällt mir schon noch ein. Apropos Kommunikation, deswegen habe ich dich eigentlich gerufen: Ich versuche schon den ganzen Tag, meinen Vater oben zu erreichen. Mir fehlt noch die Genehmigung für die neue Abteilung.«
»Die Selbstverliebten Selfiestangenbenutzer? Ich dachte, die wären längst genehmigt.«
»Das dachte ich auch, ist aber nicht so. Gabriel nervt die ganze Zeit, weil er das Budget dafür ohne offizielle Genehmigung nicht freigeben kann. Normalerweise ist das ja auch kein Problem, mein Vater geht meistens sofort ans Telefon. Aber ich habe es heute schon tausendmal klingeln lassen, keine Reaktion. Kannst du dir das Telefon mal angucken? Vielleicht ist es ja kaputt.«
»Das ist sehr unwahrscheinlich. Ich habe es gestern erst überprüft. Es sieht zwar alt aus, aber es steckt die modernste Technik drin.«
»Hm, seltsam. Was ist denn los da oben? Wenn mein Vater schläft, geht normalerweise einer meiner Brüder dran.«
»Vielleicht haben sie eine wichtige Besprechung? Oder sie machen gerade einen Betriebsausflug? Als ich noch oben war, haben wir einmal alle zusammen die Elysien besichtigt. Das war aber stinklangweilig.«
»Ja, kann sein. Ich probiere es einfach später noch mal.«
»Machen Sie das. Es gibt sicher eine Erklärung dafür. Der CEO verschwindet ja nicht einfach so, er hat seinen Posten noch nie verlassen. Sagen Sie, rein aus Neugier: Hat der Kleine eigentlich schon einen Namen?«
»Das Einhorn? Nein. Wieso? Vielleicht lege ich ihn ja doch noch auf den Grill. Und ich esse nicht gern etwas, das einen Namen hat.«
»Sie werden ihn nicht essen, Chef. Ich sehe doch ganz deutlich, dass Sie den Kleinen sehr gern haben.«
»WAS? ICH GLAUB, ES GEHT LOS! WAS FÄLLT DIR EIN?! ICH BIN DER TEUFEL! ICH HAB ÜBERHAUPT NICHTS GERN! UND AM ALLERWENIGSTEN HAB ICH NICHTSNUTZIGE ASSISTENTEN GERN, DIE MIR POSITIVE EIGENSCHAFTEN UNTERSTELLEN! DAVON HAB ICH SCHON ETLICHE AUF DEN GRILL GELEGT! MIT NAMEN UND OHNE!«
»Ach, kommen Sie, Chef. Ich kenne Sie jetzt lang genug. Sie haben auch eine weiche Seite. Ich sehe es doch ganz deutlich, Sie mögen den Kleinen.«
»EINE WEICHE SEITE? DIE KANN DIR MAL GANZ DEUTLICH DEN KOPF ABREISSEN, MEINE WEICHE SEITE! DANN SIEHST DU ÜBERHAUPT NICHTS MEHR!«
»Also, ich würde ihn ja Äpfelchen nennen. Das passt zu ihm, finde ich.«
»ÄPFELCHEN? GEHT’S NOCH? WAS HAST DU DENN IMMER MIT DEINEN ÄPFELN? IMMER WILLST DU ALLES APFEL NENNEN! DAS IST DOCH NICHT NORMAL!«
»Ich mag Äpfel eben.«
»HIER UNTEN GIBT’S ABER KEINE ÄPFEL! UND DICH GIBT ES AUCH NICHT MEHR LANG, WENN DU SO WEITERMACHST! ALSO VERSCHWINDE LIEBER GANZ SCHNELL, BEVOR ICH EINEN BRATAPFEL AUS DIR MACHE!«
»Alles klar, Chef. Kein Problem, Chef. Bin schon weg, Chef.«
»Äpfelchen! Das ist doch kein Name. Oder willst du etwa Äpfelchen heißen, du süßer kleiner Fratz?«
»MÄÄÄH!«
»Siehst du, wusste ich’s doch. Niemand will Äpfelchen heißen.
Da fällt uns ganz bestimmt etwas viel Besseres ein. Aber jetzt versuche ich es erst noch mal bei meinem Vater. Irgendwann muss er ja mal drangehen. … Es tutet. … Es tutet immer noch. … Hm, nichts. Verdammt, wo steckt der bloß?«
»Ich bleibe hier!«
Wie bitte? Das hat er jetzt nicht wirklich gesagt, oder? Oder zumindest nicht so gemeint. Hoffentlich.
»Wie meinst du das?«, frage ich.
»Na, so, wie ich es sage. Ich bleibe hier. Bei dir.«
Wie, bei mir? Das geht doch nicht. Ich meine, der Mann ist mein Opa. Mein Opa, den ich gerade eben zum ersten Mal sehe und von dem ich bis vor Kurzem gar nicht wusste, dass er überhaupt existiert. Also, als mein Opa. Dass er existiert, wusste ich vorher schon. Aber da kannte ich ihn nur als CEO, als Chronisch Einzigartigen Oberchef meines Vaters. Dass ich mit ihm verwandt bin, hätte ich niemals auch nur im Entferntesten vermutet. Damit habe ich mich mittlerweile auch abgefunden, kein Problem, ich habe einen Opa, sowas passiert. Aber dann hüpft er plötzlich aus meinem Schrank, steht vor mir und sagt, dass er hierbleiben will. Ich meine, ich kenne ihn überhaupt nicht. Das waren eben die ersten Sätze, die wir jemals miteinander gesprochen haben. Was will er denn hier? Er hat sich bis jetzt offenbar nie für mich interessiert. Und ich mich nicht für ihn. Das kann von mir aus auch gern so bleiben.
»Ja, aber … Ich meine … Warum … Wieso denn?«, frage ich.
»Wieso denn nicht?«, erwidert er. »Brauche ich unbedingt einen Grund, um meinen Enkel zu besuchen?«
»Na ja«, sage ich. »Irgendwie schon. Du hast mich schließlich noch nie besucht.«
»Ein Grund mehr. Dann wird’s ja höchste Zeit. Freust du dich denn gar nicht, dass wir uns endlich einmal persönlich kennenlernen?«
Ehrlich gesagt: Nein. Freude ist nicht gerade das aktuell vorherrschende Gefühl in mir. Dafür ist er mir einfach zu unsympathisch – und das nicht erst seit dem Körpertausch, den er Lilly und mir aufgezwungen hat. Ich mochte ihn vorher schon nicht, als er für mich nur der CEO war. Weil alles, was ich unten in der Hölle über den CEO gehört habe, total bescheuert war. Er ist ja der oberste Chef. Von allem. Da unten, hier oben, ganz oben, niemand ist mächtiger als er. Und das nutzt er schamlos aus. Er entscheidet zum Beispiel, wer zu uns runter in die Hölle muss. Da sind ganz viele Leute dabei, die das überhaupt nicht verdient haben, wie zum Beispiel die Heavy-Metal-Fans. Die werden nur bestraft, weil sie Musik gehört haben, die meinem werten Opa nicht gefällt. Oder die erwachsenen Treppengeländer-Runterrutscher aus Abteilung 86. Die wollten doch nur ein bisschen Spaß und haben niemandem geschadet. Dafür müssen sie jetzt bei uns jeden Tag tausend Stockwerke Treppengeländer aus Stacheldraht hinunterrutschen. Und niemand weiß, warum. Das hat der CEO so entschieden. Ohne jede Begründung. Und ein furchtbarer Angeber ist er auch noch. Er behauptet ständig, er hätte alles hier oben erschaffen, was es gibt. Ganz allein. In einer Woche oder so. Hallo? Wie soll das denn gehen? Ich musste neulich im Werkunterricht ein Vogelhäuschen bauen, dafür habe ich schon zwei Tage gebraucht. Eine Woche für eine ganze Welt? Unmöglich. Aber es gibt tatsächlich jede Menge Leute, die das glauben. Kapier ich nicht.
Und jetzt steht dieser Angeber vor mir und fragt, ob ich mich freue, ihn endlich persönlich kennenzulernen? Ganz sicher nicht. Aber er ist ja trotz allem mein Opa, das kann ich ihm schlecht ins Gesicht sagen. Lügen will ich aber auch nicht.
»Geht so«, brumme ich deshalb als Antwort. »Wie stellst du dir das eigentlich vor mit dem Hierbleiben? Ich meine, was willst du denn hier machen?«
»Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Das war ein sehr spontaner Entschluss. Aber irgendwas wird mir schon einfallen. Was machst du denn so den ganzen Tag?«
»Na, das ist eine Schule. Also gehe ich zur Schule.«
»Ich bin noch nie zur Schule gegangen. Das klingt lustig, das könnte ich doch auch machen.«
Wie bitte, was? Das kommt ja überhaupt nicht in die Tüte. Ich will nicht mit meinem Opa zur Schule gehen!
»Nein, kannst du nicht«, erwidere ich. »Du bist viel zu alt für die Schule. Hier gibt es nur Kinder. Und Lehrer. Die sind zwar älter, aber davon haben wir schon genug.«
»Ach, mach dir deswegen keine Sorgen«, sagt er. »Das Alter ist kein Problem.«
»Wie meinst du …?«
Bevor ich ausgesprochen habe, schnippt er mit dem Finger und plötzlich sitzt anstatt ihm ein Junge auf meinem Bett. Oh, nein. Er hat das mit dem Fingerschnippen drauf. Mein Vater kann das auch. Wieso passiert bei mir eigentlich nichts, wenn ich mit dem Finger schnippe? Ich will das auch können!
»Besser so?«, fragt mein jung gewordener Opa grinsend. »Jetzt sehe ich aus wie ein typischer Schüler, oder?«
»Äh, ja … schon. Aber das geht trotzdem nicht. Du kannst nicht mit mir zur Schule gehen.«
»Wieso nicht?«
Ich suche krampfhaft nach einem plausiblen Grund, der verhindert, dass mein Opa mein Mitschüler wird.
»Na, weil … weil du hier nicht angemeldet bist! Genau! Hier muss man angemeldet sein! Da kann nicht einfach jeder kommen und sich in den Unterricht setzen! Das erlaubt der Hasenfuß ganz sicher nicht!«
»Der Hasenfuß?«
»Das ist unser Direktor! Er ist der Chef hier! Und er ist sehr streng! Hier gibt es ganz viele Vorschriften! Und wenn jemand nicht angemeldet ist, darf er hier nicht zur Schule gehen!«
»Ach so, die Formalitäten«, sagt mein Opa lächelnd. »Die sind schnell erledigt.«
Er schnippt wieder mit dem Finger. Plötzlich steht der Hasenfuß neben mir. Er hat nur eine Unterhose an und sein Gesicht ist voller Schaum.
»Äh … Was … Wie …«, stammelt er und schaut sich verwundert um.
Sein Blick fällt auf mich.
»Von Turbsnatas?«, sagt er verwundert. »Wo kommen Sie denn plötzlich her? Und was haben Sie mit meinem Badezimmer gemacht?«
»Ähm … Ich … Das …«, stammle ich ratlos, weil ich selbst viel zu überrascht bin, um das zu begreifen.
»Herr Hasenfuß!«, sagt mein Opa und schüttelt unserem Direktor die Hand. »Es ist mir eine große Freude, Sie kennenzulernen!«
»Äh … Danke, gleichfalls«, sagt der Hasenfuß. »Aber wer sind Sie? Und wo bin ich hier überhaupt? Das sieht aus wie eins der Quartiere für unsere Insassen … äh, Schüler. Ist das Ihr Zimmer, von Turbsnatas? Wie bin ich denn hierhergekommen?«
»Machen Sie sich darüber keine Gedanken«, sagt mein Opa. »Das werden Sie sowieso in ein paar Minuten vergessen haben.«
»Ach so, dann ist’s ja gut. Ich würde mich nur ungern daran erinnern, in diesem Aufzug in einem Schülerzimmer gewesen zu sein. Aber jetzt weiß ich immer noch nicht, wer Sie sind?«
»Heiland«, sagt mein Opa. »Amadeus Heiland. Meine Freunde nennen mich Deusl. Ich bin Schüler an Ihrer Schule.«
»Sind Sie nicht, das wüsste ich«, erwidert der Hasenfuß. »Ich kenne alle Schüler, die hier angemeldet sind. Sie kenne ich nicht, was bedeutet, dass Sie nicht angemeldet sind. Und wer nicht angemeldet ist, ist auch kein St.-Fidibus-Schüler.«
»Doch, bin ich«, sagt mein Opa und rückt ein Stück näher an Hasenfuß heran. »Denken Sie bitte nochmal genau darüber nach. Ich bin schon ganz lange hier an der Schule und jeder kennt mich.«
Opa schnippt wieder mit dem Finger. Die Augen von Hasenfuß drehen sich einmal im Kreis. Für einen Moment wirkt er wie eingefroren, dann blinzelt er und schüttelt kurz seinen Kopf.
»Ach ja, natürlich« sagt er. »Der junge Herr Heiland. Natürlich sind Sie ordnungsgemäß angemeldet. Ich habe es nur vergessen, Verzeihung.«
»Das macht doch nichts«, sagt mein Opa. »Sie werden es nicht wieder vergessen. Alles andere, was hier eben gerade passiert ist, schon. Viel Spaß noch beim Rasieren.«
Er schnippt wieder mit dem Finger, im nächsten Augenblick ist Hasenfuß verschwunden.
»So, damit wäre das auch erledigt«, sagt mein Opa grinsend. »Jetzt bin ich hochoffiziell einer deiner Mitschüler.«
Ja, leider. Ich will nicht mit meinem komischen Opa zur Schule gehen. Ich will überhaupt nichts mit ihm zu tun haben. Er soll verschwinden. Ich schnippe mit dem Finger. Mist, er ist noch da.
»Ha, ha!«, lacht er. »So einfach wirst du mich nicht los!«
»Aber … Aber du kannst nicht hierbleiben!«, erwidere ich.
»Nein? Falls du es noch nicht weißt: Ich kann alles.«
Das stimmt leider offenbar.
»Aber … Aber wo willst du denn schlafen? Mein Bett ist viel zu klein für zwei!«
Er schnippt mit dem Finger, mein Bett ist plötzlich doppelt so groß.
»Ja, aber jetzt ist hier doch gar kein Platz mehr!«, versuche ich es verzweifelt weiter. »Das Zimmer ist viel zu klein!«
Wieder ein Fingerschnippen, und mein Zimmer ist plötzlich doppelt so groß.
Verdammt! Gegen diese verflixten Finger habe ich keine Chance.
»Moment, da fehlt noch was«, sagt er und schnippt wieder.
Neben meinem Kleiderschrank erscheint eine Tür.
»Was ist da drin?«, frage ich.
»Sieh nach. Es wird dir gefallen.«
Ich öffne die Tür zaghaft. Wow! Dahinter ist ein riesiges Badezimmer! Mit einer Dusche und einer Toilette für einen ganz allein! Und eine Badewanne so groß wie mein neues Bett steht auch da! Ich habe noch nie gebadet, in St. Fidibus gibt es keine Badewannen, aber ich kenne sie von unten, aus Abteilung 21. Da sitzen bei uns die Willkürlichen Wasserverschwender bei 100 Grad Hitze in einer leeren Badewanne, und wenn sie den Wasserhahn aufdrehen, kommt Lava raus. Eine Badewanne wollte ich immer mal ausprobieren, das macht bestimmt Spaß. So ein eigenes Badezimmer ist schon ziemlich cool, das muss ich zugeben. Werde ich aber nicht, zumindest nicht laut. Er soll nicht denken, dass ich irgendetwas gut finde, was er macht. Er soll verschwinden.
»Aber musst du nicht wieder hoch?«, sage ich verzweifelt. »Die brauchen dich doch da oben. Da bricht doch bestimmt alles zusammen, wenn du nicht da bist.«
»Ach, die kommen auch mal ohne mich aus. Deine Onkel haben das schon im Griff. Ich war noch nie weg, ich habe mir ein bisschen Urlaub verdient, finde ich.«
»Ja, aber wieso denn ausgerechnet hier?«, erwidere ich. »Da gibt’s doch viel schönere Orte, um Urlaub zu machen. Paris, zum Beispiel. Da waren wir neulich, da ist es wunderschön. Und es gibt auch ganz viele alte Häuser zum Angucken.«
»Ich kenne jedes Haus in Paris. Ich kenne sogar jeden Menschen, der dort lebt. Wen ich aber nicht gut kenne, bist du. Deswegen bin ich hier, damit wir zwei uns besser kennenlernen. Aber langsam kriege ich das Gefühl, dass du das gar nicht willst.«
»Will ich auch nicht«, sage ich. »Ich brauche dich nicht. Ich bin ja bis jetzt auch sehr gut ohne dich zurechtgekommen. Das kann von mir aus gern so bleiben.«
»Ach, das sagst du doch jetzt nur so. Jeder will mich kennenlernen. Ich bin großartig. Und allmächtig. Das finden alle toll. Außerdem bin ich dein Opa. Wart’s nur ab, in ein paar Tagen wirst du mich lieben, so wie alle.«
Unglaublich, oder? Er glaubt doch tatsächlich, dass ihn jeder liebt. Ich könnte sofort eine ganze Menge Leute aufzählen, die nicht unbedingt Fans von ihm sind. Die komplette Belegschaft der Hölle, zum Beispiel. Oder ich.
»Und was, wenn ich das gar nicht will?«, frage ich.
»Glaub mir, du willst das. Alle wollen das. Und es wird passieren. Du wirst mich lieben. Weil ich es will.«
»Ach so. Was ich will, zählt also gar nicht?«
»Nö. Und je weniger du dich dagegen wehrst, desto schneller wirst du es auch genießen. Glaub mir einfach. Ich bin sehr liebenswert. Und wenn du das erstmal erkannt hast, wirst du dir wünschen, dass ich für immer hierbleibe.«
Nie im Leben. Was bildet der sich denn ein? Der spinnt doch.
»Das heißt also, egal, was ich will oder sage, du bleibst auf jeden Fall hier?«, frage ich grimmig.
»So ist es«, antwortet er grinsend.
»Na gut«, sage ich knurrend. »Wie du willst. Aber dass das klar ist: Du kannst mich vielleicht dazu zwingen, mit dir zur Schule zu gehen, aber du kannst mich nicht dazu zwingen, dich zu mögen! Das entscheide immer noch ich, wen ich mag oder nicht! Und dich mag ich nicht!«
»Abwarten«, sagt er grinsend. »Wenn du erstmal ein bisschen Zeit mit mir verbringst, wird sich das ganz schnell ändern.«
»Dazu kannst du mich auch nicht zwingen! Ich verbringe meine Zeit nämlich, mit wem ich will!«
Ich muss hier raus, und zwar sofort, sonst raste ich aus. Dieser Mann ist unerträglich. Wenn ich noch länger dieses selbstgefällige Grinsen ertragen muss, platze ich.
Ich stapfe auf die Tür zu.
»Wo gehst du hin?«, fragt mein Opa.
»Zu Leuten, die ich mag!«, erwidere ich.
»Soll ich mitkommen? Die werden mich ganz sicher auch mögen.«
»Nein, du sollst nicht mitkommen! Du sollst überhaupt nicht hier sein!«
»Na gut, dann mache ich erstmal ein Nickerchen. Sei bitte leise, wenn du zurückkommst.«
»Sei du bitte weg, wenn ich zurückkomme!«
Ich öffne die Tür und knalle sie beim Rausgehen so laut zu, wie ich nur kann.
»Dein Opa ist hier?«, fragt Gustav erstaunt. »Der von ganz oben? Der CEO?«
»Genau der«, seufze ich.
»Und was genau will er hier? Er hier?«, möchte Aaron wissen.
»Was weiß ich«, antworte ich. »Mich in den Wahnsinn treiben, wahrscheinlich. Stellt euch mal vor: Er wird hier auf die Schule gehen! In unsere Klasse!«
Wir sitzen in Aarons Zimmer auf seinem Bett. Weit bin ich nicht gekommen auf meiner Flucht vor Opa. Aaron hat gehört, wie ich die Tür zugeknallt habe und ist sofort aus seinem Zimmer gestürzt, um zu sehen, was los ist. Damit ich nicht alles zweimal erzählen muss, haben wir Gustav schnell geschrieben, keine Minute später war er da.
»Ein Opa in der Schule?«, wundert sich Aaron. »Wie soll denn das gehen? Er ist doch viel zu alt. Zu alt.«
»Jetzt nicht mehr«, erkläre ich. »Er hat sich verwandelt und sieht so jung aus wie wir.«
»Er kann sich verwandeln? Cool!«, stellt Gustav fest.
»Überhaupt nicht cool«, brumme ich. »Er kann alles, sagt er. Dafür muss er nur mit den Fingern schnippen. Und ich kann nichts dagegen tun. Das ist eine absolute Katastrophe.«
»Jetzt warte es doch erstmal ab«, sagt Aaron. »Vielleicht ist er ja ganz nett. Opas sind meistens nett. Ich habe zwei davon und mag sie sehr gern. Sehr gern.«
»Schön für dich«, brumme ich. »Du musst aber auch nicht mit ihnen zur Schule gehen.«
»Ich habe nur noch einen Opa«, sagt Gustav. »Der andere ist leider vor zwei Jahren gestorben. Ich vermisse ihn immer noch sehr.«
»Kannst gern meinen haben«, grummele ich. »Ich brauch ihn nicht.«
»Wo ist er denn jetzt? Denn jetzt?«, fragt Aaron.
»Drüben in meinem Zimmer«, seufze ich. »Das nicht mehr aussieht wie mein Zimmer. Er hat es einfach größer gemacht. Ohne mich zu fragen.«
»Ein größeres Zimmer? Das klingt super!«, sagt Gustav. »Kann er bei mir auch mal vorbeikommen?«
»Das ist nicht witzig«, knurre ich.
»Nein, aber sehr praktisch«, sagt Aaron. »Ich hätte auch nichts gegen mehr Platz hier. Platz hier.«
Okay, von dem Badezimmer erzähle ich am besten gar nichts, sonst finden sie ihn noch cooler.
»Ihr seid nicht gerade sehr hilfreich«, brumme ich.
»Wie können wir dir denn helfen? Helfen?«, fragt Aaron.
»Na, ihr könntet euch mit mir ärgern und euch auch darüber aufregen, dass mein blöder Opa einfach ungefragt hier auftaucht und alles durcheinanderbringt«, antworte ich.
»Aber er hat doch noch gar nichts Schlimmes gemacht, oder?«, sagt Gustav.
»Noch