Lysistrata - Hans von Holt - E-Book

Lysistrata E-Book

Hans von Holt

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Beschreibung

Lysistrata - die Heeresauflöserin - die die Frauen von Athen und Sparta mobilisierte, den Krieg der Männer zu beenden. Diese Vorlage aus dem antiken Griechenland wird in ihrer Anwendbarkeit in heutigen Gegebenheiten durchgespielt, in Frage gestellt und einer neuen Zeit überantwortet, oder die Zeit löst sich auf und die Thematik wird durchsichtig... «Erst machen wir Liebe, und was dabei heraus kommt, geht nachher in den Krieg - die Söhne jedenfalls, rechtzeitig erzogen - und die Töchter jubeln ihnen zu, den Helden des Blutvergiessens. So nährt die Liebe den Krieg - und der Krieg macht am Ende so müde, dass wir uns wieder nach der Liebe sehnen. Und das Ganze beginnt von vorn. Frisches Fleisch, frisches Blut - als müsste die ganze Erde damit getränkt werden.»

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Inhaltsverzeichnis

1.

Warenhaus

2.

Hinterhof

2.1 Unterhaltung

3.

Gesang der Kriegs-Schauplätze

3.1 Lysistratas Abendlied

3.2 Collage

4.

Unterwelt

4.1 Persephones Reich

5.

Hinterhof

5.1 Die Oberwelt

6.

Epilog

6.1 Warenhaus

7.

Coda

Die Figuren

Von Hans von Holt erschienen

Sisyphos

Tutti Fun Cosi

Libretto Mozartiana

Warten auf G

1. WARENHAUS

Lysistrata und Pandora (Blüte im Haar) sitzen auf antiken Tempelstufen, erinnern sich, wie es damals war, was hat geklappt, die Männer vom Krieg abzuhalten, was ist gescheitert.

Lysistrata lehnt an einer griechischen Säule. Im Vordergrund ein Kaufhauskleiderständer mit Rüstungsteilen säuberlich auf Bügeln im Angebot. Ein Tischchen mit einem Helm auf einem Styroporkopf. Daneben ein großer Kaufhaus-Spiegel. Antike und Moderne gehen ineinander über.

Abseits an der rechten Seite der Bühne steht eine Statue in weichem Licht. Man erkennt sie als Aphrodite, die Vorderseite fast nackt, die Hüfte hinter einem Gürtel mit verzierter Schlange verborgen. Sie steht unbeweglich, den rechten Ellenbogen in die linke Hand gestützt, in der rechten Hand einen Phallus wie ein Zepter haltend, lächelt undurchsichtig, trügerisch und verheißungsvoll. Aphrodites Rückseite ist in Schwarz gekleidet mit einer Maske als Persephone auf dem Hinterkopf. Persephone zeigt auf der Vorderseite die Göttin des Tode, ihre Rückseite ist wie Aphrodites Vorderseite.

(Licht langsam auf Aphrodite, die übrige Bühne ist dunkel)

APHRODITE

In antikem Tragödienton

Seid uns willkommen in diesem Rund,

an der Stätte, an der sich die Sinne ergötzen,

und folgt uns in diesem heiligen Bund

von Göttern und Menschen – gefangen in Netzen –

verführend geknüpft aus göttlicher Lust –

Lust, die auch Menschen befällt,

sie verstrickt – sich zu verletzen.

(abgründig)

Und die menschliche Lust

versinkt bald im Schlund

des Tartaros an ihre Quelle.

(wieder leichter)

Doch am Ende des Dunkels wird's wieder helle,

und wir feiern den Reigen der Liebe erneut,

und folgen den Musen der Lust hoch erfreut.

Willkommen in unserer Götter-Welt,

die sich um eure menschliche spinnt,

und euch in eurem Traume hält,

und zu eurer Welt wird,

in der die Lust gewinnt.

Licht an! Bühne frei!

Das Spiel beginnt ...

Licht an

Szene Lysistrata/Pandora.

Aphrodite fällt ins Halbdunkel zurück

LYSISTRATA

steht auf, betrachtet einen Kleiderständer mit Rüstungsteilen, kramt darin herum

Wir hatten es doch schon einmal geschafft!

PANDORA

Ja, damals – aber nur für kurze Zeit.

LYSISTRATA

Ich weiß. Es ist lange her. Aber es gab Frieden.

Seit langem einmal wieder.

PANDORA

Ja. Seit einer langen Zeit der Kriege war Frieden

in unserem Land.

LYSISTRATA

(ein wenig stolz)

Oder war es überhaupt das erste Mal, dass der Krieg wirklich ruhte? Und wir hatten ihn beendet?

PANDORA

(überlegt fragend)

Du meinst, seitdem er erfunden wurde? – Das weiß ich nicht genau.

(bestimmt)

Aber sicher seit sehr langer Zeit.

LYSISTRATA

(nachdenklich zu sich)

Seitdem er erfunden wurde ... Erfunden?

Oder gab es ihn von Anfang an? Schon die Götter haben Krieg gespielt ... und am Ende war das Göttliche vergessen ...

PANDORA

Aber du hattest es geschafft, die Frauen zu vereinen,

um dem Krieg ein Ende zu setzen.

LYSISTRATA

(immer noch nachdenklich zu sich)

Wer hat bloß den Krieg erfunden ...

PANDORA

Und dann hatten sich die Frauen den Männern so lange

verweigert, bis die Männer den Krieg niederlegten.

LYSISTRATA

Damals hat es geklappt, wenn auch nur kurz.

Oder war es nur die Zeit zwischen zwei Kriegen?

PANDORA

Du meinst, es war gar kein richtiger Frieden?

LYSISTRATA

(kommt wieder zu sich)

Es ist schwer zu sagen.

Von heute aus gesehen ist es komisch.

Lacht

PANDORA

Wieso komisch?

LYSISTRATA

Als die Männer lange genug nichts mehr hatten, wo sie ihr «Ding» rein stecken konnten, war das Dilemma da:

Nur wenn sie die ehernen Schwerter in ihre Scheide steckten – kam ihr «Ding» in die unsere.

Da steckten sie Ihre ehernen Schwerter weg.

PANDORA

(skeptisch)

Ja eben, für kurze Zeit. Wir hielten es für Frieden, naiv wie wir waren! Doch der Krieg ruhte nur, solange die «Helden» bei uns ruhten.

Eine trügerische Pause, wie sich herausstellte.

APHRODITE

Wieder Licht auf Aphrodite, wedelt leicht mit dem Phallus, verführerisch lächelnd

(leicht melodisch nach Verdis Arie aus Rigoletto: «La donna è mobile» in Sprechgesang auslaufend)

Ja - wie so trügerisch ...

in diesen – Sachen ....

sind Menschenherzen ...

es ist zum Lachen ...

die Sehnsucht nach Lust,

die Flucht vor dem Frust,

lässt mich in euch Illusionen entfachen ...

LYSISTRATA

Geht langsam zum Tischchen mit dem Helm

Und kaum hatten sie ihr Ding wieder bei uns in der Scheide, war alles schnell vergessen. Da dauerte es nicht lange, und sie zogen ihre ehernen Schwerter wieder aus ihren Scheiden – schieden von unseren Scheiden, und zogen wieder in den Krieg, um viele von Ihresgleichen HIN-SCHEIDEN zu sehen.

Hält den Helm, dreht und betrachtet ihn nachdenklich.

PANDORA

Ja, hin-scheiden – vom Leben geschieden – und wieder für lange Zeit – Tartaros.

PERSEPHONE

Kommt aus dem Dunkel, mit griechischem Tragödien-Ton...

So nähren sie den Strom aus Blut,

und tränken die Erde dunkelrot,

bis er versiegt in Tränenflut,

fließt junges Leben in den Tod.

Sie scheiden hin und scheiden von Scheiden,

geschieden hienieden, wo nichts mehr geblieben ....

Schüttelt lächeln den Kopf, zurück ins Dunkel

APHRODITE

(lächelt dazu, winkt mit dem Phallus ...)

Nun ja, bis es von neuem wächst ... mit neuem Leben ...

PERSEPHONE

(sarkastisch)

In meinem Reich wächst nichts mehr ...

LYSISTRATA

Sie redeten Blech,

(setzt den Helm auf)

kleideten sich in Blech, klapperten mit ihren Schwertern rum, zerstückelten sich gegenseitig damit, und schrien laut.

PANDORA

Manche kurz, manche für lange Zeit.

LYSISTRATA

Die einen aus Wut, die anderen vor Schmerzen

oder im Sterben, manchmal für lange Zeit.

PANDORA

Die Wut war kurz, der Schmerz war lang.

Die Ehre ertrank mit den Illusionen im Blut,

und Hades erntete reich.

Eisen im Fleisch, scheidet Fleisch,

scheidet Fleisch – für immer.

PERSEPHONE

Von der Seite aus dem Dämmerlicht

Die Ehre tragen die Menschen zu Felde,

die Ehre fordert ihren Sold!

Sie mäht das Leben hin in Bälde,

der Tod ist ihrer Ehre hold.

Die Erde saugt der Toten Blut.

Und Hades sammelt ihre Schatten.

Dahin ist ihre Lebensglut,

und alles, was sie einmal hatten.

So wird die Ehre auch zum Schatten,

sie löst sich auf – wie nie gewesen,

und alle Wesen, die sie hatten,

sind ehrenlose Schattenwesen.

LYSISTRATA