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Crash oder Jahrhundertchance?
Dirk Müller ist sich sicher: Wir stehen vor der nächsten Weltwirtschaftskrise und einer gigantischen Umverteilung. Ob China, Russland, Nordkorea, Naher und Mittlerer Osten oder USA und Europa – Müller erklärt in seiner gewohnt verständlichen Art Hintergründe, Zusammenhänge und Konsequenzen der aktuellen Konflikte. Klug und glaubhaft schildert er den voraussichtlichen Ablauf dieser kommenden Weltwirtschaftskrise. Er zeigt, welche Rolle Digitalisierung und Automatisierung spielen, wo die Zukunft des Geldes, der Arbeit und der Gesellschaft liegt, und gibt wertvolle Tipps, wie wir diesen Umbruch nicht nur unbeschadet überstehen, sondern auch noch davon profitieren können - aktuell und hochspannend!
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Seitenzahl: 480
Crash oder Jahrhundertchance?
Dirk Müller ist sich sicher: Wir stehen vor der nächsten Weltwirtschaftskrise und einer gigantischen Umverteilung. Ob China, Russland, Nordkorea, Naher und Mittlerer Osten oder USA und Europa – Müller erklärt in seiner gewohnt verständlichen Art Hintergründe, Zusammenhänge und Konsequenzen der aktuellen Konflikte. Klug und glaubhaft schildert er den voraussichtlichen Ablauf dieser kommenden Weltwirtschaftskrise. Er zeigt, welche Rolle Digitalisierung und Automatisierung spielen, wo die Zukunft des Geldes, der Arbeit und der Gesellschaft liegt, und gibt wertvolle Tipps, wie wir diesen Umbruch nicht nur unbeschadet überstehen, sondern auch noch davon profitieren können - aktuell und hochspannend!
Dirk Müller
Machtbeben
Die Welt vor der größten Wirtschaftskrise aller Zeiten
Hintergründe, Risiken, Chancen
Für meinen Vater
Inhalt
Vorwort: Ein großes Puzzlespiel
I. Die aktuelle Lage im Frühjahr 2018
Schwere Gewitterwolken am Horizont
Weder Pessimist noch Optimist, sondern Realist
Die Bankenkrise von 2008: Ein Rückblick
Die »Mutter aller Blasen«: Ein Anleihemarkt an der Grenze zum Irrsinn
Netzwerke der Macht
Russlands Einfluss auf die US-Wahl?
II. Die Macht der Plutokraten
Demokratie – Plutokratie – Kleptokratie
Auf dem Weg in die Kleptokratie
Zahnlose Medien
Die Macht des Internets
Datenkontrolle, Internetzugang und Demokratie
Die unsichtbaren Mächtigen – Wen man nicht kennt, den kann man auch nicht bekämpfen
Sind wir wirklich wehrlos? – Widerstand beginnt mit Achtsamkeit und Respekt, nur gemeinsam sind wir stark
III. Pulverfässer – Eine Fülle von ungelösten Problemen
Globalisierung: Die Weltmacht als Ziel
Ein Europa der Regionen
Ein Naher Osten der Regionen – A New Middle East
Konkurrierende Plutokraten-Netzwerke, aber ein gemeinsames Ziel
Eine moderne Völkerwanderung
Die ungelöste Eurokrise
Wieder wie 2008: Problemkredite in den USA als Zeitbombe
IV. Die gefährliche weltpolitische Gemengelage durch das Ende des Ölzeitalters
Explosive Zeiten für die arabische Welt
Saudi-Arabien gegen Iran: Sunniten gegen Schiiten
Der alte Konflikt zwischen USA und Iran
Syrien, Russland, der Ukraine-Konflikt und die Gefahr eines dritten Weltkrieges
Der Nordkorea-Konflikt
China: Die größte Blase der Weltwirtschaftsgeschichte
Expansion nach Westen: Die neue Seidenstraße
Myanmar – weit mehr als ein Lokalkonflikt
Chinas Dominosteine
V. Das Große Beben: Wie kann man sich schützen oder sogar profitieren?
Erdbeben und Seismografen
Arche Noah: Ein Vorsorgekonzept für die Krise
Von der Krise zur Chance
Der Tag danach
Meine ganz persönliche Arche
Groß oder klein?
VI. Die totale Digitalisierung und ihre Folgen
Kryptowährungen: Das Ende des Bargelds
Onlineshopping
Automobilität der Zukunft
Digitalisierung, Automatisierung
Schlaraffenland: Das Ende der Arbeit
Mischen Sie sich ein
Quellenverzeichnis
Bildnachweis
Vorwort: Ein großes Puzzlespiel
Die täglichen Berichte aus Politik und Wirtschaft wirken oft wie zusammenhangslose Schnipsel, die in ihrer Bedeutung nur schwer einzuschätzen sind. Zum einen fehlen uns oft der tiefere Hintergrund und die Details zu dieser oder jener Meldung, vor allem aber fehlen uns die Anschlussstücke zu diesen Puzzleteilen. Wenn wir die Schachtel eines Puzzlespiels öffnen und ein einzelnes Stück herausnehmen, sehen wir zwar seine Umrisse und ein irgendwie aufgedrucktes Muster, können aber nichts damit anfangen, egal wie intensiv wir dieses eine Teil studieren. Erst wenn wir weitere Teile in dem großen Haufen finden, die sich mit dem ersten Stück zusammenfügen lassen, ergibt sich etwas mehr Sinn. Je mehr zusammenhängende Teile wir im Laufe der Zeit finden und in der richtigen Anordnung zusammenfügen können, desto eher erkennen wir das gesamte Bild.
Die Welt aus Politik und Wirtschaft müssen wir uns als ein solches Puzzlespiel mit nahezu unendlich vielen Teilen vorstellen. Zumindest sind es so viele Teile, dass niemand im Laufe seines Lebens in der Lage sein wird, sie alle zusammenzutragen, um das eine, einzig korrekte und umfassende Bild zu erkennen. Dennoch hängt unser Verständnis maßgeblich davon ab, dass wir zumindest die wichtigsten und für uns aktuellsten Elemente erkennen, verstehen und in einen Zusammenhang bringen, mit dem wir etwas anfangen können.
Daher ist dieses Buch der Versuch, dem geneigten Leser meine Erfahrungen und Sichtweisen auf die Zusammenhänge und Hintergründe dessen näherzubringen, was aktuell und in naher Zukunft in jenen Bereichen von Politik und Wirtschaft geschieht, die direkten Einfluss auf unser derzeitiges und künftiges Leben haben.
Erst im Zusammenhang der einzelnen Puzzleteile ergibt sich ein Gesamtbild unserer Umgebung. Und nur wer dieses Gesamtbild erkennt, ist in der Lage, die Dinge korrekt zu beurteilen. Nur wer die gegenwärtige Situation und die zukünftige Entwicklung richtig einschätzt, vermag sich darauf einzustellen und den für sich richtigen Weg einzuschlagen.
Die meisten Sachbücher beschäftigen sich auf vielen Seiten sehr intensiv mit einem einzigen Puzzlestück und beschreiben dieses von allen Seiten und in allen Details. In der Folge hat man dann sehr gute Kenntnis von diesem einen Stück, aber es hilft nicht weiter, wenn man nicht auch die anderen Puzzlestücke kennt. Entsprechend müsste man eine Unzahl an Büchern lesen, Gespräche führen und Nachforschungen anstellen, um jedes einzelne Teil detailliert zu kennen und dann mit seinen Nachbarelementen zusammenzufügen – eine Lebensaufgabe. Genau dies war ein wesentlicher Teil meiner Tätigkeit in den mehr als 25 Jahren, die ich inzwischen in dieser Welt aus Kapital und Politik verbringen durfte. Nur wer einen Zusammenhang umfangreich und im Detail kennt, ist in der Lage, diesen auch auf die wichtigsten Elemente hin zusammenzufassen.
So könnte ich Ihnen zahlreiche Puzzlestücke von allen Seiten umfangreich beschreiben. Dann hätten Sie am Ende des Buches eine Handvoll Teile kennengelernt – und noch immer würde Ihnen der Blick auf das komplette Bild verschlossen bleiben. Ich muss mich also entscheiden, ob ich wenige Teile intensiv oder möglichst viele Teile knapp, aber dennoch mit den wichtigsten Informationen beschreiben will. Ich habe mich für Letzteres entschieden: Ihnen lieber einen wesentlichen Teil des Gesamtbildes vorzustellen, wie es sich für mich aus den mir vorliegenden Informationen ergibt. Albert Einstein sagte einmal sinngemäß: »Wenn man etwas nicht einfach erklären kann, hat man es nicht verstanden.«
Manches neue Puzzleteil mag irritierend wirken, wenn es nicht sofort zu unseren bisher als sicher geglaubten Zusammenhängen passt. Doch wenn man bereit ist, die eigenen bisherigen Sichtweisen stets aufs Neue zu überprüfen und infrage zu stellen und bereits zusammengesetzte Elemente zu trennen, wenn es neue Erkenntnisse gibt, die mehr Sinn ergeben, dann hat man die Chance, am Gesamtbild weiterzubauen. Wer dagegen einst falsch zusammengesetzte Teile nie mehr infrage stellt, wird jedes neue Element ablehnen, nur weil es nicht in das bisherige Weltbild passt.
Als zu Zeiten der Renaissance ein gewisser Nikolaus Kopernikus mit seinen Forschungen das neue Bild des Universums entwarf, in dem sich die Erde um die Sonne bewegte, statt umgekehrt, traf ihn Hohn und Verachtung. Was war passiert? Er hatte das bestehende Weltbild der durchaus intelligenten Menschen seiner Zeit, das Weltbild der Obrigkeit und damit zugleich einen wesentlichen Machtfaktor zur Diskussion gestellt. Die einen konnten ihm gar nicht recht geben, da ihre Macht davon abhing, dass alles beim Alten blieb; die anderen wollten ihm nicht folgen, weil sie nicht bereit waren, ihre bisherige Sichtweise infrage zu stellen und sie mit aufkommenden neuen Ideen und Sichtweisen immer wieder abzugleichen. Sie verteidigten ihre Sicht auf die Dinge um jeden Preis.
Etwas Ähnliches passiert auch heute noch in allen Bereichen des Lebens: Ein neuer Mitarbeiter bringt neue Ideen in den verkrusteten Arbeitsablauf eines Betriebes, und die häufigste Reaktion ist: »So ein Blödsinn, das haben wir doch schon immer so gemacht.« Neue Erkenntnisse beweisen, dass sicher geglaubte politische Zusammenhänge der Vergangenheit in einem völlig anderen Licht gesehen werden müssen, und die häufigste Reaktion ist eine Ablehnung dieser »Verschwörungstheorien«. Dabei geht es gar nicht um die Prüfung und Abwägung von Argumenten, sondern um den verbissenen Versuch, das eigene bislang als sicher angenommene Weltbild nicht infrage stellen zu müssen.
In meinem letzten Buch, Showdown. Der Kampf um Europa und unser Geld (erschienen 2013), habe ich mich intensiv mit den Erdgasvorkommen des östlichen Mittelmeerraums beschäftigt. Das Buch polarisierte in von mir ungeahnter Weise. Einerseits wurde es ein SPIEGEL-Bestseller, und ich bekam großen Zuspruch von vielen Lesern, andererseits erbitterte Gegenwehr – meist von Journalisten bekannter Häuser, die ihr Weltbild gefährdet sahen und daher für sich ausschlossen, dass meine Sicht korrekt sein könnte. Ich hatte alle Behauptungen mit nachprüfbaren Primärquellen unterlegt. Ich hatte mit den Chefgeologen des Griechischen Geologischen Institutes gesprochen, mit der ehemaligen griechischen Außenministerin, die mir erklärte, dass nach ihren Kenntnissen Griechenland auf ähnlich großen Gasvorkommen sitze wie Libyen. Ich hatte die geologischen Gutachten und sogar die Werteinschätzungen in dreistelliger Milliardenhöhe durch die Deutsche Bank, London und die Royal Bank of Scotland herangezogen. Dennoch sagte ein Journalist eines namhaften Magazins zu mir: »Ihre Quellen interessieren mich nicht, ich halte das für Blödsinn.« Der Moderator eines gleichfalls bekannten Fernsehformates kommentierte meine oben angeführten Quellen mit dem inzwischen legendären Satz: »Die können Ihnen alle ja viel erzählen, sind Sie denn selbst hinuntergetaucht und haben das überprüft!?« Das sind die Momente, an denen man sich in die schwierigen Zeiten der Aufklärung zurückversetzt fühlt.
Inzwischen ist die Tatsache, dass es im östlichen Mittelmeerraum riesige Gasfelder gibt, Allgemeinwissen:
Handelsblatt 2013: »Schatzinsel Zypern«1 – Spiegel 2018: »Gas im Mittelmeer«2 – Reuters 2018: «Total, Edison get Greek go-ahead for oil and gas exploration«.3
Vor wenigen Tagen – im Frühjahr 2018 – erhielt ich folgende Zuschrift eines Lesers, die ich mit seinem Einverständnis hier wiedergeben darf: »Herr Müller. Ich musste die letzten Tage oft an Sie denken! Ich arbeite bei Siemens, Gasturbinen. Wissen Sie, womit unsere ca. 15 Gasturbinen in den israelischen Kraftwerken laufen? Mit dem Gas aus dem Gasfeld hier im Mittelmeer, für welches Sie als ›Verschwörungstheoretiker‹ verspottet wurden! Unser Projektleiter erzählte gestern beim Essen auch davon, wie gut die Gasqualität ist und wie super unsere Turbinen hier laufen! Die Verschwörungstheorie von gestern ist die Nachricht von morgen. Liebe Grüße aus Haifa, Israel.«
Im Mai 2018 gab der Vorsitzende der Griechischen Gesellschaft zur Verwaltung Fossiler Brennstoffe, Jannis Basias bekannt, dass unter der Meeresoberfläche südlich von Kreta so viel Erdgas lagere, dass Griechenland bis zu 600 Milliarden Dollar innerhalb von 25 Jahren erwirtschaften könne.4
Dennoch habe ich großes Verständnis für die kritischen Kommentare von damals wie heute. Neue Erkenntnisse und Sichtweisen, die der eigenen bisherigen Überzeugung widersprechen, sind für die meisten Menschen schwer zu glauben und verursachen ihnen großes Unbehagen. Dann gehen sie nachvollziehbarerweise den für sie angenehmeren Weg, die neuen Aspekte abzulehnen, um ihr bisheriges Bild nicht korrigieren zu müssen. Sie empfinden das in der Regel als Fehlereingeständnis. Etwas, das einem unangenehm ist. Es ist, als würde man im Beruf einen Fehler machen und sich die Situation dann irgendwie so zurechtargumentieren, dass man ja doch irgendwie richtig gehandelt habe.
Dabei ist das gar nicht nötig. Es ist doch alles vollkommen normal. Das eigene Weltbild – auch meines – kann gar nicht hundertprozentig korrekt sein. Es wäre ein Zufall wie ein Lottogewinn, wenn die eigene Weltsicht der absoluten Wahrheit entspräche. Es gibt einfach zu viele Elemente, zu viele Zusammenhänge. Ich habe diese Einsicht für mich schon vor langer Zeit gewonnen und stelle meine Sichtweise immer wieder selbst infrage. Ich freue mich natürlich, wenn mir jemand meine Sicht der Dinge bestätigt. Aber genauso freue ich mich, wenn jemand mein Bild korrigiert. Wenn er mir Argumente und Fakten liefert, die mir helfen, mein fehlerhaftes Bild zu korrigieren oder zu vervollständigen, ist das ein großes Geschenk, für das ich gelernt habe, dankbar zu sein. Nur wer seine Sicht auf die Dinge immer wieder hinterfragt, auf Fehler überprüft und vor allem offen bereit ist, sie zu korrigieren, hat eine Chance, sich der Wahrheit immer weiter anzunähern. Das ist nichts Ehrenrühriges, es ist die reinste und einzige Form der Erkenntnisgewinnung.
I. Die aktuelle Lage im Frühjahr 2018
Schwere Gewitterwolken am Horizont
Egal mit wem ich derzeit hinter den Kulissen über die wirtschaftliche und politische Großwetterlage spreche, es ist nicht einer darunter, der die Ansicht vertritt: »Alles wird gut«. Vor der Kamera mag das durchaus anders klingen, hier gilt es, nicht zu beunruhigen, nicht als Pessimist dazustehen oder schlicht die Interessen dieses oder jenes Hauses zu wahren. Ganz offenkundig sieht jeder die schweren Gewitterwolken am bedrohlich gelben Horizont heraufziehen. Aber noch stehen wir in der Sonne und hoffen, dass diese Gewitterzelle sich vielleicht irgendwie doch noch auflösen oder zumindest an uns vorbeiziehen wird. Doch die Meteorologen der Wirtschaft und der Politik, mit denen ich seit vielen Jahren in engem Austausch stehe, haben derzeit tiefe Sorgenfalten auf der Stirn. Einer sagte: »Da kommt etwas auf uns zu, das hat noch keiner von uns je gesehen. Was da kommt, ist der perfekte Sturm.«
Die amerikanische Investorenlegende Jim Rogers beschrieb es im Sommer 2017 mit den Worten: »It’s going to be the worst crash in my lifetime. Be worried!« (Das wird der schlimmste Crash meines Lebens werden. Seien Sie besorgt!)5 Jim Rogers wurde 1942 geboren und ja, es ist zu befürchten, dass das, was sich hier zusammenbraut, näher an den Auswirkungen der großen Weltwirtschaftskrise nach dem Crash von 1929 liegen wird als an jenen der relativ harmlosen, aber uns noch sehr präsenten Krise im Jahre 2008.
Man muss einschränkend anmerken, dass Jim all die Zusammenhänge korrekt erkennt, beschreibt und deren wahrscheinlichen Ausgang zu Recht fürchtet: Was aber niemand prophezeien kann, ist der zeitliche Ablauf der Dinge. Es ist immer wieder erstaunlich, wie lange Systeme und Strukturen durchhalten können, bei denen von Beginn an klar ist, dass sie zu fehlerhaft sind, um langfristig zu bestehen.
Zu Beginn der kommunistischen Staatsformen Anfang des 20. Jahrhunderts waren sich zahllose Wirtschaftsexperten einig, dass das nicht dauerhaft funktionieren werde. Jedoch dachte man an Zeiträume von fünf bis zehn Jahren. Tatsächlich hat der Kommunismus siebzig Jahre durchgehalten.
Der Euro bereitet große Probleme und ist eine Fehlkonstruktion, solange Europa aus unterschiedlichen und eigenständigen Staaten besteht. Selbst Helmut Kohl sagte in seiner Regierungserklärung am 6. November 1991 schicksalsschwer: »Man kann dies nicht oft genug sagen. Die Politische Union ist das unerlässliche Gegenstück zur Wirtschafts- und Währungsunion. Die jüngere Geschichte, und zwar nicht nur die Deutschlands, lehrt uns, dass die Vorstellung, man könne eine Wirtschafts- und Währungsunion ohne Politische Union auf Dauer erhalten, abwegig ist.«6
Ich habe in meinem letzten Buch Showdown umfangreich dargelegt, welchen Schaden der Euro tatsächlich anrichtet und dass es ein weitverbreiteter Irrtum ist, anzunehmen, Deutschland würde davon per Saldo profitieren. Damals galt diese Sichtweise als Ketzerei und seine Anhänger als »europafeindlich«. Inzwischen haben auch die Volkswirte der Europäischen Zentralbank eingeräumt, dass der Euro sogar Deutschland bremst.7
Dennoch haben wir genau dieses Konstrukt mit all seinen Problemen und Krisenfolgen nun seit fast zwei Jahrzehnten, und niemand kann sagen, ob wir dieses halbherzige Gebilde nicht noch weitere zwanzig Jahre durchschleppen oder ob wir am Ende doch die Vereinigten Staaten von Europa haben und der Euro dann die richtige Währung für diese politische Union sein wird, wenn vielleicht auch längst in Form eines bargeldlosen Krypto-Euro.
Wer immer sich mit geopolitischen und weltwirtschaftlichen Entwicklungen auseinandersetzt, macht allzu oft den Fehler, die zeitlichen Komponenten massiv zu unterschätzen. Man sieht die Zusammenhänge, schreibt die derzeitige Entwicklung linear fort und kommt zu klaren Ergebnissen, wie die Zukunft aussehen wird. Doch das beinhaltet zwei gefährliche Irrtümer: Der erste ist die zeitliche Komponente. Im eigenen Gehirn laufen diese erwarteten Entwicklungen im extremen Zeitraffer ab, und man glaubt, die daraus resultierenden Ergebnisse müssten in wenigen Wochen zutage treten. Tatsächlich sind es oft Jahre, in denen diese Ereignisse sich langsam und keineswegs geradlinig entwickeln. In dieser angenommenen Gradlinigkeit steckt auch schon der zweite Fehler. In den seltensten Fällen lässt sich die gerade stattfindende Entwicklung linear fortschreiben.
Nehmen wir beispielhaft die Flüchtlings- oder besser Völkerwanderungswelle im Jahr 2015. Eine Million Menschen kamen binnen kürzester Zeit nach Deutschland. In der Diskussion war oft zu hören: »Wenn das so weitergeht, sind das in fünf Jahren fünf Millionen Zuwanderer. Und da ist der Familiennachzug noch nicht mal berücksichtigt!« Genau in der Floskel »Wenn das so weitergeht« steckt der Haken. Niemand konnte zu jener Zeit absehen, dass wenige Monate danach ein Flüchtlingsdeal mit der Türkei den Zustrom rapide reduzieren würde. Und schon fällt das ganze eigentlich klar absehbare Szenario in sich zusammen. Der große Katastrophen-Sturm reduziert sich auf ein kleineres Gewitter. Das schließt allerdings nicht aus, dass sich auch dieser Rückgang nur als vorübergehende Wendung herausstellt und die Gewitterzelle sich wieder auflädt. Aber es zeigt, wie schwierig und oftmals falsch es ist, aktuelle Entwicklungen direkt fortzuschreiben.
Bleibt also die Frage, wie sich künftige Entwicklungen überhaupt prognostizieren lassen. Wie kann man denn wissen, was auf einen zukommt?
Weder Pessimist noch Optimist, sondern Realist
Sicher kann man sich grundsätzlich auch bei einer Wetterprognose niemals sein. Zu viele unbekannte Variablen und zu viele Einflüsse spielen zusammen, als dass man heute in der Lage wäre, das Wetter hundertprozentig korrekt zu berechnen. Auf unsere wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen wirken noch weit mehr Variablen ein, deren genaue Anzahl und Wert kein Mensch und kein Computer dieser Welt kennt und folglich auch nicht berechnen kann. Aber man kann versuchen, möglichst viele Daten und Zusammenhänge zu erheben, miteinander in Beziehung zu setzen und schließlich daraus auf die wahrscheinlichen möglichen Abläufe zu schließen. Eine Garantie wird Ihnen niemand geben können.
Das trifft selbstverständlich auch auf mich selbst zu. Ich hatte das große Glück, in meinen nunmehr 25 Jahren an der Börse und später in der Öffentlichkeit ein sehr großes Netzwerk aufbauen zu dürfen. Spannende, einflussreiche und vor allem gut informierte Menschen aus allen Bereichen des Lebens durfte ich kennenlernen, und mit vielen verbindet mich bis heute ein reger Austausch. Politiker, Wirtschaftsbosse, Lobbyisten, Sportler, Künstler, Unternehmer, Mediziner, Wissenschaftler und nicht selten einfach ganz »normale« Menschen mit guten Kenntnissen und Einschätzungen.
Von jedem einzelnen erfahre ich wertvolle Detailinformationen aus seinem jeweiligen Fachgebiet und seiner jeweiligen Sicht auf die Dinge. Diese Informationen vernetze ich miteinander und bringe sie in einen Zusammenhang. Es ist wie beim Zusammensetzen der erwähnten Puzzleteile: Mit jedem neuen Element wird das große Gesamtbild ein wenig besser erahnbar. Aber mir ist klar, dass ich auch am Ende meines Lebens niemals das gesamte Bild sehen werde. Zu viele Teile, zu viele Ebenen. Niemand auf Gottes Erdboden hat jemals oder wird jemals das Gesamtbild sehen. Wer Ihnen sagt, er wisse sicher, wie der Hase läuft, ist ein Scharlatan. Sie können sich bis ans Lebensende 24 Stunden am Tag mit den Themen Macht, Wirtschaft und Finanzen auseinandersetzen und werden am Ende doch nur einen kleinen Teil aller Informationen jemals gesehen haben. Aber genau das ist es, was jeder von uns alltäglich tut und was auch ich Ihnen anbiete.
Ich berichte Ihnen über jene Teile, die ich gesehen habe und in welchem Zusammenhang sie aus meiner Sicht stehen. Ich habe Ihnen zu allen Fakten des Buches bewusst gesellschaftlich allgemein anerkannte Quellen angegeben, sodass Sie sich diese Puzzleteile selbst genauer ansehen können. Auf der extra eingerichteten Seite www.cashkurs.com/machtbeben finden Sie alle im Buch angegebenen Quellen zum einfachen Anklicken sowie die aktuellsten Entwicklungen zu den in diesem Buch angesprochenen Themen. Die angeführten Belege sind natürlich nicht die einzige Quelle meiner Einschätzungen, aber eben solche, die für jedermann zugänglich und somit nachprüfbar sind.
Die eigene Sicht ist immer die Summe zahlloser Studien, Erlebnisse und Erfahrungen. Nur darüber kann ich berichten – wohl wissend, dass dies nicht die absolute Realität sein muss und immer nur eine reduzierte oder verzerrte Sicht auf die Dinge sein kann. Doch das gilt für den Leser genauso wie für den Kritiker. Auch dessen Wahrnehmung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht die direkte Spiegelung der Realität, sondern nur die Summe seiner wenigen erlebten und wahrgenommenen Puzzleteile. Es geht mir daher darum, meine Sicht auf die Welt zu beschreiben – wohl wissend, dass es sich nicht um die absolute Realität handelt, dass ich ihr aber vielleicht nahekommen kann. Wer behauptet, meine Sichtweise sei falsch, der setzt voraus, selbst im Besitz der einzig echten und vollständigen Wahrheit zu sein. Doch kann er sich dessen sicher sein? Ich bin es mir jedenfalls nie.
Der griechische Philosoph Sokrates fasste das vor 2400 Jahren in dem berühmten Satz zusammen: »Ich weiß, dass ich nichts weiß.« Wer behauptet, etwas unumstößlich sicher zu wissen, erhebt sich darüber und muss mit sich selbst ins Gericht gehen, ob das zu Recht geschieht. Wenn sich aber zwei Menschen begegnen, die beide ihre Sicht auf die Dinge vertreten und sich zugleich ihrer eigenen Fehlbarkeit bewusst sind, entsteht eine wundervolle fruchtbare Diskussion mit Erkenntnisgewinn und Fortschritt für beide Diskutanten.
Wenn die Börse eines lehrt, dann ist es Demut. Die Demut, zu erkennen, dass niemand absolut sicher sein kann, was als Nächstes geschieht, so gut er auch informiert sein mag. Die Demut, zu erkennen, dass man dann am meisten auf die Nase bekommt, wenn man sich seiner Sache zu sicher war. In dieser Demut berichte ich Ihnen von meinem Blick auf die Welt, auf deren Zusammenhänge und die daraus resultierenden Folgen. Vielleicht haben Sie einige der Puzzleteile, von denen ich Ihnen berichte, selbst schon einmal gesehen, vielleicht kann ich Ihnen andere Teile zeigen, die daran andocken können, und vielleicht ergibt sich daraus für Sie wiederum ein größeres Gesamtbild.
Die Börse ist der Schmelztiegel all dessen, was auf der Welt geschieht. Je mehr Sie davon verstehen, je umfassender und universeller Ihre Kenntnisse in allen möglichen Bereichen der Welt sind, umso besser können Sie das Geschehen an den Börsen einordnen und Szenarien entwickeln. Was nutzt es, sich Bilanzen von Pharmafirmen anzusehen, wenn man nicht zumindest rudimentäre Kenntnisse von Krebserkrankungen, Pharmaforschung und den aktuellen wissenschaftlichen Entwicklungen in diesem Bereich hat? Früher war es selbstverständlich, sich ein möglichst universelles Wissen anzueignen. Die Universitäten tragen genau das in ihrem Namen: »Universalität – breites Fächerspektrum«.
Aber in Zeiten der immer kleinteiligeren Arbeitsteilung geht es mehr um hochspezialisiertes Fachwissen, dessen Besitzer umgangssprachlich als »Fachidioten« belächelt werden, als um den Versuch, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und die Dinge »universell« zu betrachten. Die Börse zwingt hier glücklicherweise dazu, genau dies zu tun; zumindest motivierte sie mich stark dazu. Was nützt es mir, im Spielcasino mit allen wissenschaftlichen Methoden den Lauf der Kugel zu berechnen? Was nützt es, die Rotationskräfte, den Luftwiderstand, den Reibungswiderstand in Korrelation zu bringen, wenn ich nicht im Blick habe, dass der große Croupier hinter dem Kessel die Kugel einfach aus dem Spiel nimmt und auf ein beliebiges Feld setzt, wenn ihm danach ist? Was nützt es mir also, Unternehmensbilanzen zu wälzen, wenn ich nicht verstehe, was die einflussreichen Kräfte der Weltpolitik auf den jeweiligen Feldern aushecken? Was nutzt es, Bilanzen von Stromkonzernen zu analysieren, wenn über Nacht die Politik den Ausstieg aus der Atomkraft verkündet? Manche Entscheidungen des großen Croupiers sind einfach nicht vorhersehbar, andere kündigen sich sehr wohl an, wenn man den Croupier nur lange genug beobachtet hat, um seine Interessen zu erahnen. Das setzt allerdings voraus, dass man die Existenz eines Croupiers überhaupt akzeptiert.
Allzu viele glauben noch immer, dass Wirtschaft und Demokratie völlig unbeeinflusst von größeren Interessen einflussreicher Personen und Organisationen ihren demokratischen Gang gehen. Wer davon überzeugt ist, der ist allerdings auch überzeugt, dass Zitronenfalter Zitronen falten, und er sollte hier besser nicht mehr weiterlesen, denn das würde ein Weltbild zerstören, mit dem sich doch eigentlich auch ganz gut leben lässt – solange nichts Größeres passiert.
Und das muss in absehbarer Zeit auch nicht zwingend der Fall sein. Der zeitliche Ablauf ist für keinen von uns vorhersehbar, und auch die Umstände, die heute noch große Sorgen bereiten, können morgen durch kluge Entscheidungen oder zufällige Ereignisse beigelegt oder zumindest verschoben werden. Und wer weiß, vielleicht halten die Weltenjongleure die wackligen Teller länger in der Luft, als unsere jeweils individuelle Zeit auf Erden noch andauert. Sollte man sich dann überhaupt Sorgen machen? Soll man da überhaupt, wie Jim Rogers sagt, »besorgt sein«?
Wenn Sie schon einmal auf einem Kreuzfahrtschiff waren, dann haben Sie als Erstes, wenn Sie sich dem Schiff genähert haben, eine große Anzahl orange leuchtender Rettungsboote an der Seite des Luxusliners gesehen. An Bord dann jede Menge Rettungsringe, und bevor es überhaupt auf See ging, waren Sie gezwungen, an einer Seenotrettungsübung teilzunehmen, bei der Ihnen eindrücklich erklärt wurde, was zu tun sei, wenn das Schiff wahlweise abbrenne, sinke oder der Schnaps ausgehe. Hatten Sie da je das Gefühl, das sei alles völliger Blödsinn und die wollten Ihnen mit den Rettungsbooten und Sicherheitsübungen nur Panik machen und den Spaß an der Reise verderben? Wohl kaum. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen: Egal was da kommt, ich weiß, was zu tun ist, und ansonsten genieße ich die Reise.
Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Fahrstunden? Als der Fahrlehrer Ihnen gezeigt hat, dass es sinnvoll ist, an der Kreuzung bremsbereit zu sein, nachzusehen, ob kein Lkw von rechts kommt, und dann erst weiterzufahren? Haben Sie da je gedacht: »Miesmacher! Der will mir nur den Spaß am Autofahren nehmen«? Sicher nicht. Es ist überlebenswichtig, die Gefahrenstellen zu kennen und darauf zu achten, ob sie gerade relevant sind oder nicht. Das bedeutet keineswegs, dass Sie zwangsläufig an jeder Kreuzung von einem Lkw überfahren werden. Aber es ist wichtig, die Kreuzung zu erkennen, einen Lkw zu erkennen, wenn er auf einen zufährt, und es ist wichtig zu beurteilen, wie sich die Situation weiterentwickelt. Reicht der Abstand, bremst der rechtzeitig oder besser ich!?
Nichts anderes mache ich täglich für mich selbst und nehme Sie gerne auf diese Erkundungsreise mit. Ich zeige Ihnen die aus meiner Sicht gefährlichen Stellen und woran Sie künftig selbst erkennen, ob der Lkw für Sie gefährlich wird oder ob er harmlos bleibt. Und erst wenn wir die Zusammenhänge kennen, ihr Risiko jederzeit beurteilen können und vor allem wissen, was im Falle eines Falles zu tun ist, lassen sich die Autofahrt, die Kreuzfahrt oder die abenteuerliche Reise durch unser wirtschaftliches und ganz reales Leben mit Freude und Selbstvertrauen genießen.
Ohnehin kommt in den Diskussionen oft die Frage auf: »Müller, das muss doch frustrieren, diese ganzen perfiden Zusammenhänge zu erkennen, sich über diese Sauereien und Manipulationen der Märkte, der Politik, ja unserer ganzen Gesellschaft klarzuwerden!?« Ich bin da anderer Meinung. Die Welt war nie anders. Es ging noch nie an erster Stelle darum, was für die Menschen und die Gesellschaft gut und richtig wäre. Wenn dem so wäre, gäbe es längst keine Kriege mehr, keine toxischen Substanzen in Lebensmitteln und keine Einkaufswagen, an denen immer rechts vorne das Rad hängt. Ernsthaft betrachtet: Es ging schon seit Jahrhunderten immer zuerst darum, was den jeweils Reichen und Mächtigen nutzt, um ihren Reichtum und ihre Macht zu erhalten und zu mehren. Das Wohl der Masse war immer nur so weit von Interesse, als dass sie nicht aufbegehrte und bestmöglich »genutzt« werden konnte. Sei es als Arbeitskraft oder heute besonders als »Konsument«. Gefährlich wird es für uns »Fußvolk« unter zwei Aspekten. Erstens, wenn wir als Gruppe aufbegehren und den Machtanspruch oder den Reichtum der Entscheider infrage stellen, und zweitens, wenn wir als Arbeitskraft UND als Konsument ausfallen.
Unsere Arbeitskraft wird in Zeiten der Automatisierung immer weniger benötigt. In den USA wird die Arbeitskraft eines großen Teils der Gesellschaft längst nicht mehr gebraucht. Man hat zahllose Arbeitsplätze nach Asien oder Südamerika verlagert. Die Partizipationsrate – also jener Anteil der arbeitsfähigen Bevölkerung, der tatsächlich Arbeit hat – geht seit Jahren zurück und liegt derzeit mit 63 Prozent auf dem Stand der 1970er-Jahre. Bislang konnten die amerikanischen Bürger die nicht vorhandenen Einkommen durch immer weiter steigende Kreditaufnahme ausgleichen.
Dass dieses Pferd nicht ewig geritten werden kann, dürfte spätestens 2008 klar geworden sein, als die ersten Beben zu verspüren waren, weil amerikanische Bürger ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten. Binnen Wochen wurden aus eben noch mittelständischen Bürgern Obdachlosenheere in Zeltlagern in amerikanischen Vorstädten. Die Wirtschaftskrise 2008 dauerte nur wenige Monate. Welche gesellschaftliche Wirkung ein größerer und mehrjähriger »Sturm« ähnlich dem des Jahres 1929 heute entfachen würde, kann man sich ansatzweise vorstellen.
Was bringt uns überhaupt dazu anzunehmen, dass es beim nächsten Unwetter ein solch verheerender Sturm sein könnte? Wir hatten doch erst 2008 ein großes Gewitter. War das nicht auch ein reinigendes? Sind die Banken heute nicht robuster als damals?
Die Bankenkrise von 2008: Ein Rückblick
Erinnern wir uns. 2008 waren es zunächst nur die amerikanischen Hausbesitzer, die sich durch zu laxe Regeln von Staat und Banken zu sehr verschuldet hatten und folglich ihre Kredite nicht mehr bezahlen konnten. Die Häuser wurden zwangsversteigert, die Preise fielen, und noch mehr Kredite kamen in Schieflage. Diejenigen, die die Kredite einst vergeben hatten, und in noch stärkerem Rahmen jene, die diese Kredite in Form verbriefter Investmentpakete aufgekauft hatten, ohne sich der Risiken bewusst zu sein, kamen in Schwierigkeiten und gingen pleite. Die Pleite des Ersten brachte den Zweiten in Probleme, der diesem Ersten Geld geliehen hatte oder auf andere Art mit ihm verflochten war. Ein Dominoeffekt raste binnen weniger Wochen um die globalisiert vernetzte Welt. Niemand wusste, wer morgen der Nächste sein würde, der die Pforten für immer schließen müsste. Da die Banken untereinander in diesem Chaos ebenfalls nicht wussten, ob der Geschäftspartner auf der anderen Straßenseite am nächsten Morgen überhaupt noch da wäre, weigerten sie sich, sich auch nur über Nacht gegenseitig noch Geld zu leihen.
Da unser ganzes Wirtschaftssystem jedoch auf dieses ständig fließende Kreditgeld angewiesen ist, führte diese »Liquiditätsklemme« in die Beinahe-Katastrophe. Zahllose Marktakteure, von der Großbank über den Industriekonzern bis zum kleinen Mittelständler, brauchten dringend Geld, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Nicht Gewinn oder Verlust waren das Problem, sondern die jederzeitige Zahlungsfähigkeit. Wer nicht zahlen kann, ist pleite. Egal wie viel Gewinn sein Unternehmen übers Jahr abwirft.
In dieser Not verkauften zahllose Marktteilnehmer alles, was sie schnell zu Geld machen konnten, um an Cash zu kommen. Cash, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen, ihre eigenen kurzfristigen Kredite zurückzuzahlen, ihre Lieferanten und ihre Mitarbeiter zu bezahlen. Es wurde alles verkauft, was schnell zu verkaufen war. Aktien, Anleihen, Rohstoffe, sogar die sonst so krisenstabilen Edelmetalle wurden zunächst abverkauft. Cash war King! Hätte die Krise länger als nur wenige Monate angedauert, wäre es auch zum Abverkauf der Immobilien und dem kompletten Zusammenbruch der Wirtschaft gekommen.
Immobilien kann man aber nicht auf Knopfdruck verkaufen wie Daimleraktien. Man muss einen Käufer suchen, Verträge aufsetzen, Fristen einhalten, Notare beauftragen und so weiter. Die Immobilienfonds hingegen kamen in größte Not, da sie in den guten Zeiten die Anleger mit dem irrsinnigen Versprechen geködert hatten, sie könnten ihre Anteile am Immobilienfonds jederzeit zurückgeben. Da diese Anteile an Immobilienfonds aber nichts anderes sind als Anteile an sehr vielen Immobilien, ist klar, dass, wenn zu viele Anleger ihre Anteile gleichzeitig zurückgeben, gar nicht genug Geld für alle in der Portokasse liegt. Es müssen Immobilien verkauft werden, um die Anteilseigner auszubezahlen. Aber das dauert Monate. Eine von Beginn an offensichtliche Fehlkonstruktion.
Diese »Offenen Immobilienfonds« haben langfristige Investitionen (Immobilien) mit extrem kurzfristigen Geldern (täglich rückzahlbare Fondsanteile – also faktisch Tagesgeld) finanziert. Jeder Banklehrling lernt im ersten Lehrjahr, dass eine solch extreme Fristentransformation der Tod jeder Bank ist. Das heißt sogar ganz offiziell »Goldene Bankregel« und besagt, dass man langfristige Investitionen mit langfristig zur Verfügung stehenden Geldern finanziert. Aber man dachte, es würde schon ewig gut gehen. Diesmal sei eben alles anders. Übrigens einer der teuersten Sätze an den Finanzmärkten. Gerade wird er im Zusammenhang mit dem Bitcoin wieder bemüht.
Selbst die Warenversorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs war bei uns in Europa kurzfristig akut gefährdet, da die üblichen Containerschiffe aus aller Welt nicht auslaufen konnten, weil die nötigen Versicherungspapiere fehlten, da nicht klar war, wer im Zweifel bei einem Zahlungsausfall einspringen würde.
Die Banken standen vor dem völligen Zusammenbruch, die Sparer fingen an die Konten zu räumen, ein Run auf die Banken stand unmittelbar bevor, wie die Bundesbank später einräumte – was an einer sprunghaft ansteigenden Nachfrage nach 500-Euro-Scheinen abzulesen war.8 Es waren verzweifelte Notmaßnahmen der Notenbanken im Zusammenspiel mit der Politik, die alle Regeln über Bord warfen, getreu dem Motto: »Not kennt kein Gebot.«
Dazu gehörten auch die völlig substanzlosen Garantien, die Angela Merkel und der damalige Finanzminister Peer Steinbrück in einer nächtlichen Fernsehansprache an das fast panische Volk richteten: »Wir sagen den Sparerinnen und Sparern, dass ihre Einlagen sicher sind. Auch dafür steht die Bundesregierung ein.«9 Niemals hätte die Bundesregierung auch nur über einen Bruchteil der Finanzmittel verfügt, die nötig gewesen wären, um dieses Versprechen einzulösen. Es war die pure Verzweiflung und die Hoffnung, es nicht zu müssen. Steinbrück sollte später im Rückblick eingestehen: »Da haben wir alle in einen Abgrund geblickt.«10
Am Ende waren es unvorstellbare Liquiditätsspritzen und Garantien, mit denen die weltweiten Notenbanken und Politiker zunächst die unmittelbare Liquiditätsklemme wie auch das dafür ursächliche Misstrauen in letzter Minute beheben konnten. Bereits am ersten Tag der Liquiditätsbereitstellung der EZB mit dem Slogan »So viel ihr wollt, aber gegen die üblichen Sicherheiten« reichte die Zentralbank fast 100 Milliarden Euro aus, was die Dimension der Liquiditätsklemme zeigt.11 Seit jener Zeiten wurden weder die dem ganzen zugrunde liegenden Ursachen der Krise noch die Nebenwirkungen der Rettungsmaßnahmen behoben. Wir haben nur den akuten Infarkt verhindert und Zeit gewonnen. Wir haben keine Probleme gelöst, sondern sie mit enormer Kraftanstrengung auf eine nie zuvor gesehene Fallhöhe gehoben. Der Schuldenstand der OECD-Staaten hat sich seit 2008 von 25 auf 45 Billionen US nahezu verdoppelt.
All diese Dominoeffekte waren die Folge eines verhältnismäßig kleinen Auslösers: einer zu hohen Verschuldung auf dem amerikanischen Markt für Privatimmobilien.
Die »Mutter aller Blasen«: Ein Anleihemarkt an der Grenze zum Irrsinn
Wenn schon ein solches, eigentlich regionales Wirtschaftsereignis einen solchen Sturm um den Globus hervorrufen kann, dann verstehen Sie, warum ich mit vielen Experten beim Blick auf die aktuelle Gemengelage der Meinung bin, dass das, was sich aktuell zusammenbraut, alles beinhaltet, was es für einen perfekten Sturm mit maximaler Zerstörungskraft braucht.
Schauen wir zunächst auf die Heimatregion des unstrittigen Hauptakteurs dieses Jahrhunderts, die Vereinigten Staaten von Amerika. Die Weltwirtschaftskrise 2008 hatte hier ebenso ihren Ursprung wie die große Depression nach dem Crash von 1929. Wie fragil ist die Lage heute? Hat man aus den Ereignissen von 2008 gelernt? Nicht im Entferntesten. Die amerikanische Notenbank FED (die bekanntermaßen in privatem Eigentum und keinesfalls eine staatliche Einrichtung ist, siehe mein Buch C(r)ashkurs) hat mit bislang historisch einzigartigen Maßnahmen das Pferd unmittelbar vor dem Abgrund herumgerissen. Sie hat über 3,5 Billionen US-Dollar in die Märkte gepumpt.12
Was muss man unter diesem flapsigen Begriff verstehen? Die Notenbank hat am Kapitalmarkt Anleihen des amerikanischen Staates gekauft wie auch jene immobiliengedeckten Anleihen, die in der Krise keiner mehr haben wollte. Mit welchem Geld, fragen Sie sich? Mit dem Geld, das die FED genau zu diesem Zwecke aus dem Nichts selbst geschöpft hat. Somit sind mal eben 3,5 Billionen neue US-Dollar in Umlauf gekommen. Da die FED schon zuvor etwa eine Billion US-Dollar unter anderem an Staatsanleihen im Bestand hatte, ist das Depot (die »Notenbankbilanz«) der FED nun auf ein absolutes Rekordvolumen von 4,5 Billionen US-Dollar angewachsen. Parallel wurden die Leitzinsen auf einen historisch einmaligen Tiefststand von 0,25 Prozent gedrückt.
Doch es war nicht nur die amerikanische Notenbank. Auch die Japanische (Bank of Japan – BoJ), die chinesische Nationalbank, die Bank of England und natürlich die EZB haben zusammen viele Billionen ihrer jeweiligen Währung in die Märkte gedrückt.
Der amerikanische Anleihenpapst und Investor Bill Gross sagte dazu: »Die globalen Renditen sind auf dem niedrigsten Stand seit Beginn der Aufzeichnungen vor 500 Jahren. Wir erleben gerade eine Supernova, die eines Tages explodieren wird.« So dramatisch diese Aussage klingt, so ernst muss man ihren Inhalt nehmen.13
Man kann lange und trefflich über das Zinsgeldsystem, seine Folgen und Alternativen streiten, wir haben es nun mal. Einfach ausgedrückt: Je höher das Risiko, dass der Kreditnehmer pleitegeht und seinen Kredit eines Tages nicht zurückzahlen kann, umso höher der Zinssatz, den er dafür bezahlen muss. Weder Sie noch ich oder irgendein professioneller Investor ist – schon mangels Zeit – in der Lage, alle Kreditnehmer der Welt auf ihre Kreditwürdigkeit zu überprüfen. Aber die meisten der professionellen Investoren kennen »ihre« Schuldner. Die Analysten überprüfen die Bonität spezieller Länder oder Unternehmen sehr genau und sind entsprechend bereit, diesen Geld zu höheren oder niedrigeren Zinsen – je nach Risiko – zu leihen. Das Ergebnis können Sie persönlich dann auf den Kurszetteln der Börse sehen. Wenn dort eine Anleihe eines spanischen Bauunternehmens sieben Prozent Zinsen bringt und eine Anleihe eines amerikanischen Pharmakonzerns drei Prozent Zinsen abwirft, dann wissen Sie sofort: »Aha! Der Spanier ist gefährlicher … da muss man aufpassen, ob man sein Geld noch zurückbekommt.«
So können die weltweiten Anleger – ob Profi oder Laie – sehr schnell einschätzen, wie hoch das Risiko ist. Gut, manch ein Privatanleger ignoriert das gelegentlich. Wenn eine isländische »Kaupthing«-Bank sechs Prozent Zinsen auf das Tagesgeld bezahlt, während die heimische Volksbank nur drei Prozent bietet, sollten alle Warnlampen angehen, denn das hat nur einen Grund: Die Isländer MÜSSEN mehr bezahlen, weil ihr Risiko so hoch ist. Wären die genauso sicher wie die heimische Volksbank, müssten sie nicht so hohe Zinsen für Kleinanlegergeld zahlen, sondern würden es von anderen Profiinvestoren auch zu drei Prozent erhalten. Doch bekanntlich frisst Gier gelegentlich Hirn. Die einfache Regel lautet also: Je höher der Zins, desto höher das Risiko, je höher das Risiko, desto höher der Zins. Das gilt für jede Anleihe, egal ob Unternehmen, Staat oder der Überziehungskredit für Lotte Kapulke aus Gernsheim.
Doch jetzt schauen wir auf die aktuelle Situation. Eine zehnjährige Staatsanleihe der Vereinigten Staaten von Amerika hat im September 2017 eine Rendite von 2,25 Prozent. Eine solche der Bundesrepublik Deutschland 0,43 Prozent und eine zehnjährige Italienanleihe 2,17 Prozent. Das bedeutet, Italien bekommt sein Geld billiger als die Vereinigten Staaten von Amerika. Zu einer Zeit, in der Italiens Banken mit dem Hintern über dem Abgrund wanken und die Staatsverschuldung bei etwa 125 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt, bekommt dieses Land sein Geld billiger als die USA, die im Gegensatz zu Italien gar nicht pleitegehen können (es sei denn, sie wollen es unbedingt).
Alan Greenspan, der ehemalige Notenbankchef der FED, wurde einmal gefragt, ob es denn noch sicher sei, in US-Staatsanleihen zu investieren. Seine Antwort war so korrekt wie entwaffnend ehrlich: »Diese Frage stellt sich nicht. Die USA können jederzeit alle ihre Schulden bezahlen, denn wir können jederzeit jede beliebige Menge Geld drucken, die wir brauchen!«14 Genau das ist der Kern. Die USA sind fast ausschließlich in US-Dollar verschuldet. Da ihre Notenbank FED jederzeit und in beliebiger Menge US-Dollar drucken kann, kann sie mit den frisch gedruckten Geldscheinen (im übertragenen Sinne, denn das findet heute alles elektronisch statt) sämtliche US-Staatsanleihen der Welt aufkaufen, und somit wären alle Gläubiger befriedigt, jeder hätte sein Geld zurück. Ob Sie dann für die 500.000 US-Dollar, die Sie mal in amerikanischen Anleihen angelegt hatten, noch immer ein Reihenhaus oder vielleicht doch nur noch ein Oberhemd bekommen, ist eine ganz andere Frage. Dass dieses Geld durch die »inflationäre Vermehrung« weniger wert ist, das ist ja nicht das Problem der USA, sondern jener Leute, die den USA das Geld geliehen haben. Die USA können daher nicht pleitegehen, es sei denn, die private Notenbank FED verweigert den Gehorsam.
Ganz anders sieht das in Italien aus. Italien verfügt über keine Notenbank mehr, die beliebig Lira drucken könnte. Selbst wenn Italien wieder die Lira einführen und selbst drucken würde, Italien ist in Euro verschuldet, und die kann das Land nicht beliebig erzeugen, das kann nur die EZB. Das Gleiche gilt für die meisten Länder der Welt, die sich eben international nicht in ihrer eigenen Währung verschulden konnten, sondern zumeist in der Weltleitwährung US-Dollar. Kaum ein internationaler Investor würde Uganda einen Kredit in Uganda-Shilling gewähren, in US-Dollar sehr wohl. Ein aus US-Sicht wunderbarer Zustand. Bestimmen sie doch mit ihrer Zins- und Notenbankpolitik das Geschehen der Weltkreditmärkte. Erhöht Amerika die Zinsen und damit den Wert des US-Dollar, wird es für Uganda eng, das sich immer mehr anstrengen muss, um diese wertvoller werdenden US-Dollar zu verdienen, mit denen es seine Kredite zu bedienen hat.
Wir sehen: Ein Land, das faktisch nicht pleitegehen kann, die USA, zahlt derzeit mehr Zinsen als ein Land, das sehr wohl pleitegehen kann und hinter vorgehaltener Hand als nächstes Griechenland gehandelt wird – Italien.15 Aber als wäre das nicht verrückt genug, geht es auch noch besser. Zum gleichen Zeitpunkt im Herbst 2017 bekommt ein deutscher Häuslebauer – nennen wir ihn Erwin Leihendecker – einen Zehnjahreskredit zu märchenhaften 1,30 Prozent. Ein deutscher Bauherr durchschnittlicher Intelligenz und Schaffenskraft bekommt seinen Kredit zur Hälfte der Zinsen, die die Vereinigten Staaten von Amerika bezahlen. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, dass Erwin durch Jobverlust, Ehebruch, Alkoholexzess, Sexsucht oder Börsenzockerei innerhalb jener zehn Kreditjahre in finanzielle Bedrängnis gerät und seiner Verpflichtung nicht nachkommen kann, um ein Vielfaches höher, als dass die USA ihre Gelddruckmaschine nicht mehr finden.
Wie soll die Bank mit einem Zinssatz von 1,3 Prozent ihre Kosten decken, eventuelle Ausfallrisiken absichern und auch noch Gewinn machen? Nahezu unmöglich. So kommen die heimischen Banken in immer größere Schwierigkeiten und müssen immer größere Risiken eingehen, um zu überleben.
Die Finanzwelt hat mit der faktischen Abschaffung des Zinssatzes ihre Orientierung verloren. Eine Welt, in der die Bundesrepublik Deutschland sich für fünf Jahre Geld leihen kann und aufgrund eines negativen Zinssatzes von -0,3 Prozent am Ende weniger zurückzahlen muss, als sie aufgenommen hat, ist keine Normalität. Lassen Sie sich das nicht erzählen. Die Welt ist im Gegenteil vollkommen »verrückt« geworden. Die Naturgesetze der Märkte scheinen aus ihrer Balance »ver-rückt« worden zu sein. So etwas geht schon mal eine Zeit lang gut, aber auf Dauer ganz sicher nicht!
Da der Zinssatz offenkundig nicht mehr zur Risikobewertung taugt, haben die weltweiten Investoren ihr Richtmaß verloren. Sie investieren aber weiter, als wäre nie etwas passiert. Wie ein Kapitän auf offener See, dessen Kompass über Bord gegangen ist, der aber munter unter vollen Segeln irgendwohin fährt – wird schon gut gehen. Die Investoren holen sich Risiken in die Depots, die sie nicht mehr abschätzen können. Noch schlimmer: Selbst wenn sie die Risiken richtig einschätzen, sie sind mangels Alternative gezwungen, diese Anleihen zu kaufen, obwohl es in keinem vernünftigen Verhältnis steht.
Da liegt doch der Gedanke nahe, dass die Notenbanken das Problem lösen könnten, indem sie einfach die Zinsen wieder auf ein normales Niveau – was immer das ist – anheben.
Inzwischen hoffen auch viele Sparer auf einen baldigen Anstieg der Zinsen. Doch machen wir uns klar, dass dieser Anstieg der Zinsen genau jene Katastrophe auslösen würde, die in der langen Phase der extrem niedrigen Zinsen angerührt wurde.
Erinnern wir uns an die bereits eingangs erwähnte »Goldene Bankregel«. Langfristig ausgegebene Kredite auch mit langfristigen Geldern zu finanzieren. Die Banken machen aber in immer größerem Stil und aus der Not heraus das Gegenteil. Die Zinsen für kurzfristige Kredite sind fast immer niedriger als die Zinsen für langfristige Kredite.
Somit besteht ein wesentlicher Ertragsanteil der Banken aus genau dieser eigentlich gefährlichen »Fristentransformation«. Sie verleihen Geld an den Bauherrn Erwin auf zehn Jahre zu einem festen Zinssatz von 1,3 Prozent und leihen sich selbst dieses Geld wiederum bei anderen Banken oder der Zentralbank, aber eben nicht auf zehn Jahre, sondern nur für wenige Monate oder gar Tage. Dieser kurzfristige Zinssatz schwankt ständig, und die Bank muss sich das Geld bei jeder Fälligkeit wieder neu zum dann gültigen Zinssatz leihen. Der Häuslebauer kann sich entspannt zurücklehnen, er hat seine 1,3 Prozent sicher für die ganzen zehn Jahre. Solange die Zinsen niedrig bleiben, ist das alles o.k. Doch wehe, wehe, wenn ich auf das Ende sehe. Nehmen wir doch einmal an, die Notenbanken würden die Zinsen irgendwann in den nächsten Jahren deutlich erhöhen. Die Banken müssten sich das kurzfristige Geld plötzlich nicht für 0,5 Prozent leihen, sondern wieder für sonst übliche 3,5 oder gar 7 Prozent. Sie selbst bekommen aber weiterhin nur 1,3 Prozent jährlich von ihrem Häuslebauer.
Sie sehen: Je länger die Niedrigzinsphase anhält und je schneller die Zinsen danach steigen, umso mehr Banken werden den »Lehman« machen. Auch unser Bauherr Erwin wird mit rot verweinten Augen sein noch nicht gepfändetes Hab und Gut aus dem Haus räumen, wenn er am Ende seiner zehnjährigen Zinsbindung sein Haus noch nicht abbezahlt hat, sondern noch immer mehrere Hunderttausend Euro Schulden neu finanzieren muss, die jetzt aber nicht mehr 1,3 Prozent, sondern vielleicht 8,3 Prozent betragen. Hätte er nur lieber ein Reihenmittelhaus statt der Poolvilla gekauft. Denn nicht nur die Kreditgeber begeben sich mit jedem Monat Niedrigzins immer tiefer in die Gefahr, auch die Kreditnehmer werden immer leichtsinniger, weil »Geld ja grad nix koscht«.
Ganz besondere Dramatik würde ein Zinsanstieg für Italien entwickeln. Italiens Banken waren in der Vergangenheit besonders risikofreudig oder ihre Kunden einfach besonders problematisch. Wie auch immer, die über Jahre schwierige wirtschaftliche Situation hat dazu geführt, dass die italienischen Schuldner immer klammer wurden und ihre Kredite mehr schlecht als recht bezahlen können. Man spricht dann nicht nur von notleidenden Italienern, sondern auch von notleidenden Krediten. Von denen haben die italienischen Banken jede Menge in den Büchern stehen. Sagenhafte 360 Milliarden Euro an faulen Krediten liegen allein in Italien.16 Wohlgemerkt sprechen wir gerade über eine Phase, in der die Konjunktur in den meisten Teilen der Welt inklusive Europa brummt und fast schon heiß läuft.
Die nächste Rezession ist nicht eine Frage des »Ob«, sondern des »Wann«. Aber was passiert in einer solchen neuen Rezession? Noch mehr Bankkunden werden ihre Kredite nicht mehr bedienen können, und das dürfte so manche Bank Südeuropas in den Abgrund ziehen. Neue Bankenrettungen Italiens und der Europäischen Union wären die logische Folge. Man gewöhnt sich ja irgendwie daran. Nochmal der Zusammenhang: Italienische Banken unter höchster Bedrängnis. Steigende Zinsen brechen den italienischen Schuldnern und somit den Banken das Genick. Steigende europäische Zinsen kühlen die Konjunktur ab (was in Deutschland ganz guttäte), und das bricht ebenfalls den Italienern das Genick. Somit wird auch ziemlich schnell klar, warum der Notenbankchef der EZB, der Italiener Draghi, sich mit Zähnen, Klauen und Zaubersprüchen dagegen wehrt, die Zinsen anzuheben. Ewig wird das nicht gut gehen, wird er sich dem nicht verschließen können – mit den abzusehenden Folgen.
Wie sind die weltweiten Zinsen überhaupt so niedrig geworden? Das waren die Notmaßnahmen der Not-enbanken – vielleicht heißen sie deshalb auch so?! –, um der extremen Kreditklemme in der Folge der Ereignisse von 2008 zu begegnen. Zunächst hat man die gefährdeten Banken mit frischem Geld versorgt, indem man ihnen einen Teil ihrer Anleihen zu extrem hohen Preisen abgekauft oder als Sicherheit in den Bestand genommen hat. Dazu muss man wissen, je niedriger der aktuelle Zinssatz, umso höher der Preis der Anleihe. Das klingt komplizierter, als es ist. Stellen Sie sich vor, Sie hätten einem Metzger aus Ihrem Ort vor fünf Jahren 10.000 Euro für zehn Jahre geliehen. Damals wären die Zinsen wesentlich höher gewesen. Als Veganer haben Sie sich gedacht: »Der Metzger soll ruhig auch mal bluten«, und so haben Sie einen Zinssatz von sieben Prozent vereinbart. Seit damals zahlt ihnen der Mann jedes Jahr pünktlich die 700 Euro Zinsen, und es ist absehbar, dass er das auch noch die restlichen fünf Jahre machen wird und Ihnen dann am Ende der Laufzeit den geschuldeten Betrag von 10.000 Euro zurückbezahlen kann. Über das geliehene Geld haben sie damals einen Vertrag gemacht. Einen Schuldschein. Sie können sicher sein, dass Ihre Freunde und Kollegen, die bei der Bank Nullzinsen bekommen, Sie heute um diesen Schuldschein beneiden. Den hätten die auch gerne. Sogar so gerne, dass Ihre Freunde Ihnen den Vertrag abkaufen würden. Sie sind sogar bereit, ihnen mehr als die 10.000 Euro zu bezahlen. Sie würden ihnen auch noch einen Teil der zu erwartenden Zinsen mit drauf bezahlen. Da bliebe ihnen immer noch mehr, als sie heute bei der Bank bekommen.
Sie sehen: Je tiefer die Zinsen fallen, umso wertvoller werden die alten Schuldscheine (Anleihen) mit hohem Zinssatz. Einfach ausgedrückt, je niedriger die Zinsen, desto höher die Kurse der alten Anleihen.
Wenn wir uns also einig sind, dass die weltweiten Zinsen auf sämtliche Kreditverträge und Anleihen heute lächerlich niedrig sind, dann bedeutet dies im Umkehrschluss, dass die Kurse der Anleihen heute lächerlich hoch sind. Eine absolut brutale und noch nie da gewesene Überbewertung. Gemeinhin sprechen wir hier von einer Blase.
Je größer der Markt und je höher die Bewertung, desto größer ist die Blase.
Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, David Folkerts-Landau, sprach im Dezember 2017 in diesem Zusammenhang von der größten Anleiheblase in der Geschichte der Menschheit und bezweifelte, dass diese Blase ohne eine erneute Finanzkrise gelöst werden könne.17
Um eine ungefähre Orientierung zu bekommen, über welche Dimensionen wir hier reden, möchte ich Ihnen die Größe einiger Märkte vorstellen. Bitte sehen Sie mir nach, wenn es sich um Circa-angaben handelt.
Sie bekommen die gesamte weltweite Stahlproduktion für etwa 800 Milliarden US-Dollar.
Sie bekommen sämtliche Unternehmen des Deutschen Aktienindex für 1,2 Billionen US-Dollar. Somit gehören Ihnen alle Unternehmen von SAP über BASF bis zu Volkswagen zu hundert Prozent, wenn Sie das überhaupt wollten.
Sie bekommen sämtliche Unternehmen des amerikanischen Dow-Jones-Indexes inklusive Apple, Microsoft und McDonald’s für fünf Billionen US-Dollar.
Der weltweite Anleihemarkt hingegen hat ein Volumen von über 150 Billionen US-Dollar.18
Ein Markt von 150 Billionen US-Dollar, dessen Bewertung wir gerade als lächerlich höchste Bewertung in seiner fünfhundertjährigen Geschichte erkannt haben. Das ist der Grund, warum ich den weltweiten Anleihemarkt als »die Mutter aller Blasen« bezeichne.
Blasen haben eine ausgesprochen unangenehme Eigenschaft: Sie neigen zum Platzen. Auch hier stellt sich nicht die Frage des »Ob«, sondern – wie bei jeder Seifenblase, die Sie mit noch so viel Liebe aus dem Plastikring pusten – des »Wann«. Wann platzt sie?
Wir haben erlebt, was passierte, als im Jahr 2000 eine Internetaktienblase platzte. Wir haben erlebt, was passierte, als eine Immobilienkreditblase im Jahr 2008 platzte. Können wir uns wirklich vorstellen, was passiert, wenn eine 150 Billionen US-Dollar-Anleihen-Blase platzt?
Netzwerke der Macht
Um die Entwicklungen auf der Bühne der Finanzwelt zu verstehen, muss man sich zunächst die Frage stellen, was hinter dem Theatervorhang gespielt wird. Ohne die Interessenlagen der wirtschaftlich und politisch einflussreichen Gruppierungen auf internationaler Ebene zu kennen, ist kein Verständnis unserer Welt und erst recht nicht der Finanzmärkte möglich.
Beginnen wir unseren Blick hinter jene Kulissen in den USA. Seit Ende 2016 dreht sich die Welt scheinbar nur noch um eine einzige Person: Donald Trump.
Stellen Sie sich vor, der Häuptling eines fernen Stammes käme nach New York und würde dort vor einem der großen Hilton-Hotels aus dem Taxi steigen. Am Eingang begrüßt ihn der Portier mit seiner prachtvollen Uniform und seinem Zylinder. Der unerfahrene Gast wäre beeindruckt und würde ihn bewundern, was er doch für ein reicher und mächtiger Mann sei, dass ihm ein solch prunkvolles Haus gehöre. Das kommt uns natürlich bemitleidenswert naiv vor, denn wir wissen selbstverständlich, dass das Hotel ganz anderen Leuten, einer Investorengruppe, gehört und es ausgesprochen unwahrscheinlich ist, dass der Gast während seines Besuches jemals auf die wirklichen Eigentümer treffen wird. Wir wissen, dass der Portier hier im Hotel für diese oder jene Tätigkeit zuständig ist, aber weder gehört es ihm, noch trifft er die Entscheidungen. Er setzt die Entscheidungen der eigentlichen Besitzer und Manager um, die für die Besucher unsichtbar in ihren Büros sitzen.
Doch geht es uns da wirklich anders als dem ungewöhnlichen Gast in New York? Wir glauben tatsächlich, der amerikanische Präsident regiere und beherrsche das Land. Dabei ist er nichts anderes als der Portier der Vereinigten Staaten. Der Sprecher der eigentlichen Eigentümer und Manager. Dazu noch ein recht ungewöhnlicher.
Uns wird der Eindruck vermittelt, als sei hier ein Quotenirrer zufällig – oder noch besser: durch russische Wahlbeeinflussung! – in das Amt des (vermeintlich) mächtigsten Menschen der Welt gekommen. Doch schon John F. Kennedy sagte 1960: »In der Politik gibt es keine Unfälle.«19
Wir reden über das mächtigste Land der Erde. Wir reden über ein Land, das mit zahllosen Geheimdiensten und dem Zugriff auf die weltweiten Datensysteme alles und jeden – inklusive des Handys der deutschen Bundeskanzlerin – jederzeit kontrollieren und überwachen kann. Wer Einfluss auf den Präsidenten hat, wer den Präsidenten mit seiner nominellen Machtfülle beherrscht, der beherrscht Amerika und der beherrscht große Teile der Welt. Wer immer über Geld, Macht und Einfluss verfügt, wird alles in seiner Macht Stehende tun, um den Präsidenten zu stellen oder zumindest starken Einfluss auf ihn zu nehmen.
Natürlich ist kein einzelner Mensch für sich alleine so reich, so mächtig und so einflussreich, dass er dieses Potenzial hätte, denn es gibt viele Mächtige, Reiche und Einflussreiche. Diese bilden längst Netzwerke der Macht, die seit vielen Jahrzehnten die Strippen ziehen. Diese Netzwerke hat Mike Lofgren, der 28 Jahre im US-Kongress gearbeitet hat, im Begriff »Deep State« zusammengefasst.20 Die sichtbare, offizielle Regierung beschreibt er als die Spitze des Eisbergs. Darunter gebe es eine weitere, viel größere und schwer definierbare Schattenregierung, die für Außenstehende unsichtbar bleibe. Er beschreibt das als »eine hybride Vereinigung von Regierungselementen und Teilen der Finanzwirtschaft und Industrie auf höchster Ebene, die effektiv in der Lage ist, die Vereinigten Staaten ohne Bezugnahme auf die Zustimmung der Regierten zu regieren.«21
Es wäre eine völlig falsche Vorstellung, davon auszugehen, dass hier eine Gruppe älterer Herrschaften sich in einem abgelegenen Hotel trifft und mal eben die Zukunft der Welt bespricht. Es sind Netzwerke einflussreicher und oft durchaus dezenter Menschen, die eher im Hintergrund agieren als auf der großen Bühne. Deren Mitglieder und Gruppierungen bekämpfen sich in vielen Angelegenheiten gegenseitig bis aufs Messer, während sie in anderen Zusammenhängen wiederum am gleichen Strang ziehen. In den seltensten Fällen sind es jene vermeintlich mächtigen, reichen und lauten Personen, von denen wir es glauben, die wirklich entscheiden. Gehen Sie davon aus, dass in den USA niemand Präsident wird, hinter dem nicht ein großer Teil dieser mächtigen Netzwerke steht. Ein anderer mächtiger Teil mag hinter Hillary Clinton gestanden haben und versucht haben, seine Kandidatin auf den Thron zu bugsieren. Die Auswirkungen der Machtkämpfe hinter den Kulissen erleben wir als staunendes Publikum dann in skurrilen täglichen Geschehnissen und Medienmeldungen.
Es war kein Geringerer als Präsident Dwight D. Eisenhower, der in einer Phase, als diese Machtzirkel, die sich Jahrzehnte zuvor gebildet hatten, nun ihre Macht festigten und ihren Einfluss ausdehnten, eine bis heute prophetische Rede an die Nation hielt. Er war während des Zweiten Weltkrieges Oberkommandierender der alliierten Streitkräfte gewesen und konnte dabei das Ränkespiel der Machtzirkel hautnah erleben. Am 17. Januar 1961 sagte er in seiner Abschiedsrede als Präsident (»Farewell Address«) prophetische Worte, deren Erfüllung wir in ihren vollen Ausmaßen heute erleben:
»In den Gremien der Regierung müssen wir uns verwahren gegen die Inbesitznahme einer unbefugten Einmischung, ob angefragt oder nicht, durch den militärisch-industriellen Komplex. Das Potenzial für die katastrophale Zunahme unbefugter Macht besteht und wird weiterbestehen. Wir dürfen niemals zulassen, dass das Gewicht dieser Kombination unsere Freiheiten oder unseren demokratischen Prozess bedroht. Nur eine wache und kluge Bürgerschaft kann das richtige Zusammenwirken der gewaltigen industriellen und militärischen Verteidigungsmaschinerie mit unseren friedlichen Methoden und Zielen erzwingen, sodass Sicherheit und Freiheit miteinander gedeihen mögen.«22
Eisenhower benannte dabei nur eines von vielen Netzwerken der Macht, die hinter den Kulissen immer mehr Einfluss gewonnen haben und diese heute in faszinierender Perfektion ausspielen. Die Bürgerschaft war offensichtlich nicht wach und klug genug gewesen, das von Eisenhower eingeforderte Gleichgewicht zu erzwingen. Die Zivilgesellschaft hat in den entscheidenden Jahren versagt.
Russlands Einfluss auf die US-Wahl?
Dieses Versagen der Zivilgesellschaft zeigte sich exemplarisch bei der letzten Präsidentenwahl in den USA. In diesem Zusammenhang ist die von Idealisten – oder Ideologen – verbreitete Vorstellung, die Wahl eines amerikanischen Präsidenten sei die Wahl des »Besten aus dem Volk durch das Volk«, ebenso naiv wie die Behauptung, die »Russen« oder gar Putin selbst hätten Trump zum US-Präsidenten gemacht.
Man stelle sich das einmal in Ruhe vor: Das mächtigste Land der Welt, das Land mit den besten und größten Geheimdiensten der Welt, das über die größte Militärmacht der Geschichte verfügt und in dem wenige Personen über die komplette Medienlandschaft herrschen, ein Land, das zum Mars fliegt und weiß der Henker was noch alles tut, erklärt von sich selbst, es sei nicht in der Lage, eine Präsidentschaftswahl durchzuführen, bei der die Wahlautomaten nicht manipulierbar seien. Man will uns erzählen, russische Internetaktivisten hätten mit gekauften Facebook-Anzeigen – im Wert von 100.000 US-Dollar!!!23 – die Wahl des amerikanischen Präsidenten beeinflusst.
Um den Unterhaltungswert dieser Idee noch zu steigern, sollten wir uns klarmachen, dass allein schon die US-Waffenlobby das Dreihundertfache dieser Summe – nämlich 30 Millionen Dollar – für Wahlwerbung pro Trump ausgegeben hat.24 Das hat sich allemal gelohnt. Denn nur wenige Monate nach der Wahl hielt Trump als erster Präsident seit dreißig Jahren eine Rede vor der National Rifle Association mit den Worten: »Ihr habt einen Freund im Weißen Haus! … Der Angriff auf eure Freiheit ist zu einem krachenden Ende gekommen.«25
Machen wir uns außerdem klar, dass ein Casino-Mogul namens Sheldon Adelson allein 25 Millionen US-Dollar für Trumps Wahlkampf gegen Clinton ausgegeben hat, wobei es kein Geheimnis ist, dass zu dessen größten Wünschen seit Langem die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem gehört. Wer sich also noch wundert, warum Trump ohne ersichtlichen Grund um ein Haar eine dritte Intifada in der arabischen Welt auslöste, indem er zum Erstaunen der Welt ein Jahr nach seiner Wahl ohne jede Not die Verlegung der amerikanischen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem ankündigte, der sollte einen Blick auf seine Spenderliste werfen.26
Wie käuflich Politik in den USA ist, zeigt sich auch in zahlreichen Einzelfällen wie dem neuen amerikanischen Botschafter bei der EU. Mit Gordon Sondland wurde ein Hotelmagnat mit einem Botschafterposten belohnt, der zuvor eine Million Dollar an jenes Komitee spendete, das die Feierlichkeiten zu Trumps Amtsantritt organisierte.27
Machen wir uns schließlich klar, dass die Summe, die beide Lager des US-Wahlkampfes eingesetzt haben, bei schwindelerregenden 2,17 Milliarden US-Dollar liegt. Und jetzt lesen wir noch einmal die Geschichte vom blauen Pferd, wie es russischen Aktivisten mit dem Einsatz von 100.000 US-Dollar oder 0,005 Prozent des Trump-Wahlbudgets gelang, den amerikanischen Präsidenten zu bestimmen.
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass die USA für eigene politische Einflussnahme auf andere souveräne Staaten noch deutlich mehr Geld ausgeben als für ihren eigenen Wahlkampf. So sollen die USA über fünf Milliarden US-Dollar (das Doppelte des letzten US-Wahlkampfes) für den Regimewechsel in der Ukraine ausgegeben haben. Das bestätigte zumindest Victoria (»Fuck the EU«) Nuland ausgerechnet in einer Rede auf einer vom Ölkonzern Chevron gesponserten Veranstaltung. Sie war immerhin Sprecherin des US-Außenministeriums, sollte es also wissen.28