Magic Agents – In Stockholm stehen die Trolle kopf! - Anja Wagner - E-Book

Magic Agents – In Stockholm stehen die Trolle kopf! E-Book

Anja Wagner

0,0
9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

1. Die Tätigkeit magischer Agenten (kurz: Magenten) ist streng geheim.
2. Die landestypischen Legenden des jeweiligen Einsatzortes sind zu studieren und zu respektieren.
3. Magentenfaustregel: Traue niemandem und traue jedem alles zu.


Das Böse schläft nie! Das stellt Magentin Elia Evander schnell fest, als sie für eine brisante Geheimoperation nach Schweden geschickt wird. Zusammen mit Magentenschüler Emil soll sie undercover in einem Internat ermitteln, wo sich gefährliche magische Vorfälle häufen. Doch bei der Suche nach Beweisen ist Emil eher hinderlich und sie geraten in eine Falle aufgebrachter Trolle. Sind diese Fabelwesen etwa zu der machthungrigen Organisation »Elite« übergelaufen? Und hat Elia noch eine Chance, das Gute siegen zu lassen – damit in Stockholm endlich Ruhe einkehrt und die Menschen wieder unbesorgt sein können?

Fabelwesen, magische Action und ein wenig schwedischer Glanz: Der dritte Einsatz für Magentin Elia Evander!

Alle Bände der Magic Agents -Reihe:
Magic Agents – In Dublin sind die Feen los! (Band 1)
Magic Agents – In Prag drehen die Geister durch! (Band 2)
Magic Agents – In Stockholm stehn die Trolle Kopf! (Band 3)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 260

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Autorin

Anja Wagner, geboren 1971 im Münsterland, ist gelernte Sozialpädagogin. Schon von früher Kindheit an las sie für ihr Leben gern und dachte sich selbst Geschichten aus. Im Alter von 10 Jahren nahm sie an ihrem ersten Schreibwettbewerb teil. Seit 2009 veröffentlicht sie Kinder- und Jugendbücher, die mit verschiedenen Literaturpreisen ausgezeichnet wurden.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

© 2024 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Straße 28, 81673 München

Text: © Anja Wagner 2024

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Michael Gaeb

Alle Rechte vorbehalten

Coverillustration & -gestaltung sowie Kapitelvignetten: Nele Schütz Design / Sonja Gebhardt unter Verwendung eines Motivs von Shutterstock.com / Monspix

Gestaltende Elemente im Innenteil: Shutterstock.com / YasnaTen; carmen2011; Tartila; StudioAnomali; Lia_Russy

ah · Herstellung: bo

Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 978-3-641-31299-2V001

www.cbj-verlag.de

Allgemeingültige Richtlinienfür Magent*innen auf Mission

1. Die Tätigkeit magischerAgenten (kurz: Magenten) ist streng geheim.

2. Sollte die Tarnung auffliegen, muss unverzüglich für Vergessen gesorgt werden, vorzugsweise mit Vergiss-es-Tropfen.

3.Vergiss-es-Tropfen sind auch das Mittel der Wahl bei magischen Missgeschicken.

4. Magentenhilfsmittel sind stets verschlossen zu halten und dürfen nur im Verborgenen angewendet werden.

5. Merke: Der magische Begleiter ist deine magische Ladestation, sein Wohlbefinden hat höchste Priorität. (Der Ratgeber Mein magischer Begleiter – wie er wirklich tickt gehört in jedes Magentengepäck.)

6. Der Notknopf führt zum sofortigen Abzug aus der Mission und zur Versetzung in den Innendienst. Er darf nur im Notfall betätigt werden.

7. Die magische SmartWatch muss stets aufgeladen sein, das Passwort ist täglich zu ändern.

8. Magentenfaustregel: Traue niemandem und traue jedem alles zu.

9. Erwachsene können sich nicht vorstellen, dass Kinder einen wichtigeren Auftrag haben als sie. Sie sind in dem Glauben zu belassen.

10. Die landestypischen Legenden und Mythen des jeweiligen Einsatzortes sind zu studieren und zu respektieren.

S.A.M. international

INTERNE & VERTRAULICHE

S.A.M.-Meldung No. 17/376

Einsatzzentrale Deutschland

WARNUNG! An alle aktiven Magentinnen und Magenten!

In unserem Hochsicherheitstrakt für inhaftierte Bestien befindet sich seit letzter Nacht ein Noxer (gemeiner Umbra Furiens, Typ: Schattenlecker), der mutwillig und durch ein noch zu identifizierendes Leck in die Behörde eingeschleust wurde. Aufgrund dieser akuten Gefahrenlage dürfen die Kerker unter der Geheimbehörde nur noch von aktiven Magentinnen und Magenten betreten werden, die befugt sind, eine Schattentarnweste zu tragen.

Das Training in den Fächern Magische Fesselungstechniken, Kommunikation mit fantastischen Kreaturen, Anatomie & Lebensräume magischer Biester, Allgemeine Verteidigungslehre und Geisterkunde wird in die Katakomben der historischen Kanalisationsanlage verlegt (s. Lageplan). Beim Betreten der öffentlichen Abwasseranlagen ist an die obligatorische Tarnung zu denken. (Bitte Teams bilden, um Nebelpuder zu sparen.)

Diese Meldung ist topsecret und wer auch immer etwas an unsere jungen Auszubildenden durchsickern lässt, wird in den Innendienst versetzt bzw. verliert sämtliche Rehabilitationssterne.

Epione Eilers

Behördenleiterin

S.A.M. international – Einsatzzentrale Deutschland

1. Kapitel

Fliegende Unsichtbarkeitslinsen

Schon oft hatte ich mich gefragt, wie langweilig mein Leben wohl ohne die Undercover-Missionen als magische Agentin wäre. Seit 97 Tagen wusste ich es.

Zum vermutlich hundertsten Mal an diesem Morgen drückte ich auf den kleinen Knopf an meiner WitchWatch, und meine Uhrenhexe Glenda erschien auf dem Display.

Sie trug eine Duschhaube und nahm jetzt die Gurkenscheiben von ihren Augen. Genervt blickte sie auf ihre Armbanduhr. »Es ist 6:56 Uhr am Montag, den 19. März, und damit genau drei Minuten später als das letzte Mal, das du mich gestört hast.« Sie deutete nach oben rechts in die Ecke. »Wie du siehst, haben wir immer noch keinen Anruf verpasst.« Sie schwenkte nach links. »Das Netz ist stabil, mein Akku ist voll geladen und nein, es ist noch kein neuer Knaller von Epione eingegangen. Sonst noch eine Frage, Elia Evander? Ich würde jetzt wirklich gerne meine Morgentoilette beenden. Und zwar in Ruhe!« Ohne meine Antwort abzuwarten, legte sie sich die Gurkenscheiben wieder auf die Augen und der Bildschirm wurde schwarz.

»Ist 6:56 Uhr eigentlich zu früh für eine Portion Mikrowellen-Popcorn?« Selmor, der vor mir auf dem Frühstückstisch saß, leckte sich schmatzend die Butter von den langen Fingern. Mein magischer Begleiter, eine süße, wenn auch immer etwas muffelige Mischung aus Katze und Koboldmaki, sah mich bettelnd an.

Enno blickte irritiert von seinem Erfinderjournal auf. »Ist es zu fassen?«, rief er. »Die haben im afrikanischen Lagos ein magisches Drachenwarnsystem entwickelt, das Flugdrachen schon in der Luft analysiert und den Magenten nicht nur frühzeitig eine Warnung auf die SmartWatch schickt, sondern ihnen auch gleich die idealen Verteidigungsmittel nennt.« Er sah begeistert zwischen Edvina und mir hin und her. »Wisst ihr, was das bedeutet?«

Meine Mutter drehte ihre Kaffeetasse in beiden Händen und seufzte. »Sicher. Es kommt nur leider 22 Jahre zu spät. Drei Anläufe habe ich damals für die Prüfung in Drachenabwehr gebraucht. Drachen sind einfach so paradoxe Wesen. Wer kann sich schon merken, dass der Schutz vor Eisdorndrachen nicht das naheliegende Laufende Feuer ist, sondern das Vereisungsspray? Die Glücklichen, die das nicht mehr auswendig lernen müssen.«

»Wir dürfen unsere SmartWatch bei den Prüfungen nicht benutzen«, murmelte ich und schielte auf meine WitchWatch. Ob Glenda wohl fertig war?

Meine Mutter warf mir einen verständnisvollen Blick zu. »Es geht bestimmt bald wieder auf Mission, Elia. Mach dir keine Sorgen.«

»Das sagst du seit drei Monaten«, brach es aus mir heraus. »Warum setzt Epione mich nicht mehr ein?« Ich zog meinen silbernen Kugelschreiber aus der Jackentasche und legte ihn auf den Tisch. »Vor lauter Langeweile habe ich schon den gesamten Magentenratgeber in Vivys magischen Kugelschreiber eingegeben. Der kennt jetzt alle Antworten und würde die Magentenprüfung als Erster mit voller Punktzahl bestehen.«

»Und damit deinen Rekord einstellen. Zeig mal«, Enno nahm den Stift, schraubte ihn auf und prüfte den Datenchip. »Ich wusste gar nicht mehr, dass ich dort neben dem Wahrsagedraht auch so viel Speicherplatz eingebaut hatte.« Er reichte mir lächelnd den Kugelschreiber zurück. »Geniale Idee, den Stift mit Wissen zu füttern. Das wird bestimmt der Renner an der Makademie. Bewirb dich doch um eine Position in der magischen Entwicklungsabteilung, wenn du mal irgendwann auf einer Mission den Notknopf drückst und in den Innendienst versetzt wirst.«

»Auf welcher Mission denn?«, rief ich verzweifelt. »Nicht eingesetzt zu werden ist ja wie Innendienst, nur dass man nie den Notknopf gedrückt hat.«

»Nun mach dich mal locker.« Selmor nahm sich ein Stück Gurke und lutschte daran. »Genieße doch die Ruhe. Missionen sind furchtbar hektisch und das Essen kommt auch immer viel zu kurz. Apropos, was ist jetzt eigentlich mit dem Popcorn?«

»Ach, Elia«, sagte Edvina. Sie stand auf und stellte ihre Kaffeetasse in die Spüle. »Du musst den Bus nehmen, ich fahre heute nicht in die Zentrale. Epione hat allen aus der Verwaltung Homeoffice angeordnet, da in den Kerkern ein gemeiner Noxer verwahrt wird. Bis zu seiner Verlegung ins Bestiencamp dürfen wir die Behörde nicht betreten.«

»Wow, ein Noxer.« Enno pfiff anerkennend. »Ich hatte in meinen aktiven Magentenjahren nie das Glück, einen zu treffen.«

»Glück?« Edvina zog die Augenbrauen hoch und sah sich suchend in der Küche um. Ich wusste genau, wonach sie Ausschau hielt. Es war Zeit für ihre tägliche Portion Magie, und die lieferte ihr Eileger Krok, Edvinas magischer Begleiter. Krok war ein schwarzer, struppig aussehender Kräheneulenvogel und er legte täglich ein schwarzes Ei, das meine Mutter roh ausschlürfen musste.

»Klar, Glück!«, rief Enno und zwinkerte mir zu. »Sieh dir den Noxer unbedingt an, bevor er abtransportiert wird.«

»Enno«, zischte meine Mutter warnend.

»Was denn?« Enno zuckte mit den Schultern. »So eine Gelegenheit kriegt man nur einmal im Magentenleben, wenn überhaupt.«

Edvina stemmte ihre Hände auf den Esstisch und sah Enno aus zusammengekniffenen Augen an. »Elia ist noch nicht in Schattentarnung geprüft.«

»Oh natürlich«, flüsterte Enno und sah mich bestürzt an. »Vergiss, was ich sagte, Elia. Dann kannst du den Noxer nicht besuchen. Das wäre absolut lebensgefährlich.«

»Ein Glück«, murmelte Selmor und schlürfte Honig von seinem Löffel. »Ich hatte schon Angst, dass es ein ungemütlicher Tag wird.«

»Wird es für dich auch«, sagte ich seufzend und streichelte meinem Muffel über das weiche Fell. Warm und prickelnd übertrug sich seine Magie auf mich. »Du hast nämlich einen Termin in der magischen Tierarztpraxis.«

Selmor schluckte und guckte mich aus seinen riesigen Augen entsetzt an. »Das kannst du mir nicht antun. Letztes Mal haben sie mir drei Spritzen gegeben, die Krallen gestutzt und mich auf Diät gesetzt.«

»Wenn wir nicht zu den Gesundheitschecks erscheinen, darfst du nicht mehr mein Begleiter sein«, sagte ich.

»Das nennt man Erpressung«, knurrte Selmor und tauchte seinen Löffel noch einmal tief ins Honigglas.

»Die Arbeit ruft mich.« Enno stand auf und klemmte sich das Erfinderjournal unter den Arm. »Oder besser gesagt: die Plauderbrause.« Er zwinkerte mir kurz zu und ging zu der Tür, die aus der Küche direkt in unsere Garage führte, in der mein Vater seine magische Erfinderwerkstatt eingerichtet hatte. Bis vor ein paar Jahren hatte Enno in der Entwicklungsabteilung der S.A.M. gearbeitet. Aber dann hatte er eine legendäre Explosion verursacht und die halbe Zentrale abgefackelt. Seitdem durfte er das Gebäude nicht mehr betreten und arbeitete von zu Hause.

Ich horchte auf. »Plauderbrause?« Doch Enno war schon in der Werkstatt verschwunden. »Na ja, ich muss auch los«, sagte ich, aber Edvina hörte gar nicht mehr zu. Sie schnappte nach Krok, der laut schreiend aus der Küche schoss.

Wie aufs Kommando verwandelte sich mein Muffel in eine plüschige Laptoptasche, wobei sein braun-weiß geringelter Schwanz zum Tragegurt wurde. Er war im Gegensatz zu anderen magischen Begleitern nicht ganz unsichtbar für die Nichtmagischen, und da war es äußerst praktisch, dass er so ein Verwandlungskünstler war.

Ich schnappte mir meine Sachen und stürmte hinter Enno her.

In der Garage reihten sich deckenhohe Regale aneinander, alle prall gefüllt mit kleinen Fläschchen, Päckchen und Körben voll magischer Pflanzen und Extrakte. Enno stand vor seiner Tafel und brütete über einer kompliziert aussehenden Zeichnung. Sein magischer Begleiter Ratz, eine Zwicker-Mischung aus weißer Ratte und niedlichem Dachs, lag in seinem Körbchen an der Garagentür und hob jetzt leise fauchend den Kopf. Sicher hatte er Angst, dass Selmor ihm wie so oft seinen gemütlichen Platz streitig machen wollte.

»Elia?« Enno sah mich verwundert an, als ich mich an seinen Schreibtisch lehnte. »Musst du denn nicht zum Bus?«

»Der fährt heute später, unser Training wurde wegen des Noxers in die Kanalisation verlegt«, sagte ich und sah mich auf Ennos chaotischem Schreibtisch um. Dank meines fotografischen Gedächtnisses entdeckte ich sofort, was anders war als gestern: Zwischen Aktenstapeln, halb leer getrunkenen Kaffeetassen, kompliziert aussehenden Bauzeichnungen magischer Tools und geringelten Vergiss-es-Bonbons in verschiedenen Geschmacksrichtungen lagen kleine Papiertütchen mit der Aufschrift Plauderbrause. Ich nahm eins in die Hand und rief: »Was kann denn diese Brause?«

Mein Plan ging auf. Enno legte die Kreide weg und strahlte mich an. Er geriet immer ins Schwärmen, wenn er über seine Erfindungen erzählte. »Das ist meine neueste Entwicklung.« Er nahm mir das Tütchen ab, riss es auf und ließ das rosa Brausepulver in seine offene Hand rieseln. »Sieht aus wie normales Brausepulver, schmeckt auch so. Ich habe es in den Sorten Zitrone, Himbeere und Waldmeister hergestellt.« Er kam ganz nah zu mir und flüsterte geheimnisvoll, als würde uns jemand belauschen: »Mit Plauderbrause lockst du jemandem die Stimme aus der Kehle und befreist sie so aus dessen Einfluss. Plauderbrause-Stimmen verkünden immer die absolute Wahrheit oder die absolute Lüge. Die Kunst ist, herauszufinden, was von beidem es ist.«

»Und wie genau setzt man die Brause ein?«, fragte ich neugierig.

»Man muss nur dafür sorgen, dass sie die Zunge berührt, im Idealfall pur. Aber man kann sie auch ins Essen mischen.« Enno ließ das Brausepulver wieder zurück ins Tütchen rieseln und stieß einen langen Seufzer aus. »Ich feile gerade an der richtigen Dosierung und außerdem platzen die Plauderblasen noch zu schnell.« Er ging zurück zur Tafel, wischte mit seinem Ärmel in einer Formel herum und malte neue kompliziert aussehende Zeichen hinzu.

Das war meine Gelegenheit. Blitzschnell ließ ich ein Tütchen Plauderbrause in meine Jackentasche wandern. Zufrieden nahm ich dann Punkt zwei meines Plans in Angriff. »Sag mal, Enno, gibt es eigentlich nur das Nebelpuder, um sich zu tarnen? Wir müssen ja heute in die Kanalisation und alle sollen zur Tarnung Nebelpuder benutzen. Das ist doch pure Verschwendung, auch wenn wir Teams bilden.«

»Das sehe ich aber auch so!«, rief Enno kopfschüttelnd. »Nebelpuder ist so aufwendig in der Produktion und richtig teuer. Da sollte Epione euch besser ein paar Tage freigeben.«

»Ganz meine Meinung!«, rief Selmor hoffnungsvoll aus meiner Umhängetasche.

»Komm, ich zeig dir mal was.« Enno schlängelte sich zwischen den vielen Regalen und Schränken hindurch. »Schon im frühen Mittelalter wurden erste magische Möglichkeiten zur Tarnung entwickelt. Das waren meistens Kleidungsstücke, die mit unzähligen winzigen Spiegeln bestückt waren, die einen Chamäleon-Effekt bewirkten. Man passte sich einfach der Umgebung an. Aber diese Mäntel und Umhänge waren durch die vielen Spiegelchen sehr schwer.« Er blieb vor dem Regal mit der Aufschrift Tarnmaterial stehen und öffnete eine Kiste, aus der er ein großes Tuch herausnahm. »Für Gegenstände ist die Spiegelmethode auch heute noch nützlich, aber für Lebewesen eben äußerst unpraktisch. Das hier ist ein antikes Magenten-Tarntuch. Achtung, es ist schwerer als eine Ritterrüstung!«

Er legte mir die Decke über den Kopf und ich ging unter dem Gewicht in die Knie. Enno fasste mir unter die Arme und schob mich vor den staubigen Spiegel neben dem Regal. Ich war weg. Nicht nur einfach der Umgebung angepasst, sondern komplett in Luft aufgelöst. Im Spiegel sah man nur den hinter mir stehenden Enno.

»Die winzigen Spiegel sind so ausgerichtet, dass sie das zeigen, was hinter dir ist. Die optische Täuschung ist perfekt.« Er zog mir das Tuch vom Kopf und grinste mich im Spiegel an. »Damit könntest du natürlich nicht ermitteln. Stell dir vor, du müsstest fliehen.« Enno lachte laut und wuchtete das Tarntuch zurück in die Kiste.

Ich wischte mir die Schweißperlen von der Stirn. »Die armen Magenten früher, da nehme ich lieber Nebelpuder.«

Enno wog seinen Kopf hin und her. »Aber leider ist tarnender Nebel in manchen Situationen verräterisch, in geschlossenen Räumen zum Beispiel. Und deshalb …«, er fuhr mit dem Finger an einem Stapel kleiner Päckchen entlang, »… arbeite ich gerade an der Entwicklung einer neuartigen Tarnidee, die aber noch nicht ausgefeilt ist.« Er zog eine der Schachteln aus dem Regal, nahm den Deckel ab und holte eine murmelgroße Glaskugel hervor, die er zwischen Zeigefinger und Daumen hochhielt.

Fasziniert trat ich näher. Es war wie Zauberei. Ich kniff ein Auge zu, blickte mit dem anderen durch die Kugel meinen Vater an – und es war, als wäre er nicht da. Mein Blick wurde durch die Linse links und rechts an Enno vorbeigelenkt.

Die Kugel fing an, sich zu drehen. Enno umschloss sie mit seiner Hand und sah mich aufgeregt an. »Das ist die Lens3000, eine fliegende Unsichtbarkeitslinse, die dich blitzschnell umkreist und damit den Blick der anderen von dir ablenkt.«

»Wow«, sagte ich. »Und wie aktiviert man die?«

»Ganz einfach durch Abwarten. Man legt sie auf die offene Hand, sie fängt an zu rotieren und hebt dann ab. Leider verbraucht das überschallschnelle Fliegen so viel Energie, dass sie maximal fünf Minuten durchhält.« Enno legte die Kugel wieder in die Schachtel und stellte sie zurück. Mit beiden Händen fuhr er sich nachdenklich durch sein schwarzes Haar, während er sich zurück zum Schreibtisch schlängelte. »Wenn ich nur irgendwie die Energie in der Linse bündeln könnte«, murmelte er. Papier raschelte, vermutlich suchte er die Bauanleitung der Lens3000.

»Nicht aufgeben, Enno!«, rief ich. »Ich geh dann mal, sonst verpasse ich noch den Bus.«

»Hmm, vielleicht wäre ein magischer Akku die Lösung, der sich am Begleiter auflädt«, murmelte Enno abwesend.

Während ich mich leise aus der Werkstatt verdrückte, raste mein Herz wie wild. Hoffentlich bemerkte Enno nicht so schnell, dass ihm zwei Dinge fehlten.

Plauderbrause

Hauptzutaten: herkömmliches Brausepulver, Zungenlöser, Sprudler, Magie

In den Geschmacksrichtungen Zitrone, Himbeere und Waldmeister verfügbar

Das Brausepulver pur auf die Zunge geben, es kann aber auch ins Essen gemischt werden. Die effektivsten Plauderblasen erhält man bei unverdünnter Gabe. Plauderblasen verlassen selbstständig den Mund des oder der zu Verhörenden und antworten zuverlässig auf jede Frage – entweder absolut wahr oder absolut gelogen.

Unwirksam bei Nichtmagischen oder Geistern aller Art.

Achtung: Es muss rasch mit der Befragung begonnen werden, Plauderblasen platzen sehr schnell.

Patentnummer: 023 – 745 – 89776

angemeldet von: Enno Evander, Entwickler für magische Tools

c/o S.A.M. international, Headquarters Europa / Zentrale Deutschland

2. Kapitel

Gerüchteküche

Meine Laune hatte sich schlagartig verbessert, und daran konnte auch Selmors Gejammer nichts ändern.

»Oh, Mama, ich will nicht zum Tierarzt«, jaulte es leise aus meiner Umhängetasche, als ich durch den Erlenweg zur Bushaltestelle lief.

»Laut Schulbus-App verspätet Edmondo sich um zwei Minuten«, verkündete Glenda da und erschien frisch herausgeputzt wie der junge Märzmorgen auf dem Display meiner WitchWatch. »Was hat dich denn so abgelenkt, dass du mich seit siebzehn Minuten nicht mehr aktiviert hast, Elia Evander?«

»Sie hat was aus der Werkstatt mitgehen lassen«, verpetzte Selmor mich. »Und ich könnte wetten, dass sie etwas sehr Gefährliches damit vorhat.«

»Haaa, hahahaha«, lachte Glenda. »Was könnte sie schon Gefährliches vorhaben? Geisterkunde steht auf ihrem Stundenplan, und die Trainingsgeister schocken uns doch wirklich nicht mehr, nicht wahr, Magentin Evander?«

»Ich glaube ja, dass sie gar nicht zu Geisterkunde in die Kanalisation gehen, sondern dem Noxer einen Besuch abstatten will«, vermutete Selmor.

»Unfug«, keifte Glenda. »Sie kann die Kerker nicht betreten, sie hat ja noch keine Schattentarnweste.«

»Wetten?«, schrie Selmor.

»Elia? Warum sagst du denn gar nichts dazu?«, fragte Glenda nervös.

»Weil ihr mich mit eurem lauten Gestreite noch irgendwann auffliegen lasst«, zischte ich den beiden zu und sah mich um.

Wie jeden Morgen stand unsere Nachbarin Ilseborg ganz zufällig am Fenster, goss ihre Blumen mit einer glänzenden Messingkanne und beobachtete durch die Vorhänge, wie ich zur Bushaltestelle lief. Manchmal fragte ich mich, ob sie den ganzen Tag dort stand, oder ob sie wirklich meinen Stundenplan so genau kannte, dass sie heute Nachmittag bei meiner Rückkehr wieder genauso pünktlich und ganz zufällig durch denselben Spalt in der Gardine blinzeln würde.

Schnell ging ich weiter und stöhnte innerlich auf, als ich schon von Weitem an der Bushaltestelle ausgerechnet Oskar entdeckte. Er war der vierzehnjährige Sohn unserer Nachbarn aus dem Haus schräg gegenüber und er stand auf meiner Albtraumliste noch vor der neugierigen Ilseborg und dem immer grantigen Theo. Wenn Oskar alleine war, ignorierte er mich meistens, manchmal ließ er sich dazu herab, verächtlich die Nase zu rümpfen. Zum richtigen Ekel wurde er aber, wenn er mit seiner Gang zusammen war, von der er sich »Os« nennen ließ.

Ich hatte die Haltestelle noch nicht ganz erreicht, als er übertrieben laut sagte: »Wer ist denn da im Anmarsch?«

Ich stellte mich demonstrativ auf die andere Seite des viel zu kleinen Wartehäuschens, ignorierte die Bande und hielt nach Edmondo Ausschau.

»Na? Bus verpasst, Segelohren-Elli?«, fragte Os. Seine Kumpel klatschten ihn johlend ab.

Ich war so sehr damit beschäftigt, nicht zu auffällig die Augen zu verdrehen, dass ich viel zu spät bemerkte, wie Glenda tief Luft holte und anfing zu zetern: »Drei Fakenews erkannt! Erstens, ihr Name ist Elia. Zweitens, der Bus hat Verspätung. Drittens: Elias Ohren erscheinen nur wegen ihrer dünnen Bindfadenhaare so groß.«

»Schweig, Glenda«, zischte ich erschrocken in meine Uhr, aber da kam Os schon mit Finsterblick und seiner Gang im Schlepptau auf mich zu.

»Oh weia, das geschwätzige Hexenbiest bringt uns immer wieder in Schwierigkeiten«, jammerte Selmor.

Os schnappte nach meinem Handgelenk und sah auf meine WitchWatch. Ich versuchte, mich aus seinem festen Griff zu befreien und fuhr mit der freien Hand überlegend an meinem Toolgürtel entlang.

Da hupte es laut neben uns und ein kleiner Bus mit Werbeanzeigen für Rosies Backstube, Piets Zoohandlung und den Jugendtreff Notausgang hielt mit quietschenden Bremsen an der Haltestelle.

Die Türen klappten auf, und der Fahrer beugte sich weit übers Lenkrad. »Alles klar, Elia?«

Os war abgelenkt. Ich nutzte den Moment der Unaufmerksamkeit und riss meine Hand aus seinem Klammergriff. Mit einem Satz sprang ich in den Bus.

Edmondo starrte Os und seine Bande wütend an. »Wollten die dich ausrauben? Soll ich das Rettungskommando rufen?«

Ich schüttelte den Kopf und sagte lauter, als es nötig gewesen wäre: »Mit denen werde ich schon alleine fertig.« Und ganz leise ergänzte ich für Edmondo: »Ich hatte nur befürchtet, dass ich ein magisches Tool an dem verschwenden muss, das bringt immer so viel Papierkram mit sich.«

Während Edmondo daraufhin grinsend die Bustür zuklappen ließ, nahm Os’ Gesicht draußen die Farbe einer reifen Tomate an. Er schlug noch einmal mit der flachen Hand gegen die Bustür, dann brauste Edmondo los.

»Dann bringe ich jetzt die ganze Magentenbande der Höheren Makademie zur Kanalisation.«

»Also mich nicht, Edmondo. Ich fahre mit dir zur Zentrale«, sagte ich und setzte mich im vollen Bus auf den einzigen freien Platz vorne neben ihn.

»Siehste?«, schrie Selmor. »Was ich sage.«

»Elia, wag es nicht«, stimmte Glenda in Selmors Gezeter mit ein.

Edmondo bremste schärfer, als es nötig gewesen wäre, an einer roten Ampel, schob seine Sonnenbrille hoch und sah mich mit einem ganz merkwürdigen Blick von der Seite an. Täuschte ich mich oder schimmerten da Tränen in seinen Augen? »Ehrlich, Elia? Du musst zur Zentrale und nicht zum Training?«, rief er, als hätte ich ihm gerade eröffnet, dass ich ein Stipendium für die berühmte Magents-High in New York bekommen hätte.

»Ja, wieso?« Irgendwas kam mir komisch vor. Als ich mich umblickte, oder besser umhörte, wusste ich auch, was es war. Alle im Bus hatten aufgehört zu reden und lauschten gebannt unserer Unterhaltung.

Edmondo legte seine Hände zusammen, als würde er Stoßgebete zum Himmel schicken. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie ich mich freue, dass du endlich wieder auf Mission gehen darfst. Das wird die Gerüchte im Keim ersticken.« Er sah mich so gerührt an, dass ich befürchtete, er würde mich umarmen.

»Gerüchte?«, fragte ich hellhörig. »Wovon sprichst du?«

Doch statt zu antworten, schob Edmondo seine Sonnenbrille wieder über die Augen und trat aufs Gaspedal. Lauthals schimpfte er mit dem Autofahrer vor uns. »Muss ich dir Magie in den Tank schütten oder fährst du jetzt? Auf welcher magischen Schnarchschnecke hat der denn seinen Führerschein gemacht?«

»Welche Gerüchte, Edmondo?«, zischte ich ihm zu. Wenn er glaubte, dass ich nicht bemerkte, wie er mit der linken Hand etwas unter seinen Sitz schob, dann unterschätzte er meine Beobachtungsgabe. »Nun sag schon.«

Doch Edmondo blieb stumm. Nach einer Weile stoppte er den Schulbus unter einer Brücke am Hafen. Er zeigte auf ein winziges Haus und rief: »Dort in dem Siel-Häuschen ist der Eingang zur Kanalisation. Ihr werdet erwartet. Äh, einen Moment«, er zog einen Notizzettel aus seiner Hosentasche. »Ah ja, ich soll euch daran erinnern, dass ihr nicht alle auf einmal losstürmt. Bitte bildet Teams, um Nebelpuder einzusparen. Um 15 Uhr hole ich euch hier wieder ab.«

Ich bemerkte die neugierigen Blicke der anderen Magenten genau. Aber erst, als alle ausgestiegen waren und Edmondo und ich alleine im Schulbus saßen, fragte ich erneut: »Welche Gerüchte, Edmondo?«

»Nicht so wichtig, Elia«, sagte Edmondo halbherzig. Er kurvte mit halsbrecherischer Geschwindigkeit durch die Stadt. »Manche Dinge weiß man besser nicht.«

Ich schüttelte den Kopf. »Wenn es um mich geht, will ich es erfahren.«

»Und ich auch!«, riefen Selmor und Glenda im Chor.

Edmondo bog in die große Hauptstraße ein und parkte vor Rosies Backstube. Rosie war Edmondos Frau und sie backte die besten Zimtcroissants der ganzen Stadt. Für Magenten war die Backstube aber vor allem deshalb interessant, weil durch sie ein Tarneingang in unsere Geheimbehörde führte.

Edmondo öffnete die Bustür, aber ich blieb sitzen und streckte fordernd meine Hand aus.

Seufzend zog er eine Zeitung unter seinem Sitz hervor und reichte sie mir. »Aber nimm es dir nicht so sehr zu Herzen.«

Ich steckte die Zeitung in meine Tasche und stieg aus. »Danke, Edmondo.«

»Viel Glück auf deiner Mission. Zeig’s ihnen!«, rief er mir nach. Dann klappten die Bustüren zu und Edmondo brauste davon.

»Wieso hast du ihm nicht die Wahrheit gesagt?«, fragte Glenda spitz. »Du gehst doch gar nicht auf Mission.«

»Und warum guckst du nicht endlich in die Zeitung?«, fügte Selmor hinzu.

»Ich habe es nicht übers Herz gebracht. Beides«, murmelte ich und steuerte auf Piets Zoohandlung zu.

Vor dem Laden lag wie immer Piets Drache Figor, ein zahmer, nachtaktiver tibetischer Sanftzünder. Er sah für Nichtmagische wie ein wuchtiges Motorrad aus, aus dessen Auspuff manchmal kleine Flammen züngelten. Alle an der Makademie hatten einen Riesenrespekt vor Figor. Vorsichtig, um ihn nicht aufzuwecken, stieg ich über seinen Schwanz.

Beim Öffnen der Glastür ertönte eine schrille Ladenklingel. Selmor nahm wieder seine Muffelgestalt an und schnupperte laut.

Ich war noch keine drei Schritte durch den nach warmem Hundefutter riechenden Shop gelaufen, als Piet mit einem großen Glas voll Leckerlis angestürmt kam. Er war ein bärtiger Mann mit mehr Tattoos auf den Armen als Haaren auf dem Kopf. Und er war der einzige ehemalige Magent, der einen echten Drachen besaß. Jedenfalls der einzige, den ich kannte.

»Elia Evander!«, rief er. Dass Piet redete, sah man nur daran, wie sein riesiger Bart sich bewegte. »Ihr müsst heute in die Kanalisation, hast du die Info nicht bekommen?« Er schraubte das Glas auf und reichte meinem Muffel ein Leckerli in Fischform.

Blitzschnell umschlang Selmor mit seinen langen Fingern den nach Fisch riechenden Keks und verputzte ihn an Ort und Stelle. »Piet ist mein Lieblingszoohändler der Welt.« Selmor schmatzte und streckte seine Hand nach einem weiteren Keks aus.

»Selmor muss zum Tierarzt.« Ich hob ihn von meiner Schulter und streichelte ihm übers Fell, während Piet ihn mit weiteren Fischkeksen fütterte.

»Und ich hatte für einen Moment die Hoffnung, dass du vielleicht auf Mission geschickt wirst«, sagte Piet niedergeschlagen und schraubte das Glas wieder zu. »Genug, Selmor. Sonst schimpft Dr. Ernst noch mit mir.«

»Ganz mein Reden«, tönte meine Witch in der Watch.

»Warum machen sich eigentlich alle solche Sorgen um meine Missionen?«, rief ich Piet hinterher.

Piet stellte das Glas auf die Theke und drehte sich wie in Zeitlupe zu mir um. »Wir haben Schiss.«

Selmor verschluckte sich an den letzten Krümeln, Glenda kicherte und fast hätte auch ich laut losgelacht.

Aber dann sah ich, dass Piet es ernst meinte. »Schiss wovor?«

Piet kam näher, sah sich um und flüsterte: »Vor den Hassern. Vor denen, die unsere Welt für immer spalten wollen – in magisch und nichtmagisch. Es ist kein Privileg, magisch zu sein. Aber es gibt Magische, die denken, sie wären besser. Ich habe Angst, dass der Konflikt immer größer wird, dass sie die Nichtmagischen …« Piet stockte. Er kam noch einen Schritt näher und starrte mich aus weit aufgerissenen Augen an. Mit seiner linken Hand fuhr er sich am Hals entlang.

»Töten?«, riet ich, und eine Gänsehaut lief mir über den Rücken.

Piet nickte kaum sichtbar. »Und alles, was wir dagegenstellen können, sind unsere aktiven Magenten. Aber wie viel Nachwuchs hat die S.A.M., dem man zutraut, es mit … mit … denen aufzunehmen?«

»Ha, hahahaha«, Glenda kriegte sich überhaupt nicht mehr ein. »Sie wollen sagen … hihihi … dass Ihre Hoffnungen ausgerechnet auf … hohoho … Magentin Evander liegen? Ich muss Sie enttäuschen …«

Die Schelle an der Ladentür klingelte und eine ältere Dame kam herein. »Sie?«, rief sie zornig in Piets Richtung. »Stellen Sie endlich Ihre Höllenmaschine da draußen ab. Immer diese Rocker, die meinen, mit ihren Maschinen angeben zu müssen. Ich kaufe mein Hamsterfutter ab jetzt woanders.«

»Guten Morgen, die Dame!« Piet eilte auf seine Kundin zu.

»Ich will ja nicht drängeln, aber … huh, hahaha«, Glenda wischte sich die Lachtränen von den Wangen. »Der Tierarzttermin ist in einer Minute.«

Ich durchquerte die Zoohandlung und drückte vor der Hintertür mit der Aufschrift »Privat – Zutritt nur für Personal« auf den Lichtschalter, der eine getarnte Klingel war.

»Können wir das nicht verschieben? Bitte«, heulte Selmor. Sein pelziger Körper bebte.

Die Tür sprang auf und ich trat in den Warteraum der magischen Tierarztpraxis.

»Einen Moment noch«, tönte es aus dem Lautsprecher an der Decke.

Also setzte ich mich auf einen der dunkelgrünen Lederstühle und legte mir den zitternden Muffel auf den Schoß. Mein Herz klopfte wie wild, als ich Edmondos MURKS! aus der Tasche zog und aufschlug. Die Schlagzeile raubte mir den Atem.

Elia Evander – doch nur ein Flop?

Die vielversprechende Hoffnungsträgerin der S.A.M. international, Elia Evander (wir berichteten), kann an ihren anfänglichen Erfolg nicht anknüpfen. Seit ihrer letzten Mission im November wurde es zunehmend ruhig um die junge Magentin. Kürzlich sah man sie beim Stallausmisten in der Aufzuchtabteilung der magischen Begleiter. Besorgte Nachfragen bei der Behördenleiterin Epione Eilers führten zu einer kurzen Stellungnahme, in der es heißt: »Elia hat den Notknopf nicht gedrückt und wird sicher bald wieder auf Mission gehen. Zurzeit wird ihr voller Einsatz in der Zentrale benötigt.« Da liegt die Frage nahe, wann mit Elias nächster Mission zu rechnen ist und ob sie die an sie gerichteten Erwartungen erfüllen kann.

Wir bleiben dran an der Story!

© MURKS! –

Magenten und rätselhafte Kreaturen im Spiegel

Märzausgabe

3. Kapitel

Plauderbrause

Du kannst ihn später wieder abholen«, sagte Dr. Ernst und nahm Selmor und seinen Impfpass in Empfang. »Lade dich noch einmal gründlich an ihm auf und dann ab mit dir in die Kanalisation.«

Ich streichelte Selmor übers Fell und seine Magie übertrug sich warm und kribbelnd auf mich.

»Lass mich hier nicht alleine, Elia«, heulte Selmor. »Die quälen mich.«

»Das tun wir natürlich nicht.« Dr. Ernst lächelte und öffnete die Tür des Sprechzimmers, um mich herauszulassen. »Wir haben sogar Sushi-Zauberpaste da, falls der Muffel nicht kooperieren möchte. Für alle Fälle.«

»Sag das doch gleich!« Selmor rollte sich auf dem Untersuchungstisch ein. »Lass dir Zeit, Elia.«

»Ich glaube, dieser Muffel ist das verfressenste Wesen unter der Sonne.« Glenda stöhnte, als ich die magische Tierarztpraxis verließ und Richtung Makademie ging. »Achtung, falscher Ausgang!« Meine Uhrenhexe wechselte in einen schrillen Alarmton. »Du musst durch die Zoohandlung zurück.«

Ich ignorierte sie und schlich durch den Flur zum Treppenhaus der Geheimbehörde. Es war niemand unterwegs. Die meisten Magenten waren ja gerade entweder in der Kanalisation oder bei der Grundausbildung im ersten Stock.

»Was tust du hier?«, zeterte Glenda. »Bitte sag jetzt nicht, dass der Muffel recht hatte und du in den verbotenen Kerker willst.«

»Schalte dich in den Geistermodus«, flüsterte ich in meine WitchWatch und stieg die Stufen hinab in den Keller.

In dem halbdunklen Gewölbe liefen ein paar ältere Magenten des Rettungs- und Tarnkommandos geschäftig hin und her.

Ich nahm eine Prise Nebelpuder aus dem kleinen Beutel an meinem Toolgürtel und warf sie über mich. Sekunden später umhüllte mich eine tarnende Nebelwolke und ich traute mich aus meiner Deckung.

Das Licht in den vier Bogengängen kam hauptsächlich von Laternen, die an den dicken Säulen flackerten. Ich huschte von Schatten zu Schatten, vorbei an der Magententool-Ausgabe (nicht für Unbefugte!), der Gepäckkontrolle und schließlich an der Einsatzwache des Rettungs- und Tarnkommandos. Zum Glück waren alle sehr beschäftigt, sodass niemand bemerkte, wie ich vorbeihuschte und in dem letzten der vier Bogengänge verschwand, wo der Eingang zu den Kerkern lag.

Es war ein Kinderspiel, das richtige Verlies zu finden und mit Ennos magischem Türöffner-Ring das Schloss zu knacken. Ich schlüpfte hinein und zog die Tür hinter mir zu.