Malik, der Osterdrache - Verena Herleth - E-Book

Malik, der Osterdrache E-Book

Verena Herleth

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Beschreibung

Ein Osterfest mit dem Osterdrachen Stell dir vor, der Osterhase bekommt mit einer Drachendame ein Baby, einen sonderbaren kleinen Drachen mit Hasenohren und einer Vorliebe für Marshmallows. Genau so ein Drachenkind schlüpft plötzlich bei Aaron und Lina im Kinderzimmer. Jetzt geht es in der Welt der Geschwister drunter und drüber. Denn wer hätte gedacht, dass der Osterdrache Malik mit Hühnern spricht, in seiner Bauchtasche Eier kocht, Farben spuckt und... Als dann der Osterhase erkrankt, helfen Drachen, Hühner und Kinder zusammen, um das Osterfest in diesem Jahr zu retten. Ein LEONA-Buch, das mit einem fantasievollen Text begeistert.

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Seitenzahl: 164

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LEONA- Buch:Diese Buchreihe widmet sich mit fantasievollen Inhalten an 4-bis 10jährige Kinder. Die Geschichten sind frei von Belohnungs- und Bestrafungsideen und zum Vorlesen sowie Seiberlesen geeignet.

Hinweis:Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftlich Zustimmung der Autorin unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr. Weder Autorin noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorliegenden Informationen resultieren, eine Haftung übernehmen. Befragen Sie im Zweifelsfall bitte Arzt oder Apotheker. Eine Haftung der Autorin bzw. des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ebenfalls ausgeschlossen.

Inhaltsverzeichnis

Kapitel: Nayala legt ein besonderes Ei

Kapitel: Die Faschingsparty

Kapitel: Drachen gibt es nicht, oder?

Kapitel: Was schlüpft denn da?

Kapitel: Hungriges Drachenbaby

Kapitel: Wo gibt es Marshmallows?

Kapitel: Malik muss mal

Kapitel: So schön bunt

Kapitel: Malik, der Künstler

Kapitel: Einkaufsabenteuer

Kapitel: Malik ist Krank

Kapitel: Einweihung der Freunde

Kapitel: Hühner zu Besuch

Kapitel: Flauschige Küken

Kapitel: Brief an den Osterhasen

Kapitel: Malik im Kindergarten

Kapitel: Alles versteckt

Kapitel: Hühner im Kinderzimmer

Kapitel: Skifahren

Kapitel: Malik in der Schule

Kapitel: Antwort vom Osterhasen

Kapitel: Malik ist weg

Kapitel: Fleißige Hühner

Kapitel: Ostervorbereitungen

Kapitel: Hilfe für den Osterhasen

Kapitel: Versteckte Hühner

Kapitel: Frohe Ostern

1. Kapitel

Nayala legt ein besonderes Ei

Nayala blickte hinunter auf die schattenhaften Umrisse von Rano Kau, ihrem Heimatvulkan. Sie hatte sich entschieden, nach vielen, vielen Jahren des Reisens in ihre Heimat zurückzukehren. Tief sog sie die feucht-kühle Luft ein und fauchte ein riesiges Feuerband an die dunklen Felsspitzen. Ihre breiten Schwingen lagen kraftvoll im sanften Wind, der über die Insel hinwegblies. Jetzt sah sie weitere Feuerbänder ihrer Drachenfreunde und Verwandten im Inneren des Vulkans. Nayala holte nochmals tief Luft und blies ihren heißen Atem knisternd in die Morgendämmerung.

Die Aufregung war groß, als sie schließlich auf einem Felsvorsprung landete. Viele Drachen hatten sich im Vulkankrater versammelt, und ihre dunklen, geschuppten Körper spiegelten die ersten Sonnenstrahlen. Ein Fauchen und Raunen lag in der Luft. Immer wieder war das Wort „Nayala" zu vernehmen und nun trat Taran, der älteste Drache, aus seiner Höhle heraus. Er spuckte das größte und heißeste Feuer in den Morgenhimmel. So gab er Nayala zu verstehen, sich der Drachengruppe zu nähern. Mit kraftvollem Schwung landete sie vor Taran und senkte ihren Kopf. „Nayala, wir haben dich lange nicht gesehen! Schön, dass du zurückgekehrt bist", hieß Taran sie willkommen. Nayala nickte und ließ ihren Blick über die Drachenfamilie schweifen. „Die Freude ist ganz auf meiner Seite!", sprach sie mit dunkler Stimme. Von allen anwesenden Drachen war ein scharrendes, zustimmendes Geräusch zu hören. Taran schritt an Nayala vorbei und sein Drachenschwanz glitt über ihre Flanke. So war sie wieder in die Familie aufgenommen und konnte auf die Unterstützung aller Drachen zählen. Einer nach dem anderen schritten die Drachen an Nayala vorbei und kehrten in ihre Höhlen zurück. Nayala spürte noch immer die aufgeladene Spannung unter ihren Schuppen. Alle Drachen hatten sie mit Energie gesegnet. Glücklich kehrte sie auf ihren Felsvorsprung zurück.

Die Sonne begann die Dämmerung zu verscheuchen, und Nayala blickte auf die letzten schwach erkennbaren Sterne. Heute Nacht war für dieses Drachenjahr das erste Mal der Stern Achird sichtbar gewesen. Dies bedeutete, dass die Zeit der Drachenkinder nahte. Auch Nayala spürte dieses Mal, dass sich in ihrem Bauch ein Ei formte. Es würde ein besonderes Ei sein. Da sie auf ihren Reisen keine weiteren Drachen kennengelernt hatte, würde es wahrscheinlich ein Drachenmischling sein. Nayala dachte mit mulmigem Gefühl an Taran. Ihm oblag es, die Drachensippe zu beschützen, und allem Fremden war er wenig aufgeschlossen. Doch darüber wollte sie sich jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Müde von dem langen Flug schloss sie die Augen und schlief ein.

Bereits in der nächsten Nacht wurde sie von vielen Drachen in deren Höhlen eingeladen und gebeten, von ihrer Reise zu erzählen. „Nun, mein Kind! Hast du dein großes Glück gefunden?", fragte ihre Drachenmutter. „Ja und Nein!", berichtete Nayala. „Ich habe jemandem mein Herz geschenkt, doch es war kein Drache. Er hatte keine Schuppen, sondern ein weiches Fell. Er hatte keine Flügel, sondern lange Ohren. Er hat keinen Morgentau getrunken, sondern Grashalme gegessen. Er hat keine alten Geschichten bewahrt, sondern Eier angemalt", erklärte sie. Ihre Mutter runzelte die Stirn und stieß eine kleine Rauchwolke aus. „Aber Nayala, du weißt doch genau, dass dies gefährlich ist. Taran verbannt alles Fremde und bewahrt das Bekannte. Ihm wird es nicht gefallen, dass du dein Herz verschenkt hast." Sie fauchte besorgt und auch Nayala blickte bekümmert.

In der nächsten Nacht fühlte sich Nayala seltsam. So ein Gefühl hatte sie noch nie gehabt. Erschöpft blieb sie auf ihrem Felsvorsprung liegen. In ihrem Bauch rumorte es, etwas schien hinauszuwollen... Und tatsächlich, am Ende der Nacht machte sich das Ei in ihrem Bauch auf den Weg hinaus in die Welt und landete auf ihrem Felsvorsprung. Nayala begrüßte es mit einem lauten Fauchen.

Doch ihr Drachenei war nicht golden wie die Eier all ihrer Freundinnen und Drachenschwestern, es war auch nicht so groß wie ein Ball, sondern sehr klein und mickrig. Nayala zog ihre Nüstern an dem Ei entlang. Es roch auch nicht nach Asche und Rauch, wie Dracheneier normalerweise rochen. Ihr Ei war klein wie ein Stein, pink mit gelben Streifen gefärbt, und roch eindeutig nach Veilchen. Nayala nahm das Ei vorsichtig in ihr Maul und flog zur Höhle ihrer Mutter.

Ihre Mutter begutachtete das Ei von allen Seiten, kräuselte ihre Drachenstirn und erkannte genauso wie Nayala auf den ersten Blick, dass dieses Ei viel mehr von seinem Vater hatte als von Nayala. „Was denkst du, meine Drachentochter?", fragte die weise Drachendame. „Mein Ei sieht ganz und gar nicht aus wie ein Drachenei, und es wird schwierig, diese Tatsache zu verbergen. Taran wird erzürnt sein... Außerdem, wer weiß, ob das Baby, wenn es schlüpft, hier etwas zu fressen findet. Was, wenn es sich nicht von Morgentau ernährt, wie wir? Was, wenn es nicht fliegen kann oder Freude hat Eier anzumalen, wie sein Vater? Vielleicht ist es besser, das Ei zu seinem Papa zu bringen. Ja, das wird das Beste sein. Aber ich fühle mich noch so erschöpft von der langen Reise", hauchte Nayala.

Ihre Drachenmutter nickte verständnisvoll und blickte besorgt auf Nayalas dünnen Drachenkörper. Sie würde ihrer Tochter helfen. Das kleine Wesen sollte zu seinem eigenen Wohle beim Vater schlüpfen. Sie würde das bunte Ei zu seinem Papa bringen. Es würde alles gut werden. Behutsam nahm sie das Ei an sich und versprach ihrer Tochter, sich darum zu kümmern. Nayala nickte, sprach mit flüsternden Worten zu dem Ei und beschrieb ihrer Mutter das unverkennbare Aussehen des Vaters.

Nayalas Mutter schwang sich in die Lüfte und machte sich auf den Weg, das Drachenei ihrer Tochter zu dessen Vater zu bringen. Liebevoll beschützend hielt sie das kleine Ei in ihrem Maul. Nayala wünschte ihr alles Glück des Himmels.

2. Kapitel

Die Faschingsparty

Aaron lief missmutig hinter seiner kleinen Schwester Lina her. Diese hüpfte beschwingt an Mamas Hand auf dem Bürgersteig entlang, schwang ihren Feenstab und flatterte mit ihren kleinen Feenflügeln. Warum mussten sie zu diesem schrecklichen Bandauftritt seines großen Bruders? Nie trat die Band irgendwo auf und jetzt zu Fasching hatten sie irgendeinen Gig bei einer Kinderparty an Land gezogen! Aaron grummelte in sich hinein und schoss einen Kieselstein. Er prallte an der Steinwand ab und direkt gegen Mamas Wade. Schon blickten ihn zwei strenge Augen über einer Clownsnase an. „Aaron, jetzt komm! Das wird sicher lustig! Verdirb uns nicht allen den Spaß", redete sie auf ihn ein. „Soll ich dir eine gute Laune zaubern? Mit Erdbeereis und Schokobällchen?", fragte Lina und schwang ihren Feenstab. „Zauberei gibt es nicht!", stellte Aaron richtig und kassierte einen Jetzt-reicht's-aber-wirklich-Blick von Mama. „Gibt es doch! Und ich zaubere heute viele, viele tolle Sachen! Ein Einhorn, einen Drachen und für dich gute Laune!", rief Lina fröhlich. Aarons Meinung interessierte sie offensichtlich nicht.

Aaron zupfte an seinen langen Ohren. Er hatte sich als Jar Jar Binks von Star Wars verkleidet und war recht zufrieden mit seinem Kostüm. Lange Fellohren hingen rechts und links an seinem Gesicht herunter, er trug eine locker sitzende Hose aus Kunstfell und ein Wickeloberteil. An seinen Schuhen hatte er mit Pappmaché die typischen großen Füße von Jar Jar Binks nachgebildet. In seiner rechten Wange hatte er aus Filz eine lange Zunge aufgerollt, die er hin und wieder aus dem Mund heraushängen ließ. Die Filzzunge hatte viel Speichel aufgesogen und tropfte dann richtig authentisch. „Na gut", dachte Aaron und nuschelte vor sich hin: „Jar Jar Binks hätte sich nicht unterkriegen lassen. Möge die Macht mit mir sein!" Genau in diesem Moment schlug ihm jemand rechts auf die Schulter. „Hallo, Osterhase! Schön, dass du auch zur Faschingsfeier kommst", ertönte Karls Stimme neben ihm. Er war gerade aus einer Seitenstraße zu ihnen gestoßen. Kaum erkennbar, als dicker Kürbis verkleidet, hielt er eine kleine Prinzessin an der Hand. „Ich bin kein Osterhase!", fauchte Aaron und ließ als Beweis seine Filzzunge aus dem Mundwinkel herausschnellen. „liiih! Ein sabbernder Osterhase, vielleicht mit Zungenkrebs?", stichelte Kürbis Karl. „Ich bin Jar Jar Binks, du Blindfisch!", stellte Aaron richtig. „Ok, ok, klar, Jar Jar Binks! Hätte ich mir gleich denken können. Ich sehe nicht so gut durch all den orangen Tüll um mich herum. Ich bin aber erleichtert, dass du auch da bist. Ich dachte schon, ich bin alleine hier mit meiner kleinen Nichte. Ich musste einspringen, weil ihre Mutter krank geworden ist. Da kam mir die Kürbisverkleidung nur recht. Vielleicht erkennt mich gar keiner", hoffte Karl. Aaron nickte und rollte seine Sabberzunge wieder ein. Unauffällig schob er sie zwischen seine Zähne. Im Grunde war er auch froh, dass Karl aufgetaucht war, auch wenn er seine geniale Verkleidung nicht erkannt hatte.

Als sie der Grundschule näherkamen, war bereits eine lebhafte Musik zu hören. „Welche Band ist das denn, die da heute spielt? Gar nicht schlecht, die Beats!", stellte Karl anerkennend fest. „Naja, nicht, wenn du sie jeden Tag aus dem Nebenzimmer hörst! Weißt du, mein großer Bruder Nico sitzt dort am Schlagzeug. Die Band nennt sich immer anders, momentan heißen sie, Lollipops'", erklärte Aaron. „Echt? Das ist ja obercool! Meinst du, er gibt mir ein Autogramm?", fragte Karl begeistert. Jar Jar Binks nickte und reihte sich hinter seiner Mutter in die Schlange der anstehenden Leute ein. „Ihre Vorreservierungsnummer, bitte! Mit dieser nehmen Sie auch an einer Verlosung teil und es gibt noch eine besondere Überraschung am Nachmittag", informierte die Frau am Ticketschalter und kurz darauf waren sie alle in dem Pausenhof der Grundschule angekommen. Überall hingen Luftballons und Luftschlangen, alles war bunt und zauberhaft dekoriert. Fröhlich spielte Lina mit der Prinzessinnen-Nichte fangen. „Wow! Die sind echt gut! Genau mein Musikgeschmack!", freute sich Karl und wippte mit seinem Fuß im Takt. Aaron nickte und blickte sich unauffällig um. Er atmete auf. Niemand seiner Schulkollegen oder vom Fußballteam war hier. Zu blöd, wegen dem Auftritt seines Bruders mit seiner Schwester zu einer Kinderfaschingsfeier gehen zu müssen. Kürbis Karl schien das nichts auszumachen. Er schaute bewundernd auf die Bühne. „Sagst du deinem Bruder, dass ich auch ein bisschen Gitarre spiele? In einer Band zu spielen, wäre der Hit!", rief er Aaron zu. Aaron verdrehte die Augen zum Himmel. Er war so froh, nicht musikalisch zu sein. So viel Begeisterung war ja kaum auszuhalten.

„Ich geh mal aufs Klo!", nuschelte Aaron und blickte sich nach einem Toilettenzeichen um. Er rüttelte an einigen Türen, die vom Pausenhof erreichbar waren, aber alle waren verschlossen. Er musste wirklich dringend, und so entschied er sich, in einer dunklen, überwucherten Ecke des Schulgeländes ein Bäumchen zu gießen. Gerade, als er zurück zu Karl gehen wollte, spürte er einen kalten Luftzug und neben ihm tauchte ein riesiger Drache auf. „Du meine Güte, bist du gut verkleidet! Welcher Faschingsladen hat das denn drauf!", rief Aaron verwundert aus. Er blickte mit staunenden Augen auf die schwarz-schimmernden Schuppen des Drachen, der wirklich sehr echt wirkte. „Mit so einer Verkleidung wäre ich auch gerne hier", seufzte Aaron und berührte vorsichtig die Drachenschuppen am Hals des Drachen. Der Drache fauchte auf und sprach mit tiefer Stimme: „Du scheinst mir der Richtige zu sein! Hier, nimm dies und pass gut darauf auf!" Dann überreichte er Aaron ein bemaltes Ei. Dieser war so verwundert, dass ihm der Mund offenstand und seine Filzzunge sich ausrollte. Die Farbe des roten Filzes hatte sich gelöst und tropfte nun auf das Ei in seiner Hand. Der Drache nickte begeistert. „Jaja, lange Ohren, Fell, steht im Gras, malt Eier an. Passt genau", murmelte er. „Bist du die besondere Überraschung des Faschingsfestes? Ein Drache ist ja mal etwas anderes! Zauberer und Clowns kennt ja schon jeder", meinte Aaron und spuckte die Filzzunge ins Gebüsch. „Oder ist das unser Preis bei der Verlosung?", überlegte er weiter. Der riesige Drache wiederholte nur: „Pass auf das Ei auf! Liebe Grüße von Nayala!" Dann breitete er seine Schwingen aus, erhob sich und flog davon.

Aaron blieb wie angewurzelt stehen. Hatte er geträumt? Nein, da lag dieses Osterei immer noch in seiner Hand. Hatte Lina wirklich einen Drachen herbeigezaubert? Er musste dringend mit ihr reden. Aaron steckte das Ei in seine Hosentasche und lief erst mal zu Karl. „Hast du auch den Drachen gesehen?", fragte er ihn. „Drachen? Ja, dort!", antwortete dieser und zeigte auf ein Kindergartenkind im giftgrünen Drachenkostüm. „Nein! Nein! Ein Drache mit schwarz-silbernen Schuppen und Schwanz und Flügeln! Ein richtiger Drache eben!", entgegnete Aaron mit Nachdruck. Karl zuckte mit seinen Kürbisblättern, die ihm auf den Schultern lagen und sang lauthals beim Refrain des Lieds mit, das die Band gerade spielte. Nun wurde eine Pause angekündigt. Aaron hielt nach Lina Ausschau. Er sah seine Schwester gerade nach vorne zur Bühne gehen, um ihrem Bruder Nico eine Flasche Wasser zu bringen. Schnell lief Aaron zu ihr. „Lina, Lina, hast du wirklich einen Drachen gezaubert?", fragte er völlig außer Atem. Lina blickte ihn verblüfft an. „Zaubern geht doch nur im Spiel! Das weiß doch jedes Baby", erklärte sie. Aaron griff verwundert in seine Hosentasche. Darin konnte er deutlich das Ei fühlen, das ihn an die Begegnung mit dem Drachen erinnerte. Er hatte sicher nicht geträumt. Das war doch alles äußerst seltsam...

„Da seid ihr ja! Wie gefällt es euch?", rief die Mutter der beiden und lief lachend auf die Kinder zu. „Wir müssen leider nach Hause. Papa hat mich angerufen. Er hat den Schlüssel vergessen und kommt nicht ins Haus hinein", erklärte sie weiter. „Klar, von mir aus..." stimmte Aaron sofort zu. „Auf gar keinen Fall!" rief Lina und schlug dann vor: „Nico kann mich ja später heimbringen. Ich spiele noch mit meiner neuen Freundin." Dabei zeigte sie auf die kleine Prinzessin, Karls Nichte. Nico, der sich zu ihnen gesellt hatte, zog die Schultern hoch und meinte: „Von mir aus nehme ich Lina dann mit nach Hause. Aber sie muss bis zum Ende bleiben." „Ja, ja, ja!", jubelte Lina und sprang nach Mamas Nicken mit ihrer Freundin davon. „Tschüss, Karl! Hab ein Auge auf meine kleine Schwester", verabschiedete sich Aaron von Karl. Dieser nickte und hob die Hand zum Abschied. In Gedanken versunken ging Aaron nach Hause, seine Hand fest um das Osterei in seiner Tasche geschlossen.

3. Kapitel

Drachen gibtes nicht, oder?

Zu Hause angekommen, huschte Aaron in sein Zimmer und betrachtete das Ei ausgiebig. Es sah aus wie ein ganz normales bemaltes Ei, wie ein Osterei. Da kam ihm eine Idee und er begann, in der untersten Schublade seines Schreibtisches zu kramen. Da! Endlich hatte er gefunden, was er suchte. Seine Lupe! Mit dieser Lupe hatte er früher alle möglichen Insekten genauer betrachtet. Nun untersuchte er damit aufmerksam das Ei. „Aaaa!", rief er plötzlich geschockt und ließ vor lauter Schreck die Lupe mitsamt dem Ei auf den Boden fallen. Die Lupe zerbrach in tausend Stücke, das Ei kullerte unter das Bett. „Es ist gar nicht zerbrochen!", murmelte Aaron, schob die Scherben unter den Schrank und kroch unter sein Bett, um das Ei zu holen. Er rieb sich die Augen und hielt das Ei nah vor sein Auge. Tatsächlich, er hatte sich nicht getäuscht. An manchen Stellen hatte das Ei kleine Schuppen. Wie konnte das sein? „Bist du etwa ein übergroßes Fischei?", dachte er laut. Verwundert schüttelte Aaron den Kopf und drehte das Ei in seiner Hand hin und her. Es fühlte sich schwer an, schwerer als ein gewöhnliches Ei, und irgendwie wärmer. Konnte das alles überhaupt sein?

„Aaron, Lina, Nico, Abendessen!" rief sein Papa von unten. Unschlüssig schaute sich Aaron im Zimmer um. Wo sollte er das Ei am besten aufbewahren? Schließlich legte er es unter sein Kopfkissen und huschte die Treppen hinunter in die Küche. Lina und Nico waren gerade zurückgekommen und saßen bereits hungrig am Tisch. „Warum hast du eigentlich heute gefragt, ob ich einen Drachen gezaubert habe?", wollte Lina von Aaron wissen. Dieser rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. „Ach, nur so! Ich wollte einfach wissen, was du alles gezaubert hast. Aber glaubt ihr, es gibt wirklich Drachen?", fragte er seine Familie. Nico brach in schallendes Gelächter aus. „Drachen, Einhörner, Kobolde, Geister, Vampire und Elfen gab es nie und wird es nie geben! Glaubst du vielleicht auch an den Osterhasen?", machte er sich lustig. „Ich glaube, dass es Einhörner und Drachen im Zauberwald gibt! Sie sind super scheu und unsichtbar. Deshalb sieht man sie nicht. Den Osterhasen gibt es auf jeden Fall, der kommt ja bald", mischte sich Lina ein. Nico verdrehte die Augen in Richtung Decke, was so viel hieß wie: „Ok, lassen wir ihr ihre zauberhaften Geschichten."

„Papa, was denkst du? Ich habe heute einen sehr echt aussehenden Drachen gesehen", wandte sich Aaron nun an seinen Vater. „Nun ja, nur weil wir manche Dinge nicht sehen, heißt es nicht, dass es sie nicht gibt. Wir sehen auch die Musik nicht und dennoch ist sie da", versuchte dieser eine diplomatische Lösung. „Aber ich habe den Drachen wirklich, wirklich gesehen!" versicherte Aaron. „Ich auch! Aaron, du warst heute auf einer Faschingsparty! Da gab es ungefähr vier Drachen, sieben Einhörner, drei Feen und was weiß ich noch. Sogar ein Kürbis war da. Und du warst der Osterhase!", stöhnte Nico. „Ich war kein Osterhase, ich war Jar Jar Binks, wie oft denn noch!", regte sich Aaron auf. „Okay! Okay! Alles ist gut! Dann hat Jar Jar Binks heute den Drachen der Welt getroffen! Lina hat ein Einhorn gezaubert und Mama hat Papa die Tür aufgehext mit ihrem Zauberschlüssel!", lenkte Nico ein und hob beschwichtigend die Hände. „Schau, Aaron, ich denke, an all den alten Sagen und Geschichten, die von Rittern und Drachen handeln, ist sicher etwas dran. Wir wissen, dass es die Ritter gab, also warum sollte es nicht auch Drachen gegeben haben?", überlegte Mama an Aaron gewandt. Ja, das machte Sinn. Bestimmt gab es sie irgendwo, die Drachen, und heute war einer auf der Faschingsfeier gewesen. „Aber warum hat er mir ein Osterei gebracht? Was hat er gesagt: Grüße von Maya, oder sowas..." Aaron grübelte immer noch.