Manchmal hat das Glück zwei Flügel - Rainer Haak - E-Book

Manchmal hat das Glück zwei Flügel E-Book

Rainer Haak

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Beschreibung

Jeder Mensch braucht einen Engel  In diesem bezaubernden Geschenkbuch erzählt Rainer Haak 33 berührende Engelgeschichten, die zeigen, wie die himmlischen Boten auf ganz unterschiedliche Weise in unseren Alltag treten. Von den verschwundenen Engeln über die geheimnisvolle "Engelpost" bis hin zu Eddie, der gleich sieben göttliche Begleiter trifft – jede dieser Erzählungen ist ein Mutmacher und eine Erinnerung an die Leichtigkeit des Lebens. Ein wunderbares Geschenk für alle, denen wir einen Engel zur Seite wünschen Ob als aufbauendes Mitbringsel oder kleines Geschenk zwischendurch, dieses Buch ist ein wundervoller Begleiter für alle, die in Zeiten der Krise ihre Lebensfreude bewahren und sich von himmlischen Helfern beschützt wissen möchten. Lassen Sie sich von diesen unterhaltsamen und zugleich nachdenklichen Geschichten inspirieren, das Leben in all seinen Facetten zu feiern und die Freude im Alltag zu finden. Ein Buch voller Hoffnung, Zuversicht und Glück - perfekt für alle, denen wir einen ganz besonderen Schutzengel an die Seite wünschen.

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Seitenzahl: 133

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Rainer Haak

Manchmal hat das Glück zwei Flügel

33 Engelgeschichten

Knaur eBooks

Über dieses Buch

Vielleicht nur ein warmer Hauch?

Sie sind allgegenwärtig, haben nicht immer die Gestalt, die wir möglicherweise erwarten – und doch spüren wir, dass sie uns begleiten: Engel. Manchmal kann es einfach nur ein wohliges Gefühl sein, das sich breitmacht. Und manchmal hat das Glück zwei Flügel.

Rainer Haak erzählt 33 berührende Engelgeschichten: die von Eddie, der gleich sieben himmlische Boten trifft, die vom verschwundenen oder vom tanzenden Engel und viele mehr. Alle zeigen: Die Engel mit und ohne Flügel treten auf leisen Sohlen und ganz unterschiedliche Weise in unseren Alltag.

 

Weitere Informationen finden Sie unter: www.bene-verlag.de

Inhaltsübersicht

1. Der verschwundene Engel

2. Die Schöpfung geht weiter

3. Wenn Engel tanzen

4. Heute gibt es Donuts

5. Der Platz der Engel

6. Ich wünsche mir einen Engel

7. Engelpost

8. Der goldene Stein

9. Der alte Laden

10. Die saure Zitrone

11. Die Perlenkette

12. Der Versicherungsvertreter

13. Engel in Ausbildung

14. Umgeben von Engeln

15. Redaktionssitzung

16. Können sie uns fühlen?

17. Aufregung um Vincent

18. Lauter gute Möglichkeiten

19. Die Engelausstellung

20. Jeder Mensch braucht einen Engel

21. Eddie und die sieben Engel

22. Erzähl mir eine Engelgeschichte

23. Der kleine Engelladen

24. Der Liebesbrief

25. Die Abstimmung

26. Der Engel im Krankenhaus

27. Das Engelschlösschen

28. Die Sache mit dem Engel

29. Engelbotschaften

30. Die Engelkarte

31. Das himmlische Netzwerk

32. Treffpunkt Hauptbahnhof

33. Die Rose im Gästezimmer

1. Der verschwundene Engel

© Aruno/stock.adobe.com

Morgens gab es Frühstück, mittags einen knackigen Salat oder eine heiße Suppe, nachmittags wurde selbst gebackener Kuchen angeboten und abends sah es aus wie in einer gemütlichen Bar. Es war das Wohnzimmer für Menschen aus der Nachbarschaft und sogar aus anderen Vierteln der Stadt.

»Café Engel« hieß das Wohnzimmer von Caro und Linus schon immer – auch vor ihrer Zeit. Die Engel zogen jedoch erst vor zwei Jahren ein.

Das begann so: Eines Morgens schleppte Linus drei schlichte, alte Regalbretter herein. Sofort blickten die Gäste, die bereits ihren ersten Kaffee des Tages schlürften, in seine Richtung. Sie konnten miterleben, wie der Chef die Bretter geschickt an der Wand links neben dem Tresen befestigte.

»Was soll das werden?«, fragte jemand.

»Wirst du schon sehen!«, kam der kurze Kommentar des Handwerkers zurück.

Nach einiger Zeit legte Linus zufrieden die Bohrmaschine und das übrige Werkzeug zur Seite und betrachtete zufrieden sein Werk. Die Bretter waren genau in einer Reihe übereinander angebracht und warteten jetzt – ja, worauf eigentlich?

Da kam Caro aus der Vorratskammer und hielt einen wunderschönen, lächelnden Engel in der Hand. Zärtlich sah sie ihm in die Augen, streichelte ihn kurz und stellte ihn vorsichtig auf das obere Brett. Einen Augenblick blieb sie andächtig stehen, dann holte sie nach und nach weitere Engel und verteilte sie auf die Bretter. Schließlich war eine ganze Engelschar an der Wand versammelt – drei nebeneinander und drei übereinander. Einige hatten Flügel, andere nicht. Sie waren aus Holz oder Metall, einige bunt bemalt.

Der Engel in der Mitte lächelte besonders einladend und hielt die Arme weit auseinander, als hätte er auf jemanden gewartet und würde ihn gleich in seine Arme schließen. Neben den Engeln klebte ein weißer Zettel mit der Aufschrift: »Berührt uns gern mit dem Herzen, aber nicht mit den Händen.«

Lange standen Caro und Linus Arm in Arm nebeneinander und betrachteten die Engel. »Ich liebe sie alle«, flüsterte sie, »aber am meisten berührt mich der in der Mitte.«

Linus nickte. Dann fragte er: »Glaubst du eigentlich an Engel? Ich meine so richtig?«

Caro sah ihn mit großen Augen an. »Ich liebe Engel, das weißt du doch. Ich liebe Engel, weil sie …«, sie blickte noch einmal zur Engelversammlung, »weil sie da sind und mich begleiten.«

Linus nickte wieder. »Du wirst schon recht haben.« Er strahlte sie an. »Wie immer!«

 

Nicht nur Caro und Linus freuten sich über den himmlischen Zuwachs im Café Engel. Die meisten Gäste besuchten erst einmal die neun Engel, bevor sie anschließend lächelnd ihre Bestellung aufgaben.

Einige standen lange ehrfürchtig vor den Himmelsboten und konnten sich kaum von ihnen trennen. Sie gaben ihnen sogar Namen, dem Engel des Glücks, dem Engel des Neuanfangs und dem Engel der offenen Arme. Das war übrigens nicht nur der Lieblingsengel von Caro, sondern auch von Lucie.

Lucie war schon lange Stammkundin im Café. Sie sah älter aus, als sie war, und erzählte allen Gästen von ihren zerbrochenen Träumen – egal, ob die es hören wollten oder nicht. Und seit einiger Zeit erzählte sie allen von ihrem Lieblingsengel.

Bea stellte sich manchmal neben Lucie, blickte still auf die Engel und bewegte den Mund, als würde sie mit ihnen sprechen.

 

Eines Tages, morgens um sieben, kam Caro wie meistens als Erste ins Café. Sie hob die Zeitung vom Boden auf, stellte einen Stuhl zur Seite und blickte zu den Engeln. Da durchzuckte es sie: Ein Platz war leer! Der Engel mit den offenen Armen fehlte.

Als Linus kurze Zeit später eintraf, fragte sie aufgeregt: »Weißt du, wo der Engel ist?«

Linus wurde bleich und schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung! Wie ist das möglich?«

Der fehlende Engel wurde das Tagesgespräch bei den Gästen. »Ich vermisse die offenen Arme«, war mehrmals zu hören. »Wer tut so etwas?«, war die häufigste Frage. Und die Worte eines jungen Pärchens, »Es sind ja zum Glück noch acht andere Engel da«, konnten kaum jemanden trösten.

 

Besonders stark musste es Lucie getroffen haben. Sie kam seit diesem Ereignis nicht wieder ins Café, weder zum ersten Morgenkaffee noch zum letzten kalten Schluck am Abend. »Sie vermisst die offenen Arme!«, war Bea überzeugt.

Der leere Platz im Regal blieb. Er machte deutlich, dass niemand ersetzt werden kann, weder ein Mensch noch ein Engel. Aber das Leben ging weiter, auch im Café Engel.

Wochen später, es war noch früh am Morgen, näherte sich Lucie mit unsicheren Schritten dem Café. Sie stand kurz vor der Eingangstür, drehte um und kam wieder zurück. Vorsichtig öffnete sie die Tür. Das Café war leer.

Lucie ging sofort zu den Engeln an der Wand und blickte wie aus weiter Ferne zu dem leeren Platz. In ihrer Hand hielt sie eine große Tasche, aus der sie mit zitternden Händen einen Gegenstand holte, eine Figur – es war der Engel mit den offenen Armen.

In dem Moment kam Caro aus der Küche. Sie stutzte kurz, dann verstand sie. »Ach, Lucie, wie schön, dass du den verlorenen Engel gefunden hast! Was für eine Freude für uns alle!«

Sie bemerkte ein seltsames Flackern in Lucies Augen. »Komm, setz dich erst einmal. Ich mach uns schnell einen Kaffee.«

Dann saßen die beiden Frauen zusammen und sprachen über offene Arme. Lucie wischte sich mit der Hand durchs Gesicht. »Es ging mir nicht gut. Ich habe ihn gebraucht.«

Caro sah ihr liebevoll in die Augen. »Und jetzt? Wie geht es dir?«

Lucie lächelte unsicher. »Jetzt ist er wieder da. Wenn ich ihn sehen will, muss ich nur die Augen schließen.«

Caro blickte zu den Engeln. »Oder die Augen öffnen.«

 

Lucie strahlte Caro dankbar an. Sie atmete tief ein und aus. Dann blickte sie zum verlorenen und wiedergefundenen Engel.

Caro stand auf. »Ich geh mal wieder in die Küche. Bald geht es hier rund.« Sie zeigte zur Wand: »Da hat jetzt einer viel zu erzählen.«

2. Die Schöpfung geht weiter

Es herrschte große Aufregung bei den Engeln im Himmel. Die wunderbare Schöpfung, so wurde überall geflüstert, sei noch nicht beendet. Im Gegenteil, es sollte noch Großes geschehen! Vielleicht eine ganz neue Schöpfung?

»Was kann denn nach den Blumen und den Bäumen, den Adlern und den Delfinen noch geschaffen werden?«, fragten sie aufgeregt. »Die Größe des Universums und die Schönheit der Erde sind doch einzigartig – was soll da noch kommen?«

Als der große Schöpfer schließlich persönlich bei ihnen erschien, hörte das Flüstern der Engel sofort auf. Alle blickten gespannt zu ihm. Er war herrlich bunt gekleidet – und alle Farben leuchteten fast so hell wie seine Augen. Lächelnd schaute er sich um, grüßte liebevoll in die Runde und sagte: »Ich bin genauso aufgeregt wie ihr. Heute schöpfen wir noch einmal aus dem Vollen.«

 

Die Engel begannen wieder aufgeregt zu flüstern und zu raunen. Sie schienen zu spüren, dass sie bald etwas Außergewöhnliches miterleben sollten. Nach einiger Zeit kehrte wieder Ruhe ein und alle blickten zum Schöpfer. Der wischte sich die Augen, bevor er wieder zu reden begann: »Hoffentlich geht alles gut! Jetzt bitte ich, seht mich an und seht euch an. So ähnlich sollen sie werden, die neuen Geschöpfe. Sie sollen lieben können wie wir und sich über die Schönheit der Schöpfung freuen können, genauso wie wir. Ich will euch etwas verraten: Ohne sie wäre die Schöpfung nicht vollständig.«

Alle starrten wie gebannt auf den Schöpfer und warteten auf weitere Erläuterungen. »Ich werde sie Menschen nennen. Sie werden sein wie wir.« Er hüstelte kurz. »Also, so ähnlich wie wir. Sie werden in Körpern leben, die herrlich aufblühen und eines Tages wieder vergehen. Aber sie haben viel Zeit für ein aufregendes, buntes Erdenleben.«

Die Engel sahen sich gegenseitig in die Augen, als wollten sie sich vergewissern, wie die Menschen aussehen würden. Dann blickten sie wieder zum Schöpfer. Ein mutiger Engel fragte laut: »Was ist das Besondere an den Menschen? Vielleicht ihr Lachen? Vielleicht ihr buntes Leben? Oder ihre zerbrechlichen Körper?«

 

Der große Schöpfer sah die Engel an, jeden einzelnen – voller Zärtlichkeit und Abenteuerfreude. »Das Besondere ist, dass sie Geschöpfe sind, die selbst etwas Neues erschaffen können. Jeder Mensch trägt das besondere Schöpfer-Gen in sich.«

Den Engeln war deutlich anzusehen, wie sehr sie über diese Worte staunten. Einige hielten sich entsetzt die Hände vor das Gesicht. Jemand rief: »Aber die Schöpfungskraft gab es doch bisher nur in den himmlischen Sphären!«

Er nickte. »So ist es. Und jetzt wird es diese Kraft auch in irdischen Sphären geben.« Er grinste kurz und hielt sich die Hand vor den Mund. »So wird die Erde zu einem Ort unendlich vieler kreativer Schöpfungsmomente.«

Wieder wurde es laut unter den Engeln. »Was werden sie denn schöpfen?«, war die Frage, die mehrmals zu hören war.

Der Schöpfer lächelte, wie – wie eine stolze Mutter und ein Lausbub zugleich. »Der Mensch wird fantastische Melodien erschaffen und wunderschöne Lieder singen, leise und laute, fröhliche und traurige. Er wird sich Geschichten ausdenken und sie abends am Lagerfeuer erzählen, während die anderen andächtig oder aufgeregt lauschen. Er wird Bilder malen, die so schön sind wie die Wirklichkeit und doch ganz anders. Er wird Boote bauen, die schwimmen können, Gärten anlegen und Theater spielen. Er wird bunte Tische decken und sie werden sich daran satt essen und die Gaben genießen.«

 

Einer der Engel hatte am Anfang fasziniert zugehört, dann jedoch seine Stirn in Falten gelegt. Jetzt fragte er nach: »Und was ist, wenn es Menschen gibt, die sich nicht trauen, zu schöpfen und Neues zu erschaffen?«

Der Schöpfer schaute sich im großen Engelsrund um und sagte mit warmer, fester Stimme: »Dann, meine Lieben, dann seid zum Glück ihr Engel da, um sie zu begleiten und ihnen Mut zu machen.«

3. Wenn Engel tanzen

Was wäre die Essensausgabe im Zentrum der kleinen Stadt ohne Vera? Sie ist immer dabei, immer hilfsbereit und schenkt immer ein Lächeln. Am Freitag packen ihre abgearbeiteten Hände zu und reichen die gespendeten Lebensmittel über den Tresen. »Lassen Sie es sich schmecken – und bis zur nächsten Woche!«

Auch Frau Roschinski gehört zu Veras »Kundinnen«. Dankbar nimmt sie entgegen, was Vera ihr herüberreicht. »Wunderbar! Das hilft mir für die nächsten Tage. Sie sind ein Engel!«

Frau Roschinski ist nicht die Einzige, die davon überzeugt ist. Viele, die auf Hilfe angewiesen sind, hoffen darauf, einem Engel zu begegnen. Und Vera mit ihrer zupackenden Art und ihrem gewinnenden Lächeln erinnert tatsächlich oft an die himmlischen Wesen.

Was tut Vera, wenn nicht gerade Freitag ist? Sie sortiert Kohlrabi und Dosenmilch, die soeben frisch eingetroffen sind. So liegt am Freitag alles am richtigen Platz für die Ausgabe.

Vera wird auch woanders gebraucht. Engel sind nie außer Dienst. Sie kocht für die Nachbarn, putzt ehrenamtlich in der Gemeinde und hütet die Kinder von den »Neuen« im Haus gegenüber. Manchmal spürt sie den Druck auf ihren Schultern, wenn sie sich vorstellt, sie würde krank werden und könnte nicht zum Engeldienst erscheinen.

 

Es war wieder einmal Freitag. Die meisten Regale und Vorratskörbe waren bereits leer. Frau Roschinski kam heute erst kurz vor Ausgabeschluss. »Ich hoffe, ich bin nicht zu spät.«

Vera zuckte traurig mit den Schultern. »Das tut mir so leid. Ich habe noch jede Menge Dosenmilch, aber die frischen Waren sind schon alle weg.«

Frau Roschinski wollte sich gerade enttäuscht umdrehen und wieder gehen, als Vera den rechten Arm hob. »Halt, stopp, gehen Sie noch nicht. Morgen erhalten wir neue Ware. Ich komme einfach am Wochenende bei Ihnen vorbei und bringe Ihnen ein paar gute Sachen nach Hause. Sagen Sie mir Ihre Adresse?«

Hinterher bekam Vera einen großen Schreck. Was hatte sie da nur versprochen? Kundenbesuche – so etwas hatte sie noch nie gemacht. Und es war auch nicht vorgesehen in den gemeinnützigen Statuten. Aber egal, dachte sie, Engel bleibt Engel, besonders in Notfällen!

 

So kam es, dass Vera am Samstagnachmittag mit zwei großen gefüllten Papiertüten unterwegs war zu Frau Roschinski. Neben Vera humpelte ihr Mann Viktor, der sich kürzlich im Fitnessstudio das linke Knie verletzt hatte.

»Schön, dass du Zeit hast für einen Spaziergang«, sagte er und strahlte sie an. »So kannst du auch einmal etwas Gutes für dich tun«, fügte er leise hinzu. Sichtbar genoss er den gemeinsamen Ausflug.

Frau Roschinski wohnte etwas außerhalb des Städtchens. Nach fast einer Stunde erblickten sie schließlich in der Ferne die kleine, gelb gestrichene Hütte. »Was für ein winziges Haus!«, rief Viktor überrascht. »Was meinst du, wohnt sie dort allein?«

Vera zog die Stirn kraus. »Ich glaube. Sie ist ja auch schon ziemlich alt, bestimmt über 80.«

Als sie vor der Eingangstür standen und gerade anklopfen wollten, entdeckten sie neben dem Häuschen ein kleines Rasenstück mit einer Bank. Auf dem Rasen – Vera traute ihren Augen kaum – tanzte Frau Roschinski völlig selbstvergessen, drehte sich um die eigene Achse wie ein junges Mädchen, streckte ihre Arme zur Sonne und bewegte sich wie zu einer geheimnisvollen Musik hin und her.

Als Frau Roschinski Vera erblickte, unterbrach sie kurz ihren Tanz und winkte die erstaunte Besucherin zu sich.

Viktor setzte sich schmunzelnd auf die Bank, die beiden Tüten neben sich, während Vera unsicher zu der Tänzerin ging. Die bewegte sich schon wieder im imaginären Takt und lud Vera mit ein paar Handbewegungen zum Mitmachen ein.

Nach kurzer Zeit wurde Viktor Zeuge einer wunderbaren Verwandlung. Seine Frau, die noch eben die Last der ganzen Welt auf ihren Schultern trug, ließ sich von der alten Tänzerin anstecken und wirbelte schließlich genauso leicht und frei über den Rasen wie sie.

Es dauerte mehrere Minuten, in denen die Welt kurz den Atem anhielt, bis sich die beiden Frauen erschöpft in den Armen lagen.

 

Als Vera und Viktor nach einer langen Teestunde Hand in Hand schweigend auf dem Rückweg waren, unterbrach er schließlich die Stille: »Wunderbar! Du warst wunderbar!« Er drehte sich zu ihr: »Ich meine, ihr wart beide wunderbar!«

Sie blieb stehen und sah ihm in die Augen. »Ich kann es immer noch nicht fassen. Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich einem Engel begegnet – und wir haben gleich miteinander getanzt!«

4. Heute gibt es Donuts

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Cathy wohnt schon immer in ihrer Straße. Sie ist dort geboren und wuchs hier auf. Heute lebt sie allein in ihrer feuchten Wohnung. Die Eltern sind längst gestorben. Alle Nachbarn, die es sich leisten konnten, sind fortgezogen. Cathy hat den Absprung nie geschafft. Vielleicht wollte sie es gar nicht. Es ist schließlich ihr Zuhause.