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Trost – das ist es, wonach wir uns sehnen, wenn wir einen schweren Verlust erlitten haben. Wir wollen in unserer Trauer ernst genommen werden, uns geborgen wissen und warten auf ein Zeichen der Hoffnung. Rainer Haak erzählt 77 tröstliche Geschichten, die unserer Trauer Raum geben, dabei aber auch Mut machen, nach vorne zu blicken: in die Zeit, in der unser Schmerz immer mehr tiefer Dankbarkeit für die geschenkte Liebe weicht. »In diesem Buch stellen Sie sich immer und immer wieder den unterschiedlichen Facetten Ihrer Trauer. Wie lange dauert die Trauer? Ist 77-mal genug? Vielleicht stellen Sie erstaunt fest, dass sich die Trauer langsam verändert hat. Das Schwarz ist seltener geworden, stattdessen dominieren immer häufiger helle und bunte Farben. Und ab und zu entdecken Sie feine goldene Punkte, die herrlich in der Sonne glänzen und uns Mut machen, nach vorne zu blicken.« Rainer Haak - Ein Geschenk für Trauernde, edel ausgestattet - 77 tröstende Geschichten - Der neue Band der erfolgreichen Geschenkbuch-Reihe von Rainer Haak
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Seitenzahl: 116
Rainer Haak
Gute Gedanken für schwere Zeiten
Knaur eBooks
Trost – das ist es, wonach wir uns sehnen, wenn wir einen Verlust erlitten haben. Wir wollen in unserer Trauer ernst genommen werden, uns geborgen wissen und warten auf ein Zeichen der Hoffnung Rainer Haak erzählt 77 tröstliche Geschichten, die unserer Trauer Raum geben, dabei aber auch Mut machen, nach vorne zu blicken: in die Zeit, in der unser Schmerz immer mehr tiefer Dankbarkeit für die geschenkte Liebe weicht.
1. Die Freundin
2. Der Weg geht weiter
3. Das vernarbte Herz
4. Loslassen
5. Abschied
6. Mein Herz blüht auf
7. Mehr als ein Zeichen
8. Gegangen
9. Der Enkelsohn
10. Eine Stunde Glück
11. Der Flötenspieler
12. Besondere Momente
13. Licht, Leben und Liebe
14. Erinnerungen
15. Ich versuche es
16. Das alte Tagebuch
17. Diese Stunde
18. Durch die Wüste
19. Ich verstehe mich selbst nicht
20. Ich will traurig sein
21. Himmel und Erde
22. Wir treffen uns am Strand
23. Zwei Bäume
24. Zu spät?
25. Bleib noch einen Moment
26. Nimms leicht?
27. Wer bin ich?
28. Meine eigenen Regeln
29. Du fehlst mir
30. … durch schwere Zeiten
31. Ich habe dich gesehen
32. Mein Opa ist gestorben
33. Wie geht es dir heute?
34. Der alte Psalm
35. Kostbare Schätze
36. An meine Trauer
37. Friede meiner Seele
38. Zu Besuch im Zauberpark
39. Gemeinsame Zeit
40. Da blitzt etwas auf
41. Was erwartet uns?
42. Ein langer Sommer
43. Es geht weiter
44. Beste Freundinnen
45. Brief nach ganz oben
46. In wenigen Worten
47. Das hast du mir geschenkt
48. Trauer und Wut
49. Der Wanderer
50. Die Liebe
51. Danke für eure Nähe
52. Konstantin erzählt
53. Bei Gott geborgen
54. Der kleine Tod
55. Der Engel des Trostes
56. Lasst mir meine Freiheit!
57. Verborgene Schätze
58. Tausend Dinge
59. Das Erinnerungsfoto
60. Das weiße Kleid
61. Auf der Suche
62. Gute Ratschläge
63. Danke, dass du da bist
64. Der kleine Pappkarton
65. Am Tisch der Trauer
66. Ohne dich
67. Sonne und Regen
68. Es ist, wie es ist
69. Noch einmal Geburtstag
70. Gottvertrauen
71. Müde vom Wandern
72. Vergoldet
73. Hast du sie gesehen?
74. Süße Träume
75. Dein Lachen
76. Bin wieder zurück!
77. Siebenundsiebzigmal Trost
Seit einiger Zeit war sie bei mir. Ich habe sie nicht eingeladen. Sie war plötzlich einfach da. Mal kam sie mir ganz nah – viel zu nah, fand ich oft –, mal hielt sie gebührenden Abstand. Am liebsten wäre ich sie schnell wieder losgeworden, aber das ging nicht. Ich konnte nicht ohne sie.
Ihre Haare waren lang und grau. Auch ihr Gewand war grau mit ein paar dunkelgrünen und dunkelbraunen Schleifchen. Sie versuchte zu lächeln, wenn ich sie ansah, aber das gelang ihr nur selten. Wahrscheinlich blickte ich sie meistens so finster an, dass ihr das Lachen schnell verging. Trotzdem versuchte sie es immer wieder, als wollte sie meine Reaktion testen.
Wann sie zum ersten Mal bei mir aufgetaucht war? Das muss kurz nach der Katastrophe gewesen sein, über die ich jetzt nicht weiter reden will.
»Wer bist du?«, fragte ich sie eines Tages direkt.
Sie sah mich liebevoll und wehmütig an. »Ich bin deine Freundin. Und du wirst mich tatsächlich so schnell nicht wieder los!«
Ich sah sie an und fragte mich, ob das die Art von Freundin war, die ich mir gerade wünschte. »Sagst du mir bitte deinen Namen?«
»Es geht nicht darum, was du dir wünschst«, antwortete sie, als könnte sie meine Gedanken lesen. »Es geht darum, dass du mich brauchst. Wenn du mich eines Tages nicht mehr brauchst, werde ich verschwinden. Aber sicher nicht von einem Tag auf den anderen. Ich komme immer mal wieder.«
»Wenn ich dich brauche?«, fragte ich nach.
Sie nickte. »Ich bin keine Freundin für fröhliche Tage. Da würde ich nur stören. Ich bin für die schweren Zeiten da. Durch solche Zeiten werde ich dich begleiten.«
»Wie soll ich dich ansprechen?«, fragte ich. Wenn sie schon bei mir war, sollte ich endlich ihren Namen kennen.
Sie blickte in weite Ferne. »Was sind schon Namen? Such es dir selbst aus! Du kannst Einsamkeit zu mir sagen oder Wehmut. Ich bin Engel und Heilerin und eine Art Blindenhund. Ach was, sag einfach Trauer zu mir.«
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Die alte Linde
steht immer noch am Ortseingang,
als wollte sie mich begrüßen.
Der Brunnen am Marktplatz
lädt immer noch ein,
mein Gesicht zu kühlen.
Vom kleinen Café weht immer noch
der Duft von frischem Gebäck
zu mir herüber.
Die Turmuhr schlägt
immer noch zur Mittagszeit.
Ich kann mich darauf verlassen,
neun, zehn, elf, zwölf.
So wie immer!
Ich liebe die alte Linde
und bleibe kurz bei ihr stehen.
Ich gehe weiter und freue mich
auf den sprudelnden Brunnen.
Vor dem Café lasse ich mich
gern vom Duft verführen,
die Croissants liegen bereit
und ich kehre fröhlich ein.
Ich zähle die Schläge der Turmuhr
und lächle still.
Es zieht mich immer wieder hierher.
Schön, dass manches geblieben ist,
wie es immer war!
So fällt es mir leichter,
nach vorne zu blicken
und lächelnd weiterzugehen.
Seit etlichen Jahren wanderte Franz jede Woche einmal die lange Allee hinunter, zog am vornehmen Gutshaus vorbei und bog schließlich den steilen Weg ins Tal hinab. Unten am Bach hielt er an einer Weggabelung an und blickte versonnen in die Ferne. Am Bach entlang würde er irgendwann zum großen Fluss kommen, auf dem lauter bunte Schiffe fuhren. Doch stets beendete er hier seine Wanderung und blieb wie angewurzelt an der alten Buche am Bach stehen. Den Fluss kannte er nur aus Erzählungen.
In die Rinde der alten Buche war ein Herz geritzt. Es hatte sich im Laufe der Jahre verformt, war aber immer noch deutlich zu erkennen. Jedes Mal, wenn er dort stand, strich er lange und zärtlich über die vernarbte Rinde.
Eines Tages verweilte er wieder an der Buche und vergaß die Welt um sich. Plötzlich hörte er Zweige knacken. Er drehte sich erschrocken um und erblickte einen Jungen mit zerzaustem Haar, vielleicht elf oder zwölf Jahre alt, der aus dem Unterholz gekrochen kam und ihn herausfordernd ansah. »Ich kenne dich. Ich habe dich hier schon ein paarmal gesehen. Warum kommst du immer wieder hierher und streichelst die alte Buche?« Seine Stimme klang hell und neugierig und kein bisschen ängstlich.
Franz schüttelte kurz den Kopf, als wollte er sich vergewissern, dass er nicht träumte. Dann sah er den Jungen wehmütig an. So ähnlich muss ich früher auch ausgesehen haben, dachte er, abenteuerlustig, neugierig und mutig. Damals träumte ich davon, eines Tages den großen Fluss und die bunten Schiffe zu sehen.
Vielleicht fasste Franz Vertrauen zu dem Jungen, vielleicht war er auch einfach nur froh, endlich einmal mit jemandem über sein Herz reden zu können. »Früher saß ich oft mit ihr hier am Baum.« Er zeigte auf das verwachsene »S« neben dem »F«. »Aber das ist lange her.«
Der Junge setzte sich neben Franz auf den Waldboden. »Es ist sehr schön, dein Herz, auch heute noch. Ich meine, euer Herz. Und es ist immer noch da!«, sagte er mit seiner hellen Stimme.
Plötzlich hatte Franz Tränen in den Augen: »Ja, das Herz bleibt. Ich liebe dieses Herz!«
Franz blickte kurz zur Sonne, als wollte er von ihr Unterstützung bekommen, dann fasste er hastig in seine Hosentasche. Er fischte ein abgegriffenes Foto heraus und zeigte es dem jungen Besucher. Das schöne, fröhliche Lächeln auf dem Bild war immer noch deutlich zu erkennen. »Ich bin so traurig, wenn ich sie sehe«, flüsterte er und drehte der Sonne den Rücken zu.
Der Junge blickte zu ihm auf. »Das ist ein schönes Lächeln. Sie hat bestimmt für dich gelächelt, du solltest dich freuen!«, sagte er mit fester Stimme.
Franz blickte lange aufs Foto. »Dieses Lächeln! O ja, sie lächelt für mich!«
Als Franz wieder aufblickte, war der Junge verschwunden. Er hörte noch ein paar Zweige knacken, dann war es wieder still. Franz blieb noch lange an dem Baum mit dem vernarbten Herzen stehen. Er blickte aufs Foto und zum Baum und begann schließlich selbst zu lächeln.
Mit einer schnellen Bewegung steckte er das Bild wieder ein. Er ging nachdenklich hinüber zur kleinen Weggabelung. Der Weg zurück nach Hause war ihm sehr vertraut. Er folgte ihm mit zögerlichen Schritten. Dann blieb er wieder stehen.
Plötzlich drehte er sich um und atmete tief durch. Er fühlte sich wie damals, als er von großen Abenteuern träumte. Noch einmal blickte er hinüber zur alten Buche und rief laut: »Danke, danke! Heute gehe ich in die andere Richtung. Bald werde ich den großen Fluss sehen mit lauter bunten Schiffen!«
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Du musst loslassen,
sagen sie mir immer wieder.
Sie meinen den Menschen,
der mir so viel bedeutet hat.
Sie meinen die Wut darüber,
dass alles so kam.
Sie meinen die Erinnerungen,
die meine Wohnung und meinen Kopf
und mein verwundetes Herz füllen.
Sie meinen die dunklen Gedanken,
die mich Tag und Nacht begleiten.
Sie meinen meine Trauer
und meinen Schmerz.
Es ist genug, sagen sie.
Jetzt lass mal gut sein, meinen sie
und klopfen mir auf die Schulter.
Komm endlich zurück ins Leben,
ist ihre freundschaftliche Botschaft.
Hör auf, ein Spielverderber zu sein.
Schau nach vorne, rufen sie mir zu.
Du lebst heute und nicht gestern,
schreiben sie mir auf Büttenpapier.
Ich bin dankbar,
dass ich mein eigenes Tempo habe.
Ich gebe mir so viel Zeit,
wie ich brauche.
Ich entscheide selbst,
was ich loslasse.
Und ich entscheide selbst,
was ich behalte – solange ich will
und solange ich es brauche.
Schenkt mir Nähe und Liebe,
aber keine Ratschläge.
Lasst mir meine Freiheit
und macht mir keinen Druck.
Sucht nicht nach dem, was ich »muss«,
sondern nach dem, was ich kann und will.
Begleitet mich auf meinem Weg.
Über das Tempo und die Richtung
entscheide ich allein.
Am Anfang war alles neu. Ich wurde in die große Welt hineingeboren und überschüttet mit Farben und Gerüchen, Tönen und Worten, mit Gefühlen und Bewegungen. Ich konnte erkunden und entdecken. Ich wurde reich beschenkt, ohne mich entscheiden zu müssen. Alles war möglich.
Ich wuchs heran und traf erste Entscheidungen. Dieses tun hieß jenes lassen. Diesem folgen hieß, jenes zu ignorieren. Dieses gewinnen bedeutete den Verlust von jenem. Eine Idee zu verwirklichen, zog den Abschied von einer anderen nach sich. Ich fühlte mich groß und hilflos.
Am Anfang war alles möglich. Dann erlebte ich die ersten Enttäuschungen und Niederlagen. Ich bekam nicht, was ich wollte. Ich wollte nicht, was ich bekam. Als ich dies erkannt hatte, war ich kein Kind mehr.
Ich freundete mich mit dem Gedanken an, dass Abschied zum Leben gehört. Jede Neuorientierung, jeder Umzug, jeder Wechsel war Abschied. Und der wurde meistens versüßt von dem faszinierenden Gefühl, dass etwas Neues wartet. Das Leben stellte sich als endlose Kette von neuen Ideen, Erfahrungen und Begegnungen heraus.
Dann kamen die Abschiede, die wehtaten. Mich überfiel der Schmerz, dass ich nichts im Leben wiederholen kann und dass mancher Abschied durch nichts versüßt wird.
Ich hörte auf, mich ausschließlich nach vorne zu orientieren, wo das Neue wartete. Neben das Morgen trat das Gestern als Quelle des Schmerzes und des Glücks. Ich zog mich zurück in Erinnerungen und Träume, in Hoffnungen und Wünsche. Ich fühlte mich beschenkt und beraubt, verbunden und verlassen.
Schließlich kam ich an im Heute. Manchmal erlebe ich wie am Anfang, dass ich überschüttet werde mit Farben und Gerüchen, mit Tönen und Worten, mit Gefühlen und Bewegungen. Ich lerne, neu zu entdecken – nicht mehr die große Welt, sondern meine eigene, kleine Welt. Und manches ist möglich.
Ich lebe mit der Erfahrung, dass sich die Abschiede häufen. Sie tun weh. Ich beginne, neu zu schätzen, was ich in mir habe. Ich lebe leiser und intensiver.
Nach jedem Abschied beginnt Neues. Eines Tages vielleicht ganz anders.
Du bist immer noch da
und fehlst mir so sehr.
Ich versuche, dich zu vergessen,
und denke nur an dich.
Mein Kopf droht zu zerspringen
und mein Herz verkümmert.
Du jagst durch meine Gedanken
bei Tag und Nacht.
Es tut so weh.
Du drängst in meine Gefühle
in jedem Augenblick,
Stich um Stich.
Mein Herz ist leer.
Die Leere schmerzt.
Es ist Zeit,
dass sich mein Herz öffnet.
Es schlägt doch auch für dich.
Dort ist dein Platz.
Dort darfst du sein.
Mit dir zieht Frieden ein.
Du bist immer noch da –
anders als bisher.
Du schenkst mir Erinnerungen,
die mein Herz
schneller schlagen lassen.
Du lächelst noch einmal,
so wie damals,
und mein Herz blüht auf.
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Nicht wie andere es dir sagen – du hörst nur auf dein Herz. Es sind deine Gefühle, deine Gedanken, nicht die der anderen.
Nicht gestern, nicht morgen – heute lebst du, heute leidest du, heute liebst du, heute weinst du. Doch gestern trägt dich und morgen lockt dich.
Du sagst, du kannst nicht lachen, doch jedes Lachen, das dir begegnet, ist ein Versprechen. Du sagst, du kannst nicht hoffen, doch jeder Atemzug ist Hoffnung und Leben. Du sagst, nichts kann dich trösten, und bist die ganze Zeit schon unterwegs auf dem mühsamen Pfad des Trostes.