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Auf der Suche nach der Liebe kam Helen Engel dank Covid-19 an Online-portalen nicht vorbei und fand hier nicht nur große Verzweiflung oder pure Wollust vor, sondern lernte auch sehr viele sehr nette Männer/Menschen kennen, die alle ein gemeinsames Ziel hatten: den perfekten Partner für die letzten zwei bis drei Jahrzehnte, die uns hoffentlich noch bleiben, zu finden. Dabei erlebte sie nicht nur das eine und andere Abenteuer, sondern ließ ganz nebenbei auch ihr Leben Revue passieren. Und falls sich jemand ebenso wie ihre große Schwester, die ein Kapitel nach dem anderen zum Lesen bekommen hat, fragt, ob sie das hier wirklich alles erlebt hat oder es sich nur aus ihrem kranken Hirn leierte – ja, das hat sie alles genau so erlebt. Komplett ungeschönt – nur die Namen sind natürlich geändert. Das Leben schreibt einfach die schönsten Geschichten! Und sie kann nur jeder/jedem raten: Verkriecht euch nicht. Geht raus, seid neugierig und vor allem seid euch sicher: Irgendwo da draußen gibt es euer Deckelchen, genau denjenigen, der genau euch sucht.
Helen Engel, geboren in Nürnberg/Bayern, lebt seit ihrer Kindheit in Mittelfranken. Nach ihrem Abschluss zur Geprüften Wirtschaftsinformatikerin kam sie vor gut 20 Jahren eher zufällig zum Schreiben – als freie Texterin in der Werbeagentur eines lieben, aber leider schon verstorbenen Freundes, der ihr schon vor vielen Jahren sagte, dass ihr das Jonglieren mit Worten in die Wiege gelegt worden sei. Seither ist sie unter anderem als freiberufliche Texterin und Redakteurin unterwegs. Woher die Idee zu diesem Buch kam und wann sie damit begonnen hat, kann sie heute leider selbst nicht mehr sagen. Irgendwann saß sie vor ihrem Rechner und ließ die Worte, Sätze und Kapitel einfach aus ihrem Kopf heraussprudeln. Um am Ende überwältigt und stolz vor ihrem ersten Buch zu sitzen: „Männer shoppen“.
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Helen Engel
© 2023 Europa Buch | Berlin
www.europabuch.com | [email protected]
ISBN 9791220137294
Erstausgabe: April 2023
Gedruckt für Italien von Rotomail Italia
Finito di stampare presso Rotomail Italia S.p.A. -
Vignate (MI)
„Für die Welt bist du irgendjemand, aber für irgendjemand bist du die Welt.“ – Erich Fried
Ja, ich beneide tatsächlich all diejenigen, die in einer intakten und vor allem glücklichen Beziehung leben. Und ich frage mich, wie haben sie das nur geschafft? Ich glaube, sie haben einfach nur unheimlich Dusel gehabt und den passenden Partner gefunden. Und dann auch noch den Willen, die Kraft und vor allem die Liebe, Unstimmigkeiten aus dem Weg zu räumen. Und zwar gemeinsam. Mir ist das scheinbar nicht vergönnt und, wenn ich mich so auf den verschiedenen PartnerPlattformen umschaue, dem Großteil der 18- bis 70Jährigen scheinbar auch nicht. Also grämt euch nicht: Ihr seid nicht die Minderheit und schon gar nicht alleine in dieser Situation – ist das nicht schon unheimlich tröstlich? Nein, nicht wirklich, denn auch wenn wir in ebendieser Situation nicht alleine sind, sitzen wir dennoch abends alleine auf dem Sofa, gehen alleine ins Bett und wachen normalerweise morgens auch wieder so auf. Merkt ihr was? Alleine, alleine, alleine! Außer natürlich, wir gönnen uns ab und an etwas Spaß oder geben uns dem Irrglauben hin, die/den Richtige/n gefunden zu haben. Aber wo findet man heutzutage überhaupt jemanden? Home Office ist ja nicht nur ein Stimmungskiller, sondern auch nicht gerade förderlich für die Partnersuche. Der Job ist ja bekanntlich Partnerbörse Nummer 1 – ich korrigiere: war. Und ab 50+ wird es auch nicht wirklich leichter.
Aber ich muss kurz ein paar Monate zurückspringen. Nach fast elf Jahren Lebensgemeinschaft, vielen Tränen, zahlreichen Diskussionen, noch mehr Tränen, „machen wir halt einfach mal weiter“ und drei Jahren „Zweisam einsam“ bin ich einfach geflüchtet, hab meine geliebte Familie und mein einst kuscheliges Nest hinter mir gelassen und bin ins eiskalte Wasser gesprungen. Und habe mich auf eine Liaison mit einem lieben Freund eingelassen. Ganz zuversichtlich eigentlich, denn „Ich kauf ja nicht die Katze im Sack!“ Wir hatten die letzten Jahre als Freunde so viel Spaß miteinander, konnten herrlich miteinander lachen und uns auch gegenseitig stützen, wenn es uns mal nicht so gut ging – also was sollte da schiefgehen. Was hatten wir uns die Jahre über schon gegenseitig wegen unserer unglücklichen Beziehungen sprichwörtlich ausgeheult. Wir kannten uns schließlich in- und auswendig.
Derweil hatte sich auch vermeintlich dieses allseits bekannte Kribbeln eingestellt – ihr wisst schon, so mitten im Körper, wenn sich der Magen ständig zusammenzieht … Nun ja, wir gaben uns einfach mal unserer Verliebtheit hin. Beste Voraussetzungen eigentlich, aber die rosarote Brille verlor schnell ihre Wirkung und wir stellten fest, dass wir zwar tolle Freunde sind und super zusammen arbeiten können, aber zu einer Partnerschaft gehört halt doch ein bisschen mehr. Nichtsdestotrotz, wenn Not am Mann – oder an der Frau – ist, ist es doch praktisch, wenn man sich da gegenseitig ein bisschen aushelfen kann … Ich habe mittlerweile gelernt, das nennt man
„Freundschaft plus“ und ist der Trend in den 2020ern!
Was allerdings bleibt, ist die Sehnsucht nach einer echten Partnerschaft. Dem wohlig warmen Gefühl im Bauch. Jemandem, auf den man sich freut, wenn man heimgeht. Jemandem, der auf einen wartet – oder umgekehrt. Jemandem, mit dem man lachen, aber auch seine Sorgen teilen kann. Jemandem, mit dem man gerne seine Zeit verbringt und sich wünscht, zusammen alt zu werden.
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Jemandem, den man liebt und umgekehrt. Denn: Ich glaube an die Liebe. Und das ganz fest! Ihr wisst, was ich meine, oder? Womit wir wieder am Anfang sind oder besser gesagt, nun nahm alles seinen Anfang …
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Der Anfang vom Ende?
Da saß ich nun. Es war die Nacht meines 53. Geburtstags und ich hatte eben einen heftigen Streit mit meinem
„Freund+“, der mir ganz freundlich gesagt hatte, dass ich einfach zu anstrengend sei und er für so was (Beziehung, ich meine echte Beziehung) gerade keinen Kopf habe, weil er gerade so viele andere Projekte am Laufen habe. Aber – wenn er dann in zwei Jahren in Rente sei, werde alles anders. Dann könnten wir auch Zeit außerhalb der täglichen Arbeit miteinander verbringen. Mal einen Ausflug machen oder auch in Urlaub fahren. Und bis dahin müsse es nun mal so weitergehen wie bisher: sieben Tage nur mit dem Kopf bei der Arbeit und mit dem Körper natürlich auch! Ganz ehrlich? Nicht mit mir! Ich lebe ja schließlich heute und nicht erst in zwei Jahren. Und nun kommt meine kleine Tochter – sie ist nur klein, aber auch schon 20 – ins Spiel: „Finder doch einfach mal, macht doch heute jeder“, meinte sie vor ein paar Wochen so nebenbei. Und zeigte mir auf ihrer Plattform, wer da alles so unterwegs ist. Ich war erschüttert. Soooooo viele junge Menschen, die auf Partnersuche sind? Ich konnte und wollte es nicht glauben. Aber „Findern“ in meinem Alter??? Da können sich doch eigentlich nur irgendwelche Übriggebliebenen tummeln oder solche, die eine Affäre suchen oder eben nicht beziehungsfähig sind. Aber was habe ich dann eigentlich dort zu suchen? Ich würde mich weder in die eine noch die andere Schublade stecken wollen. Aber wenn ich mich dort herumtreibe, könnte es ja tatsächlich sein, dass dort auch andere normale Menschen, solche wie ich eben – und ob ich normal bin, ist eine berechtigte Frage – unterwegs
sind, die die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben und – so wie ich eben – an die Liebe glauben.
Hatte ich übrigens zwischendurch schon einmal aufgegeben. Jahrelang war mir gesagt worden, es käme darauf an, dann, wenn das Verliebtsein vorbeigeht, zu lernen, sich zu ertragen. Das sei dann die wahre Liebe, wenn man das schaffe bis zum bitteren Ende, also bis ans Ende des Lebens. Ich habe dann lieber nach jahrelangem vergeblichen Versuch des Ertragens gleich das andere Ende, sprich das Ende der Beziehung, vorgezogen – den bitteren Nachgeschmack überlasse ich dann doch lieber anderen. Und glaubt mir, das Ertragen praktizieren viele. Weil man ein gemeinsames Haus hat, die Kinder und vieles mehr. Da wohnt er dann im Keller und sie treffen sich grad mal zum Essen und gehen sich sonst aus dem Weg. Apropos Weg, so machte ich mich auf ebendiesen, die guten Wünsche meiner Ex-Schwiegermutter im Gepäck: „Du bist jung und kommunikativ genug, du wirst noch einmal jemanden finden!“ Dass sich das am Ende als sooooo schwer herausstellen würde, hätte ich allerdings niemals nicht gedacht. Denn hier genügt es gar nicht, jung und kommunikativ zu sein. Hier spielen noch ganz viele andere Faktoren mit. Beispielsweise die Liebe.
Ja, die Liebe. Das ist schon so eine Sache, die man leider nicht steuern kann. Da kennt man jemanden schon viele Jahre und ganz plötzlich ist es da, dieses Herzklopfen, wenn man jemandem gegenübersteht – und das, obwohl dieser Jemand so gar nicht in das eigene Beuteschema passt: adrett, wohlerzogen, gebildet, mit Niveau, sportlich, humorvoll, unternehmungslustig, die gleichen Interessen und Hobbys (wenigstens ein paar …) – ich habe Pferde in Selbstversorgung (das bedeutet viel Zeit) – fahre Motorrad und gehe sehr gerne wandern, vorzugsweise in den Bergen. Und ich liebe meine Jobs. Ja, davon hab ich grundsätzlich immer mehrere. Der Tag hat ja schließlich 24 Stunden und ich muss beschäftigt sein. Eigentlich bin ich so was wie ein Perpetuum mobile. Gut, man könnte jetzt sagen, das gibt es nicht, aber dann gäbe es mich auch nicht und – autsch – ich habe mich eben gezwickt, ich bin real. Und habe jetzt einen blauen Fleck. Mit einem notorischen Stubenhocker und CouchPotato könnte ich also nicht wirklich viel anfangen. Und was ist passiert? Ich sag nur Socken in Sandalen (geht eigentlich GAR NICHT), keine Esskultur, kein Interesse an Kultur, Pferden oder Mopeds geschweige denn, sich ein bisschen adrett zu kleiden. Die WC-Bürste ignorieren und, und, und, … sind dann tatsächlich nur noch die Kleinigkeiten, die auf Dauer zu permanentem Knatsch führen. Und auch sonst haben so viele NichtGemeinsamkeiten einfach so gar keine Chance auf Bestand. Aber warum spielt uns unser Körper dann immer wieder solche fiesen Streiche und lässt solche an sich doch auf Dauer sehr wichtigen Komponenten unbeachtet?
Weil er, unser Körper, sich nicht an unseren Wünschen und Vorstellungen orientiert, sondern einfach macht, was er will. Weil dieser eine Mann, der sonst gar nicht nach unserem Gusto ist, vielleicht das Potenzial hat, gerade im Moment mal eben unser Bedürfnis nach Sicherheit zu stillen, uns das Gefühl von Geborgenheit schenkt. Weil wir trotz aller äußeren konträren Umstände ähnliche Ansichten und Wertevorstellungen haben und toll zusammenarbeiten können. Weil wir ihn vielleicht auch schon lange kennen und sehr vertraut miteinander sind und er uns plötzlich das Gefühl gibt, jemand ganz Besonderes zu sein. Und nicht zuletzt, weil wir ihn als Mensch nicht nur gut leiden, sondern dummerweise tatsächlich auch noch gut riechen können. Und dann haben diese sogenannten „Glückshormone“ Dopamin, Serotonin und Oxytocin leichtes Spiel. Sie machen uns süchtig! Süchtig nach ihm, der Nähe, dem Sex – wir sind verliebt. Also so in etwa, glaube ich, könnte das funktioniert haben, wenn ich so zurückblicke … Und wenn sie dann irgendwann nachlassen, diese
Glückshormone, haben wir den Salat: Die rosarote Brille, die sie uns aufgesetzt haben, ist zerbrochen und plötzlich sehen wir wieder ganz klar: Socken in Sandalen beispielsweise …
Und so machte ich mir an meinem 53. Geburtstag eben dieses ganz persönliche Geschenk: einen Account bei Finder. Und mein erster Gedanke war tatsächlich: Männer shoppen – der Titel dieses Buches, aber die Idee zum Schreiben war da natürlich noch nicht geboren. Mal links „weg“, in den Abfalleimer gewischt, oder nach rechts in den, wie ich es immer gerne nenne,
„Warenkorb“. Und, wenn man Glück oder was auch immer hat, stimmt irgendwann irgendetwas überein und man hat ein Match. Und wenn man dann noch beginnt, miteinander zu schreiben, hört und erlebt man die herrlichsten oder auch grausigsten Geschichten. Übrigens: Richtig nette Kontakte und Freundschaften sind nicht ausgeschlossen.
Ja, das hat schon was: Man lümmelt ganz gemütlich, ungeschminkt und in ausgeleierter Jogginghose auf dem Sofa und kann sich ganz in Ruhe Männer anschauen. Männer aller Kategorien. Männer verschiedenen Alters. Und Männer in faszinierenden Posen. Während die einen vor allem Landschafts- und Tierbilder posten, ist es anderen sehr wichtig, so viel wie möglich von sich zu zeigen. Mein Auto, mein Boot, mein Haus, mein Pool, mein Body … sogar ganz Nackige springen da rum – kaum zu glauben. Dachte immer, nur Frauen hätten das nötig, sich so zu prostituieren … Aber gut. Meine große Tochter war entsetzt, als sie mitbekommen hat, dass ich nun auch online flirte: „Mama, da sind doch nur lauter Gestörte und Übriggebliebene unterwegs!“ Hm, ich war da, wie gesagt, ja eigentlich von mir ausgegangen: Bin, soweit ich das beurteilen kann, wie gesagt weder das eine noch das andere … Nein Quatsch – gestört bin ich auf alle Fälle, sonst hätte ich mich bestimmt nicht auf dieses Abenteuer eingelassen! Und glaubt mir, es wurde ein echtes Abenteuer!
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Und da war es auch schon: der erste Match! Und dann noch jemand, der mich doch tatsächlich schon von Facebook kennt und da auch mit mir befreundet ist und nur acht Kilometer entfernt wohnt. Wahnsinn, oder? Da lebt man jahrelang quasi Tür an Tür mit Gerhard und trifft sich nicht ein einziges Mal persönlich – aber was soll ich sagen, es scheint seinen Grund gehabt zu haben. Wir telefonierten recht schnell miteinander, stellten einige Gemeinsamkeiten fest und konnten es kaum erwarten, uns persönlich kennenzulernen. Die Betonung liegt in diesem Fall auf konnten. Nun gut, wir verabredeten uns spontan, schwätzten eine gewisse Zeit ganz nett miteinander und tasteten uns ab, um uns dann ganz sicher nochmals treffen zu wollen. Und zum Abschied dann natürlich gleich auch ein physisches Abtasten, sprich eine Umarmung, „Mann“ muss ja schließlich gleich wissen, wie „Frau“ sich anfühlt. Ganz ehrlich – ich steh’ da nicht wirklich drauf, immer gleich auf Tuchfühlung zu gehen, und halte mich hier entsprechend elegant zurück. Kam wohl nicht so gut an. Er ist heute noch auf Finder unterwegs – so wie ich auch – und wird mir immer wieder als passender Kandidat vorgeschlagen. Ich muss dringend etwas an meinen Einstellungen, aber natürlich nicht an meiner Einstellung ändern!
Optimistisch wie ich aber nun mal bin, habe ich mich von meinem ersten Reinfall nicht beeinflussen lassen und fröhlich weiter „geshoppt“ – und da war er schon, der nächste Match. Und ob ihr es glaubt oder nicht, es war schon wieder ein Gerhard. Als ob es keine anderen Vornamen gäbe. Habe bis dato übrigens nur zwei Besitzer dieses Namens gekannt – meine erste große Liebe und den Mann meiner Cousine – aber tatsächlich war das einer der Top-50-Namen der Jahrgänge, die meiner Zielgruppe angehören, zwischen 2006 und 2018 wurde er allerdings nur noch 120-mal vergeben! War das nun eher ein gutes oder ein schlechtes Zeichen? Wir werden sehen …
Ich finde es ja schon sehr spannend, wie man sich schreibt. Da gibt es die, die eher total flach unterwegs sind und mit denen man extrem zäh so ein paar typische Fragen und Antworten ganz sachlich hin und her schreibt wie „Wie lange bist du schon alleine?“, „Was machst du beruflich?“, „Hast du Kinder?“ … Oder sie schreiben dir nur, um dir ganz unverschämt zu sagen: „Du hast doch eh keine Zeit für eine Beziehung, was willst du eigentlich hier?“ Hoppla? Warum schreibst du mich dann überhaupt an? Und ja, wahrscheinlich hast du recht. Aktuell hab ich echt keine oder nur kaum Zeit, weil ich meine Tage gut gefüllt habe (mir wurde auch schon gesagt, mich mit Arbeit zugeballert, damit ich nicht nachdenken muss) und nicht Trübsal blasend alleine und verkümmert zu Hause auf dem Sofa sitze und darauf warte, dass ein Traumprinz wie du mich aus meinem Elend erlöst! Und schon ist er wieder aufgelöst, der Match! Und dann gibt es da diese anderen Unterhaltungen: spritzig, lustig, pfiffig, unterhaltsam, bereichernd und die Finger wollen gar nicht mehr aufhören, in die Tasten zu hauen. Zu schreiben und zu flirten, bis man dann endlich das erste Mal die Stimme des anderen hört und die Gespräche nun noch lebhafter werden und man es gar nicht mehr erwarten kann, den anderen endlich persönlich kennenzulernen. Sich endlich vis-à-vis gegenüberzustehen. Und dann? Dann kommt das böse Erwachen … Manchmal übrigens auch schon beim ersten Telefonat.
Aber kommen wir erst einmal zu Gerhard No. 2. Um die 60, schlank, supernette, offene sympathische Ausstrahlung – und natürlich GS-Fahrer. Sorry, nicht jeder weiß, was eine GS ist: ein Motorrad der Marke BMW, dem ich schon, seit ich 16 war, verfallen bin. Also Motorradfahren, ein gaaaaaanz wichtiges Kriterium. Hatte ich es doch eben erst wieder für mich entdeckt und wollte wenigstens eines meiner Hobbys – ihr erinnert euch? Motorradfahren, Pferde …. – mit meinem Neuen teilen. Sonst bleibt ja eh keine Zeit füreinander. Also Gerhard No. 2, ein supernetter Typ, ich nenne ihn für mich eher einen netten Herren – er wirkt nicht nur so, er ist auch ein Gentleman der alten Schule und ich freue mich wirklich sehr, ihn kennengelernt zu haben. Keine Anzüglichkeiten, nur niveauvolle und unterhaltsame Konversation. Erwachsen und souverän genug, auch über Gefühle zu sprechen. Es gibt sie also auch hier: ganz normale Menschen bzw. Männer auf der Suche nach der Liebe. Nix nur Bums-Portal, dieses Finder. Wobei, wenn Mann oder auch Frau danach sucht, kann man das hier natürlich auch finden. Kerzengerade. Eine Freundin hat mir die Tage erst erzählt, dass sie innerhalb kürzester Zeit von drei Typen Fotos ihrer „Schwänze“ (sorry, ich muss das jetzt hier so krass formulieren, mir fällt da einfach nix anderes dazu ein) zugeschickt bekommen hat mit der Bitte, doch ihr Gegenstück zurückzuschicken. Dabei ist und wirkt sie so gar nicht billig oder gar leicht zu haben – eher das Gegenteil. Aber vielleicht dachten die Typen da auch eher „Stille Wasser sind tief“? Jungs, denkt nicht so viel und lasst die Heringe in der Dose. Dieser Part ist wahrlich erst später dran – oder aber ihr geht hinter die Frauentormauer nach Nürnberg oder zur Rosi nach München. Unter 32168 herrscht da angeblich Konjunktur die ganze Nacht … Rein psychologisch betrachtet ist es aber tatsächlich so, dass Männer eher visuell veranlagt sind und sich sehr häufig über ihr bestes Stück definieren. Nur leider sind Frauen dagegen vielmehr emotional unterwegs und legen nur bedingt Wert auf solche Äußerlichkeiten (wissen sie zu gegebenem Zeitpunkt allerdings dann doch sehr zu schätzen. Aber alles zu seiner Zeit). Aber jetzt bin ich schon abgeschweift – sorry, das passiert mir öfter … Jetzt aber mal ein Tipp, ihr Lieben: Vergeudet eure Zeit nicht zu lange mit Schreiben – man kann sich zum einen so was von täuschen. Zum anderen ist das erste Sich-in-die-AugenBlicken tatsächlich noch mal was ganz anderes. Ich hätte nie gedacht, dass man am liebsten auf dem Absatz kehrt machen möchte, wenn man wem dann endlich gegenübersteht, wenn vorher am Telefon die
Schmetterlinge wie verrückt geflattert sind. Aber das ist eine andere Geschichte und wird ein bisschen später erzählt.
Gerhard No. 2 also, charmant, witzig und gar nicht so bieder und langweilig, wie ich auf den ersten Blick gedacht habe. Es war schon lustig, wir haben uns mit dem Motorrad zu einer kleinen Runde getroffen – der goldene Oktober meinte es gut mit uns – und er fuhr ganz souverän und gediegen voraus. Ich dachte mir nur immer wieder: „Gib doch mal ein bisschen Gas, Junge!“ Aber ja, mein Eindruck von ihm war eben „er ist ein älterer Herr“. Weit gefehlt – in seiner Freizeit fährt der Gute Rallye! Und heimwärts ging es dann auch ein bisschen flotter zur Sache. Das war bestimmt nicht das letzte Mal, dass wir zusammen unterwegs waren – nicht nur mit den Mopeds. Einmal trafen wir uns bereits zum Abendessen und hatten unterhaltsame Stunden, die wir auf alle Fälle wiederholen wollen. Und wenn auch nur, damit er mir von seiner neuen Bekanntschaft erzählt, und dem kleinen Funken, der da so sprüht. Bisher nur seinerseits leider – ich wünsche ihm so sehr, dass er sein Pendant findet:
„Einen Menschen, mit dem er viele schöne Erlebnisse und auch Hobbys teilen darf. Jemanden zum Anlehnen und Fallenlassen. Der ihm dennoch genug Raum gibt, er selber zu sein und sich auch mal zurückziehen zu dürfen. Eine Frau, die sich täglich darauf freut, zu ihm nach Hause zu kommen und umgekehrt. Und das am besten für den Rest seines Lebens.“ (Das hatte ich ihm die Tage mal am Telefon gesagt und er hatte mich gebeten, ihm diese Worte aufzuschreiben.)
Ja, ich bin wirklich dankbar, dass das „Hoch Gerhard“
(das war da nämlich gerade wirklich unterwegs) in mein Leben getreten ist und vielleicht bringt es wirklich die
Veränderung, die ihm nachgesagt wird …
Ach je – und dann gibt es da tatsächlich noch Gerhard No. 3. Nein, nicht aller guten Dinge sind drei – hier hätte ich meinen Account wirklich am liebsten sofort gelöscht. Aber ich glaube ja nach wie vor an das Gute! Alle zart betuchten Geister sollten diesen Absatz nun einfach übergehen, denn es übertrifft alle Erwartungen. Zumindest hat es meine mehr als übertroffen. Wie nenne ich ihn am besten: Aluhaubenträger, Coronaleugner, Impfgegner, …philer (ich bin noch am Suchen nach der richtigen Bezeichnung) oder tibetanische Gebetsmühle! Eins ist klar, sein Hirn hat definitiv eine Störung. Die muss es allerdings schon viele Jahre vor Corona erlitten
haben – vielleicht ist er sogar schon so gestört auf die Welt gekommen? Ich weiß es nicht und möchte es auch gar nicht wissen. Aber auch hier fing alles so nett an, sonst hätten wir ja gar nicht telefoniert. Ich telefoniere ja schließlich nicht mit jedem. Ist euch das eigentlich schon aufgefallen? Männer könnte man wahrlich viele haben, also ich meine, es wäre kein Problem, sich einen zu angeln. Wenn nur das doofe Herz nicht wäre … Aber jetzt bin ich schon wieder abgedriftet. Vielleicht bin ich auch einfach noch zu naiv (gewesen), das kann natürlich auch gut möglich sein.