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Peranticus weilt zu Besuch auf dem Wolkenschloss der Sturmwindfamilie. Als Bewahrer aller jemals erzählten oder aufgeschriebenen Märchen hatte er von der wundervollen Bibliothek der Winde erfahren. So kommt er auch in den Genuss der Geschichte um Mara und ihre Suche nach den fünf geheimen Büchern. Zu ihrem Erfolg haben einige Geschichten wesentlich beigetragen. Lassen wir uns also verzaubern von einem helfenden Feuerfunken, lesen wir ein paar Seiten zu wahrer Freundschaft, lernen wir zwei Brüder und zwei Schwestern kennen, die zum einen nicht an ein Ende der Welt glauben und zum anderen mehr als einen Weg in die Zukunft weisen. Wir erleben ein mutiges kleines Mädchen und einen jungen Mann, der seine Freunde wiederfinden will. Doch finden wir auch Verlust und Strafe. Aber dafür sind es Märchen, wo das Gute siegt - meistens jedenfalls. (Auskopplung der Märchen aus "Mara und die Suche nach den fünf geheimen Büchern")
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Seitenzahl: 147
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Der Schmied und der Feuerfunken
Vom armen und vom reichen Mann
Die zwei Brüder und das Ende der Welt
Die Insel der kalten Seelen
Mutter Ende
Die zwei Schwestern der Zukunft
Die Blume des Lebens
Der verschwundene Meister
Die Prinzessin und das kostbare Geschenk
Es klingelt an der Wohnungstür. Ich öffne mit Händen, die gerade noch Teig geknetet haben. Unser immer freundlicher und lächelnder Postbote überreicht mir einen dicken A4-Umschlag. Ich klemme ihn mir unter den Arm und lasse ihn im Wohnzimmer erst einmal auf den Tisch fallen.
Nach getaner Koch- und Backarbeit setze ich mich mit einer Tasse Kakao auf die Couch und komme endlich dazu, den Umschlag zu begutachten. Der Absender klingt schon sehr abenteuerlich. Da steht: Wolkenschloss, Ansprechpartner ist jeder Sturmwind, der an dein Fenster klopft.
Ich ziehe einen Stapel loser Bläter aus dem Umschlag. Oben auf liegt ein Brief für mich. Neugierig mache ich mich auch hier ans Öfnen. Ich falte das Blatt auseinander und plötzlich ist mein Wohnzimmer mit Glücksgefühlen angefüllt, so wie die immer randvolle Keksdose meiner Lieblingsoma.
Liebste Freundin,
da ich hier wo ich mich gerade befinde, leider noch unabkömmlich bin, kommen meine neuesten Geschichten heute ausnahmsweise mit der Post zu dir. Ich habe mir erlaubt, die für mich interessantesten einmal für Dich niederzuschreiben. Diese einzigartige Bibliothek hier ist bis unter die Decke voll mit wunderbaren Werken der Erzählkunst.
Alle diese Märchen gehören zu einer noch phantastischeren Geschichte, die mir Vater Sturmwind so häppchenweise am Abend erzählt.
Ich hoffe, ich kann Dir ein paar vergnügliche Stunden mit dieser Lektüre verschaffen. Wenn Du beim Lesen etwas köstlichen Rebensaft trinkst und ein paar Stücke meiner Lieblingsschokolade dazu naschst, wäre mir das Dank genug
Im Finden und Lesen vorzüglicher Geschichten tief verbunden grüßt Dich aus vollstem Erzählerherzen
Dein Peranticus PS: Lege die Blätter bitte in meine Truhe, wenn Du sie gelesen hast.
Der verbleibende restliche Tag fühlte sich unendlich an. Doch schließlich wurde es Abend.
Gerne lasse ich mir von euch über die Schulter schauen und wünsche uns gemeinsam viel Freude beim Lesen der neuen Geschichten von meinem lieben Freund, dem Geschichtenfinder und -bewahrer Peranticus.
Es war einmal ein junger Schmied, der seine Arbeit über alles liebte. Jeden Morgen entzündete er voller Freude sein Feuer und schaute zu, bis es hell und fröhlich loderte. Dann machte er sich an seine Schmiedearbeiten. Er schmiedete Messer, Säbel, Hufeisen. All sein Können steckte er in jedes einzelne seiner Werke. Seine Arbeiten waren ausgezeichnet. Die Menschen kamen von weit her, um ihn zu beauftragen. So blieb es auch nicht aus, dass der König des Landes von ihm hörte. Er beschloss, den Schmied zu besuchen, um ihn bei der Arbeit erleben zu können. Der Schmied ließ sich nicht von der Person und dem Gefolge beeindrucken.
„Was ist dein Begehr, mein König?“
„Ich hörte von deiner Kunstfertigkeit. Ich bitte um ein Beispiel. Schmiede mir einen Degen, dünn und leicht, biegsam in der Hand, aber scharf und unbeugsam am Gegner. Bring ihn mir persönlich, wenn er fertig ist.“
Der Schmied legte alle Arbeit zur Seite und dafür all sein Können und seine Leidenschaft in den Degen für den König. Er arbeitete Tag und Nacht, um seinen König nicht warten zu lassen. In der dritten Nacht überkam den jungen Schmied jedoch die Müdigkeit. Er legte Werkzeug und Werkstück zur Seite.
„Nur kurz werde ich mich ausruhen.“
Irgendwann spürte der Schmied eine nahe Wärme und einen hellen Lichtschein. Er öffnete die Augen und erblickte einen Feuerfunken, der lustig über den Degen tanzte.
„Wer bist du denn?“
Der Funke war nicht überrascht.
„Hallo Wilken, ich bin der Feuerfunke aus deinem Schmiedefeuer.“
„Wieso sprichst du und was hat das zu bedeuten?“
„Das Sprechen ist einfach. Das Schweigen ist da bei weitem schwieriger. Hast du dich nie gefragt, warum alle deine Arbeiten so überdurchschnittlich gut sind? Dabei will ich deine Kunstfertigkeit überhaupt nicht in Frage stellen.“
Der Schmied schüttelte den Kopf.
„Dann hat dir dein Vater nie davon erzählt?“
Wieder sah er nur ein unverständliches Verneinen des jungen Mannes. Der kleine Feuerfunken setzte sich auf den Degen und ließ die Beine baumeln.
„Das ist typisch für ihn. Er hat nie viele Worte gemacht. Schon gar nicht, wenn er helfen konnte.“
„Mein Vater war eher ein schweigsamer Mann, das stimmt. Bei ihm sprach lieber der Hammer.“
„Ich bin als der Feuerfunke der Geist des Feuers und in dieser Gestalt zeige ich mich euch Menschen. Vor vielen Jahren, da war dein Vater so jung wie du jetzt, gab es eine große Feuersbrunst im Land. Der damalige König verbot daraufhin allen Menschen die Nutzung des Feuers und jeglicher Funke sollte ausgelöscht werden. Für ihn, deinen Vater, hätte das bedeutet, dass er seiner Schmiedekunst ade sagen muss. So bin ich ihm erschienen und habe ihn um Hilfe gebeten. Er war dazu bereit. Er schmiedete einen Eisenblock und bearbeitete ihn so, dass er aussah wie ein Stück Holz. Der Block war innen hohl. Bevor er unser Feuer löschte, gab er in das Versteck Holz hinein. Lange Zeit habe ich darin verbracht und dein Vater hat unter schwierigsten Bedingungen immer etwas Holz gefunden und mich so am Leben erhalten. Wir schmiedeten schon Pläne, was für ein lustiges Wortspiel, also wir wollten von hier fort gehen und ein Land suchen, wo das Feuer erlaubt und geehrt wurde. Da starb der König und sein Sohn, dein jetziger König, bestieg den Thron. Er hob das Verbot des Feuers auf, hatte er doch erkannt, wie lebenswichtig es für uns alle ist. Wir erfuhren später, dass im Schloss immer Feuer gebrannt hatte; in den Kaminen, um zu wärmen, in der Küche zum Kochen.
Der junge König damals hatte begriffen, dass sich sein Reichtum schmälerte, wenn seine Untertanen hungrig waren und nicht arbeiten konnten, um ihre Steuern zu bezahlen. Wie auch immer, seitdem bekommt jedes geschmiedete Teil in dieser Schmiede von mir eine extra Befeuerung. Deshalb sind Messer, Degen, Säbel und andere Schnittwerkzeuge so hart und widerstandsfähig.“
Der junge Schmied hatte aufmerksam gelauscht.
„Warum bist du noch hier?“
„Ich habe deinem Vater versprochen, auf dich zu achten. Deshalb siehst du mich jetzt auch. Wenn du morgen zum König gehst, nimm das eiserne Stück Holz mit mir mit. Darum bitte ich dich.“
„Na, meinetwegen, ja doch , du lustiger Funkenflieger.“
Am nächsten Morgen packte der junge Schmied seine Sachen, verpackte den Degen für den König sehr sorgfältig und zog los. Er war erst wenige Meter gelaufen, als ihm einfiel, dass er den Funken vergessen hatte. Er eilte zurück, suchte im angebrannten Holz den Metallscheit, befüllte ihn mit Holz und zündete ihn an. Aus der Glut sprang der Feuerfunke hervor.
„Ich dachte schon, das wird nichts!“
Er schlüpfte in sein Versteck, welches der Schmied sicher verschloss.
So wanderte er zum König und überreichte ihm seine Arbeit. Der König veranstaltete einen Übungskampf und zeigte sich sehr erfreut.
„Du bist wahrlich ein Meister deines Faches. Ich lade dich heute Abend an meine Tafel ein.“
Freudig dankte der Schmied für den guten Lohn und die Einladung. Wie konnte er auch nur ahnen, was der König im Schilde führte.
So nahm der Schmied am Abend an der königlichen Tafel Platz. Von allen Seiten wurde er mit Lob überhäuft. Jeder der Würdenträger stieß mit ihm auf sein Wohl an. Er war mit dem Verstand bei den Gästen. Seine Augen und sein Herz hatten aber eine andere Person entdeckt. Die Augen hatten sie gesehen und sofort sein junges Herz in Liebe entflammen lassen. Ab diesem Augenblick gehörte das Herz mit der heiß lodernden Flamme der Liebe der Tochter des Königs. Auch diese konnte den Blick nicht von unserem stattlichen Schmiedeburschen nehmen.
Ihre Augen waren so blau wie der Himmel über seinem Dorf, ihr Haar so Gold leuchtend wie die Weizenfelder kurz vor der Ernte. Ihr Lächeln war so warm wie die Glut seines Feuers am Abend.
Ja, der Schmied hatte sich verliebt und diese Liebe wurde erwidert. Er musste noch oft anstoßen und hörte noch viele Artigkeiten über sich und seine Arbeit. Die Prinzessin hatte sich bald nach dem Essen zurückgezogen. Erst am frühen Morgen endete das Gelage.
Als der Schmied nach Stunden erwachte, fand er sich auf einem einfachen Lager in einer Schmiede wieder. Allerdings erhellte kein Tageslicht den Raum. Er lief umher, klopfte an die Tür, rief laut nach jemandem, der ihn aufklären könnte. Nach langer Zeit hörte er Schritte und Stimmen, die vor der Tür verhielten. Die Tür wurde geöffnet und der König erschien.
„Nun, Schmied, ich hoffe, du hast gut geruht. Die Arbeit ruft!“
„Was für eine Arbeit und wo bin ich? Ich möchte wieder nach Hause in meine Schmiede.“
„Du musst verstehen, dass das nicht geht, Schmied. Ich kann nicht zulassen, dass andere eben solche großartigen Waffen bei dir erwerben können. Ab sofort arbeitest du nur für mich. Schmiede mir Degen, Säbel, Dolche, Schilde, Speere und sorge dafür, dass alle so gut sind wie dein Probestück.“
Damit verließ der König den Raum. Herein gebracht wurde alles Material, was der Schmied zur Arbeit brauchte. Ein Diener brachte ihm dann auch zu essen und seinen Rucksack, den er freudig dankend in Empfang nahm. Der Rucksack war durchwühlt worden. Doch sein geheimes Holzstück war nicht auf Interesse gestoßen. Der Schmied öffnete es und sogleich erschien der Funken. Der junge Schmied klagte ihm sein Leid.
„Ich kann nicht nach Hause in die Schmiede. Er sperrt mich hier ein, ohne Sonne und ohne Himmel. Ich soll nur noch für ihn arbeiten. Und das Schlimmste – ich werde die Prinzessin nie wiedersehen.“
„Dann brauchen wir einen Plan. Wir werden einen Weg finden, wie du von hier entkommen kannst. Bis dahin mach dich an die Arbeit. Tue sie so gut du kannst.“
Wilken begann mit der Arbeit. Er war fleißig. Trotz aller widriger Umstände liebte er seine Arbeit über alles. Der Feuerfunke verlieh den Waffen den letzten feurigen Feinschliff und so wurde jedes einzelne Stück ein Meisterwerk. Der König kam oft vorbei, um die Leistungen des Schmiedes zu begutachten. Bei einem der Besuche war der Zeremonienmeister sein Begleiter. Während sich der König in der Schmiede umsah und die eine oder andere Waffe kurz zur Hand nahm, sprach der Zeremonienmeister weiter.
„Die Einladungen sind versendet, Eure Majestät. Das Festmahl wird vorbereitet und auch an die Lieblingsspeise der Prinzessin ist gedacht. Die Gaukler erhielten Botschaft und treffen pünktlich am Vorabend des Geburtstages der Prinzessin ein.“
„So ist alles gut vorbereitet?“
„Gewiss Eure Majestät.“
„Sind die Einladungen an die Prinzen und Könige versendet?“
„Auch das ist zu Eurer vollsten Zufriedenheit erfolgt.“
Mit einem gnädigen Lächeln verließ der König die Schmiede.
„Hast du gehört, Funke, die Prinzessin hat Geburtstag.“
„Das wäre eine gute Gelegenheit, sich in Erinnerung zu bringen. Wie wäre es mit einem Geschenk für sie?“
„Ein Geschenk? Von mir? Wo sollte ich, der ich nicht von hier fort komme, ein Geschenk für die Prinzessin finden?“
„Nun, was hältst du davon, ihr selber ein Geschenk anzufertigen?“
„Du meinst, so was hier, eine Waffe?“
„Vielleicht etwas kleiner, feiner, geschaffen für eine zarte Frauenhand?“
Der Schmied sah den Funken an, der über die Holzscheite im Schmiedefeuer hüpfte. Dabei verbreitete sich langsam ein Lächeln über seinem sonst so ernsten Blick.
„Ein kleiner Dolch für eine Dame. Eine gute Idee. Doch meinst du, der König wird zulassen, dass die Prinzessin ein Geschenk von mir bekommt?“
„Das ist alles eine Frage der Perspektive. Verkauf dem König die Idee als seine. Lass ihn das Geschenk überbringen, als seines.“
„Dann erfährt sie doch aber nicht, dass es von mir ist?“
„Das wiederum liegt in deiner Vorstellungskraft. Zum einen wird sie wissen wollen, wer so ein wundervolles kleines Kunststück gefertigt hat. Zum anderen musst du es so arrangieren, dass sie eine Botschaft bekommt. Vor aller Augen, eine, die nur sie verstehen wird.“
„Das klingt ziemlich verrückt.“
„Ist es deshalb schlecht?“
„Nein, du hast meinen Wettbewerbsgeist geweckt. Ein Geschenk mit einer Botschaft, sichtbar für alle und lesbar nur für meine Liebste.“
Der Schmied begann mit der Arbeit. Beim nächsten Besuch des Königs sprach er ihn darauf an.
„Mein König, ich hörte vom bevorstehenden Geburtstag der Prinzessin. Habt ihr schon über ein Geschenk für sie nachgedacht?“
„Oh, sie wird sehr viele schöne Geschenke von all den Gratulanten erhalten.“
„Was aber, wenn Ihr, Eure Majestät, ihr ein Geschenk überreichen würdet, was Eure Tochter nicht nur freuen und überraschen würde, sondern Euch in den Augen der anderen Herren, Prinzen und Könige wegen der Brillanz des Geschenkes sehr viel Bewunderung einbringen würde?“
„Meine Neugier ist geweckt, Schmied. Was ist es, was mich so glücklich machen würde und äh, natürlich meine Tochter?“
Der Schmied ging zur Werkbank und brachte einen kleinen, leichten, für eine Frauenhand vorzüglich zu händelnden Dolch, in einer Scheide, hervorragend bearbeitet. Die Scheide zeigte ein Schloss an einem blühenden Feld, darüber die Sonne und eine Wolke.
„Warum dieses Bild?“
„Das soll Euer Reich darstellen, mein König. Euer Schloss über allem, reiche Ernte durch Sonne und Regen.“
„Sehr gut. Fürwahr eine gute Idee.“
Der König zog den Dolch aus der Scheide. Die Klinge war sehr fein verarbeitet. Auf ihr befand sich ein Schriftzug. Da stand: In tiefer Liebe.
Der König deutete darauf.
„Was soll das?“
„Eine feine Klinge haben alle eure Schwerter und Messer. Mit Verlaub, Eure Majestät. Ein besonderes Geschenk benötigt eine Besonderheit.“
„Das ist richtig, Schmied. Für meine Tochter nur das Beste.“
„Mein König, so habt ihr Eurer Liebe zu Eurer Tochter Worte verliehen, ewige Worte.“
Wilken senkte den Kopf, um seine Erregung zu verbergen. Der König nahm das als eine Geste der Demut.
„Deine Idee gefällt mir. Wir werden das Ganze noch vergolden. Schaffst du das bis morgen?“
„Selbstverständlich Herr!“
Wie vom Schmied vorhergesagt, überstrahlte das königliche Geschenk alles andere. Die Prinzessin bewunderte die Form und Leichtigkeit der Waffe. Sie betrachtete das Bild und las die Worte.
„Vater, woher hast du diese Kostbarkeit? Wer nur ist in der Lage, so etwas anzufertigen?“
„Nun, Kind, dieses so einzigartige Teil hat mein Schmied für dich gefertigt.“
„Ein Schmied kann so zart arbeiten mit seinen groben Händen? Das kann ich nicht glauben!“
Der stolze Vater rühmte den Schmied in vollen Tönen.
„Darf ich ihn einmal besuchen, um zu sehen, ob er es wirklich vermag und mir ein paar deiner Waffen ansehen?“
Der König war völlig aus dem Häuschen. Seine Tochter wollte seine Waffen begutachten.
So führte der König seine Tochter in den Turm, stieg mit ihr die Treppe hinunter in das Kellergeschoss und öffnete die schwere Tür zu den dunklen Räumen der Schmiede, wo nur das lodernde Schmiedefeuer ausreichend Licht bot.
„Wieso lässt du den Schmied hier arbeiten, Vater? Im Keller und fernab des Tageslichtes?“
„Das Schmieden macht Lärm.“
Die Tür öffnete sich und da stand sie vor ihm. Die Prinzessin, seine Liebe, seit dem Moment, als er sie das erste Mal erblickt hatte. Die Prinzessin erkannte ihn nicht sofort. Doch als er bei seinen Erklärungen dann näher ans Feuer trat, sah sie in seine Augen. Das Erinnern blitzte auf wie ein einsamer Sonnenstrahl durch dunkle Regenwolken und auch die Prinzessin verspürte die Liebe, die damals zwischen ihnen geboren wurde.
„Du hast ein sehr schönes Bild auf die Scheide geschlagen.“
„Es freut mich, dass es euch gefällt. Es zeigt das Reich und die gelben Weizenfelder und den blauen Himmel. Hier, seht ihr?“
Kurz, ganz kurz nur, berührten sich ihre Hände.
„Auch die Schrift kannst du mit deinen Werkzeugen so fein auf das Metall aufbringen?“
„Ich zeige es euch hier an diesem Probestück. Wie heißt Ihr?“
„Josefine.“
Der junge Schmied beruhigte sein laut und hart schlagendes Herz. Sobald er das Werkzeug zur Hand nahm, kamen Sicherheit und Konzentration zurück. Mit Sorgfalt schlug er auf das Metallstück ein und staunend sah die Prinzessin, wie unter den Schlägen die einzelnen Buchstaben ihres Namens entstanden.
Der Schmied schnitt die Platte, so dass nur der Name übrig blieb. Er schliff die Kanten ab. Dann nahm er zwei lange dünne Stäbe, erhitzte sie im Feuer, verdrehte sie umeinander, so dass sie aussahen wie eine Kordel. Dann befestigte er die Platte daran.
„Oh, wie wundervoll!“
„Gebt mir euren Arm, Prinzessin.“
Der Schmied legte ihr den Reif um das Handgelenk. Einen Augenblick lang, einen Atemzug, hielten sie einander fest.
Der König, der die beiden allein gelassen hatte, kehrte in die Schmiede zurück.
„Nun, Kind, hast du alles gesehen?“
Die Prinzessin warf ihren Ärmel über den Armreif. Der Schmied stand mit dem Gesicht zum Feuer von ihr entfernt. Er war blitzschnell ein paar Schritte zurück gesprungen.
„Hab Dank Schmied, für deine Zeit und dein Geschenk.“
Ist es nicht großartig, wie man Worte setzen kann und jeder, der sie hört, versteht etwas anderes?
Die Prinzessin gab vor, müde zu sein und lief in ihre Gemächer. Sie betrachtete wieder und wieder das Bild auf der Scheide, strich über die Worte auf der Klinge. Sie nahm den Armreif ab und betrachtete ihn von allen Seiten. Sie drehte ihn in der Hand. Was war das? Noch mehr Buchstaben auf der Platte? Ja, sie hatte sich nicht geirrt. Auf der Rückseite fand sie ebenfalls einige Buchstaben.
„Wilken. So heißt du, meine Liebe, Wilken.“
Hielt der König Rat, war die Prinzessin im Keller. Ritt er zur Jagd, verbrachte sie die Zeit in der Schmiede.
„Mein Herz, ich muss fort von hier. Bin ich bei dir, so bringt mich die Sehnsucht nach meinem Zuhause um.“
„Lass uns fliehen. Ich komme mit dir.“
So war es beschlossen und nur noch ein durchführbarer Plan wurde gebraucht.
Der König hatte eine Schlacht verloren. Laut, böse und ungnädig stürzte er im Schloss umher. Schließlich landete er auch beim Schmied.
„Deine Waffen sind gut, aber nicht gut genug. Deine Schwerter sind scharf, aber nicht scharf genug. Deine Schilde sind gut, aber nicht groß genug!“