Mein buntes Buch: Naturschilderungen - Hermann Löns - E-Book
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Mein buntes Buch: Naturschilderungen E-Book

Hermann Löns

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Beschreibung

In "Mein buntes Buch: Naturschilderungen" entführt Hermann Löns den Leser auf eine faszinierende Entdeckungsreise durch die deutsche Natur. Mit seiner lyrischen Prosa und plastischen Bildsprache fängt er die Schönheit und Vielfalt der Landschaften ein und erweckt Flora und Fauna zum Leben. Dieses Werk, das in einer Zeit entstanden ist, als das Gefühl der Naturverbundenheit stark ausgeprägt war, thematisiert nicht nur äußere Beobachtungen, sondern tiefere emotionale Resonanzen und menschliche Erfahrungen im Einklang mit der Natur. Hermann Löns, ein Schlüsselfigur der deutschen Naturliteratur des frühen 20. Jahrhunderts, war geprägt von seinen eigenen Erlebnissen in der norddeutschen Heimat. Als passionierter Wanderer und Naturbeobachter war die Liebe zur Natur eine treibende Kraft in seinem Schaffen. Seine Erlebnisse und seine tiefe Verwurzelung in der ländlichen Kultur spiegeln sich in seinen Beschreibungen und Analysen der natürlichen Umgebung wider und verleihen dem Text eine authentische Stimme. "Mein buntes Buch" ist eine unverzichtbare Lektüre für Naturfreunde und Literaturenthusiasten gleichermaßen. Es lädt dazu ein, die eigene Naturverbundenheit neu zu entdecken und die Schönheit alltäglicher Szenerien zu schätzen. Löns' eloquente Sprache und seine Fähigkeit, Emotionen mit der Natur zu verknüpfen, machen dieses Buch zu einem zeitlosen Klassiker, der auch heute noch berührt und inspiriert.

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Hermann Löns

Mein buntes Buch: Naturschilderungen

 
EAN 8596547069690
DigiCat, 2022 Contact: [email protected]

Inhaltsverzeichnis

Der Feldrain.
Der Waldrand.
Das Genist.
Die Frühlingsblumen.
Der Porst.
Der Baumgarten.
Die Kirchhofsmauer.
Die Moorwiese.
Die Schlucht.
Die Heide.
Der Fluttümpel.
Der Windbruch.
Der Bergteich.
Die Marsch.
Der Haselbusch.
Das Bergmoor.
Der Bach.
Der Überhälter.
Der Feldteich.
Der Bergwald.
Der Eisenbahndamm.
Das Brandmoor.
Der Quellbrink.
Die Durchfahrt.
Die Böschung.
Die Kiesgrube.
Die Dornhecke.
Der Fichtenwald.
Die Strohdieme.
Die Ebereschen.

Der Feldrain.

Inhaltsverzeichnis

Mitten durch die Feldmark zieht sich ein Rain neben dem Koppelwege hin. Wenn ich nicht Zeit habe, den fernen Wald aufzusuchen, gehe ich hierhin. Gestört werde ich von Menschen nicht. Die ziehen die Anlagen vor. So kann ich, gegen die Böschung gelehnt, meine Gedanken mit den Lerchen emporflattern lassen, so viel ich will.

Im Sommer, wenn die Frucht hochsteht und die Ränder der Felder von bunten Blumen starren, ist es hier viel schöner als jetzt. Anderseits sieht man jetzt alles das, was aus der Erde schießt und sprießt und darüber kreucht und fleugt, mit dankbareren Augen an als späterhin, wenn alles üppig grünt und blüht.

Auf dem Grabenanwurfe, neben den halb verblühten Blumen des Huflattichs in ihrer orangeroten Farbe, schieben sich die Blütenstände des Schachtelhalmes aus den Lehmschollen, seltsam anzusehen. Einst beherrschten riesenhafte Schachtelhalme die Erde; jetzt sind sie niedrige Ackerunkräuter.

Sonst ist noch wenig Grün hier zu sehen außer den roten Taubnesselblüten zwischen der üppig wuchernden Luzerne, in der hier und da kräftige Ackerehrenpreispflänzchen ihre himmelblauen Blümchen leuchten lassen. Auf den kahlen Stellen reckt das Hungerblümchen seine winzigen Blüten, da kriecht der blaß blühende efeublättrige Ehrenpreis, und Mastkraut und Vogelkreuzkraut, diese Dauerblüher, haben sich wieder geschmückt, so gut sie es vermögen. Auch die Maßliebchen auf der Trift, die noch im Weihnachtsmonde blühten, entfalten ihre weißen Sterne. Die Löwenzahnblumen sind erwacht.

Die Lerchen trillern, in der Linde hinter mir singt der Goldammer sein zärtliches Liedchen, und vor mir auf den Schollen zwitschert ein Hänflingshähnchen. Prächtig leuchtet in der Sonne sein purpurner Scheitel und die rosenrote Brust. Es kümmert sich nicht um den Turmfalken, der über dem Kleestücke nach Mäusen rüttelt. Ein Bachstelzenpärchen kommt angeschwenkt. Der Hahn macht der Henne auf ganz schnurrige Weise den Hof. Fort sind die beiden. Grünfinken, Gierlitze und Distelfinken schnurren laut lockend vorüber und fallen auf der Brache ein, hinterher kommt, fröhlich lärmend, ein kleiner Zug Feldspatzen, dann ein Trupp Buchfinken.

Alle Augenblicke meldet sich neues Leben. Ein Star läßt sich auf der Linde nieder, klappt mit den Füßen, pfeift, quietscht, quinquiliert ein Weilchen und fliegt dem Dorfe zu. Seinen Platz nimmt der Grauammer ein, rasselt sein blechernes Lied herunter und streicht dann plump mit herabhängenden Füßen ab. Dann hüpft ein alter, tiefschwarzer Rotschwanzhahn auf dem Steinhaufen herum, fortwährend die rostroten Schwanzfedern zittern lassend und einen Knicks nach dem anderen machend, bis ein laut heranburrendes Feldhuhnpaar ihn verscheucht. Herrisch ruft der Hahn und rennt hochaufgerichtet der geduckt dahin trippelnden, schüchtern lockenden Henne nach, sie in die hohen Schollen des Sturzackers treibend.

Ich sehe den vielen Saatkrähen nach, die heiser krächzend der Marsch zufliegen, den Dohlen, die lustig rufend über die Felder taumeln, und dem Steinschmätzer, der über dem Rande des Steinbruches wie albern herumflattert und dabei ganz schnurrige Töne zum besten gibt. Plötzlich läßt er sich jäh abfallen, und auch der Goldammer bricht sein Liedchen in der Mitte ab und huscht in den Schlehbusch hinein. Der Wutschrei der Rauchschwalben warnte beide, und so kam der Sperber zu spät. Gestern schlug er dicht vor mir eine Lerche, und vor einigen Tagen holte er einen lustig pfeifenden Starmatz von der Eiche. Leben und Tod sind dicht beieinander auf der Welt.

Aus den Weidenbüschen des alten Steinbruches tönt der Ruf des Laubvögelchens hervor, und auf dem verfallenen Schuppen quietscht der Rotschwanz mühsam sein Liedchen aus der Kehle. Fremde Laute erschallen, bald rauh, bald weich, scheinen näher zu kommen, entfernen sich und sind wieder dichter bei mir. Hundert Kraniche und mehr ziehen unter dem Himmel gegen Abend hin, unaufhörlich rufend. In derselben Höhe kommen zwei Gabelweihen angestrichen, ebenfalls nordwärts reisend, und darauf vier Bussarde. Dann erschallen Flötentöne, weiche, und ein Dutzend Brachvögel fallen auf der Saat ein, stelzen kopfnickend dort umher, erheben ihr Gefieder aber bald wieder und eilen weiter.

Lange sehe ich zwei Hasen nach, die bald die Häsin treiben, bald aneinander geraten und sich backpfeifen, und freue mich an dem Haubenlerchenpärchen, das über den festgetretenen Fußweg trippelt, bis es neben mir im Grase raschelt und sich erst ein rosenrotes Rüsselchen und zwei gleichfarbige, breite, scharf bekrallte Händchen und dann ein schwarzbepelztes Köpfchen hervorwühlt. Ein Maulwurf ist es; eilfertig wuselt er unter dem Raine her. Ein zweiter folgt ihm, ein dritter, und dann gibt es ein grimmiges Gebeiße und ein giftiges Gezwitscher zwischen den beiden letzten Schwarzröcken, denn es sind Männchen, und das erste, das sich jetzt hurtig unter den Bocksbeerranken eingräbt, ist ein Weibchen. Hinter ihm her huscht das Männchen, das bei dem Kampfe obsiegte. Das andere aber putzt sich das arg zerbissene Schnäuzchen und watschelt trübselig seinem Loche zu, in dem es langsam versinkt.

Ich bin zu faul, mich wieder umzudrehen, und so bleibe ich mit den Augen in der Nähe kleben. Da ist ebensoviel zu sehen wie in der Ferne. Prachtvolle Erdbienen mit tiefpurpurnen Brustschildern und goldgelb behaarten Leibern sonnen sich auf den kahlen Lehmschollen, ein schwarzes Herrgottskäferchen mit roten Tupfen erklimmt einen Halm und fliegt von dessen Spitze in die Welt hinein, und ein langer, dicker, dunkelblauer Ölkäfer gräbt langsam und bedächtig ein Loch, um darin seine unzählbaren Eier abzulegen. Eine Unmenge winziger Lärvchen wird daraus hervorschlüpfen, die Blumen erklimmen und warten und warten, bis eine Biene ankommt, die sie zu ihrem Neste trägt. Wer von ihnen dieses Glück nicht hat, muß elend umkommen. Und auch die, die in ein Bienennest gelangt, aber kein Bienenei findet, geht zugrunde. Von den vielen Tausend werden nur ganz wenige zu Käfern. Der Tautropfen, der sich in dem Blattquirle des Wegerichs gehalten hat, lockt eine dicke, schwarze, mit Gold verbrämte Hummel heran. Sie läßt sich nieder, steckt den Rüssel in das Wasser und saugt sich satt. Ein Mistkäfer, der über ihr herumkrabbelt, verliert den Halt und kullert an sie heran. Unwillig brummt sie und reckt die Vorderfüße drohend gegen den Störenfried, der sich mühselig wieder auf die Beine hilft und weiter kriecht. Ein großer, goldgrüner, blitzblanker, schön geriefter Laufkäfer hastet von Scholle zu Scholle, in jede Ritze den Kopf steckend. Jetzt stößt er auf eine Graseulenraupe. Er beißt sie hinter den Kopf und in das Hinterende, läßt sie liegen und rennt weiter, bis er einen Regenwurm antrifft, mit dem er es ebenso macht. Um die Feuerwanzen, die an den üppigen Wurzeltrieben der Linde saugen, kümmert er sich aber gar nicht; ihre grellen Farben werden ihn wohl abschrecken.

Die Sonne prallt nur so gegen den Rain. Ich meine es sehen zu können, wie sich die Blattüten der Brombeere auseinander wickeln, und während ich hier liege, hat die Taubnessel schon Dutzende von ihren Blüten aufgeklappt, die vorhin noch geschlossen waren, und ladet die Bienen, Hummeln und Schwebfliegen ein, sich gütlich zu tun. Auch der gelbe Ackerstern, der eben noch nicht sichtbar war, leuchtet jetzt grell aus dem alten Laube hervor, sehr zur Freude eines winzigen Bienchens, das sich darin niedergelassen hat. Überall huschen flinke, blanke Käferchen und rennen gelbe und braune Ameisen umher, bis sie die von dem Laufkäfer getötete Raupe entdecken, sich daran machen, sie auszuhöhlen und Fetzchen um Fetzchen nach ihrem Neste unter den jungen Rainfarrenblättern zu schleppen. Zwei Schmetterlinge, kleine Füchse, spielen vorüber, und von der anderen Seite ein Morgenrotfalter, der nach den Wiesen hin will, wunderbar anzusehen mit den rosig leuchtenden Spitzen seiner Schwingen. An der Grabenpfütze, die vom letzten Nachtregen hier stehenblieb, läßt sich eine Biene nach der andern nieder, saugt sich voll, putzt sich den Rüssel ab und summt von dannen.

Plötzlich plumpst ein langer, ganz in blauen Stahl gekleideter Raubkäfer zwischen den Bienen nieder, die drohend ihre Stacheln herausstrecken, sich aber beruhigen, wie der Käfer ihnen aus dem Wege geht. Hastig huscht er dahin, den Hinterleib im Bogen aufwärts gekrümmt, die gefährlichen Zangen weit geöffnet. Jetzt hat er die große graue Fliege entdeckt, die infolge ihrer verkrüppelten Flügel unbehilflich auf derselben Stelle umherhopst. Blitzschnell dreht er sich um, starrt einen Augenblick nach ihr hin, macht einen Sprung und greift sie. Sie zirpt jämmerlich, aber er zerrt sie unter den Vorhang, mit dem der Gundermann ein Mauseloch halb verdeckt hat.

Unglaublich viel ist hier zu sehen. Wenn ich auch nicht, wie gestern den Hamster, und wie vorgestern das Wieselchen zu Gesicht bekomme, ja noch nicht einmal den Raubwürger, wie ein anderes Mal, es ist schon so schön, nur das junge Kraut zu betrachten, das aus dem gelben Boden drängt, die Blattrosen des Löwenzahns, keine der anderen gleich, die Unmenge von Knöterichkeimlingen im Graben, die protzige Fetthenne, den grüngelben Blattstern der Wolfsmilch, die silbernen Fingerkrautblüten, kaum halb erschlossen und vor allem die üppige Weizensaat, leuchtend in der Sonne.

Eine weite grüne Fläche, hinter der sich drei purpurrot blühende Pappeln in den blauen Himmel recken, warme Sonne und Lerchengesang; ist das nicht allein genug für mich, um ihn lieb zu haben, den Platz am Feldrain?

Der Waldrand.

Inhaltsverzeichnis

Die Sonne bescheint freundlich den Waldrand.

Gestern schien sie heller als heute; dennoch ist die Haubenlerche viel fleißiger. Unaufhörlich läßt sie ihren Lockruf ertönen, und nun fliegt sie sogar auf einen Erdhaufen und singt ihr kleines Lied.

Die Luft ist weich und schmeckt nach warmem Regen. Ein weißer Hauch liegt über dem Felde und nimmt der Sonne Schein und Farbe. Aus den umgestürzten Schollen steigt ein starker Geruch, und alle Zweige und Stämme sehen aus, als dufteten sie nach dem neuen Leben, das in ihnen empordrängt.

Die üppigen Rasen der Vogelmiere auf dem Brachacker hatten jüngst, als der Wind scharf von Morgen kam und der Boden beinhart gefroren war, nicht weniger weiße Blütenstreifen als heute, und das Kreuzkraut ebenso viele goldene Knöpfchen, auch blühten die Maßliebchen gleichfalls am Raine. Damals wirkte das widersinnig, heute aber nicht.

Auf dem Brombeerbusche am Grabenrande sitzt der Goldammerhahn und versucht sein Lied zusammenzubringen; gestern, als die Sonne hell vom hohen Himmel schien, dachte er nicht daran. Auch die Kohlmeise besinnt sich auf ihre Frühlingsweise; da sie aber damit nicht fertig wird, so lockt sie wenigstens dreimal so zärtlich, als am gestrigen Tage. Süß und seltsam hört sich das an.

Der Haselbusch am Graben ist gänzlich aufgeblüht; zwischen den goldenen Troddeln glühen purpurne Sternchen. Die Eller ist ihm sogar schon voraus; der Weg ist mit braunen Kätzchen besät. Die silbernen Knospen an den Weiden recken und strecken sich und die der Espen quellen und schwellen. Aus dem Vorjahrslaube drängt sich das junge Gras, überholt von den fetten Blättern des Aronstabes, die Scharfwurz verhüllt den kahlen Boden und lustig wuchert das zierliche Grün des Ruprechtskrautes.

Die Sonne kommt noch einmal am dunstigen Himmel hervor. Überall spielen die Wintermücken, daß es lustig blitzt, und hier und da surrt eine Fliege vorüber. In der alten Samenbuche sitzt eine Krähe und quarrt und schnarrt auf ganz absonderliche Art; das ist ihr Liebeslied. Aus den Fichten kommt ein wunderliches Quietschen und Schnalzen; der Häher gibt seinen zärtlichen Gefühlen Ausdruck. Da hinten auf der grasgrünen Saat maulschellen sich zwei Hasen um die Häsin. Der Frühling kommt.

Ist es auch wahr? Ist es nicht nur ein bloßes Gerücht, eine falsche Verheißung? Zwar wippt da schon ein Bergbachstelzenpaar an dem Graben entlang, hier wühlt ein Maulwurf das knisternde Fallaub auf, sieben Starmätze pfeifen auf dem Hornzacken der Eiche, im Graben plätschert zwitschernd und quitschernd ein Spitzmauspaar umher, fauchend und schnalzend jagt ein Eichkater die Liebste von Ast zu Ast, und ein Goldhähnchen singt schon so gut, wie es das besser nie können wird.

Aber da hinter dem fernen Walde im kalten Moore liegt der Nordostwind und schläft. Vielleicht wacht er über Nacht wieder auf und zu Ende ist es mit Lied und Liebe. Statt der Wintermücken spielen die Schneeflocken, Star und Bachstelze flüchten von dannen, die bunten Bergfinken, die der weiche Wind nach Norden lockte, werden verschwinden, und Amsel, Meise und Goldhähnchen vergessen ihre halb gelernten Lieder wieder. Die Blümchen auf der Brache und die Kätzchen an den Bäumen werden wirken wie unangebrachte Witze.

Die Sonne ist fortgegangen; dichter und unsichtiger wird die Luft. Um so mehr aber leuchten die halb aufgesprungenen Knospen an den grauen Zweigen des Dornbusches und an den schwarzen Ästen der Traubenkirsche hinter dem Grabenbord und im Unterholze des Geißblatts kecke junge Blätter. Ein sachtes Rieseln kommt herunter, unhörbar und leicht. Fröhlich schmettert der Zaunkönig sein Liedchen, lustig trillert die Meise, und selbst der schüchterne Baumläufer erhebt sein dünnes Stimmchen lauter als zuvor.

Der Regen nimmt zu, die Dämmerung geht leise am Waldrande entlang. Da trommelt ein Specht auf einmal los, daß es weithin dröhnt; das ist das Zeichen für alles, was Schnäbel hat. Mit einem Schlage bricht ein vieltöniges Zwitschern und Flöten los, so wirr, so kraus, daß keine einzelne Stimme sich daraus hervorhebt. Ein Viertelstündchen hält es an; dann bleibt davon nur das Gestümper der Amsel übrig und des Rotkehlchens erst halb gelerntes Lied. Auch das verlischt im leisen Regengeriesel, und der ihrem Schlafwalde zuziehenden Krähen rauhes Geplärre gibt dem weichen Tage einen harten Abschluß.

Dunkel wird es im Walde. Keine neue Knospe im Gezweig, nicht ein frisches Blatt am Boden ist mehr zu sehen. Leblos stehen die Stämme da und recken kahle Wipfel in die Luft. Doch immer noch will das Leben, das dieser Tag erweckte, sich nicht zur Ruhe begeben. Vom Felde her schrillt des Rebhahnes herrischer Ruf und von der Mergelgrube kommt das breite Geschnatter eines arg verliebten Erpels. Wie winzige Gespenster taumeln bleiche Wintermotten auf der Weibchensuche um die Buchen, zwei Fledermäuse zickzacken am Graben auf und ab, und im Gebüsch schnauft ein Igel aufgeregt hinter der Auserwählten her.

Die Nacht kommt näher; tiefer wird der Himmel. Kein einziger Stern steht an ihm. Die letzte Krähe hastet, verlassen schreiend, über die Wipfel hin. Dichter fällt der Regen; lauter tröpfelt er in das tote Laub. Dumpf unkt in den Fichten die Ohreule; hohl heult in den Kiefern der Kauz los.

Zu Ende ist der milde Tag, an dem der Vorfrühling am Waldrande spuken ging.

Das Genist.

Inhaltsverzeichnis

Vorgestern sah der Bach rein und klar aus und rann bescheiden zwischen seinen Ufern dahin.

In der Nacht gingen gewaltige Regengüsse in den Bergen nieder und gestern früh war der Bach trübe und lehmig; er polterte ungestüm dahin, stieg über seine Ufer und überschwemmte ein gutes Stück der Wiesen.

Nun fällt er bereits. Nicht mehr so wild wie gestern strudelt er dahin, führt nicht so viel Spreu mit sich, und tritt auch schon langsam wieder von den Wiesen zurück, einen bräunlichen Streifen da hinterlassend, bis wohin gestern die Vorflut gereicht hatte.