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Der Weg zum erfolgreichen Onlinebusiness »März 2020: Das Coronavirus ist in Deutschland angekommen und verbreitet sich rasch. Und in meinem Yogastudio kommen tagtäglich viele Teilnehmer auf engstem Raum zusammen, um gemeinsam zu schwitzen, zu atmen und zu meditieren. Ich möchte irgendwie handeln, möchte etwas unternehmen, damit sich weder meine Teilnehmer noch meine Lehrer anstecken. Den ganzen Tag lang kreisen die Gedanken darum.« Viele Selbstständige und Unternehmer kennen das. Die Coronakrise hat viele Geschäftsmodelle ausgebremst – das Business war von heute auf morgen weg und nur noch online möglich. Dass man trotzdem nicht frustriert sein muss und sich durch die Digitalisierung auch ganz neue Chancen bieten, zeigt Yogalehrerin Beate Tschirch. Auf humorvolle Weise erzählt sie, wie sie ihr Yogastudio plötzlichen in die digitale Welt führen musste und zeigt, welche Herausforderungen dabei zu überwinden sind. Anhand von vielen praktischen Tipps und konkreten Erfahrungen zeigt sie, wie jeder erfolgreich im Onlinebusiness durchstarten kann – auch ganz unabhängig von Pandemien.
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Seitenzahl: 169
BEATE TSCHIRCH
Mein Business ist weg!
BEATE TSCHIRCH
Mein Business ist weg!
WIE MAN SICH NEU ERFINDET, WENN ALLES NUR NOCH ONLINE GEHT
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen
1. Auflage 2021
© 2021 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,
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Redaktion: Bärbel Knill
Umschlaggestaltung: Marc Fischer
Umschlagabbildung: live-online-yoga-beate-tschirch-e1595445978558
Satz: ZeroSoft, Timisoara
eBook: ePUBoo.com
ISBN Print 978-3-86881-861-1
ISBN E-Book (PDF) 978-3-96267-365-9
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96267-366-6
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
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TEIL 1VOM STUDIO INS NETZ ODER MEINE PERSÖNLICHE ERFOLGSGESCHICHTE
Annehmen, was ist
Was ist das Warum?
Ein neuer Anfang
Ins Handeln kommen
Selbstliebe und Selbstdisziplin
Ideen kommen, wann sie wollen
Stillstand bedeutet Tod
Struggle
Magische Momente
Aufschieberitis
Priorisieren
Morgenroutine
TEIL 2DER WEG ZUM EIGENEN ONLINEBUSINESS
Die eigene Website
Das richtige Business finden
»Merk-würdig sein«
Der Kunde
Der Inhalt
Freebie
Kontinuität
Redaktionsplan
Die eigene Community
Podcast
YouTube
Lockangebote
Endlich Geld verdienen
Der Newsletter
Online nur mit Strategie
Die ultimative Equipment-Liste
TEIL 3BALANCE ODER SICH SELBST NICHT AUS DEM BLICK VERLIEREN
Durch Pausen mehr erreichen
Mit Ablenkungen umgehen
Zeitmanagement
In Ruhe arbeiten
SCHLUSSGENIESSE DEIN DASEIN ALS ONLINEUNTERNEHMER
Feiere deine Erfolge
ÜBER DIE AUTORIN
Wir sitzen in der warmen Sonne am Frühstückstisch in einem Hotel in Ägypten. Mein Mann studiert die Wettervorhersage für die nächsten Tage: Sonne, 28 Grad. Sonne, 30 Grad. Ich bin im Urlaub und verdiene trotzdem Geld! So habe ich mir das immer vorgestellt. Ich lebe in Wiesbaden und habe vor ein paar Jahren ein Yogastudio gegründet. Neben mir unterrichten dort noch acht weitere Lehrerinnen Yoga und geben Meditationskurse. Das Studio war vom ersten Tag an so aufgestellt, dass es auch ohne mich funktioniert, da ich nahezu jedes Wochenende auf Workshops und Festivals unterwegs bin. Die schönsten Arbeiten sind für mich Yoga-Retreats. Hier ist Raum für wahre Begegnung, und es gibt genügend Zeit, um Yoga hautnah zu erfahren.
Es läuft gut, vom ersten Tag an. Die Kurse sind voll und die Lehrer eine große Unterstützung. Das Studio ist geöffnet, auch wenn ich nicht da bin. Wunderbar.
Während wir also in Ägypten Mitte März 2020 die Sonne genießen, ist es in Deutschland grau, so richtig ungemütlich, Regen inklusive. »Ich habe alles richtig gemacht«, denke ich mir. Und dass ich mir das auch echt verdient habe nach all den Jahren der Arbeit!
Ich überlege, was heute denn noch so ansteht. Wenn noch ein wenig mehr Wind kommt, dann gehen wir kiten, dazu sind wir ja schließlich hier. Das Piepsen meines Handys reißt mich aus diesen Gedanken. Ich frage mich, wer es wagt, mich zu stören. Ich blicke auf den Bildschirm, es ist Anke, eine Freundin und Lehrerin in meinem Studio. »Auch auf die Gefahr hin, dass du mich für verrückt hältst: Hier wurden die ersten Kitas und Schulen geschlossen und einige Veranstaltungen abgesagt …« Sie sorgt sich, niemanden mehr umarmen zu können, und fragt sich, ob Händeschütteln noch sinnvoll ist. »Verrückte Zeiten, verrückte Grüße.«
Kitas zu? Schulen geschlossen? An diesem Abend beschließen mein Mann und ich, die Nachrichten zu schauen. Das Coronavirus ist in Deutschland angekommen und verbreitet sich rasend schnell. Mir gefällt das nicht, was die da sagen. Aber was viel schlimmer ist: Ich kann es nicht einschätzen. Und ich sitze in Ägypten im Hotel und weiß nicht, was ich tun soll.
In meinem Yogastudio sind tagtäglich viele Teilnehmer zusammen auf engstem Raum, um gemeinsam zu schwitzen, zu atmen und zu meditieren. Ich möchte irgendwie handeln, möchte etwas unternehmen, damit sich weder meine Teilnehmer noch meine Lehrer anstecken. Den ganzen Tag lang kreisen die Gedanken darum.
Am nächsten Morgen möchte ich am liebsten erst gar nicht die Augen aufmachen. Die Verantwortung erdrückt mich. Ich bin bewegungsunfähig. Noch nicht mal die Aussicht auf einen wundervollen Tag auf dem Surfbrett kann meine Stimmung heben. Am Frühstücksbuffet stehen plötzlich überall Desinfektionsmittel, es darf nur noch jeder zweite Tisch besetzt werden. Ich krame aus meiner Tasche das Handy heraus und schreibe über die Studio-WhatsApp-Gruppe meine Lehrer an.
Okay. Wir schließen! Mein Studio Yogalover bleibt bis auf Weiteres zu. Ich bin in Schockstarre. Denn ein geschlossenes Studio bedeutet, dass es auch keine Kurse gibt. Doch ohne Kurse gibt es auch keine Einnahmen. Gleichzeitig bekommen die Mitglieder nichts für ihr Geld. Ich möchte mich vergraben. Wie soll ich jetzt Yoga unterrichten? Ich starre vor mich hin. Beginne, Wellen zu zählen, das hat mich schon als Kind beruhigt.
Ich atme ein, ich atme aus. Erst mal tief durchatmen, ein und langsam wieder aus.
Wer plötzlich in eine solche Stresssituation gerät, wer mit unerwarteten Problemen konfrontiert wird, der sollte nicht sofort und aus der Emotion heraus reagieren, sondern sich eine Pause gönnen. So widersprüchlich das zunächst klingen mag, in einer Notsituation erst einmal einen Schritt zurückzutreten, so wichtig kann genau diese Distanz zu einem Problem sein, um es in seiner Komplexität wahrzunehmen und anzugehen. Die einfachste Lösung, um die für solche Momente und Phasen wichtige Energie freizusetzen, ist die Entspannung, zum Beispiel mithilfe des eigenen Atems.
Ein Moment der Ruhe, des gleichmäßigen Atmens, beruhigt den menschlichen Körper und den Geist und versetzt den Menschen in die Lage, aus einer passiven Schockstarre herauszukommen und das Heft des Handelns wieder in die Hände zu bekommen. Aus der Ruhe heraus erwächst die Erkenntnis, dass es wenig nutzt, sich mit dem Geschehenen zu befassen, sondern dass es wichtig ist, die Gegenwart zu begreifen und aus dieser Situation heraus zu handeln.
»Online!«, sagt mein Mann beim Abendessen in Ägypten. Mir ist der Appetit vergangen, auf meinem Teller schiebe ich das Gemüse nachdenklich von links nach rechts.
»Online?«, antworte ich empört und ablehnend. »Niemals. Das geht nicht.«
»Doch, klar, das ist total easy«, antwortet mein Mann selbstsicher. »Videokonferenzen werden ja auch online gemacht.«
Yoga online? Ich merke, dass sich alles in mir dagegen wehrt. Mir schießen mindestens hundert Argumente durch den Kopf, die gegen diese Idee sprechen. Ich muss meine Teilnehmer atmen sehen. Und was soll ich tun, wenn sich jemand während einer Übung verletzt? Zudem geht die ganz Atmosphäre verloren. »Nein, das will ich nicht!«
Mein Mann lässt nicht locker. »Du hast Kunden, und du solltest irgendein Angebot haben. Warum sollten deine Teilnehmer denn sonst weiterbezahlen?«
Es wundert mich, dass ich nicht direkt vom Stuhl falle. Ich bin schon immer selbstständig, und ich liebe meine Unabhängigkeit. Aber nun laufen in meinem Gehirn Szenen meiner Studienzeit ab, in der mein Geld generell in der Mitte des Monats verbraucht war. Ich sehe mich, wie ich Tütensuppen löffle und mich bei meinen Kommilitonen durchschnorre. Ein Gefühl der Enge macht sich breit. Ich sammle all meine Kraft und möchte mich wehren. Also plustere ich mich auf, öffne den Mund, doch heraus kommt nicht mehr als ein leises und hilfloses »Ich will nicht«.
Zum ersten Mal in meiner Selbstständigkeit stehe ich vor einem Problem, das mir unlösbar scheint.
Wer von einem Schicksalsschlag überrollt wird, reagiert in der Regel mit einer negativen Emotion. Es ist irritierend, schmerzt und scheint sinnlos, aber derlei Empfindungen sind völlig normal und erfordern tatsächlich als Erstes Mitgefühl sich selbst gegenüber. Ob mit Tränen oder stiller Trauer, für die Verarbeitung von Schmerz ist es wichtig, diesen zuzulassen und zu spüren. Es ist falsch, sich in einer schwierigen Situation ständig ein Lächeln ins Gesicht zu zwingen, wenn dieser Ausdruck nicht auf der entsprechenden Emotion im Inneren beruht.
Was geschehen ist, lässt sich nicht mehr ändern. Trotzdem ist der Schritt, etwas wirklich zu akzeptieren, was wir eigentlich ablehnen, alles andere als einfach. Denn Akzeptieren hinterlässt bei vielen Menschen das schwierige Gefühl, etwas gut finden zu müssen, was eigentlich stört. Doch genau darum geht es nicht. Dinge anzunehmen bedeutet, etwas zu akzeptieren, was man nicht ändern kann, ganz ohne es dabei schönzufärben oder andersherum zu dramatisieren. Das Annehmen ist eine völlig neutrale Wahrnehmung der Situation, ohne Wertung.
Erst diese klare Akzeptanz versetzt uns aber in die Lage, wieder ein Gefühl der Kontrolle zu bekommen, eine Sicherheit, aus der heraus sich jenes Handeln ergibt, das auf der Gegenwart und der Akzeptanz derselben basiert.
Tipp:
Es hilft immer, sich Zeit zu nehmen, um sich einen Überblick über die eigene Situation zu verschaffen, die Vergangenheit anzunehmen und zu analysieren, was sich daraus nun am besten machen lässt.
Eine Krise bietet stets die Möglichkeit, sich in zwei Rollen zu begeben: in jene des Opfers und in jene des Schöpfers. Wer also immer wieder jammert, sich beklagt, zurückschaut und mit dem hadert, was sich nicht mehr ändern lässt, der begibt sich automatisch in die Opferrolle. Der verwendet seine Energie für etwas, das längst vorüber ist. Wer aber nach vorne schaut, akzeptiert und analysiert, kann harmonisch aus einer Situation der Ruhe und Kraft heraus etwas Neues schaffen.
So unangenehm Krisen auch sein mögen, auf lange Sicht haben sie oft etwas Gutes. Krisen wecken Kraftreserven und liefern Denkanstöße für Verbesserungen und positive Entwicklungen. Das Leben bietet so die Gelegenheit, neu Anlauf zu nehmen für die nächste Herausforderung.
Als wir zurück auf unser Zimmer kommen, liegt ein Brief auf unserem Bett:
»Sehr geehrte Damen und Herren,
aufgrund der Corona-Situation schließt der Flughafen Hurghada am 18.3.2020. Sie wurden für die 16-Uhr-Maschine gebucht. Dies ist der letzte Flug zurück nach Deutschland. Sie werden von unserem Team um 10 Uhr von Ihrem Hotel abgeholt. Wir bitten Sie aus gegebenem Anlass, pünktlich zu sein.
Vielen Dank für Ihr Verständnis,
Ihr Reiseveranstalter«
* * *
»Was machst du da?«
»Ich recherchiere nach Bluetooth-Mikros!«
»Ach ja!?«
»Ja!«
Ich schmunzle in mich hinein und bin ganz aufgeregt, mich meinem neuen Abenteuer zu stellen. In meinem Amazon-Warenkorb befinden sich schon zwei neue Fotostudio-Lampen, eine Webcam und ein Lippenstift. Über den Lippenstift diskutiere ich nicht, schließlich wird sich niemand um mein Make-up kümmern. Voller Freude drücke ich den Kaufen-Button. Die Lieferung erfolgt amDonnerstag, 19.3.2020. Passt perfekt! Wir fliegen am Mittwoch gezwungenermaßen wieder nach Hause. Dann kann also am Freitagabend die erste Online-Yoga-Class stattfinden. Das klingt nach einem ziemlich guten Plan. Ich suche ein Foto von mir heraus und poste direkt auf Facebook die guten Nachrichten.
»Yoga von zu Hause aus: Dein Online-Live-Yoga am FREITAG um 18 Uhr!«
Zu meiner neuen Onlinekarriere fehlt noch das passende Portal, irgendwo muss ich ja meine Yogaeinheit geben. Wie funktioniert das eigentlich mit diesen Videokonferenzen? Glück im Unglück: Der Verkäufer der Studioausrüstung hat in seinem aktuellen Newsletter Plattformen wie Zoom, YouTube, Teams und Vimeo im Vergleich vorgestellt. Ein Funken Hoffnung und das Gefühl, handlungsfähig zu sein, kehren wieder zurück.
Die Magie beginnt außerhalb der Komfortzone. Das Gemeine ist, dass wir überhaupt nicht mitbekommen, wenn wir in dieser Komfortzone sind. Auch wenn sich das Leben gut anfühlt, für alles eine Lösung zu existieren scheint, so hat das Leben doch manchmal die eine oder andere Überraschung parat, in der Erfahrungen und gewohntes Verhalten nicht weiterhelfen. So entstehen Situationen, in denen ausgetretene Pfade verlassen werden müssen. Dann ist Kreativität gefragt, dann gilt es, das eigene Korsett zu sprengen und die Komfortzone zu verlassen. Dabei gilt: Eine Komfortzone definiert sich für jeden Menschen anders, sie ist extrem individuell. Für den einen mag ein Fallschirmsprung etwas völlig Normales sein, für den anderen kann es eine kaum vorstellbare Herausforderung sein.
Doch die Komfortzone zu verlassen, ist leichter gesagt als getan, schließlich ist sie der einfachste Weg, sich von einem Problem abzuwenden und sich dem Schicksal zu ergeben. Sie ist die Hängematte, die zwar bequem und angenehm ist, aus der heraus man aber immer nur den gleichen Blick hat.
Wer ehrlich zu sich selbst ist und nicht die Augen vor der Realität verschließt, der erkennt aus der Komfortzone heraus, dass das Verharren in dieser einfachen Situation die Chance zur Weiterentwicklung versperrt. Der Weg zum Glück, das ist klar, ist häufig unbequem, führt raus aus der schönen Hängematte, durch ein Gebüsch oder durch Brennnesseln, er verläuft querfeldein oder mitten durch die Wüste, und häufig führt dieser Weg nicht direkt zum Ziel, sondern erfordert einen Umweg. Auf die gute Fee, die kommt und ein Problem einfach wegzaubert, kann man lange warten. Es ist an jedem selbst, sein eigenes Leben in die Hand zu nehmen und sich damit die Möglichkeit zu eröffnen, sein Leben auf ein anderes Level zu heben.
Die wichtigste Voraussetzung für ein erfülltes und erfolgreiches Leben ist also die Fähigkeit, Herausforderungen offen zu begegnen und immer wieder freudig dazuzulernen.
Tipp:
Die nächste Challenge kommt bestimmt. Es gilt, sich nicht zu sehr an ihr aufzureiben, sondern sie für den nächsten Entwicklungsschritt zu nutzen. Wenn du merkst, dass sich in dir alles dagegen wehrt und du lieber vor dem Problem weglaufen möchtest, dann schüttle dich kurz, atme dreimal tief durch und begegne der Situation mit Ruhe. Die Einsicht, das eigene Leben im Moment hart, vielleicht auch unfair oder deprimierend zu finden, ist dabei ausdrücklich erlaubt. Trotzdem ist es wichtig, dabei immer die Möglichkeiten zu sehen und dazuzulernen.
Du kannst nicht nur auf deinem Sofa sitzen und warten, dass etwas passiert. Du musst schon aufstehen und aktiv werden. Was kannst du mit dem, was du jetzt zur Verfügung hast, sofort tun?
Okay, ich habe einen Plan! Das wird funktionieren, ich bin guter Dinge. Jetzt muss ich nur noch mein Team überzeugen. Ich hole mein Handy raus und tippe in die WhatsApp-Gruppe:
»Hallo, Ihr Lieben. Unser Urlaub wurde von einer höheren Macht beendet. Wir werden am Mittwoch wieder heimgeflogen. Danach schließt der Flughafen hier! Ich werde im Studio ein Set aufbauen aus Fotolampen und iPad. Hygienehalber ist es vielleicht besser, wenn wir verschiedene Mikros haben. Am Freitag und Samstag gebe ich selbst zum Testen die ersten Onlinestunden. Ich denke, dass wir jeden Vormittag und jeden Abend einen Kurs anbieten. Wer ist dabei?«
Anina: »Okay, super, bin dabei!«
Madeleine: »Ich kann auch dabei sein, erklärst du uns die Technik?«
Hedy: »Dabei!«
Anke: »Ich mach mit! Öfter mal was Neues!«
* * *
Das ist ja wie Weihnachten! So viele Kartons auf einmal! Wir sind zurück in Deutschland, und ich sitze in meinem Wohnzimmer. Den Lippenstift habe ich natürlich zuerst ausgepackt und direkt aufgetragen, er peppt mein sonst recht müdes Gesicht ziemlich auf. Die Lampen habe ich auch ohne Anleitung aufgebaut und voller Freude gleich mehrmals den Schalter bedient. Funktioniert alles. Ich sitze vor meinem iPad und richte ein Probe-Meeting ein. Keine zehn Minuten später befinde ich mich zum ersten Mal in einem Online-Meeting. Mein Mann lächelt mich durch den Bildschirm an, er sitzt in unserem Arbeitszimmer und prüft die Tonqualität. »Jetzt stell mal das iPad hin und geh drei Meter weg! Du bist ja später auch auf deiner Yogamatte!« Ich lehne das iPad gegen eine Vase, entferne mich und flüstere leise vor mich hin: »Du musst auch noch deinen Koffer auspacken, der steht noch im Flur!« – »Wirklich sehr witzig! Ich höre dich!« Es klappt tatsächlich.
Mir ist ein wenig mulmig, als wir das Studio betreten. Es riecht nach Wild Orange, dem ätherischen Öl, das immer unsere Studioluft verfeinert. Ich mache alle Lichter an und sehe in Gedanken die lachenden Yogis und die glücklich entspannten Gesichter nach einer Class. Das Vakuum in mir beginnt sich wieder zu füllen. Meine Teilnehmer in den Kursen haben mir schon immer die Richtung angezeigt. Jetzt verstehe ich wieder, warum ich genau das tue, was ich tue. Ich tue es für meine Yogis!
Worum geht es im Leben? Ein Mensch, der seinen Sinn nicht kennt, versinkt in Passivität, in Niedergeschlagenheit und im schlimmsten Fall in Depression. Wer genügend Gründe hat, ein Ziel anzustreben, wer einen Antrieb hat, der aus dem Herzen kommt, der wird auch entschlossen genug sein, durchzuhalten und Großes zu bewegen. Der wird bereit sein, Aufgaben anzunehmen, die herausfordernd sind. Der kann den Sinn seines Handelns spüren und daraus seine maximale Leistungsbereitschaft abrufen.
Die individuelle Antwort auf das »Warum« ist die beste Kraftquelle, die sich finden lässt. Allerdings sollten Gründe wie Ansehen, Macht, Geld, das Haus oder das schnellere Auto keine Rolle spielen. Wichtiger ist, was wirklich hinter diesen Wünschen steckt. Was also verbindest du mit dem schönen Haus? Ist es die Geborgenheit, die es dir schenkt, und die Möglichkeit, mit deiner Familie gemütlich zusammen zu sein?
Jeder Mensch sollte sich fragen, welches Gefühl er tief aus dem eigenen Herzen heraus spüren möchte, und diesem Gefühl konsequent folgen anstatt den Erwartungen anderer. Wer zum Beispiel ein Unternehmen aus voller Leidenschaft heraus führt, der kann sicher sein, dass auch die Menschen im Umfeld das spüren und honorieren. Das Leben liegt in seiner gesamten Schönheit vor uns. Es gilt, sich darüber bewusst zu werden, was uns begeistert, was wir Tag und Nacht machen möchten. Aus dieser Erkenntnis heraus lassen sich Aufgaben und Zwischenschritte ableiten. Doch dieser Prozess braucht Zeit und Mut. Wer ehrlich zu sich selbst ist und die Geduld aufbringt, seine Ziele zu finden, wird davon profitieren. Die Mühe und Geduld lohnen sich!
* * *
Es ist Freitag, 17.40 Uhr. Mein Yogastudio ist jetzt bestückt mit Kabeln, Mehrfachsteckdosen, den neuen Lampen und diversen Kameras. Es sieht aus wie in einem Filmstudio. Heute haben wir sogar noch zusätzlich eine weitere Kamera aufgebaut, die die gesamte Einheit aufnimmt, um sie später auf YouTube hochzuladen.Mit dem Video lässt sich sicher noch die Facebook-Werbetrommel rühren, und jeder, der nicht live dabei ist, kann auch später noch einen Eindruck davon bekommen, wie eine Online-Live-Yoga-Class abläuft. Für meine Lehrer ist alles so vorbereitet, dass auch sie ihre Einheiten aus dem Studio heraus geben können.
Ein wenig mulmig ist mir ja schon. Ich spüre meinen Herzschlag bis unter die Schädeldecke, auch mein restlicher Körper entwickelt leichte Stresssymptome. Was, wenn der Internetanschluss streikt? Was ist mit den Mikros? Sind die Batterien ausreichend geladen? Ich schaue mich noch mal in meinem Studio um. Mein Blick bleibt an einer kleinen Karte hängen, die auf dem Tresen liegt: »The Universe has shaken you to awaken you!«
»Bist du so weit?«, fragt mein Mann, er ist als Support dabei. Ich lächle zaghaft, nehme die Karte, setze mich vor die Kamera. »Ich bin so weit!« Zu unserer ersten Online-Liveyoga-Class sind knapp 100 Teilnehmer angemeldet. Wahnsinn!
Mein Zoom-Meeting wartet schon auf mich, nach und nach schalten sich meine Teilnehmer dazu. »Hallo«, »Ach, du bist auch dabei!«, von überallher kommen Stimmen. Es dauert einen Moment, bis ich mir einen Überblick verschafft habe, wer alles mit in der Class ist.
Ich halte die Karte vor die Kamera und beginne: »Ich habe eben eine Ansichtskarte entdeckt: ›The Universe has shaken you to awaken you!‹ Ich denke, damit können wir heute alle etwas anfangen, wir werden aufgerüttelt.« Ich spreche die Teilnehmer direkt an: »Schau doch mal, wo du aufgerüttelt wurdest. Geh mal weg von dem, was gerade im Außen in der Gesellschaft passiert, und wieder zurück zu dir, und dann überprüfe für dich ganz nah an deinem Herzen, ob du in Routinen so sehr gefangen warst, dass gar keine Möglichkeit blieb, frei zu agieren. Betrachte dein Leben und frage dich, ob dieses Leben mit deinem Herzen noch übereinstimmt. Wie hast du gelebt in den vergangenen Monaten, vielleicht auch Jahren? Ist das, was du tust, authentisch? Bist du glücklich? Wo liegen Chancen in der momentanen Situation, und was kannst du verändern?«
Viele Menschen leben nicht das aus, was sie eigentlich wollen. Sie ertragen den täglichen Trott, fühlen sich gefangen in Dingen, von denen sie glauben, sie nicht oder nicht mehr beeinflussen zu können. Doch in den meisten von ihnen schlummert unter dieser Decke der Eintönigkeit der Traum von einem wirklich selbstbestimmten Leben, in dem es darum geht, der eigenen Leidenschaft zu folgen und so das individuelle Glück zu finden.
Doch dafür ist es bisweilen notwendig, Risiken einzugehen und Annehmlichkeiten wie einen finanziellen Status aufs Spiel zu setzen. Wer seinen Visionen kompromisslos folgt, um tatsächlich das zu tun, was er mag, wird zunächst viel Kraft und Mut aufwenden müssen, langfristig aber belohnt werden.