7,99 €
Ach, ich könnte vor Freude jauchzen und tanzen, dass der Frühling da ist! Dieses Wiedererwachen von Schönheit in meinem Garten und heller Zuversicht in meinem Herzen! Ihr Garten machte Elizabeth von Arnim glücklich, sie frönte der herrlichen Pracht der Blüten und feierte die Sinnesfreuden der Natur. Dabei ist der Garten für sie auch eine große Spielwiese: Der grüne Daumen übernimmt die Regie, die Hände graben emsig in der Erde, es werden Rabatten bepflanzt und Beete gejätet. Genau so sehr aber schätzt sie ihn als Ruhestatt und Rückzugsort, um sich vor ungeliebten Mitmenschen, übellaunigen Ehemännern, kauzigen Bekannten und eitlen Besuchern in Sicherheit zu bringen – und sich allein der Schönheit des Lebens hinzugeben … »Was bin ich doch für eine glückliche Frau, dass ich in einem Garten lebe, mit Büchern, Kindern, Vögeln und Blumen und reichlich Muße, all das zu genießen!«
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 140
Veröffentlichungsjahr: 2015
»Was bin ich doch für eine glückliche Frau, daß ich in einem Garten lebe, mit Büchern, Kindern, Vögeln und Blumen und reichlich Muße, all das zu genießen!«
Ihr Garten macht Elizabeth von Arnim glücklich, sie frönt der herrlichen Pracht der Blüten und feiert die Sinnesfreuden der Natur. Dabei ist der Garten immer auch eine große Spielwiese: Der grüne Daumen übernimmt die Regie, die Hände graben emsig in der Erde, es werden Rabatten bepflanzt und Beete gejätet. Genausosehr aber schätzt sie ihn als Ruhestatt und Rückzugsort, um sich vor ungeliebten Mitmenschen, übellaunigen Ehemännern, kauzigen Bekannten und eitlen Besuchern in Sicherheit zu bringen – und sich allein der Schönheit des Lebens hinzugeben …
Elizabeth von Arnim, 1866 in Australien geboren, wuchs in England auf. Sie heiratete in die preußische Familie von Arnim und verbrachte einige Jahre auf dem pommerschen Gut Nassenheide, wo ihr erster Roman Elizabeth und ihr Garten (1898) entstand. Ihm folgten 21 weitere Romane und eine zweite Ehe. Sie starb 1941 in den USA.
Außerdem sind im insel taschenbuch erschienen: Elizabeth auf Rügen (it 4116), Elizabeth und ihr Garten (it 4132) und Verzauberter April (it 4220).
»Mein himmlisches Königreich«
GARTENGLÜCK MITELIZABETH VON ARNIM
Ausgewählt von Katrin Eisner
eBook Insel Verlag Berlin 2015
Der vorliegende Text folgt der 01. Auflage der Ausgabe des insel taschenbuchs 4374.
© Insel Verlag Berlin 2015
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Für Inhalte von Webseiten Dritter, auf die in diesem Werk verwiesen wird, ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber verantwortlich, wir übernehmen dafür keine Gewähr.
Rechtswidrige Inhalte waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar.
Satz: Satz-Offizin Hümmer GmbH, Waldbüttelbrunn
Umschlagfoto: Ben Hupfer/plainpicture
Umschlaggestaltung: hißmann, heilmann, hamburg
eISBN 978-3-458-73996-8
»Ich liebe meinen Garten«
Die bunte Pracht der Blüten
Glücksbringer und Seelentröster Die heilsame Kraft der Natur
Die hohe Kunst des Gärtnerns Von den Freuden selbstgemachten Gartenglücks
Oase der Ruhe Oder: Allein ist es doch am schönsten!
Im Garten durch das Jahr
Die ganze Welt, mein Garten Die Verführung der unberührten Natur
Der Garten ist mein Schutz, meine Zufluchtsstätte, zu der es mich hinzieht, nicht das Haus. Im Haus gibt es Pflichten und Verdruß, Dienstboten, die man ermuntern und ermahnen muß, Möbel und Mahlzeiten; aber dort im Freien drängen sich auf Schritt und Tritt die Segnungen – dort ist es, wo ich traurig bin über meine eigene Unfreundlichkeit, über jene selbstsüchtigen Gedanken, die so viel schlimmer sind, als man glaubt, dort werden alle meine Sünden und Dummheiten vergeben, dort fühle ich mich geborgen und zu Hause, und jede Blume und jedes Unkraut ist ein guter Bekannter und jeder Baum ein Liebster. Wenn mir etwas wehgetan hat, renne ich hinaus, um mich trösten zu lassen, und wenn ich ohne rechten Grund zornig war, erhalte ich dort meine Absolution. Hat eine Frau schon jemals so viele Freunde gehabt? Und immer dieselben, immer bereit, mich willkommen zu heißen und mich froh zu stimmen. Glückliche Kinder eines allgütigen Vaters, warum sollte ich, ihre eigene Schwester, weniger zufrieden und frohgemut sein als sie? Selbst im Gewitter, wenn andere Leute ins Haus flüchten, renne ich hinaus. Ich mag keine Gewitter – sie ängstigen mich schon Stunden bevor sie kommen, denn ich fühle es, wenn eins bevorsteht; merkwürdig ist vielleicht nur, daß ich Zuflucht im Garten suche. Ich fühle mich aber dort wohler, umsorgter, verhätschelter.
Elizabeth und ihr Garten
Es war eine umständliche Reise, die mehrere Stunden dauerte. Während des ersten Teils, als es noch dunkel war, glühte ich vor Begeisterung, vor Abenteuerlust, vor Freude über die Aussicht, den geliebten Ort bald wiederzusehen. Und ich dachte verwundert an die langen Jahre, die ich hatte vorübergehen lassen, seit ich das letzte Mal dort gewesen war. Ich überlegte mir überhaupt nicht, was ich zu den Verwandten sagen und wie ich mich ihnen vorstellen sollte. Der Pilgergeist war über mich gekommen, jener Geist, fern allem Praktischen, der sich um nichts sorgt, sondern einfach dahinwandert, seine eigenen Gefühle genießend. Es war ein stiller, trauriger Morgen, und es herrschte dichter Nebel. […]
Jeder Pfad und jede Pforte hier waren mir bekannt. Was wäre, wenn ich jede Hoffnung, das Haus wiederzusehen, aufgäbe, durch das kleine Tor in der Mauer ganz am Ende des Gartens ginge und mich für diesmal damit begnügte? Bei diesem Wetter könnte ich ungestört herumstreifen, ohne das geringste Risiko, gesehen zu werden oder auf meine Verwandten zu treffen, und schließlich war es ja der Garten, der meinem Herzen am nächsten lag. Was für eine Freude es wäre, mich ungesehen da hineinzuschleichen und alle die Winkel aufzusuchen, an die ich mich so gut erinnerte, dann einfach wieder hinauszuschlüpfen und ungeschoren davonzukommen, ohne daß Erklärungen, Versicherungen, Beteuerungen nötig wären, ohne herzliche Gefühle zeigen zu müssen: mit einem Wort, ohne jene ermüdende Form von Unterhaltung, bekannt als Redensarten, wie sie Verwandten so teuer ist. Der Nebel führte mich in Versuchung. Wäre es ein schöner Tag gewesen, ich glaube, ich wäre nach reiflicher Überlegung in den Gasthof gegangen und hätte einen versöhnlichen Brief geschrieben. Aber die Versuchung war zu groß, sie war ganz unwiderstehlich, und innerhalb von zehn Minuten hatte ich das Törchen gefunden, es nicht ohne Schwierigkeiten geöffnet und stand mit klopfendem Herzen im Garten meiner Kindheit.
Ich frage mich jetzt, ob ich jemals wieder eine Spannung so stark empfinden werde wie die, die mich in diesem Augenblick erfüllte. Zunächst einmal war ich ein Eindringling, was an sich schon spannend ist. Doch um wieviel spannender ist es, in etwas einzudringen, was ebensogut der eigene Besitz hätte sein können, was tatsächlich jahrelang der eigene Boden gewesen war und wo man sich in der tödlichen Gefahr befand, die rechtmäßigen Besitzer, mit denen man allerdings verzankt war, um die Ecke kommen zu sehen und sie mit distanzierter und abschreckender Höflichkeit sagen zu hören: »Ich glaube nicht, das Vergnügen gehabt zu haben …?« Alles war unverändert. Ich stand inmitten des geheimnisvollen Gewirrs kleiner Pfade, das dort schon immer gewesen war. Sie wanden sich auf beiden Seiten durchs Gebüsch, mit den braunen Spuren jüngst vergangener Schritte auf ihren grünen Flecken, genau wie zu meiner Zeit. Die riesigen Fliederbüsche trafen sich noch immer über meinem Kopf. Die Feuchtigkeit tropfte von demselben Mauervorsprung auf die durchweichten Blätter darunter, wie es auch an den Nachmittagen in all jenen vergangenen Novembern gewesen war. Dies war es, dieses feuchte und düstere Gehölz, das ganz allein mir gehört hatte. Niemand kam je hierhin, denn im Winter war es zu trübselig und im Sommer so voller Mücken, daß nur ein Backfisch, dem Mückenstiche egal waren, es ertragen konnte. Aber es war der Ort, wo ich unbeobachtet spielen, wo ich stundenlang ohne Unterbrechung auf und ab wandern und Luftschlösser bauen konnte. In einer dunklen Ecke befand sich eine muffige, kleine Laube, frequentiert von größeren schwarzen Nacktschnecken, wo ich herrliche Nachmittage mit Pläneschmieden verbrachte, und wenn auch nichts daraus wurde, was machte das schon? Allein das Schmieden war ein Vergnügen. Für mich war dieser entlegene Winkel stets ein wunderbarer und geheimnisvoller Aufenthalt gewesen, wo meine Luftschlösser dicht nebeneinander in strahlenden Reihen standen und wo ich die seltsamsten und aufregendsten Abenteuer bestand. Denn die Stunden, die ich dort zubrachte, und die Leute, die ich dort traf, waren alle verzaubert.
Ich vergaß ganz die Existenz der Verwandten, als ich dort stand und mich glücklich umsah. Ich hätte vor Freude, wieder hier zu sein, weinen können. Es war das Haus meiner Väter, das Haus, das meines hätte sein können, wäre ich ein Junge gewesen, das Haus, das auch jetzt noch meines war durch tausend zärtliche und glückliche und unselige Gedanken, von denen die Eigentümer nicht einmal träumen konnten. Sie wohnten zwar hier, aber es war mein Heim. Ich warf die Arme um den Stamm einer tropfnassen Kiefer, von der ich jeden einzelnen Ast in Erinnerung hatte, denn war ich nicht unzählige Male hinaufgeklettert und heruntergefallen und hatte mir dabei Verletzungen und Verstauchungen geholt? Ich gab ihr einen so herzlichen Kuß, daß Nase und Kinn ein einziger grüner Fleck wurden, und es machte mir immer noch nichts aus. Weit davon entfernt, erfüllte es mich mit einem hemmungslosen Backfischvergnügen, mich dreckig zu machen, ein Gefühl, das ich seit Jahren nicht mehr gekannt hatte. Alice im Wunderland hätte, nachdem sie den Inhalt der Zauberflasche getrunken hatte, nicht plötzlicher klein werden können als ich jung in dem Augenblick, da ich die magische Pforte durchschritten hatte.
Garten der Kindheit
Ich liebe meinen Garten. Hier schreibe ich gerade in der Lieblichkeit eines Spätnachmittags, immer wieder unterbrochen von den Mücken und der Versuchung, all die Pracht des jungen Grüns zu bestaunen, auf das vor einer halben Stunde ein kühler Regenschauer niedergegangen ist. Zwei Eulen sitzen in meiner Nähe und führen eine lange Unterhaltung, die ich genauso genieße, wie wenn Nachtigallen schlagen. Herr Eule sagt
,
und sie antwortet von ihrem Baum ein wenig weiter weg
,
in schöner Harmonie und Ergänzung dessen, was ihr Gebieter bemerkt hat, so wie es einer wohlgeratenen deutschen Frau Eule geziemt. Sie sagen mit solchem Nachdruck immer wieder dasselbe, daß ich vermute, es muß irgendeine Bosheit über mich sein; aber ich lasse mich durch Eulensarkasmus nicht vertreiben.
Das hier ist eher eine Wildnis als ein Garten. Seit fünfundzwanzig Jahren hat niemand in dem Haus gelebt, geschweige denn im Garten, und es ist doch solch ein bezauberndes Landgut, daß die Menschen, die hier hätten leben können und statt dessen bewußt die Schrecken einer Stadtwohnung vorgezogen haben, wohl jener Überzahl von augen- und ohrenlosen Wesen angehört haben müssen, aus denen die Welt offenbar hauptsächlich besteht. Nasenlos obendrein, obwohl das nicht nett klingt; mein Frühlingsglück jedenfalls verdanke ich größtenteils dem Geruch von nasser Erde und jungem Grün. […]
Es sind so viele Vogelkirschen um mich herum, große Bäume, ihre Äste streifen das Gras, und sie stehen eben jetzt im vollen Schmuck ihrer weißen Blüten und ihres zartesten Grüns, daß der Garten aussieht wie bei einer Hochzeitsfeier. Ich habe noch nie solche Unmengen von Vogelkirschen gesehen; sie scheinen überall zu sein. Selbst hinter dem Flüßchen, das im Osten an den Garten grenzt, und mitten im Kornfeld da drüben steht ein riesiger Baum, ein Bild der Anmut und Pracht gegen das kühle Blau des Frühlingshimmels.
Mein Garten ist umgeben von Getreidefeldern und Wiesen; dahinter erstrecken sich weite Flächen sandiger Heide und Kiefernwälder, und wo die Wälder aufhören, setzt die kahle Heide wieder ein; die Wälder sind schön in ihrer hochragenden, luftigen Weite mit den rötlichen Stämmen, ganz oben die Kronen sanftesten Graugrüns und am Boden ein leuchtend grüner Heidelbeerteppich und ringsum atemlose Stille; und die kahlen Heideflächen sind auch schön, denn man kann über sie hinweg beinah in die Ewigkeit schauen, und zu ihnen hinauszuwandern mit dem Blick auf die untergehende Sonne, ist, als spazierte man in Gottes Gegenwart hinein.
Mitten in dieser Ebene liegt die Oase von Vogelkirschen und Grün, wo ich meine glücklichen Tage verlebe, und mitten in der Oase steht das graue Steinhaus mit seinen vielen Giebeln. […]
Von fast allen Fenstern des Hauses kann ich ungestört von irgendwelchen Hügeln über die Ebene hinweg direkt bis zur blauen Linie des fernen Waldes schauen; auf der Westseite ohne Einhalt bis zur untergehenden Sonne – eine einzige grünwogende Fläche, die sich scharf gegen den Sonnenuntergang abhebt. Ich liebe diesen Westflügel mehr als die anderen und habe mir mein Schlafzimmer auf dieser Seite des Hauses ausgewählt, damit selbst die Zeit des Haarbürstens nicht gänzlich verloren sei, und die Kammerjungfer, die sich dem Bürsten widmet, hat es gelernt, dieser Aufgabe nachzukommen, während die Herrin am offenen Fenster in einem Sessel zurückgelehnt sitzt, und sie weiß, daß sie diese süß-feierliche Stunde nicht mit Geplapper entweihen darf. Dieses Mädchen grämt sich wegen meiner Gewohnheit, beinah nur noch im Garten zu leben, und seit sie bei mir ist, werden all ihre Vorstellungen, wie das Leben einer deutschen Dame von Stand sein sollte, täglich auf eine harte Probe gestellt. Die Leute in der Nachbarschaft halten mich natürlich, um es so freundlich wie möglich auszudrücken, für äußerst exzentrisch, denn es hat sich herumgesprochen, daß ich den Tag mit einem Buch im Freien verbringe und kein Sterblicher mich je hat nähen oder kochen sehen. […]
Wir waren schon fünf Jahre verheiratet, als uns der Gedanke kam, wir könnten dieses Gut durch unser Dortleben sinnvoll nutzen. Jene fünf Jahre lebten wir in einer Stadtwohnung, und in dieser endlos langen Zeit war ich völlig niedergedrückt und völlig gesund, was mich von der häßlichen Vorstellung befreit, die mich zuweilen geplagt hat, mein Glück hier gehe weniger auf den Garten zurück als auf eine gute Verdauung. Während wir unser Leben also dort vergeudeten, gab es hier dieses schöne Landgut, wo der Löwenzahn bis an die Tür wuchs, das Gras die Wege fast ganz verwischt hatte, so einsam im Winter, wenn einzig der Nordwind ihm die Mindestbeachtung schenkte, und da war im Mai – in all jenen fünf lieblichen Maimonaten – niemand, der sich die herrlichen Vogelkirschen und die Unmengen noch herrlicheren Flieders anschaute, alles leuchtend und blühend, der wilde Wein mit jedem Jahr wilder, bis schließlich im Oktober das Dach selbst mit blutroten Flechten bekränzt war, die Eulen und die Eichhörnchen und all die glücklichen kleinen Vögel als Alleinherrscher, und keine lebende Seele betrat je das leere Haus außer den Schlangen, die sich während jener stillen Jahre daran gewöhnt hatten, wann immer die alte Wirtschafterin die Fenster öffnete, die Südmauer hochzuschlängeln, in die Zimmer hinein. All das war hier gewesen – Friede und Glück und ein sinnvolles Leben, und dennoch war es mir nie eingefallen, hierhin zu ziehen. Ich muß staunen, wenn ich zurückdenke, und ich kann mir überhaupt nicht erklären, warum ich so spät erst entdeckte, daß hier in diesem entlegenen Winkel mein himmlisches Königreich lag.
Ja, mir kam es nicht einmal in den Sinn, das Landgut wenigstens im Sommer zu nutzen, ich unterwarf mich statt dessen jahraus jahrein einige Wochen lang einer Sommerfrische an der See mit all ihren Schrecken; bis mir endlich im letzten Vorfrühling – ich war aus der Stadt angereist, um die Dorfschule zu eröffnen, und streifte anschließend im noch öden und trostlosen Garten herum –, weiß Gott welcher Geruch von nasser Erde oder verfaulendem Laub schlagartig meine Kindheit in Erinnerung rief und all die glücklichen Tage, die ich in einem Garten verlebt hatte. Werde ich diesen Tag jemals vergessen? Es war der Anfang meines wahren Lebens, sozusagen mein Mündigwerden und der Eintritt in mein Königreich. Frühmärz, grauer, ruhiger Himmel und braune, ruhige Erde; kahl und etwas trist und wahrhaft einsam dort draußen in der Feuchtigkeit und Stille; doch da stand ich und fühlte dieselbe kindliche Verzückung beim ersten Frühlingshauch, und die fünf vergeudeten Jahre fielen wie ein Mantel von mir ab, und die Welt war hoffnungsvoll, und ich weihte mich unverzüglich der Natur, und seitdem bin ich glücklich.
Elizabeth und ihr Garten
Ich bin einfach und werde es nie müde, mich meiner seligen Freiheit und Unbeschwertheit zu freuen. Selbst so scheinbar unwichtige Dinge wie ins Freie gehen, ohne zuvor Hut, Handschuhe und Schleier anlegen zu müssen, haben ihren zarten Reiz, der nie verblaßt und von dem ich nie genug bekommen kann. Es ist klar, ich bin für ein ruhiges Landleben geboren, und hier ist es wirklich ruhig, so sehr, daß ich manchmal nicht weiß, vergeht die Zeit im Traum oder in der Wirklichkeit, stille Tage zum Lesen und Nachdenken und Zusehen, wie das Licht sich verändert und die Blumen wachsen und welken; dann wieder frische Tage, wo das Leben so voller Schwung und Würze ist, daß man kaum aufhören kann zu jubeln vor Glück; warme stille Tage, wo man in einem abgelegenen Winkel im Gras liegt und den vorüberziehenden Wolken nachschaut – was, wie ich gern zugebe, eine besonders würdelose Haltung ist. Doch man bedenke auch die moralische Erbauung! Am Morgen die Schlafzimmerfenster zu öffnen bereitet mir immer neues Vergnügen. Genau unter ihnen ist ein Beet mit vollerblühten Rauken; um diese Stunde liegt es im Schatten des Hauses, der Giebel zeichnet sich scharf auf dem Rasen dahinter ab. Und sobald sie sehen, wie ich mich aus dem Fenster lehne, schicken sie mir ihren duftenden Gruß herauf, sehr darauf bedacht, die hübsche deutsche Sitte des »Guten Morgen« nicht zu vernachlässigen. Gekleidet in viele liebevolle Worte rufe ich meinen Gruß zurück, und nun wallt ihr Duft betörend zu mir herauf und bedeckt mein Gesicht mit den zärtlichsten, leichten Küssen.
Einsamer Sommer
W