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Jedes Jahr gibt es unzählige Meldungen, die einfach nur an uns vorbeirauschen. Sie sorgen für kurze Diskussionen und Aufregungen, aber ist ihre Wirkung wirklich nachhaltig? Lernen wir als Sicherheitsverantwortliche aus den einzelnen Ereignissen und sorgen dafür, dass sich die Ereignisse nicht wiederholen? Wie schaffen wir es, dass wir aus der Nachrichtenflut diejenigen Informationen filtern, die für uns relevant sind. Und wie bringen wir diese in Verbindung mit vergangenen Ereignissen? Mit der Chronik will ich diesen Fragestellungen begegnen und helfen, Zusammenhänge zu erkennen und Schlüsse daraus zu ziehen - und vor allem: zu lernen!
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Seitenzahl: 184
Stichwortverzeichnis
1. Vorwort 2020
2. Vorwort 2019
3. Das war das Jahr 2018
4. Das war das Jahr 2019
5. Das war das Jahr 2020
Ab diesem Jahr hast DU die Wahl! Lese dich Jahr für Jahr durch oder suche dir deine Themen im Stichwortverzeichnis!
„Ein Traumtänzer, Traumtänzer, Traumtänzer bin ich.“
- Udo Jürgens –
Was war das für ein A****loch-Jahr?! Sämtliche Nachrichten waren von der Coronapandemie geprägt, unsere Sommerurlaube gecancelt und ob das Weihnachtsfest überhaupt in der Form stattfindet, wie wir es kennen, bleibt zu diesem Zeitpunkt ebenso fraglich.
Doch sehen wir das Positive im Negativen: Die Spinner, Hater und Verfassungsfeinde blieben nicht mehr im Verborgenen. Sie outeten sich öffentlich auf Demonstrationen und hatten auch kein Problem damit, ihr Gesicht in die Kamera zu halten, um über geheime Mächte, gequälte Kinder in irgendwelchen Kellern oder Zwangs-Chippen der gesamten Bevölkerung zu sprechen. Es identifizierten sich diejenigen ganz von selbst, die kein Problem hatten, mit Rechtsextremisten Hand in Hand für eine vermeintliche Rettung des Grundgesetzes einzutreten. Die kein Problem damit hatten, ihre Kinder in vorderster Front als Bollwerk gegen Wasserwerfer zu stellen.
Rechtsextremismus in jeglicher Couleur beschäftigte uns auch dieses Jahr erneut, wenn nicht sogar noch intensiver: Polizei, Bundeswehr und Feuerwehr. Immer ungeheuerlichere Meldungen gab es und die Politik sprach immer noch über Einzelfälle.
Ich wäre aber kein Traumtänzer, wenn meine Hoffnung für 2021 verloren ginge.
Ihr
Florian Horn
Jedes Jahr gibt es unzählige Meldungen, die einfach nur an uns vorbeirauschen. Sie sorgen für kurze Diskussionen und Aufregungen, aber ist ihre Wirkung wirklich nachhaltig? Lernen wir als Sicherheitsverantwortliche aus den einzelnen Ereignissen und sorgen dafür, dass sich diese nicht wiederholen?
Wie schaffen wir es, aus der Nachrichtenflut diejenigen zu filtern, die für uns relevant sind und wie bringen wir diese in Verbindung mit vergangenen Ereignissen?
Mit dem kleinen Büchlein will ich diesen Fragestellungen begegnen und helfen, Zusammenhänge zu erkennen und Schlüsse daraus zu ziehen.
Mal mit spitzer Zunge, mal objektiv werden Ereignisse kommentiert, die ein positives oder negatives Bild auf die Branche werfen. Letztere werden wohl öfter hier auftauchen, auch vor dem Hintergrund, dass wir alle nur besser werden können.
Ein Teil der Erträge aus dem Verkauf des Buches wird gespendet werden, immer für einen Themenbereich, der im aktuellen Jahr im Vordergrund stand – 2020 für den Kampf gegen Rechtsextremismus.
Viel Spaß beim Lesen!
Ihr
Florian Horn
Verfahren
Das größte Verfahren gegen einen Geschäftsführer wegen Veruntreuung von 4,6 Millionen Euro begann 2018 gegen Tim L., Geschäftsführer der Sicherheitsdienst 24 GmbH – seine Entschuldigung: „Mit Beginn der Flüchtlingskrise & dem verbundenen Umsatzsprung durch die Betreuung mehrerer Einrichtungen lief die Sache aus dem Ruder.2" Im Laufe des Prozesses kamen weitere Details ans Licht: Drogenkonsum, Luxusautos und ausschweifender Lebensstil auf Mallorca. Das Gericht urteilte: 4 Jahre und 10 Monate3. Im Juli kam er gegen eine Kaution in Höhe von 150.000 Euro auf freien Fuß, woher das Geld kam, fragten sich viele4.
Im April führte das Ordnungsamt Köln beim Sicherheitsdienst des Fußballclubs 1. FC Köln eine Gewerbeüberprüfung durch, das Ergebnis: 560 Mitarbeiter überprüft, 150 mit branchennotwendiger Qualifikation, 410 Mitarbeiter waren reine Servicekräfte ohne Ausbildung. Die kurze Diskussion, wie die Anforderungen der GewO und des DFBs umgesetzt werden sollen, verlief – wie wir noch so oft im Rückblick sehen werden – im Sande5.
Im Mai dann die nächste kleine Hoffnung, dass nun die Behörden stärker gegen schwarze Schafe in der Sicherheitsbranche vorgehen, als der Zoll und die Staatsanwaltschaft in Rostock zehn Standorte einer Sicherheitsfirma wegen Vorwürfen zur Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelten durchsuchten6. Als aber zeitgleich solche Meldungen aus Cottbus kamen, war das Licht der Hoffnung schnell erloschen: 52 Unternehmen mit 2000 Beschäftigten seien hier gemeldet, man munkelt, dass es sei in der Branche bekannt sei, dass die Verwaltung hier rasch Zuverlässigkeitsbescheinigungen ausstelle7. Brandenburg allgemein hat ein Problem: Bei 13 Wachschutzfirmen in Südbrandenburg seien „Querverbindungen zur rechtsextremen oder zur Hooliganszene“ dokumentiert8.
Wie viel jedoch in einer Grauzone oder ganz im unzulässigen Bereich geschah, zeigte eine Razzia im Juli bei einem Sicherheitsdienstleister, der für die Landeserstaufnahmestelle Donauwörth tätig war. Hier wurde erneut wegen Betruges, aber auch wegen Freiheitsberaubung und Körperverletzung gegen Mitarbeiter des Unternehmens ermittelt9.
Im November begann dann der Mammutprozess „Burbach“ gegen 30 Sicherheitsmitarbeiter und zwei Betreuer wegen gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Nötigung in 54 Fällen. Störer wurden in ein sogenanntes „Problemzimmer“ gesperrt und dort physisch als auch psychisch misshandelt. Der mehrere Jahre andauernde Prozess zeigte ein Bild des Versagens aller Beteiligten in dem Umgang mit den Auswirkungen der „Migrationskrise“. Auch wurden Vorwürfe gegen Polizeibeamte erhoben, die das sogenannte „Problemzimmer“ gekannt hätten. Besonders grausam, der Fall wurde erst durch über WhatsApp-versandte Bilder bekannt, die in den Medien kursierte. Der Prozess wird 2019 und 2020 fortgesetzt.
Branche / rechtliche Regelungen
Die Weiterentwicklung, oder besser gesagt die Rückentwicklung der DIN 77200 stieß auf Kritik aus vielen Richtungen, Grundtenor: Die Qualitätsstandards waren früher höher10.
Dann wurde es aber am 25. Mai ernst! Die DSGVO, die übrigens seit bereits einem Jahr gültig war, hatte nun Durchgriffsrecht auf Privatpersonen und Unternehmen. Das Thema Datenschutz in unserer Branche, vor allem im Zusammenhang mit der Videoüberwachung, war in aller Munde: Was ist zu tun, was muss abgeschaltet werden, welche Informationen müssen herausgegeben werden? Strafsummen in immensen Höhen standen im Raum, Panikmache der Superlative und am Ende interessierte sich nach wenigen Wochen kaum noch einer dafür. Auch heute findet man überall noch Ausschilderungen, die den Anforderungen nicht gerecht werden – aber wo kein (vorhergesehener) Kläger, da kein Richter11.
Im Juni dann der Paukenschlag – die Bundestarifkommission hat den Manteltarifvertrag gekündigt, sodass ab Ende September Neuverhandlungen der Tarifwerke stattfinden konnten. Im August dann die Meldung, der BDSW bevorzugt einen Bundesmanteltarifvertrag mit der „Gewerkschaft öffentlicher Dienst und Dienstleistungen“. Ein Ergebnis des Zerwürfnisses: bundesweit 70 Tarifverträge mit 450 Lohngruppen, die Tarifverhandlungen sind inzwischen weitestgehend abgeschlossen. Auch wenn Dr. Olschock die Lohnerhöhung als eine Kröte bezeichnet, die man schlucken müsste, beweisen 12.000 – 13.000 offene Stellen die Bedeutung einer angemessenen Bezahlung.
Am 06. Juli beschäftigte sich der Bundesrat mit den Vorschlägen der Bundesregierung zur Einführung eines nationalen Bewacherregisters. Auch wenn es zu Anfang so aussah, dass die Einführung erneut, erneut, erneut… verschoben bzw. gar nicht kommen würde, wissen wir heute, dass es schließlich doch dazu gekommen ist. Die ersten Arbeiten daran haben begonnen, die praktische Umsetzung ist aber immer noch in Teilen offen. Naja, bis Juni/Juli 2019 ist noch etwas Zeit.
Ende Juli trauerte die Branche um einen Kollegen, der in Nürnberg nach Handgreiflichkeiten vor einem Schnellrestaurant starb. Die Obduktion offenbarte eine Herzerkrankung, der Branche wurde aber mal wieder die potenzielle Gefährlichkeit des Berufes vor Augen geführt.
Sommerzeit war mal wieder Chaoszeit an den deutschen Flughäfen: Fluggastaufkommen wurde falsch berechnet, Staus an der Kontrolle, verpasste Flieger und diesen Sommer vermehrt Meldungen darüber, dass unberechtigte Personen in den Sicherheitsbereich eindringen konnten, was zu erheblichen Sperrungen von Terminals führte12.
Im Gegenzug urteilte das höchste deutsche Gericht, dass der Fluggast selbst die Kosten zu tragen habe, wenn er seinen Flug aufgrund von Stau an der Sicherheitskontrolle verpasst.
Sicherheitstechnik
Ähnlich wie bei privaten Unternehmen, war 2018 auch die Videoüberwachung im öffentlichen Raum auf dem Vormarsch. Immer mehr Städte rüsteten auf, so wie zum Beispiel Mannheim (71 neue Kameras), bei denen sogar eine intelligente Videoüberwachung hinter geschaltet ist, sodass diese Kameras automatisiert Polizeieinsätze auslösen sollen13. In Berlin läuft weiterhin eine Bürgerinitiative, die Sicherheit durch Videokameras verspricht, über Themen wie Verdrängung, Datenschutz und mehr polizeiliche Präsenz wird in solchen Fällen leider selten diskutiert.
Der Hype um diese Form der Sicherheitstechnik wurde im Mai kurzzeitig durch umfangreiche Studien der TU Chemnitz und anderen Wissenschaftlern unterbrochen, die belegten, dass Videotechnik nur im Kontext von personellen, baulichen sowie bürgerschaftlichen Maßnahmen Wirkung zeigte14. Aussagen wie „Ein Attentäter lässt sich nicht von Kameras abhalten“, verhallten aber schnell wieder15.
Grundsätzlich ist aber zu sagen, dass der Sicherheitsmarkt im vergangenen Jahr weiterhin auf Erfolgskurs blieb. Sehr deutlich fiel der Zuwachs bei den lebensrettenden Sicherheitstechniken wie Brandmeldeanlagen (+ 8 % auf 1.950 Millionen Euro) sowie Sprachalarmsysteme (+ 6 % auf 106 Millionen Euro) aus16.
Gewalt gegen Retter
Bereits Anfang des Jahres diskutierten wir über die zunehmende Gewalt gegenüber Rettungskräften, Polizisten und Feuerwehrkräften. Ergänzt wurde die Diskussion im Jahresverlauf durch Übergriffe in Krankenhäuser, Jobcentern und im ÖPNV. Die Kosten der Heilbehandlung und der Unfallentschädigungen für die Betroffenen gehen in die Millionen. Die Berliner Dienstbehörden allein mussten im vergangenen Jahr 1,65 Millionen Euro für Polizisten und fast 248.000 Euro für Feuerwehrleute aufbringen17.
Auch Gotteshäuser waren betroffen, so konnte im Juni eine offensichtlich verwirrte Person im Berliner Dom nur durch Schüsse der Polizei gestoppt werden. Dabei wurde ein Beamter schwer verletzt.
Auch wir als Private Sicherheitskräfte wurden angegriffen, ein Fall sorgte im Juli 2018 für Schlagzeilen. Ein Luftsicherheitskontrolleur wurde am Düsseldorfer Flughafen hinterrücks mit einem Cuttermesser angegriffen und am Kopf schwer verletzt, der Täter offenbar verwirrt und drogenabhängig18.
Mit der Rückrunde der Fußballbundesliga trat auch das Phänomen Pyrotechnik im Stadion wieder vermehrt auf, vor allem nachdem Ordner und Polizeikräfte verletzt wurden. Eine Diskussion wie dem Phänomen begegnet werden solle, überlebte den Anbruch der Winterpause nicht. Fangruppierungen und Vereine stehen sich feindschaftlich wie nie gegenüber.
Subjektive vs. Objektive Sicherheit
Ebenso begleitete uns das ganze Jahr über das Thema objektive versus subjektive Sicherheit. Die objektiven Zahlen aus der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik waren zwar rückläufig, das subjektive Unsicherheitsgefühl aber konstant hoch. Nicht nur, dass dies durch bestimmte Parteien zum Wahlkampf missbräuchlich genutzt wurde, veränderten auch die Taten Einzelner das gesellschaftliche Leben und das Stadtbild maßgeblich. Individuelle Ängste stiegen stärker und schneller, als es die Kriminalitätsstatistik hergab19. Eine sachliche Diskussion und Kontextbetrachtung waren kaum noch möglich. Wer mit sachlichen Argumenten versuchte zu überzeugen, marginalisierte, verharmloste und war in manchen Diskussionen Feind der Andersdenkenden20.
Die Angst vor Anschlägen führte so weit, dass während eines Public Viewings in Turin das Handeln von Dieben (Pfefferspray in die Menge) für eine Massenpanik sorgte, bei der eine Frau starb und 1.500 Menschen verletzt wurden21.
Im Frühling führten wir eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über ein grundsätzliches Messerverbot bzw. ein Verbot zum Mitführen von Messern. Mehrere Ereignisse hatten dafür gesorgt, dass Straftaten durch Messer im Fokus standen22. Im Ergebnis gab es immer wieder bundesweite Allgemeinverfügungen zum Mitführverbot gefährlicher Gegenstände der Bundespolizei im ÖPNV, die hier aufgefundenen Waffen waren in Anzahl und Umfang beängstigend.
Unterfüttert wurde dies mit immer wieder veröffentlichten Statistiken, was bei Einlasskontrollen an Gerichten gefunden wird – so zum Beispiel in Brandenburg: „4.335 gefährliche Gegenstände [sind] entdeckt worden. Auch verbotene Waffen wie Messer und Schlagringe waren darunter […].23“
Eine Konsequenz war, dass im Bundeshaushalt 2018 das Bundesministerium für Inneres, Bau und Heimat einen 50%igen höheren Etat gegenüber 2017 erhielt24.
Die Vergabe von Bewachungsdienstleistungen von Landeseigentum war ein großartiges Geschäft für uns, wer aber da den Überblick behalten sollte, blieb offen: Berlin gab 2017 70 Millionen Euro für private Sicherheitsdienste aus, engagierte 67 verschiedene Firmen und wegen Personalmangels beim Zentralen Objektschutz der Polizei wurden auch Polizeidienststellen und Kasernen privat gesichert25.
Events
Ostritz war im April in aller Munde, hier veranstaltete die NPD ein rechtes Festival, bei dem auch ein Sicherheitsdienst namens „Arische Bruderschaft“ zur Absicherung zum Einsatz kam. Bemühungen von einzelnen Politikern mögliche Verstöße gegen die Gewerbeordnung verfolgen zu lassen, verliefen schnell im Sande. Im Juni wurde das Verfahren gegen die Unternehmensvertreter aufgrund des „Verwendens verfassungswidriger Symbole” eingestellt26.
Auch das gehörte 2018 dazu: Die Heirat von Prinz Harry und Meghan. London ließ ein Großaufgebot an Sicherheitskräften auffahren: Fahrzeugbarrieren, Flugzeugchecks, Scharfschützen und Zugangskontrollen27. Die Hochzeit verlief ohne Vorkommnisse.
Ende Juni fand dann der Parteitag der AfD in Augsburg statt. Eine linke Gruppierung hatte sich eine Menge Mühe gemacht und einen Reiseführer für Krawalltouristen herausgegeben. Dieser enthielt auch die Anschriften von Hotels und privaten Sicherheitsdienstleister, die als Auftragnehmer und als mögliche Angriffsziele in diesem Zusammenhang identifiziert wurden – glücklicherweise blieb es jedoch verhältnismäßig ruhig28.
Auch für den G7-Gipfel in Kanada gab es Zahlen zu Sicherheitskosten: 260 Millionen Euro für Polizei & Sicherheitsbehörden (Einsatz der Polizei 170 Millionen Euro); 3,7 km Metallzaun mit CCTV; 2,2 Millionen Euro für Verlegung & Verpflegung von 3.000 Polizisten & Diensthunden29.
Was soll ich zur Fußball-Weltmeisterschaft sagen? Viel Geld für Sicherheitsmaßnahmen in Deutschland ausgegeben, die dann nicht mal ein neuerliches Sommermärchen unterstützten: 500 Sicherheitskräfte, 118 mobile Straßensperren und Terroristen, die als Einzeltäter unplanbar angreifen, so titelte der Focus für Berlin30. Russland gab in Bezug auf eigene Sicherheitsdienste an, dass das Ereignis friedlich verlaufen sei und Terroranschläge verhindert wurden.
Das Oktoberfest war für die Wirte das teuerste seit seiner langen Tradition, mehr als 9 Millionen Euro für Sicherheitsmaßnahmen, mehr als die Hälfte für private Sicherheitsdienstleister, denn über 700 Kräfte waren im Einsatz. Nicht nur derentwegen war es eine weitestgehend friedliche Wies’n31. Sicherheitstechnisch sehr interessant war der Einsatz von sogenannten Super-Recognizer bei der Münchener Polizei. Diese Menschen verfügen über die seltene Fähigkeit einmal gesehene Gesichter auch noch nach Jahrzehnten wiederzuerkennen32.
Am Ende des Jahres kamen dann die Weihnachtsmärkte, die uns alle Jahre wieder schwer beschäftigten. Deutsche Sicherheitsverantwortliche erklärten dem Bürger, dass Anschläge ausschließlich durch LKW-Sperren verhindert werden könnten. Der Anschlag durch einen mit einer Schusswaffe bewaffneten Einzeltäter in Strasbourg bewies, dass der einsame Wolf Schaden anrichten kann, während Berlin den Breitscheidplatz als Festung ausbaute und neue Techniken versuchte. Gegen Drohnen und Einzelpersonen scheint jedoch kein Kraut gewachsen zu sein.
Habe ich etwas vergessen? Bestimmt! Wünsche ich mir bessere Nachrichten für 2019? Aber sicher! Vor allem wünsche ich mir aber, dass wir alle objektiver mit dem Thema Sicherheit umgehen können, sodass auch die private Sicherheitswirtschaft den Stellenwert bekommt, den sie verdient!
Wer es bis hierhin geschafft hat, dem wünsche ich ein gesundes, sicheres neues Jahr 2019! Oder, um es mit den Worten von Erich Kästner auszudrücken:
„Wird's besser? Wird's schlimmer? fragt man alljährlich. Seien wir ehrlich: Leben ist immer lebensgefährlich!“
1 Das Jahr 2018 wird entgegen der nachfolgenden Jahre noch themenspezifisch zusammengefasst.
2https://www.lokalo24.de/lokales/kassel/geht-veruntreuung-ueber-vier-millionen-euro-jetzt-spricht-ex-sicherheits-boss-9764331.html
3https://twitter.com/kassellive/status/1008742130620227584
4https://twitter.com/HNA_online/status/1019270249819058178
5https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/fc-koeln-sicherheitsdienst-qualifikation-100.html
6http://www.ostsee-zeitung.de/Mecklenburg/Rostock/Razzia-bei-Sicherheitsdienst-Zoll-ermittelt-gegen-ABS
7https://www.lr-online.de/lausitz/cottbus/neuer-sicherheitsdienst-fuer-das-stadtfest_aid-23230731
8https://www.berliner-zeitung.de/berlin/brandenburg/kampf-gegen-kriminalitaet-polizei-setzt-jetzt-massiv-auf-private-hilfssheriffs-31598710
9https://www.merkur.de/bayern/donauwoerth-polizei-ermittelt-gegen-security-von-erstaufnahme-10048323.html
10http://sicherheitsberatung-horn.com/onewebmedia/180525%20Sicherheitsberatung%20Florian%20Horn%20Kommentar%20DIN%2077200-1%202017-11.pdf
11http://www.sicherheit.info/go/2109578?Open
12https://www.sueddeutsche.de/panorama/sicherheit-an-flughaefen-es-liegt-nicht-am-system-es-liegt-am-faktor-mensch-1.4086756
13https://twitter.com/welt/status/964091982523060225
14https://www.freiepresse.de/LOKALES/CHEMNITZ/Mehr-Sicherheit-durch-Kameras-Was-Wissenschaftler-dazu-sagen-artikel10212103.php?cvdkurzlink=x
15https://www.ksta.de/koeln/koeln-archiv/interview-zu-videoueberwachung--ein-attentaeter-laesst-sich-nicht-von-kameras-abhalten--30429996
16http://www.sicherheit.info/go/2110308?Open
17https://twitter.com/berlinerzeitung/status/1058624638618624000
18 https://www.bild.de/regional/duesseldorf/polizei/messer-angriff-am-flughafen-duesseldorf-56194428.bild.html###wt_ref=https%3A%2F%2Ft.co%2FCk547yWfPw&wt_t=1546257749058
19https://www.br.de/nachricht/bayern-zwischen-kriminalitaetsstatistik-und-bauchgefuehl-100.html
20http://www.fr.de/politik/meinung/leitartikel/kriminalitaet-wenn-die-statistik-nicht-ins-konzept-passt-a-1492684?GEPC=s3
21https://www.berliner-zeitung.de/panorama/1500-verletzte-diebe-sollen-fuer-panik-bei-public-viewing-in-turin-verantwortlich-sein-30015148
22https://www.welt.de/debatte/kommentare/article175048713/Innere-Sicherheit-Macho-Messer-Verbot-waere-wichtiger-als-jede-Islam-Debatte.html
23https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2018/04/gefaehrliche-gegenstaende-gerichte-brandenburg.html
24https://twitter.com/dpa/status/991684776594690048
25https://www.morgenpost.de/politik/article214281673/Berlin-gibt-70-Millionen-Euro-fuer-private-Wachdienste-aus.html?__pwh=txFE7pGwWra7qPhf6Nx5yg%3D%3D
26https://twitter.com/SiBeFH/status/988302355492933633,https://www.stern.de/panorama/zwei-gekreuzte-granaten---so-verehren-neo-nazis-den-schlimmsten-sadisten-der-ss-7954230.html?utm_campaign=artikel-header&utm_medium=share&utm_source=twitter
27https://www.stern.de/lifestyle/leute/prinz-harry-und-meghan-markle-so-wird-fuer-die-sicherheit-am-19--mai-gesorgt-7920948.html?utm_campaign=artikel-header&utm_medium=share&utm_source=twitter
28https://twitter.com/SiBeFH/status/1001366248092045312
29https://www.t-online.de/nachrichten/ausland/internationale-politik/id_83902860/kanada-blaettert-fuer-zwei-tage-g7-400-millionen-euro-hin.html
30https://www.focus.de/regional/berlin/berlin-terror-abwehr-bei-fussball-wm-strassensperren-mps-panzerwagen-meilenweit-sicherheit_id_9069312.html
31https://www.br.de/nachricht/oberbayern/inhalt/wird-die-wiesn-wirklich-teurer-100.html
32https://www.tag24.de/nachrichten/muenchen-polizei-super-recogniser-geheimwaffe-aufklaerung-straftaten-bayern-deutschland-650011
2018 hatte ich mir zum Jahresabschluss einen objektiven Umgang mit Sicherheitsthemen gewünscht. Ob das in Erfüllung gegangen ist, werden wir sehen.
Der Rückblick zum Jahr 2019 ist diesmal nach Monaten, statt nach Themenfeldern aufgebaut.
Januar
Das Jahr 2019 startet mit der Fortsetzung eines der größten Prozesse des Jahrhunderts gegen Sicherheitsmitarbeiter - so zumindest der Tenor noch Anfang des Jahres zum Burbach-Prozess. Die vorliegenden Beweise sind schwerwiegend. Doch da irgendwie jeder in dieser Einrichtung von den Straftaten wusste, aber keiner etwas tat - so beschwerte sich beispielsweise einer der Betreuer, dass “die Wachleute keine Rücksprache mehr mit ihm halten” und dass das “Problemzimmer eigentlich gar nicht existierte” – war die Beweisführung sehr kompliziert. Einige Sicherheitsmitarbeiter stellten sich im Kontext der Beweise (z.B. die WhatsApp-Chatverläufe) ihrer Verantwortung und gestanden Einzeltaten, wie z.B. die Fesselung eines Flüchtlings an einen Laternenmast.33
Dies führte zu den ersten Verurteilungen: Zunächst hing das Gericht ein Preisschild an Freiheitsberaubung, Nötigung und Körperverletzung im Mai gegen vier Sicherheitsmitarbeiter - Geldstrafen in Höhe von nur 300 bis 6.800 Euro34. Im August dann eine Bewährungsstrafe von 8 Monaten, ein verabredetes Strafmaß aufgrund seiner Aussagen für vier Fälle der gemeinschaftlichen Freiheitsberaubung, einmal davon in Tateinheit mit einer gefährlichen Körperverletzung35. Für die Verantwortlichen als stellv. Heimleitung gab es hingegen einen Freispruch im Oktober36. Alles in allem scheint der Jahrhundertprozess ähnlich wie der Prozess um das tragische Ereignis der Loveparade in Duisburg zu verlaufen: groß angekündigt, wenige Verurteilungen und noch weniger Aufklärung, wie es eigentlich zu diesem Kontrollverlust des Menschseins gekommen war. Da half auch nicht die Schlagzeile im Dezember, dass ein Polizeibeamter eine nicht genehmigte Nebentätigkeit in der Unterkunft gehabt habe und deswegen ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet wurde. Er soll von den Misshandlungen gewusst und Teil der Chatgruppe gewesen sein37. Am Ende bleibt nur die traurige Gewissheit, dass hier neben den privaten auch die staatlichen Kontrollmechanismen nicht gegriffen haben.
Februar
Auch der Februar startete nicht mit guten Nachrichten für unsere Branche, dafür mit dem Prozessabschluss aus 2018 gegen die Sicherheitsdienst 24 GmbH in Kassel. Dem Geschäftsführer Tim L. und seiner Ex-Frau wurden Umsatzsteuerhinterziehung in Höhe von 720.000 Euro und Sozialabgabe- sowie Steuerbetrug in Höhe von 3,5 Millionen Euro nachgewiesen. Er erhielt eine Haftstrafe von 4 Jahren und 10 Monaten, die nach Zahlung einer Kaution in Höhe von 150.000 Euro - woher kam das Geld bloß *zwinker-Smiley* - bis zu einem rechtskräftigen Urteil außer Kraft gesetzt wurde. Sie hingegen 1 Jahr und 6 Monate auf Bewährung38.
Dabei steht dieses Unternehmen nicht allein da, vor allem in Hessen ist die Sicherheitsbranche besonders anfällig für Steuerbetrug: 400 aktuelle Fälle im Jahr 2019 und ein Anstieg von 100 Fällen von 2016 auf 201739.
Auch im Februar dann diese Schlagzeile “Securityfirma eines Neonazis bewacht KZ-Gedenkstätte40” und keiner wusste zu diesem Zeitpunkt, welche Erkenntnisse uns noch zu Rechten in der Sicherheitsbranche erwarten würden. Wobei: Unerwartet hätte das nicht sein dürfen, hieß es 2018 noch im Verfassungsschutzbericht, dass 13 Firmen mit Verbindungen zur rechtsextremen Szene existierten. Doch eins nach dem Anderen - was war passiert: Der Hauptauftragnehmer der Bewachungsleistung im KZ Sachsenhausen hatte offenbar ohne Kenntnis des Auftraggebers die Dienstleistung an einen Subunternehmer vergeben. Das Positive daran? Der Hinweis über das dort eingesetzte und beschuldigte Unternehmen “Boxing Security” kam offenbar aus der Branche selbst.
Mit dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) sprach ich über das Unternehmen, die Vorwürfe und wie solche Ereignisse zu Stande kommen können. Ebenso war Thema, was in der neuen Ausschreibung stehen müsste und welche Pflichten auch der Auftraggeber hat, vor allem bei solch sensiblen Objekten und wie man vielleicht frühzeitig (z.B. durch Interesse am eigenen Dienstleister) diesen Skandal hätte verhindern können.41 Im Juli nahm der neue Sicherheitsdienst in den KZ-Gedenkstätten seine Arbeit auf, man rühmte sich damit, dass neue Kontrollmechanismen implementiert wurden (z.B. die Überprüfung der Personale durch den Verfassungsschutz). Ich bezweifelte sehr stark den Erfolg dieser Maßnahme, wenn man zuvor schon nicht wusste, wer sich als Dienstleister in den eigenen Anlagen bewegte42 und man somit auch im Kern organisatorisch versagt hatte.
März
Dass der Sicherheitsdienst auch mal der Angeschmierte sein kann, belegte ein Fall im März aus Berlin: Ein Streifenwagen auf Einsatzfahrt rammte den Dienstwagen - das Ergebnis: 10.000 Euro Sachschaden, verletzter Mitarbeiter und Arbeitsausfälle. Die Aufarbeitung nicht möglich, denn die Akte war “zufälligerweise” verschwunden43.
Am Flughafen Köln/Bonn kommt es zu einem Raubüberfall auf einen Geldtransporter, wobei ein Sicherheitsmitarbeiter durch einen Schuss lebensgefährlich verletzt wurde. Der erbeutete Geldbetrag ist nur gering44.
Ein ähnlicher Vorfall wird sich wenige Monate später in Frankfurt am Main bei IKEA wiederholen. Auch hier verletzte der Täter einen Sicherheitsmitarbeiter lebensgefährlich - die Polizei sieht einen Zusammenhang45. Noch 2020 wird man nach den Täter fahnden.
April
Im April erstarrte dann Paris mal wieder in Schockstarre, doch diesmal nicht ausgelöst durch einen tragischen Terroranschlag, sondern durch den Brand des berühmten Wahrzeichens “Notre Dame”. Im Juli dann die tragische Überraschung, der Brand konnte sich 30 Minuten lang ungestört ausbreiten, da mit der Begründung “Die Kathedrale steht seit 800 Jahren, sie wird nicht einfach so abbrennen” an der Sicherheit eingespart wurde. Zudem existierten erhebliche Mängel bei der Einweisung, der Mitarbeiter an diesem Tag war an seinem vierten Arbeitstag bereits allein und wohl maßlos überfordert - verständlicherweise46.
Aber auch in Hamburg gab es im selben Monat tragische Nachrichten: Ein Kameruner stirbt nach einem Security-Einsatz im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Offenbar war der Patient in der psychiatrischen Abteilung nach der Verweigerung der Medikamenteneinnahme durch das Sicherheitspersonal fixiert worden, worauf es zu einem nicht näher definierten medizinischen Notfall gekommen sei47.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und des LKA Hamburgs liefen noch, da wurde das Ereignis zum Politikum. Nach Anfragen der Linken in der Hamburger Bürgerschaft kam heraus, dass es im UKE im laufenden Jahr bereits zu hunderten Interventionseinsätzen des Sicherheitsdienstes gekommen sei, das (Klinik-)Personal wäre überlastet und eine Videoüberwachung existiere ebenfalls nicht48. Zudem hätte es in der “jüngeren Vergangenheit” - was auch immer das konkret bedeute - vier Ermittlungsverfahren gegen Sicherheitsmitarbeiter, darunter drei wegen Verstößen gegen die körperliche Unversehrtheit gegeben. Eine vollständige Übersicht konnte man jedoch nicht liefern49.
Es begann ein wildes Hin und Her der Vorwürfe, der Sicherheitsdienst verwies auf ein existierendes Schulungskonzept mit dem Schwerpunkt Deeskalation50, dem gegenüber stand ein 17-seitiges Protokoll aus dem Jahr 2017, in dem über ein hohes Maß an Gewaltbereitschaft des Sicherheitsteams gesprochen wurde51. Am Ende sprach keiner mehr über das Opfer, genauso wenig wie die Staatsanwaltschaft im Dezember: es läge kein rassistisches Motiv vor und die Fixierung am Boden sei höchstwahrscheinlich nicht die Todesursache52.
Mai
Man hätte meinen können, dass aus dem Vorfall im Bode-Museum über notwendige Sicherheitsmaßnahmen bei der öffentlichen Ausstellung von Kunstwerken gelernt worden wäre. Dass dies nicht so ist, zeigte der Diebstahl des “Goldenen Nests”, einem Kunstwerk aus 74 Zweigen zu je 814 Gramm Feingold und einem Gesamtwert von 30.000 Euro aus der Fuchsberg-Grundschule in Berlin-Marzahn. Seit November hatte es mehrere Einbruchversuche und Alarmauslösungen gegeben, sodass durch den verantwortlichen Chef des Sicherheitsdienstes entschieden wurde und, um Kosten zu sparen, eine Intervention trotz Mehrfachauslösung nicht durch die Polizei durchzuführen sei. Als der Sicherheitsmitarbeiter vor Ort eintraf, konnte nur noch eine leere Vitrine festgestellt werden. Verbindungen zur Clan-Kriminalität wurden schnell gezogen, übrigens zu derselben Familie, die auch die Drahtzieher hinter dem Coup im Bode-Museum gewesen sein soll.53
Auch im Mai: Korruptionsskandal am Genfer Flughafen. Bei der Vergabe eines öffentlichen Auftrages soll es zu Zahlungen gekommen sein. Daraufhin wurden der Leiter der Abteilung Sicherheit sowie ein Verantwortlicher einer Genfer Sicherheitsfirma festgenommen. Letzterer sollte die Ausbildung der Sicherheitspersonale am Flughafen vornehmen, im Oktober wurde dann der Vertrag gekündigt54.
Juni
Von wegen Sommerloch, der Juni beginnt mit der Fortführung des Goldmünzen-Prozesses aus dem Bode-Museum und der Befragung des Referatsleiters Sicherheit der staatlichen Museen zu