Security Management für Hotelbetriebe - Florian Horn - E-Book

Security Management für Hotelbetriebe E-Book

Florian Horn

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Beschreibung

Die Hotellerie gilt als eine der am schnellsten wachsenden Branchen in Deutschland. In diesem vollständig überarbeiteten Buch geht der Autor auf notwendige Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz von Mitarbeitern, Gästen und Dritten ein. Dieses Werk hilft Antworten auf die Fragen nach dem Verständnis von Hotelsicherheit in Deutschland und nach der notwendigen Implementierung von Sicherheitsmaßnahmen als Mindeststandard zu finden. Zudem soll es dabei helfen, die Risiken und spezifischen Sicherheitsanforderungen in einem Beherbergungsbetrieb anhand von Checklisten zu identifizieren. Der Leser wird dabei unterstützt, technische, organisatorische oder personelle Maßnahmen zu bewerten, zu implementieren und umzusetzen. Ein Pflichtwerk für jeden Verantwortlichen - mit oder ohne Vorkenntnisse im Securitymanagement.

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Seitenzahl: 143

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1.0 Corporate Security in Beherbergungseinrichtungen

1.1 Differenzierung Security und Safety

1.2 Rolle und Stellung in der Sicherheitsarchitektur

1.3 Sicherheitsbedürfnis als Definitionsansatz der Hotelsicherheit

2.0 Risiko- und Sicherheitskonzeption

2.1 Mythos Hotelsicherheit?

2.2 Struktur eines Sicherheitskonzepts

2.3 Risiken von Beherbergungsstätten

2.3.1 Spezifische Tatbegehungen und deren Wirkungsweisen

2.4 Schutzziele und Schutzgüter

2.5 Business-Continuity- und Notfallmanagement

2.6 Geltende Regelungen und Sicherheitsvorgaben

2.6.1 Arbeitssicherheitsinformation 9.02

2.6.2 VdS-Vorschriften

3.0 Technisches Sicherheitskonzept

3.1 Strategischer Ansatz „Sicherheitsproduktion“

3.1.1 Sicherheitsproduktion am Ansatz der Videoüberwachung

4.0 Organisatorisches Sicherheitskonzept

4.1 Organisationstheorien als Präventionsmaßnahmen

4.2 CPTED – Kriminalprävention durch Umweltgestaltung

4.2.1 Kriminalprävention und CPTED

4.2.2 Territorialität

4.2.3 Natürliche Überwachung

4.2.4 Image

4.2.5 Milieu

5.0 Personelle Sicherheitsdienstleistungen

5.1 Nehmen wir uns die Zeit?

5.2 Rechtlicher Hintergrund

5.3 Definition der personellen Sicherheitsdienstleistung

5.4 Merkmale eines seriösen Sicherheitsdienstleiters

5.5 Nachweise der Sicherheitsdienstleister

5.6 Erweiterte Anforderungen an den Sicherheitsdienstleister

5.7 Pflichten des Sicherheitsdienstleisters

5.8 Goldene Regeln – kleine Checkliste für eine Beauftragung

5.9 Merkmale einer qualitativ-hochwertigen Ausführung

5.10 Vertragsstrafen oder Belohnungen?

6.0 Kosten von Sicherheitsmaßnahmen

7.0 Konkrete Sicherheitsempfehlungen

7.1 Sicherheit durch konkrete Arbeitsabläufe

7.2 Maßnahmen zu praktischen Problemen

7.2.1 Sicherheits- und Kontrollgänge

7.2.2 Verbringung von Tageseinnahmen

7.2.3 Informationsmanagement durch Sicherheitskommunikation

8.0 Die Gastperspektive

8.1 Online-Buchungen und Check-In

8.2 Etagenwahl

8.3 Orientierungsmöglichkeiten

8.4 Sicherheit im Hotelzimmer

8.5 Der Hotelsafe

9.0 Bewertungsmatrix „sichere Übernachtung“

10.0 Weiterführende Literatur

11.0 Stichwortverzeichnis

VORWORT

Hotelbetriebe definieren sich als „Betrieb mit Rezeption, Dienstleistungen und zusätzlichen Einrichtungen, in dem Unterkunft und in den meisten Fällen Mahlzeiten verfügbar sind1“. Das Beherbergungsgewerbe unterscheidet dabei im Allgemeinen zwischen unterschiedliche Betriebs- und Beherbergungsarten (z.B. All-Suite-Hotel, Aparthotel, Ferienhaus, Kurhotel, etc.).

Das wird für die nachfolgenden Seiten jedoch keinen wesentlichen Unterschied machen, denn Sie werden feststellen, dass nicht jede Maßnahme auch zu jedem Beherbergungsbetrieb passt. Das soll auch das Ziel des Ihnen vorliegenden Buchs sein: Sie sollen in die Lage versetzt werden aus einem Blumenstrauß an Maßnahmen und Risiken die passenden Lösungen für Ihre Einrichtung oder Ihren Kunden zu finden.

Nach Zahlen von Statista lag der Umsatz des Beherbergungsgewerbes in Deutschland 2018 um die 32 Milliarden Euro bei 51.229 geöffneten Beherbergungseinrichtungen und 477,6 Millionen Übernachtungen2. Seit 2010 ein stetig wachsender Markt, wenn man die jährlichen Umsatzsteigerungen zwischen 2,6% und 3,3% vergleicht3.

Dahingehend ist die Hotellerie mit ihrem Umsatz in der Sicherheitswirtschaft so verschwindend gering, dass er entgegen der Zahlen des Einzelhandels (6% Umsatzanteil) oder Militärische Liegenschaften (3%) in den Daten des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft nicht ausgewiesen wird4.

Zwar sind einzelne strafrechtliche Tatbestände wie beispielsweise der „schwere Diebstahl aus Gaststätten, Kantinen, Hotels und Pensionen“ in den erfassten Fällen 2019 um 8,5% (insgesamt: 16.452 Fälle) rückläufig5, doch dürfen wir nicht vergessen, dass jeder einzelne Fall das Urlaubs- und Reisevergnügen des Gastes stört und kognitiv mit Ihrem Haus negativ verbunden werden kann. In Zeiten von social media kann eine negative Bewertung oder ein negativer Post über Buchungsanfragen weiterer Gäste entscheiden. Der Schaden am Gast beziehungsweise am Betreiber lag in 43,4% der Schadensfälle zwischen 500 € und 5.000 €6. Würden Sie in ein Hotel zurückkehren, in dem Sie bestohlen wurden? Reichen Ihre Margen aus, um den Schaden zu kompensieren?

Als Sicherheitsmanager war ich in den vergangenen 10 Jahren nicht nur so häufig auf Dienstreisen, dass mein Schreibtisch oftmals erst entstaubt werden musste, bevor ich an meinem regulären Dienstort wieder arbeiten konnte. Ebenso war ich für die Erbringung von personellen Dienstleistungen und der Beratung von Hoteliers verantwortlich. Dabei führten mich meine Reisen in das innerdeutsche Land sowie europäische Ausland. Doch nur sehr selten habe ich erleben können, dass ich mit einem zufriedenen Gefühl meine Nachtruhe angetreten habe. Vielerorts fing es mit Kleinigkeiten wie dem lauten Verkünden meiner Zimmernummer und meines Namens beim Einchecken an, ging dann weiter mit dem Aushändigen von Ersatzschlüsselkarten, ohne einer Kontrolle, ob ich überhaupt derjenige bin, für den ich mich ausgebe und endete mit offenstehenden Türen nach der Zimmerreinigung und verheerenden Brandschutzmängeln.

In Gesprächen mit Hotelbetreibern und im direkten Vergleich zu anderen Kunden lernte ich früh, dass sich Einrichtungen, über die wir in diesem Buch sprechen werden, erheblich von der klassischen Unternehmenssicherheit unterscheiden. Nicht nur, dass es keinen nachvollziehbaren Grund gibt klassische Ansätze des Werkschutzes zu nutzen (Perimeterschutz, Abriegelungen, strenge Besucherregelungen), auch in dem Kern und der Philosophie der Hotellerie liegen ganz andere Anforderungen und Bedürfnisse.

Dieses Buch soll auch kein Anprangern darstellen oder sie in eine Rechtfertigungssituation bringen – ich werde vermeiden konkrete Namen zu nennen. Das Buch kann uns allen nur helfen besser zu werden, von den Fehlern anderer zu lernen und unserem eigentlichen Ziel ein Rundumsorglos-Paket für den Gast zu schnüren, unterstützen.

Aus diesem Grunde wollen wir uns mit den folgenden Themen beschäftigen: Welches Verständnis von Hotelsicherheit gibt es und weshalb ist dieser Begriff schwer definierbar? Welche spezifischen Sicherheitsanforderungen liegen in einem Beherbergungsbetrieb vor? Welche Sicherheitsmaßnahmen werden von der Berufsgenossenschaft empfohlen, um spezifische Risiken zu minimieren? Und ganz grundsätzlich die Beantwortung der Fragestellung welche personellen, organisatorischen und technische Maßnahmen gibt es als Reaktion auf spezifische Risiken.

1 DIN EN ISO 18513:2013 (E/F/D) – Tourismus und andere Arten touristischer Unterkünfte (S. 6 – Punkt 2.2.1)

2https://de.statista.com/themen/2639/beherbergungsgewerbe-in-deutschland/#:~:text=Von%20den%20rund%208.100%20klassifizierten,es%20insgesamt%20123%20in%20Deutschland., Stand: 27.07.2020

3 Hierbei wurden die beiden statistischen Ausreißer von 2010 mit 6,7% und 2013 von 0,3% nicht berücksichtigt.

4https://public.tableau.com/profile/bdsw#!/vizhome/Beschftigte_1/80 & https://www.bdsw.de/images/statistiksatz/Statistiksatz_BDSW_BDGW_BDLS_2019 _0301.pdf

5 PKS Bundesrepublik Deutschland, Jahrbuch 2019 (67. Ausgabe)

6 PKS Bundesrepublik Deutschland, Jahrbuch 2019 (67. Ausgabe)

1.0 CORPORATE SECURITY IN BEHERBERGUNGSEINRICHTUNGEN

In meinem Vorwort wurde bereits deutlich, dass sich die Hotelsicherheit von der klassischen Unternehmenssicherheit abgrenzt. Nicht nur in dem Schutzziel des „Wirtschafts- und Produktionsschutzes“, auch in der Philosophie und dem Geschäftszweck der Einrichtung. Ist es beispielsweise in Produktionsbetrieben, Forschungseinrichtungen oder im Einzelhandel wichtig durch offensive und sichtbare Maßnahmen einen potenziellen Täter abzuschrecken, ist es im Bereich der Beherbergungen notwendig, dass nicht gleichzeitig die Gäste auch mit abgeschreckt werden. Wer in seinem wohlverdienten Jahresurlaub von Überwachungskameras, Stacheldraht und hohen Zäunen umgeben ist, wird in den seltensten Fällen ein Gefühl der Erholung bekommen.

Genauso sind auch die Angriffsszenarien völlig unterschiedlich, der Wirtschafts- und Spionageschutz wird als primäres Schutzziel keine tatsächliche Rolle im Beherbergungsbetrieb spielen.

Nichtsdestotrotz ist es notwendig, dass wir uns in diesem Kapitel zunächst mit den Grundbegriffen der Sicherheit beschäftigen, Hotelsicherheit exemplarisch erklären und die Schwierigkeiten deutscher Sicherheitsmanager in diesem Bereich kurz umreißen.

1.1 DIFFERENZIERUNG SECURITY UND SAFETY

Deutschland hat ein „Sicherheitsproblem“, denn unsere Sprache kennt nur ein Wort für alle Aspekte des Schutzes – nämlich Sicherheit. Sicherheit umfasst dabei aber sämtliche gesetzlichen und auch nicht rechtlichbindenden Formen: Arbeitssicherheit, betriebliche Sicherheit, Sicherheitsdienst, physische Sicherheit, IT-Sicherheit, Lebensmittelsicherheit, etc.

Spricht man in der Fachliteratur von „Sicherheit“, dann muss zunächst dieser Begriff nähergehend differenziert werden. Eine eigene Begriffsdefinition für „Hotelsicherheit“ lässt sich in der Wissenschaft nicht finden, sodass wir hier zunächst die beiden englischen Begriffe „Safety“ und „Security“ unabhängig einer Branchenspezifizierung betrachten müssen.

In der Corporate Security (Unternehmenssicherheit) wird zwischen diesen beiden Fachbegriffen unterschieden, die auf jeweils unterschiedliche Schutzgüter (Assets – Kapitel „Schutzziele und Schutzgüter“ Seite 38) abzielen. Security wird dabei als Begriff der Abwehr von vorsätzlich von Menschen begangenen kriminellen Handlungen verstanden und bezieht die tangiblen und intangiblen Assets ein.

Safety umfasst „alle Sicherheitsaufgaben, die direkt oder indirekt mit dem Betriebsprozess […] verbunden sind7“ und schützt das Gut Individuum – über Schutzvorschriften – vor allem im Bereich des Arbeitsschutzes vor fahrlässigen menschlichen Verhalten und/oder technisches Versagen von Maschinen im Produktionsprozess.

Wir könnten also auch einfach sagen: kriminelles Verhalten versus Unfallschutz, auch wenn sich das nicht immer so sauber trennen lässt und in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis tritt.

Während in anderen Arten von Wirtschaftsunternehmen zwar der jeweilige Mitarbeiter eine Verantwortung im Rahmen seiner Arbeitsleistung auferlegt bekommt (z.B. Einhaltung von Compliance-Richtlinien, Clean-Desk-Policies, etc.), sind andere Funktionen für die aktive Abwehr von Schäden am und im Unternehmern verantwortlich: Sicherheitsmanager und Sicherheitsdienst (Werkschutz).

Das ist in der Hotellerie oftmals anders: Die Aufgaben zum Schutz der definierten Assets werden auf bereits vorhandene Mitarbeiter delegiert oder es wird der Versuch unternommen, Security-Aufgaben in der Breite der Belegschaft zu organisieren. Oftmals bzw. bei erkannten Schwerpunkten kommen dann Sicherheitsdienste zum Einsatz, die aber nur selten Einfluss auf die hausinternen Prozesse nehmen.

Gleichzeitig stellt sich jedoch grundsätzlich die Frage, wer zu den Verantwortlichen der Hotelsicherheit im privatrechtlichen Bereich zählt. Für den Bereich „Safety“ ist es eindeutig: Alle nach der Berufsgenossenschaft geforderten und gesetzlich vorgeschriebenen Akteure, wie beispielsweise der Sicherheitsbeauftragte gemäß § 22 SGB VII oder der Leiter der Beherbergungsstätte nach der Sonderbauverordnung des Landes Berlin.

Problematisch wird es jedoch für den Aspekt der „Security“, denn es gibt keine gesetzlichen Anforderungen an einen Betreiber einen Mindeststandard für „Sicherheit“ zu erfüllen. Die Pflicht der unternehmerischen Risikovorsorge würde ich – auch wenn Schnittmengen existieren – eher dem Bereich „Safety“ zuordnen.

Aufgrund dieser Anforderungen ist es umso nachvollziehbarer, dass es für den Securityaspekt innerhalb der Hotellerie nur eine Positionsbeschreibung gibt, die den Aspekt der Sicherheit tatsächlich enthält: Der Night Auditor oder Night Manager: „Night Auditors betreuen die Gäste beim Check-In und Check-out, stehen ihnen für Informationen zur Verfügung [...]. Sie rechnen die Tageskassen aller Abteilungen ab […]. Und ganz nebenbei sind sie für Ordnung und Sicherheit zuständig, überwachen die Sicherheitssysteme und führen regelmäßige Rundgänge durch.8“ Sie lesen aber ebenfalls heraus, welchem Stellenwert die „Sicherheit“ auch in der Funktion hat „ganz nebenbei“. Funktioniert diese Aufgabe nebenbei? Können Sie für die Sicherheit von 500 Gästen nebenbei verantwortlich sein? Darüber hinaus wird der Sicherheitsaspekt ausschließlich auf den Bereich der Nachtstunden gelegt, was zu einer trügerischen Sicherheit tagsüber führen kann.

Vielmehr muss das Hotel als ein eigenes gesellschaftliches Konstrukt angesehen werden, das eine Sicherheitsstruktur vom Housekeeping bis zum Hotelmanager und von der Nachtreinigung bis zum Concierge verlangt.

Es kann aber nicht abgestritten werden, dass natürlich auch Häuser klassische „Sicherheitschefs“ in ihrer Struktur vorgesehen haben, vor allem dann, wenn sie bestimmten Sicherheitskriterien wie regelmäßige Veranstaltungen mit Mitgliedern der Bundesregierung sowie Klassifizierungen des Auswärtigen Amtes oder anderen ausländischen Regierungen unterliegen.

Man muss aber auch an dieser Stelle sagen: Wenn es keinen gut ausgebildeten und qualifizierten Sicherheitsmanager gibt, entspricht das nicht dem modernen Verständnis des Sicherheitsmanagers als „Berater seiner Unternehmensführung, Coach der Ressorts und Geschäftsleitungen, konzeptioneller Vordenker und Organisator der Unternehmenssicherheit9“. Dieses Portfolio verlangt jedoch eine Funktion, die das Kernressort Sicherheit und keine fachübergreifende Bündelung von unterschiedlichen Einzelaufgaben innehat.

1.2 ROLLE UND STELLUNG IN DER SICHERHEITSARCHITEKTUR

Die Bedeutung einer Einrichtung für die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland wird entweder per Gesetz definiert oder durch Verordnungen bzw. Einstufungen. So existieren beispielsweise für die Deutsche Bahn drei zusätzliche Gesetze, die die Bedeutung, Aufgaben und Existenz im Krisen-, Notfall- oder Kriegsfall beschreiben:

Verkehrsleistungsgesetz (VerkLG)

Verkehrssicherstellungsgesetz (VSG)

Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG)

Bahnfahren zu können ist darüber hinaus im Grundgesetz gemäß Art. 87e (4) GG verankert: „Der Bund gewährleistet, daß dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, beim Ausbau und Erhalt des Schienennetzes der Eisenbahnen des Bundes sowie bei deren Verkehrsangeboten auf diesem Schienennetz, soweit diese nicht den Schienenpersonennahverkehr betreffen, Rechnung getragen wird. Das Nähere wird durch Bundesgesetz geregelt.“

Die Hotellerie wird hingegen weder vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI), dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), noch vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) als Kritische Infrastruktur (KRITIS) eingestuft. Als KRITIS bezeichnet man diejenigen Branchen und Sektoren, die durch ihre Dienste oder Einrichtungen sowie technischen Systemen zum Basiserhalt einer Gesellschaft beitragen.

Dazu gehören beispielsweise die Luftfahrt, medizinische Versorgungseinheiten oder auch die öffentliche Wasserversorgung – die Hotellerie mit all ihren Facetten zählt nicht dazu. Daher ergeben sich für Beherbergungsstätten keine besonderen Verpflichtungen aus dem Basisschutzkonzept und der Nationalen Strategie zum Schutz Kritischer Infrastrukturen des BMI zur Kooperation mit dem Bund, seinen Behörden und den Länder mit ihren Behörden.

Diese rechtliche Stellung der Hotellerie ist hinsichtlich der Ereignisse in den vergangenen Jahren durchaus diskutabel: Sowohl in der Migrationskrise um 2015 herum und der Corona-Pandemie wurden solche Einrichtungen – in einer weiten Auslegung – zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch Kommunen und Länder genutzt, um Flüchtlinge, aber auch Coronainfizierte zu separieren und unterzubringen. Hier könnte eine deutlichere gesellschaftliche Bedeutung vorliegen, als sie durch existierende Gesetze gefasst wird.

Bei der Hotellerie handelt sich somit ableitend um einen rein privatrechtlichen Bereich, der nur durch einen Grundrechtseingriff (z.B. durch Gesetze und Verordnungen) beeinträchtigt werden kann. Dies gilt für jegliches Handeln öffentlicher Behörden, somit auch für die Polizei: Bei einem Eingriff in den Schutzbereich eines Grundrechtes muss ein öffentlichrechtlicher Auftrag für die Polizei vorliegen. Sprich: Das Betreten, Durchsuchen, Entfernen oder Umsetzen weiterer verwaltungsrechtlicher Maßnahmen kann nur auf Basis einer rechtlichen Verfügung, Verordnung oder Gesetz erfolgen, das diesen Grundrechtseingriff rechtfertigt.

Die Eingriffsbefugnis der Polizei besteht in der Hotellerie nur auf Basis des Gefahrenabwehrrechts, der Strafverfolgung bzw. auf Grundlage von Befugnissen aus Sondergesetzen. Der Betreiber sowie alle Mitarbeiter eines Hotels können dabei ausschließlich auf Basis des Hausrechts tätig werden.

Generell kann das Hausrecht auf andere Personen übertragen werden (Nutzungsberechtigte), so zum Beispiel auf private Sicherheitsdienste von einem externen Unternehmen. Dies gilt nicht für Polizeibeamte, die im Rahmen der Gefahrenabwehr in einer Beherbergungsstätte tätig werden sollen. Dieser kleine, aber feine Unterschied wurde beispielsweise während der Coronakrise 2020 deutlich: Eindämmungsverordnungen (als Verwaltungsrecht) haben als Adressaten den individuellen Bürger bzw. die staatlichen oder kommunalen Organe des öffentlichen Rechts, übertragen jedoch keine direkte Durchsetzung durch private Dritte. Die Maskenpflicht im Supermarkt konnte daher nur konsequent durch den Supermarktbetreiber bzw. einen privaten Sicherheitsdienst durchgesetzt werden, weil dies in der Hausordnung verankert wurde.

Einfacher anhand der Straßenverkehrsordnung erklärt: Fahren Sie bei Rot über die Ampel, dann wirkt dieser Verstoß direkt Ihnen als Fahrer gegenüber und der Polizei, die dies ahnden soll. Es kann aber nicht Ihrem Beifahrer auferlegt werden, dass dieser in der Verpflichtung steht dafür zu sorgen, dass Sie nicht bei Rot fahren, noch dies durch Anzeige zu ahnden.

Tatsächlich relevant wurde diese Differenzierung beispielsweise 2002 im Hotel ADLON beim Besuch des chinesischen Staatschefs Jiang Zemin. Hier kreuzten sich privatrechtliche Befugnisse (Hausrechtsausübung durch das Hotelmanagement – u.a. §§ 903, 1004 BGB) und öffentlich-rechtliche Befugnisse (BKA-Sicherungsgruppe zum Schutz des Staatsgastes – u.a. § 5 BKA-Gesetz)10. Nach zwei Vorfällen, bei denen es Mitgliedern der Sekte Falun-Gong gelungen war, ihren Protest in der Lobby und im Frühstücksraum des Hotels zu bekunden, „suchten nach Angaben von Augenzeugen BKA-Beamte und chinesische Sicherheitskräfte mutmaßliche Falun-Gong-Anhänger in ihren Zimmern auf und forderten sie zum Verlassen des Hotels auf.11“ Es kann davon ausgegangen werden, dass dies einvernehmlich mit dem Management des Hotels erfolgte, da Personen die Aufforderung zum Verlassen des Hotels nach der Protestaktion im Haus ausgesprochen wurde.

Das deutsche Recht verlangt „zur Wahrung des Rechtsstaatsprinzip12“ im Rahmen eines Grundrechtseingriffs eine Eingriffsgrundlage für jegliches staatliches Handeln. Das Hausrecht bietet jedoch „keine Ermächtigungsgrundlage […] für hoheitliche Maßnahmen […, da] die Gefahr einer Vermischung von hoheitlichen und privatrechtlichen Befugnissen13“ zu groß wäre. Das Hausrecht kann somit nur subsidiär durch Platzverweise, Aufenthaltsverbote oder durch die polizeiliche Generalklausel14 durchgesetzt werden. Nach eigenen Angaben der Sekte stellte das Verwaltungsgericht in Berlin am 26. April 2004 nach einer Feststellungsklage (VG 1 A 92/03) dar, dass das Betreten der Hotelzimmer rechtswidrig war.

Erfolgt eine Absprache zwischen der Polizei und dem Hotelmanagement, kann dies entweder zur Gefahrenabwehr/Strafverfolgung (eigenständige polizeiliche Maßnahme) oder zur Sicherung des privatrechtlichen Rechtsgutes bzw. der zivilrechtlicher Ansprüche des Hotels (eigenständige Hotelmaßnahme) stattfinden.

Vermutlich wurde hier sogar parallel Gefahrenabwehrrecht (z.B. ein Platzverweis zur Abwehr weiterer Straftaten) und bürgerliches Recht zur langfristigen Lösung (Hausverbot bis zum Ende des Staatsbesuches) angewendet. Eine vermeintliche Übertragung des Hausrechts auf die deutschen Polizeibeamten fand nur auf den ersten Blick statt (die Rechtsproblematik hinsichtlich der ausländischen Beamten soll an dieser Stelle außen vorgelassen werden genauso wie eine Diskussion ob die Polizei zum Aussprechen eines Hausverbotes eine Privatperson auffordern kann).

Das Tätigwerden als Betreiber oder als Mitarbeiter kann ausschließlich auf Basis des sogenannten Jedermannsrecht erfolgen. Diese Rechte stehen jedem Bürger zu und grenzen sich zu den hoheitlichen Rechten dadurch ab, dass sie im Wesentlichen auf dem Notwehrrecht basieren und eine Verteidigung bzw. einen Schutz von Ansprüchen in den Vordergrundstellen. Eine Bestrafung oder Verurteilung obliegt den staatlichen Institutionen. Die wichtigsten Jedermannsrechte lauten:

Notwehr/ Nothilfe:

Die Verteidigung gegen einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff mit verhältnismäßigen Mitteln

Festnahmerecht:

Sowohl in der Strafprozessordnung gemäß § 127 (1) StPO, als auch im § 229 BGB zu finden.

§ 127 (1) StPO fordert dabei die Erfüllung folgender Anforderungen „auf frischer Tat betroffen oder verfolgt und wenn er der Flucht verdächtig ist oder seine Identität nicht sofort festgestellt werden“, während § 229 BGB zur Sicherung zivilrechtlicher Ansprüche weniger verlangt: „Wer zum Zwecke der Selbsthilfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder wer zum Zwecke der Selbsthilfe einen Verpflichteten, welcher der Flucht verdächtig ist, festnimmt oder den Widerstand des Verpflichteten gegen eine Handlung, die dieser zu dulden verpflichtet ist, beseitigt, handelt nicht widerrechtlich, wenn obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges Eingreifen die Gefahr besteht, dass die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werde.“

Notstände (Aggressiver/Defensiver/Rechtfertigender):

Greift grundsätzlich bei der Abwehr von „Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut“

Diese Rechte stehen Ihnen zu, wenn Sie Opfer einer Straftat werden, eine Straftat beobachten oder zivilrechtliche Ansprüche sichern wollen.

1.3 SICHERHEITSBEDÜRFNIS ALS DEFINITIONSANSATZ DER HOTELSICHERHEIT