Meine besten Aufsätze - Carl Gustav Carus - E-Book

Meine besten Aufsätze E-Book

Carl Gustav Carus

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Beschreibung

Diese Sammlung beinhaltet die beiden Aufsatzbände "Geheimnisvoll am lichten Tag" und "Gedanken über große Kunst". Während der erste Band tief philosophisch die von der Seele des Menschen und der Welt handelt enthält der zweite Teil Essays zur KUnsr und Literatur. Inhalt: Geheimnisvoll am lichten Tag: Über die Natur Vom unbewußten Leben der Seele Von der Verschiedenheit der Seelen der Menschen Von der Heranbildung der Seele zur Persönlichkeit und zum Charakter und von der Verschiedenheit der Seelen Der Lebensmagnetismus Über die von selbst entstehenden ungewöhnlichen Zustände auf der Nachtseite des seelischen Lebens Von der absichtlichen Erregung ungewöhnlicher Zustände der Nachtseite des Lebens überhaupt und von der mesmerischen Methode insbesondere Inwiefern darf der Mesmerismus als ein wirkliches und bedeutendes Heilmittel bei Krankheiten aufgeführt werden? Symbolik der Hand Nichts zuviel Über Landschaftsmalerei Von der Wirkung einzelner landschaftlicher Gegenstände auf das Gemüt Gedanken über große Kunst: Dichtung Musik Malerei Nachwort

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Meine besten Aufsätze

Carl Gustav Carus

Inhalt:

Karl Gustav Carus – Lexikalische Biografie

Geheimnisvoll am lichten Tag

Über die Natur

Vom unbewußten Leben der Seele

Von der Verschiedenheit der Seelen der Menschen

Von der Heranbildung der Seele zur Persönlichkeit und zum Charakter und von der Verschiedenheit der Seelen

Der Lebensmagnetismus

Über die von selbst entstehenden ungewöhnlichen Zustände auf der Nachtseite des seelischen Lebens

Von der absichtlichen Erregung ungewöhnlicher Zustände der Nachtseite des Lebens überhaupt und von der mesmerischen Methode insbesondere

Inwiefern darf der Mesmerismus als ein wirkliches und bedeutendes Heilmittel bei Krankheiten aufgeführt werden?

Symbolik der Hand

Nichts zuviel

Über Landschaftsmalerei

Von der Wirkung einzelner landschaftlicher Gegenstände auf das Gemüt

Gedanken über große Kunst

Dichtung

Musik

Malerei

Nachwort

Meine besten Aufsätze, K. G. Carus

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849607388

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

Karl Gustav Carus – Lexikalische Biografie

Mediziner, geb. 3. Jan. 1789 in Leipzig, gest. 28. Juli 1869 in Dresden, studierte in Leipzig, habilitierte sich 1811 als Privatdozent und ging 1814 als Professor der Entbindungskunst und Direktor der geburtshilflichen Klinik nach Dresden. Seit 1862 war er Präsident der kaiserlichen Leopoldinisch-Karolinischen Akademie. Er schrieb außer Lehrbüchern der Zootomie, Gynäkologie, Physiologie und vergleichenden Anatomie: »Von den äußern Lebensbedingungen der weiß- und kaltblütigen Tiere« (Leipz. 1824); »Über den Blutkreislauf der Insekten« (das. 1827); »Vorlesungen über Psychologie« (das. 1831); »Briefe über die Landschaftsmalerei« (das. 1831,2. Ausg. 1835); »Zwölf Briefe über das Erdleben« (Stuttg. 1841); »Grundzüge einer neuen und wissenschaftlich begründeten Kranioskopie« (das. 1841); »Atlas der Kranioskopie« (Leipz. 1843–45, Heft 1 u. 2); »Über Grund und Bedeutung der verschiedenen Formen der Hand bei verschiedenen Personen« (Stuttg. 1846); »Psyche, zur Entwickelungsgeschichte der Seele« (Pforzh. 1846; 3. Aufl., Stuttg. 1860), dem alsbald »Physis, zur Geschichte des leiblichen Lebens« (das. 1851) folgte; »Symbolik der menschlichen Gestalt« (Leipz. 1853, 2. Aufl. 1858); »Proportionslehre der menschlichen Gestalt« (das. 1854); »Über Lebensmagnetismus« (das. 1857); »Natur und Idee« (Wien 1861); »Die Lebenskunst nach den Inschriften des Tempels zu Delphi« (Dresd. 1863); »Neuer. Atlas der Kranioskopie« (2. Aufl., Leipz. 1864); »Über die typisch gewordenen Abbildungen menschlicher Kopfformen« (Jena 1863); »Vergleichende Psychologie oder Geschichte der Seele in der Reihenfolge der Tierwelt« (Wien 1866); »Betrachtungen und Gedanken vor auserwählten Bildern der Dresdener Galerie« (Dresd. 1867); »Lebenserinnerungen und Denkwürdigkeiten« (Leipz. 1865–66, 4 Bde.). Seinem freundschaftlichen Verkehr mit Goethe entsprangen die Schriften: »Goethe., ju dessen näherem Verständnis« (Leipz. 1843); »Briefe über Goethes Faust« (Heft 1, das. 1835); »Goethe und seine Bedeutung für diese und die künftige Zeit« (Festrede, Dresd. 1849), dem sich ein größeres Buch unter demselben Titel (Wien 1863) an schloss, etc. Auch als Künstler hat C. im Felde der Landschaftsmalerei Ausgezeichnetes geleistet.

Geheimnisvoll am lichten Tag

Von der Seele des Menschen und der Welt

Über die Natur

Liegt nicht bei den meisten die Vorstellung von dem, was sie sich unter dem Worte Natur denken sollen, überhaupt ganz im dunkeln? – Ich habe oftmals schon behauptet, es sei ein wahres Unglück für die Mehrzahl der Völker Europas, daß nicht ein jegliches anstatt des Wortes Natur ein eigentümliches, in eigener Sprache gebildetes bedeutendes Wort besitze, um jenes offenbare Geheimnis damit zu bezeichnen. – Gewiß, man glaubt nicht, was so ein fremdartiger, selten seiner ursprünglichen Bedeutung nach verstandener und doch von Kindheit auf gehörter Klang beiträgt, uns von einem Gegenstande zu entfremden! – Wollte man auf den Grund gehen, man würde vielleicht Menschen genug finden, die am Ende mit dem Wort Natur nichts anders verbänden, als die Vorstellung der weiblichen Bildsäule mit den unzähligen Brüsten, wie sie ihnen die Bilderbücher ihrer Kindheit gezeigt hatten! – Dem würde gewiß nicht so sein, wenn das, was wir natura nach seiner Ableitung von nascor, ich entstehe, nennen und als das im Göttlichen und durch Göttliches rastlos Entstehende, Vergehende und wieder Entstehende anerkennen, in jeder Sprache durch ein eigentümlich gebildetes Wort sich bezeichnet fände! – Die deutsche Sprache, deren innerer philosophischer Sinn und schöne Bildsamkeit sich um so deutlicher hervorhebt, je mehr man in ihre Ramifikationen eindringt, würde hier am wenigsten einer schicklichen Wortbildung entbehren, ja sie besitzt bereits eine solche in den Worten von Goethe:

»Das Werdende, das ewig wirkt und lebt.«

Denn was ist denn Natur anders als das stets Werdende, das was keinen Stillstand, kein beharrendes Sein kennt, das was in unendlich wechselnden Bildungen die göttlichen Urbilder (Ideen) zu stetiger Verwirklichung bringt und so der eine ewige Grund der gesamten Welterscheinungen wird, während die unwandelbaren, göttlichen Urbilder die Gottgedanken, wenn man so sagen darf, den andern urwesentlichen ewigen Grund derselben darstellen. – Sagt daher nicht Goethe auf das treffendste von diesem Verhältnis der in ewigen Verwandlungen sich allein gefallenden Natur:

»Und umzuschaffen das Geschaffene, Damit sich's nicht zum Starren waffne, Wirkt ewiges lebendiges Tun. Und was nicht war, nun will es werden Zu reiner Sonnen, farbigen Erden,In keinem Falle darf es ruhn.«

Denn wirklich ist ja von keinem Naturkörper ein absolutes Beharren zu denken, und der scheinbar in größter Ruhe beharrende Stein durchfliegt mit der Erde in jeder Sekunde große Räume der Sonnenbahn und erfährt fortwährend unmerkliche chemische Änderungen. – Weiter heißt es dann und nicht minder treffend:

»Es soll sich regen, schaffend handeln, Erst sich gestalten, dann verwandeln; Nur scheinbar steht's Momente still. Das Ewige regt sich fort in allen: Denn Alles muß in Nichts zerfallen,Wenn es im Sein beharren will.«

Sollte ich übrigens einem in diesem Feld gänzlich Neuen durch Gleichnisse das Verhältnis von Natur und Idee noch näher heranzubringen versuchen, so würde ich etwa sagen: Denke dir einen senkrecht, glatt und breit niederstürzenden Wasserfall, dies sei das ewig Werdende, das rastlos bewegte Phänomen der chaotischen Naturelemente an sich, und nun denke dir die Schatten der Bildsäulen einer an den Wassersturz herangebauten Galerie, welche von den Strahlen der Sonne auf dieser stürzenden Wasserfläche gezeichnet werden. – Jene Bildsäulen seien aber die Gleichnisse der göttlichen Ideen jener Urbilder, durch welche aus dem Chaos des allgemein Werdenden, oder dem Naturelemente, hier unter dem Gleichnis des stürzenden Wassers ausgesprochen, bestimmte Gestalten hervortreten. – Da würden sich dann weiter mancherlei Betrachtungen anstellen lassen, wie bald dasselbe Wasserteilchen jetzt das eine und dann ein andres der Bilder abschattet, und bald ein und dasselbe Bild, solange es auf einer Stelle beharrte, von einer Menge verschiedener Wasserteilchen rastlos durchzogen wird, und alle solche Betrachtungen könnten wohl ungefähr versinnlichen, wie das Phänomen der Welt aus stetiger Durchdringung von Urbild und Naturelement (ich habe es in meiner Physiologie mit dem Namen »Äther« bezeichnet) hervorgehe, ganz ebenso wie wir in unserm eigenen Sein empfinden können, es sei dasselbe ganz und gar bedingt durch die in den stets wechselnden Elementen unseres Körpers sich offenbarende Monas der Seele, welche in sich nichts andres als eins jener unendlichen göttlichen Urbilder ist und sein kann. Halten wir nun den Begriff der Natur in diesem Sinn als ein Konkretes, als das Bild eines bestimmten Seienden fest (wie denn Goethe in seinem frühgeschriebenen Aufsatze: »Die Natur« es auf sehr merkwürdige Weise getan hat), so wird uns bald auch ein andrer Irrtum verschwinden, welcher den Wissenschaften selbst zu nicht geringer Not gereicht hat und noch gereicht. Dieser Irrtum besteht darin, daß man wunderlicherweise gleichsam zweierlei Naturen nebeneinander bestehend dachte, von denen die eine belebt, die andre unbelebt sei, zu deren einer, der belebten, Menschen, Tiere und Pflanzen gerechnet wurden, während zu der andern, der unbelebten, Erde und Himmel mit ihren Erscheinungen, als etwas durchaus Heterogenes, gezählt wurde. Es ist dieses jedoch eine Unterscheidung, welche ich durch nichts gerechtfertigt wüßte, es müßte denn der engherzige und beschränkte Standpunkt sein, welchen ein Mensch annimmt, der sein Auge für das große und allgemeine Naturleben deshalb verschließt, weil er egoistisch nur für das, was ganz zunächst sein eigenes Leben angeht, Sinn hat. – Gewiß aber! Wer irgend mit Hingebung und ohne durch Vorurteile gefesselt zu sein das Leben der Natur selbst beobachtet, findet durchaus ein und dasselbe Werden und Wirken in dem Leben der Weltkörper, wie in dem Leben der uns näher stehenden irdischen Einzelwesen, er erkennt in der rastlos kreisenden Kugel des Planeten, mit ihren Ein- und Ausatmungen, mit dem bestimmten Kreislauf ihrer Gewässer, ihren magnetischen und elektrischen Lebensäußerungen usw. nichts wesentlich anderes, als in dem durch gewisse Oszillationen im Wasser umrollenden Infusorium und in dem durch magnetische und elektrische Gegensätze bedingten Kreislaufe der Säfte in höheren Geschöpfen. – Du kennst wahrscheinlich den Traum, in welchem der treffliche Lichtenberg in seiner humoristischen Art schildert, wie ihm vom Weltgeist die Erde im unendlich verjüngten Maßstabe zur chemischen Analyse gereicht wird, und wie er dabei gar arme Resultate seiner Untersuchung gewinnt; mir ist dabei oft eingefallen, einen Traum zu dichten, wo einem starren Verfechter des Unterschieds zwischen einer lebendigen animalen und vegetabilen Natur, und einer toten tellurischen und kosmischen Natur, vom Weltgeiste die Anweisung kommt, durch ein im weiten Äther schwebendes Mikroskop zu blicken. Da sieht er denn bald leuchtende, bald erleuchtete Kügelchen in regelmäßigen Rotationen einander umkreisen, er bemerkt dunst- und tropfbarflüssige Stoffe derselben in regelmäßigen Schwankungen, er sieht, wie sie aufeinander anziehend wirken, wie hie und da ein Kügelchen zerfällt und verstäubt, während an andern Stellen aus nebelhaften Stoffen neue Pünktchen entstehen und nach weitem, exzentrischem Umherrollen sich zu den gemessenen Kreisen der andern gesellen, sich dort durch Einsaugung nähren und vergrößern und durch Ausscheidung wieder verringern usw., und alles ruft ihm seine frühern mikroskopischen Beobachtungen über die leuchtenden See-Infusorien und über die ohne Mund und Eingeweide regelmäßig umherrollenden Kugeltiere so bestimmt zurück, daß er sich schon bereitmacht, diese Äther-Infusorien als neue und besondre Sippe in sein System einzutragen. Aber da ertönen ihm nicht ohne Beschämung die seltsamen Worte: »Was du gesehen, war die Bewegung von Sonnensystemen, und während du eine Stunde zu beobachten glaubtest, ist ein Weltenjahr vorübergegangen!«

Er macht mir sonach allemal den wunderlichsten, und ich möchte wohl sagen unheimlichsten Eindruck, wenn ich vom absoluten Unterschied lebendiger organischer Substanzen oder Kräfte und physischer, unorganischer hören muß! – Ich frage, was sind denn die ausschlußweise sogenannten organischen Substanzen anders als die physischen? Sind es nicht immer dieselben alten Elemente, derselbe Wasserstoff, Sauerstoff, Kohlenstoff, Stickstoff, dieselben Metalle und Metalloide, welche in der gesamten irdischen Natur verbreitet, auch die individuellen Organismen, ja den Menschenleib selbst zusammensetzen? Sind es nicht dieselben elementaren Wirkungen, welche als Anziehung und Abstoßung, elektrische oder chemische Tätigkeit sich äußern zwischen den Schichten der Erde und des Luftkreises und hinwieder im Wachsen der Pflanze wie in den Bewegungen des Tieres ? – Ist, um dies mit einem Wort auszudrücken, die Natur nicht ein Meer des Werdens, in welchem unendlich verschiedene Ideen sich tausendfältig spiegeln, und dessen Tropfen in tausendfältigen Formen erscheinen, je nachdem sie momentan und freilich ohne zu beharren, nach dem Gesetze der einen oder der andern Idee sich ordnen? – Derselbe Kohlenstoff lebte gestern vielleicht in unserm Blute, schwebt heute immer tätig in der Erdatmosphäre und wirkt vielleicht morgen in der keimenden Pflanze! Wo wir das Auge des Geistes hinwenden, ein stetes Ziehen, Drängen und Werden der Elemente, die so oder so erscheinen, je nachdem eine oder die andere Idee sie erfaßt, ordnet und (erlaube mir das Wort!) begeistigt. – In Wahrheit also kann hier von einem Unterschied organischer und nichtorganischer, belebter und toter Elemente auf keinen Fall die Rede sein! – Nicht das Werdende, real oder substantial Wirkende des Steins und des Tiers sind wesentlich andere, sondern die Urbilder, welche das Dasein des Tiers und das Dasein des Steins als Teil des Erdenleibes begründen, sind es. – Gewiß, hier liegt der Hauptschlüssel zu allem nähern Verständnis der Natur. Wer einmal hier durchgedrungen ist zur reinem Ansicht, wer einmal das in ewigem Wechsel vorüberziehende Wesen der Naturerscheinung, das ist eben das Wesen des unendlich Werdenden, und seine Beziehung zur tausendfältig darin sich spiegelnden Welt der Gottesgedanken scharf aufgefaßt hat, dem wird sich gleich als einem Geweihten die ihm zur Erforschung wie zur Vollbringung vorliegende Erscheinungswelt überall verwandt und befreundet bezeugen, so gering oder so groß der Kreis ist, innerhalb welchem seine Erforschung oder sein Wirken sich betätigt, er wird bei der klaren Einsicht in die Unendlichkeit dieser Erscheinungen im voraus sich resignieren, nur wenige derselben umfassen zu können, aber er wird sich im Verhältnis zur Natur überall heimisch empfinden; so etwa fühlt der Bürger seines ihm durch Sprache und Sitte blutsverwandten Landes, nennt er dort auch nur eine noch so kleine Besitzung sein eigen, doch im ganzen übrigen Lande sich heimisch! – Ich weiß nicht, ob es dir ebenso vorkommt, aber mir scheint gerade diese tiefste und sinnigste Ansicht der Natur auch die einfachste und verständlichste. – Doch, könnte vielleicht noch jemand einwerfen, wenn auch aus solchen Betrachtungen hervorgeht, daß die Naturelemente für das organische und unorganische Reich ein und dieselben sind, und daß in dieser Hinsicht nicht zwei verschiedene Reiche der gesamten Welterscheinung statuiert werden dürfen, so ist es doch eine andre Frage, ob die Idee des Organischen und des Unorganischen nicht so total verschieden sei, daß die durch diese verschiedenen Ideen begründeten Naturerscheinungen auch als absolut entgegengesetzt betrachtet werden müssen? – Aber auch dem ist nicht so, nur der leichter oder schwerer zu gewinnende Überblick der organischen Gestaltung eines gewissen Phänomens, und nur die größere oder geringere Verwandtschaft zu der Art unsres eigenen Daseins, haben jene Unterscheidung herbeigeführt, welche sogleich sich verliert, wenn wir erstens den Begriff des Organischen uns deutlich machen, und zweitens uns zu einem größern und freiem Überblick erheben wollen. Was das erstere betrifft, so ist es ja für einen jeden, der sich deutlichere Vorstellungen von Natur und organischem Leben erwerben will, unerläßlich, daß er sich klarzumachen suche, welche Bewandtnis es eigentlich mit den so häufig gebrauchten Wörtern »organisch« und »Organismus« habe, und welche Begriffe damit zu verbinden seien. – Leitest du aber ab Organismus von Organ, Werkzeug (organon), was kann dann Organismus anderes sein als ein nach Leitung des ihm einwohnenden, gleichviel ob bewußten oder unbewußten Urbildes, aus sich Werkzeuge, Organe, d. i. Glieder – Erzeugendes, Hervorbildendes und durch dieselben sein Leben Äußerndes ? – Jeder solcher Organismus oder Gliedbau ist nun aber, inwiefern er ein Werdendes ist, der Natur angehörig, ist eine Erscheinung ihrer stets wechselnden Elemente, und schon dadurch mannigfaltig; hingegen inwiefern sein Dasein durch ein Urbild, durch ein Bild seines Seins vor seinem Sein bedingt ist, ist er der Ideenwelt angehörig, und hierdurch eine Einheit, ein Individuum. Die erstere Seite bedingt das an ihm, was wir Leib oder Körper zu nennen pflegen, die zweite das, was wir mit dem Namen der bald unbewußten, seltner bewußten Seele bezeichnen. Inwiefern seine Gesamterscheinung dadurch bedingt ist, daß stetig und innig die Idee desselben die in ihm wechselnden Elemente durchdringt, sagt man: die Idee, die Seele verkörpere, verleibe sich in ihm, sie leibe sich ein, und er selbst sei dadurch leibend – lebend. – Leben (von Leib abzuleiten) kann also eigentlich nichts anders heißen als stetiges Einleiben des Urbildes in das Werdende oder der Idee in die Natur. Erheben wir uns nun aber zweitens zu einem größern und freieren Überblicke der Welt, so wird uns unser innerstes Bewußtsein bald sagen, daß auch das All der Welt nur dadurch vorhanden sein könne, daß innerhalb eines höchsten göttlichen, sich dadurch selbst anschauenden Urwesens, das unermeßliche Reich der Ideen und der Natur sich wechselseitig und unabläßlich durchdringen, daß daher der gesamten Welterscheinung der Begriff dieses Einleibens, dieses »Lebendigseins« ganz ebenso wie jeglichem einzelnen Organismus zukomme, und daß demnach notwendig Leben durch alle Sphären des Weltalls herrschen müsse, so daß dann auch der wahrhafte und absolute Gegensatz des Lebens, d. i. ein wahrhafter und vollkommner Tod gänzlich unmöglich sei, indem er durchaus zusammenfallen würde mit dem Begriff eines absoluten Zero oder eines vollkommnen Nichts. –

Und so hätte ich dir denn, teurer Freund, den Gedankenzug bezeichnet, welchen langjähriges Vergleichen und Nachdenken über diese Gegenstände mir als den einfachsten Sachgemäßesten dargetan hat, und hat es dir gefallen, dieser Richtung ebenfalls nachzugehen, so wird dir deutlich sein, daß von solchen Betrachtungen die notwendige Folge ist: die organische Wesenheit des Weltalls und aller durch göttliche Idee gestalteten Natur, d. i. aller Welterscheinung, anzuerkennen, und schon von hier aus ein unorganisches Reich, ein Reich des Toten als unmöglich zu betrachten, vielmehr immer nur verschiedene Reiche des Lebens zu unterscheiden. In allem Organischen, Gliedbaulichen, ist ja dasselbe Einleben einer Idee in das elementare Werdende der Natur, dasselbe in fortwährender Entwicklung irgendeiner Individualität bestehende Leben anzuerkennen, gleichviel ob von werdenden Sonnensystemen oder einer werdenden Pflanze die Rede ist; und nicht minder organisch, d. h. nicht minder zu einem größeren Organismus gehörig, ist der Fels zu nennen mit seinen kristallinischen Fügungen, oder die Quelle mit ihren rhythmischen Strömungen in Beziehung zum Erdganzen, als das Knochengebilde mit seinen Kristallfasern, oder der Blutstrom mit seinem pulsierenden Wellenschlag in Beziehung auf das Leben des Tieres.

Vom unbewußten Leben der Seele

Es ist eine eigene Empfindung, die wir haben, wenn in unserem selbstbewußten Denken wir uns deutlich machen, mit welcher eigentümlichen und hohen Gesetzmäßigkeit und Schönheit in uns und anderen Lebendigen lange vor allem Denken das Wirklichwerden und Erhalten unserer Gestaltung geleitet wird. Je mehr wir hier in die Tiefen der Bildungsvorgänge eindringen, um so höher steigt unsere Ehrfurcht vor diesem Walten! Wer die Schritt für Schritt mit unverrückter Stetigkeit geschehenden Kristallisationen der Ur-Teile nur eines einzigen Organismus verfolgt hat, wer gesehen hat, wie durch unendliche Wiederholungen der einzigen Urgestalt des mikroskopischen ersten Eibläschens eine eigentümliche Zellenbildung entsteht, welche überall die Grundlage ist, aus welcher dann Gefäße, Nerven, Muskeln, Knochen je nach bestimmten Strahlungen und Metamorphosen hervorgehen, dem muß allmählich verständlich werden, welch eine Weisheit, Macht und Schönheit noch ohne alles Selbstbewußtsein ein sich individualisierendes Göttliches zu offenbaren vermag. Es ist dann sogar nicht zu vermeiden, daß wir zu der Frage kommen: kann die freie Wirksamkeit der selbstbewußten Seele zu einer Höhe sich erheben, welche der Schönheit, dem Reichtum, der inneren Vollendung dessen gleichkommt, was ein unbewußtes Walten des seelischen Prinzips täglich und stündlich vor unseren Augen entfaltet? – Alles, was über Verhältnis und Gegenüberstehen von Natur und Kunst gesagt worden ist, kann hierher gezogen werden; nicht das Geringste wirklich zu schaffen vermag irgend die Kunst, und überall wird man sich überzeugen müssen, daß die innere Vollendung und höchste Zweckmäßigkeit der Bildung durch jenes Unbewußte unendlich voransteht allem und jedem, was der bewußte Geist in ähnlicher Weise hervorzubringen vermag. Ja, wenn uns dann deutlich wird, daß alles, was wir die Wissenschaft der bewußten Seele nennen, nur ein Nachgehen und ein Aufsuchen der Verhältnisse und Gesetze ist, welche fort und fort im unbewußten Walten des verschiedenen Lebendigen um und in uns, vom Weltkörper bis zum Blutkörperchen, sich betätigen, so entsteht uns ein eigener Kreislauf der Ideenwelt, welche aus dem Unbewußtsein bis zum Bewußtsein sich entwickelt und als solches doch wieder zuhöchst das Unbewußte sucht und in dem möglichsten Verständnis desselben sich erst befriedigt findet. – Freilich zeigt sich zulegt auch hier, daß ein vollständiges Erreichen der Natur durch wissenschaftliche Konstruktion ein Unmögliches ist und stets zulegt irgendein Bruch übrigbleiben muß.

Aus der Verehrung, welche, auch ohne noch ganz in die Erkenntnis übergegangen zu sein, den Menschen gegen dieses Unbewußte durchdringt und durchdringen muß, erklärt sich vieles in den Vorstellungen der Menschheit, und zwar schon in den ältesten Zeiten: die eigene Ehrfurcht vor der Kindesnatur, noch ehe ein höheres selbstbewußtes Leben in ihr sich entwickelt hat, die Scheu vor der Tötung des Menschen, ja bei dem Hindu die Scheu vor Zerstörung alles animalischen Lebens und bei so vielen Völkern selbst die Verehrung menschlicher Bildung, ja sogar mancher Tiergestalten als ein Göttliches. Freilich, je weiter noch die Erkenntnis zurück war, desto mehr Mißverständnisse gaben sich in diesen Vorstellungen kund, indem hier das, was nur ein Göttliches – ein einzelner Strahl des einen von uns nur geahnten absoluten Gottes war – oft als selbst Gottheit genommen wurde, und gerade hier hat sich denn überhaupt die Quelle des eigentlichen Irrtums des Pantheismus eröffnet. Dieser Pantheismus, die Meinung, daß vieles einzelne schon eine absolute Gottheit sein könnte, steht im vollkommenen Gegensatz zu dem, was man vielleicht am besten Entheismus, d. h. Erkenntnis des Göttlichen in allem, zu nennen berechtigt wäre, und so klar es sein muß, daß dieser Entheismus die eigentliche alleinige gesunde Anschauung der Welt bezeichnet, so gewiß ist es, daß ein vollkommener Pantheismus eigentlich gleich dem wirklichen Atheismus zu absurd ist, als daß er jemals bei nur einiger Entwickelung der Intelligenz dem Menschen im vollen Sinne des Wortes hätte genügen können.

Übrigens bewegt sich noch unsere heutige Theologie gleich einer sehr verbreiteten Art von Physiologie bei der Lehre von Dingen dieser Art in einem sonderbaren Zirkel. Es wird die Vortrefflichkeit und Weisheit des Göttlichen in den Naturbildungen und ebenso in der Organisation des Menschen anerkannt, ihr Studium wohl gar zur Vermehrung der Erkenntnis des Göttlichen überhaupt empfohlen, und dessenungeachtet wird zwischen diesem unbewußten Walten eines sich individualisierenden Göttlichen und dem bewußten Göttlichen, welches wir in der entwickelten menschlichen Seele gewahr werden, als zwischen zwei durchaus Entgegengesetzten unterschieden. Jenes erste Unbewußte wird dann wieder gegenüber der Seele etwa als Lebenskraft angesprochen, und diese letztere erscheint alsdann bald zu einem bloßen Mechanismus herabgesetzt, bald wird sie wohl auch als besonders dämonisch aufgefaßt, so daß zuletzt nicht viel fehlte, man hätte sie als Offenbarung des bösen, satanischen Prinzips dem bewußten Psychischen als der Offenbarung des guten und eigentlich divinen Prinzips geradezu gegenübergestellt, während doch die innere wahrhaft göttliche Vollendung aller Produktionen des ersteren unbewußten Waltens nicht geleugnet werden kann. Dies sind Verirrungen, die hier nur beiläufig angedeutet werden sollen, die aber eigentlich weiter von der Wahrheit sich verlieren als die des sogenannten Pantheismus selbst.

Ich sagte nun aber schon im Eingange, daß es schwer sei, in der Region des bewußten Seelenlebens den Begriff vom unbewußten Leiden und Tun der Seele in der Wahrheit zu erfassen, daß aber doch auch wiederum nur eben hier der Schlüssel zu einer wahren Psychologie gefunden werden könne. Versuchen wir daher zunächst dadurch uns zu fördern, daß wir Achtung geben, wie vieles auch innerhalb des bewußten Zustandes unserer Seele allerdings nur als ein Unbewußtes sich bewegt und vollendet. So ist denn z.B. keinem Zweifel unterworfen, daß die Muskeln, welche der Bewegung des Atemholens dienen, durch die zu ihnen sich verbreitenden Wirkungen des Nervenlebens der Willkür unseres bewußten Seelenlebens gehorchen. Wir können diese Bewegungen eine Zeitlang hemmen, wir können sie absichtlich beschleunigen, unterbrechen, verstärken oder schwächen und empfinden daran deren volle Abhängigkeit von unserer selbstbewußten Seele. Nichtsdestoweniger geschehen diese Bewegungen in der Regel und fortwährend unser ganzes Leben hindurch größtenteils vollkommen unbewußt und machen es uns verständlich, daß zwischen Bewußtsein und Unbewußtsein eine sehr bewegliche Grenze liegt, und daß das Bewußte wie das Unbewußte Strahlungen einer und derselben Einheit sind. Noch auffallender vielleicht ist dies bei allen Bewegungen, welche irgendeiner Kunstfertigkeit dienen. Hier, ganz in der Region des Bewußtseins und ausgeführt von durchaus der Willkür unterworfenen Muskeln, ist das, was wir »Einlernen«, »Einübung« nennen, gar nichts anderes als ein Bestreben, etwas, das dem Bewußtsein angehört, wieder in die Region des Unbewußtseins zu bringen. Man denke sich den Klavierspieler: jede einzelne Fingersetzung, Fingerschnellung ist ursprünglich willkürlich und muß zuerst durch absichtlich einzeln gewollte Nervenströmung auf die geeigneten Muskeln hervorgerufen werden. Wird sie nun vielfältig hervorgerufen und immer wieder erneut, so geht sie allmählich in ihrer besonderen Komplikation ganz ins Reich des Unbewußtseins über und wird dergestalt dem Bewußtsein entzogen, daß sie einzeln gar nicht mehr gedacht zu werden braucht, sondern daß die Vorstellung vom Realisieren gewisser Tonfolgen überhaupt schon genug ist, um sie ganz unbewußt in ihrer Gesamtheit und in jeder gewollten Zeitfolge ebenso sicher hervorzurufen, wie die Atmungsbewegungen ohne unser Darandenken sich folgen. Dasselbe ist der Fall mit dem Erlernen unserer wesentlichsten Ortsbewegung, dem Gehen, und so mit hundert anderem; woraus sich denn klärlich ergibt, daß im Können auf gleiche Weise wie im Wissen das Hinübergreifen aus dem Bewußten ins Unbewußte zur Höhe menschlicher Vollendung wahrhaft gehört.

Letzteres ist eine Bemerkung, welche die volle Beachtung des Psychologen verdient und bisher noch nicht in genügendem Grade verfolgt worden ist, obwohl E. Stahl bereits auf manches dieser Art sehr bestimmt aufmerksam gemacht hat. Es ist nämlich gewiß sehr merkwürdig, daß dem Tun, dem Können, der Kunst des Menschen hier ganz ähnliche Bahnen vorgezeichnet sind als dem Erkennen, dem Wissen, der Wissenschaft. Wie es eine um so größere Höhe der Wissenschaft bezeichnet, je tiefer das bewußte Erkennen des Menschen eindringt in das Wahrnehmen der Ideen der Gesetze, welche unbewußt in unserem eigenen Organismus und in dem der Welterscheinung um uns her sich betätigen, wie es eben darum auch die höchste Aufgabe der Lehre von der Seele ist, in die Regionen einzudringen, wo das Seelenleben noch ganz ohne Bewußtsein sich wirksam erweist, so wird auch ein jedes Können erst dadurch wirklich zur Kunst, daß alles Tun, insofern es einem gewissen Zweck des Willens dienen soll, wieder an und für sich unbewußt vollzogen werde und eben dadurch nun die höchste Leichtigkeit jeder Produktion begünstige, indem es nämlich nur dann erst überflüssig wird, daß die Seele aller der einzelnen Willensäußerungen besonders und absichtlich gedenke, welche nötig sind, irgendeine vorgesetzte Tat zur Ausführung zu bringen, so daß ihr jetzt mit dem Willen, ihn zu erreichen, allein der Zweck rein und lebendig vorzuschweben braucht, um frisch und leicht die Kunsttätigkeit zur Erreichung dieses Zweckes in Gang zu setzen.

Wenden wir uns übrigens wieder zu dem, was wir im bewußten Seelenleben das Wissen, das Erkennen nennen, so verstehen wir gegenwärtig auch, indem wir auf das Hervorgehen desselben aus dem Unbewußtsein achten, warum Plato schon alles Erkennenlernen darstellte als ein Erinnern, als ein » im Innern finden«; also da finden, wo bisher noch kein Wissen war, und wo diese Wahrheit, dieser Gedanke doch war wie der unbewußte Embryo in der bewußten Mutter; ein Vorgang, wegen dessen eben Sokrates so oft das Entwickeln des Gedankens, das heißt eben das Erreichen höherer Erkenntnis, als einen geburtshelferischen Akt angesehen wissen will. Alles dieses deutet denn mit Bestimmtheit auf die reiche eigentümliche Welt, die wir dunkel in unserem Innern tragen, und jedes Bedenken dieser Art muß uns sofort das merkwürdige Verhältnis zwischen Bewußtsein und Unbewußtsein deutlicher gestalten können. Ein noch helleres Licht kann es übrigens hierauf werfen, wenn wir an das allmähliche Hervortreten angeborener besonderer Richtungen der bewußten Seele denken wollen. Hier zeigt sich zugleich, wie weit wir in der Geschichte der Idee unseres Daseins – und eben also in das Reich des unbewußten Daseins – zurückgehen müssen, wenn wir zur Auffindung der ersten Gründe der Besonderheit dieses Daseins gelangen wollen. Ich erinnere nämlich hier zuerst daran, wie viel ganz eigentümliche Züge auch des bewußten Seelenlebens sich von Eltern auf Kinder fortpflanzen können, wie manche eigentümliche Richtungen des Geistes, manche besondere Neigungen, manche Kunstanlagen auf diese Weise das Eigentum von Personen werden, in welchen sie noch überdies oft ziemlich spät erst wirklich hervortreten, obwohl sie der Anlage nach von Haus aus in ihnen vorhanden sein mußten. Jetzt mache man sich nun aber anschaulich, in welchem völlig bewußtlosen Zustande die Seele sich befindet zu der Zeit, wo in den ersten Bildungsperioden des Eies dergleichen Übertragungen allein möglich waren. Man mache sich deutlich, wie hier in der Seele des Embryo, während sie einzig und allein als bildende, entwickelnde, Stoffe heranziehende und Stoffe verteilende Macht sich betätigt, doch unbewußter Weise alle jene später sich kundgebenden Geistesrichtungen des bewußten Lebens schon wirklich vorgebildet sind! und man wird eines der merkwürdigsten und für die Geschichte des Verhältnisses zwischen Bewußtsein und Unbewußtsein lehrreichsten Momente vor sich haben. Gewiß, an dergleichen muß es deutlich werden, wie durch und durch unser bewußtes Seelenleben auf der Region des unbewußten ruht und aus ihr hervorgeht, wie es ganz eigentlich der erste schaffende Akt der als Seele sich darlebenden Idee ist, noch ganz unbewußt die bewundernswürdige Mannigfaltigkeit des Organismus zu begründen, und wie auch dann, wenn in der Widerspiegelung der Idee in dieser Schöpfung das Bewußtsein sich erschlossen hat, die unbewußte Strahlung jenes Göttlichen der unversiegbare Born ist, aus welchem immer neue und neue Bereicherungen des Bewußtseins hervorgehen.

Gerade weil wir es also für so höchst wichtig erkennen, behufs der Wissenschaft von der Seele so tief als möglich einzudringen in das Verständnis der bewußtlos in uns waltenden Idee, wird es zunächst hier unbedingt erfordert, mit schärferen Zügen die Geschichte des werdenden Organismus und namentlich des menschlichen zu zeichnen. Es ist hierbei insbesondere notwendig, die Wesenheit des Entwicklungsvorganges, dagegen nicht gerade alle einzelnen Modifikationen desselben, deutlich einzusehen: eine Einsicht, welche allerdings erst durch die sorgfältigen, dem Laien durchaus und selbst vielen Ärzten noch bisher ganz fremden Untersuchungen der neuesten Zeit möglich geworden ist. Nur aus dieser Deutlichkeit der Einsicht wird auch der Rückschluß auf die Eigentümlichkeit, mit welcher ein unbewußt bildendes Seelenleben sich überhaupt betätigt, wahrhaft möglich werden. Hätte E. Stahl, dem schon im 17. Jahrhundert der Gedanke kam: es sei nur die Seele das eigentlich Schaffende und Bildende des Organismus, zu seiner Zeit schon klarere Vorstellungen von diesem Bilden und dem wahren Verhältnis einer Idee zu ihrem Sichdarleben in einer Form erfassen können, und wäre er nicht von reineren Anschauungen immer noch durch die Annahme einer gewissen Materialität der Seele zurückgehalten gewesen, so hätte schon ihm sich die ganze Wesenheit dieser Verhältnisse erschließen müssen. Ihm war nämlich der Unterschied des bewußten und unbewußten Seelenlebens allerdings aufgegangen, und ganz treffend sagte er: »das Unbewußte und Unwillkürliche im Organismus geschehe zwar auch ratione oder λóγω, aber nicht ratiocinio oder λóγιςμω«, welche Erkenntnis ihn denn auch so erfüllte und befriedigte, daß er mit einer gewissen Verachtung auf die Physiologie seines Zeitgenossen F. Hoffmann herabblickte und selbst mit Leibniz in entschiedene Differenzen geriet, als welcher letztere zwar die Seele an und für sich in ihrer Immaterialität gewiß richtiger erfaßt hatte als er, allein, da ihm nun wieder ihr Verhältnis zum Organismus ferner lag, noch eine zweite Entelechie, die Kraft der Bewegung, außer der Seele im Organismus annahm, welche Stahl allerdings verwerfen mußte, da ihm der Begriff der Einheit des Organismus einmal wahrhaft aufgegangen und deutlich geworden war.

a) Vom Wesen der ersten Bildungsvorgänge des menschlichen Organismus

Ein wahres Unheil, welches der Psychologie daraus erwuchs, daß in neuerer Zeit größtenteils Männer mit ihrer Bearbeitung sich beschäftigen, welche von den Bildungsvorgängen und dem Leben des Organismus gar keine oder nur höchst unvollkommene, aus Büchern geschöpfte Begriffe hatten, lag darin, daß, wenn sie sich darüber deutlich machen wollten, was sie das Verhältnis von Seele und Körper nannten, ihnen immer nur ein ungefähres Bild von der gesamten gegliederten Mannigfaltigkeit des erwachsenen Leibes vorschwebte, und daß sie ganz der rechten Vorstellung seiner einfachsten frühesten Verhältnisse ermangelten. Schon Aristoteles sagt: »Und dieserhalb nun gehört für den Naturforscher die Betrachtung über die Seele, entweder überhaupt oder als so beschaffene.« Wie sollte auch das rechte Erkennen des Bewußten in uns hervorgehen, wenn das Erkennen und Verfolgen des Unbewußten nicht vorhergegangen war und wegen mangelnder Vorkenntnisse nicht vorhergehen konnte! So wie also in der Morphologie nur durch das Studium der Entwicklungsgeschichte die Lehre von dem Verhältnis und der Bedeutung der Organe näher aufgegangen ist, so wird man auch die Art und Weise, wie ein Göttliches – eine Idee – ein Urbild eines Seins vor allem Dasein sich in der Wirklichkeit in einem Abbilde darlebt und welche Verhältnisse dann fortwährend zwischen Urbild und Abbild bestehen, nur dann genügend erkennen und durchschauen, wenn man die Verhältnisse aufsucht, wo die Beziehungen und Bildungen noch einfacher sind; hingegen wird man sie weit schwerer erfassen, wo sie bereits eine unendliche Mannigfaltigkeit und Verwicklung wirklich erreicht haben.

Indem wir daher jetzt an diese Betrachtungen uns begeben, so ist ein Faktum sogleich als das wichtigste vorauszustellen und deutlich zu machen, von welchem allein schon unendlich viel Licht für die Einsicht in alle ähnlichen Verhältnisse erlangt werden kann, ein Faktum, das allerdings erst durch die neuesten Forschungen wahrhaft enthüllt ist und welches, wenn Männer wie Aristoteles und E. Stahl damit bereits bekannt gewesen wären, das Verständnis vom unbewußten Bilden der Seele schon ihnen in vollerem Maße eröffnet haben würde. Dieses Faktum heißt: die ursprüngliche vollkommene Gleichheit aller Elementarteile des Organismus oder die Wahrheit, daß alle Vergrößerung des Gliedbaues im lebenden Körper bedingt werde durch unendlich vielfältige Wiederholungen einer und derselben einfachsten Grundform. Einfachste aller Gestalten ist aber die reine Sphäre, und so sind es unendlich kleinste Hohlsphären, Bläschen, Urzellen, welche als organische Einheiten (Monaden) die Vielgestaltigkeit aller organischen Bildung begründen. Tausend und tausendfältig verwirklicht sich also die Idee in solcher Monas, und jede Urzelle des Organismus ist sonach immer nur die Wiederholung jener ersten Urzelle – jenes Eikeims – Eibläschens, womit der ganze Organismus begann; eben deshalb aber ist auch jede dieser Urzellen auf ihre besondere Weise der Ausdruck der Idee des Ganzen und dadurch auf ihre besondere Weise eigenlebendig.

Man denke den Gedanken einer solchen Gliederung recht durch, und man wird finden, daß hiermit in Wahrheit ein ungeheurer Schritt zum Verständnis des Lebens überhaupt und des Verhältnisses der Seele zum gegliederten Leibe insbesondere getan ist! – Gerade der Mangel dieser Erkenntnis war es, welcher die älteren Forscher und noch manche neuere in absurder Weise nach einem Sitze der Seele suchen ließ, als ob nur an einem Punkte – gleich der Spinne inmitten ihres Netzes – die Seele im Organismus fixiert wäre und sie von da aus das mechanische Getriebe des Leibes in Bewegung setzte! – Wer hingegen nur das recht gefaßt hat, wie alle Grundform des Organismus auf unzählbarer Wiederholung der einen Grundform ruht, und wie jegliche Zelle der Wiederholung des ersten Eikeims ist und wie sie selbst eben dadurch immer wieder die Grundidee verwirklicht oder eben dadurch in sich eigenlebendig ist, der betrachtet nun schon mit ganz anderen Augen das aus all diesen Wiederholungen sich erbauende Ganze. Erst durch diese Vorstellung wird aber auch ein jeder höher entwickelter und insbesondere der menschliche Organismus uns wahrhaft zum Begriffe einer kleinen Welt, eines Mikrokosmos, gesteigert; ein Begriff, der außerdem von den meisten nur als ein Gleichnis und folglich unzulänglich gedacht werden kann. Wenn wir dagegen uns deutlich machen, daß wirklich das allererste Keimbläschen des Organismus nur als ein einzelnes, als eine Monas erscheint, daß dann schon während seiner ersten Weiterbildung Tausende neuer solcher Monaden aus dem Keimbläschen sich entwickeln, ja daß der ganze Leib des allmählich anschießenden Embryo nur aus wiederholten Bläschenformen – Zellen – besteht, aus denen erst allmählich Hirn und Nerven, Muskeln und Knochen, Sinnesorgane und Bildungs- und Ernährungsorgane nach einem höheren Plane der Idee sich zusammenreihen, während zugleich Millionen von rastlos entstehenden und vergehenden Monaden als Blutkörperchen sich kreisend umhertreiben, ja daß auch von den bereits zu größeren Gebilden angeschossenen Urbläschen oder Zellen während jeder Erdumdrehung wieder viele Tausende aufhören, der Organisation anzugehören, sich ablösen und zerstört werden, während andere Tausende immer wieder neu sich gestalten und dem Bestehenden sich anschließen und daß nun doch in jeder dieser millionenfach dargebildeten Zellen immer die ursprüngliche Lebensidee des Organismus sich auf eigentümliche Weise verwirklicht hat, so wird in uns nun erst ein Begriff des Lebens erzeugt, den wir im wahren Sinn einen würdigen nennen können und der uns den scheinbar einfachen und ruhig beharrenden lebendigen Leib als ein durchaus bewegtes Meer des steten Vergehens und Werdens, ganz in gleichem Sinne etwa wie ein System von Weltkörpern, kurz, wie ich oben sagte, wahrhaft als Mikrokosmos darstellt und beweiset.

In diesen Vorgängen also sehen wir das erste bewußtlose Wirken jener göttlichen Idee, welche als Seele sich darleben soll, wie es hier unter gegebenen Bedingungen an einer einfachen eistoffigen Flüssigkeit hervortritt, und zwar mit derselben Notwendigkeit gestaltend, gleichsam sich ausgliedernd, hervortritt, als an dem schwebenden Wassertropfen der Atmosphäre bei verminderter Wärme die Idee einer sechsstrahligen Kristallisation der Schneeflocke erscheint, und wir erkennen alsbald, dieses erste bewußtlose Wirken, es müsse im allgemeinen als ein zweifaches sich kundgeben: einesteils nämlich erscheine es als ein sich in einer und derselben Urgestaltung immerfort, solange überhaupt ein Fortbilden des Organismus stattfindet, sich rastlos Wiederholendes, sich immer neu Seiendes; andernteils sei es ein höheres, die Darstellung der Gesamtheit eines mannigfaltig gegliederten Organismus Bezweckendes. Man könnte also sagen: es wiederhole sich hier am Stoffe selbst der oben berührte Gegensatz von Stoff und Form noch einmal, indem die endlose Wiederholung der Urzelle in Millionen eigenlebendiger Monaden oder Zellen gleichsam den Stoff, das Material des Organismus darstellt, während die verschiedenartigen Modifikationen dieser unendlichen angehäuften Zellen nach dem höheren Schema unserer gesamten organischen Bildung erst die Form und dadurch, wie Aristoteles ganz richtig sagt, »die Wirklichkeit der ganzen lebendigen Bildung« begründen.

Nicht bloß jedoch diese räumlich gestaltenden Verhältnisse sind hier wichtig zu beachten, sondern ebenso verdient das Moment der Zeit unsere besondere Aufmerksamkeit. Wäre nämlich die schaffende Tätigkeit dieses Göttlichen in uns, welches wir in seiner vollem Entwicklung mit dem Namen der Seele bezeichnen, bloß eine schlagartig nur einmal wirkende, blitzartig erscheinende und nicht in der Zeit fortgehende, so würde sie wesentlich gleichen der eigentlichen Kristallisation oder der Gestaltung eines Gliedes des Erdorganismus, welches, einmal geworden, bis zu seinem gänzlichen Zerfallen immer dasselbe bleibt; aber sie ist nur in gewissem Sinne andauernd, im wesentlichen aber fortwährend umgestaltend, immer zerstörend und neu bildend, ja sie ist nur am diese Weise und durch diese rastlosen Wiederholungen den Organismus erhaltend; denn wie es bei dem Dichter heißt:

»Denn Alles muß in Nichts zerfallen, Wenn es im Sein beharren will«,

so würde der Leib nicht im Ganzen derselbe bleiben können, wenn er es im Einzelnen zu bleiben versuchte. So also tritt auch in dieser unbewußten Offenbarung eines höheren Organismus hierdurch eine höchst merkwürdige Eigenschaft hervor, welche sich ebenso auf die Zeit bezieht, wie jenes erste gestaltende Moment auf den Raum sich bezog, eine Eigenschaft, vermöge welcher sonach der Mikrokosmos auch zeitlich das vollkommene Ebenbild jenes Unermeßlichen wird, von dem es heißt: »siehe, er geht vorüber und verwandelt sich, ehe daß ich es merke.«

Diese Eigenschaft ist es nun, in welcher abermals für die Entwicklung auch des höheren bewußten Seelenlebens sehr wichtige Bedingungen sich ergeben. Wie nämlich vorher sich zeigte, daß hinsichtlich der räumlichen Erscheinung des Organismus stets eine unendliche Menge von Einzelheiten der Bildung einer höheren, einer Gesamtform untergeordnet sind, so ist es jener fortschreitenden erhaltenden Wirkung, jenem zeitlichen Schaffen des unbewußten Göttlichen im Organismus eigen und notwendig, alle die einzelnen rastlos wechselnden Zeitmomente seiner Existenz auch einem Höheren, einer allgemeinen Zeit seines Daseins unterzuordnen. Dieses Göttliche nämlich, welches als solches notwendig auch am Prädikat der Ewigkeit teilhat, offenbart sein Wesen stets, man könnte sagen in einem Bruchteile dieser Ewigkeit, in einem immerfort in Vergangenheit und Zukunft zerfallender, Zeitteil, den wir gleichsam seine relative Ewigkeit, d. i. seine Lebenszeit, nennen. Eben weil aber sonach jede Vergangenheit und jede Zukunft des lebenden Organismus integrierende Teile eines Ganzen, nämlich Bruchteile einer relativen Ewigkeit sind, so müssen sie auch stets in der allergenauesten Beziehung aufeinander sich verhalten, das Vorhergehende muß auf das bestimmteste auf das Folgende und das Vorhandene ebenso auf das Vergangene deuten, und hierin liegt eben der höhere Grund jener Beziehung der Zeiten, die wir später im Bewußtsein als Erinnerung und Voraussicht bezeichnen werden.

Indem daher alles Wachsen, alles Bilden, alles Zerstören und alles Sichwiederbilden, mit einem Worte alles dies unbewußte Werden immer die festesten und allergenauesten Beziehungen des Vorhergehenden auf das Nachkommende und des Nachgekommenen auf das Vorherdagewesene verrät, obwohl es doch selbst nur in steter Flucht zwischen Vergangenheit und Zukunft ohne eigentliche Gegenwart sich erweiset, so muß diese Vorausschau und diese Erinnerung in ihm allerdings fester und gewisser als in der bewußten Sphäre genannt werden, und es muß eine wichtige Aufgabe werden, hier, wo das Unbewußte der Seele erwogen werden soll, darzulegen, welche Bewandtnis es mit dieser unbewußten Erinnerung und unbewußten Voraussicht eigentlich habe. Erst später wird sich dann ergeben, daß eine eigentliche Gegenwart, d. h, das Finden eines wahren Haltpunktes zwischen Vergangenheit und Zukunft, erst im bewußten Geiste möglich sei, daß aber dann hierin auch überhaupt die Flucht der Zeit überwunden und die Ewigkeit ergriffen werde. Hier in der Entwicklung des bewußten Geistes ist aber bei erlangter Gegenwart Vergangenheit und Zukunft dunkler, während im Unbewußten zwar die eigentliche Gegenwart fehlt, aber die Beziehungen zwischen Vergangenheit und Zukunft um so inniger und gewisser sind.

Die bisher so ganz unbeachtet gelassene Lehre von diesem Prometheischen und Epimetheischen des Unbewußten wird uns aber am klarsten hervorgehen, wenn wir zunächst unsere Blicke etwas schärfer richten auf die Geschichte alles unbewußten organischen Lebens, so auf das geheimnisvolle stille Fortbilden der Pflanzenwelt oder auf das unruhigere bewegtere Leben und Treiben der Tierwelt. In jeder Regung und jeder Form werden wir hier, wenn wir aufmerksamen Geistes sind, verstehen können: da liege überall etwas verborgen, wodurch zurückgedeutet werde auf ein Vergangenes, Vorherdagewesenes und wodurch vorbedeutet werde auf etwas weiter sich Bildendes, etwas Zukünftiges. So deuten die ersten Teilungen des Pflanzenkeims auf die Art und Stellung späterer Blätter, so die Blätter auf die Art und Stellung der Blumenkrone, und so zeigt schon die erste Anlage der Blüte die bestimmte Gliederung eines Gebildes, aus welchem bei ihrem Lebensanfange die ganze Pflanze hervorging und das ihr, obwohl unbewußt, doch so gut im Gedächtnis geblieben ist, um es auf ihrer Lebenshöhe wieder ganz zu reproduzieren, d. i. des Samenkorns. Ja, beobachten wir das Leben näher, so sehen wir, es müsse durchaus in seiner Fortstrebung ein Gefühl, eine unbewußte Erinnerung von dem vorhanden bleiben, was früher vorhanden war, sonst erklärte sich nicht, wie auf der Spitze einer Entwicklung, nach mannigfaltig durchlaufenen Phasen, etwas wiederkommen könne geradeso wie der Keim gestaltet war, von welchem die Bildung anhub (z. B. das Ei oder das Samenkorn); und hinwiederum erkennen wir, es müsse eine bestimmte, wenn auch unbewußte, Vorahnung von dem in ihm leben, wohin sein Bildungsgang sich richten und was es anstreben sollte, sonst wäre der sicher fortschreitende Gang, das regelmäßige Vorbereiten mancher Erscheinungen, die an sich nur Durchgangsperioden bilden können und selbst immer höheren Zwecken sich unterordnen, ganz unerklärlich. Je mehr man sich nun in alles dieses hineindenkt, je bestimmter man erkennt, daß mit einer außerordentlichen Festigkeit das Nachgefühl des Vorherdagewesenen und das Vorgefühl des Kommenden sich hier unbewußt ausspricht, desto mehr muß man die Überzeugung gewinnen, daß alles, was wir im bewußten Leben Gedächtnis, Erinnerung nennen, und noch weit mehr alles, was wir in dieser Region Voraussehen, Vorauswissen nennen, doch gar weit zurückbleibe hinter der Festigkeit und Sicherheit, mit welcher in der Region des unbewußten Lebens dieses epimetheische und prometheische Prinzip, dieses Erinnerungs- und Vorahnungsvermögen noch ohne alles Bewußtsein einer Gegenwart sich geltend macht. Wenn in niederen Tieren die verlorengegangene Gliedmaße sich auf das vollkommenste, gleichsam nach dem in unbewußter Erinnerung festgebliebenen Bilde der verlorenen, wiedererzeugt; wenn in dem zuerst bloß mikroskopischen menschlichen Ei während seiner allmählichen Entwicklung zum reifen Menschen das Bild der menschlichen Organisation überhaupt, ja der mütterlichen oder väterlichen Organisation insbesondere dergestalt durch Reihen von Jahren unvergessen bleibt, daß immer mehr und mehr und in ganz allmählicher Folge das Bild jenes ersten Stammes zulegt wirklich deutlichst hervortritt; wenn das ein Jahrtausend trocken aufbewahrte Samenkorn die Gestalt der Pflanze,