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Meinungsfreiheit auf digitalen Plattformen E-Book

Philipp Buchallik

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Beschreibung

Digitale Plattformen verändern politische, wirtschaftliche und soziale Beziehungen und Strukturen in rasantem Tempo. Dies gilt insbesondere für die Möglichkeiten und Formen der Meinungsäußerung sowie für die Herstellung von Öffentlichkeit. Philipp Buchallik beschreibt, systematisiert und diskutiert Herausforderungen für das Recht auf Meinungsfreiheit, die sich aus der Plattformisierung des Internets ergeben. Sein Fokus liegt dabei auf herabsetzenden Äußerungskonstellationen und -dynamiken, an denen sich die Probleme kristallisieren. In diesem Zuge widmet er sich staatlichen und privaten Regulierungstendenzen, die zur Lösung der aufgeworfenen Fragen beitragen sollen.

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Seitenzahl: 816

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Philipp Buchallik

Meinungsfreiheit auf digitalen Plattformen

Dynamiken und Konstellationen herabsetzender Kommunikation

Die vorliegende Publikation ist eine überarbeitete Version der im November 2024 an der TU Dresden verteidigten Dissertation des Verfassers. Sie ist im Rahmen der Tätigkeit des Autors an der Technischen Universität Dresden, Professur für Rechts- und Verfassungstheorie mit interdisziplinären Bezügen und Sonderforschungsbereich 1285, erstellt worden und wurde von der Technischen Universität Dresden finanziell unterstützt. Während der letzten Phase der Arbeit an der Dissertation bestand eine Affiliation des Autors mit dem Center for Interdisciplinary Digital Sciences (CIDS) an der Technischen Universität Dresden und mit dem Center for Scalable Data Analytics and Artificial Intelligence (ScaDS.AI) Dresden/Leipzig.

Gefördert mit Mitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 1285 »Invektivität. Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung « an der TU Dresden.

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.dnb.de/ abrufbar.

Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-ShareAlike 4.0 Lizenz (BYSA). Diese Lizenz erlaubt unter Voraussetzung der Namensnennung des Urhebers die Bearbeitung, Vervielfältigung und Verbreitung des Materials in jedem Format oder Medium für beliebige Zwecke, auch kommerziell, sofern der neu entstandene Text unter derselben Lizenz wie das Original verbreitet wird.

https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

Die Bedingungen der Creative-Commons-Lizenz gelten nur für Originalmaterial. Die Wiederverwendung von Material aus anderen Quellen (gekennzeichnet mit Quellenangabe) wie z.B. Schaubilder, Abbildungen, Fotos und Textauszüge erfordert ggf. weitere Nutzungsgenehmigungen durch den jeweiligen Rechteinhaber.

2024 © Philipp Buchallik

transcript Verlag | Hermannstraße 26 | D-33602 Bielefeld | [email protected]

Umschlaggestaltung: Maria Arndt, Bielefeld

Korrektorat: editorio GmbH

Druck: Elanders Waiblingen GmbH, Waiblingen

https://doi.org/10.14361/9783839475195

Print-ISBN: 978-3-8376-7519-1

PDF-ISBN: 978-3-8394-7519-5

ePUB-ISBN: 978-3-7328-7519-1

Buchreihen-ISSN: 2699-6626

Buchreihen-eISSN: 2703-111X

Inhalt

Dank

1Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen

Problemaufriss und Fragestellung

Relevanz der Untersuchung

Gang der Untersuchung

Invektivität als methodisches Reagenzmittel

Erwägungen zu Material und Quellenlage

2Die digitale Dimension des grundrechtlichen Äußerungsschutzes in Deutschland und den USA

2.1Die digitale Konstellation

2.2Besonderheiten von Äußerungen und ihren Formen im digitalen Raum

2.3Die digitale Dimension der Meinungsäußerungsfreiheit des Grundgesetzes

2.4Freedom of Online-Speech

2.5Zwischenfazit

3Digitale Plattformen und ihre Bedeutung für die Freiheit der Meinungsäußerung

3.1Was sind Plattformen?

3.2Typologien digitaler Plattformen

3.3Plattformaffordanzen und Invektivität

3.4Zwischenfazit: Die Macht der Plattformen

4Invektive Online-Konstellationen als Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit

4.1Systematisierung invektiver Online-Konstellationen

4.2Mittelbare Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit durch invektive Konstellationen

4.3Zwischenfazit

5Problemachsen der Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen

5.1Örtliche Zuständigkeit

5.2Grundrechtsbindung

5.3Meinungsäußerungsfreiheit vs. Persönlichkeitsrecht in der digitalen Konstellation

5.4Desinformationen und Dimensionen des Fakes

5.5Sich wandelnde Öffentlichkeiten

5.6Kollektivität

5.7Anonymität und Pseudonymität

5.8Zwischenfazit

6Regulierung und Content Moderation

6.1Regulierung

6.2Content Moderation

6.3Zwischenfazit

7Fazit

Zusammenfassung der Ergebnisse

Bewertung der Ergebnisse

Anknüpfungspunkte

Schlussbetrachtungen

Literatur

Monografien, Handbücher, Sammelbände und Sammelbandbeiträge

Kommentare

Zeitschriftenartikel

Sonstige Literatur und Quellen

Dank

Von Beginn des Promotionsprozesses an, bekommt man viele Hinweise, Ratschläge und Warnungen – jetzt kann ich sagen, es wäre nicht schlecht gewesen, ein paar mehr davon zu beachten. Die letzten fünf Jahre waren sehr intensiv, stressig und teils frustrierend, aber auch sehr anregend und von vielen schönen Momenten durchsetzt. Nun kommt ein solcher hinzu. Beim Nachdenken über diesen kurzen Dank wird mir noch einmal klar, wie viele Menschen mich intellektuell, emotional, organisatorisch sowie materiell unterstützt haben.

Benita, danke dass Du mich getragen und Dir das Korrekturlesen angetan hast. Leo und Mira, schön, dass Ihr mir zeigt, was das Wesentliche ist. Liebe Familie, danke für Euren Rückhalt und Eure Unterstützung. Das gilt auch für Euch, Klara und Mathis, letztendlich seid Ihr auch Familie. Danke Madeleine für Deine Unterstützung am Anfang der Promotionsphase.

Liebe Frau Müller-Mall, Ihr Optimismus, Ihre Kreativität, Ihre Loyalität und Ihre Anregungen haben ganz entscheidend geholfen, das Projekt über die Ziellinie zu bringen. Ein herzliches Danke für Ihre Begleitung über die Jahre, für das Gutachten und für die Hilfe über die Verteidigung hinaus. Ihre Arbeit hat mir vielfältige neue Perspektiven eröffnet, Horizonte erweitert und einige »echte« Nachfragen provoziert. Liebe Frau Kanzler, haben Sie Dank für das Zweitgutachten und die tolle Zusammenarbeit im Rahmen der AG Form- und Medienwandel des Invektiven.

Liebe (Ex-)Kolleg:innen an der Professur, Clemens, Johannes, Nelly, Niklas, Jan, Rita, Andrea, Ben, Louise, Katharina, habt Dank für Eure Unterstützung, die Textlektüren- und Kritik in den Kolloquien und die vielen guten Gespräche beim Essen danach. Clemens und Nelly, es war schön mit Euch das Büro zu teilen.

Liebe Falkenbrunnencrew, danke für die Zeit mit Euch, die Nachwuchsrunden, die Abende auf der Terrasse. Zu wissen, Euch zu auf der Arbeit zu treffen, Jan, Doris, Georg, Alex, Antje, Bernhard, Franzi, Kaddy, Mei-Chen, Sonja, Gabriel, Ludo, Beppi, Youmna, Jan-Lukas, Marius und das Kicken mit Zwietracht haben das Dranbleiben erleichtert und das Leben bereichert.

Dank auch an Annika Bebenroth und Daniel Legrum, den Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften der TU Dresden sowie an die Graduiertenakademie der TU Dresden, namentlich Dr. Katharina Ulbrich und Angela Böhm.

Vielen Dank an den transcript Verlag, das Korrektorat von editorio und an die HerausgeberInnen der Reihe »Politik in der digitalen Gesellschaft«, die mich auf meinen letzten Metern mit der Dissertation begleiten.

Nicht zuletzt gilt mein Dank der großzügigen Unterstützung durch den Sonderforschungsbereich 1285, für den ich stellvertretend den Sprecher (und Vorsitzenden meiner Prüfungskommission) Gerd Schwerhoff sowie die Leiterin der SFB-Nachwuchsarbeit Marina Münkler nennen möchte.

Habt Dank (natürlich auch alle, die ich hier nicht genannt habe).

1Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen

Problemaufriss und Fragestellung

Die Digitalisierung ist vom präzedenzlosen globalen Erfolg digitaler Plattformen geprägt. Ihr Handeln, ihre Angebote, ihre Nutzung und ihre Macht haben Einfluss auf das individuelle Leben und das politische Gemeinwesen. Das gilt für alle politischen Systeme, jedoch für demokratische Gemeinwesen in besonderem Maße. Demokratie benötigt die öffentliche Verständigung über Fragen des Zusammenlebens, den Austausch von Meinungen, Prozesse der individuellen sowie kollektiven Meinungsbildung, den Schutz von Mindermeinungen und Orte, an denen all dies geschehen kann. Meinungen sind dabei – anders als Tatsachenbehauptungen – durch ein subjektives Element des Meinens, Empfindens und Dafürhaltens geprägt und daher keiner Wahrheitskontrolle zugänglich.

Digitale Plattformen, also digitale, vermittelnde, strukturierende, aggregierende, regelsetzende, infrastrukturelle Akteur:innen im Besonderen und die Digitalisierung im Allgemeinen sind Ausdruck des aktuellen und anhaltenden Medienwandels. Mehr noch als vorherige Medienumbrüche, wie z.B. die Etablierung des Buchdrucks, führen sie zu einer explosionsartigen Ausweitung der Ausübung der Meinungsäußerungsfreiheit. Nie war es leichter, sich zu informieren, seine Meinung in Wort, Bild und Schrift öffentlich zu äußern, auf Äußerungen anderer zu reagieren und sich selbst in der Öffentlichkeit darzustellen. Permanente Kommunikation und Anschlusskommunikation sind das Grundrauschen der digitalen Konstellation. Die digitalen Plattformen fordern zu Äußerungen und zur Interaktion auf. Sie entwickeln ihre Geschäftsmodelle rund um die Verbreitung von nutzer:innengenerierten Inhalten.

Der Zugewinn an Freiheit ist jedoch mit problematischen Begleiterscheinungen verbunden. Die Masse an (Meinungs)Äußerungen ist unüberblickbar, ihre Strukturierung durch das System des professionellen Journalismus verliert an Bedeutung und wird zudem durch alternative Medien, die sich journalistischen Standards nicht verpflichtet fühlen, herausgefordert. Auch Staaten, Unternehmen oder politische Interessengruppen treten mit unterschiedlicher Motivation manipulierend in Erscheinung. Darüber hinaus haben herabsetzende, beleidigende, verletzende, verstörende oder schmähende Inhalte Konjunktur. Sie sind seit Beginn des Meinungsaustausches im Internet eine Begleiterscheinung der Digitalisierung. Doch seit dem Siegeszug der digitalen Plattformen in den letzten Jahrzehnten wurden sie zum weitverbreiteten Bestandteil digitaler Kommunikation1 mit Wirkung in Situationen der Anwesenheitskommunikation hinein und umgekehrt von Anwesenheitssituationen ins Netz. Obgleich herabsetzende Äußerungen nur einen Teil digitaler Kommunikation ausmachen, sind sie besonders sichtbar und folgenreich in Bezug auf die Lebensgestaltung einzelner Personen, aber auch für das Gemeinwesen. Sie fordern die Demokratie heraus und rufen zu einer Anpassung des Verständnisses der Meinungsäußerungsfreiheit und ihrer Grenzen auf. Die Herausforderungen sind vielfältig und ihre Problematisierungen ebenfalls. Eine gemeinsame Perspektive ist, dass Formen und Konstellationen herabsetzender, hasserfüllter und beleidigender Kommunikation, einhergehend mit Des- und Falschinformation, Personen aus dem demokratischen Diskurs ausschließen oder – indem Verständigungsgrundlagen erodieren – aus ihm herausspülen.

Deswegen wird mit der vorliegenden Arbeit das Ziel verfolgt, Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen herauszustellen und mögliche Antworten sowie bereits umgesetzte bzw. in Umsetzung befindliche Antworten auf diese Herausforderungen darzustellen und zu bewerten. Folglich ist die forschungsleitende Frage:Wie wird die Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen angesichts invektiver Konstellationen geschützt?

Die Frage setzt die normative Grundannahme voraus, dass Meinungsäußerungsfreiheit und die gelebte Praxis ihrer Entfaltung, Bedeutung und Begrenzung als Kernbestandteile der Demokratie anzusehen und ihr Schutz für den Erhalt des demokratischen Gemeinwesens zentral sind. Dabei wird ein qualitativer Begriff der Meinungsäußerungsfreiheit verwendet, der sich im aufeinander bezogenen Zusammenspiel mit anderen Grundrechtsgütern entwickelt. Die Vorstellung einer beinahe absoluten Meinungsäußerungsfreiheit, wie sie in den Vereinigten Staaten von Amerika etabliert und populär ist, wird dem kontrastierend gegenübergestellt.

Der Blick über den Atlantik in die USA ist eine sinnvolle Kontrastfolie für die zuvorderst deutsche und europäische Perspektive auf die Meinungsäußerungsfreiheit und ihre Herausforderungen. In westlichen Demokratien haben sich in Bezug auf die Meinungsäußerungsfreiheit unterschiedliche Grundrechtstraditionen entwickelt. Das deutsche Grundrechtssystem, wie auch das Grundrechtssystem der Europäischen Union, haben einen Grundrechtsschutz eingeführt, der fast immer in der Abwägung zu anderen Grundrechtsgütern steht. Die Freiheit der Meinungsäußerung darf also nur in ihren gesetzlichen Grenzen ausgeübt werden, die wiederum im Licht der Meinungsäußerungsfreiheit ausgelegt werden. In den Vereinigten Staaten hat sich dagegen eine weitaus liberalere Doktrin der Redefreiheit (Free Speech) entwickelt, die sich inhaltlich und dogmatisch von der Meinungsäußerungsfreiheit unterscheidet.

Die Betrachtung des US-amerikanischen Systems der Free Speech im Rahmen dieser Arbeit ist zudem notwendig, da dieses die Ideen der Betreiber:innen digitaler Plattformen von Rede- bzw. Meinungsäußerungsfreiheit prägt und zugleich einen Vergleich des Umgangs mit invektiven Konstellationen in unterschiedlichen westlichen Demokratien möglich macht. Die Metapher der Kontrastfolie soll zugleich zum Ausdruck bringen, dass im Folgenden kein systematischer Rechtsvergleich angestellt wird, sondern die Betrachtung der US-amerikanischen Äußerungsregulierung dem Herausarbeiten und dem Verständnis der Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen im deutschen und europäischen Kontext dient.

Die vorliegende Arbeit ist von einem gewissen taxonomischen Enthusiasmus geprägt, da sie systematisch die unterschiedlichen für Ziel und Forschungsfrage relevanten Aspekte zusammenträgt. Diese umfassen: die Darstellung der Meinungsäußerungsfreiheit des Grundgesetzes (GG) und der Freedom of Speech gemäß dem ersten Zusatzartikel zur Verfassung der USA (First Amendment) sowie deren jeweiligen Besonderheiten und Grenzen in der digitalen Konstellation; eine Beschäftigung mit den digitalen Plattformen, ihren Typen und Affordanzen;2 die Erfassung und Systematisierung digitaler invektiver Konstellationen; das Herausarbeiten der daraus resultierenden mittelbaren und unmittelbaren Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit sowie deren Strukturierung in Problemachsen; eine Übersicht und Einordnung der möglichen Antworten auf die Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen angesichts invektiver Konstellationen in der Form von staatlicher Regulierung und privater Moderation von Inhalten (Content Moderation).

Der Konstellationsbegriff bezeichnet eine »Gesamtlage, wie sie sich aus dem Zusammentreffen besonderer Umstände [und/oder; Anm. P.B.] Verhältnisse ergibt.«3 Als relationaler und einschließender Begriff prägt er die Arbeit auf unterschiedliche Weisen. Er dient als Reflexionsbegriff im Zusammenhang mit der digitalen Konstellation, welche sich auf die gesellschaftlichen Bedingungen für Politik sowie auf die demokratische und juridische Aushandlung der Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit bezieht.4 Die Rede von der digitalen Konstellation hebt hervor, dass »eine umfassende Veränderung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen vorliegt, die nicht einheitlich wirkt und sich dynamisch entfaltet.«5 Sie erlaubt es, folgende Fragen und Perspektiven einzubeziehen:

»Welche technischen Faktoren haben in welcher Weise eine prägende Bedeutung, welche Möglichkeitsräume oder Strukturlogiken bilden sich aus und verfestigen, wie Politik [, Recht und Rechtsprechung; Anm. P.B.] wiederum zurückwirk[en] auf Techniken, deren Entwicklung und gesellschaftliche Realisierung und schließlich, welche gesellschaftlichen […] Praktiken setzen sich angesichts dieser sozio-technischen Umgebung durch und werden selbstverständlich?«6

Zugleich wird der Begriff der Konstellation verwendet, um sich invektiven Online-Konstellationen innerhalb der digitalen Konstellation zu nähern. Als solche werden Phänomene der Herabsetzung bezeichnet, die zwei oder mehr Akteur:innen einschließen, digitale Kommunikationsmittel nutzen, oftmals in Verbindung zu Formen digitaler Öffentlichkeit stehen und die sich zumeist auf oder über digitale Plattformen realisieren. Durch die Betrachtung einzelner invektiver Konstellationen wird es möglich, fallbezogen zu rekonstruieren, wie sich Invektivität realisiert und welche Funktion sie dabei erfüllt. Im Zuge der Analyse invektiver Online-Konstellationen werden spezifische Formen und die Funktion von Invektivität sowie ihre räumliche und zeitliche Dimension im Rahmen der medialen Konfiguration fokussiert.7

Die Untersuchung unterschiedlicher Teilkomplexe, welche die digitale Konstellation formen, sowie die Betrachtung verschiedener invektiver Online-Konstellationen in Kombination mit dem interdisziplinären Zugriff dieser Arbeit erlauben es, die Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen wesentlich besser herauszuarbeiten, als es ein monodisziplinärer Zugang und eine stufenartige Argumentation ermöglichen würden.8

Relevanz der Untersuchung

Seit den 1990er Jahren wurde das Internet zum alltäglichen Begleiter für immer mehr Menschen. 2022 nutzten bereits zwei Drittel aller Menschen weltweit das Internet.9 Noch größere Verbreitung fand die Internetnutzung in Europa und Nordamerika. So nutzten 2022 89,6 Prozent der Europäer:innen, in Deutschland 93 Prozent der Menschen, und 93,6 Prozent der Nordamerikaner:innen das Netz.10 In Deutschland beträgt die Anzahl der Nutzer:innen zwischen 14 und 49 Jahren 100 Prozent, bei den 50- bis 69-Jährigen 95 Prozent und bei den über 70-Jährigen über 80 Prozent.11 Das Digitale ist ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Zusammenlebens, was wiederum bedeutet, dass die Grundrechtsgeltung und -wirkung auch für den digitalen Raum untersucht werden muss, damit Grundrechte nicht leerlaufen.

Neben vielen anderen Funktionen, die das Internet heute erfüllt, sind die Meinungsbildung, v.a. durch Informationsbeschaffung, und die Meinungsäußerung zentrale Aspekte der Nutzung des Netzes. Auch der Kampf der Meinungen hat sich längst ins Internet verlagert. Dadurch verändern sich Debattenprozesse, -dynamiken und das Teilnehmer:innenfeld von Diskursen. Der Zugang zur Öffentlichkeit oder, besser formuliert, zu den verschiedenen Öffentlichkeiten12 des Internets hat sich gewissermaßen demokratisiert.13 Es müssen nicht mehr die Hürden der Herausgeber:innen genommen werden, um sich Gehör und Sichtbarkeit zu verschaffen. Dafür ist es kontingent, welche Äußerung wahrgenommen wird und welche im Rauschen der Äußerungsmassen untergeht. Hinzu tritt, dass das Internet eigene Formen und Logiken der Äußerung hervorgebracht hat.

Die digitalen Plattformen und insbesondere solche, die – wie Social-Media-Plattformen – nutzer:innengenerierte Inhalte verbreiten, spielen dabei durch ihre Affordanzen eine Schlüsselrolle. Das spiegelt schon ein kurzer Exkurs auf die Zahlen wieder: Zwischen 84 und 85 Prozent der Europäer:innen und 82 Prozent der Nordamerikaner:innen nutzen aktiv Social-Media-Plattformen.14 Diese Zahlen weichen nur wenig von den Zahlen der Internetnutzer:innen insgesamt ab, was jeweils über 90 ٪ der Gesamtzahl der Internetnutzer:innen entspricht.

Das Internet ist eine Welt der digitalen Plattformen. Innerhalb dieser Welt ragen einzelne Plattformen besonders heraus, was im weiteren Verlauf der Arbeit ausführlich dargestellt wird. An dieser Stelle ist vorgreifend hervorzuheben, dass wenige, private Akteur:innen wesentliche Teile der Digitalisierung und damit wesentliche Teile von Meinungsbildung, Meinungsäußerungen und Meinungsaustausch beeinflussen – sowohl in anregender als auch in einhegender Weise. Daraus ergibt sich ein weiterer Relevanzaspekt, denn die digitale Konstellation und ihre Kernakteur:innen, die digitalen Plattformen, machen es erforderlich, Grundrechtsverhältnisse neu zu vermessen. Hierfür ist es unabdingbar, ein großes Bild der rechtlichen Situation, der Schlüsselakteur:innen, der im Einzelnen herausfordernden Konstellationen und der bislang auf diese Herausforderungen gegebenen Antworten zu zeichnen.

Für liberal-demokratische Verfassungsstaaten ist die Verarbeitung der Prozesse der digitalen Konstellation eine Herausforderung auf vielen Ebenen. Es gilt sie institutionell, rechtlich und schlussendlich systemimmanent, also demokratisch, zu bewältigen. Dies betrifft neben dem Erfordernis der Regulierung neuer Technologien und Konstellationen auch die Grundrechte, welche in ihrem Verständnis und ihrer Wirkung an die Herausforderungen der digitalen Konstellation angepasst werden müssen. Das heißt nicht, dass Grundrechte neu formuliert werden müssen oder ihr Wortlaut ergänzt werden muss. Eine Stärke des Grundrechtekatalogs des GG ist, dass er von seinen Müttern und Vätern so gestaltet wurde, dass er sich den sich ändernden gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen kann, ohne entkernt zu werden.

Obgleich die Grundrechte in Gänze und jedes für sich einem gemächlichen Bedeutungswandel unterliegen, ohne dabei in ihrem Kern aufgeweicht zu werden, geraten einzelne Grundrechte temporär unter besonderen Druck. Dies ist besonders für die Äußerungsfreiheiten (Meinungs-, Kunst-, Presse-, Religions- und Versammlungsfreiheit) und hier wiederum für die Meinungsäußerungsfreiheit als »in gewissem Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt«15 im Speziellen der Fall. Daher muss eine dogmatische Anpassung an die kommunikativen und medialen Gegebenheiten der digitalen Konstellation stattfinden. Gerichte müssen diese Gegebenheiten bei der Auslegung von Äußerungen einbeziehen und verarbeiten. Weiterhin ist eine Würdigung neuer Phänomene und Konstellationen, bspw. die Rolle von Anonymität oder kollektivem Handeln im Internet, die anders gelagert sind als in Anwesenheitssituationen oder in vordigitalen Medien, notwendig. Dies fordert neben der Rechtsprechung auch die Gesetzgebung heraus.

Diese Gemengelage wird durch die Vielzahl invektiver Konstellationen und Kommunikationsakte beeinflusst, welche immer wieder öffentliche Debatten um Kommunikation und Meinungsäußerungsfreiheit in der digitalen Welt auslösen. Diese Debatten finden im Spannungsfeld von Diagnosen der Vorherrschaft verrohter Hasskommunikation im Netz über die gezielte Nutzung digitaler Affordanzen für Hasskommunikation bis hin zum Urteil, das die Meinungsäußerungsfreiheit im Netz durch Regulierung und Content Moderation eingeschränkt oder gar abgeschafft würde, statt. Die vorliegende Arbeit stellt den Status quo der Anpassung der Meinungsäußerungsfreiheit und der Free Speech an die Bedingungen der digitalen Konstellation dar und greift zugleich die Herausforderungen invektiver Konstellationen auf, um so eine Grundlage für die Einordnung der Antworten des Staates und der Plattformen auf diese Herausforderungen zu schaffen. Sie leistet somit einen Beitrag zum Verständnis der digitalen Konstellation und der Rolle des Grundrechts auf Meinungsäußerungsfreiheit in ihr.

Um den Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen angesichts digitaler invektiver Konstellationen im Detail nachzugehen, wird wie folgt vorgegangen:

Gang der Untersuchung

Die Arbeit ist in sieben Kapitel gegliedert. Nach dem einleitenden Problemaufriss (1.), geht es im zweiten Kapitel um die digitale Dimension des grundrechtlichen Äußerungsschutzes in Deutschland und den USA (2.). Es beinhaltet weiterhin die Beschreibung der digitalen Konstellation (2.1), welche durch Prozesse geprägt wird, die alle Bereiche des menschlichen Zusammenlebens, der gesellschaftlichen Organisation und eine Vielzahl kultureller Praktiken berühren und durchdringen. Diese ineinandergreifenden Prozesse, v.a. Algorithmisierung, Computerisierung, Mobilisierung16 und Plattformisierung, verlaufen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und auf unterschiedlichen Pfaden, welche sich durch technische bzw. gestalterische Innovationen, Skalen- und Netzwerkeffekte oder durch Antworten auf globale Herausforderungen, wie bspw. die Sars-CoV-2-Pandemie, beständig und z.T. disruptiv ändern. Die Beschreibung der digitalen Konstellation ist notwendig, um das Umfeld zu bestimmen, in dem sich die Untersuchung bewegt und zugleich ist sie die Grundlage für die Darstellung von Besonderheiten von Äußerungen und Äußerungsformen im digitalen Raum (2.2). Indem die Arbeit an dieser Stelle digitale Äußerungen und ihre Formen in den grundrechtlichen Schutzbereich der Meinungsäußerungsfreiheit einordnet, hilft sie einem diesbezüglichen Forschungsdesiderat ab. In den beiden nächsten Schritten werden sowohl die digitale Dimension der Meinungsäußerungsfreiheit des Grundgesetzes (2.3) als auch Freedom of Online-Speech(2.4) mit den jeweiligen gesetzlichen Limitationen herausgearbeitet. Zum einen wird dadurch gezeigt, was konkret herausgefordert wird, wenn es um die Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit geht und zum anderen, welche individuelle und kollektive Bedeutung und welchen Status quo Meinungsäußerungsfreiheit und Free Speech haben.

Im dritten Kapitel werden die digitalen Plattformen als zentrale Infrastrukturen des Internets, Protagonist:innen der Plattformisierung und Orte der privaten und öffentlichen Information, Meinungsbildung, Kommunikation sowie Meinungsäußerung untersucht (3.). Dafür wird zunächst geklärt, was digitale Plattformen sind (3.1) und welche Typen von Plattformen es gibt (3.2). Diese Fragen erscheinen nur auf den ersten Blick banal, zeigt sich bei ihrer Beantwortung doch eine überraschende Breite von Definitionen und Typologisierungsvorschlägen, die mehrere Punkte deutlich werden lassen: Plattform ist nicht gleich Plattform und sowohl Wissenschaft als auch Zivilgesellschaft und Politik müssen ein differenzierteres Verständnis der Pluralität digitaler Plattformen entwickeln, um den Herausforderungen zu begegnen, die diese aufwerfen. Darüber hinaus zeigt die Beschäftigung mit den Plattformtypologien, dass es bei der Systematisierung gerade im Bereich der Wissenschaft blinde Flecken gibt. Insbesondere ist dies im Bereich der – nach Nutzer:innenzahl äußerst relevanten – Porno- und Erotikplattformen der Fall. Diese Plattformen bleiben bei allen einbezogenen Typologien außer Acht, sind jedoch bedeutsam, wenn es um Äußerungsfreiheiten und Invektivität geht. Die Plattformen selbst, aber auch ihre Affordanzen, sind eine Herausforderung für die Meinungsäußerungsfreiheit, da sie Räume und Handlungsmöglichkeiten schaffen, die bisher dogmatisch unterbeleuchtet sind. Dieser Umstand wird insbesondere im Zusammenhang mit Invektivität untersucht (3.3). Es wird der Frage nachgegangen, inwiefern Plattformaffordanzen invektive Konstellationen bzw. Invektivität als Ganzes begünstigen. Im Zwischenfazit (3.4) wird zusammenfassend herausgestellt, worin die Macht der Plattformen besteht.

Plattformen sind auf verschiedene Arten in invektive Konstellationen und Phänomene involviert. Sie sind Orte, an denen sich das Invektivgeschehen realisiert, sich Anschlusskommunikation entfaltet und invektive Konstellationen dokumentiert, verstärkt oder perpetuiert werden. Um eine Ausarbeitung, Darstellung und Diskussion eben dieser invektiven Online-Konstellationen im Netz und zuvorderst auf digitalen Plattformen geht es im vierten und fünften Kapitel.

Das vierte Kapitel widmet sich invektiven Online-Konstellationen (4.). Im ersten Abschnitt des vierten Kapitels werden Vorschläge und methodische Ansatzpunkte für die Systematisierung und Untersuchung solcher Konstellationen gemacht (4.1). An unterschiedlichen Konstellationen können jeweils unterschiedlich geartete Herausforderungen gezeigt werden. Zudem geht die Gesetzgebung durchaus verschieden mit einzelnen Konstellationen um, wodurch wiederum Herausforderungen oder Probleme für die Meinungsäußerungsfreiheit entstehen (können). Der unterschiedliche Umgang manifestiert sich etwa in erlassener oder diskutierter Lex-specialis-Gesetzgebung. Der Befund verschiedener Behandlung und Beachtung einzelner Konstellationen lässt sich auch hinsichtlich der wissenschaftlichen Aufarbeitung derselben treffen. Zu einigen, wie Cybermobbing oder Fake News, gibt es reichhaltige Forschung, während Konstellationen wie Romance Scamming oder Review Bombing bislang kaum in der wissenschaftlichen Literatur in Erscheinung treten. Diese Arbeit bildet die verschiedenen invektiven Konstellationen in einer Breite ab, wie sie bislang nicht zu finden ist.

Durch die unterschiedlichen Konstellationen entstehen unmittelbare und mittelbare Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit. Die mittelbaren Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit (4.2) entstehen v.a. durch die aufgrund staatlicher Eingriffe erzeugten chilling effects oder durch die jeweiligen Konstellationen und die Angst vor ihnen ausgelösten silencing effects. Beide Effekte beschreiben das Abkühlen oder Verstummen von Stimmen in der Debatte und die Abnahme der Quantität von Äußerungen. Der Unterschied liegt darin, dass chilling effects durch die Furcht vor staatlichen Sanktionen oder durch staatliche Sanktionen selbst und silencing effects durch die Angst vor den Reaktionen von Menschen oder Gruppen entstehen, die nicht dem Staat zugerechnet werden können.17 Die Herausforderungen sind aus einer grundrechtsdogmatischen Perspektive deshalb als mittelbar anzusehen, weil die Abwägung zwischen Meinungsäußerungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten bei den im vierten Kapitel diskutierten Konstellationen immer zugunsten der Persönlichkeitsrechte entschieden wird. Es lohnt sich dennoch, die verschiedenen Konstellationen näher zu betrachten, da sie zu einem ganzheitlichen Bild des untersuchten Problems gehören und ihre Prävalenz sowie die auf sie bezogene Gesetzgebung Wirkungen auf das Verhältnis von Meinungsäußerungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten entfaltet. Konkret werden Cybergrooming/Sexual Solicitation (4.2.1), Revenge Porn/Rachepornografie (4.2.2), Romance Scamming (4.2.3), Sextortion/Sexpressung (4.2.4) und Cyber Harassment/Cyberstalking (4.2.5) behandelt.

Kapitel fünf ist das analytische Herzstück der Arbeit. Es entfaltet sieben Problemachsen der Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen (5.). Die Achsen ergeben sich aus der Analyse invektiver Online-Konstellationen, wissenschaftlicher Literatur und einschlägiger Rechtsprechung. Ihre Gesamtschau in Verbindung mit den mittelbaren Herausforderungen aus Kapitel 4. ist ein Abbild der derzeitigen Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit und jede für sich bildet wichtige und nicht abgeschlossene Debattenstränge ab: Es geht um die örtliche Zuständigkeit von Gerichten zur Entscheidung von Streitfällen um die Meinungsäußerungsfreiheit auf den global agierenden digitalen Plattformen (5.1), um die Grundrechtsbindung der privaten Plattformen (5.2), um die digitale Dimension des Spannungsverhältnisses von Meinungsäußerungsfreiheit und Persönlichkeitsrecht (5.3), um Desinformation und die verschiedenen Dimensionen des Fake (5.4), um sich wandelnde Öffentlichkeiten in der digitalen Konstellation (5.5), um plattform- und netzspezifische Formen von Kollektivität und ihrer Wirkung (5.6) und schließlich um Herausforderungen durch Anonymität sowie Pseudonymität (5.7).

Bevor es zum abschließenden Fazit kommt (7.), geht es im sechsten Kapitel um Antworten auf die Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheiten durch invektive Konstellationen auf digitalen Plattformen (6.). Diese Antworten bilden die Bemühungen um den Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen angesichts invektiver Konstellationen ab. Dabei wird noch einmal besonders deutlich, warum es sich lohnt, die gesamte Untersuchung mit kursorischen Vergleichen in die Vereinigten Staaten zu versehen. Die Herausforderungen, die Invektivität im Netz dies- und jenseits des Atlantiks aufwirft, treffen auf einen Umgang unterschiedlicher und doch sich wechselseitig beeinflussender Art. In Deutschland und Europa setzt man zuvorderst auf Regulierung und immer mehr auf eine neue Schule von Regulierung, wohingegen in den USA die private Content Moderation den Standard darstellt. Diese neue Schule von Regulierung, theoretisch mit Arbeiten Jack M. Balkins zu fassen,18 führt zu einer regulierten Selbstregulierung in Bezug auf die Content Moderation der Plattformen in Deutschland und der EU, im Gegensatz zu einer unregulierten Selbstregulierung in den USA. Staatliche Regulierung (6.1) und regulierte bzw. unregulierte private Content Moderation (6.2) sind also die Antworten, die bislang gefunden worden sind.

Invektivität als methodisches Reagenzmittel

Invektivität stellt einen wesentlichen Begriff und ein methodisches Reagenzmittel für diese Arbeit in dem Sinne dar, dass der Invektivitätsbegriff dazu beiträgt, die Überschreitungen der Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit aufzuzeigen.

»Invektivität soll jene Aspekte von Kommunikation (verbal oder nonverbal, mündlich, schriftlich, gestisch oder bildlich) fokussieren, die dazu geeignet sind, herabzusetzen, zu verletzen oder auszugrenzen.«19 Dabei wird dem performativen Charakter invektiver Kommunikation Rechnung getragen, welcher sich darin äußert, dass kommunikative Akte mehr sind als nur Sprache und Mitteilung und somit als Handlung verstanden werden können.20 Invektive Meinungsäußerungen können dementsprechend verletzende Wirkungen haben, was wiederum eine Begründung für ihre Begrenzung bietet. Dies gilt natürlich auch für invektive Online-Konstellationen.

Der Begriff der Invektivität ist eine Wortneuschöpfung, welche sich auf die klassische Gattung der invectiva oratio, also der bewusst herabsetzenden bzw. tadelnden (Schmäh-)Rede bezieht,21 aber einen weit größeren Bedeutungsgehalt aufweist. Begrifflich kann zwischen der übergeordneten Invektivität als Beschreibung des Gesamtphänomens, der Invektiven als einzelnem invektiven Kommunikationsakt und dem Invektivem als gemeinsamer Modalität aller Invektiven bzw. als invektivverstandenem Geschehen unterschieden werden. »Damit sollen bislang verstreut betrachtete Phänomene in einen gemeinsamen analytischen Horizont gestellt werden. Sie reichen von der herabsetzenden Unhöflichkeit über Schmähungen, Lästerungen und Beleidigungen bis hin zur Hassrede und zur verbalen bzw. symbolischen Gewalt.«22

Aus politiktheoretischer Sicht wird Invektivität v.a. dann interessant, wenn ihre soziale, kulturelle und politische, kurzum ihre gesellschaftliche Dimension betrachtet wird: »Invektivität hat das Potential, soziale/politische Ordnungen zu gestalten. In diesem Sinne ist das Phänomen zunächst neutral, es kann politische Ordnungen stabilisieren oder auch destabilisieren.«23 Das Konzept hilft, den Blick für spezifische gesellschaftliche Konfigurationen zu schärfen, welche Konjunkturen des Invektiven begünstigen. Eben jene gesellschaftliche Dimension wird auch betrachtet, wenn invektive Konstellationen im Netz untersucht werden. Ihre unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen bedrohen die demokratische Kultur. Daher beschäftigt sich diese Arbeit überwiegend mit dem destruktiven Teil von Invektivität.

Das Konzept der Invektivität fokussiert weiterhin die Rolle von Affekten und Emotionen mit ihren sozialen und politischen Folgen. Gefühlsregime haben enorme Effekte für politische Ordnungen: »Zorn, Wut und Hass können hegemoniale Machtansprüche zum Ausdruck bringen oder Ohnmachtsgefühle von sozial Deklassierten kanalisieren. Auf der Seite der Geschmähten mögen invektive Äußerungen ebenfalls zu Wutreaktionen führen oder aber Ohnmacht, Scham oder Angst hervorrufen.«24 Die Scham bzw. das Beschämen scheinen dabei eine zentrale Bedeutung zu haben. Sowohl im Individuum als auch in der Gruppe verankert, zudem mit einer starken körperlichen Dimension (vor Scham erröten, schamhaft wegsehen, sich beschämt verkriechen) ausgestattet sowie einer langen sozialen und staatlichen Praxis der Schamstrafen versehen, ist das Empfinden von Scham und Beschämung fundamental für die Stabilisierung sozialer Ordnungen.25

Auch das Internet ist ein »Affektmedium«,26 welches heftige Erregungs- und Gemütszustände hervorbringt. Scham ist ein konstitutives Element von Internetphänomen, wie Cybermobbing oder Shitstorms. Neben der Betonung der gesellschaftlichen Dimension, so verdeutlichen diese Ausführungen, ist das Invektivitätskonzept hilfreich, um die individuelle Dimension invektiver Konstellationen zu erfassen. Am Invektiven kondensiert gewissermaßen das Problematische der jeweiligen Konstellation.

Die Folgen invektiver Kommunikation sind, ebenso wie der Umgang der Invektierten mit ihren Gefühlen, hochgradig kontingent. So können Invektierte potenziell »[…] den Fluss der Interaktion unterbrechen und damit Spielräume für Kreativität, Reflexion, Abweichung oder Protest eröffnen.«27 Aus Sicht der Invektivitätsforschung ist es produktiv, die Begriffe Exklusion/Inklusion in den Blick zu nehmen. Beide Begriffe sind prozesshaft, relational, perspektivenabhängig und verändern sich im Verlauf des Geschehens.28 Dies ermöglicht es, die dynamischen Konstellationen, die Invektivität erfassen möchte, sichtbar zu machen, ohne sie dabei auf statische Momentaufnahmen zu reduzieren. Eine solche Betrachtungsweise kommt auch der Analyse schnelllebiger Online-Phänomene zupass.

Eine invektivitätsbezogene Untersuchung beleuchtet nicht nur einzelne Invektiven oder invektive Ereignisse, sondern schließt auch immer die Anschlusskommunikation in die Betrachtung mit ein. Nur so kann die Wirkung von Invektiven und ihre »Wiederholung in fortgesetzten Kommunikationsschleifen, die ganz unterschiedliche Öffentlichkeiten und Kommunikationsräume verbinden,«29 vollständig erfasst werden. Die Einbettung von Invektivgeschehen in einen kommunikativen und temporären Kontext ist demnach entscheidend für das Konzept der Invektivität: »Ob also eine potentiell herabwürdigende Beschimpfung auch tatsächlich so wirkt, ist zunächst offen; so ist es durchaus möglich, dass sie zum Schaden des Sprechers gleichsam im historischen Prozess eine andere – häufig gegenläufige – Bedeutung erhält.«30

Auch wenn Invektivität als »Fundamentalphänomen«31 gesellschaftliche Konfigurationen prägt, gibt es Konjunkturen von Invektivität, also Zeitabschnitte, in denen Invektivgeschehen eine stark hervorgehobene Bedeutung erfährt. Besonders prävalent scheint dies in Zeiten des rasanten politischen und sozialen Wandels sowie in Zeiten von Medienumbrüchen zu sein.32 Es liegt nahe, dass auch die Gegenwart eine Hochkonjunktur von Invektivität erfährt. Die Digitalisierung stellt einen disruptiven Medienwandel dar und sowohl politische als auch soziale Umbrüche sind in vielen politischen Systemen zu beobachten.

Für Demokratien und ihre Grundrechtssysteme bedeutet dies besondere Herausforderungen, denn die Bewältigungs- und Anpassungsprozesse verlaufen in ihnen langsam und damit immer der schnell fortschreitenden Digitalisierung nachlaufend. Die soziale Wirkung digitaler Plattformen lässt sich als eine ihrer Eigenschaften begreifen und Invektivität ist ein fester Bestandteil dieser Wirkung. Menschen kommunizieren im Internet anders als mit anderen Kommunikationsmitteln. Die digitale Kommunikation ist enthemmter,33 was invektiven Konstellationen Vorschub leistet. Das hat Folgen für politische Prozesse bzw. Formen von Politik und die grundrechtliche Abwägung in Bezug auf Spannungen zwischen Meinungsäußerungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten. Das Invektivitätskonzept hilft also nicht nur bei der Beschreibung des der Arbeit zugrundeliegenden Problems, sondern bietet auch Erklärungsansätze und Deutungsmuster für die Prävalenz sowie die Persistenz invektiver Konstellationen, die rechtliche Kategorien überschreiten.

Erwägungen zu Material und Quellenlage

Das Dissertationsprojekt ist aus einem interdisziplinären Kontext heraus entstanden34 und kann, aufgrund des Forschungsgegenstands, nur interdisziplinär gelingen. Daher werden zur Bearbeitung der verschiedenen Teilkomplexe der Dissertation die jeweils fachlich einschlägigen Monografien, Sammelbandbeiträge und Zeitschriftenartikel herangezogen. Arbeiten aus dem gesamten Feld der Sozial- und Geisteswissenschaften, wie die intensive Belegstruktur an den einzelnen Gegenständen jeweils zeigt, sind dabei von Relevanz.

Bei der Beschäftigung mit konkreten Rechtsnormen, insbesondere mit Art. 5 Abs. 1 und 2 GG, wird auf juristische Kommentare zurückgegriffen. Diese Form wissenschaftlicher Literatur, die in anderen Disziplinen eher unbekannt ist und die eine Welt für sich darstellt, erläutert und bewertet Gesetzestexte. Sie dient somit dem Verständnis, der Hilfe bei der Rechtsauslegung und der systematischen Einordnung einzelner Normen im Rechtssystem. Zudem liefern Kommentare Hinweise zur Genese eines Gesetzes, seinen kontroversen Punkten, zu weiterführender Literatur und zu Schlüsselurteilen, welche das kommentierte Gesetz betreffen.

Neben der vielseitigen wissenschaftlichen Literatur werden verschiedene andere Quellen zur Bearbeitung des Forschungsgegenstandes genutzt. Dazu zählen Gesetzestexte, Rechtsprechung, statistische Erhebungen, journalistische Arbeiten und Veröffentlichungen von Nichtregierungsorganisationen.

Journalistische Arbeiten und Veröffentlichungen von Nichtregierungsorganisationen kommen zum Einsatz, wenn es keine oder nur unzureichend aussagekräftige wissenschaftliche Quellen gibt. Das ist v.a. im Zusammenhang mit jüngeren Ereignissen, aktueller Gesetzgebung und der Illustration einzelner Fälle und invektiver Online-Konstellationen der Fall. Die Quellenlage ist je nach Konstellation höchst unterschiedlich. Zudem gibt es im Bereich des Forschungsgegenstands einige exzellente, im engen Austausch mit Wissenschaftler:innen stehende Fachmedien, welche Debatten und Problemstellungen auf hohem Niveau, mit großer Sorgfalt und zeitnah am Ereignis aufgreifen. Es handelt sich bei diesen Quellen um das Verfassungsblog,35Legal Tribune Online (LTO)36 oder Netzpolitik.org,37 um nur einige herausragende zu nennen.

Statistische Erhebungen werden exemplarisch eingesetzt, um die quantitative Dimension von Problemlagen herauszustellen. Z.B. dann, wenn die Fallzahlen der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) genutzt werden, um das polizeilich erfasste Ausmaß invektiver, strafrechtlich relevanter Fälle im Äußerungsbereich aufzuzeigen.

Rechtsprechung wird auf verschiedenen Ebenen zur Bearbeitung der Forschungsfrage nutzbar gemacht. Natürlich kommt eine Arbeit, die sich mit dem Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit mit Exkursen zur Free Speech beschäftigt, nicht ohne Rückgriff auf Verfassungsrechtsprechung aus. Besondere Beachtung finden Urteile von Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und US Supreme Court (USSC) zu Fällen mit Äußerungs- und Digitalbezug.38 Daneben ist auch die »Klarstellung« des BVerfG zum Spannungsverhältnis von Ehrschutz und Meinungsäußerungsfreiheit vom Mai 2020 zu nennen, welche den diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Status quo abbildet.39

Folgenreiche Präzedenzurteile, welche unmittelbare Wirkungen auf den Umgang mit Äußerungen auf digitalen Plattformen haben, trafen auch der Bundesgerichtshof(BGH)40 in Bezug auf die AGB-Kontrolle mit Vorgaben für die Gestaltung der Content Moderation in Deutschland, der Europäische Gerichtshof (EuGH) ebenfalls in Bezug auf die Content Moderation41 und ein US-amerikanisches Bundesgericht in Anbetracht der Haftungsbefreiung von Internetprovidern durch Section 230 des Communication Decency Acts (CDA).42

Darüber hinaus werden Entscheidungen verschiedener unterer Instanzen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten herangezogen. Diese exemplarischen Fälle spielen eine besondere illustrative und argumentative Rolle. An ihnen lassen sich Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit im Netz zeigen und einzelne invektive Konstellationen plausibilisieren. Bei der Arbeit mit diesen Entscheidungen hat sich zudem gezeigt, dass es – z.T. in Ermangelung von Verfassungsrechtsprechung – eine ganz eigene Welt der Grundrechtsanwendung unterer Gerichte gibt, die Grundrechte beachten müssen, aber keine Grundrechtsfortbildung betreiben dürfen.

Wie die Untersuchung zeigen wird, changieren die Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen, wie sie sich angesichts invektiver Konstellationen manifestieren, zwischen Exzess, Hemmung und Begrenzung von Meinungsäußerungen.

Im folgenden zweiten Kapitel geht es um die digitale Dimension des grundrechtlichen Äußerungsschutzes, um darzustellen, was herausgefordert wird und was es zu schützen gilt.

1Siehe nur: Landesanstalt für Medien NRW (2022). Forsa-Befragung zur Wahrnehmung von Hassrede, abgerufen am 19.01.2022, von: https://www.medienanstalt-nrw.de/themen/hass/forsa-befragung-zur-wahrnehmung-von-hassrede.html; Anti-Defamation League (ADL) (2021). Report: Online Hate and Harassment: The American Experience 2021, abgerufen am 20.01.2023, von: https://www.adl.org/resources/report/online-hate-and-harassment-american-experience-2021; Herstermann, Thomas; Hoven, Elisa & Autenrieth, Michael (2021). »Eine Bombe, und alles ist wieder in Ordnung«: Eine Analyse von Hasskommentaren auf Facebook-Seiten reichweitenstarker deutscher Medien, in: Kriminalpolitische Zeitschrift (KriPoZ)(4), S. 204–214; Wandner, Lena (2020). Wahrnehmung von Hassrede im Netz: Ein Alltagsbegleiter in der Mediennutzung Heranwachsender?, in: Medienradar 08/2020, abgerufen am 20.01.2023, von: https://www.medienradar.de/mediensammlung/statistik/wahrnehmung-von-hassrede-im-netz; Geschke, Daniel; Klaßen, Anja; Quent, Matthias & Richter, Christoph (2019). Forschungsbericht #Hass im Netz: Der schleichende Angriff auf unsere Demokratie: Eine bundesweite repräsentative Untersuchung, Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft, abgerufen am 20.01.2023, von: https://blog.campact.de/wp-content/uploads/2019/07/Hass_im_Netz-Der-schleichende-Angriff.pdf.

2Affordanzen (englisch Affordances abgeleitet vom Verb to afford), beschreiben eingeschriebene Nutzungsmöglichkeiten bzw. Angebotsstrukturen eines Materials, eines Gegenstands, einer Infrastruktur und – im Zusammenhang dieser Arbeit – einer digitalen Plattform. Ausführlich siehe Kapitel 3.3.

3Duden.de (oJ). Konstellation, Bedeutungen, abgerufen am 06.03.2023, von: https://www.duden.de/rechtschreibung/Konstellation.

4Vgl. Berg, Sebastian; Rakowski, Niklas & Thiel, Thorsten (2020). Die digitale Konstellation: Eine Positionsbestimmung, in: Zeitschrift für Politikwissenschaft (ZPol) 30 (2), S. 171–191, hier: S. 182–183; Thiel, Thorsten (2020). Demokratie in der digitalen Konstellation, in: Riescher, Gisela; Rosenzweig, Beate & Meine, Anna (Hg.). Einführung in die Politische Theorie: Grundlagen – Methoden – Debatten, Stuttgart: Kohlhammer, S. 331–349, hier: S. 333–334.

5Thiel (2020). Demokratie in der digitalen Konstellation, S. 334.

6Berg; Rakowski & Thiel (2020). Die digitale Konstellation, S. 183.

7Vgl. Ellerbrock, Dagmar; Koch, Lars; Müller-Mall, Sabine; Münkler, Marina; Scharloth, Joachim; Schrage, Dominik & Schwerhoff, Gerd (2017). Invektivität: Perspektiven eines neuen Forschungsprogramms in den Kultur- und Sozialwissenschaften, in: Kulturwissenschaftliche Zeitschrift 2 (1), S. 2–24, hier: S. 12.

8Vgl. Berg; Rakowski & Thiel (2020). Die digitale Konstellation, S. 183.

9Vgl. International Telecommunication Union (ITU) (20.10.2022).Schätzung zum Anteil der Internetnutzer weltweit in den Jahren 2005 bis 2022, Statista.com, abgerufen am 16.01.2023, von:https://de.statista.com/statistik/daten/studie/805943/umfrage/anteil-der-internetnutzer-weltweit/;International Telecommunication Union (ITU) (19.09.2022).Schätzung zur Anzahl der Internetnutzer weltweit für die Jahre 2005 bis 2022, Statista.com, abgerufen am 16.01.2023, von:https://de.statista.com/statistik/daten/studie/805920/umfrage/anzahl-der-internetnutzer-weltweit/.

10Vgl. Eurostat (15.12.2022).Anteil der Internetnutzer in ausgewählten Ländern in Europa im Jahr 2022, Statista.com, abgerufen am 16.01.2023, von: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/184636/umfrage/internetreichweite-anteil-der-nutzer-in-europa/; Internet World Stats (01.12.2022).Schätzung zum Anteil der Internetnutzer weltweit nach Regionen im Juni 2022, Statista.com, abgerufen am 16.01.2023, von: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/162074/umfrage/penetrationsrate-des-internets-nach-regionen-im-jahr-2010/.

11Vgl.ARD & ZDF (10.11.2022).Anteil der Internetnutzer nach Altersgruppen in Deutschland in den Jahren 1997 bis 2022, Statista.com, abgerufen am 16.01.2023, von:https://de.statista.com/statistik/daten/studie/36149/umfrage/anteil-der-internetnutzer-in-deutschland-nach-altersgruppen-seit-1997/.

12Vgl. Kruse, Jan-Philipp & Müller-Mall, Sabine (2020). Digitale Transformation von Öffentlichkeit: Ausgangspunkte und Horizonte einer transdisziplinären Perspektivbildung, in: Kruse, Jan-Philipp & Müller-Mall, Sabine (Hg.). Digitale Transformationen der Öffentlichkeit, Weilerwist: Velbrück Wissenschaft, S. 9–18, hier: S. 10.

13Weiterführend: Seeliger, Martin & Sevignani, Sebastian (2021). Zum Verhältnis von Öffentlichkeit und Demokratie. Ein neuer Strukturwandel, in: Leviathan 49 Sonderband 37, S. 9–39, hier: S. 29–33; Kruse, Jan-Philipp & Müller-Mall, Sabine (2020). Digitale Transformation von Öffentlichkeit: Ausgangspunkte und Horizonte einer transdisziplinären Perspektivbildung, in: Kruse, Jan-Philipp & Müller-Mall, Sabine (Hg.). Digitale Transformationen der Öffentlichkeit, Weilerwist: Velbrück Wissenschaft, S. 918, hier: S. 10.

14Vgl. We Are Social & Hootsuite & DataReportal (26.01.2022).Anteil der aktiven Social-Network-Nutzer nach Regionen weltweit an der jeweiligen Bevölkerung im Jahr 2022, Statista.com, abgerufen am 16.01.2023, von:https://de.statista.com/statistik/daten/studie/162969/umfrage/reichweite-von-social-networks-nach-region/.

15BVerfGE 7, 198 (Lüth), servat, Rn. 27.

16Für Algorithmisierung, Computerisierung und Mobilisierung vgl. Müller-Mall, Sabine (2020). Freiheit und Kalkül: Die Politik der Algorithmen, Ditzingen: Reclam, S. 12.

17Vgl. Bredler, Eva M. & Markard, Nora (2021).Grundrechtsdogmatik der Beleidigungsdelikte im digitalen Raum: Ein gleichheitsrechtliches Update der Grundrechtsabwägung bei Hassrede, in: JuristenZeitung(JZ)18, S. 864–872, hier: S. 867868; Hoven, Elisa & Witting, Alexandra (2021). Das Beleidigungsunrecht im digitalen Zeitalter, in: Neue Juristische Wochenschrift (NJW) (33), S. 2398-2401, hier: S. 2399.

18V.a. Balkin, Jack M. (2018). Free Speech in the Algorithmic Society: Big Data, Private Governance, and New School Speech Regulation, in: U.C. Davis Law Review 51, S. 1149–1210; Balkin, Jack M. (2018). Free Speech is a Triangle, in: Columbia Law Review 118 (7), S. 2011–2056; Balkin, Jack M. (2014). Old-School/New-School Speech Regulation, in: Harvard Law Review 127, S. 2296–2342.

19Vgl. Ellerbrock et al. (2017). Invektivität, S. 3.

20Vgl. Beckert, Stefan; Kästner; Alexander; Schwerhoff, Gerd; Siegemund, Jan & Voigt, Wiebke(2020). Invektive Kommunikation und Öffentlichkeit: Konstellationsanalysen im 16. Jahrhundert, in: Bellingradt, Daniel; Blome, Astrid; Böning, Holger; Merziger, Patrick & Stöber, Rudolf (Hg.). Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte 22, Stuttgart: Franz Steiner Verlag, S. 3682, hier: S. 40; Schwerhoff, Gerd(2020). Invektivität und Geschichtswissenschaft: Konstellationen der Herabsetzung in historischer Perspektive – ein Forschungskonzept, in: Historische Zeitschrift 311 (1), S. 1–36, hier: S. 14.

21Vgl. Schwerhoff (2020). Invektivität und Geschichtswissenschaft, S. 8 & 11.

22Schwerhoff (2020). Invektivität und Geschichtswissenschaft, S. 11.

23Ellerbrock, Dagmar & Fehlemann, Silke (2019). Beschämung, Beleidigung, Herabsetzung: Invektivität als neue Perspektive historischer Emotionsforschung, in: Besand, Anja; Overwien, Bernd & Zorn, Peter(Hg.). Politische Bildung mit Gefühl, Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 90–104, hier: S. 95.

24Schwerhoff (2020). Invektivität und Geschichtswissenschaft, S. 16.

25Vgl. Ellerbrock, Dagmar & Schwerhoff, Gerd (2020). Spaltung, die zusammenhält? Invektivität als produktive Kraft in der Geschichte, in: Saeculum 70 (1), S. 3–22, hier: S. 7–9.

26Han, Byung-Chul (2013). Im Schwarm: Ansichten des Digitalen, Berlin: Matthes & Seitz, S. 10.

27Ellerbrock & Fehlemann (2019). Beschämung, Beleidigung, Herabsetzung, S. 95.

28Vgl. Ellerbrock & Schwerhoff (2020). Spaltung, die zusammenhält?, S. 14–15.

29Ellerbrock & Fehlemann (2019). Beschämung, Beleidigung, Herabsetzung, S. 95.

30Ellerbrock & Schwerhoff (2020). Spaltung, die zusammenhält?, S. 5.

31Ellerbrock et al. (2017). Invektivität, S. 5.

32Vgl. Ellerbrock & Schwerhoff (2020). Spaltung, die zusammenhält?, S. 9–11.

33 Vgl. Suler, John R. (2016). Psychology of the Digital Age: Humans become Electric, Cambridge/New York: Cambridge University Press; Suler, John R. (2004).The Online Disinhibition Effect, in: CyberPsychology & Behavior 7 (3), S. 321–326.

34Wesentliche Überlegungen zu dieser Dissertation entstanden im Rahmen Teilprojekts »Invektivität im Netz: Persönlichkeitsrechtsschutz, Freiheitsrechte und die Konstitution von (digitalen) Öffentlichkeiten« des interdisziplinären Sonderforschungsbereichs 1285 »Invektivität. Konstellationen und Dynamiken der Herabsetzung« an der TU Dresden, 20182021, invectivity.com, abgerufen am 17.01.2023 und im Forschungsbereich »Responsible AI: Ethical and Societal Dimensions« des interdisziplinären Center for Scalable Data Analytics and Artificial Intelligence (ScaDS.AI Dresden/Leipzig), 2021–2023, https://scads.ai/, abgerufen am 17.01.2023.

35Verfassungsblog: On Matters Constitutional (oJ). Abgerufen am 23.01.2023, von: https://verfassungsblog.de/.

36Legal Tribune Online (LTO) (oJ). Abgerufen am 23.01.2023, von: lto.de.

37Netzpolitik.org (oJ). Abgerufen am 23.01.2023, von: https://netzpolitik.org/.

38Siehe etwa: BVerfGE v. 19.12.2021, Az. 1 BvR 1073/20 (Künast); BVerfGE v. 29.08.2019, Az. 1 BvR 811/17 (Jugendschutzbeauftragter NPD-Facebook-Seite); BVerfGE v. 17.04.2019, Az. 1 BvQ 42/19 (Facebook-Seite »Der III. Weg«); Packingham v. North Carolina, 582 U.S. ____ (2017); Elonis v United States 575 U.S.___(2015); Reno v American Civil Liberties Union (ACLU) 521 U.S. 844 (1997).

39BVerfG Beschlüsse v. 19.05.2020, Az. 1 BvR 2459/19; 1 BvR 2397/19, 1 BvR 1094/19; 1 BvR 362/18; BVerfG (19.06.2020). Pressemitteilung Nr. 49/2020, abgerufen am 24.06.2021, von: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/bvg20-049.html;jsessionid=B7BDDD8654E60B0F01945AC153E9013C.1_cid377.

40BGH, Entscheidung v. 29.07.2021, Az. III ZR 179/20 und III ZR 192/20.

41EuGH, Urteil v. 03.10.2019, Az. C-18/18 (Glawschnig-Piesczek).

42Zeran v. America Online, Inc (AOL) 129 F.3d 327 (4th Circuit Court of Appeals 1997).

2Die digitale Dimension des grundrechtlichen Äußerungsschutzes in Deutschland und den USA

Das zweite Kapitel widmet sich der digitalen Dimension des grundrechtlichen Äußerungsschutzes in Deutschland und den Vereinigten Staaten. Es skizziert einen rechtlichen und politischen Status quo der Freiheit der Meinungsäußerung in der digitalen Konstellation.

Dazu werden zunächst die digitale Konstellation und ihre Kernprozesse erörtert(2.1). Dies ist notwendig, um den Kontext der Problemstellung zu umreißen und somit zu zeigen, warum es für einen klaren Blick auf die Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit sinnvoll ist, besonders digitale Plattformen zu fokussieren. In einem zweiten Schritt geht es um die Besonderheiten von Äußerungen und Äußerungsformen in der digitalen Konstellation (2.2). Digitale Äußerungen haben, im Vergleich zu analogen oder gedruckten Äußerungen, eigene Dynamiken, finden in eigenen Konstellationen statt und verfügen über ein eigenes Formenrepertoire. Die Logik digitaler Äußerungen und Äußerungsformen spielt eine entscheidende Rolle für deren Einordnung und Bewertung, z.B. bei der Abwägung zwischen unterschiedlichen Grundrechten.

Bei der Beschreibung des Status quo der digitalen Dimension der Meinungsäußerungsfreiheit in einem dritten Schritt (2.3) wird auch auf ihre grundsätzliche gesellschaftliche und politische Bedeutung eingegangen sowie die diesbezügliche rechtliche Dogmatik erörtert. Es geht also um den Schutzbereich der Meinungsäußerungsfreiheit. Dies mag Jurist:innen vielleicht trivial vorkommen, ist aber notwendig, da in der politikwissenschaftlichen und gesellschaftlichen Debatte das Wissen um die Verfasstheit der Meinungsäußerungsfreiheit und ihre – maßgeblich vom BVerfG entwickelte – Auslegung im Zusammenspiel mit den anderen Grundrechten zu kurz kommen.

Da diese Arbeit sich auf die Herausforderungen für das Recht auf Meinungsäußerungsfreiheit auf digitalen Plattformen fokussiert, muss sie sich auch mit ihren Grenzen auseinandersetzen. Ihre Grenzen sind wesentlich für den Charakter der Meinungsäußerungsfreiheit und bilden zugleich den Raum für die individuelle und kollektive Entfaltung des Freiheitsrechts in der digitalen Konstellation. Insbesondere auf digitalen Plattformen getätigte Äußerungen müssen gemäß der vom BVerfG entwickelten Dogmatik medienspezifisch eingeordnet und bewertet werden. Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit sind v.a. an ihren umstrittenen Grenzen verortet und solche entstehen durch den Medienwandel und die Digitalisierung zwangsläufig.

Knapp lässt sich sagen, dass die Meinungsäußerungsfreiheit des einen dort endet, wo die Persönlichkeitsrechte der anderen unzulässig berührt werden. Da es aber nur wenige unverrückbare Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit gibt und der Normalfall die Abwägung zwischen Meinungsäußerungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten ist, werden die wichtigsten Abwägungsfälle und Grenzziehungen diskutiert.

Die digitale Konstellation wird erheblich durch US-Unternehmen geprägt und die Expansionsphase des Internets wurde gerade innerhalb dieser Unternehmen von Freiheitsrhetorik und utopischen Optimismus geprägt, der sich auf die inklusiven, kommunikativen und antiherrschaftlichen Potenziale des Netzes bezog.1 Dies spiegelt sich auch in der amerikanischen Regulierung von Äußerungen im Netz wider. Mit der Section 230 des Communications Decency Acts (CDA) von 1996 wurde Anbieter:innen von Online-Angeboten, die User-Generated-Content (nutzer:innengenerierte Inhalte) anbieten, weitgehend die Verantwortung für diese Inhalte abgenommen. Die Plattformen der 10er und 20er Jahre des 21. Jahrhunderts profitieren davon weiterhin. Hinzu tritt das ohnehin liberale oder gar libertäre Verständnis der Äußerungsfreiheiten aus dem ersten Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten, welches nur sehr wenige verfassungsgemäße Grenzen für Äußerungen kennt. Deshalb lohnt sich auch für die Beschäftigung mit der deutschen bzw. europäischen Ausgestaltung der Äußerungsfreiheiten in einem vierten Schritt der vergleichende und kontrastierende Blick auf das liberale US-Äußerungsregime (2.4). Es hat große Einflüsse auf die regulativen Policies der Plattformen und prägt auch deren Perspektive auf die im sechsten Kapitel diskutierte Content Moderation.

Zunächst geht es jedoch um die digitale Konstellation, die eine Konkretisierung von verschiedenen sich wechselseitig beeinflussenden Prozessen im Rahmen des Makrophänomens der Digitalisierung ist und das Umfeld der untersuchten Herausforderungen für die Meinungsäußerungsfreiheit darstellt.

2.1Die digitale Konstellation

Die digitale Konstellation ist nicht allein durch die technischen Aspekte der Digitalisierung determiniert, sondern unterliegt darüber hinaus normativen Reflexions- und Gestaltungsmöglichkeiten.2 Diese beziehen sich auch auf das Erfordernis einer Anpassung der Auslegung des Grundrechts auf Meinungsäußerungsfreiheit bzw. der Free Speech Clause des First Amendments hinsichtlich digitaler Äußerungen sowie Äußerungen in digitalen Räumen, in Öffentlichkeiten und auf den digitalen Plattformen. Nachfolgend geht es um die Beschreibung der digitalen Konstellationen und ihre Bedeutung für die Möglichkeit, sich zu äußern.

Digitalisierung ist zunächst »ein umfassender, vielgestaltiger Prozess, in dem sich Gesellschaft und Technik in einer konkreten Weise dynamisch und fortlaufend in Beziehung setzen.«3 Dieses breite Verständnis der Digitalisierung bedarf einer Konkretisierung, wie sie etwa bei Sabine Müller-Mall zu finden ist:

Müller-Mall sieht in der Digitalisierung die »sich selbst verstärkende und in alle Bereiche der sozialen Welt ausgreifende Bündelung von Computerisierung, Mobilisierung und Algorithmisierung«.4Computerisierung bezieht sich auf »den fortschreitenden Ausbau jener maschinellen Architekturen, die als Computer arbeiten können, in nahezu allen Bereichen des Alltags, der Industrie, der Dienstleistungen, der medizinischen Versorgung, der Verwaltung und der Justiz«.5Mobilisierung versteht Müller-Mall einerseits als Mobilisierung der Geräte und andererseits als Mobilisierung von Daten(-flüssen).6 »Algorithmisierung bezeichnet keinen linearen Prozess, der zu einem bestimmten Zeitpunkt begonnen hat und seitdem weiter fortschreitet, sondern eine allmähliche, schleichende Veränderung der Bedeutung von Algorithmen für die soziale Welt [Herv. P.B.].«7

Dieser Aufzählung muss der Aspekt der Plattformisierung hinzugefügt werden. Er ist der Computerisierung, Mobilisierung und Algorithmisierung in seinem Beginn zeitlich nachgelagert, gehört aber zwingend zu einer aktuellen Beschreibung der Digitalisierung. Plattformisierung bezieht sich auf den Aufstieg digitaler Plattformen als Kerninfrastrukturen und dominantes Wirtschaftsmodell in der digitalen Konstellation sowie zugleich auf das Ausgreifen der Sozialen Medien in weitere Räume des Digitalen.8 Sie führt zur Reorganisation von kulturellen Vorstellungen und Praktiken rund um die digitalen Plattformen.9

Der Prozess der Plattformisierungdes Internets ist inzwischen so weit vorangeschritten, dass vom Internet als einer Welt der digitalen Plattformen gesprochen werden kann.10 Für jedes Problem, für jedes Interesse und für jedes Bedürfnis gibt es eine Plattform. Eingangstor zur Welt der Plattformen ist in der Regel eine Suchmaschine, fast immer Google. Für audiovisuelle Angebote aller Art ruft man Plattformen wie YouTube, TikTok, Netflix oder Spotifyauf. Auf der Suche nach Informationen wird oft zuerst Wikipediain Anspruch genommen. Für sozialen Austausch im weiteren Sinne wird Facebook, Twitter (seit Juli 2023 »X«)11 oder Instagram angewählt. Wer Inhalte zur sexuellen Erregung konsumieren möchte, besucht OnlyFans,xvideos oder Pornhub. Zum Online-Einkauf wird Amazon oder eBay aufgerufen. Der fortschreitende Prozess der Plattformisierung tendiert dazu, verschiedene Angebote auf einer Plattform zu integrieren und Monopolstellung zu etablieren.12

Computerisierung, Mobilisierung, Algorithmisierung und Plattformisierung als andauernde, fortschreitende, nicht determinierte Prozesse prägen die digitale Konstellation und die Art, wie sich Menschen äußern können, wie sie agieren, wie Äußerungen verbreitet und rezipiert werden. Jeder der vier genannten Prozesse hat individuelle Auswirkungen auf die Art sich ausdrücken zu können und wie Informationen strukturiert, übermittelt und wahrgenommen werden. Die Prozesse stehen dabei nicht nebeneinander, sondern beeinflussen sich vielfältig und greifen ineinander über. Ohne eine Beachtung der Verzahnung und wechselseitigen Beeinflussung sowie einer Betrachtung der sich realisierenden Affordanzen der beschriebenen Prozesse ist eine Beschreibung der digitalen Konstellation schwer möglich und unvollständig (siehe Abb. 1).

Abb. 1: Die Kernprozesse der digitalen Konstellation (eigene Darstellung)

Die digitale Konstellation führt dazu, dass die Grundrechtsdogmatik geprüft und für die veränderten und sich weiter ändernden Bedingungen neu gedacht werden muss. Dies betrifft den gesamten Grundrechtskatalog,13 wird hier jedoch nur hinsichtlich der Meinungsäußerungsfreiheit vorangetrieben und im Verlauf der Arbeit deutlich. Die Untersuchung eines einzelnen Grundrechts lässt einen konzentrierten Blick zu.

2.2Besonderheiten von Äußerungen und ihren Formen im digitalen Raum

Die digitale Konstellation bringt neue Herausforderungen für die rechtliche Einordnung von Kommunikationsakten mit sich. Zwei Probleme stehen dabei im Vordergrund: das Erfassen der Bedeutung von Formen des Äußerns und die Zurechenbarkeit von Äußerungen.

Äußerungsformen auf den Plattformen der digitalen Konstellation sind vielfach durch die sich realisierenden Affordanzen der Plattformen vorgegeben. So gibt es z.B. auf Facebook die Möglichkeit zu liken (»gefällt mir«-Reaktion), zu teilen, zu kommentieren oder ein sog. Reaction-Emoji einzusetzen. Auf Twitter/X kann auf einen Tweetgeantwortet werden (reply), man kann ihn liken, was durch ein Herzsymbol gekennzeichnet ist, man kann ihn retweeten, man kann ihn zitieren (quote) oder in ein Format außerhalb Twitters/Xsübertragen (share/embed).14Reddit dagegen hat eine Kommentar-, eine Share-, eine Speicher-, eine Verbergen- und eine Meldefunktion, mit denen auf Beiträge reagiert werden kann. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, Beiträge und Kommentare mittels Up- bzw. Down-Votes zu bewerten. Diese Bewertungen haben direkten Einfluss auf die Platzierung des Beitrages in der Diskussion bzw. im Newsstream. Registrierte Reddit-Nutzer:innen können zudem Karma-Punkte, sprich eine Bewertung der individuellen Reputation, sammeln, was wiederum Auswirkungen auf die Sichtbarkeit von Äußerungen hat.

Die drei Beispiele zeigen, dass insbesondere die Reaktionsmöglichkeiten auf Äußerungen auf den Plattformen spezifisch ausgeprägt und mit unterschiedlichen Deutungsangeboten aufgeladen sind. Rund um einzelne Plattformen entwickeln sich Communities und z.T. spezifische Äußerungskulturen.15 Generell kann man sagen, dass ein like eher auf eine Relevanzmarkierung, Zustimmung bzw. auf die Vereinnahmung eines Beitrages schließen lässt,16 als etwa ein retweet/repost oder das Teilen, was eher einem Hinweis auf den Ursprungsbeitrag an das eigene Netzumfeld gleichkommt.17 Gemein haben die Reaktionsmöglichkeiten der Plattformen, dass sie die Reichweite eines Beitrages potenziell exponentiell vergrößern, da sie eine entscheidende Rolle für virale Verbreitungsmuster spielen, die insbesondere von Nutzer:inneninteraktionen vorangetrieben werden.18

Ferner sind digitale Äußerungen gewissermaßen paradox: Auf der einen Seite haben sie eine potenziell unzerstörbare Publizität, auf der anderen Seite ist der Netzdiskurs schnell und zumeist durch eine hohe Zahl von Äußerungen/Interaktionen/Nachrichten usw. geprägt, sodass die ganz überwiegende Mehrheit von Äußerungen im Rauschen der Streams und Feeds verschwindet.19 Dies macht es herausfordernd, digitale Äußerungen medienspezifisch einzuordnen und zu bewerten. Der Versuch, Analogien zu Äußerungsphänomenen in der physischen Welt herzustellen, bereitet den Rechtswissenschaften Schwierigkeiten, wie etwa folgendes Beispiel zeigt:

Tobias Reinbacher vergleicht eine digitale Beleidigung mit einem Aufkleber, welcher auf einem Auto angebracht wurde und bis zu seiner Entfernung eine dauerhafte Beleidigung darstellt. Er nennt dies »durative Tatbegehung«.20 Dieser Vergleich wird der Natur digitaler Äußerungen nicht gerecht, da im Gegensatz zu einer Äußerung in Form eines Aufklebers auf einem Auto, der immer neuen Personen bzw. immer wieder denselben Personen ins Auge fallen kann, die Sichtbarkeit digitaler Äußerungen mit der Zeit schwächer wird. Autoaufkleber verblassen durch Umwelteinflüsse zwar auch mit der Zeit, jedoch identifiziert die algorithmische Steuerung des Newsfeeds in der Regel bereits nach sehr kurzer Zeit andere Äußerungen, welche prioritär angezeigt werden. Lediglich bei fixierten Äußerungen, wie etwa Statusmeldungen oder Profilbeschreibungen, trägt der Vergleich mit dem Aufkleber etwas besser. In der Regel jedoch verblasst eine digitale Äußerung schnell. Allerdings wäre es zu einfach zu sagen, dass dies den beleidigenden Inhalt einer digitalen Äußerung mindern würde, denn im Einzelfall kann die Äußerung im Netz wiedergefunden und erneut verbreitet werden oder gar von Multiplikator:innen (z.B. Influencer:innen) aufgegriffen werden oder viral gehen und dann eine weitaus größere Wirkung erzielen, als ein Autoaufkleber sie jemals haben könnte.21

Es lässt sich daher keine allgemeine Regel für Onlinebeleidigungen herstellen. Vielmehr muss der konkrete Fall und seine konkrete Wirkung rekonstruiert und entsprechend bewertet werden, was eine Herausforderung für die Bestimmung der Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit darstellt. Neben textbasierten Äußerungen wie Posts, Kommentaren oder Instant-Messages in Gruppenchats gibt es zahlreiche weitere Ausdrucksformen im Netz, welche jeweils inhaltsoffen, sprich auch für herabsetzendende oder strafbewehrte Kommunikation genutzt werden können. Diese gilt es zu betrachten, da sie den Katalog der Äußerungsformen ergänzen, ohne im Verfassungstext genannt zu werden.22

Weitverbreitet sind die Äußerungsformen Emojis,GIFs und Memes, sowie Snaps. Emojis sind universal verbreitet und gewinnen an Bedeutung für die Kommunikation insgesamt. GIFs und Memes sind als direkte Formen der Internetkultur eher in einer öffentlichen Kommunikation mit vielen Rezipient:innen verortet, während Snaps v.a. in der Kommunikation zwischen zwei Personen eingesetzt werden. Zunehmend spielen auch die Äußerungen nicht menschlicher Akteure eine Rolle für die Kommunikation im Netz, wie später noch dargestellt wird.

Emojis, GIFs und Memes

Emojis, GIFs und Memes sind weitverbreitete Mittel der bildbasierten Online-Kommunikation und als Nutzungsangebote fester Bestandteil der Kommunikationstools vieler digitaler Plattformen.

Emojis oder Emoticons sind kleine, teils animierte, bunte Abbildungen. Das wohl bekannteste und ikonischste Emoji ist das lachende Gesicht, der Smiley .23 Auf Social-Media-Plattformen, in Messenger-Diensten und in der schriftlichen digitalen Kommunikation nehmen Emoticons eine wichtige Rolle ein. Die meisten digitalen Plattformen verfügen über ein eigenes Design-Repertoire von Emoticons und dieses wird ständig erweitert.24 In der Regel ist es durch die Bedienungsfelder bzw. Icons der Plattformen sehr leicht, auf Emojis zuzugreifen, wobei je nach Plattform entweder sofort eine große Auswahl zur Verfügung steht oder zunächst eine Vorauswahl von Reaction-Emojis angeboten wird. Aus der Verwendung von Emojis hat sich eine netzspezifische Kommunikation entwickelt, in der Emojis oder Kombinationen von Emojis als Code funktionieren.25Emojis appellieren an die Affekte der Nutzer:innen, dienen zur Auflockerung des Geschriebenen, zur Reduktion des geschriebenen Wortes und natürlich auch zur Unterhaltung durch Visualisierungen.

Gerade durch die sprunghaften Erweiterungen der Emoji-Repertoires, aber auch durch ihre zunehmende Nutzung sind Emojis politisch bzw. werden politisch diskutiert: Dies manifestiert sich in Diskursen um Hautfarbe, sexuellen Identitäten, Familienmodelle,26 dem spezifischen Einsatz eines Emojis – etwa dem Pfirsich-Emoji– zur sexuellen Belästigung oder dem Pistolen-Emoji als Drohung.27

Der Einsatz von Emoticons lässt Raum für jedwede Art von Kommunikation, auch für herabsetzende. Deutlich wird das bspw. direkt, wenn der Mittelfinger-Emoji Verwendung findet,28 aber auch beim Einsatz von Tier-Emojis oder bei Reaction-Emojis, wenn etwa in Bezug auf eine Person das sich-übergebende oder das Kothaufen-Emoji genutzt wird oder wenn Schmähungen mit lachenden Emojis bedacht werden, die so affirmativ und verstärkend wirken.

Dass sich Gerichte mit der Auslegung von Emojis beschäftigen, zeigt z.B. ein Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg (LAG Baden-Württemberg) von Juni 2016,29 das einen Streit um eine Kündigung aufgrund der Beleidigung von Vorgesetzten mittels Emojis entscheiden musste. Das LAG stellte in der Urteilsbegründung klar: »Die Bezeichnung einer anderen Person als ›Fettes ‹ stellt ohne Zweifel eine grobe Beleidigung dar.«30 Bei einem anderen Emoji, dem Affengesicht, welches von den streitenden Parteien als »Bärenkopf« verstanden wurde, nahm das LAG eine Abwägung vor: »Ob und wie grob ›kopf‹ eine Beleidigung darstellt, hängt von den Umständen und auch vom Adressaten der Beleidigung ab.«31

Das Urteil des LAG Baden-Württemberg zeigt, dass Emojis eine insbesondere digitalbasierte Kommunikationsform sind, welche eine wichtige Rolle in Abwägungen zwischen Meinungsäußerungsfreiheit und Persönlichkeitsrechten einnimmt. Für den effektiven Schutz der Meinungsäußerungsfreiheit müssen Gerichte in der Lage sein, Emojis in ihrer (sub-)kulturellen Bedeutung zu erfassen und zu bewerten. Emojis sind ein bisher unzureichend beleuchteter Teil der Netzkultur und werden zukünftig immer wieder eine Rolle in (juristischen) Konflikten spielen.

Auch politisch sind Emojis nicht zu unterschätzen. Erste Studien, so von Ariadna Matamoros-Fernández32 oder Josef Holnburger33, zeigen etwa, dass es eine unterschiedliche Nutzung von Emojis in verschieden politischen Spektren gibt oder das rechte und rechtsextreme Parteigänger:innen eher Emojis mit negativen Gefühlen verwenden. Emojis werden also im Zuge affektiver oder emotional aufgeladener Diskurse genutzt, was ihr invektives Potenzial verdeutlicht.

Wie erwähnt sind Emojis zwar teilweise animiert, kommen jedoch überwiegend in statischen Darstellungen daher. Ähnlich Zeichensprachen lassen sich Emojis verschiedentlich kombinieren und somit für komplexere Botschaften nutzen. Dies ist auch für die rechtliche Bewertung von Bedeutung, denn es spielt eine Rolle, ob und von wem etwaige Herabsetzungen oder Anzüglichkeiten bzw. Belästigungen als solche erkannt werden können. Etwas weniger interpretationsoffen dagegen sind sog. GIFs.

Die Bezeichnung GIF (Graphic Interchange Format) bezieht sich zunächst auf einen Typ von Datei, welcher es erlaubte, Bilder auf allen Ende der 1980er Jahre gängigen Computerarten anzuzeigen.34 Die Technologie ist mittlerweile überholt, sodass spitz von den »Höhlenzeichnungen des Internets«35 geschrieben wird. Sie erfreut sich dennoch großer Beliebtheit, nicht zuletzt durch die Einbettung verschiedener GIF-Generatoren, wie etwa GIPHY,36 in unterschiedliche Messenger- und Plattformdienste. Auch mit dem eigenen Smartphone lassen sich GIFs schnell und simpel produzieren. Es handelt sich in der Regel um eine, z.T. mit Text versehene, wenige Sekunden lange bewegte Szene, welche, einmal aktiviert, in einem Loop fortlaufend wiederholt wird. »Heute ist die Eigenschaft der GIFs, kurze Animationen zeigen zu können, so prägend, dass der Begriff meist gleichbedeutend mit sehr kurzen Videoloops im Internet verwendet wird.«37

Inhaltlich variieren GIFs stark und es gibt für beinahe jeden Kontext ein passendes GIF. Zweifelsohne gibt es solche, die das Persönlichkeitsrecht herausfordern und solche, die geeignet sind, die Grenzen der Meinungsäußerungsfreiheit durch ihre invektive Aufladung zu überschreiten. GIFs, die etwa aus Spielfilm- oder Seriensequenzen entnommen sind, werden ohne den jeweiligen Kontext wiedergegeben, was im Einzellfall nicht nur aus Sicht des Urheberrechts problematisch sein kann. Meinungsäußerungen mittels GIFs erweitern die Möglichkeit, sich zu äußern, sind aber zugleich auch eine vielfältige Möglichkeit herabzusetzen, zu schmähen und zu beleidigen.

Dies gilt auch für die im Internet etablierte Meme-Kultur.38Ähnlich den GIFs sind auch Memes genuiner Bestandteil der Internetkultur und bisweilen Treiber invektiver Dynamiken. Sie sind zudem nicht scharf voneinander zu trennen. GIFs können Memes sein und umgekehrt. Ein digitales Meme ist in einer ersten Annäherung ein Bild, eine Kombination von Bildern oder eine Abbildung, zumeist mit einem kurzen Text versehen – Caption genannt – der zwischen Nutzer:innen im Internet verbreitet wird. Eine grundlegendere Definition bietet Limor Shifman:

Internet-Memes sind »(a) eine Gruppe digitaler Einheiten, die gemeinsame Eigenschaften im Inhalt, der Form und/oder der Haltung aufweisen, die (b) in bewusster Auseinandersetzung mit anderen Memen erzeugt und (c) von vielen Usern im Internet verbreitet, imitiert und/oder transformiert wurden.«39 Dirk von Gehlen nennt sie passend die »Ohrwürmer des Internet«40 und macht vier Gemeinsamkeiten von Memes und Ohrwürmern aus, die zu einem Begriffsverständnis beitragen: Popularität, Wiedererkennung, Versetzung in einen Zustand der Aktivität (nachmachen, mitsingen o.Ä.) und ihre Eigenschaft »schwer bis gar nicht planbar« zu sein.41 Anders als Ohrwürmer sind Memes auf »Reproduktion, Rekombination und Referenz«42 angewiesen und anders als Ohrwürmer transportieren Memes in der Regel Meinungen, Haltungen und Empfindungen, sie verhandeln gesellschaftliche, kulturelle und politische Themen.43

Mittels Meme-Generatoren, wie imgflip,44 können Memes binnen weniger Sekunden von Nutzer:innen erzeugt und mit eigenen Inhalten versehen werden.45 Regelmäßig spielen auch das Urheberrecht und das Recht am eigenen Bild eine Rolle für die rechtliche Bewertung von Memes.46 Man denke nur an Fotomontagen oder Deepfakes.47 Bei Memes, die dezidiert zur allgemeinen Verbreitung vorgesehen sind, kann von Sharepics gesprochen werden. Memes funktionieren insbesondere durch die Wiedererkennung der Vorlage und die individuelle Anpassung dieser durch Nutzer:innen. Sie sind damit ein diskursives Mittel und als solches unmittelbarer Ausdruck der Meinungsäußerungsfreiheit. Ihre Fortentwicklung bzw. Mutation48 gehört zu den kommunikativen und diskursiven Gepflogenheiten im Netz und ist dementsprechend eine Realisierung ihrer Affordanzen. AlsErweiterung von Diskurs- und Ausdrucksmöglichkeiten sind Memes